6. Sitzung Umwelthaftungsrecht 39709727

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Umwelthaftungsrecht

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6 U l h f h6. Umwelthaftungsrecht

Prof. Dr. Günther G. Schulze UmwelthaftungsrechtUmweltökonomik

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6.1 Einführung

juristische Sicht: Ausgleich des entstandenen Schadens (ex post Sicht)(ex post Sicht)

ök i h Si hökonomische Sicht:Anreizwirkung→ Verhaltensänderung(ex ante Sicht)

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Einführung

Verschuldenshaftung:Vorsatz oder Fahrlässigkeit (Sorgfaltsniveau) nötigGefährdungshaftung:Gefährdungshaftung:Verursachen allein genügt für Entschädigungshaftung (StraßenverkehrEntschädigungshaftung (Straßenverkehr, Flugverkehr)

→ bei beiden: Kausalitätsnachweis

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Rechtsgrundlagen in Deutschland

• BGB Schadensersatzpflicht §823BGBSchadensersatzpflicht, §823BGB

• Wasserhaushaltsgesetz• Umwelthaftungsgesetz (UHG)•• ...

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Umwelthaftungsgesetz

• Allgemeine Umweltgefährdungshaftung §1 UHGbei nicht nachgewiesener Kausalität:bei nicht nachgewiesener Kausalität:Kausalitätsvermutung §6 I UHG

h G b h i d Ei lf ll i d„nach Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet den entstandenen Schaden zu verursachen...“

→ Vermutung gilt als widerlegt bei Einhaltung des „genehmigten Normalbetriebs“

→ Umkehr der Beweislast

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Umwelthaftungsgesetz

• bei nachgewiesener Kausalität in jedem Fall Haftung (unabhängig vom Sorgfaltsniveau)

• Entlastung von Kausalitätsvermutung, wenn ein anderer Umstand den Schaden verursacht hatanderer Umstand den Schaden verursacht hat, nicht aber eine unter das UHG fallende Anlage→ Gefahrengemeinscha “→ „Gefahrengemeinscha

bei Störfall und bestimmungswidrigem Betrieb:Haftung  (kein Normalbetrieb)

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g ( )

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Kausalitätsformen

1. Monokausalität→ ein Schädiger, eindeu g iden fizierbar

2. Alternative Kausalität→ i Q ll (S h d ff i h i d→ eine Quelle (Schadstoffart, nicht eindeu g identifizierbar)

3. Multikausalität→ verschiedene Quellen

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6.2 Gefährdungs‐ und Verschuldungshaftung bei monokausalen Schäden

U(x): Nutzen der schädigenden Aktivität  x(Vermeidung  von Vermeidungskosten, Produktion von Emissionen etc.)´( ) ´´( )U´(x) > 0, U´´(x) < 0

S(x): SchadenserwartungswertS´(x) > 0, S´´(x) > 0

W(x) = U(x) – S(x) Soziale Wohlfahrt

U´(x) = S´(x) B.E.O.

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( ) ( )

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1. Gefährdungshaftung

• Betrieb muss für verursachten Schaden haften, d.h. h d fli ß i i i k lk lSchadenserwartungswert fließt ins Optimierungskalkül 

ein.→ Zielf nk on iden sch mit so ialer Wohlfahrtsf nk on→ Zielfunk on iden sch mit sozialer Wohlfahrtsfunk on

G(x) = U(x) – S(x)

• Geringe Informations‐ und Kontrollkosten, „nur“ Kausalität muss nachgewiesen werdenmuss nachgewiesen werdenKeine Kenntnis der Schadstoffvermeidungsfunktion nötig

→ hoher Anreiz zu „sorgfältigem“ Verhalten→ D t li i

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→ Dezentralisierung10

2. Verschuldungshaftung

• Annahme: Umweltbehörde legt Verschuldensstandard f(nötige Sorgfalt) auf paretoeffizientem Niveau       fest.

→ Kenntnis der individuellen Vermeidungskosten nö g.

fx

→ bei Überschreiten von      ha et Unternehmen für Schäden

fx

Zielfunktion des Unternehmens

G(x) U(x) für  fxx U(x) – S(x) für

fxx

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2. Verschuldungshaftung

→ Analogie zur Auflagenpoli k(Strafe* = entstandenem Schaden**)

allerdings: Zahlung nur bei Schadensfall und nur an Geschädigten

Bei richtiger Wahl der Verschuldungsstandards kommt g ges auch bei Verschuldungshaftung zu pareto‐optimalen Allokationen.

* Bei Überschreiten der Auflage

* * Haftung bei Überschreiten der f l d d

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Auflage Sorgfaltsstandards

2. Verschuldungshaftung

Was ist für die Firma optimal?

• Für muss mindestens sein• Ist sinnvoll?

fxx xxU 0)(' fxfxx Ist sinnvoll?  

Wenn das so wäre, müsste geltenxx

)()()( fxUxSxU (*)da bei Überschreitung Schadenserwartungswert berücksichtigtwerden müsste.

)()()( fff xSxUxU (**)also folgt aus und                        

)()()( xSxUxU

ff

( )(*) (**)

)()()()( ff xSxUxSxU

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2. Verschuldungshaftung  

• Das kann aber nicht erfüllt sein, da die soziale Wohlfahrt• maximiert

fx• maximiert.• d.h. )]()(max[arg xSxUx f

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2. Verschuldungshaftung

→ Es ist für das Unternehmen nicht op mal zu fxx setzen.

G(x) bei VH

U(x) – S(x) = G(x) bei GH

fx x

GH: GefährdungshaftungGH: GefährdungshaftungVH: Verschuldungshaftung

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Beurteilung

Bei vollständiger Information und Implementierungskosten von Null sind Verschuldungshaftung und Gefährdungshaftung  gleichermaßen geeignet, das Paretopotimum zu erreichenParetopotimum zu erreichen.

aber:1 Fü j d U h dfx1. Für jedes Unternehmen muss       gesetzt werden.

a) hohe Informationsanforderungen

fix

b) hohe Implementierungskostenc) problematisch aus Gerechtigkeitserwägungen→ Analogie zu Auflagen

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Beurteilung

2. Bei Gefährdungshaftung haftet das Unternehmen für jeden Schaden, bei Verschuldungshaftung nur für Schäden bei  (tritt im Optimum nicht auf).i ff k hi dli h

fxx Preiseffekte unterschiedlich:• GH verteuert Produkte• VH produziert zu viele gefährdende Produkte

→ GH internalisiert diesen Effekt.dynamische Effekte: • keine Anreize zu emissionsvermeidenden 

Innovationen bei VH

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Haftung bei alternativer Kausalität

Monokausale Schäden,Schädiger nicht eindeutig identifizierbar§ 6,7 UHG Kausalitätsvermutung

Schadenseignung

: Wahrscheinlichkeit, dass Emissionen der Anlage iden Schaden verursacht haben (a priori)

)( ii xp ix

: Wahrscheinlichkeit, dass Umstand K den SchadenKqverursacht hat (a priori)

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Haftung bei alternativer Kausalität

Soziale Wohlfahrtsfunktion:

h d

sqsxpxUxW Kiii )()()(

Wenn ein Schaden eingetreten ist:bedingte Wahrscheinlichkeiten

Kii

iiii qxp

xpxP

)(

)()(

K

kiK qxp

qxQ

)(

)(

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Kii qxp )(

Haftung bei alternativer Kausalität

Schadenseignung:g gWahrscheinlichkeit, dass Schaden von Quelle oder K erzeugtwurde, muss einen gewissen Schwellenwert Z überschreiten

ix, g

undZxP ii )(

Wahrscheinlichkeit, dass Schaden durch natürliche Quelle

ZQK

Wahrscheinlichkeit, dass Schaden durch natürliche Quelleverursacht wurde, muss kleiner als dieser Schwellenwert sein.

Das impliziertsschlussHaftungsauxPQ iiK :)(.

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Haftung bei alternativer Kausalität

Anreizwirkungen?

)()( iKK

xPPxQQ

Jede Wahrscheinlichkeitsschwelle Z kann in einen

)( iii xPP

Verhaltensstandard umgesetzt werden, der Haftungausschließt. 

*ix

(Firma kann q nicht beeinflussen, aber Q schon!)

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Haftung bei alternativer Kausalität

Regelung über Wahrscheinlichkeitsschwellen:Z muss so gewählt werden, dass pareto‐optimale Emissionen

gerade noch Haftungsausschluss gewähren.fix

optimale Politik setzt individualisierte Haftungsschwellenvoraus (und damit implizit individualisierte

Verhaltensstandards )

*iz

fiii xzx )( **

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Haftung bei alternativer Kausalität

Individualisierte Wahrscheinlichkeitsschwellen izunpraktikabel, da

‐ Informationsanforderungen prohibitiv‐ individualisierte Wahrscheinlichkeitsschwellen jenseitsder Kausalität vermutet wird, verstößt gegenGl i hh it d tGleichheitsgrundsatz

effiziente Lösung nicht erreichbar

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Haftung bei alternativer Kausalität

Bisher nur ein Widerlegungsgrund für Kausalitätsvermutung– alternative Ursache – betrachtet.

2. Widerlegungsgrund: Einhaltung genehmigten NormalbetriebsVerhaltensstandard

Jeder Widerlegungsgrund ist einzeln hinreichend, vermuteteKausalität zu widerlegen.g

Auslegung §6 und 7 UHG: oft unklar, deshalb “genehmigterg g , g gNormalbetrieb” klarere Vorgabe

Parallele zur Auflagenlösung

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g g

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Haftung bei alternativer Kausalität

Beurteilung• Gerechtigkeitsargument: Geschädigtem ist egal, ob 

Schaden bei Normalbetrieb entstanden ist oder nichth ff lnicht effizienzrelevant

• Widerspricht Gefährdungshaftung

(Haftung unabh. von Verhaltensstandard)allerdings: bei alternativer Kausalität müssen auch

t hi dl V id k t b ü k i hti t dunterschiedl. Vermeidungskosten berücksichtigt werdengen. Normalbetrieb kann das berücksichtigen

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6.3 Haftung bei Multikausalität

Multikausalität:  Oft tragen mehrere Schädiger zu einem Gesamtschaden beieinem Gesamtschaden bei.(Gewässer‐ und Luftverschmutzung)

Effiziente Internalisierung durch Haftungsregeln?

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6.3 Haftung bei Multikausalität1. Gefährdungshaftung

Annahme: Schadenfunktion bekannt,spez. Beispiel: 2 Schädiger, Schadenfunktion

sfunktion WohlfahrtSoziale2, 21

22

21

22121 xxxx)x(x)xS(x

2)()(,

,)()(,

2122

21221121

21221121

xxxxxUxU)xW(x

)xS(xxUxU)xW(x

maxWmhrtsmaximufür Wohlfa B.E.O.

, 21 xx

22 22 *21

2

22

*1

1

1

, 21

xxxUxx

xU

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6.3 Haftung bei Multikausalität

erreicht?LösungdezentraleeinedurchsmaximumWohlfahrtdasWird

2,1 max:nsproblemUnternehme

erreicht?Lösungdezentraleeinedurch smaximum WohlfahrtdasWird

iGiX

hatzu tragenienUnternehmdasdenteil,Schadensan:),()()(

,p

21

axxSaxUxG

i

iiii

iX i

21 z.B.1

hatzu tragen ien Unternehmdasden teil,Schadensan :

21 aa aa

a

ii

i

ii if

analog )(21)()( 2

2211111 GxxxUxG

:mierungGewinnmaxifür B.E.O.

*21

22

*1

1 xxUxxU

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21 xx

6.3 Haftung bei Multikausalität

2. Verschuldungshaftung mit individualisierten Verhaltensstandardsauch möglich:Gefährdungshaftung mit Innenregreß

bhä i h ld d b ili

Verhaltensstandards

abhängig von Verschulden der beteiligten Unternehmen

Haftungsanteil für *xxns

sxai ),( für *

ii xxms

sonst 0m

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Vektorx :

6.3 Haftung bei Multikausalität

1. Falls sich alle Unternehmen sorgfältig verhalten d h d l h ß llwird Schaden gleichmäßig unter alle n

Unternehmen verteilt.

2. / 3.  Falls m Unternehmen den Sorgfaltsstandard b h i d d S h d t ih f t iltbrechen wird der Schaden nur unter ihnen aufgeteilt.

*Falls alle Unternehmen       wählen, wird kein Unternehmen einen Anreiz haben      zu erhöhen, wenn gilt *

*ix

ixgilt

),()()()( **

*iiiiii xxSxU

nxSxU

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6.3 Haftung bei Multikausalität

Bei Überschreiten der individualisierten Schadensgrenze     *ixträgt das Unternehmen den Gesamtschaden.

gUngleichun

),()()()(

gg

**

*iiiiii xxSxU

nxSxU

),()()()(giltnn erfüllt weist

***iiiiii xxSxUxSxU

)( rechts und links addiere

),()()()(*

ijjj

iiiiii

xU

O tii ldfüB didifüllt

),()()()()( ****ii

ijjjii

iii xxSxUxUxSxU

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Optimumsozialedasfür Bedingung dieerfüllt

6.3 Haftung bei Multikausalität

Vorraussetzung• Kenntnis der unterschiedlichen 

Schadstoffvermeidungskosten, also für jedes hUnternehmen

• Formulierung unterschiedlicher Sorgfaltsstandards zu teuer Informationsasymmetrie und strategisches Verhalten

rechtlich bedenklich (Gleichheitsgrundsatz) rechtlich bedenklich (Gleichheitsgrundsatz)

→ Für multikausale (großräumige) Umweltschäden→  Für multikausale (großräumige) Umweltschäden sind Zertifikate, Steuern oder Abgaben wesentlich besser geeignet.

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