9
1 Forum Nachhaltiges Tirol, am 17. Juni 2010 Protokoll zum Workshop 4 – Eine positiv kritische Bestandsaufnahme Moderation: Ursula Rieder-Feldner Protokoll: Joachim Fuchs TeilnehmerInnen (in alphabetischer Reihenfolge): Vorname Nachname Organisation Ingeborg Brandl Pädagogische Hochschule Tirol Lehrerin HAK Innsbruck Julia Brugger Journalistin und Redakteurin u. a. beim Zielgruppenverlag www.sd-forum.de, www.dekade.at Peter Egg AdTLR – Abteilung JUFF Institut für Erziehungswissenschaften Uni Ibk. Kinder- und Jugendmitbestimmung (www.mitbestimmung.cc) Andreas Egger Bürgermeister Aschau im Zillertal Peter Erler VCÖ (Verkehrsclub Österreich) Ernst Fleischhacker Wasser Tirol Peter Hilpold WK Tirol – Wirtschaftspolitische Abteilung Hans Hofer Pädagogische Hochschule Tirol ARGE Biologie Tiroler Naturschutzverband Marlene Hopfgartner Wirtschaftskammer Tirol – Volkswirtschaftliche Abteilung Christian Larch BR-Vorsitzender Tyrolit Diana Ortner AdTLR, LA21-Leitstelle Petra Pöschl Innsbrucker Soziale Dienste (ISD) Studierende an der Universität Innsbruck Manfred Riedl AdTLR, Abteilung Raumordnung/Statistik Ludwig Schmutzhard AdTLR, Abteilung Verkehrsplanung Peter Trost WK Tirol – Tourismus und Freizeitwirtschaft Georg Zingerle AdTLR – Vorstand Abteilung Wasser-, Forst- und Energierecht

Workshop 4 Bestandsaufnahme

Embed Size (px)

DESCRIPTION

 

Citation preview

Page 1: Workshop 4 Bestandsaufnahme

1

Forum Nachhaltiges Tirol, am 17. Juni 2010

Protokoll zum Workshop 4 – Eine positiv kritische Bestandsaufnahme

Moderation: Ursula Rieder-Feldner

Protokoll: Joachim Fuchs

TeilnehmerInnen (in alphabetischer Reihenfolge):

Vorname Nachname Organisation

Ingeborg Brandl Pädagogische Hochschule Tirol

Lehrerin HAK Innsbruck

Julia Brugger

Journalistin und Redakteurin u. a. beim

Zielgruppenverlag

www.sd-forum.de, www.dekade.at

Peter Egg

AdTLR – Abteilung JUFF

Institut für Erziehungswissenschaften Uni Ibk.

Kinder- und Jugendmitbestimmung

(www.mitbestimmung.cc)

Andreas Egger Bürgermeister Aschau im Zillertal

Peter Erler VCÖ (Verkehrsclub Österreich)

Ernst Fleischhacker Wasser Tirol

Peter Hilpold WK Tirol – Wirtschaftspolitische Abteilung

Hans Hofer

Pädagogische Hochschule Tirol

ARGE Biologie

Tiroler Naturschutzverband

Marlene Hopfgartner Wirtschaftskammer Tirol – Volkswirtschaftliche

Abteilung

Christian Larch BR-Vorsitzender Tyrolit

Diana Ortner AdTLR, LA21-Leitstelle

Petra Pöschl Innsbrucker Soziale Dienste (ISD)

Studierende an der Universität Innsbruck

Manfred Riedl AdTLR, Abteilung Raumordnung/Statistik

Ludwig Schmutzhard AdTLR, Abteilung Verkehrsplanung

Peter Trost WK Tirol – Tourismus und Freizeitwirtschaft

Georg Zingerle AdTLR – Vorstand Abteilung Wasser-, Forst-

und Energierecht

Page 2: Workshop 4 Bestandsaufnahme

2

Zusammenfassung

Der Workshop „Eine positiv kritische Bestandsaufnahme“ wurde von 16 TeilnehmerInnen

besucht, die namentlich sowie mit deren beruflichen Hintergrund angeführt werden.

Nach einer kurzen Vorstellungsrunde wurden die TeilnehmerInnen gebeten, eine

Einschätzung über den aktuellen Status des Themas Nachhaltigkeit in Tirol abzugeben. Die

jeweils persönliche Beurteilung in einem Koordinatensystem mit den Achsen Verankerung

von Nachhaltigkeit in Tirol und Zufriedenheit mit dem aktuellen Status brachte ein erstes

Stimmungsbild zu Tage. Demnach wird dem Thema Nachhaltigkeit in unserem Land zu

wenig Beachtung geschenkt. Die TeilnehmerInnen bemerkten, dass man sich wohl erst am

Beginn eines Entwicklungsprozesses befinde.

Die anschließende Diskussion über das Ergebnis und deren Ursachen machte ebenso die

unzweifelhafte Notwendigkeit eines fortwährenden Weiterentwicklungsprozesses deutlich.

So wurde einhellig festgestellt, dass in den vergangenen Jahren zwar über Nachhaltigkeit

diskutiert wurde, die umfassende Bedeutung des Begriffes in der breiten Bevölkerung jedoch

noch wenig begreiflich gemacht werden konnte. Folglich konnte die konkrete Umsetzung

auch noch nicht Fuß fassen.

Das Bewusstsein für nachhaltige Entwicklung sei vor allem in den jüngeren

Bevölkerungsschichten stärker ausgeprägt. Dies bestätigten WorkshopteilnehmerInnen, die

Page 3: Workshop 4 Bestandsaufnahme

3

im pädagogischen Bereich arbeiten und regelmäßig mit Kindern und / oder Jugendlichen zu

tun haben. Die kontinuierliche Auseinandersetzung mit dem Thema Nachhaltigkeit führt

offensichtlich zu positiven Auswirkungen in der individuellen Konkretisierung. Diese

fortschreitende Beschäftigung müsse unbedingt weiter entwickelt und in den kommenden

Jahren stärker forciert werden. Ein Unterrichtsfach, das sich mit Nachhaltiger Entwicklung

beschäftigt, könnte langfristige und visionäre Perspektiven bieten. Zitat eines Teilnehmers:

„ Es muss in Visionen investiert werden!“

Eine weiter reichende Verankerung des Themas im gesellschaftlichen Querschnitt solle über

verstärkte Visualisierung und Darstellung von Best-Practice-Beispielen aus dem In- und

Ausland erfolgen. Darüber könnten relevante Entscheidungsträger gewonnen werden. Eine

Teilnehmerin meinte dazu: „Nachhaltige Entwicklung erfordert einen Perspektivenwechsel

und verfolgt neue Ansätze. Deshalb ist auch eine Kommunikationsform nach außen hin

wichtig, die zu Reflexion und selbstverantworteten Denken und Handeln anregt. Das kann

über verschiedene Ebenen erfolgen wie beispielsweise über Humor, Irritation und positive

Emotion. Propaganda über Begriffe funktioniere nicht. Die Menschen müssen über Beispiele

in Form von Bildern und Geschichten sensibilisiert und motiviert werden!“

Zum einen erscheint die Kommunikation rund um das Thema verbesserungswürdig, zum

anderen scheitere die Umsetzung zukunftsfähiger und nachhaltiger Strategien stark an

mangelhaften und zum Teil noch fehlenden Strukturen. Ein Workshop-Teilnehmer drückte

diese Problematik folgendermaßen aus: „Rhetorik funktioniert eben schneller als

Realisierung! Es besteht eine riesige Kluft zwischen medialer Präsenz und realer

Umsetzung!“

Einhellig wurde die Meinung vertreten, dass der Prozess der Entwicklung und ehest

möglichen Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrategien in einem Mix aus „top-down“ und

„bottom-up“ strukturiert werden muss. Auf der einen Seite seien klare und verbindliche

Verordnungen von Seiten der Politik notwendig, andererseits müssen diese Regeln

gesellschaftlich akzeptiert und mitgetragen werden. Eine breite Basis bei der Erstellung und

Installierung dieser obligatorischen Normen sei deshalb unverzichtbar.

Je stärker die Zeit drängt, umso wichtiger wären unmissverständliche Verordnungen, welche

umgesetzt und sanktioniert werden müssen. Die Entscheidungsgewalt einzig den

Konsumenten bzw. dem Markt zu überlassen, funktioniere erfahrungsgemäß nicht (z. B.

Verkauf von Einkaufstaschen aus Kunststoff, PET-Flaschen, usw.). Unternehmen müssten

ebenso in die Pflicht genommen werden.

Dem Konsumenten müssen Anreize geboten werden. Ein und dasselbe Produkt zu einem

höheren Preis müsse einen Mehrwert bieten, will es längerfristig erfolgreich verkauft werden.

Page 4: Workshop 4 Bestandsaufnahme

4

Dies funktioniere allerdings nicht in allen Branchen gleichermaßen. Lebensmittel mit den

Prädikaten „Bio“ und „Aus der Region“ haben sich mittlerweile in den Supermarktregalen

etabliert und auch die beliebte „Bauernkiste“ ist eine große Erfolgsgeschichte. Wo in diesem

Bereich beispielsweise mit Hauszustellung gepunktet werden kann, ist es in anderen

Branchen wesentlich schwieriger, Nachhaltigkeit zu verkaufen.

„Die Idee der Bauernkiste ist wohl auch aus der Not heraus geboren,“ stellt eine

Workshopteilnehmerin fest, „besonders schwierige Situationen erfordern eben besonders

innovative Lösungen.“ Positive Erfolgsbeispiele wie hier aus dem Agrarbereich müssten in

ähnlicher Art und Weise auch in anderen ökonomische Sparten umsetzbar sein. Wesentlich

ist dabei, den jeweiligen langfristigen Mehrwert für den Menschen und Unternehmer

hervorzuheben. Nachhaltigkeit und erfolgreiches Wirtschaften sollten nicht immer im

Widerspruch sondern vielmehr als Chance für neuartige Produktions- und Verkaufsstrategien

gesehen werden.

Der Aspekt der sinnvollen Verknüpfung funktionierender Ideen und Ü bertragung dieser

auf andere Bereiche wird im folgenden Abschnitt bei der Erarbeitung der für Tirol

spezifischen Handlungsfelder weiter verfolgt.

Kommunikation

Wie schon im vorigen Abschnitt erwähnt, wurde dem Thema Kommunikation besondere

Bedeutung beigemessen und dies mitunter auch sehr kontrovers diskutiert. Zum einen stelle

Kommunikation von Nachhaltiger Entwicklung ein Werkzeug und damit Metathema dar. Zum

anderen sollte es als eigene Herausforderung thematisiert werden. Eine Teilnehmerin dazu:

„Nachhaltige Entwicklung stellt neue Werte in den Vordergrund und betont neue

Perspektiven. Um diese zielgruppengerecht zu kommunizieren, braucht es auch

verschiedene Kanäle und Formen der Kommunikation, um die Bevölkerung zu sensibilisieren

und zu motivieren.“ Die Kommunikation sollte auf jeden Fall auch wechselseitig verlaufen

und so auch Partizipation im Entwicklungsprozess von Tirol ermöglichen.

Kommunikation spiele im Sinne einer möglichst breiten Beteiligung naturgemäß eine immens

wichtige Rolle. In Anbetracht der alltäglich einprasselnden Informationsflut sei eine

Professionalisierung aller Kommunikationsformen unumgänglich.

Abgesehen von der medialen Kommunikation, geht es bei Kommunikation im allgemeinen

um zentrale Aspekte: Beziehung, Verhältnis, Kontakt und Bindung. Somit wird es Teil der

sozialen Kultur.

Page 5: Workshop 4 Bestandsaufnahme

5

Gesellschaftliche Entwicklung – Soziale Werte

Der sozial-kulturellen Komponente wurde großes Gewicht eingeräumt. Nachhaltigkeit

beginne grundsätzlich bei jedem einzelnen Individuum, gleichzeitig müsse allerdings auch

das Verständnis für andere Kulturen wachsen. Anders wäre die Umsetzung der Prämisse

„Global denken – lokal handeln“ nicht möglich.

Die fortschreitende Demokratisierung der Bevölkerung in den Bereichen Bildung, Politik,

Religion und Wirtschaft schafft zwar Kontrolle über die Entscheidungsträger, bedarf

allerdings auch einer gewissenhaften sozialverträglichen Wertehaltung. In Zeiten

zunehmender Individualisierung sind Werte wie gesellschaftlicher Zusammenhalt und

sozialer Frieden nur noch unzureichend wahrnehmbar.

Familie und Jugend – Bildung

Eine Umfrage unter den SchülerInnen einer Klasse einer Höheren Schule in Innsbruck kam

trotzdem (oder gerade deshalb) zum Ergebnis, dass ein intaktes Familienleben der primäre

Wunsch der Mehrheit der Kinder sei. Zitat: „Vor dem Hintergrund der aktuellen

Trennungsraten stellt sich hierbei die Frage, ob Beziehungsfähigkeit nicht erlernt werden

kann?“ Jedenfalls sollten von Seiten der Politik die Familienstrukturen gestärkt werden, um

Kindern und Jugendlichen jene Basis zu bieten, die für eine gesunde Entwicklung notwendig

ist.

Will man für zukünftige Generationen Verantwortung übernehmen, so müssen deren

Anliegen auch ernst genommen und deren Denkweisen verstanden werden. „Kinder und

Jugendliche gehören in den Demokratisierungs- und P artizipationsprozess mit

einbezogen, es geht schließlich um deren Zukunft“ , meint ein Teilnehmer. „Die ernsthafte

Einbindung der Jugend bei der Entwicklung von zukunftsweisenden Projekten könnte zu

innovativen Lösungen führen!“ Gleichzeitig muss natürlich auch die Verbesserung und

Weiterentwicklung der Bildungssysteme vorangetrieben werden. Ein fächerübergreifender

Unterricht zu den verschiedensten Bereichen Nachhaltiger Entwicklung in allen Schulen für

alle Schulstufen wäre zukunftsweisend.

Ebenso wie die Frage der Jugendbeteiligung so muss auch die Thematik nach dem Umgang

mit älteren Menschen neu hinterfragt werden.

Alterung der Gesellschaft – Folgen der demografischen Entwicklung – „Pflege NEU“:

Die Folgen des gesellschaftlichen Alterungsprozesses werden in den kommenden Jahren

und Jahrzehnten die sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Handlungsfelder massiv

beeinflussen. Auch hier gilt das Ziel, die demografische Entwicklung mehr als Chance denn

Page 6: Workshop 4 Bestandsaufnahme

6

als Bürde zu begreifen und neuartige soziale Beziehungs- und Pflegestrukturen zu

entwickeln und umzusetzen (z. B. gemeinschaftliche Pflege).

Migrationsthematik:

Großes Konfliktpotenzial besteht auch bei den gesellschaftspolitischen Handlungsfeldern

Immigration und Integration. In den Bereichen interkulturelle Integrität und sozialer

Zusammenhalt muss noch wesentliche Überzeugungsarbeit geleistet werden, um potenzielle

Spannungen zu vermeiden und den sozialen Frieden langfristig zu sichern.

Interkulturelle Kompetenz und die sich daraus entwickelnde interkulturelle Kommunikation

schaffen die Basis für ein fruchtvolles Miteinander von Menschen mit verschiedener

Herkunft. Dabei steht außer Frage, dass die Bewahrung der eigenen kulturellen Identität ein

wesentlicher Eckpfeiler bleiben soll.

Governance

Die allgemeine Thematik eines Steuerungs- und Regelungssystem im Sinn von neuen

Strukturen sollte in Anbetracht der zukünftigen Herausforderungen jedenfalls alle beteiligten

AkteurInnen einschließen . Hier wurde festgestellt, dass die notwendige Kontrollfunktion

von Seiten der breiten Bevölkerung nur dann wahrgenommen werden kann, wenn sich auch

der Demokratisierungsprozess erfolgreich gestaltet.

Dahin gehend sind aber nicht nur die BürgerInnen selbst, sondern auch die politischen

EntscheidungsträgerInnen gefordert. So lange die Basis für Partizipation nicht gelegt sei,

kann auch keine Mitarbeit eingefordert werden. Als negatives Beispiel hierfür wurde die

mangelnde Einbeziehung von BürgerInnen in die Entwicklung oder Umstrukturierung von

Verkehrskonzepten angeführt.

Verkehr und Mobilität

Partizipation und Vernetzung mit den TeilnehmerInnen habe gerade in der Verkehrsthematik

großen Aufholbedarf aber auch Potenzial. Die Einrichtung einer landesweiten Gesellschaft

für Öffentlichen Verkehr unter Einbindung aller Beteiligter könnte zu bürgernahen

Umsetzungsmaßnahmen führen. Verstärkte Kooperation wäre hier das Stichwort.

Hierzu zählen lt. WorkshopteilnehmerInnen der Ausbau der Infrastruktur für alternative

Fortbewegungsmöglichkeiten (Fuß- und Radwegenetz) und der dringende Handlungsbedarf

im Ausbau von Mobilitätsoptionen in peripheren Regionen. Besonders ältere Menschen aber

auch Jugendliche in den Tiroler Seitentälern haben nur äußerst eingeschränkte

Möglichkeiten.

Page 7: Workshop 4 Bestandsaufnahme

7

Der große Handlungsbedarf hinsichtlich der Mobilität kommt durch das folgende Statement

eines Workshopteilnehmers zum Ausdruck: „Die in Sonntagsreden immer wieder geforderte

Attraktivierung des öffentlichen Verkehrs (einschließlich des Fuß- und Radwegenetzes) wird

ebenso wie die Verlagerung des Transports von der Straße auf die Schiene ein

Lippenbekenntnis bleiben, solange der Politik der Mut und der Verwaltung die rechtlichen

Möglichkeiten fehlen, den motorisierten Individualverkehr bzw. den LKW-Güterverkehr zu

reduzieren. Dies könnte u. a. durch eine geänderte Bewertung der unterschiedlichen

Nutzungen des öffentlichen (Straßen-)Raumes gelingen, womit Lebensqualität in die Städte

und Dörfer zurückgebracht werden muss.“

Nachhaltigkeit im Verkehr heißt auch "Widerstandsfähigkeit gegen Erdölkrisen".

Unser Verkehrssystem muss sich hin zu verstärkter Unabhängigkeit von Erdölimporten

entwickeln. Nur so kann unsere Mobilität angesichts internationaler Finanzkrisen und

Umweltkatastrophen sicher und selbstbestimmt gestaltet werden.

Zu diesem Thema gibt es bereits sehr gute Ansätze, wie z.B. die "Transition Towns"

http://www.transitionnetwork.org/

Energieeffizienz und Ressourcenschonung

Die Diskussion über den nachhaltigen Umgang mit Ressourcen in Tirol konzentrierte sich

primär auf die Thematik Wasser. Einerseits wurde die immense Wichtigkeit dieser

Ressource als Lebensader festgestellt, auf der anderen Seite deren große Bedeutung als

erneuerbare Energiequelle. Tirol hat zweifellos aufgrund seiner geografischen, geologischen

und meteorologischen Situation einen Ausnahmestatus. Nichts desto trotz steht die

Schutzbedürftigkeit dieser Ressource außer Frage.

Ebenso unbestritten ist die dringend notwendige Minimierung der Nutzung fossiler

Energieträger, was auch das folgende Statement eines Workshopteilnehmers unterstreicht:

„Unter der im Forum angewandten Definition von Nachhaltigkeit ist von der Tiroler

Nachhaltigkeitsstrategie zu erwarten, dass als langfristiges Ziel unsere Gesellschaft ohne

den Einsatz von fossilen Energieträgern auskommen muss. Auch wenn dies bis 2030 nicht

umsetzbar sein wird, wird es an der Zeit, diesen Umstand anzusprechen. Andere Länder

sind da schon seit längerer Zeit wesentlich mutiger, offener und auch realistischer. Der

Rohstoff Öl wird versiegen und bereits zuvor wird das Preisniveau so stark ansteigen, dass

unser derzeitiger Verbrauch von Heizöl, Treibstoffen, usw. nicht mehr finanzierbar sein wird.

Wenn wir nicht in der Lage sind, diesen fernen Punkt in der Zukunft im Auge zu behalten,

verschieben wir die Diskussion und das Handeln in die Zukunft. Dann allerdings mit

geringerem zeitlichen Handlungsspielraum.“

Page 8: Workshop 4 Bestandsaufnahme

8

Die Minimierung der Einfuhr fossiler Energien und die Umstellung auf regionale und

umweltfreundliche Alternativen sei zwar wünschenswert, jedoch darf dabei nicht außer acht

gelassen werden, dass dies einen massiven zusätzlichen Bedarf an weiteren

Energiequellen mit sich ziehen würde. Möchte man unter allen Umständen auf fossile

Energie verzichten, so wäre der Ausbau von Wasserkraftanlagen und alternativen

Energiequellen unverzichtbar.

Nun ist der Ausbau der Wasserkraft in Tirol aber ebenso umstritten, da Lebens- und

Freizeiträume sowie einzigartige Naturgebiete in Mitleidenschaft gezogen werden. Die

Einschränkung von Energieimporten würde die Ausschöpfung regionaler Ressourcen

notwendig machen und damit merkliche Einschnitte nach sich ziehen.

Vernetzung der Themenschwerpunkte

Vor dem Hintergrund dieser Problematik erkennt man die schwierige Situation, dass zwar

einzelne Aktionsfelder primär individuell betrachtet werden, diese Entscheidungen aber

wiederum Folgeeffekte auf andere Bereiche haben.

Der Grundtenor war die Dringlichkeit einer engen Vernetzung der Handlungsfelder. Je

konkreter die einzelnen Handlungsfelder ausgeformt sind, umso bedeutender ist die jeweilige

Vernetzung zu anderen Themen. Die Ziele der individuellen Handlungsfelder sollten

harmonisiert und abgestimmt auf andere Themenschwer punkte festgelegt werden.

Erfolgreiches nachhaltiges Handeln funktioniert nur dann, wenn alle Bereiche gleichermaßen

einbezogen werden.

Eine differenziertere Sichtweise dazu wurde von einem Vertreter der Wasserwirtschaft

angemerkt. Zitat: „Wir sehen in der Praxis immer wieder, dass sehr gute

Nachhaltigkeitsprojekte aufgrund der "Komplexität in der Vernetzungsdarstellung" und /

oder aufgrund der "Eindimensionalität in der Betrachtungsweise" scheitern. Die

Umsetzung dieser Nachhaltigkeitsprojekte ist stets vom Grundsatz der Herstellung der

ökologischen, ökonomischen und sozialen Ausgewogenheit im Sinne einer regionalen

Kreislaufwirtschaft geleitet.“

Bei der Vernetzung und Beurteilung der diskutierten Handlungsfelder sollte daher aus Sicht

der Wasserwirtschaft auch von diesem Gedankenmodell der Herstellbarkeit des „Dreiklangs

zwischen Ökologie, Ökonomie und Sozialem“ ausgegangen werden. Wenn man dieses

Prinzip bei der Vernetzung konsequent anwendet, dann würden sich viele – theoretisch

mögliche – Vernetzungsbeziehungen erübrigen.

Page 9: Workshop 4 Bestandsaufnahme

9

Einige Handlungsfelder konnten aufgrund des knappen Zeitplans nur sehr kurz

angesprochen werden. Um trotzdem eine Priorisierung festzustellen, wurden die Teilnehmer

aufgefordert, mit einer limitierten Punkteanzahl von 10 Punkten nach Wichtigkeit zu

werten, wobei die Vergabe von Mehrfachpunkten möglich war.

Ergebnis Punkte

1. GOVERNANCE 15

2. VERKEHR / MOBILITÄT 15

3. SOZIALE WERTE 14

3. RESSOURCEN 14

3. ENERGIE 14

6. FORSCHUNG UND INNOVATION 13

7. MODERNISIERUNG DER BILDUNGSSYSTEME 9

8. KULTUR 8

8. KOMMUNIKATION 8

10. ALTERUNG DER GESELLSCHAFT 5

11. EXISTENZSICHERUNG / ARMUTSBEKÄMPFUNG 4

11. MODERNISIERUNG DER ARBEITSMÄRKTE 4

11. UMWELTFREUNDLICHE PRODUKTIONSWEISEN 4

14. SCHUTZ DER LEBENSRÄUME 3

15. GESUNDHEIT 1

15. LANDWIRTSCHAFT UND ERNÄHRUNG 1

15. WOHNEN UND BAUEN 1

18. KLIMAWANDEL 0

18. GLOBALISIERUNG 0

Zu diesem Ergebnis muss noch angemerkt werden, dass die TeilnehmerInnen des

Workshops die niedriger bewerteten Handlungsfelder wie beispielsweise Klimawandel oder

Globalisierung natürlich nicht „weniger“ wichtig erachten. Viel mehr stehen diese Bereiche

als Metathemen teilweise in Abhängigkeit zu anderen Handlungsfeldern, welche regional

behandelt werden können.