15
Offenheit von Geodaten Marcel Bertsch D-INFK ETH Z¨ urich Tobias Wassmer D-MATH ETH Z¨ urich 20. November 2010 Dieser Bericht entstand im Rahmen der Vorlesung Digitale Nachhaltigkeit in der Wissensgesellschaft“ bei Dr. Marcus M. Dapp. Er darf gem¨ ass folgender Creative Commons Lizenz verwendet werden: CC-BY-SA http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0

Groups 2010.06: Offenheit von Geodaten (Digital Sustainability)

Embed Size (px)

DESCRIPTION

Offenheit von Geodaten Bericht von Marcel Bertsch Tobias Wassmer

Citation preview

Page 1: Groups 2010.06: Offenheit von Geodaten (Digital Sustainability)

Offenheit von Geodaten

Marcel BertschD-INFK

ETH Zurich

Tobias WassmerD-MATH

ETH Zurich

20. November 2010

Dieser Bericht entstand im Rahmen der Vorlesung”Digitale Nachhaltigkeit

in der Wissensgesellschaft“ bei Dr. Marcus M. Dapp. Er darf gemassfolgender Creative Commons Lizenz verwendet werden:

CC-BY-SA http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0

Page 2: Groups 2010.06: Offenheit von Geodaten (Digital Sustainability)

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 1

2 Geodaten in der Schweiz 3

3 Vergleich mit Deutschland 7

4 Open Street Map - Ein online Open Source GIS 8

5 Zukunftsaussichten, Fazit 12

Page 3: Groups 2010.06: Offenheit von Geodaten (Digital Sustainability)

1 Einleitung

Was sind Geodaten eigentlich? Wikipedia gibt eine ausfuhrliche Antwort:

”Geodaten sind digitale Informationen, denen auf der Erdober-

flache eine bestimmte raumliche Lage zugewiesen werden kann(Geoinformationen, Geobezug). Sie konnen unmittelbar gewon-nene Primardaten oder weiter bearbeitete Sekundardaten sein.Von besonderer Bedeutung fur Geodaten sind Metadaten, diedie eigentlichen raumlichen Daten zum Beispiel hinsichtlich ei-nes Zeitbezugs oder der Entstehung beschreiben. Geodaten glie-dern sich in die Geobasisdaten, die in der Regel von den Vermes-sungsverwaltungen der Lander oder der Kommunen bereitgestelltwerden und den Geofachdaten, die aus unterschiedlichen raum-bezogenen Fachdatenbanken stammen. Sie werden in einem Geo-informationssystem gefuhrt, das bei Internet-basierten Systemendurch einen Geobrowser erschlossen werden kann.

Eine weitverbreitete Objektmodellierung in Geoinformationssy-stemen (GIS) ist es, derartige Objekte einerseits mit ihrer geo-metrischen Form (shape), andererseits mit der zugehorigen Sach-information (Attribute) abzulegen. Letztere konnen sich auch miteiner Referenz auf das geometrische Objekt beziehen. Theoretischgibt es keine Beschrankung in der Dimension der geometrischenForm. Auch die Zeit wird oft als Dimension verwendet, etwa beiMessreihen oder Fernerkundungsdaten verschiedener Zeitpunk-te.“1

Diese Definition ist sehr allgemein gehalten, unter Geodaten versteht manalso nicht nur Dinge, die man schlussendlich auf einer Karte sieht, wie Ko-ordinaten und Meereshohe eines Punktes, Standort eines Gebaudes, Eigen-schaft des Gelandes (Wald, Wiese, Wasser), die sogenannten Geobasisdaten.Der Begriff beinhaltet jede mogliche Information die an einen Ort gebundenist, also auch Daten aus Bereichen wie Demographie, Epidemiologie, Klima-tologie, Wahlstatistiken, die sogenannten Geofachdaten.

Ein Satz aus Geodaten besteht also einerseits aus reinen Objektdaten wieKoordinaten, Hausnummern, Geometriedaten. Dazu kommen die beschrei-benden Daten oder Attributdaten, wie Eigentumer oder Nutzungsart. Als

1http://de.wikipedia.org/wiki/Geodaten

1

Page 4: Groups 2010.06: Offenheit von Geodaten (Digital Sustainability)

letztes werden auch die Beziehungen dieser Daten gespeichert, und zwar ei-nerseits raumbezogene Beziehungen (Grundstuck A grenzt an GrundstuckB), sowie sachlogische Beziehungen (Eigentumer X besitzt Grundstuck A).

Geodaten werden in Geoinformationssystemen (GIS) gespeichert und verwal-tet. Laut Wikipedia sind GIS

”Informationssysteme zur Erfassung, Bearbei-

tung, Organisation, Analyse und Prasentation geografischer Daten. Geoinfor-mationssysteme umfassen die dazu benotigte Hardware, Software, Daten undAnwendungen.“2 Die Geschichte dieser GIS geht zuruck auf die Wandbema-lungen von Hohlenbewohner, uber Kartensammlungen, bis zu den modernenSoftwareprodukten. Diese kombinieren eine Vielzahl von Funktionen zur Er-fassung, Bearbeitung und Verwaltung von Geodaten. Ein wichtiger Aspektist die Prasentation und Visualisierung von Geodaten, also die Darstellungin Tabellen, Diagrammen, Karten, 3D-Modellen.

Es gibt zahlreiche kommerzielle GIS-Softwareprodukte, die mehr oder weni-ger spezialisiert sind (z.B. fur Bauwesen, Verkehrsplanung, Tourismus, etc.).Behorden und Militar benutzen meist eigens entwickelte Produkte. Immermehr im Kommen sind Open Source GIS, die auf verschiedenen Betriebssy-stemen laufen und an Spezialanforderungen angepasst werden konnen. Mitdem Aufkommen des Internets wurden auch online-GIS entwickelt und Da-tenformate und -transfers werden mehr und mehr standardisiert. BekannteBeispiele fur online-GIS sind Google Maps und Google Earth, ein online OpenSource Projekt ist openstreetmap.org.

Die Rechtslage zu Geodaten3 unterliegt verschiedenen Aspekten und kannsich international unterscheiden. Historisch leiten sich die Rechte aus demUrheberrecht ab, Plane und Karten gelten als kreative Schopfung des Zeich-ners. Genauso gelten zum Beispiel in Deutschland Luft- und Satellitenbilderals Fotografien, und fallen deshalb ebenfalls unter das Urheberrecht. Bei denGeobasisdaten ist die Lage komplexer, aber auch diese werden mittels ge-wisser Schutzrechte an den Erfasser gebunden. Somit ist die Weitergabe undNutzung von Geodaten immer eingeschrankt, die Rechte fur Nutzung undBearbeitung konnen an Lizenzgebuhren gebunden sein.

Von den reinen Nutzungsrechten sind die Datenschutzrechte von betroffenenMenschen zu unterscheiden, denn Geodaten enthalten meist auch personlicheDaten wie Eigentumsinformationen, Adressen, etc.

Bis gegen Ende des 20. Jahrhunderts lag die Erfassung von Geodaten fastmonopolartig in staatlicher Hand, auch aus militarischen Grunden wurden

2http://de.wikipedia.org/wiki/Geoinformationssystem3http://de.wikipedia.org/wiki/Rechte an Geoinformationen

2

Page 5: Groups 2010.06: Offenheit von Geodaten (Digital Sustainability)

solche Daten oft geheim gehalten. Mit den heute verfugbaren Technologienkann jedermann Geodaten erfassen, die Verfugbarkeit und die Moglichkeitenzur Verarbeitung wachsen standig.

Im Folgenden wollen wir genauer betrachten wie die Situation in der Schweizist: Wie ist der Umgang mit Geodaten rechtlich geregelt? Wo bekommt manGeodaten und unter welchen Einschrankungen und zu welchen Kosten darfman sie verwenden? Wir werden einen kurzen Vergleich ziehen zur Situati-on in Deutschland. Danach werfen wir einen Blick auf Openstreetmap.org,ein online Open Source GIS. Dort wollen wir wissen, was dieses Projektuberhaupt fur einen Zweck erfullt, und in einem kleinen Vergleich mit Goo-gle Maps wollen wir testen, ob das Konzept von Open Source angewandtim Bereich Geodaten tatsachlich Vorteile bringt. Zum Schluss wollen wirschauen, was die Zukunft in Sachen Geodaten bringt, und eine Empfehlungabgeben, wie jemand vorgehen sollte, der Geodaten fur ein Projekt braucht.

2 Geodaten in der Schweiz

Die Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft4 vom 18. April1999 (Stand 7. Marz 2010) besagt:

Art. 75 Raumplanung

1 Der Bund legt Grundsatze der Raumplanung fest. Diese obliegt den Kan-tonen und dient der zweckmassigen und haushalterischen Nutzung desBodens und der geordneten Besiedlung des Landes.

2 Der Bund fordert und koordiniert die Bestrebungen der Kantone undarbeitet mit den Kantonen zusammen.

3 Bund und Kantone berucksichtigen bei der Erfullung ihrer Aufgaben dieErfordernisse der Raumplanung.

Art. 75a Vermessung

1 Die Landesvermessung ist Sache des Bundes.

2 Der Bund erlasst Vorschriften uber die amtliche Vermessung.

4http://www.admin.ch/ch/d/sr/101/index.html

3

Page 6: Groups 2010.06: Offenheit von Geodaten (Digital Sustainability)

3 Er kann Vorschriften erlassen uber die Harmonisierung amtlicher Infor-mationen, welche Grund und Boden betreffen.

Der Bund hat die Hoheit der Vermessung des Landes und koordiniert dieVerwendung der Geoinformationen. Im Bundesgesetz uber Geoinformatio-nen von 20075 wird geregelt, wer wofur zustandig ist, wie und von wem dieDaten verwendet werden durfen und in welchem Masse die Kosten an denBenutzer weitergereicht werde sollen. Zudem werden die zum Teil etwas ver-wirrend klingenden Fachbegriffe klar definiert:

Art. 3 Begriffe

a. Geodaten: raumbezogene Daten, die mit einem bestimmten Zeitbezugdie Ausdehnung und Eigenschaften bestimmter Raume und Objektebeschreiben, insbesondere deren Lage, Beschaffenheit, Nutzung undRechtsverhaltnisse;

b. Geoinformationen: raumbezogene Informationen, die durch dieVerknupfung von Geodaten gewonnen werden;

c. Geobasisdaten: Geodaten, die auf einem rechtsetzenden Erlass des Bun-des, eines Kantons oder einer Gemeinde beruhen;

d. Georeferenzdaten: Geobasisdaten, die fur weitere Geodaten als geometri-sche Grundlage dienen;

e. Geometadaten: formale Beschreibungen der Merkmale von Geodaten, bei-spielsweise von Herkunft, Inhalt, Struktur, Gultigkeit, Aktualitat, Ge-nauigkeit, Nutzungsrechten, Zugriffsmoglichkeiten oder Bearbeitungs-methoden.

Sinn und Zweck des 16-seitigen Gesetzestextes ist es, eine rechtlich Grundla-ge fur den Umgang mit Geodaten und Geoinformationen zu schaffen. Dies si-chert deren Verfugbarkeit und Erneuerung. Durch strikte Regelungen bezuglichAufnahme und Weitergabe wird verhindert, dass veraltete oder falsche Datenin den Umlauf kommen. Ziel ist es, qualitativ hochwertige Daten zu einemvernunftigen Preis allen zuganglich zu machen, um den sozialen und vor allemwirtschaftlichen Fortschritt zu fordern.

Geobasisdaten, wie Boden-/Landverteilung, Gemeindegrenzen und ahnlichesstehen grundsatzlich frei zur Verfugung und durfen verwendet werden, falls

5http://www.admin.ch/ch/d/sr/5/510.62.de.pdf

4

Page 7: Groups 2010.06: Offenheit von Geodaten (Digital Sustainability)

keine offentlichen oder privaten Interessen dagegen sprechen. Dies bedeutetzum Beispiel, dass die gesetzlichen Datenschutzrichtlinien eingehalten wer-den mussen. Fur das Einsehen und Benutzen von Geobasisdaten kann einGebuhr oder Bewilligung verlangt werden. Die Gebuhren gehen an den Bundund Kanton. Hierbei wird unterschieden zwischen privaten und gewerblichenKunden:

Art. 15 Gebuhren...Die Gebuhren setzen sich zusammen aus:

a. bei Nutzung zum Eigengebrauch: hochstens den Grenzkosten und einemangemessenen Beitrag an die Infrastruktur;

b. bei gewerblicher Nutzung: den Grenzkosten und einem der Nutzung an-gemessenen Beitrag an die Infrastruktur sowie an die Investitions- undNachfuhrungskosten.

Mit Grenzkosten ist gemeint, was es kostet, eine zusatzliche Einheit einesProduktes herzustellen. Diese Regelung lasst einiges an Spielraum was denPreis angeht und tatsachlich gibt es kaum offentliche Preislisten im Internet.

Geobasisdaten, wie zum Beispiel Grundbuchauszuge, konnen oft beim Kan-ton oder direkt bei der Gemeinde bezogen werden. Manchmal stehen auchonline-Einsichten zur Verfugung. Auf Anfrage beim Zurcher GIS-Zentrumzu Kosten und Verfugbarkeit von Geodaten im Allgemeinen, kommen leiderwage Angaben statt konkrete Zahlen. Hauptaussage ist, dass die Rohda-ten hauptsachlich fur Kantonale Projekte zur Verfugung stehen und dass esbei gewerblichen Projekten

”schon schwieriger wird“. Die Kosten variieren je

nach Art der Daten. So sind”Fachdaten in der Regel gunstig, Ubersichtsplane

und amtliche Vermessungsdaten ehre teuer“.

Auf www.toposhop.admin.ch6 wird beispielsweise eine vollstandige Vektor-karte der Schweiz, welche unter anderem Strassennetz, Gewassernetz undGebaude beinhaltet, fur 28’767.60 Franken angeboten. Die Produkte wer-den hier unter drei verschiedenen Lizenzen vertrieben, es sind dies Privat-,Schul- und Geschaftslizenz. Privat- und Schullizenz schranken den Gebrauchlediglich auf die interne Nutzung und die Nutzung zu Unterrichtszweckenein. Die Geschaftslizenz beinhaltet eine beschrankte Anzahl an Ausdruckenund Veroffentlichungen. Fur weitere Veroffentlichungen und die kommerzielleNutzung sind spezielle Bewilligungen notwendig.

6http://www.google.com/intl/en ALL/help/terms local.html

5

Page 8: Groups 2010.06: Offenheit von Geodaten (Digital Sustainability)

Die Vermessung des Landes wird vom Bund geregelt und von Beamten oderbeauftragten Unternehmen durchgefuhrt. Dies setzt jedoch eine kantonaleBewilligung voraus. Die genaue Aufteilung zwischen Bund und Kanton siehtfolgendermassen aus:

Art. 34 Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen

1 Der Bund ist zustandig fur:

a. die Landesvermessung;

b. die Landesgeologie;

c. die strategische Ausrichtung und die Oberleitung der amtlichen Ver-messung;

d. die Oberaufsicht uber die amtliche Vermessung;

e. die strategische Ausrichtung des Katasters der offentlich rechtlichenEigentumsbeschrankungen;

f. die Oberaufsicht uber den Kataster der offentlich-rechtlichen Eigen-tumsbeschrankungen;

g. die Koordination und Harmonisierung im Bereich der Geobasisdatendes Bundesrechts und der Geodienste von nationalem Interesse.

2 Die Kantone sind zustandig fur:

a. die Durchfuhrung der amtlichen Vermessung;

b. die Fuhrung des Katasters der offentlich-rechtlichen Eigentumsbe-schrankungen.

3 Erfullt ein Kanton seine Aufgaben nicht zeitgerecht oder qualitativ un-genugend, so kann der Bundesrat nach dessen Ermahnung und Anhorungdie Ersatzvornahme anordnen.

Fur die Finanzierung der im ersten Abschnitt erwahnten Aufgaben ist inerster Linie der Bund zustandig. Fur die Vermessungsarbeiten teilen sichBund und Kanton die Kosten. Zusatzlich werden fur die Nachfuhrung deramtlichen Vermessungen die Verursacher zur Kasse gebeten (beispielsweisebei Neubauten). Die Grundbesitzer durfen die vom Bund beauftragten Ver-messer nicht behindern und mussen ihnen Zutritt zum Grundstuck und unterUmstanden sogar in Gebaude gewahren. Ebenfalls toleriert werden mussentemporare oder permanente Vermessungszeichen auf dem Grundstuck. Diesedurfen auch ohne Entschadigungen angebracht werden.

6

Page 9: Groups 2010.06: Offenheit von Geodaten (Digital Sustainability)

Der Bund investiert auch in die Forschung und Ausbildung, so ist er zumBeispiel dazu verpflichtet zu sorgen, dass die Studiengange zeitgemass sind.Um ausreichende Kompetenzen zu gewahrleisten, mussen amtliche Vermessereine eidgenossische Prufung absolvieren und sich in ein Register eintragenlassen.

Im grossen Ganzen kann man sagen, dass die gesetzlichen Grundlagen in derSchweiz einer guten Nutzung und Verwendung nicht widersprechen. Bei derUmsetzung hat es unserer Meinung nach jedoch noch grosse Mangel und vieleLucken. Die Angebote sind unubersichtlich und weit verstreut, es gibt zwareinige vielversprechende Seiten, welche jedoch oft einen unfertigen Eindruckmachen.

Eine gute Quelle rund um Geodatensuche im Internet ist zum Beispiel dieSeite geodata.ch, welche eine sehr umfangreiche Linksammlung zu Katalogen,GIS-Browsern und Datenanbieter anbietet. Hier ein paar Beispiele:

• geometa.ch Bietet eine Schweizerkarte, bei welcher man auf Knopfdruckuber die Zustandigkeit der Vermessung des angeklickten Gebietes infor-miert wird.

• geobasisdaten.ch Geobasisdatenkatalog mit sehr vielen Eintragen. Kon-krete Informationen sind jedoch nur sehr sparlich vorhanden, dafur hates jede Menge Gesetzestexte zu den Daten.

• envirocat.ch Stichwortsuche im Umweltdatenkatalog. Liefert Kontakt-informationen und Informationen zu den Produkten.

• geocat.ch Ahnliches Angebot wie envirocat.ch

3 Vergleich mit Deutschland

Ein Vergleich zwischen Deutschland und der Schweiz bezuglich des Umgan-ges mit Geodaten ist von Interesse, da die foderalistischen Staatsstrukturenrecht ahnlich sind. Dennoch liegen zwei verschiedene Ansatze vor. Wie bereitserwahnt, ist in der Schweiz die Vermessung Sache des Bundes und die Kan-tone spielen in der Gesetzgebung zur Landesvermessung keine bedeutendeRolle. In Deutschland ist dies anders, es liegen im Grundgesetz keine Rege-lungen vor, wie die Gesetzgebung aussehen soll. Dies ist Sache des jeweiligenBundeslandes7. Deshalb ist es auch nicht moglich, ein vollumfangliches Bild

7http://de.wikipedia.org/wiki/Landesvermessungsamt

7

Page 10: Groups 2010.06: Offenheit von Geodaten (Digital Sustainability)

der Handhabung von Geodaten in Deutschland widerzugeben. In jedem Bun-desland haben die entsprechenden Amter oder Betriebe andere Bezeichnun-gen und sind dementsprechend den verschiedensten Ministerien unterstellt,wie zum Beispiel dem Innenministerium, Finanzministerium, Umweltmini-sterium oder auch dem Ministerium fur Ernahrung und Landlichen Raum.

In einem Vergleich des Bundesgesetz uber Geoinformationen der Schweiz unddem Gesetz uber die Landesvermessung und das Liegenschaftskataster vonBayern8 wird klar, dass sich die gesetzlichen Grundlagen nicht wesentlichunterscheiden (abgesehen von den Zustandigkeiten wie eben erwahnt). Eininteressanter Punkt des Gesetz uber die Landesvermessung und das Liegen-schaftskataster ist der Punkt, dass das Liegenschaftskataster in

”automati-

sierter Form“ gefuhrt werden kann, was auf vermehrt technische Neuerungschliessen lasst. Der grundsatzlich offentliche Zugang, beziehungsweise zumTeil auf Anfrage, zu Geodaten ist in beiden Fallen gegeben. Ebenfalls imgleichen Sinne ist eine Bewilligung vorausgesetzt bei Verbreitung von Daten.

Um die Kartenwerke fachlich einheitlich zu halten, arbeiten die Bundeslanderin der Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Lander derBundesrepublik Deutschland (AdV)9 zusammen. Ziel dieser Organisation istdie Harmonisierung unter den Bundeslandern im Umgang mit Geodaten. DieAufgaben der AdV sind unter anderem das Ausarbeiten von Regelungen zuErfassung und Instandhaltung von Daten, die Durchfuhrung bundesweiterProjekte und das gemeinsame Entwickeln technischer Verfahren (als Bei-spiel wird auf der AdV-website ein automatisiertes Liegenschaftenkatastergenannt). Zudem aussert man sich gemeinsam zu Gesetzesentwurfen undberat sich in organisatorischen Sachen, wie zum Beispiel Kosten- oder Nut-zungsfragen.

4 Open Street Map - Ein online Open Source

GIS

Das Projekt Open Street Map10 (OSM) hat sich das ambitionierte Ziel ge-setzt, die ganze Welt zu kartografieren und diese Karten sowie die zugrundeliegenden Geodaten frei zur Verfugung zu stellen. Die Daten werden von Mit-gliedern der Community von Grund auf erhoben, deshalb hat OSM alle Rech-

8http://www.lk-starnberg.de/media/custom/613 8916 1.PDF9http://www.adv-online.de/icc/extdeu/broker.jsp?uMen=c3440905-e14d-88fe-ebc4-

f19f08a07b5110http://www.openstreetmap.org; http://wiki.openstreetmap.org/wiki/Main Page

8

Page 11: Groups 2010.06: Offenheit von Geodaten (Digital Sustainability)

te an den Daten und kann diese zur beliebigen Verwendung zur Verfugungstellen.

Als Motivation nennen die OSMler die Tatsache, dass Geografische Daten nir-gendwo wirklich frei verfugbar sind, sondern immer finanziellen, rechtlichenund technischen Einschrankungen unterliegen. So seien Erheber von Geo-daten immer daran interessiert, ihre Kosten zur Erfassung zu decken. Auchseien kommerzielle Kartenprodukte oft fehlerhaft, einerseits durch absicht-lich eingestreute sogenannte Easter Eggs, welche Raubkopierer uberfuhrenkonnen, andererseits auch einfach durch Fehler bei der Erfassung der Da-ten oder durch veraltete Daten. Auch kostenlos verfugbare Kartendaten sindnicht wirklich frei, sondern an gewisse Bedingungen und an spezielle Softwaregebunden.

Der einleuchtendste Punkt fur so ein Projekt scheint deshalb folgender: Kom-merzielle Kartenprodukte sind nur in der Version und dem Format verfugbar,wie sie eben angeboten werden. Hier liegt der entscheidende Unterschied zuOSM, denn diese Karten sind von jedermann editierbar, so konnen Fehler lau-fend behoben und fehlende Daten erganzt werden. Ausserdem bietet OSM dieDaten nicht nur in der klassischen Kartenform an, sondern auch die Rohdatenin Datenbanken. Damit ist es zum Beispiel moglich, eigene Visualisierungs-tools und Routing-Algorithmen zu programmieren.

Die OSM-Daten werden unter der”Creative Commons Attribution-ShareAlike

2.0“-Lizenz (CC-BY-SA) freigegeben. Diese Lizenz erlaubt”to share“ und

”to remix“, also vervielfaltigen, verbreiten, offentlich verfugbar machen und

bearbeiten der Daten, unter den Bedingungen”attribution“ und

”share ali-

ke“, das heisst der Inhaber der Rechte (OSM) muss genannt werden, undsamtliche Werke und Inhalte die mit diesen Daten kreiert werden, mussenunter der gleichen Lizenz weitergegeben werden.

Momentan wird an einem Wechsel zur”Open Database License“ (ODbL) ge-

arbeitet. Diese ausdrucklich fur Datenbanken entwickelte Lizenz soll Schwachender CC-BY-SA Lizenz uberwinden. Die CC-BY-SA Lizenz bezieht sich nichtdirekt auf Datenbanken und deshalb gibt es rechtliche Unklarheiten in ge-wissen Landern. Weiter vertragt sich die Lizenz nicht mit anderen (auchfreien) Lizenzen, was gewissen Projekten verhindert, OSM-Daten zu benut-zen. Dies widerspricht dem Grundgedanken der frei verfugbaren Daten. Undschlussendlich musste grundsatzlich jeder einzelne Beitragende als Urhebergenannt werden, was naturlich wenig sinnvoll ist.

Die ODbL Lizenz soll genau diese Probleme losen, und dazu besseren Schutzder Daten bieten, da sie sowohl auf Urheberrecht, Datenbankrecht und Ver-tragsrecht wirkt. Weil alle bisherigen Daten nur unter der CC-BY-SA Li-

9

Page 12: Groups 2010.06: Offenheit von Geodaten (Digital Sustainability)

zenz stehen, ist ein kompletter Wechsel schwierig und wird sich uber langereZeit hinziehen. Seit Mai 2010 werden alle hochgeladenen Daten unter bei-de Lizenzen gestellt. Heruntergeladene Daten stehen weiterhin nur unter derCC-BY-SA Lizenz.

OSM funktioniert vom System her wie Wikipedia, jeder Benutzer mit einemAccount kann die Inhalte bearbeiten. Gemass interner Statistik hatte OSMim Oktober 2010 weltweit etwa 310’000 registrierte Benutzer. Davon ist abernur ein Bruchteil aktiv also sogenannte Mapper, das sind die Leute, die miteinem GPS Gerat durch die Gegend laufen und Rohaten sammeln. Der weitgrossere Anteil der Benutzer sammelt bestehende Daten, liefert Details undkorrigiert Fehler. Die Mapper sind entweder einzeln aktiv oder treffen sich zuMapping-Weekends, wo man in einer Gruppe ein gewisses Gebiet kartogra-fiert, und sich danach zum Daten-Eingeben und gemutlichen Zusammenseintrifft. Alle diese Freiwilligen arbeiten gratis und investieren sogar selber insProjekt, die Server werden vom University College London gehostet. Zudemsammelt die OSM Foundation Spendengelder, und gewisse Veranstaltungenwerden von Firmen gesponsert.

Wie schon erwahnt sammelt OSM nicht samtliche geografischen Daten derWelt selber. Es werden auch moglichst viele bereits vorhandene Daten aufge-nommen, welche frei verfugbar und mit der fur OSM verwendeten CreativeCommons Lizenz kompatibel sind. So werden zum Beispiel die Daten desTopologically Integrated Geographic Encoding and Referencing system (TI-GER) der US-Regierung laufend integriert. Weltweit wird nach ahnlichenQuellen gesucht, auch im kleinen Rahmen, so wurde zum Beispiel in Zurichversucht, die Daten des ZVV direkt zu erhalten, es konnte aber keine Eini-gung erzielt werden. Daten werden nur integriert, wenn die rechtliche Lagezweifelsfrei geklart ist.

Auch Luftbilder von verschiedenen Quellen werden zum Abzeichnen verwen-det, aber nur in dem Rahmen, wie das Material auch frei weiterverwendetwerden kann. Die Luftilder von Yahoo durfen zum Beispiel abgezeichnet wer-den, aber die Strassennamen darauf durfen nicht verwendet werden. Durchalle diese Beitrage haben die Karten von OSM seit der Grundung im Jahr2004 eine ansehnliche Vollstandigkeit und Genauigkeit erreicht, die gemass ei-genen Angaben in gewissen Stadten diejenige von proprietaren Karten sogarubersteigt. Vielerorts sind die OSM Karten aber auch noch sehr luckenhaft.

Machen wir die Probe aufs Exempel und ziehen einen Direktvergleich zwi-schen Google Maps und OSM. Beurteilt wird nach den Kriterien Vollstandigkeit,Genauigkeit, Weiterverwendbarkeit technisch (in welchem Format) und recht-lich (zu welchem Zweck). Wir wollen einen Prospekt herstellen, der Jogging-

10

Page 13: Groups 2010.06: Offenheit von Geodaten (Digital Sustainability)

strecken, Spazierwege und Mountainbikestrecken in der Umgebung der StadtAarau beschreibt (der Autor dieses Abschnitts kennt sich in dieser Gegendgut aus). Der Prospekt soll gratis in Touristeninformationsburos und Kioskenaufliegen, und durch im Prospekt enthaltene Werbung sollten die Produkti-onskosten gedeckt und ein Gewinn erzielt werden.

Betrachten wir zuerst online die beiden Karten im betroffenen Gebiet: Wo inWirklichkeit ein dichtes Netz an Waldwegen ist, sieht man bei Google Mapsnur eine graue Flache, in welcher drei Wege im Nirgendwo enden. Bei OSMsind die meisten Waldwege ersichtlich, doch langst nicht alle. Obwohl gewis-se kleine Trampelpfade eingezeichnet sind, fehlen anderswo breite

”Haupt“-

Waldwege. Im Punkt Vollstandigkeit siegt also OSM klar, ausserdem ist zuBedenken, dass wir mit wenig Aufwand ein Hinzufugen der fehlenden Wegeauf die OSM Karten selber erwirken konnen.

Eine Diskussion der Genauigkeit erubrigt sich bei Google Maps, wo nichts istkann auch keine Genauigkeit sein. Bei OSM fallt dem Ortskundigen sofortder vollig falsche Verlauf der VitaParcours-Strecke auf. Ansonsten scheintdie Genauigkeit sehr gut, Details wie der Verlauf von Waldrandern im Bezugzu den Wegen sind erstaunlich gut. Also geht auch hier der Punkt an OSM,wieder mit der Bemerkung dass wir selber die Korrektur des VitaParcours-Streckenverlaufs vornehmen konnen.

Wenn wir nun einen Kartenausschnitt weiterverwenden wollen, ist das beiGoogle Maps sehr einfach, der

”Drucken“-Button ist nicht zu ubersehen. Von

der schlechten Genauigkeit abgesehen ist das Weiterverwenden rein technischgesehen fur unseren Zweck zufreidenstellend. Bei OSM konnen wir zwischenverschiedensten Formaten und Optionen fur den zu exportierenden Karten-ausschnitt wahlen. Fur den Laien fast schon zu kompliziert, aber schlussend-lich doch besser als das genau vorgegebene Format von Google Maps.

Zum Schluss untersuchen wir noch ob und unter welchen Bedingungen wirdie Kartenausschnitte denn jetzt benutzen konnen. Bei Google Maps Termsand Conditions11 finden wir den Satz

”For business users, Google Maps is

made available for your internal use only and may not be commercially re-distributed, except that map data may be accessed and displayed by usingthe Google Maps API pursuant to the API terms and conditions.“ Da eingedruckter Prospekt wohl nicht unter die Google Maps API fallt, ist die Ver-wendung der Karten von Google Maps in diesem Projekt nicht zu empfehlen.Um die Karten von OSM verwenden zu konnen mussen wir lediglich OSM alsHerkunft der Daten angeben, sowie unseren Prospekt unter die CC-BY-SA

11http://www.google.com/intl/en ALL/help/terms local.html

11

Page 14: Groups 2010.06: Offenheit von Geodaten (Digital Sustainability)

Lizenz stellen. Es ist jedoch nicht untersagt, mit diesem Prospekt Geld zuverdienen.

Unser kleiner Test ergibt einen klaren vier zu null Sieg fur OSM gegen Goo-gle Maps. Uber die Aussagekraft dieses Tests lasst sich sicher diskutieren,es scheint aber klar, dass die grundlegenden Argumente, die OSM selberfur sich auffuhrt, zutreffen: Das Mitwirken vieler unabhangiger Mitgliederermoglicht eine grosse Erschliessung, die Editierbarkeit bewirkt grosse Ge-nauigkeit und einen Kontrollmechanismus, der Fehler effizient und laufendbehebt. Die Verfugbarkeit in verschiedenen Formaten und als Rohdaten isteher fur den Experten als fur den Laien ein Vorteil, aber die rechtlich freieVerfugbarkeit ohne erhebliche Einschrankungen ist fur jedermann ein Grund,OSM zu benutzen und zu unterstutzen.

5 Zukunftsaussichten, Fazit

Die Zeit der staubigen alten Karten mit weissen Flecken ist langst vorbei,die Erdoberflache ist sehr detailliert vermessen und kartiert. Da mag sichmanch einer fragen, was es uberhaupt noch zu tun gibt zu diesem Thema.Die Antwort ist klar: Auf der einen Seite Verbesserungen in Sachen Genau-igkeit und Vielfalt der Daten und deren Instandhaltung, auf der anderen dieVerbreitung und Weiterverarbeitung der inzwischen beachtlichen Menge anDaten.

Im Vordergrund steht, die Konzentration und die Zuganglichkeit aller Datenzu verbessern, das heisst konkret verschiedenste Datenbanken unter standar-disierten Formaten zu vereinen. Dabei sind neben den technischen Hurden,die die Vielfalt an GIS-Softwareprodukte mit sich bringt, auch die rechtli-chen Hurden zu uberwinden, welche durch die doch eher unklar formuliertenRechtsanspruche an Geodaten entstehen.

In der Schweiz gibt es ein in diese Richtung zielendes Projekt: Laut e-geo.chhaben

”80 Prozent aller politischen und wirtschaftlichen Entscheide einen

raumlichen Bezug“. Deshalb sei es von grosser Wichtigkeit, eine moglichstuniverselle Schnittstelle zu den Daten zu haben. Genau dies setzt sich e-geo.ch mit der Nationalen Geodaten-Infrastruktur (NGDI)12 zum Ziel. DieNGDI ist ein Projekt, in welchem Bund, Kantone, Gemeinden und Privatun-ternehmen zusammenarbeiten, um qualitativ hochwertige Geodaten bequemund zu einem angemessenen Preis zur Verfugung zu stellen.

12http://www.e-geo.ch/internet/e-geo/de/home/program/ngdi.html

12

Page 15: Groups 2010.06: Offenheit von Geodaten (Digital Sustainability)

Im Allgemeinen wird als Geodaten-Infrastruktur ein System bezeichnet, wel-ches Daten von verschiedenen Anbietern in einheitlichen Formaten kompati-bel und bearbeitbar zur Verfugung stellt. In einem solchen System hat mansehr unterschiedliche Fachdaten vereint, die man sonst einzeln zusammen-suchen musste. Die NGDI ist also eine Vernetzung vieler Geodatenanbieter.Um der Gesetzgebung gerecht zu werden ist ein grosser politischer Wille unddie Unterstutzung durch Bund und Kantone unabdingbar.

In der EU gibt es auch solche Projekte, wie zum Beispiel die EuropaischeGeodateninfrastruktur ESDI.

Zukunftstrachtig sind im Internet angebotene Kartenbrowser wie OSM, Goo-gle Maps, entsprechende GIS-Browser (zum Beispielhttp://www.gis.zh.ch/gb4/bluevari/gb.asp) und ahnliche Dienste. Wir ha-ben gesehen, dass der Open Source Ansatz hier sehr interessante Perspekti-ven offnet: Einerseits wird durch die Beteiligung einer grossen Communityeine erstaunlich hohe Qualitat der Daten erzielt, welche durch den internenKontrollmechanismus noch verbessert wird, andererseits werden die Datenkostenlos angeboten, was erstens Moglichkeiten fur Projekte mit Geodatenergibt, und zweitens mittelfristig auch einen Einfluss auf die Preispolitik vonkommerziellen Geodatenanbietern haben wird.

Als Schlussfazit mochten wir unsere Erfahrungen zusammenfassen, indemwir eine Empfehlung abgeben, wie jemand vorgehen sollte, der in der SchweizGeodaten fur ein Projekt benotigt. Fur den Privatgebrauch sind die im Inter-net verfugbaren Angebote meist ausreichend, Routenplanung fur eine Reisegeht immer noch am einfachsten mit Google Maps oder ahnlichen Anbietern.Sobald eine hohere Genauigkeit benotigt wird, sollte man sich Open Sour-ce Quellen wie Openstreetmap anschauen, bevor man fur Daten Geld aus-gibt. Hat man gewerbliche Interessen, empfehlen wir ebenfalls zuerst einenBlick auf einen Open Source Anbieter, bevor man sich an die entsprechen-den Bundesvermessungsstelllen wendet, wo man mit hoher Wahrscheinlich-keit bekommt was man braucht, wenn auch, wie wir gesehen haben, erstnach muhsamer Suche und zu einem gewissen Preis. Schlussendlich ist esein Abwagen der negativen Konsequenzen welche die share-alike Lizenzenvon Open Source Daten mit sich bringen, und den finanziellen Kosten furstaatliche Daten.

13