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Werner Eichhorst, Paul Marx, Eric Thode
Atypische Beschäftigung und Niedriglohnarbeit
Benchmarking Deutschland: Befristete und geringfügige Tätigkeiten, Zeitarbeit und Niedriglohnbeschäftigung
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Werner Eichhorst, Paul Marx, Eric Thode
Atypische Beschäftigung und Niedriglohnarbeit
Benchmarking Deutschland: Befristete und geringfügige Tätigkeiten, Zeitarbeit und Niedriglohnbeschäftigung
4
Inhalt
1. DasWichtigsteinKürze 6
2. Einleitung 9
3. AtypischeBeschäftigungiminternationalenVergleich 12
3.1 StrukturderErwerbstätigkeit 12
3.2 BefristeteBeschäftigung–RegulierungundAusmaß 14
3.3 Zeitarbeit 19
3.4 SelbstständigkeitundfreiberuflicheTätigkeit 23
3.5 MarginaleTeilzeit,Minijobs 24
3.6 MusterderFlexibilitätnachWirtschaftszweigen 26
3.7 Niedriglohnund„WorkingPoor“ 31
3.8 Aktivierungspolitik 37
4. Fazit 45
Literatur 49
Impressum 54
Inhalt
5
6
1. DasWichtigsteinKürze
DieDiskussionüberdieSchaffungneuer,zusätzlicherArbeitsplätzedurchinstitutionelleRefor-
menaufdemArbeitsmarktdrehtsichimKerninzahlreicheneuropäischenStaatenumdieRolle
„atypischer“Beschäftigungsverhältnisse.DieseorientierensichnichtanunbefristeterVollzeitar-
beit(demsogenanntenNormalarbeitsverhältnis),dieinderRegeltarifvertraglichgeregeltistund
denvollenSchutzdersozialenSicherungssystemeinDeutschlandgewährt.AufdereinenSeite
bieten atypische Arbeitsverhältnisse tatsächlich zusätzliche Erwerbschancen insbesondere im
Dienstleistungssektor,aufderanderenSeitezeichnensiesichoftdurchAbweichungenvomjewei-
ligentarif-,unternehmens-oderbetriebsüblichenStandardhinsichtlichArbeitszeiten,Entlohnung
oderBestandssicherheitaus.DieNotwendigkeitderRe-RegulierungatypischerBeschäftigungs-
formenstehtdeshalbaufdemPrüfstandundwirdjenachPerspektive–beschäftigungspolitische
vs.sozialpolitischeOrientierung–unterschiedlichbewertet.AufderGrundlagederempirischen
Beobachtungen isteindifferenziertesUrteilüberdieBedeutungatypischerBeschäftigungund
vonderenChancenundRisikenmöglich.IminternationalenVergleichlässtsichfürDeutschland
Folgendesfesthalten:
1. Der Anteil befristeter Beschäftigung in Deutschland liegt im oberenDrittel der EU-Länder.
Allerdings sind Besonderheiten zu beachten. Nahezu alle Ausbildungsverhältnisse sind als
befristeteBeschäftigungausgestaltet.BeimBerufseinstiegoderbeimWechseldesUnterneh-
mens kommen befristete Arbeitsverhältnisse häufig im Sinne einer verlängerten Probezeit
zumEinsatz,beider inderGesamtschaunachwievor rechtguteÜbernahmeaussichten in
dauerhafteBeschäftigungbestehen.VordiesemHintergrundergibtsichkeinebesondereProb-
lemlage.
2. DieZeitarbeithatsichnachdenletztenReformenalsRandsegmentimverarbeitendenGewerbe
etabliert,undzwarnichtnuralskurzfristigerFlexibilitätspuffer,sondernvermehrtauchals
längerfristigeRandbelegschaftinderIndustrie.EinÜbergangineinereguläreBeschäftigung
istdabeikeineswegsgarantiert.
3. MinijobsalseinzigeErwerbstätigkeitundauchalsNebentätigkeitensindwichtigeBeschäfti-
gungsformeninbestimmtenBereichendesDienstleistungssektorsinDeutschlandgeworden
undstellen im internationalenVergleichdurchauseineBesonderheitdar.Dabeikommtder
AbgabenfreiheitausSichtderBeschäftigteneinezentraleBedeutungzu.Aucherlaubtsieden
ArbeitgeberndieÜberwälzungeinesTeilsderArbeitskosten.
4. DieNiedriglohnbeschäftigunghatinDeutschlandindenletztenJahrendeutlichzugenommen.
Dies kannmit der geringen und weiter abnehmenden Tarifbindung vor allem im privaten
Dienstleistungssektor,denverstärktenAktivierungsbemühungenvonTransferbeziehernund
mitdervermehrtenNutzungvonMinijobs,TeilzeittätigkeitenundderAufstockungvonGrund-
sicherungsleistungen erklärtwerden. Dagegen gibt es bislang keine empirischenHinweise
Das Wichtigste in Kürze
Das Wichtigste in Kürze
7
darauf,dassimZugederArbeitsmarktreformendieReservationslöhnevonArbeitslosengesun-
ken sind.MittlerweileweistDeutschlandeineauch imeuropäischenVergleichausgeprägte
Lohnspreizungauf.
5. AuchdieSelbstständigkeithat inDeutschlandanBedeutunggewonnen,zumeinenaufder
Grundlage der gezielten Förderung im Rahmen der Arbeitsmarktpolitik, des Abbaus von
ZugangsbarrierenimHandwerkundderzumTeilgeringenArbeitskostenbeieinerErwerbstä-
tigkeitaußerhalbderSozialversicherung,zumanderendurchdenfortgesetztenStrukturwandel,
derimBereichder„kreativenÖkonomie“,d.h.inMedien-undKulturberufen,verstärktselbst-
ständigeTätigkeitenmitprojektbezogenerundnetzwerkartigerOrganisationhervorbringt.
GrundsätzlichbleibtfürdieGestaltungderinstitutionellenRahmenbedingungenzunächstfestzu-
halten,dassnichtjedeatypischeBeschäftigungalsprekärangesehenwerdenkannunddeshalb
persenegativzubetrachtenwäre.Eine restriktiveRe-RegulierungohneBerücksichtigungder
BesonderheiteneinzelnerTätigkeiten,SektorenundPersonengruppenwürdeGefahrlaufen,die
bestehendenundinderjüngerenVergangenheitmobilisiertenBeschäftigungspotenzialevorallem
imDienstleistungssektorzuunterdrücken.WichtigeGestaltungsoptionensinddiefolgenden:
1. BeiderbefristetenBeschäftigungbestehtinsgesamtwenigHandlungsbedarf,allerdingszeigtdie
intensiveNutzungvonbefristetenVerträgenbeiNeueinstellungenimöffentlichenBereichund
diehäufigeNutzungvonAnschlussbefristungenindiesemSektordieNebenwirkungeneines
besondersstriktenKündigungsschutzesindiesemSektor.AnstattdiebefristeteBeschäftigung
zude-oderre-regulierenoderdieProbezeitbeschäftigungzuverlängern,wäreessinnvoller,ein
mitderBetriebszugehörigkeitschrittweisewachsendesMaßanBeschäftigungssicherheitzu
schaffen–ohnezwischenbefristeterundunbefristeterBeschäftigunggenerellunterscheiden
zumüssen.DamitwürdedieHürdebeimÜbergangvonbefristeterinunbefristeteBeschäfti-
gungabgebautundderÜberganginsicherereBeschäftigungerleichtert.Gleichzeitigwürde
ein Abfindungssystem bei der Kündigung vonMitarbeitern fürmehr Rechtssicherheit und
Transparenzsorgen.
2. AufdemFeldderZeitarbeitzeigtsicheinedeutlicheTendenzzurSpaltungzwischenRand-
undKernbelegschaftenohnebelastbareHinweiseaufeineBrückenfunktion.Ohnedieorigi-
näreFunktionderZeitarbeitalsPufferfürAuftragsspitzeninFragezustellen,bietetsicheine
AnnäherungderArbeitsbedingungeninderZeitarbeitandieEntlohnungunddieArbeitsbe-
dingungenderKernbelegschaftensowieeinZuwachsanBestandssicherheitmitwachsender
Verweildaueran.
3. DieselbstständigeErwerbstätigkeitneuenTypsistderzeitkaumindiesozialeSicherungeinbe-
zogen.WährendbeietabliertenfreienBerufenberufsständischeSicherungswerkefüreinemit
derSozialversicherungmindestensgleichwertigeAbsicherungsorgen,verfügen„neueSelbst-
ständige“nichtübereinevergleichbareRisikovorsorge.DamitlaufensieverstärktGefahr,im
Das Wichtigste in Kürze
8
FallderErwerbslosigkeitindiesteuerfinanzierteundbedürftigkeitsgeprüfteGrundsicherung
zufallen.BeiungenügenderAltersvorsorgebestehtdieAbhängigkeitvonderGrundsicherung
auchimAlterfort.DieseSituationließesichdurcheinePflichtversicherungfürSelbstständige
analogzurabhängigensozialversichertenBeschäftigungentschärfen,ggf.mitderMöglichkeit
derBefreiungbeiNachweisausreichenderprivaterVorsorge.
4. ImBereichdergeringfügigenBeschäftigungistausarbeitsmarktpolitischerSichteinAbbau
derBarrierenbeimÜbergangzulängererTeilzeit-oderVollzeitarbeitgeboten.Esgibtkeinen
sachlichen Grund für die abgabenrechtliche Privilegierung vonMinijobs als ausschließlich
geringfügigeTätigkeitoderalsNebentätigkeit.DieAbschaffungderMinijobswürdedarüber
hinausauchdasProblemniedrigerStundenlöhneentschärfen.DesWeiterenwürdeeineauf
VollzeittätigkeitenausgerichteteAktivierungspolitikdieProblematikvonHinzuverdienstenin
TeilzeitarbeitbeiBeziehernderGrundsicherung(ArbeitslosengeldII)entschärfen,mehrMög-
lichkeitenzurWeiterbildungamArbeitsplatzeröffnenundeinestärkereMobilitätinhöhere
Entlohnungerreichen.WeitereKombilohnmodelle, eineAusweitungvonMinijobsdurchdie
AnhebungderObergrenzeunderweiterteHinzuverdienstmöglichkeitenimSGBIIsindkontra-
produktiv,dasieeinerseitszunochstärkeremDruckaufniedrigeLöhneundandererseitszu
zusätzlichenRisikenfürdieöffentlichenHaushalteführen.
5. DieVerminderungderAnreizezurAufnahmevonMinijobsodereinerNebentätigkeitzurAuf-
stockungvonLeistungendesSGBIIwürdepersezueinemRückgangderBeschäftigtenmit
geringenBruttostundenlöhnenführen.ParallelwirdabervonverschiedenenSeitengefordert,
miteinemgenerellenoderallgemeinverbindlichenMindestlohnaufsektoralerEbenedieLohn-
spreizungnachuntenzubegrenzen.HiermitkönnenVerlustebeiderBeschäftigungvorallem
imprivatenDienstleistungssektorunddamitbeidenEinstiegschancen indenArbeitsmarkt
verbundensein.SollengleichwohlverbindlicheLohnuntergrenzenfestgeschriebenwerden,so
isteingenerellermoderaterMindestlohn,dervoneinerunabhängigenKommissionbestimmt
undsystematischevaluiertwird,gegenübereinerFestlegungallgemeinverbindlicherMindest-
löhneaufderBasissektoralerTarifverträgezubevorzugen.
6. Auch in der gegenwärtigen Krise ist bei der Aktivierung von Transferbeziehern Ausdauer
geboten.GeradeineinerSituationdesbeschleunigtenStrukturwandelskanneineaktivierende
Strategiehelfen,vonArbeitslosigkeitbedrohteoderbetroffenePersoneninmöglichstzukunfts-
trächtigeSektorenundUnternehmenzuvermittelnunddasRisikoderLangzeitarbeitslosigkeit
gering zu halten. Hierzu sind nicht nur fordernde, sondern insbesondere auch individuell
zugeschnitteneFörderinstrumentenötig–vorallemdieWeiterqualifikation–,umeineaus-
reichendeBeschäftigungsfähigkeitzuerreichen.EinflächendeckenderAusbauderöffentlich
gefördertenBeschäftigungodervonKombilohnmodellen istdafürnichtgeeignet,kannaber
beiseitlangemarbeitslosenMenschenmitmultiplenProblemlagensozialpolitischwirkenund
wiederandasErwerbslebenheranführen.
Einleitung
9
2.Einleitung
DieThese eines erodierendenNormalarbeitsverhältnissesbestimmt seit nunmehr einigen Jahr-
zehntendieDiskussionüberdendeutschenArbeitsmarkt(Mückenberger1985).ZuGrundeliegt
dieVermutung, dass vermeintlich „gute“ Beschäftigung – also sozialversicherte, tariflich abge-
deckte,unbefristeteVollzeitstellen–zuGunstensogenannter„atypischer“Jobsabgebautwerden.
AlsatypischeBeschäftigungsverhältnissesollenhierArbeitsverträgeverstandenwerden,dievon
denimKerndesArbeitsmarktesüblichenStandardsdeutlichabweichen.Alsatypischkönnendamit
Beschäftigungsverhältnissegelten,dieeinzelneodermehrerederfolgendenMerkmaleerfüllen.
zeitlichbefristeteBeschäftigungsverhältnisse,dienichtvomallgemeinenKündigungsschutz
erfasstsind
ErwerbstätigkeitimRahmenderArbeitnehmerüberlassungbzw.Zeitarbeit
Arbeit,dieaußerhalbdesallgemeinüblichenSozialversicherungsschutzesausgeübtwird,z.B.
Minijobs
SelbstständigeArbeit ohneAngestellte, insbesonderedann,wenn es sichumeinQuasi-Ar-
beitnehmerverhältnishandelt,ohnedassentsprechenderarbeits-undsozialrechtlichenSchutz
vorhandenist
BeschäftigungmiteinemgeringenMonats-oderStundenlohn
AusSicht derArbeitgeber schaffen atypischeBeschäftigungsverhältnisse größereFlexibilitäts-
spielräume. Der verstärkte Einsatz atypischer Beschäftigungsverhältnisse kann zudem zu zu-
sätzlichenArbeitsplätzenführenundinsbesondereauchEinstiegsmöglichkeitenzuBeginndes
Berufslebens,nachErwerbsunterbrechungen,nachArbeitslosigkeitoderbeimangelnderQualifi-
kation,aberauchChancenaufAufstiegbieten.
Die Entwicklung und wachsende Verbreitung der atypischen Beschäftigungsverhältnisse in
DeutschlandundandereneuropäischenLändernwarjedochstetsauchvoneinerkritischenDis-
kussionbegleitet:AlsproblematischwirddabeivorallemdasRisikoangesehen,etablierteStan-
dardsderBestandssicherheitundEntlohnungaufdemArbeitsmarktzugefährden,dieetablierten
NormalarbeitsverhältnissezuverdrängenoderaufzulösenundinsgesamtzuschlechterenArbeits-
bedingungenbeizutragen,ohnewirklicheAufstiegschancenzubieten.Vielmehrwürdenatypi-
scheBeschäftigungsverhältnissedasProblemder„ArmutinArbeit“verschärfenundzuPhasen
wiederholterArbeitslosigkeitbeitragenanstattBrückeninreguläreBeschäftigungzuschaffen.
Nicht alle atypischen Beschäftigungsverhältnisse sind jedoch als gleichermaßen prekär und
problematischzubezeichnen.BeiderBewertungmussaucheineRollespielen,inwieweitdiese
Beschäftigungsverhältnisse freiwillig oder unfreiwillig eingegangen werden und welche Pers-
pektiveaufeinen(erwünschten)Wechselineinstabileres,besserentlohntesodersozialbesser
abgesichertesArbeitsverhältnisbesteht.
10
DerTrendzuatypischenBeschäftigungsformenhatsichindenvergangenenzehnbis20Jahren
nichtnurinDeutschlandbeschleunigt.ZumindestinLändernmitvergleichbarenArbeitsmarktin-
stitutionen(alsoz.B.denkontinentaleuropäischenStaatenFrankreich,BelgienunddenNieder-
landen)isteineähnlicheEntwicklungzubeobachten(Clegg2007,Palier/Thelen2008).
IndenmeistenFällenistdieseEntwicklungmitinstitutionellenVeränderungenverbunden.Das
zuGrundeliegendeReformmuster,dasDeutschlandmitzahlreichenanderenOECD-Ländernteilt,
kann als „marginale Flexibilisierung“ bezeichnetwerden:Während derKündigungsschutz für
BeschäftigteimNormalarbeitsverhältnisstabilbleibtoderallenfallsgeringfügigentschärftwird,
sorgenliberaleReformenamRanddesArbeitsmarktesfürdienötigeFlexibilität.DiesesMuster
lässtsichinAbbildung1erkennen,diezweiIndikatorenderOECDfürdieStrengevonArbeits-
marktregulierungengegenüberstellt–einenfürdenKündigungsschutzregulärerArbeitsverträge
und einen für die Beschränkungen befristeter Vertragsformen (einschließlich der Zeitarbeit).
BeideIndikatorenhabeneinenWertebereichvon0(sehrflexibel)bis6(sehrrestriktiv).Während
dieWertefürdenKündigungsschutzzwischen1995und2008infastallenLändernstabilgeblie-
bensind,findensichinderGrafikfürtemporäreBeschäftigungzahlreicheLänderunterhalbder
45-Grad-Liniewieder.BesondersstarkeDeregulierungenhatesindiesemZeitrauminBelgien,
Deutschland,Griechenland,ItalienundPortugalgegeben.
EinprägnantesBeispielfürdasskizzierteReformmusterliefertdieRegulierungderArbeitneh-
merüberlassunginDeutschland.SiehatsichvoneinemhochreguliertenMarktzueinemäußerst
flexiblenInstrumententwickelt,daszunehmendvonUnternehmengenutztwird,umbesserauf
Auftragsschwankungen reagierenzukönnen.Den rasanteAnstieg indenvergangenen Jahren
habenabererstReformenwiedieAbschaffungderÜberlassungshöchstdauersowiedesSynchro-
nisations-undWiedereinstellungsverbotsermöglicht.
Generelllässtsichbeobachten,dassdieEntwicklungamRanddesArbeitsmarktes,alsobeiatypi-
schenBeschäftigungsverhältnissen,sehrstarkvonderRegulierungimKerndesArbeitsmarktes
imVerhältniszurRegulierungdesRandesselbstabhängt.JestrikterdieRegulierungdesKerns,
umsostärkerbildetsichüberdieZeiteinedynamischeEntwicklungderJobsamRanddesAr-
beitsmarktesinnerhalbderdorteröffnetenMöglichkeitenab–oderauchaußerhalbdesformalen
Arbeitsmarktes. Je stärker das abhängigeArbeitsverhältnismit Steuern undAbgaben belastet
wird,umsomehrergibtsicheineAusweichbewegungindieselbstständigeErwerbstätigkeit.Die
NutzungvonArbeitsverhältnissen,dienichtdemStandardimKernbereichdesArbeitsmarktes
entsprechen,wirddabeimaßgeblichvomVerhaltenderArbeitgeberundderArbeitnehmerinner-
halbdesvorhandeneninstitutionellenRahmensbestimmt.
Eine ähnliche Entwicklung hat es im Bereich der marginalen Teilzeitbeschäftigung gegeben.
Zwischen1999und2008hatsichdieZahlgeringfügigentlohnterJobsineinerbeachtlichenGe-
schwindigkeitvonetwa3,7aufbeinahefünfMillionenerhöht.AuchhierhabenReformenzum
Anstieg beigetragen. Sowurde in denHartz-Gesetzen die Begrenzung auf 15Wochenstunden
Einleitung
11
Einleitung
abgeschafft,dieVerdienstgrenzeauf400EuroerhöhtunddieSozialversicherungspflichtweitge-
hendeingeschränkt.
Quelle: OECD, Venn 2009.
Abbildung 1: OECD-Indikatoren für die Strenge des Kündigungsschutzes und der Regulierung temporärer Beschäftigung (Befristung und Zeitarbeit), 1995 bis 2008
6 Kündigungsschutz
2
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2008
1995
6 Befristung und Zeitarbeit
2
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00 2 4 6
4
2008
1995
12
Atypische Beschäftigung im internationalen Vergleich
3.AtypischeBeschäftigungiminternationalenVergleich
3.1 Struktur der Erwerbstätigkeit
IminternationalenVergleichzeigtDeutschlandeinenrelativhohenAnteilanatypischerBeschäf-
tigung auf. Abbildung 2 belegt, dassDeutschland imEU-Vergleichmit anderen kontinentalen
WohlfahrtsstaatenimhinterenMittelfeldliegt.Diesbedeutet,dassindieserLändergruppever-
gleichsweise viele Jobs als befristete oder Teilzeittätigkeiten ausgeübt werden. Als Erklärung
hierfürkönnendasvergleichsweisestrikteArbeitsrechtunddierelativhohenLohnnebenkosten
für reguläreBeschäftigung indiesenLänderndienen.Zwarbieteteinauf langfristigeBeschäf-
tigungsverhältnisseausgerichteterArbeitsmarktVorteile für Investitionen inHumankapital, er
macht aber auch atypische Beschäftigungsformen attraktiv, soweit diese für Arbeitgeber und
Arbeitnehmer zugänglich sind. Diese können eine betriebsspezifisch qualifizierte Stammbe-
legschaft ergänzen und die notwendige Anpassungsfähigkeit herstellen. In Ländern, die über
SozialversicherungssystemeverfügenundindenenentsprechendhoheLohnnebenkostenanfal-
len,sindzudemnichtversicherteTeilzeitjobsattraktiv.Diesgiltbesonders fürsolcheprivaten
Dienstleistungen,beidenenhoheArbeitskosteneinergeringenProduktivitätgegenüberstehen.
InAbbildung2zeigtsich,dassstärkerregulierteArbeitsmärktewiederschwedische,deutsche
oder französische tendenziell einenhöherenAnteil anatypischerBeschäftigungaufweisenals
liberalverfassteArbeitsmärktewieIrlandoderGroßbritannien.Ebenfallsniedrig istderAnteil
inLändernmitgeringenAktivitätsraten,z.B.ineinigenneuenEU-Mitgliedsländern,aberauch
inBelgien.DieskannalsHinweisdaraufgedeutetwerden,dassflexibleBeschäftigungsformen
amRandedesArbeitsmarktesdasSystemaufnahmefähigermachenunddamitdazubeitragen,
Inaktivitätabzubauen.AllerdingsgibtesaucheinigeLänder,wieSpanien,Polen,Frankreichund
Italien,dietrotzatypischerBeschäftigungrelativniedrigeAktivitätsratenaufweisen.
WährendinAbbildung2dieAnteilederverschiedenenBeschäftigungsformenanallenabhängig
Beschäftigtendargestelltsind,zeigtAbbildung3fürausgewählteLänderBeschäftigungsartenund
auchFormenderNichterwerbstätigkeitsowieSelbstständigkeitbezogenaufdieGesamtheitder
erwerbsfähigenBevölkerung.InteressantistindiesemZusammenhangvorallemderVergleichder
NutzungatypischerBeschäftigungsformeninanderenkontinentaleuropäischenArbeitsmärkten
mithoherRegulierungsintensitätsowie–alsReferenzpunkte–denetwabeimKündigungsschutz
flexiblerenSystemenGroßbritanniensundDänemarks.InsbesondereindenNiederlandenspielen
nebenTeilzeitauchdieverschiedenenFormenderatypischenBeschäftigungeinebesondersgroße
Rolle.AberauchinDeutschland,FrankreichundÖsterreichistdieunbefristeteVollzeittätigkeit
wenigerverbreitetalsinDänemarkoderGroßbritannien.
13
Atypische Beschäftigung im internationalen Vergleich
Quelle: European Labour Force Survey, eigene Berechnungen.
Abbildung 2: Beschäftigungsstruktur in der EU-27 und Inaktivitätsraten (Anteil der Aktiven und inaktiven an der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter) in Prozent, 2007
Anmerkung: Für Malta liegen keine Daten vor.
Unbefristet Vollzeit Unbefristet Teilzeit Geringfügige Teilzeit Befristet Inaktivitätsrate
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Quelle: European Labour Force Survey, eigene Berechnungen.
Abbildung 3: Erwerbsfähige Bevölkerung nach Erwerbsstatus in Prozent, 2006
Inaktive Arbeitslose Selbstständige Marginale Teilzeit Befristete Beschäftigung Teilzeit, unbefristet Vollzeit, unbefristet
49,7 44,8 41,430,8
37,4 39,6
9,310,2
10,418,0 8,7 6,5
6,33,4 5,6 9.9
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5,4
3,6 2,8 5,64,2 1,0
6,6
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7,76,9
3,24,1 3,1
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14
3.2 Befristete Beschäftigung – Regulierung und Ausmaß
In zahlreichenOECD-Ländernhat sichüberdie letzten Jahrehinweg eindeutlicherTrend zur
schwächeren Regulierung atypischer Beschäftigung niedergeschlagen. Abbildung 4 bildet bei-
spielsweisedenOECD-Indikatorab,derdieStrengederRegulierungbefristeterVerträgemisst.Es
zeigensichdeutlicheUnterschiedesowohlfürdasJahr2008alsauchfürdiezeitlicheEntwicklung
seit1995.NebenDeutschlandhabenvorallemmediterraneLänderwieGriechenland,Portugalund
Italienversucht,ihreArbeitsmärktedurchReformeninBereichenjenseitstraditionellerBeschäf-
tigungflexiblerzugestalten.MitdererleichtertenNutzungvonbefristetenArbeitsverträgenund
auchZeitarbeitsolltederpolitischschwierigeSchrittzurLiberalisierungdesKündigungsschutzes
imsogenanntenNormalarbeitsverhältnisentbehrlichgemachtwerden.DasGleichegiltauchfür
einigestärkerregulierteLänderwieSchweden,dieNiederlande,Belgienund–außerhalbEuropas
–Japan.DamitlässtsichüberdiemeistenLänderhinwegeinbreiterTrendzurDeregulierungder
befristetenArbeitsverhältnisseerkennen.
InsgesamtsollteimVergleichbeachtetwerden,dassnichtdieRegulierungbefristeterBeschäfti-
gungalleinausschlaggebendist.VielmehristdieStrengeimVerhältniszurGesamtregulierung
zuinterpretieren,daausSichtderArbeitgeberdierelativenKostenvonregulärerundatypischer
BeschäftigungausschlaggebendfürdieEntscheidungsind,welcherArbeitsvertraggewähltwird.
SoistdieseBeschäftigungsforminFrankreichtrotzrelativstrengerRegelnfürdenEinsatzvon
Befristung sehr attraktiv, da der Kern des Arbeitsmarktes noch stärker reglementiert ist. Der
OECD-IndikatorerlaubtjedochkeinenQuervergleichzwischenderRegulierungverschiedenarti-
gerBeschäftigungsformen.
MisstmandenAnteilderArbeitnehmermitbefristetenArbeitsverträgenanallenabhängigBe-
schäftigten,soweistDeutschlandmitca.15ProzentiminternationalenVergleichaufdenersten
BlickeinenrelativhohenWertauf(Abbildung5).DeutlichhöhereWertewerdennurinSpanien,
PolenundPortugalerzielt,wobeiinPolen,Norwegen,SlowenienunddenNiederlandendiestärks-
tenZuwächsezubeobachtenwaren.DieStatistikscheinttendenzielldieVermutungzubestätigen,
dassinsgesamtflexiblereArbeitsmärkteeinengeringerenAnteilanBefristungaufweisen(z.B.
Dänemark,Irland,Großbritannien).BemerkenswertandendeutschenWertenistderenStabilität
überdieletztenJahrehinweg.EineZunahmevon2,3Prozentpunktenseit2001istiminternati-
onalenVergleich,aberauchimVergleichzurdynamischenEntwicklungandereratypischerBe-
schäftigungsformen,alsmoderatanzusehen.
BeidenaggregiertenAngabenzurBefristungistallerdingszuberücksichtigen,dasssolcheAr-
beitsverträgesehrunterschiedlichenZweckendienenkönnen,dieeinedifferenzierteBeurteilung
erfordern.SoisteineBefristung,diederAusbildungoderErprobungdient,anderseinzuschätzen
als„unfreiwillig“befristeteBeschäftigung-alsosolche,dievomArbeitnehmernuraufgenommen
wird,weilkeineunbefristeteStelleverfügbar ist. ImerstenFalldürftendieAussichten, inein
unbefristetesBeschäftigungsverhältniszuwechseln,deutlichbesserstehen. Indieserdifferen-
Atypische Beschäftigung im internationalen Vergleich
15
Atypische Beschäftigung im internationalen Vergleich
Quelle: OECD, Venn 2009.
Abbildung 4: OECD–Indikator für die Strenge der Regulierung befristeter Verträge (2008 und Veränderung seit 1995)
Anmerkung: Fehlende Veränderungssäulen bedeuten, dass es keine Änderungen bei der Regulierung befristeter Verträge gegeben hat, die sich in einem anderen Wert niedergeschlagen hätten.
2008 Veränderung seit 1995
4,25 4,25
– 4
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– 1
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Quelle: Eurostat
Abbildung 5: Anteil der befristet beschäftigten Arbeitnehmer in Prozent 2008 und Veränderung seit 2001 in Prozentpunkten
2008 Differenz zu 2001
29,3
27,0
22,8
18,2 17,4
16,1 15,0 14,7 14,2
13,3 13,2 11,5
9,1 9,0 8,5 8,4 8,3 8,0 7,9 6,2
5,4 5,0 4,7 3,3
2,4 2,4 1,3
– 2,9
15,3
2,5 3,9 4,4
0,8
– 1,4
2,3
– 0,4
3,5
1,6
– 1,7
6,6
1,1
3,2
– 0,8 – 0,5
0 0,4 0,6
– 1,4 – 1,3 – 0,2 – 0,1
– 3,4 – 3,4 – 1,7
16
ziertenBetrachtungergibtsicheindeutlichanderesBildfürDeutschland,denneineAusbildung
imdualenSystemwirdstatistischalsbefristeterArbeitsvertraggezählt.DaetwadieHälfteder
ArbeitskräftemiteinembefristetenArbeitsvertraginDeutschlandAuszubildendesind,wasim
internationalenVergleicheinenSpitzenwertbedeutet,relativiertsichderEindruckdesinsgesamt
hohenAnteilanderBeschäftigung.DerAnteilderunfreiwilligenBefristungliegthingegenunter
einem Viertel, ein vergleichsweise geringerWert. Betrachtet man diese Gruppe als Indikator
fürdieVerbreitung„prekärer“Arbeitsverträge(oderfürBefristungenimengerenSinne),steht
DeutschlandiminternationalenVergleichwesentlichbesserda(Abbildung6).Diesgiltauchfür
andereLänder,diearbeitsplatzbasierteAusbildungsgängeanbieten,wiedieNiederlande,Öster-
reichundinsbesonderedieSchweiz.
Die Differenzierung nach verschiedenenGründen von Befristung verweist auf einenweiteren
wichtigenAspekt.NebendemBestandanatypischerBeschäftigungistvoralleminteressant,wie
stabilundaussichtsreichsolcheStellensind,alsoobsie typischerweisealsSprungbrett inein
unbefristetes Arbeitsverhältnis dienen oder eine dauerhafte Benachteiligung auf demArbeits-
marktdarstellen.HierübergebenÜbergangsratenAufschluss.BefristeteBeschäftigungkanndazu
dienen,BeschäftigungsfähigkeitunterBeweiszustellenoderaufzubauen.Wirdjedochüberdiese
Atypische Beschäftigung im internationalen Vergleich
Quelle: Eurostat.
Abbildung 6: Gründe für Befristung, 2008
Freiwillig Ausbildung Probezeit Unfreiwillig
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
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Nie
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Öst
erre
ich
Schw
eiz
91 91 87 83 82 79 71 68 68 65 62 60 55 54 52 48 45 41 38 36
24 13
2 2 5 8
10 8
8 4
22
3 12 23
8 9
2
43
16
10
2
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10 10
1
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6
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11
28
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3
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49 98
3 8 7 3 5
12 9
31
16 6
28 17 21
33 37
2
44 50
20 18
3
29
17
ÜbergangsfunktionhinauseineSegmentierungundDualisierungdesArbeitsmarktesmitstarken
Mobilitätshürdenerzeugt,ergibtsicheinenachhaltigeUngleichverteilungzwischenRisikenund
Privilegien,zwischenFlexibilitätszumutungenundBestandssicherheit.
Abbildung7zeigt,dasseinigeLänder,dieüberrelativhoheBefristungsquotenverfügen,gleich-
zeitig–bezogenaufdieJahre2006/07–niedrigeÜbergangsrateninunbefristeteBeschäftigungs-
verhältnisseaufweisen.HierzuzählenetwaFrankreichundItalien,aberauchdashäufigpositiv
hervorgehobeneFlexicurity-ModellderNiederlande.DieserBefundbestärktdieVermutung,dass
zumeinenstärkerregulierteLänderbefristeteBeschäftigungvorwiegendalsKompensationfür
mangelndeFlexibilitätimSegmentdestraditionellenNormalarbeitsverhältnisnutzenundande-
rerseitsdiebefristetBeschäftigtendadurcheinemerheblichenRisikoinstabilerErwerbstätigkeit
mitbegrenztenAufstiegschancenausgesetztsind.
Deutschland schneidet hier etwas besser ab und liegt im unterenMittelfeld, was durch zwei
Faktorenzuerklärenist:Erstensverzerren,wiegesagt,Ausbildungsverträge,dieinDeutschland
weitverbreitetsind,dieÜbergangsratennachoben.ZweitensstellenbefristeteVerträgenichtdas
HauptsegmentatypischerBeschäftigung inDeutschlanddar,daMinijobsundZeitarbeitneben
größerernumerisch-externerFlexibilitätauchdeutlichniedrigereLohn-oderLohnnebenkosten
Atypische Beschäftigung im internationalen Vergleich
Quelle: Europäische Kommission, Compendium November 2009.
Abbildung 7: Übergänge befristet-unbefristet von 2006 auf 2007 in Prozent
71 69
58
51 50 48 46 44 41 39
36 35 30
27 26 26 26 22
18
12 8
0
10
20
30
40
50
60
70
80
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Deut
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Span
ien
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nde
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Port
ugal
Fran
krei
ch
Finn
land
18
bieten.SoweitessichnichtumreineAusbildungsverträgehandelt,werdenbefristeteVerträgein
DeutschlanddaherhäufigalsverlängerteProbezeitgenutzt(Boockmann/Hagen2006),während
derwirklichprekäreTeildesArbeitsmarktesindenbeidenanderenBeschäftigungsformenange-
siedeltist.DieszeigtauchAbbildung8,wonachinDeutschlandrelativwenigeArbeitsloseden
UmwegübereinebefristeteStellenehmen–vermutlich,weilesalternativeGelegenheitenfürden
EinstiegindenArbeitsmarktgibt.
EinegrößereBedeutungalsinderPrivatwirtschafthabenbefristeteArbeitsverhältnisseundderen
ErneuerungimöffentlichenDienst,insbesondereimkulturellen,sozialenundwissenschaftlichen
Bereich, wo allerdings auch projektbezogen finanzierte Arbeit und Qualifikationsphasen eine
wichtigeRollespielen(Bellmann/Fischer/Hohendanner2009).ZwaristderBestandvonbefriste-
tenArbeitsverträgenmit6ProzentgeringeralsbeisozialenoderpersonenbezogenenDienstleis-
tungen.NeueinstellungenwerdenallerdingszuzweiDrittelnüberbefristeteVerträgegeregelt,die
ÜbernahmequotebeträgtlediglicheinViertelundmehralseinDrittelallerArbeitsverhältnisse
wirdbeendet,weilbefristeteVerträgeauslaufen.DieshängtauchmitdemimöffentlichenBereich
besondersausgeprägtenBestandsschutzfürunbefristetBeschäftigtezusammen(Tabelle1).
Atypische Beschäftigung im internationalen Vergleich
Quelle: Europäische Kommission, Compendium November 2009.
Abbildung 8: Übergänge arbeitslos-befristet von 2006 auf 2007 in Prozent
28
25 24
23 23
21
18 18 18 18
16
12 11
10 9
8 8 8 8
5 5
2
0
5
10
15
20
25
30
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Mal
ta
Slow
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Estla
nd
19
VordemHintergrundderhiervorgestelltenDatenlässtsichinDeutschlandwedervoneinervergleichsweisehohen
noch von einer stark zunehmendenVerbreitung befristeterArbeitsverhältnisse sprechen.Da dieVertragsform
überwiegendderAusbildungundErprobungvonArbeitnehmernamAnfangdesBerufslebensdient,solltevon
einerundifferenziertenProblematisierungabgesehenwerden.
3.3 Zeitarbeit
DieEntwicklunginderRegulierungvonZeitarbeitentsprichtinvielenLänderndemweiterobenbeschriebenen
MusterderFlexibilisierungamRanddesArbeitsmarktes.Deutschlandhatdabeiseit1995einestarkeLiberalisie-
rungdurchlaufen,dienurvondensüdeuropäischenLändernübertroffenwird.DeutlicheDeregulierungstendenzen
sindzudemindenNiederlanden,JapanundKoreazubeobachten(Abbildung9).InDänemarkistZeitarbeiteben-
fallsdeutlichflexibilisiertworden,allerdingsbereitsseit1994(von4auf0,5),sodassdiestarkeVeränderungin
derAbbildungnichterscheint.NurwenigeLänderhabendieRegulierungerhöht,innennenswertemAusmaßnur
Polen.
Atypische Beschäftigung im internationalen Vergleich
Tabelle 1: Bedeutung befristeter Verträge in Deutschland nach Sektoren (2006)
Anteil befristeter Verträge an allen
Beschäftigten in %
Anteil an Neueinstellungen
in %
Übernahmen aus befristeten Verträgen
(in % aller Abgänge aus befristeter Beschäftigung)
Beendigung des Arbeitsverhältnisses
durch Auslaufen befristeter Verträge
(% aller Beendigungen)
Produzierendes Gewerbe
4 40 59 17
Produktionsbezogene Dienstleistungen
7 37 48 12
Distributive Dienstleistungen
4 35 62 8
Personenbezogene Dienstleistungen
8 38 40 14
Soziale Dienstleistungen
12 65 31 34
Öffentliche Verwaltung
6 67 24 36
Quelle: Bellmann/Fischer/Hohendanner 2009.
20
AndersalsdieReformtendenzenunddiegegenwärtigeöffentlicheDiskussionvermutenlassen,
ist die Zeitarbeit in denmeistenArbeitsmärktennur von geringerBedeutung (Abbildung10),
wobeiderTrendhäufigallerdingslangfristigaufeinestärkereDurchdringungdesArbeitsmarktes
gerichtetist.InkeinemLandsindjedoch,gemesseninVollzeitäquivalenten,mehralsfünfProzent
derArbeitskräfteinZeitarbeittätig,wobeiGroßbritannieninnerhalbEuropasmit4,8Prozentvor
denNiederlandenmit2,8ProzentdeutlichanderSpitzeliegt.DiemeistenLänderweisensogar
wenigeralszweiProzentZeitarbeitskräfteauf.WenngleichfürDeutschlandindenvergangenen
JahreneinedeutlicheSteigerungzuverzeichnenist,hatdieseinsgesamtaufniedrigemNiveau
stattgefunden.Deutschlandliegtmit1,6ProzentunauffälligimmittlerenBereich(CIETT2009).
DiegeringeInanspruchnahmekönnteauchdamitzusammenhängen,dassdemEinsatzvonZeit-
arbeitüberalldortGrenzengesetztsind,wosichderTransfervonWissenalsschwierigerweist
undbetriebsspezifischesHumankapitalerforderlichist.Daheristzuvermuten,dassZeitarbeits-
kräftevornehmlichalsErgänzungzuStammbelegschaften,inspeziellenBereichenohnegroßen
EinarbeitungsaufwandoderzurErprobungvonPersonaleingesetztwerden.
Atypische Beschäftigung im internationalen Vergleich
Quellen: OECD, Venn 2009.
Abbildung 9: OECD-Indikator für die Strenge der Regulierung der Zeitarbeit (2008 und Veränderung seit 1995)
Anmerkung: Skala von 0 bis 6; 0: sehr flexibel, 6: sehr restriktiv.
2008 Veränderung seit 1995
– 4
– 2
0
2
4
6
Mex
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5,5 5,5
4,0 3,8
2,8 2,5 2,5 2,5 2,1 2,0 1,8 1,8 1,6 1,5 1,3 1,0 1,0 1,0 1,0 1,0
0,5 0,5 0,5 0,5 0,5 0,5 0,5 0,5
– 0,3 – 0,3 – 0,8
2,0
– 2,0 – 1,6
– 3,5
– 1,8
– 3,8
–1,6 –1,6
0,5 0,5 0,5
– 0,5
21
DeutschlandhatalsobeiderNutzungderArbeitnehmerüberlassungeinenMittelfeldplatzinne,
wobeizubeachtenist,dassdieBeschäftigungsformindeneinzelnenLändernunterschiedlichge-
nutztwird.DieszeigtsichschonbeidersektoralenVerteilung(Abbildung11).Improduzierenden
GewerbeweistDeutschlanddemnacheinen iminternationalenVergleichsehrhohenAnteilan
Zeitarbeitern auf,währendder imGesamtarbeitsmarktmittlerweileklardominierendeDienst-
leistungssektordeutlichunterrepräsentiertist.BeiZeitarbeiternhandeltessichinderRegelum
männliches,gewerblichtätigesPersonalohneweiterdefiniertenTätigkeitsschwerpunktundein-
schlägigeformaleQualifikation.ImGefolgederletztenLiberalisierungsschrittewurdenachdem
WegfallderÜberlassungshöchstdauerdieMöglichkeitgeschaffen,Zeitarbeiterohnevorabdefi-
nierteFristindenBetriebeneinzusetzen.DadieTarifverträgederZeitarbeitinDeutschlandjedoch
eineEntlohnungdeutlichunterhalbderjenigenetwainderMetall-undElektroindustrievorsehen,
könnenArbeitgeberdamitihreRandbelegschaftengünstigerbeschäftigtenalsdasStammperso-
nal.MithinzeigtsichauchhiereineUngleichverteilungderRisikenundFlexibilitätszumutungen
zuLastendieseratypischBeschäftigten.
Atypische Beschäftigung im internationalen Vergleich
Quelle: CIETT 2009.
Abbildung 10: Anteil der Zeitarbeit (in Vollzeitäquivalenten) an der aktiven Erwerbsbevölkerung in ausgewählten Ländern (2007 und Entwicklung seit 2000), in Prozent
2007 Entwicklung seit 2000
– 1
0
1
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3
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n
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k
Span
ien
1,3
2,8
4,8
2,5 2,42,2 2,1 2,0
1,7 1,7 1,6 1,51,3
1,1 1,0 1,0 0,9 0,8 0,81,0
0,50,5 0,50,20,2
0,8
0,3
0,70,70,70,70,50,5
– 0,1– 0,1
22
WasdieStabilitätvonZeitarbeitsjobsunddieChanceaufÜbergangineinereguläreBeschäftigung
angeht, sozeigenStudien fürDeutschlandzumeinen,dassZeitarbeitnichtalseineselbstver-
ständlicheBrücke instabilereBeschäftigungsverhältnisseanzusehen ist.DieTätigkeit füreine
ZeitarbeitsfirmaerhöhtnichtpersedieChanceaufeineandereArtderBeschäftigung(Kvasnicka
2008). Zumanderen zeigenUntersuchungen, dass die Zeitarbeitmittlerweile eher als einBe-
schäftigungssegmentmiteigenerLogikverstandenwerdenmuss,wobeieinepolarisierteStruktur
zubeobachtenist.DabeigibtesaufdereinenSeiterechtlangeVerweildauerninZeitarbeitmit
entsprechendlangenVerleihzeiten–etwaalsquasidauerhafteingesetztesPersonalinderver-
arbeitendenIndustrie,dasnurinschwerenKrisensituationenbevorzugtabgebautwird.Aufder
anderenSeiteistdieZeitarbeitinDeutschlandauchhäufigvonsehrkurzenBeschäftigungsdauern
geprägt,dievonPhasenderNichterwerbstätigkeitunterbrochenwerden.Auchinsofernistdiese
BeschäftigungsformkeinKönigsweg fürdieEingliederungvonNichterwerbstätigen indenAr-
beitsmarkt(Brenke/Eichhorst2008).
Dabei stehen einfacheProduktions- undHilfstätigkeiten imgewerblichenBereich ohnebeson-
derenTätigkeitsschwerpunktundspezifischeQualifikationsanforderungenimVordergrund.Die
gegenwärtigeRegelunginDeutschlanderlaubtjedochdieprinzipiellunbefristeteArbeitnehmer-
überlassung in einen Betrieb,wobei die Zeitarbeitnehmer ähnliche oder gleichartige Tätigkei-
ten wie die Stammbelegschaften ausführen. Allerdings unterliegen Löhne, Arbeitszeiten und
Atypische Beschäftigung im internationalen Vergleich
Quelle: CIETT 2009.
Abbildung 11: Sektorale Verteilung der Zeitarbeit in ausgewählten Ländern, 2007
Produktion Dienstleistungen Sonstige (u.a. Baugewerbe, Landwirtschaft, öffentliche Verwaltung)
Japan
Norwegen
Griechenland
Südkorea
Niederlande
Großbritannien
Spanien
Schweden
Tschechien
Frankreich
Italien
Ungarn
Polen
Belgien
Deutschland
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100Prozent
8
11
12
13
17
22
30
34
44
46
46
51
60
60
65
8
65
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46
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31
32
41
35
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37
29
84
24
28
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37
24
10
8
25
22
13
14
10
3
6
23
ArbeitsbedingungenderZeitarbeitnehmereinemanderenTarifvertrag,weshalbeinerhebliches
LohndifferenzialzwischenZeitarbeitundKernbelegschaftenauchbeivergleichbarerTätigkeitund
Arbeitseinsatzbesteht.DerGrundsatzderGleichbehandlunggilt indenmeisteneuropäischen
Staaten,teilweiseunterdemVorbehalteinerAbweichungnachTarifvertrag,teilweiseunbedingt:
SobeispielsweiseinFrankreich,woZeitarbeiternebendemgleichenLohnvergleichbarerStamm-
arbeitskräftezusätzlicheinePrämieinHöhevon10ProzentderLohnsumme(sogenannte„Preka-
ritätsprämie“)erhalten.DiesePrämieentfällt,wennimAnschlusseineunbefristeteBeschäftigung
beimEntleihereingegangenwird.HinzukommtdieVerpflichtungderArbeitgeberzueinerUm-
langefürdieWeiterbildungvonZeitarbeitskräften(Vanselow/Weinkopf2009).
3.4 Selbstständigkeit und freiberufliche Tätigkeit
AlsweiterealternativeBeschäftigungsformstehtdieselbstständigeErwerbstätigkeitzurVerfü-
gung. Sie ist außerhalbwichtiger Regulierungsbereichewie Kündigungsschutz, Tarifverträgen
oderMindestlohnregelungenangesiedeltundbietetdeshalbbesondereFlexibilitätsspielräume,
aberauchRisiken.InvielenStaatenistdieSelbstständigkeitauchnichtvonderallgemeinenSozi-
Atypische Beschäftigung im internationalen Vergleich
Quelle: Eurostat.
Abbildung 12: Anteil der Selbstständigen (außerhalb der Landwirtschaft) in Prozent, 2008 und Veränderung seit 2001 in Prozentpunkten
2008 Differenz zu 2001
– 2
0
2
4
6
8
10
12
14
16
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15,6
14,1
11,4 10,5
9,9 9,7 9,4 8,8
8,0 8,0 7,2
6,4 6,1 5,7 5,5
4,9 4,4 4,3 4,1 4,0 3,8
3,5 3,0
5,4
0,0
1,6
– 1,2
4,5
1,5
– 0,6 – 1,2
– 0,1
1,6 0,8
0,2 0,9
– 0,8
1,2 1,3 0,7
1,6
0,2 1,1 1,2
0,7 1,1 1,2
24
alversicherungabgedeckt,sondern–zumindestinbestimmtenProfessionen–vonberufsspezifi-
schenSicherungssystemen.Abbildung12zeigt,dassesimlaufendenJahrzehntinvielenLändern
eineZunahmevonSelbstständigkeitgegebenhat.DiesistauchfürDeutschlandderFall,woihr
Anteil2008bei5,5Prozentlag.
BesonderesAugenmerk istdabeiauf „neueSelbstständige“zu legen,dieaußerhalbetablierter
freier Berufemit eigenständigenSicherungssystemen (z.B.Ärzte, Rechtsanwälte,Notare) tätig
sind.DiestarkeZunahmedieserBeschäftigtengruppeistvorallemaufdasWachstumdesDienst-
leistungssektors, aber auch auf Trends wie „Outsourcing“ und „Franchising“ zurückzuführen
(SchulzeBuschoff/Schmidt2009).StarkeZuwächsewarenindenletztenJahrenzumBeispielin
derKreativwirtschaft,inIT-Dienstleistungenoderauchimpublizistischenoderwissenschaftlichen
Bereichzuverzeichnen.DabeihandeltessichinderRegelumselbstständigtätige„Freelancer“
ohneAngestellte. IndiesenBereichendominierenverschiedeneFormenatypischerabhängiger
BeschäftigungwiePraktikaundVolontariatesowiedieselbstständigeTätigkeitohneAngestellte,
wobeierheblicheEinkommensunterschiedeund–damitverbunden–eineunvollständigesoziale
Absicherungzubeobachtensind(Manske/Merkel2009,Mundelius2009).
Zum Beispiel sind in Deutschland „Solo-Selbstständige“ (Selbständige ohne Angestellte) nicht
systematischvonderArbeitslosenversicherungabgedeckt.DieseGruppestelltmittlerweile im-
merhinetwadieHälftederSelbstständigen(SchulzeBuschoff/Schmidt2009).Nurwenninden
letzten zwei Jahren vorAufnahmeder selbstständigenTätigkeit über insgesamt zwölfMonate
eine abhängige Beschäftigung bestanden hat oder Arbeitslosengeld bezogen wurde, kann die
freiwilligeWeiterversicherunggewähltwerden.VoraussetzungisteinewöchentlicheArbeitszeit
vonmindestens15Stunden.DiegesetzlicheGrundlagefürdiefreiwilligeWeiterversicherungvon
Selbstständigenläuftzudem2011aus.
InanderenLänderngeltengroßzügigereRegelungen.AlspositivesBeispielkannÖsterreichgelten.
ImGegensatzzuDeutschlandhatesdensozialversicherungsrechtlichenStatusvonSelbstständi-
gen,dieineinerquasi-abhängigenBeschäftigungstehen,substanziellverbessert.Seit2008sind
„freieDienstnehmer“(Quasi-Arbeitnehmer)anderenBeschäftigtenweitgehendgleichgestellt,da
siederVersicherungspflichtunterliegen(mitBeiträgendesQuasi-Arbeitgebers)sowieAnspruch
aufAbfindungszahlungen,KrankengeldundMutterschutzhaben.ZudemhabenSelbstständige
dortseit2009prinzipielldasRecht,derArbeitslosenversicherungbeizutreten.Darüberhinaus
gewährenvorallemuniversalistischeLänder,wieDänemarkoderSchweden,Solo-Selbstständigen
umfassenderenZugangzumSozialversicherungssystem(SchulzeBuschoff2007).
3.5 Marginale Teilzeit, Minijobs
TeilzeitarbeitkannnichtgenerelldemRanddesArbeitsmarkteszugerechnetwerden,daTeilzeit,
insbesonderesolchemitmittlererundhöhererAnzahlanWochenstunden,oftlangfristigangelegt
undsozialabgesichertist.AndersisteinemarginaleTeilzeitarbeitmitgeringerStundenzahloder
Atypische Beschäftigung im internationalen Vergleich
25
niedrigenBruttostundenlöhnenzubewerten.ImdeutschenArrangementdes„Minijobs“führtdie
Steuer-undAbgabenfreiheitderBeschäftigteninderPraxiszueinerÜberwälzungdesKosten-
vorteilsaufdieArbeitgeberunddamitzueinemüberproportionalhohenAnteilanMinijob-Be-
schäftigtenmitniedrigenBruttostundenlöhnen.DiesesModellfindetinverschiedenenBereichen
des arbeitsintensiven privatenDienstleistungssektorsAnwendung und etabliert einen Bereich
außerhalboderunterhalbvonTariflöhnen.MinijobskönnenaufgrundihresgeringenArbeitszeit-
undVerdienstumfangesprinzipiellnichtalsExistenzsicherndangesehenwerden.Diesegeringen
ArbeitseinkommenausderTeilzeittätigkeitwerdenmitanderenEinkommensartenkombiniert,
mit einemHauptverdienst,mitPartnereinkommenoderSozialtransfers.WährenddieMinijobs
ausSicht derBeschäftigten eineErgänzung andererEinkünfte darstellen, erlauben sie es aus
SichtderArbeitgeber,dieBruttolöhneunddamitdieArbeitskostenzusenken.Damitstellendie
Minijobseine–wenngleichsuboptimale–Teillösung fürdasProblemhoherArbeitskosten im
Dienstleistungssektordar.SiesinddamitaucheineinternationaleBesonderheitundmitgeringen
Aufstiegschancenverbunden(Freier/Steiner2008).ÜberdiesunterminierenMinijobsdieFinan-
zierungdesSozialversicherungssystemsundtragenverstärktzuseinenProblemenbei,stattzu
entlasten.
Atypische Beschäftigung im internationalen Vergleich
Quelle: Eurostat.
Abbildung 13: Anteil der Beschäftigten mit Zweitjobs an allen Beschäftigten, in Prozent, 2008 und Veränderung seit 2001
2008 Differenz zu 2001
– 10
– 5
0
5
10
Isla
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Swed
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Ung
arn
Slow
akei
Bulg
arie
n
10,0 9,7 8,7 8,3
7,6 7,6 7,4 7,0
6,2 5,2 5,1
4,5 4,5 4,3 3,9 3,8 3,8 3,7 3,5 3,4 3,3 3,2 3,2 3,0 2,7 2,6 2,1 1,9 1,8 1,6 1,1 0,8
– 8,5
– 0,8 – 1,3
1,0
– 1,1
1,5 0,4 0,4
1,2
– 2,3
– 0,5 – 0,6
0,8
– 1,1 – 0,5
0,1 1,2 1,3
0,2
– 1,3 – 2,3
– 0,1
0,8 0,7 0,9 0,6
– 0,9 0,0
0,3
– 0,3
26
IminternationalenVergleichliegtderAnteilderErwerbstätigenmitZweitjobsinDeutschlandmit
knappvierProzentimmittlerenBereich,wobeijedochseit2001einrechtdeutlicherAnstiegvon
Nebentätigkeitenzubeobachtenist(Brenke2009).DieshatvorallemmitdererneutenZulassung
vonNebentätigkeitenalsabgabenfreieMinijobsimJahr2003zutun.WesentlichhöhereQuoten
vonErwerbstätigenmitNebentätigkeitenfindensichindenskandinavischenStaaten,derSchweiz,
PolenunddenNiederlandenmitmehralssiebenProzent.DieHäufigkeitvonNebentätigkeitenin
LändernmitausgebautenSozialsystemenundTarif-undMindestlohnsystemensprichtdafür,dass
eshiernichtinersterLiniedarumgeht,sehrniedrigeLöhneimerstenJobaufzubessern,sondern
dasHaushaltseinkommen,dasgemeinsammitdemPartnererwirtschaftetwird,zuerhöhen.
3.6 Muster der Flexibilität nach Wirtschaftszweigen
InsgesamtunterscheidensichinDeutschlandjenachSektorundTätigkeitsowohldieBedeutung
deratypischenBeschäftigungsverhältnissealsauchdiejeweilsamstärkstengenutztenFormen
nicht standardisierter Arbeitsverhältnisse. Das Instrument der Zeitarbeit wird beispielsweise
inDeutschlandnuringeringemUmfanginanderenBranchenalsderverarbeitendenIndustrie
eingesetzt(Tabelle2).DaindiesemSektorbetriebsinterneFlexibilitäteinebesondersgroßeBe-
Atypische Beschäftigung im internationalen Vergleich
Tabelle 2: Einsatz verschiedener Beschäftigungsformen nach Sektoren in Deutschland
Soz. vers.
Besch.Teilzeit Minijobs
Befris-tungen
Freie Mitar-beit
PraktikaZeitar-
beit
Ein-Euro-Jobs
Produzierendes Gewerbe
84 11 6 4 1 1 3 0
Unternehmensnahe Dienstleistungen
74 26 13 7 4 2 1 0
Handel, Verkehr
74 28 15 4 1 2 1 0
Erziehung, Gesund-heit, Kultur, Verbände
72 41 11 12 3 3 0 4
Öffentliche Verwaltung
63 27 3 6 1 1 0 3
Personenbezogene Dienstleistungen
57 37 26 8 3 2 0 2
Quelle: Bellmann/Fischer/Hohendanner 2009.
27
deutunghat,stelltZeitarbeitdasamweitestenverbreiteteElementextern-numerischerflexibilität
dar,mitderdieBelegschaftenauchzahlenmäßigangepasstwerdenkönnen.DieanderenWirt-
schaftszweigenutzenstärkeralternativeFlexibilitätsmöglichkeitenwiebefristeteArbeitsverträge,
Minijobs, Teilzeitarbeit, freieMitarbeit, Praktika oder selbstständige Tätigkeiten.Während im
öffentlichenBereichnebensozialversicherungspflichtigerTeilzeitarbeitauchbefristeteArbeitsver-
hältnisseeinebesondereRollespielen,dominiereninprivatenDienstleistungsfeldernMinijobs.
DieNutzung verschiedener Flexibilitätsformen variiert starknachSektoren (Tabelle 3 und4),
wieanhanddesdeutschenBeispielsgezeigtwerdenkann.DieseMustersindjedochauchinan-
derenLändernanzutreffen,wieAbbildung14(aufS.30)zeigt.Tabelle3unterscheidetzwischen
verarbeitender IndustrieundetabliertenDienstleistungsbereichenaufdereinenSeiteundden
sichdynamischerentwickelndenSegmentendesDienstleistungssektorsaufderanderenSeite.
BeiletzterenisthinsichtlichderQualifikationsstrukturzuunterscheiden.SiereichtvonBranchen,
in denen vorwiegend ungelernte Tätigkeiten ausreichen bis zu solchen, dieHochschulbildung
voraussetzen.
Sowohl inder Industriealsauch inBanken,Versicherungenund imöffentlichenDienstdomi-
nierensektor-oderbetriebsspezifischeQualifikationenmiteinemhohenAnteilanPersonenmit
einem dualenAusbildungsabschluss. Deren Beschäftigungsverhältnisse sind zu einem großen
TeilauflängereSichtangelegt,vomKündigungsschutzerfasstundvonTarifverträgenabgedeckt,
sodassdieLohnspreizunggeringausfällt.InterneFlexibilitätüberArbeitszeitisthierbesonders
ausgeprägt.AtypischeBeschäftigungspieltindiesenBereicheneinezwarbegrenzte,aberdurch-
ausbemerkenswerteRolle,wieetwadieZeitarbeitimRahmenderindustriellenProduktionund
befristeteBeschäftigungsowie–sozialabgesicherteundoftaufDauerangelegte–Teilzeitarbeit
indenDienstleistungen.
DieSituationsiehtindenbeidendynamischerenTeilsegmentendesDienstleistungssektorsfunda-
mentalandersaus.ImBereichderhochqualifiziertenDienstleistungenwieIT,MedienundKrea-
tivwirtschaftdominierenübertragbare,professionsbezogeneKenntnisseundFertigkeiten,oftmit
akademischemHintergrund.DualeAbschlüssespielenhiereinevergleichsweisegeringeRolle.
Kündigungsschutz und Tarifverträge regulieren diesen Sektor, der eher von projektbezogenen
Tätigkeitendominiertwird,kaum.DiesgehtmiteinemhöherenAnteilanSelbstständigenund
anderenFormenatypischerBeschäftigungsowiemiteinemhöherenMaßanexternerFlexibili-
tätundLohnspreizungeinher.ÄhnlichesgiltfürdieDienstleistungsbereichemitgeringenoder
mittlerenQualifikationsanforderungen,wobeihierwenigerdieSelbstständigkeitalsvielmehrdie
marginaleTeilzeittätigkeitnebenbefristetenArbeitsverträgenundsozialversicherterTeilzeitarbeit
einewichtigeRollespielt.ExterneundLohnflexibilitätsindalsoindendynamischerenBereichen
desDienstleistungssektorsstärkerausgeprägtalsimklassischenKernbereichdesdeutschenAr-
beitsmarktes.
Atypische Beschäftigung im internationalen Vergleich
28
Atypische Beschäftigung im internationalen Vergleich
Tabelle 3: Struktur der Flexibilitätsformen und Randsegmente nach Branchen in Deutschland
Verarbeitende Industrie
Etablierte Dienstleis-tungsbereiche
Wachsendes Segment
hochqualifizierter Dienstleistungen
Wachsendes Segment von
Dienstleistungen mit mittleren oder
niedrigen Qualifikati-onsanforderungen
BeispieleMetall- und
Elektroindustrie, Maschinenbau
Banken und Versicherungen,
öffentlicher Dienst
IT, Medien, Kreativwirtschaft
Reinigung, Callcenter, Gastgewerbe
Qualifikationen sektor- oder betriebsspezifischübertragbar, profes-sionsbezogen, oft
akademisch
übertragbar, oft ad hoc, begrenzt
Anteil der Absol-venten des dualen
Ausbildungssystemshoch
niedrig (mit Ausnahme von Routine- und Verwaltungsaufgaben), mit der
Konsolidierung der Sektoren wachsend
Weiterbildung begrenzt
überwiegend als Investition in eigene
Beschäftigungs-fähigkeit
eher informell, „on the job”
KündigungsschutzHauptelement,
hoher Anteil unbefristeter Arbeitsverträgebegrenzt
Betriebszugehörigkeit eher langeher kurz,
viele Selbstständigeeher kurz
Lohnbildung überwiegend über Flächentarifvertrag Einzelverträge, einige Tarifverträge
Lohnspreizung begrenzt groß groß
Anteil atypischer Beschäftigung
gering groß groß
Hauptform atypischer Beschäftigung
Zeitarbeitbefristete Beschäfti-
gung und Teilzeit
befristete Beschäftigung, Praktikanten,
Trainees, Freelancer
Teilzeit, Minijobs, befristete
Beschäftigung
Flexibilität eher intern eher extern
Quelle: Eichhorst/Marx 2009.
29
Das deutsche Muster einer sektoral variierenden Beschäftigungsstruktur findet sich auch in
NachbarländernmiteinemvergleichbareninstitutionellenGefügewieder.Auchindenanderen
relativstarkreguliertenkontinentaleuropäischenLändern istderprivateDienstleistungssektor
überproportional von atypischer Beschäftigung betroffen,während traditionelle Bereiche nach
wievorrelativhomogensind.OffenbarsinddieInstitutionendes„Normalarbeitsverhältnisses“,
diesichinvielenLändernvordemHintergrundeinerindustriellgeprägtenNachkriegswirtschaft
entwickelthaben,nurbedingtaufdentertiärenSektorübertragbar.IneinigenBereichen,dieeine
Berufsausbildungvoraussetzen(z.B.kaufmännischeBerufe),sindunbefristeteStellennochdie
Regel, allerdingsmit einerhöherenTeilzeitquote.Vor allembeiDienstleistungenmit geringer
Atypische Beschäftigung im internationalen Vergleich
Tabelle 4: Strukturmerkmale von Tätigkeitsfeldern, 2007
Anteil der weiblichen
Beschäftigten in %
Anteil der öffentlich
Beschäftigten in %
Durchschnitt-liche Betriebszu-
gehörigkeit in Jahren
Anteil der unbefristeten
Vollzeit-Beschäf-tigten in %
Anteil der gering entlohnten
Beschäftigten
Friseure und Kosmetiker
90 2 8,2 14 58
Gesundheits-dienstleistungen
88 37 10,4 43 28
Soziale Dienstleistungen
84 57 8,2 42 21
Gastgewerbe 82 23 6,1 24 68
Kreativwirtschaft 76 5 4 20 70
Beratungsbranche 51 10 8,6 67 7
Banken & Versicherungen
46 25 12,4 61 11
IT Dienstleistungen 23 11 8,6 67 7
Ingenieur 23 16 11,1 79 9
Metallarbeiter 12 6 11,3 71 22
Elektriker 6 9 11,1 72 22
Gesamt 49 25 10 54 25
Quelle: Eichhorst/Marx 2009 auf der Basis des SOEP.
30
ProduktivitätneigenAkteureaberdazu,wiederdeutscheFallzeigt,RegulierungenundLohnne-
benkostenzuumgehen.DieentsprechendenStrategienunterscheidensich jedochdeutlichvon
LandzuLandundsindvomjeweiligeninstitutionellenSpielraumbeeinflusst.InArbeitsmärkten
mit allgemeingültigenMindestlöhnen ist etwa die deutsche Tendenz, einenNiedriglohnsektor
übermarginale Teilzeit zu schaffen, nichtmöglich. Dies betrifft vor allem Frankreich,wo der
Mindestlohnrelativhochist,aberzumBeispielauchBelgienunddieNiederlande.Hierwerdenals
FlexibilitätsquellevergleichsweisevielebefristeteVerträgemitkurzerLaufzeitimprivatenDienst-
leistungsbereich eingesetzt. SowirdderKündigungsschutzumgangen,und so entfallendamit
zusammenhängendeEntlassungs-undWiedereinstellungskosten.UnterdendeutschenNachbarn
fälltÖsterreichalspositivesBeispielmiteinervergleichsweisehomogenensektoralenVerteilung
auf.EinerseitshatdasLandweitreichendeAnstrengungenunternommen,atypischeBeschäfti-
gungzure-regulieren(mitAusnahmedervorallemimDienstleistungsbereichweitverbreiteten
marginalenTeilzeit,dieaußerhalbderSozialversicherungsteht).AndererseitskannÖsterreich
Atypische Beschäftigung im internationalen Vergleich
Quelle: European Labour Force Survey, eigene Berechnungen.
Anmerkung: Die Einteilung nach Berufsgruppen erfolgt auf Grundlage der ISCO-88 Klassifizierung (zwei Stellen) und nach dem Modell von Häusermann und Schwander (2010). Ges = Gesamt, Arb = Arbeiter (ISCO 61, 71-83, 92, 93), MDL = mittlere private Dienstleistungen (ISCO 41, 42), GDL = gering qualifizierte private Dienstleistungen (ISCO 51, 52, 91).
Abbildung 14: Atypische Beschäftigung nach Tätigkeiten in kontinentaleuropäischen Ländern (Arbeiter und private Dienst- leistungen), in Prozent, 2007
Unbefristet Vollzeit Marginale Teilzeit Befristet Selbstständig Unbefristet Teilzeit
0%
25%
50%
75%
100%
Ges
.
Arb
.
MD
L
GD
L
Ges
.
Arb
.
MD
L
GD
L
Ges
.
Arb
.
MD
L
GD
L
Ges
.
Arb
.
MD
L
GD
L
Ges
.
Arb
.
MD
L
GD
L
Österreich Belgien Deutschland Frankreich Niederlande
65 74
69
52 61
73 65
43
61
74
63
37
67 68 69
56
45
62
37
27
15 4
23
31 16
6 26
33
14
5 21
27
10 2
19
20
26
11
41
34
14 19
1
5 15 14
3
9 12 11
3
8
11 16
0
2 14 13 2
10
4 3 3 4
7 7 6
11 7 7
7
9
11 13 11
16 10 14
14
15
3 1 4 8
2 0 1 4 6 3
6
19
1 0 1 5 5 1 5
15
31
aufeineTraditionbeschäftigungsorientierterSozialpartnerschaftzurückgreifen,diedieWettbe-
werbsfähigkeitsämtlicherArbeitsplätzeverbesserthat.InsgesamterscheintdasLanddaherals
gutesBeispielfürden„Flexicurity-Ansatz“.Belgienweistebenfallseineeherniedrigesektorale
Spaltungauf.AndersalsinÖsterreichgehtdiesallerdingszuLastenderGesamtbeschäftigung,
führtalsozueinergeringerenAufnahmefähigkeitdesArbeitsmarktes.
3.7 Niedriglohn und „Working Poor“
DieVeränderungeniminternationalenwirtschaftlichenUmfeldkönnenalsbesondersfolgenreich
fürArbeitmitgeringenQualifikationsanforderungenangesehenwerden.TechnologischerWandel
undsteigendeStandortkonkurrenz,diedasVerlagerneinfacherTätigkeiteninsAuslandermögli-
chen,habendenLohndruckaufgeringqualifizierteBeschäftigungerhöht.EinIndikator,indem
sichdieserWandelaufdemdeutschenArbeitsmarktdeutlichausdrückt,istdieLohnungleichheit
bzw.dieEntwicklungdesNiedriglohnbereiches.NachdembisMitteder1990erJahredieLohnun-
gleichheitinDeutschlandnochzurückging,sinddiedarauffolgendenJahrevoneinemdeutlichen
WachstumgeringentlohnterBeschäftigung(unterzweiDritteldesMedianlohns)geprägt.Obwohl
nurfürwenigeLänderinternationalvergleichbareDatenvorhandensind,kannmanaufGrund
dervorliegendenInformationendavonausgehen,dassdieEntwicklunginDeutschlandbesonders
ausgeprägtist.VondeninAbbildung15dargestelltenLändernhatDeutschlandzwischen2000
und2007diegrößteZunahmezuverzeichnen.DamitnähertessichderGruppevonLändernan,
dietypischerweiseeinehoheLohnflexibilitätaufweisen,z.B.Großbritannien,IrlandundKanada.
IndenskandinavischenLändernistdieNiedriglohnquotemittlerweilehingegendeutlichgeringer.
VondiesemTrendzurNiedriglohnbeschäftigungsindinDeutschlandeinigeGruppenüberpropor-
tionalbetroffen,etwaArbeitnehmerohneBerufsabschluss,aberauchFrauen,jüngereArbeitneh-
merundAusländer.WährendderAnteilderFrauenandenNiedriglohnempfängernaberinden
80erund90erJahrenzurückgegangenistunderstimletztenJahrzehntwiederzugenommenhat,
isterbeigeringQualifizierten(von23auf30Prozent)undAusländern(von14auf27Prozent)
durchgängigstarkansteigend(Bosch/Kalina2008).
InsgesamthataberderAnteilvonMännernundFrauenmitniedrigemLohnindenmeistenLän-
dernzwischen2000und2006zugenommen,wobeiFraueninfastallenLändernhäufigerdavon
betroffensind.
Atypische Beschäftigung im internationalen Vergleich
32
Außerdemmussfestgestelltwerden,dasssichdasPhänomender„workingpoor“weitgehendauf
denBereichderTeilzeitbeschränkt.DasVollzeitarbeitsverhältnisisthingegen–trotzeinerleich-
tenZunahmegeringerLöhne-nachwievorindenmeistenFällen„armutsvermeidend“(Andress/
Seeck2007).
Atypische Beschäftigung im internationalen Vergleich
Tabelle 5: Niedriglohnanteile nach Geschlecht im Ländervergleich, in Prozent
Männer FrauenNiedriglohnanteile
von Frauen in Relation zu Männern
2000 2006 2000 2006 2000 2006
Australien 12,1 16,0 (5) 18,9 20,1 1,6 1,3
Kanada 15,6 15,4 31,3 27,5 2 1,8
Dänemark 5,5 8,2 (5) 14,1 16,3 2,6 2
Finnland 4,6 (2) 4,6 (4) 9,5 9,6 2,1 2,1
Frankreich* 11,5 9,2 19,6 16,2 1,7 1,8
Deutschland 6,3 9,2 (5) 24,8 31 3,9 3,4
Ungarn 20,4 24,7 26,5 21,6 1,3 0,9
Irland 13,2 13,9 (4) 25,9 24 2 1,7
Italien 8,9 - 13,4 - 1,5 -
Japan 6,7 8 33,1 33,8 4,9 4,2
Korea 15,6 16,6 48,1 41,9 3,1 2,5
Niederlande 11,1 (1) - 29,2 - 2,6 -
Neuseeland 13,3 12,6 19,1 17,3 1,4 1,4
Polen 15,0 (1) 20,9 (4) 23,6 26,2 1,6 1,3
Spanien 12,0 (3) - 25 - 2,1 -
Schweden 4,3 4,7 (4) 8,9 8,9 2,1 1,9
Großbritannien 14 15,7 31,5 29,1 2,3 1,9
USA 19,3 19,7 (5) 31,7 29,4 1,6 1,5
* Daten für Frankreich aus anderer Quelle (und deshalb nicht vergleichbar), da nicht in der OECD-Datenbasis vorhanden. (1)=Daten 1999. (2)=Daten 2001. (3)=Daten 2002. (4)=Daten 2004. (5)=Daten 2005. Gleiche Jahre für Frauen.
Quelle: Rubery/Grimshaw 2009; OECD Earnings Database; vgl. Bosch/Weinkopf/Kalina 2009.
33
InderEntwicklungderNiedriglohnbeschäftigungtretenauchsektoraleMusterdeutlichzuTage.
Dabeischneiden traditionell starke (aberschrumpfende)Branchendeutlichbesserabalsviele
dynamischwachsendeDienstleistungssektoren. ImproduzierendenGewerbe istderAnteilder
Niedriglöhneseit1980zurückgegangen(von12auf9Prozent),währenderimBaugewerbe(8auf
11Prozent),imTransportwesen(6auf15Prozent)undinpersonenbezogenenDienstleistungen
(29auf32Prozent)gestiegenist(Bosch/Kalina2008).BerufemiteinemsehrhohenNiedriglohn-
anteilsindbeispielsweiseimGastgewerbeoderinderGebäudereinigungzufinden,jeweilsmit
Anteilenvonca.70Prozent(Eichhorst/Marx2009).IminternationalenVergleichistdiegeringe
tariflicheAbdeckungder privatenDienstleistungszweige ohnegesetzlichen oder allgemeinver-
bindlichenMindestlohninVerbindungmiteinemgroßenAnteilgeringfügigerBeschäftigungeiner
derHauptgründefürdieausgeprägteLohnspreizungdesDienstleistungssektorsinDeutschland.
ZunehmendeLückenimTarifgefügeerkläreneinenTeildersteigendenLohnspreizungunddes
wachsendenNiedriglohnsektorsinDeutschland(Dustmann/Ludsteck/Schönberg2009).Diemeis-
tenLänderverfügenübergesetzlicheMindestlöhneoderTarifverträgemithohemAbdeckungs-
gradbzw.Allgemeinverbindlichkeit(Bosch/Weinkopf/Kalina2009).
Atypische Beschäftigung im internationalen Vergleich
Quelle: OECD.
Anmerkung: Werte für 2007 beziehen sich in Schweden und Polen auf 2004, in Deutschland auf 2005, in Belgien und Ungarn auf 2006. Werte für 2000 beziehen sich in Polen und Finnland auf 2001 und fehlen für Österreich und Belgien.
Abbildung 15: Anteil der Niedriglohnbeschäftigung (unter 2/3 des Medianlohns) 2007 und Veränderung seit 2000, in Prozent
2007 Differenz zu 2000
– 5
0
5
10
15
20
25
Kore
a
USA
Pole
n
Ung
arn
Kana
da
Irlan
d
Gro
ßbrit
anni
en
Deu
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Tsch
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Aus
tral
ien
Japa
n
Neu
seel
and
Dän
emar
k
Finn
land
Schw
eden
Belg
ien
25,6 24,5
23,5 23,1 22,0 21,7
20,5
17,5 16,8 16,2 16,0 15,4
12,9 12,0
7,9 6,4 6,3
1,0
– 0,2
3,0
– 0,3 – 1,2
3,9
0,1
4,6
2,8 1,4
0,8
– 2,7
3,2 3,3
0,3
34
Wiebei anderenMerkmalenprekärerBeschäftigung ist auch beimLohnniveau die Persistenz
bzw.MobilitätfürdieBewertungentscheidend.EinIndikatorhierfürsindÜbergängezwischen
verschiedenenBereichenderLohnverteilung(sogenannten„Dezilen“,alsoAnschnittenderVer-
teilung, die jeweils zehn Prozent umfassen).Hier schneidetDeutschland relativ gut ab, da es
Niedriglohnempfängernhäufigerals inanderenEuropäischenLänderngelingt, ineinehöhere
Gehaltsklassezuwechseln(Tabelle6).DiesgiltfürÜbergängevomerstenzumzweitenDezilder
LohnverteilungsowiefürÜbergängevomzweitenzumdrittenundvomdrittenzumviertenDezil.
AnderssiehtdasBildbeiÜbergängenaus,beidemeinDezilübersprungenwird(ersteszudrittes,
zweiteszuviertes,dritteszufünftesDezil).HiernimmtDeutschlandjeweilseinenunterenPlatzim
europäischenVergleichein.DemnachgibteshierzulandezwardurchauseineAufwärtsmobilität
Atypische Beschäftigung im internationalen Vergleich
Tabelle 6: Übergänge zwischen verschiedenen Dezilen der Lohnverteilung (2006 zu 2007)
D1 zu D2 D1 zu D3-10 D2 zu D3 D2 zu D4-10 D3 zu D4 D3 zu D5-10
Schweden 22 23 17 23 16 18
Belgien 21 19 20 24 19 25
Italien 20 30 21 17 23 20
Spanien 19 34 19 31 20 34
Zypern 18 7 20 10 21 10
Lettland 18 36 17 25 16 23
Ungarn 18 33 22 29 15 26
Frankreich 17 18 19 20 22 29
Tschechien 16 18 18 20 18 20
Deutschland 16 9 18 14 17 14
Estland 16 22 16 20 16 20
Luxemburg 16 15 15 17 17 9
Finnland 16 17 19 19 8 21
Österreich 14 27 15 20 20 23
Slowenien 14 31 21 13 16 13
Niederlande 13 16 18 5 19 9
Malta 12 22 22 23 22 27
Großbritannien 11 28 15 14 17 10
Slowakei 10 38 18 19 15 21
Litauen 9 24 17 25 14 17
Polen 9 12 16 21 18 20
Portugal 8 26 20 22 19 13
Quelle: Europäische Kommission, Compendium November 2009.
35
imBereichderLöhne,größereSprüngesindaberrelativselten.Diesbedeutet,starkvereinfacht,
dassMobilitäteherinnerhalbdesNiedriglohnbereichesalsüberseineGrenzehinwegstattfindet.
AllerdingsmüssendiehierverwendetenDatenmitZurückhaltunginterpretiertwerden,dasie
eineMomentaufnahmeabbilden(Übergänge2006zu2007),fürandereZeitpunktenichtunbe-
dingtrobustsindundkeineRückschlüsseüberlängerfristigeMobilitätsmusterzulassen.
Mindest-undKombilöhnegeltenalswichtigeRegulierungsmechanismen imgeringentlohnten
und gering produktiven Dienstleistungsbereich. Gesetzliche Mindestlöhne oder allgemeinver-
bindlicheTariflöhnestellenverbindlicheLohnuntergrenzendar.WährendsieaufdereinenSeite
dieEntlohnungssituationderBeschäftigtenverbessernkönnen,geltensieaufderanderenSeite
als problematisch imHinblick aufmögliche Arbeitsplatzverluste. Die Arbeitsmarkteffekte von
Mindestlöhnensindwedertheoretischnochempirischeindeutiggeklärt.Allerdingsüberwiegen
nachwievorStudienmitHinweisenaufnegativeWirkungengegenüberneutralenoderpositiven
BefundenimHinblickaufdieBeschäftigung(Neumark/Wascher2007).
Wichtigbei derBewertungvonMindestlöhnen sinddreiAspekte: dieHöhe imVergleich zum
Durchschnittslohn(Abbildung16),dieArtderFestlegungsowiedieBerücksichtigungvonBrutto-
arbeitskostenundstaatlichenLohnzuschüssen.InGroßbritannienwarenbiszuletztkeineBelege
fürbeschäftigungsschädlicheWirkungendesnationalenMindestlohnesverfügbar - trotz eines
überproportionalenWachstumsindenvergangenenJahren(LowPayCommission2009,Metcalf
2007).FürdieSituationinderaktuellenKriseliegennochkeineStudienvor.
ProblematischeristdieSituationinFrankreich,wohoheLohnnebenkosteneinezusätzlicheBe-
lastungfürArbeitgeberdarstellen.UmdieBeschäftigungimMindestlohnbereichstabilzuhalten,
wird aus Steuermitteln eine Befreiung von Sozialbeiträgen in erheblichemUmfang finanziert.
DamitkonntedieLohnspreizungbegrenztunddieAnzahlderArbeitsplätzestabilisiertwerden–
aberebenaufKostenstaatlicherZuschüsseandieArbeitgeber(vgl.etwaJamet2006).
KombilöhneimRahmeneiner„Makeworkpay“-StrategiengaltenlangeZeitalsKönigswegbeider
ÜberwindungvonLangzeitarbeitslosigkeitundgeringenArbeitsanreizen.Kombilöhnehängenin
ihrerAusprägungundWirksamkeitvomZusammenwirkenmitderLohnfindungunddemSozi-
alleistungssystemab.AufdereinenSeiteführensiezueinerVerminderungderArbeitskosten,
dievondenArbeitgebernzu tragensind.AufderanderenSeitekönnensie fürTransferbezie-
herzueinerVerstärkungderArbeitsanreizeundsomitzurSteigerungderErwerbstätigkeitim
geringentlohntenBereichundgleichzeitigzurVerminderungvon„ArmutinArbeit“beitragen.
KombilöhnespielendeshalbeinezentraleRollebeiderAktivierungvonTransferbeziehern,und
zwarinsbesonderedort,wodieSozialleistungenbeiArbeitslosigkeitehergeringsindundesein
flexiblesSystemderLohnsetzunggibt, also typischerweise imangelsächsischenKontext.Dort
sindbeschäftigungsabhängigeSteuergutschrifteneinzentralesElementderArbeitsmarkt-und
Sozialpolitikmitsowohlbeschäftigungs-alsauchverteilungspolitischerZielsetzung(Immervoll/
Pearson2009).EinallgemeinerMindestlohnvermindert indiesemKontextdieRisiken fürdie
Atypische Beschäftigung im internationalen Vergleich
36
öffentlichenHaushalte.InKontinentaleuropadominierenbeiinsgesamtgroßzügigerenSozialleis-
tungssystemen, höheren Lohnnebenkosten und stärker eingeschränkter Lohnflexibilität arbeit-
geberseitigeSubventionen,soetwainFrankreich,woArbeitgeberbeiträgeinderZoneoberhalb
desMindestlohnesausSteuermittelngetragenwerden.DortistimvergangenenJahrzehnteinin
seinemUmfangbegrenzterarbeitnehmerseitigerKombilohnhinzugetreten,derinseinerWirkung
aber hinter den angelsächsischenMaßnahmen zurückbleibt. Groß angelegte Kombilöhne sind
miterheblichenKostenfürdieöffentlichenHaushalteverbunden,insbesonderedann,wennsie
komplementärzueinemausgebautenSozialleistungssystemhinzutreten.AuchsindinderRegel
negativeArbeitsanreizeaufZweitverdienerundbeachtlicheEinkommenseffekte,diezueinerVer-
minderungderArbeitszeitführenkönnen,zubeobachten(Immervoll/Pearson2009).
MitderMöglichkeit,LeistungenderGrundsicherungnachdemSGBIIdurcheigenesErwerbsein-
kommenaufzustockenodergeringeVerdienstemitdembedürftigkeitsgeprüftenArbeitslosengeld
IIzuergänzen,verfügtDeutschlandübereinengenerellen,leichtzugänglichenundunbefristeten
Kombilohn.DieserhöhtaufdereinenSeitedieNeigung,niedrigeBruttostundenlöhnezuakzeptie-
Atypische Beschäftigung im internationalen Vergleich
Quelle: OECD.
Abbildung 16: Mindestlöhne in Prozent des Medianverdienstes von Vollzeitarbeitnehmern 2007
2007 Differenz zu 2001
0,50 0,50
0,45 0,44 0,44 0,41
0,38 0,38 0,37 0,37 0,35 0,35 0,34 0,34 0,33 0,33 0,33 0,32 0,30 0,30
0,25
0,06
0,02
– 0,05
0,00
– 0,01
0,06 0,05
– 0,03 0,00
0,02 0,02
– 0,04 – 0,03
0,02 0,00 0,00
– 0,02
0,08
0,02 0,00
– 0,02
– 0,1
0,0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
Neu
seel
and
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krei
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Irlan
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land
Gro
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Rum
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Luxe
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Port
ugal
Slow
akei
Kore
a
Japa
n
Tsch
echi
en
USA
37
renundeineErwerbstätigkeitaufzunehmen,aufderanderenSeiteerlaubtdiesaberArbeitgebern
auch,eineLohnsenkungvorzunehmen,ohneeinenMindestlohnbeachtenzumüssen.Dominant
isthierbeidieErwerbstätigkeit imRahmenvonTeilzeitundMinijobs,beidenendieHinzuver-
dienstmöglichkeiten ausgeschöpftwerden (Brenke/Ziemendorff 2008).DieWahrscheinlichkeit,
dassinTeilzeiterwerbstätigeBeziehervonArbeitslosengeldIIdenTransferbezugverlassen,ist
dabeideutlichniedrigeralsbeiinVollzeitbeschäftigtenAufstockern(Bruckmeier/Graf/Rudolph
2007).AlleinüberAnreizezurAufnahmeeinerErwerbstätigkeitkannsomitarbeitsmarktpolitisch
nurwenigerreichtwerden.AndieserStellemusseineAktivierungaufVollzeitbasishinzutreten,
diedieChanceaufdenAbgangausderTransferabhängigkeiterhöht.EinebloßeAnhebungder
HinzuverdienstgrenzenbeimBezug einerGrundsicherungwürde lediglich zu einemgrößeren
Kreis von Aufstockern führen, die den Leistungsbezugmit einer Teilzeittätigkeit kombinieren
oderihreArbeitszeitggf.entsprechendreduzieren.ZusätzlicheAnreizefürdieAusdehnungdes
Arbeitsangeboteswerdendamitnichtgesetzt.DiesistmitMehrausgaben,nichtjedochmiteiner
verbessertenArbeitsmarktintegrationverbunden.
3.8 Aktivierungspolitik
DeutschlandhatmitdenHartz-ReformeneineumfassendeundiminternationalenVergleichbe-
merkenswertweitreichendeWendevonpassiver,sozialpolitischmotivierterArbeitsmarktpolitik
hinzueinerbreitangelegtenAktivierungsstrategievollzogen (Eichhorst/Grienberger-Zingerle/
Konle-Seidl2008,Caliendo2009).DurchdieNeuorientierungderGrundsicherungbeiLangzeitar-
beitslosigkeitoderNichterwerbstätigkeitwurdenerheblichstriktereAnforderungenandenLeis-
tungsbezuggestellt.SowurdeeinekonsequentereAktivierungmitdemZielderBeendigungvon
TransferabhängigkeitundgleichzeitigerVermeidungvonArmutinstitutionalisiert.Weggefallen
istdieamfrüherenLohnausgerichteteArbeitslosenhilfezugunsteneinereinheitlichenLeistung
derGrundsicherungfüralleErwerbsfähigen.GleichwohlbesteheninDeutschlandimMittelwert
fürvierFamilientypenundzweiEinkommensniveaus,welcheinAbbildung17dargestelltwerden,
auchnachdenHartz-ReformennochimmerleichtüberdurchschnittlichgroßzügigeLohnersatz-
leistungen bei längerer Arbeitslosigkeit, wie Abbildung 17 zeigt. Besonders großzügig ist der
deutscheSozialstaatbeiLeistungenderGrundsicherungfürHaushaltemitKindern,insbesondere
beiAlleinerziehenden(Tabelle7).
Atypische Beschäftigung im internationalen Vergleich
38
Atypische Beschäftigung im internationalen Vergleich
Quelle: OECD.
Abbildung 17: Nettolohnersatzraten bei längerer Arbeitslosigkeit, Mittelwerte von vier Familientypen und zwei Einkommensniveaus 2008 und Veränderung zu 2001 in Prozentpunkten
2008 Differenz zu 2001
– 40
– 20
0
20
40
60
80
Nie
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ien
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d
Schw
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Japa
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Finn
land
Öst
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Kana
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Pole
n
Ung
arn
Span
ien
Slow
akei
Port
ugal
Kore
a
USA
Grie
chen
land
Italie
n
71,5 69,5 67,5
63,0 60,3 59,8 57,8 57,0 57,0 56,8 55,8 54,8 54,3 53,5 52,8
48,8 48,5 47,8 44,0 43,0 41,8
36,8 35,8 35,5 33,0
26,8
13,8 13,5 10,8
– 3,5
5,8 6,0
– 7,3
– 1,3 – 5,0 – 4,8
– 10,3
– 22,8
0,5 0,0
– 13,0
– 4,5 – 4,3
0,3
– 4,5 – 8,0
0,8
– 4,8
7,8
– 0,5
– 35,0
1,3
– 7,0
– 0,3 – 1,8 – 0,5
39
Atypische Beschäftigung im internationalen Vergleich
Tabelle 7: Nettolohnersatzraten bei langer Arbeitslosigkeit nach Haushaltstyp, Mittelwerte von 67 und 100 Prozent des Durchschnittsverdienstes, 2008
67 % des Durchschnittsverdienstes
100 % des Durchschnittsverdienstes
Durchschnittalleinstehend, keine Kinder
alleinerziehend, zwei Kinder
alleinstehend, keine Kinder
verheiratet, zwei Verdiener,
zwei Kinder
Niederlande 85 95 61 45 72
Dänemark 79 83 58 58 70
Belgien 69 82 52 67 68
Irland 74 72 54 52 63
Schweiz 69 79 47 46 60
Japan 61 92 42 44 60
Finnland 61 71 44 55 58
Österreich 51 67 51 59 57
Island 58 69 42 59 57
Norwegen 54 88 38 47 57
Luxemburg 58 70 43 52 56
Großbritannien 54 73 38 54 55
Deutschland 48 78 36 55 54
Schweden 63 62 44 45 54
Neuseeland 51 69 35 56 53
Frankreich 49 66 34 46 49
Australien 42 62 30 60 49
Tschechien 42 67 30 52 48
Kanada 32 62 23 59 44
Polen 35 63 24 50 43
Ungarn 30 62 23 52 42
Spanien 32 48 23 44 37
Slowakei 27 49 19 48 36
Portugal 24 54 17 47 36
Korea 22 53 16 41 33
USA 9 40 6 52 27
Griechenland 0 12 0 43 14
Italien 0 0 0 54 14
OECD 46 64 33 52 49
Quelle: OECD.
40
DiesemBildfolgendergebensichrechthohemarginaleBelastungenbeimWechselausderInakti-
vitätbzw.beimWechselvomBezugbedürftigkeitsgeprüfterSozialleistungenderGrundsicherung
ineineErwerbstätigkeit(Abbildung18;Immervoll/Pearson2009).
Dem größeren Umfang sozialstaatlicher Leistungen entsprechen hohe marginale Belastungen
beieinerVeränderungdesBruttoverdienstesbzw.Einkommens,wieTabelle8belegt.Ländermit
hohenNettolohnersatzratenweisen folglich auch überdurchschnittlich hohemarginale Steuer-
sätzeauf.
Atypische Beschäftigung im internationalen Vergleich
Quelle: Immervoll/Pearson 2009.
Abbildung 18: Marginale Steuersätze bei Aufnahme einer Erwerbstätigkeit in Vollzeit mit zwei Dritteln des Durchschnitts- verdienstes, 2005
88
83 78 78
74 74 70
68 68 68 67 65 64 62 62 60 58 57
52
45 44 42
36 31
29 27
19 17
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
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USA
Slow
akei
Italie
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Grie
chen
land
41
Atypische Beschäftigung im internationalen Vergleich
Tabelle 8: Marginale Steuersätze nach Familienstand und Einkommen, in Prozent der Arbeitskosten, 2008
Familientypalleinstehend alleinstehend alleinstehend verheiratet
keine Kinder keine Kinder 2 Kinder 2 Kinder
Einkommensniveau (% des Durchschnitts-einkommens)
67 100 67 100-0
Belgien 66,5 66,5 66,5 66,5
Frankreich 63,2 52,0 57,7 49,1
Deutschland 59,2 54,2 61,1 48,4
Ungarn 58,1 71,5 58,1 71,5
Österreich 57,3 60,0 57,3 60,0
Niederlande 55,5 50,2 56,7 55,2
Finnland 53,9 58,0 53,9 58,0
Italien 53,6 53,6 54,1 54,6
Griechenland 52,1 52,1 52,1 52,1
Tschechien 50,2 50,2 50,2 55,0
Schweden 47,4 63,3 47,4 63,3
Portugal 47,1 47,1 47,1 38,6
Spanien 45,3 48,2 34,0 45,3
Slowakei 44,4 44,4 44,4 44,4
Türkei 44,0 44,0 44,0 44,0
Norwegen 43,1 51,1 43,1 51,1
Dänemark 42,6 49,4 42,6 43,9
Polen 41,9 41,9 33,7 33,7
Luxemburg 41,8 53,1 41,8 37,0
Australien 39,2 35,4 47,2 54,2
Großbritannien 38,8 38,8 73,4 38,8
Island 37,6 37,6 42,2 42,2
USA 34,4 34,4 49,3 49,3
Schweiz 34,3 35,8 27,7 31,7
Kanada 34,2 40,8 56,9 57,0
Irland 31,4 33,2 65,3 33,2
Japan 30,0 34,3 30,0 31,3
Neuseeland 21,0 33,0 21,0 53,0
Korea 20,4 29,9 18,7 29,9
Mexiko 17,5 18,8 17,5 18,8
OECD 43,5 46,1 46,5 47
Quelle: OECD Taxing Wages.
42
EinkommensunterstützungbeilängererArbeitslosigkeitisteinewichtigeKomponentedesSozial-
staates.DiesspiegeltsichauchindeniminternationalenVergleichnachwievorhohenAusgaben
fürpassiveSicherungsleistungenimBudgetderdeutschenArbeitsmarktpolitikwider.Aberauch
bei den aktiven arbeitsmarktpolitischenMaßnahmen sowie in derArbeitsvermittlung undBe-
ratungweistDeutschlandeinesderumfangreichstenSystemeauf.ImRahmenderAktivierung
sindjedochaktiveArbeitsmarktpolitik,ArbeitsvermittlungundBeratunginstärkeremMaßezu
InstrumentenderWiedereingliederungvonStellensuchendenumgeformtworden.Dabei istdie
VerfügbarkeitfürdieArbeitsvermittlung,dieTeilnahmeanMaßnahmensowiedieAnnahmevon
(zumutbaren) Stellenangeboten als Voraussetzung für den Leistungsbezug anzusehen (Konle-
Seidl/Eichhorst2008a,2008b).AllerdingsgibteskeinesystematischvergleichbarenIndikatoren
fürdieIntensitätderAktivierungalssolche.
Atypische Beschäftigung im internationalen Vergleich
Quelle: EUROSTAT.
Abbildung 19: Ausgaben für aktive und passive Arbeitsmarktpolitik in Prozent des BIP (2007)
0,2 0,1
0,4 0,3
0,1 0,1 0,2 0,2 0,2 0,1 0,2 0,0 0,1 0,1 0,0 0,1 0,0 0,1 0,1 0,1 0,1 0,3
0,1 0,1
0,1 0,0 0,0
1,1 1,0
0,7
0,5 0,7 0,6
0,7 0,5
0,9
0,4 0,5
0,4 0,4 0,4
0,4 0,2 0,1 0,1 0,3
0,0 0,1 0,0
0,1
0,1
0,2 0,1
2,0
1,5 1,4
1,6 1,4 1,4
1,2
1,2 0,7
1,1 0,9
0,7 0,5 0,4 0,5
0,4 0,5 0,4 0,2
0,4 0,3 0,2 0,2 0,3 0,1
0,2 0,1
0,0
0,5
1,0
1,5
2,0
2,5
3,0
3,5
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Tsch
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Lett
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Lita
uen
Rum
änie
n
Estla
nd
Ausgaben für passive Arbeitsmarktpolitik Ausgaben für aktive Arbeitsmarktpolitik Ausgaben für Arbeitsmarkt-Dienstleistungen
43
VordiesemHintergrundstellt sichdieFrage, obdieAusrichtunghinzueiner stärkeraktivie-
rendenArbeitsmarktpolitikdiegestecktenZieleerreichenkann.Zunächstistfestzuhalten,dass
sich der Stand der Evaluationsforschung gegenüber der Situation vor einigen Jahren deutlich
weiterentwickelt hat – dies gilt sowohl international (Card/Kluve/Weber 2008, Fromm/Spross
2008,Konle-Seidl2008a,2008b)alsauchbezogenaufDeutschland(vgl.Bernhardetal.2008,
Caliendo2009,Jacobi/Kluve2007).BetrachtetmanzunächstdieaktivenMaßnahmen,solassen
sichfolgendeBefundefesthalten:
1. Lohnkostenzuschüsse für Arbeitgeber haben sich als effektive Instrumente zur Förderung
vonEinstellungenerwiesen.AllerdingsgelingtdiesnurzuvergleichsweisehohenKostenund
unterInkaufnahmeerheblicherVerdrängungs-,Substitutions-undDrehtüreffekte.DieFörde-
rungeinerErwerbstätigkeitdurchSubventionenkanndeshalbnichtmiteinemZugewinnan
ArbeitsplätzeninderGesamtwirtschaftgleichgesetztwerden.
2. DieBewertungöffentlichgeförderterQualifikationsprogrammefälltgemischtaus–mitzahl-
reichen Studien, die zu unterschiedlichen Befunden gelangen. Auf der einen Seite haben
kurzfristigeQualifizierungsprogrammemittlerweileeineguteReputation–auchimZugeeiner
aktivierendenIntervention–aufderanderenSeitegibtesdeutlicheHinweiseauflangfristig
positiveEffekteanspruchsvollererundlängerdauernderQualifizierungsmaßnahmen.
3. BeiderSchaffungöffentlichgeförderterArbeitsgelegenheitenfürschwervermittelbareArbeits-
lose, insbesondereLangzeitarbeitsloseaufeinem“zweitenArbeitsmarkt“,zeigensichinsge-
samtwenigePerspektivenaufEingliederunginreguläreBeschäftigung.Hiertrittdiesozialpo-
litischeFunktionindenVordergrund.
4. Eine besondere Form der aktiven Arbeitsmarktpolitik ist die Kurzarbeit. Sie besteht zwar
inDeutschlandbereitsseit langemundhatinderaktuellenKriseanBedeutunggewonnen.
GleichwohlistsieimGegensatzzudenmeistenanderenInstrumentenderArbeitsmarktpoli-
tiknochniesystematischevaluiertworden.ImFalleeinerUmstrukturierungoderSchließung
einesUnternehmensbestehtmit einerTransfergesellschaft inDeutschlanddieMöglichkeit,
ehemaligeBeschäftigteineineneueBeschäftigungzuvermittelnundentsprechendzuqua-
lifizieren. Transfergesellschaften konnten bislang keine signifikant besseren Ergebnisse als
Vergleichsgruppenerzielen.
5. Geförderte Existenzgründungengehören zudenwirksamsten arbeitsmarktpolitischenMaß-
nahmen,auchimHinblickaufdenlängerfristigenAusstiegausderArbeitslosigkeitunddie
SchaffungzusätzlicherArbeitsplätze(Caliendo/Künn/Wießner2008).
Diese Ergebnisse betreffen überwiegend Studien auf der Individualebene der Basis von Kon-
trollgruppenvergleichen.MakroökonomischeWechselwirkungen,wiedienegativenEffektender
FinanzierungvonArbeitsmarktpolitik,sowieSubstitutions-,Verdrängungs-undMitnahmeeffekte
neutralisierendieWirkungenaufderMikroebenetendenziell.
Atypische Beschäftigung im internationalen Vergleich
44
WährendüberdieWirksamkeitderaktivenArbeitsmarktpolitikinsgesamteinskeptischesUrteil
gefälltwerdenmuss, darf nicht vergessenwerden: Die Reformen der letzten Jahren in vielen
OECD-StaatenhabenzueinerengerenVerknüpfungdesBezugsvonTransferleistungenmitin-
tensiverenBemühungen um eine Stellenvermittlung und derVerpflichtung zurAnnahme von
Jobangeboten,aktivenMaßnahmenundeigenenSuchbemühungengeführt–sowohl in formal-
rechtlicherHinsichtalsauchinderpraktischenHandhabung.ForderndeInterventionen,wiedie
VerpflichtungzumNachweiseigenerStellensuchaktivitätenoderdieVerhängungvonSanktionen,
aberauchdieintensivereBetreuungundVermittlungvonStellensuchenden,könnendieDauer
derArbeitslosigkeitebensoverkürzenwieEinschränkungenbeidenLeistungsansprüchen.For-
derndeMaßnahmenbegünstigendenAbgangausArbeitslosigkeitundverminderntendenziell
Anspruchslöhne(Konle-Seidl/Eichhorst2008a,2008b,Fromm/Spross2008,Mölleretal.2009).
Allerdingsgiltauchhier,dassnichtjedekurzfristigeArbeitsmarktintegrationausderArbeitslo-
sigkeitherausmiteinemsignifikantenRückgangderTransferabhängigkeitaufderMakroebene
einhergeht.EsgibtvielmehrdeutlicheAnzeicheneineshäufigenWiedereintrittsindieArbeitslo-
sigkeitunddenTransferbezugaufgrundeinernurprekären,durchindividuelleHemmnissewie
unzureichendeQualifikationen behinderten Erwerbstätigkeit, beispielsweise inGroßbritannien
(Finn/Schulte2008).Weiterhinistauffällig,dassaktivierendeMaßnahmenineinemLeistungs-
systemtendenziellzuVerschiebungeninandere,wenigerstarkaufAktivierungausgerichteteSo-
zialleistungenführen,etwavonderArbeitslosenversicherungoderderSozialhilfeindieErwerbs-
unfähigkeit,LangzeitkrankenstandoderFrührente(Konle-Seidl/Eichhorst2008b).Dieszeigtsich
in denNiederlanden,Dänemark oderGroßbritannien sehr deutlich (vgl. u. a. Kvist/Pedersen/
Köhler2008).InvielenLändernkonntemitAktivierungspolitikenallenfallseineStabilisierung
dergesamtenTransferabhängigkeiterreichtwerden,nichtjedocheinedeutlicheVerminderung
desSozialleistungsbezugs.
Atypische Beschäftigung im internationalen Vergleich
45
4.Fazit
AlleLänder,dieimRahmenderBenchmarking-Studieuntersuchtwerden,weisenmehroderwe-
nigergroße„Ränder“amArbeitsmarktauf,diedenÜbergangsbereichzwischenArbeitslosigkeit
undtraditionellenBeschäftigungsformenmarkieren.EsgibtjedochcharakteristischeUnterschiede
imAusmaßderNutzungnumerischerFlexibilitätinGestaltbefristeterArbeitsverträgeoderZeit-
arbeitundbeimAusmaßvonLohnflexibilität,etwainderGrößedesNiedriglohnsektors.Diese
UnterschiedekönnenmitdeminstitutionellenGefüge,denReformpfadenundderNutzungverfüg-
barerBeschäftigungsoptionendurchArbeitgeberundArbeitnehmererklärtwerden.DieMuster
derNutzung„atypischer“BeschäftigungvariierennichtnurzwischendenStaaten,sondernauch
nachSektoreninnerhalbDeutschlands.
1. Insgesamt ist inDeutschland die befristete Beschäftigungüberwiegend ein Instrument der
dualenBerufsausbildungoderdererweitertenProbezeitmitgutenÜbernahmechanceninder
Privatwirtschaft. Im öffentlichen Bereich ist die Situation häufiger vonAbfolgen befristeter
Tätigkeitengekennzeichnet. InsgesamtistdiebefristeteTätigkeit inDeutschlandjedochmit
wenigerProblemenbehaftetalsinanderenhochreguliertenArbeitsmärkten.
2. DieZeitarbeithatsichinDeutschlandmittlerweilealseinwesentlicherFlexibilitätspuffervor
alleminderverarbeitendenIndustrieerwiesen.ÜbergängeindiereguläreBeschäftigungsind
eherselten.DamitgehteinerheblichesLohndifferenzialfürvergleichbareTätigkeiteneinher.
3. Minijobs(alsausschließlicheErwerbstätigkeitoderalsNebentätigkeit)spielenalsHinzuver-
dienstfürdieHaushalteinDeutschlandeinewichtigeRolle.AusSichtderArbeitgebersindsie
alsElementflexiblerundoftgeringentlohnterTätigkeitenbesondersimprivatenDienstleis-
tungssektorattraktiv.
4. NiedriglohnbeschäftigungistinDeutschlandsowohlinVollzeitalsauchinTeilzeitstarkange-
wachsen.DieseiminternationalenVergleichauffällige,aberauchnachholendeEntwicklung
isteineFolgedesstrukturellenWandelshinzurBeschäftigungimprivatenDienstleistungs-
sektor,dergenerelleinegeringereTarifabdeckungundeinestärkereNutzungvonatypischen
Beschäftigungsformen,insbesondereMinijobsundZeitarbeit,aufweist.Mittelbardürfteauch
dieAktivierungspolitikimGefolgederHartz-ReformeneinenBeitragzudieserEntwicklung
geleistethaben.GeringeStundenverdienste sind jedoch insgesamtvorallemeinPhänomen
vonpartieller,nichtExistenzsichernderErwerbstätigkeit,diezumTeilauchvondengegebenen
AnreizenimTransfersystembegünstigtwird.
5. (Solo-)Selbstständigkeithatsich imprivatenDienstleistungsbereichalswichtiges Instrument
etabliert,umRegulierungeneinesabhängigenBeschäftigungsverhältnisseszuumgehen.Dabei
trittunmittelbaresunternehmerischesRisikoandieStellesozial-undarbeitsrechtlicherSchutz-
vorkehrungen.DieBetroffenen,dieauch imBereichderhöherQualifiziertenzufindensind,
müssenbeiArbeitszeitundEntlohnunghäufigeinerheblichesMaßanFlexibilitätaufbringen.
Fazit
46
Es gibt kein Land, in dem nicht mindestens eine Randzone weniger attraktiver Jobs genutzt
wird–aberAusmaßundAufstiegsperspektivenvariieren.Allerdings lassensichschwerMus-
terbeispieleeinerinjederHinsichtüberzeugendenRegulierungfinden.Aufgrundderkomplexen
ZusammenhängezwischenNormalarbeitsverhältnissenundatypischenArbeitsverträgensowie
denWechselwirkungenzwischenverschiedenenArtenatypischerBeschäftigungmüssenRefor-
moptionenkontextabhängig formuliertwerden.Hierbeimussdaraufgeachtetwerden,dassdie
institutionellenRahmenbedingungenaufdereinenSeitebeschäftigungsfreundlichsind,aufder
anderenSeiteaberauchdenSicherungsbedürfnissenderArbeitnehmerentsprechen.Nichtjede
Flexibilitätkannunterbundenwerden,aberesbrauchtBrückeninandereJobs,wenngleichauch
klarseindürfte,dassnichtinjedemFalleinAufstiegmöglichseinwird.
1. BeiderbefristetenBeschäftigungbestehtinsgesamtwenigHandlungsbedarf.Allerdingszeigt
die intensiveNutzungbefristeterVerträgebeiNeueinstellungen imöffentlichenBereichdie
NebenwirkungeneinesbesondersstriktenKündigungsschutzesindiesemSektor.Anstattdie
befristeteBeschäftigungzude- oder re-regulieren,wäre es sinnvoller, einmitderBetriebs-
zugehörigkeitschrittweisewachsendesMaßanBeschäftigungssicherheitzuschaffen–ohne
zwischen befristeter und unbefristeter Beschäftigung generell unterscheiden zu müssen.
Gleichzeitig würde ein Abfindungssystem bei der Kündigung von Mitarbeitern für mehr
RechtssicherheitundTransparenzsorgen.
2. Zeitarbeitsolltezwarnichtgenerelleingeschränktwerden,problematischistallerdings,wenn
fürgleichartigeTätigkeitenunterschiedlicheStandardszumEinsatzkommen, insbesondere
beimLohnniveau.DeshalbsollteübereinmitderDauerderTätigkeitbeieinerZeitarbeitsfirma
stufenweisewachsendesMaßanBeschäftigungsstabilitätnachgedachtwerden.Auchsolltemit
AusnahmesehrkurzerEinarbeitungsphaseneineAnnäherungandieArbeitsbedingungenund
dieEntlohnungderStammbelegschaftenmitgleichartigenTätigkeitenangestrebtwerden.Dies
solltemiteinersystematischenReformdesKündigungsschutzessoverbundenwerden,dass
dieGrenzezwischen„atypischer“und„regulärer“Beschäftigungdurchlässigerwird.
3. DerNiedriglohnsektorbietetzusätzlicheArbeitsplätze.EristaucheineBegleiterscheinungdes
strukturellenWandelshinzuDienstleistungstätigkeitenmitgeringererProduktivitätundQua-
lifikationsanforderungen.DieMöglichkeiteneinerhöherenEntlohnungsinddeshalbbegrenzt
und könnten die weitere Entwicklung in diesem Segment behindern. Gleichwohl gibt es
AnsatzpunktefüreineausbeschäftigungspolitischerSichtsinnvolleRegulierung.Zumeinen
sollteesumdieÜberwindungvonTeilzeit/MinijobsinRichtungVollzeittätigkeitengehen.Dies
alleinwirdbereitsdieHäufigkeitgeringerBruttostundenlöhnevermindern.Deshalb sollten
AktivierungsmaßnahmenregelmäßigamPrinzipeinerVollzeittätigkeitausgerichtetsein,die
eherExistenzsicherndseinkannalseineTeilzeit-oderMinijobtätigkeit.Gleichesgiltauchfür
bessereIntegrationvonZweitverdienern,insbesondereFrauenundMüttern,indenArbeits-
markt.HieristnichtdieArbeitsmarktpolitikallein,sondernvorallemdasZusammenspielmit
Familien-undSteuerpolitikgefragt.
Fazit
47
4. ZumanderenisteinmoderaterMindestlohnfürdenArbeitsmarktnichtunterallenUmständen
schädlich.VoraussetzungsollteallerdingseineunabhängigeExpertisebeiseinerFestlegung
undseinerständigenEvaluationsein.SoferninsbesonderesozialpolitischeGründefürdieErwä-
gungeinesMindestlohnesausschlaggebendsind, ist eine einheitliche,moderate, gesetzlich
festgeschriebeneLohnuntergrenzeinjedemFallsektoralenMindestlöhnenunterschiedlicher
Höhevorzuziehen.WenndasHauptargumentdarinbesteht,dasseineVollzeitbeschäftigung
einEinkommensichernmuss,dasdenLebensunterhaltdeckt,lässtsichnichtnachvollziehen,
warumdiesesEinkommenvonderZugehörigkeitzueinerbestimmtenBrancheabhängensoll.
Esistaberzubeachten,dassaucheinmoderaterMindestlohnbestimmteArbeitsplätzegefähr-
den kann. Dass bei Implementierung eines Mindestlohns niedrig entlohnte Minijobs oder
Aufstocker-Tätigkeitenwegfallen,kannimZusammenspielmitPunkt3erwünschtsein,weil
sowohlbeiArbeitgebernalsauchbeiArbeitnehmernAnreizezurBündelunginumfassenderen
Teilzeit-oderVollzeittätigkeitengesetztwerden.
5. ImBereichderSelbstständigenbietetessichan,durcheineEinbeziehungindieSozialversiche-
rungodereineverpflichtendeprivateAbsicherungdafürzusorgen,dassfürdiewesentlichen
LebensrisikeneineausreichendeVorsorgegetroffenunddamiteineGleichstellungmitNicht-
Selbstständigenvollzogenwird.
6. BeiderAktivierungvonTransferbeziehernstehtimGrundeeineweitereFortführungderjüngs-
tenBemühungenan.AuchindenZeitenderKrisebleibteswichtig,Langzeitarbeitslosigkeit
unddauerhafteAbhängigkeitvonöffentlichenSozialleistungenzuminimieren.Eswärefalsch,
angesichtseinerrückläufigenBeschäftigungAktivierungsbemühungenzureduzierenundauf
dieSozialsystemezuverweisen.Dies istgeradeauch ineinerSituationdesbeschleunigten
Strukturwandelswichtig,umvonArbeitslosigkeitbedrohteoderbetroffeneErwerbspersonen
möglichstraschwieder in tragfähigeBeschäftigungsverhältnissevermittelnzukönnen.Aus
denErfahrungenimAuslandundinDeutschlandistmittlerweilebekannt,dasseinseitigfor-
derndeInterventionennichtausreichen,wenneseinerseitsanBeschäftigungsfähigkeitman-
geltoderandererseitsadäquateBeschäftigungsmöglichkeitenfehlen.Hiermüssenindividuelle
Förderinstrumente, insbesonderedieVermittlungnotwendigerQualifikationen, stärker zum
Einsatzkommen.
Fazit
48
Fazit
Tabelle 9: Überblick
Wert für Deutschland
DurchschnittHöchster
WertNiedrigster
Wert
Überdurchschnittlich
Anteil befristeter Beschäftigung (2008 zu 2001)
14,7 ( + 2,3) 14 (EU) 29,3 (ES) 1,3 (RO)
Marginale Steuerbelastung bei Geringverdienst für Alleinstehende ohne Kinder (2008)
59,2 43,5 (OE) 66,5 (BE) 17,5 (MX)
Marginale Steuerbelastung bei Geringverdienst für Alleinstehende mit zwei Kindern (2008)
61,1 46,5 (OE) 66,5 (BE) 17,5 (MX)
Anteil atypischer Beschäftigungsformen insgesamt (unbefristet Teilzeit, geringfügige Teilzeit und befristet) (2007)
36,9 22,9 (EU) 37,1 (ES) 2,1 (RO)
Anteil atypischer Beschäftigungsformen insgesamt (geringfügige Teilzeit und befristet) (2007)
22 13,9 (EU) 31,5 (ES) 1,7 (RO)
Marginale Steuersätze bei Aufnahme einer Erwerbstätigkeit in Vollzeit mit zwei Dritteln des Durchschnittsverdienstes (2005)
67,2 56,6 (OE) 88,5 (DK) 16,7 (GR)
Durchschnittlich
Nettolohnersatzrate bei langer Arbeitslosig-keit, Durchschnittswert (2008 zu 2001)
54,3 ( - 13,0) 48,6 (OE) 71,5 (NL) 13,5 (IT)
Anteil der Zeitarbeit (2007 zu 2000) 1,6 ( + 0,8) 2,0 (EU) 4,8 (UK) 0,8 (ES)
Anteil der Niedriglohnbeschäftigung (2007 zu 2000)
17,5 ( + 4,6) 17 (OE) 25,6 (KR) 6,3 (BE)
Anteil der Niedriglohnbeschäftigung unter Frauen (2006 zu 2000)
31 ( + 6,2) 28 (OE) 41,9 (KR) 8,9 (SE)
Regulierung der Zeitarbeit (2008 zu 1995) 1,75 ( - 1,8) 1,79 (OE) 5,5 (MX) 0,5 (US)
Unterdurchschnittlich
Anteil der befristeten Beschäftigung ohne Auszubildende (2008)
6,3 ( + 1,9) 11,1 (EU) 28,0 (ES) 0,3 (LV)
Anteil der Niedriglohnbeschäftigung unter Männern (2006 zu 2000)
9,2 ( + 2,9) 13,3 (OE) 24,7 (HU) 4,6 (FI)
Übergang befristet-unbefristet 2006/07 26 37,29 (EU) 71 (MT) 8 (FI)
Regulierung der befristeten Beschäftigung (2008 zu 1995)
0,75 ( - 2,75) 1,65 (OE) 4,25 (GR) 0 (US)
Übergang Niedriglohn-mittlerer Lohn 2006/07 (D2 zu D4-10)
14 19,6 (EU) 31 (ES) 5 (NL)
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