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Wieso man keine Facebook-Fans kaufen sollte geropflueger.de /keine-facebook-fans-kaufen Je mehr Fans eine Fanpage hat, desto wichtiger scheint die Fanpage und damit das dahinter stehende Unternehmen oder Produkt zu sein. Darum ist vielen Unternehmen wichtig, eine große Zahl Fans zu besitzen. Doch wer eine Fanpage startet, der steht vor einem Problem: Er hat außer sich selbst keinen einzigen Fan. Also: Fans kaufen? Facebook-Fans kaufen – was spricht dafür? Für ein paar Handvoll Euros kann man bei entsprechenden Dienstleistern, die sich zuhauf im Internet finden, Tausende Facebook-Fans kaufen. Die Verlockung ist also für viele Unternehmer groß, für wenig Geld die eigene Fanbasis zu erhöhen. Abgesehen von der Befriedigung des eigenen Egos steckt auch der Glaube dahinter, dass eine große Zahl Fans weitere Fans anzieht und die Seite so noch attraktiver wird. Doch die preiswerten Fans haben eine düstere Schattenseite. Facebook-Fans kaufen – was spricht dagegen? Zunächst einmal muss man verstehen, woher diese Fans kommen. Nehmen wir mal einen verhältnismäßig teuren Anbieter, der 50 Euro für 1.000 Fans haben möchte. Jeder Fan ist also 0,05 Euro wert. Davon wird der Anbieter aller Wahrscheinlichkeit nach mindestens 50 Prozent für sich behalten, um seine eigenen Kosten zu decken. Bleiben also im günstigsten Fall 0,025 Euro für den Fan übrig, der auf Ihrer Fanpage »Gefällt mir« klickt. Nicht einmal drei Cent. Besuchen Sie mal eine beliebige Facebook-Seite und hinterlassen klicken Sie dort »Gefällt mir« – zum Beispiel bei meiner , wenn Sie das noch nicht getan haben sollten – und rechnen Sie hoch, wie oft Sie das pro Minute schaffen können. Schlagen Sie ruhig was drauf, um den Übung-macht-den-Meister-Effekt zu berücksichtigen. Multiplizieren Sie Ihren Wert mit 60 und mit 0,025, um Ihren Stundenlohn zu errechnen. Wenn Sie diesen Vorgang durchschnittlich zehn Mal pro Minute ausführen, dann sind das 600 Likes pro Stunde, woraus sich ein Stundenlohn von 15 Euro ergibt. Schon nicht schlecht! Allerdings berücksichtigen Sie bitte, dass Sie bei sehr vielen Anbietern für 50 Euro zehntausende, nicht nur eintausend, Fans kaufen können. Auf ein besonders perfides Beispiel wurde ich neulich per Spam- Mail aufmerksam: Da bietet man mir tatsächlich 11.000 Fans für 5 Dollar an – und für 55 Dollar könnte ich 97.000 Fans erhalten. Aktuell entspricht das 41 Euro und 13 Cent. Jeder »Gefällt mir«-Klick ist also nur noch 0,0004 Euro wert – oder 0,04 Cent. Der Stundenlohn liegt jetzt bei den angenommenen 600 Klicks nur noch bei 0,24 Euro. Vierundzwanzig Cent pro Stunde! Wenn Sie das zwölf Stunden am Stück machen, haben Sie 2,88 Euro verdient, wenn Sie jeden Tag arbeiten sind das 20,16 Euro Wochenlohn. Wer bitte soll denn von diesem Geld noch leben können? Das geht allenfalls in den ärmsten der armen Dritte- Welt-Ländern – in Bangladesch zum Beispiel und in einigen afrikanischen Ländern. Auch in der pakistanischen Provinz leben Menschen, die davon ihre Familie ernähren. Okay, Sie unterstützen offenbar arme Menschen in fernen Ländern. Aber ganz ehrlich: Spenden Sie bitte bei UNICEF. Werden Sie UNICEF-Pate. Dort wissen Sie sicherer, dass das Geld bei Bedürftigen ankommt, als wenn Sie auf obskuren Seiten Facebook-Likes kaufen. Zudem schaden Ihnen gekaufte Likes massiv:

Wieso Sie keine Facebook-Fans kaufen sollten

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Wieso man keine Facebook-Fans kaufen solltegeropflueger.de /keine-facebook-fans-kaufen

Je mehr Fans eine Fanpage hat, desto wichtiger scheint die Fanpage und damit das dahinter stehendeUnternehmen oder Produkt zu sein. Darum ist vielen Unternehmen wichtig, eine große Zahl Fans zubesitzen. Doch wer eine Fanpage startet, der steht vor einem Problem: Er hat außer sich selbst keineneinzigen Fan. Also: Fans kaufen?

Facebook-Fans kaufen – was spricht dafür?

Für ein paar Handvoll Euros kann man bei entsprechenden Dienstleistern, die sich zuhauf im Internetfinden, Tausende Facebook-Fans kaufen. Die Verlockung ist also für viele Unternehmer groß, für wenigGeld die eigene Fanbasis zu erhöhen. Abgesehen von der Befriedigung des eigenen Egos steckt auchder Glaube dahinter, dass eine große Zahl Fans weitere Fans anzieht und die Seite so noch attraktiverwird.

Doch die preiswerten Fans haben eine düstere Schattenseite.

Facebook-Fans kaufen – was spricht dagegen?

Zunächst einmal muss man verstehen, woher diese Fans kommen. Nehmen wir mal einenverhältnismäßig teuren Anbieter, der 50 Euro für 1.000 Fans haben möchte. Jeder Fan ist also 0,05Euro wert. Davon wird der Anbieter aller Wahrscheinlichkeit nach mindestens 50 Prozent für sichbehalten, um seine eigenen Kosten zu decken. Bleiben also im günstigsten Fall 0,025 Euro für den Fanübrig, der auf Ihrer Fanpage »Gefällt mir« klickt. Nicht einmal drei Cent. Besuchen Sie mal einebeliebige Facebook-Seite und hinterlassen klicken Sie dort »Gefällt mir« – zum Beispiel bei meiner,wenn Sie das noch nicht getan haben sollten – und rechnen Sie hoch, wie oft Sie das pro Minuteschaffen können. Schlagen Sie ruhig was drauf, um den Übung-macht-den-Meister-Effekt zuberücksichtigen. Multiplizieren Sie Ihren Wert mit 60 und mit 0,025, um Ihren Stundenlohn zuerrechnen.

Wenn Sie diesen Vorgang durchschnittlich zehn Mal pro Minute ausführen, dann sind das 600 Likespro Stunde, woraus sich ein Stundenlohn von 15 Euro ergibt. Schon nicht schlecht!

Allerdings berücksichtigen Sie bitte, dass Sie bei sehr vielen Anbietern für 50 Euro zehntausende, nichtnur eintausend, Fans kaufen können. Auf ein besonders perfides Beispiel wurde ich neulich per Spam-Mail aufmerksam:

Da bietet man mir tatsächlich 11.000 Fans für 5 Dollar an – und für 55 Dollar könnte ich 97.000 Fanserhalten. Aktuell entspricht das 41 Euro und 13 Cent. Jeder »Gefällt mir«-Klick ist also nur noch 0,0004Euro wert – oder 0,04 Cent. Der Stundenlohn liegt jetzt bei den angenommenen 600 Klicks nur nochbei 0,24 Euro. Vierundzwanzig Cent pro Stunde! Wenn Sie das zwölf Stunden am Stück machen,haben Sie 2,88 Euro verdient, wenn Sie jeden Tag arbeiten sind das 20,16 Euro Wochenlohn. Wer bittesoll denn von diesem Geld noch leben können? Das geht allenfalls in den ärmsten der armen Dritte-Welt-Ländern – in Bangladesch zum Beispiel und in einigen afrikanischen Ländern. Auch in derpakistanischen Provinz leben Menschen, die davon ihre Familie ernähren.

Okay, Sie unterstützen offenbar arme Menschen in fernen Ländern. Aber ganz ehrlich: Spenden Siebitte bei UNICEF. Werden Sie UNICEF-Pate. Dort wissen Sie sicherer, dass das Geld bei Bedürftigenankommt, als wenn Sie auf obskuren Seiten Facebook-Likes kaufen. Zudem schaden Ihnen gekaufteLikes massiv:

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97.000 Facebook-Fans kaufen für nur 55 US-Dollar – gerademal etwas über 40 Euro (Stand: August 2014)

Gefahr: Fake-Accounts

Wenn Sie Fans kaufen, wissen Sie nicht einmalsicher, ob diejenigen Accounts, die bei Ihnen»Gefällt mir« klicken, echte Personen sind, oder obdie nur zum Zwecke des Klickens angelegt wordensind. Die meisten Fake-Accounts lassen sicheinfach identifizieren – Tausende Seiten und Appsgefallen diesem Profil. In der stets öffentlichen, aberseltsam leblosen Chronik finden sich ein Haufenoftmals im Sekundentakt geteilter Beiträgeirgendwelcher unzusammenhängender Seiten.Auch fällt auf, dass die gelikten Seiten und Appsthematisch sehr breit gefächert sind – Leute, diesich vielseitig interessieren, haben normalerweiseviele Freunde. Das ist bei diesen Profilen jedochselten der Fall, weil die Inhaber keine Zeit haben,Freundschaftsanfragen zu beantworten. Darumhaben diese Seiten oftmals erstaunlich vieleAbonennten.Das Problem: Fake-Accounts bringenIhnen nichts. Sie interagieren ein oder zwei Mal, indem sie ein Like setzen oder einen Beitrag in ihreeigene, unbeachtete Chronik teilen, dann war es das.

Gefahr: Kosten

Seit Facebook konsequent die organische Reichweite Ihrer Seite herunterfährt, ist klar, dass dieglücklichen Zeiten der Kostenloskultur bei Facebook vorbei sind. Aktuell werden durchschnittlich 16Prozent Ihrer Fans organisch erreicht, Tendenz sinkend. Um Ihre Fans zur Interaktion zu bewegen,müssen Sie also Anzeigen schalten. Jetzt haben Sie zum Beispiel 10.000 Fans gekauft und besitzen500 eigene, durch tollen Content und gutes Marketing erworbene Fans, zusammen also 10.500 Fansauf Ihrer Seite. Sieht super aus!Das Problem: Wenn Sie eine Anzeige für 100 Euro schalten, um einenbesonders guten Beitrag zu boosten, ein Angebot Ihres Unternehmens zu promoten oder auf einGewinnspiel hinzuweisen, zahlen Sie 95,24 Euro an Facebook, ohne einen einzigen echtenInteressenten zu erreichen. Zum Fenster hinausgeschmissenes Geld.

Gefahr: Facebook Insights

Facebook bietet ein tolles Tool für Seitenadministratoren, mit dem alles Mögliche ermittelt undüberwacht werden kann. Facebook Insights heißt das Tool. Doch werden dort die Zahlen komplettanonymisiert – Sie können nicht sehen, welcher User etwas getan hat oder wie sein Profil konkretaussieht, sondern nur Durchschnittswerte ablesen. Facebook Insights dient Seitenadministratorendazu, den Erfolg ihrer Arbeit zu ermitteln und diese dann immer wieder zu optimieren.Das Problem: Zur Optimierung gehört zum Beispiel auch, die optimalen Posting-Zeiten zu ermitteln.Wenn Sie Fans kaufen, kommt die überwiegende Zahl aus völlig anderen Zeitzonen, Sie können sichalso nicht mehr auf die abzulesenden Werte verlassen. Auch in anderer Hinsicht haben Sie einProblem: Sie wissen nicht sicher, welche Interaktionen auf der Seite von Ihren 500 echten Fanskommen und welche von den uninteressierten gekauften Fans. Sie können also nicht mehr erkennen,ob Sie Ihre Zielgruppe erreichen. Ihre Statistik wird vollkommen unbrauchbar.

Aus meinem persönlichen Umfeld habe ich ein tolles Beispiel. Oder besser gesagt ein nicht so tolles.Vor rund zwei Jahren übernahm ich die bei rund 30 Fans stagnierende Facebook-Seite eineshervorragenden Restaurants in Hannover. Ich schaffte es mit nur ein bis zwei wöchentlichen Posts, indieser Zeit rund 500 echte Fans für die Seite zu generieren, von denen gut zehn Prozent regelmäßiginteragierten. Nicht schlecht für ein lokales Restaurant der gehobenen Klasse! Aus verschiedenen

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Gründen trennten wir uns dann geschäftlich, pflegen aber bis heute ein freundschaftliches Verhältnismiteinander. Ende April 2014 legte ich also den Facebook-Auftritt in die Hände meines Nachfolgers.Und ganz plötzlich, beginnend Ende Mai, kletterte die Zahl der Fans bis Ende Juli auf über 4.000 unddann sprunghaft sogar auf über 9.700.

Toll? Klar, sieht super aus auf der Seite. Dochgleichzeitig sank die Interaktionsrate, also dasVerhältnis von Likes, Kommentaren, Clicks undShares zur Anzahl der Fans, gegen Null, und das,obwohl mein Nachfolger durchaus schöne Bilderund sogar Videos auf die Seite postete. Wie kanndas sein?

Mit dem »Facebook Like Check« von SternTVkann man sehr schön herausfinden, woher alldiese Fans kommen:

Was ist die Erkenntnis daraus? Die Facebook-Seite meinesehemaligen Kunden ist jetzt vollkommen wertlos. Im Prinzipkann er sie löschen und neu anfangen – und noch einmalTausende Euros investieren, bis er wieder da ist, wo er imApril schon war. Genau zu diesem radikalen Schritt hat sichauch crowdmedia entschieden – eine Agentur für digitalesMarketing aus Hamburg, die »Facebook-Fans kaufen« alsJugendsünde hinter sich hat.

Mein Fazit zum Thema Fans kaufen

Tun Sie es nicht, egal wie verlockend die billigen Angeboteauch sein mögen. Es schadet Ihrer Seite, IhremUnternehmen und Ihrem Geldbeutel. Fans kaufen ist keineOption.

Über den Autor: Gero Pflüger ist Inhaber und Namensgeberder Agentur »pflüger : kreativ ackern.«, die sich mit Corporate Design und Social Media beschäftigtund sich auf kleine und mittelständische Unternehmen spezialisiert hat.