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Video: Menschen zu Menschen sprechen lassen Katharina von Wyl Zusammenfassung Steigender Personalbedarf in einem stark umkämpſten Arbeitsmarkt: Das erfordert ein Umdenken in den HR-Abteilungen, der Bewerbungsprozess muss auf den Kopf gestellt werden. Das nehmen die Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ) wörtlich. Seit dem Jahr 2010 setzen sie in ihrer Personalmarketing-Strategie konsequent auf das Medium Video. Sie lassen Menschen zu Menschen sprechen oder konkreter: Der Vorgesetzte spricht den Interessenten direkt per Videobotschaſt an und bewirbt sich bei seinen zukünſtigen Mitarbeitenden. Videoproduzentin Florina Saladin gibt Auskunſt über die Erfolgskrite- rien eines guten Videos und verrät, wie auch Laien vor der Kamera authentisch wirken können. Außerdem interessant: Wie das Medium Video als Instrument für die interne Kommunikation eingesetzt werden kann, erklärt am Praxisbeispiel der VBZ. Videos können Authentizität und Unmittelbarkeit vermitteln wie dies kein Printprodukt scha. Garantiert jedenfalls keine Stellenanzeige. Im HR dreht sich alles um die Ressource Mensch. Was liegt da näher, als auch tatsächlich Menschen zu Menschen sprechen zu las- sen? Nicht erst mitten im Prozess, beim Vorstellungsgespräch oder gar bei der Kündigung. Von Anfang an. „Videos sorgen für höhere Attraktivität und Beachtung in den Online-Stellenanzeigen. Mehr Klicks und besseres Matching, passende Bewerbungen“, verspricht livejobs.ch auf sei- ner Website. Und: Videointegration erhöhe den Erinnerungswert um 30 %. Livebjos.ch ist das erste Schweizer Videoportal für Personalmarketer. Und natürlich für Bewerber. Alles begann im Jahr 2009. Als erfahrener Personalvermittler hatte Roger Bucher, Grün- der und Geschäſtsführer von livebjobs.ch, die Idee eines Videoportals für Personalmar- keter aus dem Mangel an Fachkräſten entwickelt. Konnte er doch mit allen möglichen Personalmarketing-Botschaſten, mit emotionslosen Inhalten in geschriebener Sprache, sei- Katharina von Wyl B St.Gallerstraße 71, 8400 Winterthur, Schweiz e-mail: [email protected] 181 J. Buckmann (Hrsg.), Einstellungssache: Personalgewinnung mit Frechmut und Können, DOI 10.1007/978-3-658-03700-0_15, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013

Video: Menschen zu Menschen sprechen lassen

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Gastbeitrag von Katharina von Wyl aus dem Fachbuch: Einstellungssache: Personalgewinnung mit Frechmut und Können. Thema ist der Einsatz von Video in Employer Branding und Personalmarekting.

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Video: Menschen zuMenschen sprechen lassen

Katharina vonWyl

ZusammenfassungSteigender Personalbedarf in einem stark umkämpften Arbeitsmarkt: Das erfordert einUmdenken in den HR-Abteilungen, der Bewerbungsprozess muss auf den Kopf gestelltwerden. Das nehmen die Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ) wörtlich. Seit dem Jahr 2010setzen sie in ihrer Personalmarketing-Strategie konsequent auf das Medium Video. Sielassen Menschen zu Menschen sprechen oder konkreter: Der Vorgesetzte spricht denInteressenten direkt per Videobotschaft an und bewirbt sich bei seinen zukünftigenMitarbeitenden. Videoproduzentin Florina Saladin gibt Auskunft über die Erfolgskrite-rien eines guten Videos und verrät, wie auch Laien vor der Kamera authentisch wirkenkönnen. Außerdem interessant: Wie das Medium Video als Instrument für die interneKommunikation eingesetzt werden kann, erklärt am Praxisbeispiel der VBZ.

Videos können Authentizität und Unmittelbarkeit vermitteln wie dies kein Printproduktschafft. Garantiert jedenfalls keine Stellenanzeige. ImHR dreht sich alles um die RessourceMensch. Was liegt da näher, als auch tatsächlich Menschen zu Menschen sprechen zu las-sen? Nicht erst mitten im Prozess, beim Vorstellungsgespräch oder gar bei der Kündigung.Von Anfang an.

„Videos sorgen für höhere Attraktivität und Beachtung in den Online-Stellenanzeigen.Mehr Klicks und besseresMatching, passende Bewerbungen“, verspricht livejobs.ch auf sei-ner Website. Und: Videointegration erhöhe den Erinnerungswert um 30%. Livebjos.ch istdas erste Schweizer Videoportal für Personalmarketer. Und natürlich für Bewerber.

Alles begann im Jahr 2009. Als erfahrener Personalvermittler hatte Roger Bucher, Grün-der und Geschäftsführer von livebjobs.ch, die Idee eines Videoportals für Personalmar-keter aus dem Mangel an Fachkräften entwickelt. Konnte er doch mit allen möglichenPersonalmarketing-Botschaften,mit emotionslosen Inhalten in geschriebener Sprache, sei-

Katharina von WylBSt.Gallerstraße 71, 8400 Winterthur, Schweize-mail: [email protected]

181J. Buckmann (Hrsg.), Einstellungssache: Personalgewinnung mit Frechmut und Können,DOI 10.1007/978-3-658-03700-0_15, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013

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ne Zielgruppe nicht attraktiv und mehrdimensional, eben audiovisuell ansprechen. Diese„filmischen“ Erlebnisse zu transportieren und Emotionen bei den Betrachtern für eineBewerbung auszulösen, ist das primäre Ziel von livejobs.ch. Inzwischen produziert Bu-cher mit einem 5-köpfigen Team und einem Produktionsnetzwerk, verteilt auf die wich-tigsten Wirtschaftsstandorte der Schweiz, rund fünf bis zehn Videos pro Woche, Tendenzsteigend.

Das war nicht immer so. „Natürlich, aller Anfang ist schwer. Wir starteten mit einemneuen Produkt auf einem unbekannten Markt, was schon einiges an Mut und viel Über-zeugung voraussetzte. Auch die Personaler sind nicht gerade als sehr offen und experi-mentierfreudig bekannt. Sie bestechen eher durch Konformität und Bewährtes. Kein Mutzu Neuem. Personalmarketing existiert bei vielen Unternehmen nicht“, so Bucher zu denAnfangszeiten. Mit dem ersten Kunden, dem Kantonalen Steueramt, kam dann Bewegungin das Start-up: „Wir waren zugegeben etwas überrascht, als unseren ersten Kunden dasSteueramt des Kanton Zürich gewinnen zu können. Mit dem Steueramt durften wir einenImageclip und ein Recruitingvideo für Steuerkommissäre produzieren – eine Erfolgsstory.Das Imagevideo brachte es auf über 270.000Views“, erzählt Bucher. Inzwischen schmückenauch „die ganz Großen“ seine Kundenliste, so zum Beispiel der Migros Genossenschafts-bund oder die SBB. Die zunehmenden Erfolge bei den Auftraggebern würde viel Gutesheißen und zeige den richtigen Weg – gelinge es den Firmen doch mit den integriertenVideobotschaften den Bewerbungsrücklauf um ein vielfaches zu steigern. Weiter sei esein Wettbewerbsvorteil, sich gegenüber Mitbewerbern innovativ in einem Video von der„emotionalen“ Seite zu zeigen. Social Media habe mittlerweile an Akzeptanz gewonnenund YouTube hat sich zur zweitgrößten Suchplattform etabliert „die Zukunft gehört demVideocontent“, ist Bucher überzeugt.

Seit einiger Zeit bietet livejobs.ch nicht nur einen Videoservice, um das eigene Unter-nehmen oder ein Stelle zu präsentieren, der neuste Coup heißt Videointerviews. Dabeikann der Recruiter Fragen auf Video aufnehmen und Bewerber können – von zuhauseaus – darauf antworten, vor laufender Kamera. So erhalten die Personalfachleute bereitseinen guten ersten Eindruck und können dann entscheiden, wen sie zum persönlichen Ge-spräch einladen möchten. Insbesondere für international tätige Unternehmen, die immerwieder Bewerbende aus dem Ausland rekrutieren, soll der Rekrutierungsprozess dadurchoptimiert werden. Roger Bucher und sein Team haben schon wieder neue Ideen im Kö-cher: „livejobs.ch wächst weiter! In Kürze werden neue Services dazukommen – schauenSie wieder vorbei“, schreiben sie auf ihrer Homepage. „In der Tat, wir planen das Portal unddie Services interaktiver zu gestalten. Es werden viele Arbeitnehmerthemen, wie ein Ratge-ber rund um Jobs und Bewerbung sowieWebinare, dazu kommen. Bereits gelauncht habenwir ein Internet-TV, karriereTV.ch, ein offenes Portal für Videocontent rund um Employ-er Branding und Arbeitnehmerinfos. Hier darf bestehender Videocontent kostenlos hochgeladen werden“, verrät Bucher.

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Jobvideos – Praxisbeispiel der Verkehrsbetriebe Zürich

Film ab: Die VBZ setzen seit dem Jahr 2010 auf dasMedium Video. Ein Blick in die Praxis.

Ausgangslage

Die Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ) bieten denMenschen der Stadt Zürich und der umlie-genden Regionen eine qualitativ hochstehende Versorgung mit dem öffentlichen Nahver-kehr, während 365 Tagen im Jahr, mindestens 20 Stunden amTag. Rund 900.000 Fahrgästepro Tag nutzen das Angebot der VBZ.Dafür arbeiten rund 2450Mitarbeitende, 1400 davonim Fahrdienst als Tram- und BusfahrerInnen.

Pro Jahr verzeichnen die VBZ derzeit einen Bedarf an 200 neuen Mitarbeitenden, mitsteigender Tendenz. Dies ist insbesondere demografisch begründet – das Durchschnittsal-ter der VBZ-Mitarbeitenden ist mit 47 Jahren (Stand Juli 2013) überdurchschnittlich hoch.Ein zusätzlicher Faktor zu den zahlreichen, anstehenden Pensionierungen ist der anhalten-de Ausbau des öffentlichen Verkehrs in der Schweiz.

Aber: Der Arbeitsmarkt ist in der Schweiz heute hart umkämpft – die Entwicklungvon einem Arbeitgebermarkt hin zum Arbeitnehmermarkt schreitet voran (vgl. Braun-schweig 2009, S. 6). Dies führt dazu, dass Arbeitnehmende bei der Stellensuche immermehr Wahlmöglichkeiten haben. Arbeitgeber müssen folglich aussagekräftige Argumenteliefern, warum sich Stellensuchende für deren Unternehmen entscheiden sollen.

Bis im Jahr 2011 sahen die Stellenanzeigen der VBZ so aus, wie man sich das von einemUnternehmen des öffentlichen Dienstes vorstellt (Abb. 54).

Die Ausschreibung für die TramführerInnen-Stelle bestach durch Fließtext und the-matisierte inhaltlich in erster Linie das gewünschte Anforderungsprofil der Bewerbenden.Immerhin, ein Arbeitgeber-Vorteil der VBZ – die sichere Zukunft des Unternehmens –wurde bereits erwähnt und der Text ist pfiffig formuliert.

Und dennoch, dass diese Art derMitarbeitergewinnung imZeitalter der digitalen Kom-munikation langfristig den stetig steigenden Personalbedarf nicht abdecken kann, hat dasPersonalmanagement der Verkehrsbetriebe Zürich realisiert. Eine neue Idee musste her.

„Das Stelleninserat ist eine Werbeanzeige. Punkt“

Um die Anzahl Bewerbungen, insbesondere für die Stellen im Fahrdienst, nachhaltig zusteigern, haben die VBZ vier Handlungsziele definiert:

• Neue Rekrutierungsräume erschließen.• Internetpräsenz verstärken.• Mitarbeitende halten und entwickeln.• Arbeitgeberattraktivität stärken.

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Abb. 54 Stelleninserat der VBZ für TramführerInnen aus dem Jahr 2006 (Quelle: VerkehrsbetriebeZürich (VBZ))

Jörg Buckmann, Leiter Personalmanagement der VBZ, fasst die neue Denkweise hinterdiesen Zielen in einem prägnanten Satz zusammen: „Das Stelleninserat ist eine Werbean-zeige. Punkt“ (Buckmann 2012, S. 160).Wieso sollte ein Produkt, lebensprägend wie kaumein anderes, nicht mindestens genauso aufwendig und durchdacht beworben werden wieeine Packung Gummibärchen?

Die Bewerbenden sind nicht mehr in der Rolle der Bittsteller, sondern Kunden des Per-sonalmanagements der VBZ. Es galt also, eine Art zur Bewerbung der freien Stellen zufinden, welche den Interessenten einen optimalen Service bieten kann. Diese neue Den-ke konsequent im Unternehmen umzusetzen, war keine einfache Herausforderung. Viel-mehr erforderte es – insbesondere bei den einzelnen Vorgesetzten im Unternehmen – vielÜberzeugungsarbeit. Denn genau sie spielen in der neuen Personalmarketingstrategie eineentscheidende Rolle.

Wir bewerben uns!

. . . und zwar in 3–5 minütigen Jobvideos. Authentisch, direkt und persönlich. In derHauptrolle: die Vorgesetzten der VBZ. Diese erklären in den Videos die wichtigstenAufgaben des zukünftigen Mitarbeiters und stellen sich selbst und den Arbeitsplatz vor.

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Abb. 55 Die Jobvideos der VBZ sind direkt in die Stellenanzeigen eingebunden (Quelle: Verkehrs-betriebe Zürich (VBZ))

Angaben zum eigenen Führungsstil und einzelne Anekdoten aus dem Privatleben ver-leihen den Videos eine persönliche Note. Häufig kommt neben dem Vorgesetzten auchein Mitarbeiter oder eine Arbeitskollegin zu Wort und bietet den Interessenten so eineweitere Perspektive. Die Fülle an Informationen und vor allem an Eindrücken, welche diepotenziellen Bewerbenden über diese Jobvideos erhalten, kann kein Printinserat bieten(Abb. 55).

Einen Bewerbungsprozess auf den Kopf zu stellen und jeden Vorgesetzten vor die Ka-mera zu bewegen, geht natürlich nicht von heute auf morgen. Die VBZ haben viel in dasinterneMarketing der Idee investiert. Das Führungsteammusste vomneuenKonzept über-zeugt werden und für den Auftritt vor der Kamera das nötige Know-how erlangen. DieVideoproduzentin Florina Saladin, die bis heute noch sämtliche Jobvideos für die VBZpro-duziert, sowie ein weiterer Fernsehprofi, wurden daher früh mit ins Boot geholt. Saladinentwickelte für die VBZ die sogenannte Kleeblatt-Methode. Diese dient den Vorgesetz-ten als Leitfaden, um ihr Jobvideo zu strukturieren und mit spannendem Inhalt zu füllen.Denn: Die VBZ verzichten bewusst darauf, den jeweiligen Chefinnen und Chefs vorgefer-tigte Statements in den Mund zu legen. Sie sollen selbst ausarbeiten, was ihnen wichtig ist,wie viel Privates sie von sich preisgeben möchten und welche Aspekte der zu besetzendenStelle im Vordergrund stehen sollen. Nicht zuletzt ist das auch deshalb sinnvoll, weil sichdie Vorgesetzten so intensiv mit den freien Stellen auseinandersetzen.

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Der Inhalt eines Jobvideos besteht aus vier Komponenten oder eben vier Blättern, diezusammen ein Kleeblatt ergeben. Zu jedem der vier Themen sollen sich die Vorgesetztenein bis zwei Aussagen überlegen. Vier Leitfragen dienen dabei als Hilfestellung:

• Wie wurde ich Chefin bei den VBZ?• Was ist toll am Job, den ich zu vergeben habe?• Bei welcher Art von Mitarbeitern möchte ich mich bewerben?• Warum bin ich ein guter Chef? Wo liegen meine Macken?

Einige Tage vor dem Dreh findet eine Telefonkonferenz mit dem Vorgesetzten, der zu-ständigen HR-Fachperson und der Videoproduzentin statt. Unter Anleitung von FlorinaSaladin werden der Inhalt in ein Drehbuch verpackt und die passenden Bilder gemein-sam besprochen. Diese sorgfältige Absprache gibt den Vorgesetzten Sicherheit und dasdetaillierte Drehbuch erlaubt es, sich am Drehtag an etwas „festzuhalten“. Die langjährigeZusammenarbeit mit Florina Saladin ist dabei äußerst wertvoll. Sie kennt die Verkehrsbe-triebe Zürich inzwischen fast besser als manche Mitarbeitende, hat ein großes Archiv anVBZ-Aufnahmen, die sie jeweils einspielen kann und viel Feingefühl, um auch eher kame-rascheue Personen aus der Reserve zu locken. Die klar definierten Prozesse ermöglichenes, dass heute zwischen dem Stellenbesetzungsantrag und dem fertig aufgeschalteten Videonicht mehr als zehn Tage verstreichen.

Warum setzen die VBZ auf Video?

Während die Interessenten mit klassischen Stelleinseraten wenige Zeilen zu lesen bekom-men und anschließend mit ihrer Bewerbung sehr persönlich Daten preisgeben müssen,gewinnt dieses ungleiche Informationsverhältnismit den Jobvideos bei den VBZwieder anBalance. Oder, um esmit Jörg BuckmannsWorten zu sagen: „Die Bewerbermüssen bei denVBZ endlich nichtmehr die Katze im Sack kaufen.“ Kein anderesMedium schafft es, inner-halb weniger Minuten einen Arbeitsplatz so umfassend und authentisch zu präsentieren.Die Interessentinnen und Interessenten gewinnen einen ersten Eindruck von ihrem zu-künftigen Arbeitsplatz und -umfeld und haben so eine echte Entscheidungsgrundlage füroder gegen eine Bewerbung. „Videos treffen den Zeitgeist und vor allem kommen sie demInformationsverhalten der Zielgruppen entgegen. Es sind die Bewegtbilder, die Distanz zueinem Unternehmen abbauen, formelle und informelle Informationen bewusst und unbe-wusst transportieren, Einblicke in den Alltag ermöglichen und Menschen zu Menschensprechen lassen.“ (Christoph Beck, Personalmarketing 2.0). Die Karten so früh im Be-werbungsprozess auf den Tisch zu legen, ist nicht nur aus Sicht der Interessentinnen undInteressenten ein Gewinn. Authentizität und Transparenz an diesem Punkt sparen Zeit füralle Beteiligten. Denn wenn’s nicht passt, kann dies dank dem Jobvideo eventuell bereitserkannt werden, bevor der ganze Bewerbungsprozess ins Rollen kommt.

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Abb. 56 Die Microsite „24 Stunden VBZ“ bietet Einblick in den Arbeitsalltag bei den Verkehrsbe-trieben Zürich (Quelle: Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ))

Die Jobvideos sind in dieOnline-Stellenanzeigen derVBZ eingebaut.UndunterOnline-Stellenanzeigen verstehen wir bei den VBZ auch tatsächlich interaktive Anzeigen undnicht, einfach ein klassisches Inserat als PDF ins Web zu stellen (mehr zu den Möglich-keiten von Stellenanzeigen im Beitrag von Matthias Mäder in diesem Buch). Das Jobvideobildet das Herzstück der interaktiven Stellenanzeige. Unterhalb des Videos befinden sichdie „harten Fakten“ zur Stelle, zudem bietet das Online-Inserat Informationen rund umdie Arbeitgebervorteile der VBZ.

Des Weiteren besteht im Inserat die Möglichkeit zur direkten Kontaktaufnahme mitder zuständigen Personalfachperson. Eine Option zum Verbreiten des Inserates auf dengängigen Social-Media-Plattformen und via E-Mail sowie die Möglichkeit zur direktenOnline-Bewerbung sind ebenfalls vorhanden.

In Form der Microsite „24 Stunden VBZ“, ebenfalls in die Stellenanzeige integriert, er-halten Interessierte einen Einblick in den Arbeitsalltag 24 verschiedener Mitarbeitenden.Zu jeder Stunde wurde eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter aus den verschiedenstenBerufsfeldern porträtiert. Mit Fotos, Comics und zu einem Großteil mit Filmaufnahmen.Die Mitarbeitenden erzählen ehrlich und direkt von ihrem Arbeitsalltag, kritische Punk-te wie beispielsweise die Schichtarbeit werden ebenso angesprochen wie Fringe-Benefitsder VBZ, so zum Beispiel das Mitarbeitenden-Generalabonnement. Der Einbezug echterVBZ-Mitarbeitenden verleiht dem Employer Branding viel wertvolle Authentizität. Auchhier sprechen Menschen zu Menschen (Abb. 56).

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Tiefe Kosten dank crossmedialer Multikanalstrategie

Zentraler Bestandteil der Personalmarketing-Strategie der VBZ ist die crossmediale Ver-breitung der Jobvideos. Mit wenigen Klicks können die Personalfachleute der Verkehrsbe-triebe Zürich die Stellenanzeigen inkl. Video auf verschiedenen Kanälen publizieren. DieVBZ arbeiten mit den großen Stellenplattformen der Schweiz zusammen, zusätzlich veröf-fentlichen sie die neuen Stellen jeweils auf der eigenen Website sowie auf der Jobs@VBZ-Seite auf Facebook. Per Job-Newsletter werden Interessierte zudem via E-Mail oder SMSüber die neuen Vakanzen auf dem Laufenden gehalten. Ergänzt wird die crossmediale Stra-tegie durch Kanäle zum Anfassen: Ein 72m-großes Megaposter am Hauptsitz der VBZverspricht „Einsteigen lohnt sich“, angelehnt an das Markenversprechen „Umsteigen lohntsich“. Im Weiteren nutzen die Verkehrsbetriebe die eigenen Trams und Busse als fahrendeWerbeträger und platzieren Plakatwerbungen an den Haltestellen. Printanzeigen werdennur noch punktuell in Formvon blauenTeaser-Inseraten geschalten, welche auf dieOnline-Stellenanzeigen hinweisen.

Nicht zuletzt ist die „Wir-bewerben-uns“-Kampagne auch in den Medien auf große Re-sonanz gestoßen. ZahlreicheZeitungen, Radiosender unddas Zürcher Regional-Fernsehen„Tele Züri“ haben darüber berichtet. Auch das stete Interesse derHR-Fachwelt bestätigt denErfolg der neuen Personalmarketing-Strategie.

Die VBZ haben rund 50.000 Franken in die Konzeption der Jobvideos gesteckt. DieProduktion eines neuen Films kostet jetzt noch ca. 3000 Franken. Die hohen Kosten fürdie Schaltung in Stellenanzeigern der Tageszeitungen entfallen durch den Fokus auf On-line, gleichzeitig ist die Durchdringungskraft der einzelnen Inserate gestiegen. Zu Beginnist die Implementation einer neuen Personalmarketingstrategie, insbesondere seitens desPersonalmanagements, mit viel Mehraufwand verbunden. Dies schreckt zunächst ab. Istein neues Konzept allerdings erst einmal eingeführt, entwickelt sich eine gewisse Rou-tine. Die VBZ haben heute für die Ausschreibung einer neuen Stelle per Jobvideo nureinenminimal höherenZeitaufwand, der finanzielleAufwand ist über alles betrachtet sogargesunken.

Eine Prise Expertise: Interviewmit Florina Saladin, Videoproduzentin

„Sie wollen etwas bewegen? Ich liefere Ihnen Bilder und Worte dafür!“, schreibt FlorinaSaladin auf ihrer Website. Und das tut sie. Die selbstständige Videoproduzentin ist dieMutter der VBZ-Jobvideos, sie war von Anfang an mit dabei, konzipiert, coacht, filmt undschneidet. Wenn nötig auch nachts um drei Uhr, Hauptsache das Ergebnis ist perfekt. Dieerfahrene Fernsehfrau startete ihre Karriere vor 20 Jahren beimZürcher Regionalfernsehen„TeleZüri“, zuerst vor der Kamera, anschließend als Newsproduzentin und Redaktionslei-terin. Seit über zehn Jahren arbeitet Florina Saladin selbstständig als Videoproduzentin,Moderatorin und Medientrainerin.

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▸ Florina Saladin, Sie sind seit 20 Jahren im Video-Business tätig, zuerst als Video-Journalistin, dann als Newsproduzentin und Redaktionsleiterin. Was macht dasMedium Video für Sie so besonders?

Florina Saladin: „Bewegte Bilder sind unmittelbar und verraten viel – oft mehr, als denAkteuren lieb ist! Zuschauer merken während Bruchteilen einer Sekunde, ob der gefilm-ten Person wohl ist in ihrer Haut und ob sie hinter dem steht, was sie sagt. Wenn jemandzum erstenMal in ein Kameraobjektiv zu einem virtuellen Zuschauer spricht, ist er oder siemeistens sehr um Textsicherheit bemüht. Dabei könnte diese Person das Telefonbuch vor-lesen – wenn das mit Herzblut geschieht, würden die Zuschauer dranbleiben. Der Text istsekundär! Nichts ist blutleerer als perfekt vorbereitete und rezitierte Sätze. Entscheidend istder Gesichtsausdruck der Person. Amwichtigsten ist der Ausdruck der Augen, die gesamteKörperhaltung spielt aber ebenso mit. Die Basis jeder Kamerapräsenz ist die persönlicheÜberzeugung. Das, was die gefilmte Person wirklich denkt, fühlt und meint, kommt auch„rüber“. Schummeln gelingt vor einer Videokamera nur absoluten Profis.“

▸ Was sind die zentralen Erfolgsfaktoren für ein Recruiting-Video?

Florina Saladin: „Der Zuschauer soll den Eindruck haben, er nähme an einer persön-lichen Führung im Unternehmen teil. Das gelingt dann, wenn die Akteure im Video dieZuschauer direkt ansprechen, also in die Kamera, wenn möglichst viele Schauplätze undpotenzielle neue Kolleg/innen gezeigt werden und sich diese, im Idealfall, ebenfalls an dieZuschauer wenden. Ein weiterer zentraler Erfolgsfaktor ist, dass mit konkreten Beispielengearbeitet wird. Heißt: Null-Sätze im Stil von „Ich biete Ihnen einen spannenden Job“ un-bedingt vermeiden! Den Zuschauer dafür mit Details fesseln, z. B. „In einem Tram habenunsere Elektriker mit weit über 1000 Kabeln zu tun.“ Als Zuschauer mitgerissen werde ichdann, wenn entweder die Bilder attraktiv sind – außergewöhnliche Gebäude, spezielle Ma-schinen, überraschendeTätigkeiten – oder das, was im Bild nicht gezeigt werden kann, voneiner Person mit Begeisterung beschrieben wird.“

▸ . . . und alle VBZ-Chefs und -Chefinnen sind charismatische Persönlichkeitenundkönnen das?

Florina Saladin: „Wer seinen Job wirklich gern macht, zeigt ihn auch mit Engagement.Geht er oder sie das Wagnis ein, dabei gefilmt zu werden, springt der Funke über! Wirmussten bis heute nicht einen einzigen Dreh abbrechen und sagen „geht leider nicht“. Fastschwieriger als die Statements in die Kamera sind für die Akteurinnen und Akteure oft dieSpeakertexte, also die Tonaufnahmen für ihre Erklärungen aus dem Off, die ich im Schnittdann mit Bildern decke. Das ist eine Besonderheit der VBZ-Jobvideos: Es gibt keine pro-fessionellen Texte aus demOff. Nur die Akteure selbst kommen zuWort. Damit diese Teiledes Drehbuchs nicht abgelesen klingen, braucht es oft intensives Coaching, mehrere An-läufe undmanchmal im Schnitt das Zusammenfügen etlicher Einzelteile zu einem „erzählt

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und nicht aufgesagt“ klingenden Ganzen. Am Ende haben wir es bisher immer geschafft!Jeder Film wird dadurch eindeutig persönlicher. Es ist ein Riesenunterschied, ob einMitar-beitender der rekrutierenden Firma die Zuschauer selber von A bis Z auf eine Reise durchseine Abteilung mitnimmt, oder ob ein distanzierter Profi-Sprecher die Fakten vermittelt.Ich arbeite unterdessen auch für viele andere Kunden nur noch mit „Off-Texten“ der Ak-teure.“

▸ Und wie erreichen Sie, dass die Akteure vor der Kamera ihr Lampenfieber able-gen?

Florina Saladin: „Es wird ja niemand einfach amDrehtag ins kalteWasser geworfen undmuss auf Kommando „spontan“ ins schwarze Objektiv meiner Kamera sprechen. Die vonmir entwickelte „Kleeblatt-Methode“ unterstützt die Akteure imVorfeld dabei, in einer ArtBrainstorming zu verschiedenen Themen zusammenzutragen, was sie sagen könnten. Ge-meinsam, meist am Telefon, schauen wir dann, wie die Bausteine eine Geschichte ergebenkönnten.Womit beginnen, wie aufhören?Wichtig ist beim Drehbuchschreiben: Esmüssendie Sätze der Akteure sein, ihre Wortwahl. Wenn eine Aussage später am Set ein paar Malholpert, dann liegt es am Text! Entweder stimmt die Aussage für diese Person nicht undmuss ergo geändert werden, oder es ist nicht ihre eigene Sprache. Ich schreibe die Dreh-bücher mit den Akteuren bewusst auf Schweizerdeutsch, um am Drehtag die zusätzlicheHürde der „Simultanübersetzung“ zu vermeiden. Der Satzbau stimmt sonst oft nicht unddie Aussagen wirken gestelzt. Ist das Drehbuch für die zu filmenden Personen stimmig,ist nicht nur eine erste Hürde geschafft, sondern sie starten auch zuversichtlicher in denDrehtag.“

▸ Und am Drehtag selbst?

Florina Saladin: „Authentisch wirken sie an diesem Tag dann, wenn sie sich – trotz desauf sie gerichtetenObjektivs –wohl fühlen, soweit das unter diesenUmständen geht.Was esdafür braucht, hängt vom Typ ab, von der Tagesform, von früheren Kameraerfahrungen,von allfälligen Störfaktoren am Set . . . Ich plane Drehtage meist so, dass es „hinten Lufthat“, also weder die Akteure noch ich bis zum Zeitpunkt x zwingend fertig sein müssen.Das mindert den Stress. Oft funktioniert ein Statement „in die Kamera“ entweder sofort,oder dann erst im x-ten Anlauf. Ein Killer ist in diesen Fällen Ungeduld und Ärger desAkteurs über sich selber. Heißt: Zwei Schritte zurück, durchatmen, den Stress versuchenraus- und dafür eine Haltung einzunehmen im Sinne von „ganz egal, und wenn wir 20 Ta-kes brauchen, wir probieren es einfach nochmal!“. Lachen, und sei es aus Verzweiflung übersich, ist super: Es löst!“

▸ Der Grat zwischen Authentizität und Laientum ist teilweise ein schmaler. Wieviel Inszenierung ist für ein Jobvideo nötig? Und wie viel ist zu viel?

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Florina Saladin: „Jedes Mal ist das ein Balanceakt! Es gibt Akteure, die haben selberDrehbücher vorbereitet, in denen sie jede einzelne Kameraeinstellung beschreiben. Dasmacht es nicht unbedingt einfacher und manchmal schwitze ich Blut und Wasser, um ih-nen Ideen auszureden, die aus irgendwelchen Gründen nicht funktionieren würden. Ichwill ihren Elan ja nicht bremsen! Und es muss am Ende „ihr“ Film sein! Das Drehbuchsoll ein freudiger Schritt auf diesem Weg sein, kein Frust. Dann gibt es Akteure, die kom-men mit acht Stichworten zur Drehbuchbesprechung. Und es gibt solche, mit denen hatman nach allen Regeln der Kunst – also „gesprochene“ Sprache, keine Schachtelsätze – einDrehbuch erstellt, zum Termin erscheinen sie aber strahlend mit einem vier Mal so um-fangreichen Ausdruck in der Hand, weil ihnen „Verschiedenes eingefallen ist und sie nochein wenig ergänzt“ haben. Der Entstehungsprozess jedes Films ist einzigartig und eineHer-ausforderung!“

▸ Hängt das „wie viel Inszenierung verträgt es“ also stark vom jeweiligen Akteurab?

Florina Saladin: „Absolut! Da muss man sehr flexibel sein. Im Notfall gilt: Liebevolldie Handbremse ziehen, wenn von den Akteuren Szenen vorgeschlagen werden, die nurkünstlich wirken. Ich rate ab von allem, das in dieser Form im Berufsalltag nie stattfindenwürde, z. B. „drei Fachleute nehmen in schneller Abfolge das tupfengleiche Werkzeugköf-ferchen aus demGestell“. Dasmag zwar ein tolles Bild sein und es lässt sich zu coolerMusikauch gut schneiden, aber es ist reine Inszenierung. L’art pour l’art.Würde ich, zumindest imRahmen des VBZ-Projekts, nicht machen. Hat nichts mit der Authentizität zu tun, die wiranstreben. Wenn hingegen ein Akteur zu mir als Zuschauerin spricht, während er durchsGroßraumbüro zu einem seinerMitarbeitenden läuft, dann wirkt das im Filmmeist besser,als wenn er einfach hilflos undwie angenagelt im Raum steht. „Still stehen“ oder „sitzen“ istfür viele Akteure sowieso nicht einfacher, als sich beim Sprechen zu bewegen. Zu Beginndes Projekts „Wir bewerben uns“ war ich schon froh, wenn die Akteure bei ihren State-ments in die Kamera schauten und präsent wirkten – unterdessen lasse ich sie oft agierenwährend ihrer Aussagen. Es ist immens viel passiert in den letzten drei Jahren! Die VBZ-Jobvideos der ersten Stunde sind mit dem, was heute möglich ist, kaum zu vergleichen.Ich habe große Freude an der Motivation und dem aktiven Mitwirken der VBZ-Akteureund bin dankbar für die Akzeptanz, die diese Form des Recruiting mittlerweile innerhalbdes Unternehmens genießt! Außerhalb der VBZ war das Echo ja vom ersten Video an sehrpositiv.“

Auch das ist Frechmut: Silberner Sellerie für den BMW-Rap

ImMai 2011 hat die BMWGroupmit ihren Praktikanten ein Musikvideo produziert, auchbekannt als BMW Rap (Sie kennen den Film noch nicht? Unbedingt anschauen, zu fin-den auf der größten Video-Plattform, Suchbegriff „BMW Rap“). Ziel der Aktion war es,

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Abb. 57 Florina Saladin,Videoproduzentin. Quelle:Florina Saladin

auf unterhaltsame Art und Weise Hochschulabsolventen für ein Praktikum bei BMW zumotivieren und Vorurteile abzubauen.

Das Video verbreitete sich auf Social-Media-Plattformen rasend schnell und schaff-te es gar in Hochschulvorlesungen. Leider nicht im positiven Sinne. Es wurde belächelt,kritisiert und teilweise regelrecht verrissen. Schließlich wurde es gar mit dem „SilbernenSellerie 2012“ der EuropeanWebVideo Academy für den schlechtesten DeutschenOnline-Film ausgezeichnet. Fabian Stenger, Spezialist Employer Branding und Social Media beider BMW Group, war für das Video mitverantwortlich. Herr Stenger, haben Sie mit die-sen negativen Reaktionen gerechnet? „Das Video hat polarisiert. Es war uns bewusst, dasses auch negative Kommentare geben wird. Gerade wenn man eine neue Form der Kom-munikation testet, muss man mit einer differenzierten Reaktion der Zielgruppe rechnen.Wichtig ist hierbei, dass man konstruktiv mit der Kritik und den Anmerkungen der Userumgeht“, so Stenger. „Um das Video möglichst authentisch zu produzieren, haben wir un-seren Praktikanten und Azubis damals freie Hand gelassen und das Ergebnis dann alsBMWVideo ohne Veränderungen so veröffentlicht. Diese Herangehensweise war vermut-lich für viele Zuschauer nicht direkt erkennbar. Unser Protagonist Marvin war beispiels-weise Auszubildender bei BMW. Er spielt selbst Gitarre, ist ein leidenschaftlicher Musikerund hat den Text selbst geschrieben. Für uns hat der Song schlussendlich funktioniert.Natürlich gibt es gewisse Punkte, die wir heute anders angehen würden, jedoch hat das Vi-deo in Bezug auf die erreichte Viralität seine Wirkung keinesfalls verfehlt“, führt er weiteraus.

Ich finde: Der BMW Rap ist frech und die ganze Aktion mutig. Das Video ist nach wievor online verfügbar und auch der entsprechende Post auf der Karriere-Facebookseite derBMW Group ist noch vorhanden. Der virale Effekt, der dieses Video ausgelöst hat, wennauch kein positiver, hat dem Unternehmen und der Sache viel Aufmerksamkeit generiert.Und: Der Rap ist gar richtig gelungen, professionell produziert, frisch und einfach mal„etwas anderes“. Daumen hoch für den Frechmut der BMW Group und alle beteiligtenPraktikantinnen und Praktikanten.

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Mal eben kurz zu 2500 Mitarbeitenden sprechen

Zwei wichtige Ziele der internen Kommunikation sind die Bereitstellung von Informatio-nen sowie die Erhöhung und Verfestigung von Glaubwürdigkeit und Vertrauen der Mitar-beitenden in das Unternehmen (Mast 2010, S. 220). „Die Mitarbeiter möchten über Ziele,wichtige Projekte und Vorhaben aber erfahrungsgemäß lieber in persönlicher, unvermit-telter Kommunikation informiert werden“, so Kommunikationswissenschaftlerin ClaudiaMast (Mast 2010, S. 231). Die Herausforderung bei den VBZ: Rund 2500 Mitarbeitende,verteilt an unterschiedlichen Standorten und mit komplett unterschiedlichen Arbeitszei-ten. Eine persönliche, unvermittelte Kommunikation mit wirklich sämtlichenMitarbeiten-den ist unter diesen Rahmenbedingungen nicht möglich.

Aber: Seit dem Jahr 2012 haben die VBZ einen internen Blog ins Intranet eingebaut.Dieser soll Unterhalten, Informieren und den Austausch fördern. Durch die Publikationvon Videobotschaften über den internen Blog ist die Kommunikation direkter und per-sönlicher als dies über einen schriftlichen Austauschmöglich wäre. Die VBZ posten daherbei wichtigen Mitteilungen Videointerviews mit den zuständigen Fachpersonen. So habenbeispielsweise der Direktor der Verkehrsbetriebe und der Leiter Betrieb, welcher für sämt-liche Fahrdienst-Mitarbeitende verantwortlich ist, gemeinsam vor der Kamera Rede undAntwort zum neuen Gesamtarbeitsvertrag gestanden. Der Aufwand ist dabei minimal, diemeisten dieser Blog-Videos produzieren die VBZ gleich selbst mit einer kleinen Kamera,die in jeder Schreibtischschublade Platz findet. Mit den entsprechenden Privatsphärenein-stellungen kann man die Filme problemlos auf einer Online-Videoplattform ablegen undvon da aus verknüpfen. Kurzum: Möchte der Direktor in einer halben Stunde zu seinenzweieinhalbtausend Mitarbeitenden sprechen, ist das zwar etwas hektisch, aber durchausrealistisch.

Die Mitarbeitenden haben im Blog die Möglichkeit, diese Posts zu kommentieren undallenfalls ergänzende Fragen zu stellen. So kann ein wirklicher Dialog entstehen. Es spre-chen Menschen mit Menschen.

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Autorenbeschreibung: Katharina von WylFrechmut ist für mich, Ideen mit Entschlossenheit, Engagement und Leidenschaft zuvertreten, ehrlich, direkt aber immer mit dem nötigen Charme und Respekt.

Katharina von Wyl studiert Kommunikation & Journalismus an der ZürcherHochschule für Angewandte Wissenschaften und unterstützt die VBZ als Fachspe-zialistin für Personalmarketing. Nebenbei ist von Wyl zudem als freie Journalistintätig. Die diplomierte Kauffrau fand in der Hotellerie ihren beruflichen Einstieg unddurchlief anschließend verschiedene Stationen im kaufmännischen Bereich, bevorsie 2011 ihr Studium antrat.

Kontakt: https://www.xing.com/profiles/Katharina_vonWyl

Video: Menschen zu Menschen sprechen lassen 195

Literatur

Braunschweig, J. (2009). „Employer Branding: Die Bedeutung von schwer quantifizierbaren Perso-nalthemen“ (S. 6). München: Grin Verlag.

Buckmann, J. (2012). Personalmarketing auf denKopf gestellt: DieVorgesetzten derVerkehrsbetriebeZürich bewerben sich bei Interessenten. InC. Beck (Hrsg.), Personalmarketing 2.0: VomEmployerBranding zum Recruiting (2. Aufl., S. 160). Köln: Luchterhand.

Mast, C. (2010). Unternehmenskommunikation (4. Aufl., S. 231). Stuttgart: Lucius & Lucius.