Anregende, erleichternde und hemmende Wirkungen beim multimedialen Lernen mit Animationen Wolfgang...

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Anregende, erleichternde und hemmende

Wirkungen beim multimedialen Lernen

mit Animationen

Wolfgang Schnotz Universität Koblenz-Landau (Campus Landau)

schnotz@uni-landau.de

Attraktivität des Lernens mit Multimedia ...

• schneller Informationszugriffschneller Informationszugriff

• müheloses Lernen müheloses Lernen

• effektives Lerneneffektives Lernen

Instruktionstechnologie

Manisch-depressive Zyklen?

• Radio

• Film

• Fernsehen

• Multimedia

Was macht Multimedia pädagogisch attraktiv?

Lernen:

• aktiv

• konstruktiv

• zielorientiert

• situiert

Multimedia ermöglicht ...

• Authentische Lernsituationen

• Realistische Darstellungen

• Anschaulichkeit

• Aktives Lernen

– selbstgesteuert

– exploratisch

Folglich (?) ermöglicht Multimedia ...

• Leichteres Lernen ?

• Effektiveres Lernen?

Oder: ...

• Leichteres Lernen ?

• Effektiveres Lernen?

Wann?

Warum?

Multimedia ermöglicht manchmal ...

Übersicht

1. Ebenen von Multimedia

2. Mißverständnisse über Multimedia

3. Theoretischer Rahmen

4. Funktionen von Multimedia 4.1 Anregung von kognitiven Prozessen

4.2 Erleichterung von kognitiven Prozessen

4.3 Behinderung von kognitiven Prozessen (?)

5. Konsequenzen

1. Ebenen von Multimedia

• Technische EbeneGeräte: Computer, Netzwerke, Bildschirme ...(Zeichenträger)

• Semiotische Ebene Formen der Repräsentation: Texte, Bilder, Diagramme ... (Zeichenarten)

• Sensorische Ebene Sensorische Modalitäten: Auge, Ohr ...(Zeichenrezeption)

2. Missverständnisse über Multimedia

• Multimedia betrifft primär Informationstechnologie

• Technisches Medium hat Einfluß auf Lernen

• Reichhaltige multimediale Lernumgebungen

bewirken elaborierte Wissensstrukturen

Verwendung vieler technischer Features?

Weniger ist mehr ...

3. Theoretischer Rahmen

Text Picture

verbal system

imagery system

Paivio (1986):

Duale Codierungstheorie

Behalten: Text + Bild > Text

Text Picture

verbal system

imagery system

aber: •multiple mentale Repräsentationen auch beim Textverstehen

•besseres Behalten und besseres Verstehen

Paivio (1986):

Duale Codierungstheorie

Text Picture

Mayer (1997):

Theorie des multimedialen Lernens

Behalten und Verstehen: Text + Bild > Text wenn: Kohärenz + Kontiguität

text base picture base

verbal mental model

pictorial mental model

Text Picture

Mayer (1997):

Theorie des multimedialenLernens

text base picture base

verbal mental model

pictorial mental model

aber: unterschiedliche Zeichenarten

Deskriptionen

• Symbolzeichen

• Stärker selektiv

• Hohe Ausdrucksmächtigkeit

Depiktionen

• Ikonische Zeichen

• Weniger selektiv

• hohe Inferenzleistung

Picture

mental model

propositionalrepresentation

text surface representation

imageperception

Text

Deskriptionen Depiktionen

external

internal

Oberfläche

tief

Schnotz & Bannert (1999)

propositionalrepresentation

mental model

Auditive Text

Visual Text Picture

Sound, music

visual working memory

auditive working memory

Visua

l

aud

itive

Schnotz, Seufert & Bannert (2000)

4. Funktionen von Multimedia

• Anregungsfunktion Zusätzliche kognitive Prozesse

• ErleichterungsfunktionErleichterung kognitiver Prozesse

• Hemmungsfunktion (?) Behinderung kognitiver Prozesse

Multiple Repräsentationen

Behalten & Verstehen:

Text + Bild > Text falls: Kohärenz & Kontiguität

falls: niedriges Vorwissen

Picture

mental model

propositionalrepresentation

text surface representation

imageperception

Text

prior knowledge

Verschiedene Informations-quellen für mentale Modellkonstruktion

• Text

• Bild

• Vorwissen

Picture

mental model

propositionalrepresentation

text surface representation

Imageperception

Text

low prior knowledge

Lernende mit niedrigem Vorwissen benötigen Bildunterstützung für mentale Modellkonstruktion

Erleichterungsfunktion

Picture

mental model

propositionalrepresentation

text surface representation

Text

high prior knowledge

Hohes Vorwissen ermöglicht mentale Modellkonstruktion auch ohne Bildunterstützung

Manchmal:

• Text > Text + Bild falls: Bild wird anstelle des Texts verwendet Erleichterungsfunktion (unbeabsichtigt)

• Text > Text + Bild falls: Bild interferiert mit mentalem ModellHemmungsfunktion

Multiple Repräsentationen...

Picture

mental model

propositionalrepresentation

text surface representation

Imageperception

TextTextText PicturePicture

Kognitive Kosten & Gewinne

Zahl der Repräsentationen

Kosten

Gewinne

Multiple Repräsentationen: Anregungsfunktion

Kohärenzbildung

Picture

mental model

propositionalrepresentation

text surface representation

Imageperception

TextTextText PicturePicture

Multiple Repräsentationen: Anregungsfunktion

Weniger kann mehr sein!

Animationen

Verwendung für

• Aufmerksamkeitssteuerung

• Unterstützung von 3D Wahrnehmung

• Simulationen

– Zeigen von Prozeduren & Prozessen

– Ermöglichen von Explorationen

Animationen

– Verschiedene Wirkung

– verschiedener Animationen

– bei verschiedenen Lernenden

auf

– kognitive Verarbeitung

– Lernergebnisse?

Anregungsfunktion von Animationen

– Zusätzlicher Informationsgehalt

– Zusätzliche Verarbeitung

z.B. Manipulationsbilder

Erleichterungsfunktion von Animationen

– Externe Unterstützung für spezifische kognitive

Prozesse

z.B. Simulationsbilder

Studie 1: Animierte vs. statische Bilder

Forschungsfrage:

Haben animierte Bilder

• unterschiedliche Funktionen

• bei unterschiedlichen Lernenden

im Vergleich zu statischen Bildern?

Studie 1: Hypothesen

• Anregungsfunktion – hohes Vorwissen > niedriges Vorwissen

– mehr Verarbeitungszeit

– bessere Lernergebnisse

• Erleichterungsfunktion– niedriges Vorwissen > hohes Vorwissen

– weniger Verarbeitungszeit

– bessere Lernergebnisse

Studie 1: Methode

Probanden• 2 x 20 Universitätsstudierende

Vortestphase• Vorwissenstest: Mediansplit (höheres vs. niedrigeres Vorwissen)

Lernphase• Hypertext (2750 Worte) mit animierten oder mit statischen Bildern

Posttestphase • Zeitdifferenzaufgaben, z.B.

Wie viel Uhr ist es in Anchorage und welcher Tag ist dort, wenn es in Tokio Donnerstag 19 Uhr ist?

• Umkreisungsaufgaben, z.B.

Warum dachten Maghellan‘s Gefährten nach ihrer Weltumsegelung, es sei Mittwoch, während des tatsächlich bereits Donnerstag war?

Studie 1: Ergebnisse

Bildbetrachtungszeiten (sec.)

0

500

1000

1500

2000

2500

animated static

high prior knowledgelow prior knowledge

Studie 1: Ergebnisse

Lernergebnisse: Zeitdifferenzaufgaben

0

1

2

3

4

5

6

7

8

9

animated static

high prior knowledgelow prior knowledge

p = .017

p = .007

Studie 1: Ergebnisse

Lernergebnisse: Umkreisungsaufgaben

0

1

2

3

4

5

6

7

8

9

animated static

high prior knowledgelow prior knowledge

p = .088

Studie 1: Zusammenfassung

Wirkung der Animationen• Hohes Vorwissen:

– Längere Bildbetrachtungszeiten – Höhere Leistungen bei Zeitdifferenzaufgaben– Geringere Leistungen bei Umkreisungsaufgaben *

• Niedriges Vorwissen: – Kürzere Bildbetrachtungszeiten – Höhere Leistungen bei Zeitdifferenzaufgaben – Geringere Leistungen bei Umkreisungsaufgaben *

* nicht erwartet!

Konsequenzen aus Studie 1

• Anstelle von globalen Animationseffekten: – Aufgabenspezifische Effekte !

• Erleichterungsfunktion kann negative Wirkungen haben.

• Animationsarten: – Studie 1:

Kombination verschiedener Arten von Animationen

vs. statische Bilder

– Offene Frage:

Unterschiedliche Wirkungen unterschiedlicher

Arten von Animationen ?

Studie 2: Verschiedene Arten von Animationen

Forschungsfrage:

Haben unterschiedliche Arten von Animationen

• unterschiedliche Funktionen

• bei unterschiedlichen Lernenden

• bei unterschiedlichen Aufgaben?

Studie 2: Hypothesen

• Anregungsfunktion – bei Manipulationsbildern

– bei höherem Vorwissen

– bei Zeitdifferenzaufgaben: • Höhere Testleistungen

• Erleichterungsfunktion – bei Simulationsbildern

– bei niedrigerem Vorwissen

– bei Umkreisungsaufgaben• Höhere Testleistungen (falls Unterstützung gebraucht wird)

• Niedrigere Testleistungen (falls Unterstützung nicht gebraucht wird)

Studie 2: Methode

Probanden41 (= 14 + 14 + 13) Universitätsstudierende

Vortestphase(siehe Studie 1)

LernphaseHypertext (2750 Worte) mit

• Manipulationsbildern

• Simulationsbildern schrittweise

• Simulationsbildern kontinuierlich

Nachtestphase (siehe Studie 1)

Studie 2: Ergebnisse

Zeitdifferenzaufgaben

0

1

2

3

4

Man

ipulat

ion

Stepwise

Sim

.

Contin

uous

Sim

.

high prior knowledgelow prior knowledge

Hohes Vorwissen:

Man > Kont.Sim p=.04

Studie 2: Ergebnisse

Umkreisungsaufgaben

0

1

2

3

4

5

6

Man

ipulat

ion

Stepwise

Sim

.

Contin

uous

Sim

.

high prior knowledgelow prior knowledge

Niedriges Vorwissen:

Man > KontSim p=.03

StepSim > KontSim p=.02

Studie 2: Zusammenfassung

• Manipulationsbilder – Anregungsfunktion, wenn hohes Vorwissen

– positive Wirkungen

• Simulationsbilder kontinuierlich– Erleichterungsfunktion, wenn niedriges Vorwissen – evtl. negative Wirkungen

(behindern Ausführung relevanter kognitiver Prozesse)

• Simulationsbilder schrittweise– Lernerkontrolle verhindert Extraneous Cognitive Load

– keine negativen Wirkungen

• Anregungsfunktion

– Manipulationsbilder– ermöglichen zusätzliche kognitive Prozesse – bei hohem Vorwissen

• Erleichterungsfunktion – Simulationsbilder– machen spezifische kognitive Prozesse leichter – bei niedrigem Vorwissen

Konsequenzen

Animation

dynamic mental model

propositionalrepresentation

text surface representation

imageperception

Text

high prior knowledge

Aber:

Wenn Lernende ausreichendes Vorwissen für mentale Simulationen besitzen, können Animationen sie an der selbständigen Ausführung dieser Simulationen hindern

Überflüssige Erleichterungsfunktion

5. Konsequenzen

• Multimedia verbessert nicht generell das Lernen

• Keine didaktischen Daumenregeln

• Unterschiedliche Funktionen

Funktionen von Multimedia

• Anregungsfunktion

– ermöglichen zusätzliche kognitive Prozesse

• Erleichterungsfunktion

– Vollzug kognitiver Prozesse wird leichter

Funktionen von Multimedia

Sollte Lernen so weit wie möglich erleichtert werden?

Überflüssige Hilfen können Lernende am Vollzug relevanter Prozesse hindern.

• Hemmungsfunktion

– wenn kognitive Verarbeitung zu schwer ist

– wenn kognitive Verarbeitung zu leicht ist !

Verwendung von Multimedia

Hilfe & Anforderungen sind an die

Zone der nächsten Entwicklung anzupassen

Vielen Dank!

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