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Aus dem Department für Biomedizinische Wissenschaften
der Veterinärmedizinischen Universität Wien
(Departmentsprecher: O. Univ. Prof. Dr. med. vet. Tzt. Mathias Müller)
Fach: Pferderassen und Pferdebeurteilung
Das Arabische Vollblut:
Eine kontrovers diskutierte Rasse
Was steckt wirklich hinter der Zucht dieser edlen Pferde?
Bakkalaureatsarbeit
zur Erlangung der Würde
Baccalaureus rerum naturarium
der Veterinärmedizinischen Universität Wien
vorgelegt von
Alban Emanuel Krösbacher
Wien, im Juni 2008
ubmeischDissertation
EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG
Ich erkläre an Eides Statt, dass ich die vorliegende Bakkalaureatsarbeit selbständig
verfasst, und in der Bearbeitung und Abfassung keine anderen als die angegebenen
Quellen oder Hilfsmittel benutzt, sowie wörtliche und sinngemäße Zitate als solche
gekennzeichnet habe. Die vorliegende Bakkalaureatsarbeit wurde noch nicht
anderweitig für Prüfungszwecke vorgelegt.
Datum:
Begutachter:
Dr. Birgit Fürst-Waltl
Institut für Nutztierwissenschaften
Department für Nachhaltige Agrarsysteme
Universität für Bodenkultur Wien
Betreuer:
A. Univ.-Prof. Dr. Irene Sommerfeld-Stur
Department für biomedizinische Wissenschaft
Institut für Tierzucht und Genetik der
Veterinärmedizinischen Universität Wien
INHALTSVERZEICHNIS
INHALTSVERZEICHNIS I Tabellenverzeichnis II Abkürzungsverzeichnis Ill 1. Einleitung 1 2. Literaturübersicht 2
2.2. Geschichte 2 2.2.1. Urgeschichte 2 2.2.2. Der Siegeszug einer edlen Rasse 4 2.2.3. Die Reinheit des Blutes 5
2.3. Beschreibung der Rasse 8 2.3.1. Exterieur 8 2.3.2. Verwendung 9 2.3.3. Die verschiedenen Blutlinien 10
2.4. Organisation der Zucht 15 2.4.I.World Arabian Horse Organisation: 15 2.4.2. European Conference of Arabian Horse Organisations: 16
2.5. Körung, Leistungsprüfung und Elitemodelle 18 2.5.1. Eintragung in ein Zuchtregister 18 2.5.2. Leistungsprüfungen 20
2.6. Schaupferd VS. Rennpferd 25
2.7. Krankheiten 31 2.7.1. Severe Combined Immunodeficiency (SCID) 31 2.7.2. Coat colour dilution lethal - CCDL („lavender foal syndrome") 33 2.7.3. IdiopathiSSCHE EpilepsIE (IE) 35 2.7.4. Occipitoatlantoaxiale Malformation (OAAM) 37 2.7.5. Cerebrale Abiotrophie (CA) 38 2.7.6. Luftsacktympanie (Guttural Pouch Tympany - GPT) 39
3. Material und Methode 41
3.1. Datenerhebung 41
3.2. Datenauswertung 41 4. Ergebnisse: 43 5. Diskussion 63
5.2. Sportaraber oder Schauaraber: 63
5.2. Der Vollblutaraber als Reitpferd: 63
5.3. Zuchtpolitik beim Vollblutarabers: 64
5.4. Unterschiedliche Trends auf den drei Kontinenten: 66
5.5. Einschätzung der Krankheiten: 68
I
6. Zusammenfassung 70 7. Summary 70 Quellenangabe und Literaturverzeichnis 72 Anhang 1 76 Anhang II 78 Anhang III 84 Anhang IV 87 Anhang V 88
TABELLENVERZEICHNIS
Tabelle 1: Arabian Horse Racing Statistic since 2001-01-01 29 Tabelle 2: Übersicht der teilnehmenden Nationen 43 Tabelle 3: Unterteilung nach Herkunftskontinent 43 Tabelle 4: Vergleich von Pferdezahlen, Zuchtjahren und Anzahl der bereits gezüchteten
Fohlen 44 Tabelle 5: Schwerpunkt der Zucht 45 Tabelle 6: Teilnahme an Zuchtschauen pro Jahr 45 Tabelle 7: Prozent der gerittenen Pferde 46 Tabelle 8: Die Pferde werden „wie oft geritten" pro Woche 47 Tabelle 9: Einsatzbereiche der Pferde 48 Tabelle 10: Kriterien für die Auswahl der Eltemtiere 49 Tabelle 11: Bedeutung des Bewertungskriteriums „Typ" 50 Tabelle 12: Bedeutung des Beurteilungskriteriums „Kopf und Hals" 51 Tabelle 13: Bedeutung des Beurteilungskriteriums „Körper und Oberlinie" 52 Tabelle 14: Bedeutung des Beurteilungskriteriums „Fundament" 53 Tabelle 15: Bedeutung des Beurteilungskriteriums „Bewegungen" 54 Tabelle 16: Beurteilung im „Posing" 54 Tabelle 17: Notwendigkeit einer Körung 55 Tabelle 18: Gewichtung einer Hengstleistungsprüfung bzw. einer Stutenleistungsprüfting... 56 Tabelle 19: Bedeutung von COPD 58 Tabelle 20: Bedeutung von Arthrosen 58 Tabelle 21: Bedeutung von Koliken 59 Tabelle 22: Bedeutung von Hauterkrankungen 60 Tabelle 23: Bedeutung von SCID 61 Tabelle 24: Definition des Beurteilungskriteriums Typ 78 Tabelle 25: Bedeutende Hengste 84 Tabelle 26: Liste der Leistungsgeprüften Hengste Österreichs und deren Bedeckungen in 2007 87
Tabelle 27: Bedeckungen/Besamungen in Österreich im Jahr 2007 88
II
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
AHA AHS AHSA CA CCDL ECAHO GPT HIP IE I FAHR SCID SLP S.R. SZAP VA WOE VZAP WAHO
Arabian Horse Association The Arab Horse Society Arabian Horse Society of Australia Cerebrale Abiotrophie Coat Colour Dilution Lethal European Conference of Arabian Horse Organisations Luftsacktympanie Hengstleistungsprüfung Idiopathic Epilepsy International Federation of Arabian Horse Racing Authorities Severe Combined Immunodeficiency Stutenleistungsprüfung Standardisierte Residuen Schweizer Zuchtgenossenschaft für Arabische Pferde Vollblutaraber Verband der Vollblutaraberzüchter Österreich Verband der Züchter und Freunde der Arabischen Pferde e.V. World Arabian Horse Organisation
III
I.EINLEITUNG
Der Vollblutaraber blickt auf eine sehr lange Zuchtgeschichte zurück. Über
Jahrhunderte hinweg begleitete er kriegerische Nomadenstämme auf deren
Beutezügen durch die Arabische Wüste. Die Menschen schätzten ihn vor allem
wegen seiner Ausdauer und Genügsamkeit, während seine besondere Erscheinung
als eine positive Zugabe angesehen wurde. Es dauerte nicht lange, und die
Ausbreitung des Vollblutarabers Richtung Europa nahm im Zuge vieler Kriege ihren
Lauf. In der neuen Heimat angekommen begeisterte er auch dort vorwiegend durch
seine Zähheit und Rittigkeit. Als Veredler sollte er diese Eigenschaften auf die dortige
Pferdezucht übertragen und beeinflusste diese in hohem Maße. Durch den Fortschritt
der Technik, die zunehmend Maschinen entwickelte, die das Kriegspferd mehr und
mehr ersetzten, verlor auch das Arabische Vollblut an Bedeutung für den Menschen.
Dies war in etwa der Zeitpunkt, als die ersten Sportpferdezuchten entstanden. In der
Zucht vieler Rassen konzentrierte man sich fortan darauf, ein besseres Sportpferd zu
züchten. Beim Vollblutaraber verlief die Entwicklung etwas anders. Eigenschaften,
seine besondere Leistungsfähigkeit als Reitpferd betreffend, die ihm ursprünglich zu
so großem Ruhm verhalfen, rückten immer mehr in den Hintergrund, und die
auffälligen exterieurmäßigen Merkmale gewannen an Interesse. Es entstand eine
Zuchtrichtung, die sich heute anscheinend ausschließlich damit beschäftigt,
Schaupferde zu produzieren, welche die rassetypischen Auffälligkeiten des
Arabischen Vollblutes in immer noch extremerer Ausprägung zeigen. In diesem
Zusammenhang boomten auch Zuchtschauen und viele Vollblutaraber sollten ihren
Besitzern nur mehr ihrer Schönheit wegen zu besonderem Ansehen verhelfen. Die
einstige Wertschätzung der Rasse aufgrund der Leistungsfähigkeit unter dem Reiter
geriet allem Anschein nach mehr und mehr in Vergessenheit, und heute ist das
Arabische Vollblut in erster Linie durch die überzogene Schauszene bekannt. Die
übergeordnete Rolle von Zuchtschauen erweckt den Anschein, dass sich diese
Rasse heute nur mehr über ihr spezielles Aussehen definiert. Diese Situation wirft die
Frage auf, was wirklich hinter der Zucht dieser edlen Pferde steckt bzw. welche
Meinung die Züchter in bezug auf verschiedene Bereiche der Zucht haben. Im
Folgenden werden zunächst einige Aspekte der Vollblutaraberzucht objektiv
dargestellt. Des Weiteren werden die Ergebnisse einer Online-Befragung von
Züchtern präsentiert und deren Auswertung anschließend diskutiert.
2. LITERATURUBERSICHT
2.2. Geschichte
Es gibt wenige Pferderassen, deren Geschichte so ausführlich in vielen
verschiedenen Werken von ebenso vielen Autoren beschrieben wurde, wie die des
Arabischen Vollblutes. Dies mag zum einen daran liegen, dass die Geschichte dieser
Pferderasse, bestätigt durch zahlreiche archäologische Funde in Verbindung mit
unzähligen schriftlichen Überlieferungen, beinahe so alt ist, wie die Geschichte der
ersten Siedler des Orients. Zum anderen liefern romantische Mythen und Legenden
sowie Gedichte, die über Jahrtausende hinweg ein fester Bestandteil der Tradition
der Menschen im Land der aufgehenden Sonne waren, und nicht zuletzt der Islam
als deren Religion eine Fülle von Material, die zum erzählen von faszinierenden
Geschichten einlädt. Allerdings gewisse Ereignisse und Fakten aus der Geschichte
des Vollblutarabers werden in fast allen Chronologien dieser Pferderasse immer
wieder betont hervorgehoben. Auf diese soll im Folgenden näher eingegangen
werden.
2.2.1. URGESCHICHTE
Auf der Suche nach dem Ursprung bzw. den Vorfahren des Arabischen Pferdes
muss eine Zeitreise zurück in die Vergangenheit von beinahe 4000 Jahren angestellt
werden. Die ersten wissenschaftlichen Beweise datieren auf das 2. Jht. v. Chr., die
von der Anwesenheit des arabischen Pferdes an der Seite des Menschen in den
Ländern des fruchtbaren Halbmondes zeugen, fasst AMIRSADEGHI (1999) in
seinem Buch „Das Arabische Pferd" zusammen. Als ältestes Zeugnis für die Existenz
des Pferdes in Ägypten zu jener Zeit führt er die archäologischen Funde eines
Pferdeskeletts auf der Halbinsel Sinai an, die zudem bereits anatomische
Charakteristiken typisch für den Araber zeigen sollen. Nach Meinung vieler Historiker
waren es wahrscheinlich die Hyksos, die das Pferd nach Ägypten brachten (ibid).
Außerdem venweist er auf die Malereien und Inschriften in den Gräbern der
Pharaonen Echnaton und Heremheb, eine babylonische Tafel sowie assyrische
Inschriften, die Pferde als treue Gefährten ihrer Herren darstellen, und somit einen
weiteren Beweis für die Präsenz des Pferdes in diesen alten Kulturen erbringen.
Weiters erwähnt seien die zahlreichen Überlieferungen von Legenden und
Erzählungen, die Geschichten von Beduinenstämmen und Königen und deren
2
Pferden erzählen, oder das Leben eines einzelnen besonderen Individuums im Detail
beschreiben. Unter anderem am Beispiel der Überlieferungen von Albufeda, sowie
den Erzählungen der arabischen Dichter und Geschichtsschreiber al-Mutanabbi und
Hisham gewährt AMIRSADEGHI (1999) in seinem Buch einen Einblick in diese
Geschichten. Als einen der ältesten Kriegsdichter (ca. 50 v.Chr.) führt er Rabia al-
Kheyl an, der uns „viele lebendige Schilderungen des arabischen Pferdes hinterließ",
wenngleich Imrael Qays wahrscheinlich der berühmteste vor-islamische Poet war.
Ein weiterer Autor, der sich jahrelang unter anderem der Erforschung der Frage nach
dem Ursprung des Arabischen Vollblutes widmete, war CARL R. RASWAN (1990).
Nach einer Periode von achtzehn Jahren, in denen er viele Reisen unternommen
hatte, um Antworten auf seine Frage zu finden, verarbeitete er seine Erlebnisse und
die daraus gewonnenen Erkenntnisse in seinem Buch „Der Araber und sein Pferd".
Alle Theorien entsprechend dem damaligen Stand der Wissenschaft
berücksichtigend, kam er dennoch zu dem Schluss, dass „das edle arabische Pferd
einst als eine besondere Art wild in der Nähe der Nafud und des Hochplateaus von
Nejd lebte", bevor ihm eine Schlinge um den Hals gelegt wurde, und es mit
akribischer Sorgfalt ständig auf die Reinheit des Blutes bedacht vom Menschen
weitergezüchtet wurde, wie es auch eine alte Beduinenlegende besagt. Die Theorie,
dass etwas derart vollendet Schönes wie das Arabische Vollblut eine Abzweigung
einer anderen unvollkommenen Pferderasse sein soll, stößt bei ihm auf verachtendes
Unverständnis.
Diese romantische Interpretation über den Ursprung des Arabischen Vollblutes, ist
aufgrund der zahlreichen Erkenntnisse, die uns die Wissenschaft in diesem
Zusammenhang liefert, heute nicht mehr vertretbar, wie es auch SCHIELE (1982) in
der Einführung ihres Buches „Araber in Europa" betont. Sie hebt hervor, dass der
Irrglaube an die Existenz von Wildpferden auf der Arabischen Halbinsel von Seiten
der Paläontologie bewiesenermaßen widerlegt ist. So ist es laut Schiele heute
unumstritten, dass die Bewohner der Länder des fruchtbaren Halbmondes bereits im
2. Jhdt. v.Chr. Hauspferde hielten. Eine Einführung in die Arabische Halbinsel wurde
allerdings erst für das 2.Jhdt n. Chr. nachgewiesen (ibid). Jedoch freilebende
Wildpferde hat es in diesen Breiten zu keiner Zeit gegeben (ibid.). Zusammenfassend
kann man sagen, dass der tatsächliche Ursprung dieser edlen Pferderasse bis heute
nicht sicher geklärt ist, was SCHIELE (1982) zufolge „für den Nicht-Wissenschaftler
heute jedoch ohne Praktische Bedeutung ist".
2.2.2. DER SIEGESZUG EINER EDLEN RASSE
Im Jahre 625 n. Chr. wurde durch ein folgenschweres Ereignis der Grundstein für die
sturmartige Ausbreitung des Arabischen Pferdes ausgehend von der arabischen
Halbinsel nach Westen, Norden und Osten gelegt (SCHIELE, 1982). Nachdem der
Prophet Mohammed in der Schlacht am Berge Ohod eine klägliche Niederlage
gegenüber einem unbesiegbaren Reiterheer hinnehmen musste, beauftragte er
jeden Anhänger seiner Religion zur Zucht von asilen Pferden, und deren sorgfältige
Pflege wurde zur religiösen Pflicht (ibid). Mehr als 2000 Aussprüche und Empfehlung
des Propheten verhelfen dem Arabischen Pferd zu einer unvergleichbaren
Wertschätzung durch die Moslems (AMIRSADEGHI, 1999). Es wird ihnen ein Status
verliehen, den keine andere Pferderasse zu allen Zeiten je erreichen wird (ibid). Im
Sterbebett liegend, fordert der Prophet Mohammed seine treuen Anhänger dazu auf,
die neuen Lehren auf dem Rücken ihrer asilen Pferde in alle Welt zu tragen
(SCHIELE, 1982). Dies war der Beginn des unaufhaltbaren Siegeszugs des Islams,
der mehrere Jahrhunderte andauerte und sich über Nordafrika und Spanien bis nach
Südfrankreich fortsetzte (Ibid).
In den folgenden Jahrhunderten ist die Geschichte Europas gekennzeichnet von
zahlreichen blutigen Kriegen zwischen Europäern und Reitervölkern aus dem Fernen
Osten. Für die europäische Pferdezucht bedeutete dies, dass es immer wieder zur
Veredelung ihrer trägeren Landschläge durch orientalische Pferde kam (SCHIELE,
1982). Dennoch stand man immer wieder einem Gegner gegenüber, dem man
wegen seiner pfeilschnellen und wendigen Orientalen schlicht nicht gewachsen war
(ibid). Ob Türkenkriege, die Tartareneinfälle, der Dreißigjährige oder Siebenjährige
Krieg, oder am Beginn des 19. Jhdt. die Napoleonischen Kriege, sie alle spielten der
europäischen Pferdezucht schwer mit und man war an einem Tiefpunkt
angekommen, was Pferdezahlen anbelangte. Aufgrund der Notwendigkeit, die argen
Verluste in der eigenen Pferdezucht möglichst schnell auszugleichen und gleichzeitig
eine Verbesserung der immer noch schwerfälligeren Pferde Europas zu erlangen,
begann man, Arabische Hengste aus dem Orient zu importieren (ibid). Laut
SCHIELE (1982) bricht im 19 Jhdt. ein Zeitalter an, in dem eine Vielzahl an
staatlichen Missionen, privaten Reisenden und gewandten Händlern in das Land der
aufgehenden Sonne reisten, um Pferde zu erwerben, welche die Wunden der
europäischen Pferdezucht heilen sollten. Eine Reinzucht der orientalischen Pferde in
Europa wurde in diesem Zusammenhang allerdings noch nicht angestrebt (ibid).
2.2.3. DIE REINHEIT DES BLUTES
Die zahlreichen Exporte nach Europa werfen zwangsläufig die Frage nach der
Reinblütigkeit der erworbenen Pferde auf (SCHIELE, 1982). Um Antworten auf diese
Frage zu finden, muss man sich zunächst mit dem Leben der Beduinen der
arabischen Wüste und deren Philosophie der Pferdezucht auseinandersetzen. Aus
zahlreichen Berichten von Europäern, die auf der Suche nach Arabischen Pferden
die Länder des fruchtbaren Halbmondes und die Arabische Halbinsel bereisten,
erfahren wir viel über die unterschiedlichen Nomadenstämme und deren besondere
Beziehung zu ihren Pferden, die einst mit ihren Kamelkarawanen die karge
Landschaft der Arabischen Wüste durchstreiften (AMIRSADEGHI, 1999). SCHIELE
(1982) beschreibt die Beziehung der Beduinen zu ihren Pferden keineswegs als
romantisch. So war es vielmehr eine Zweckgemeinschaft, die nur durch hohe
gegenseitige Wertschätzung funktionieren konnte. Der Beduine war auf seinen
Raubzügen stets auf die bedingungslose Unterstützung seiner Kriegsstute
angewiesen (ibid). Ebenso wie die Stute auf den Schutz und die Pflege Ihres Herrn
vertrauen musste (ibid). Ähnlich wie bei ihnen selbst, war die Forderung nach der
Blutsreinheit oberstes Prinzip, denn „nur das reinblütige Pferde könne den Beduinen
zum Siege tragen, weil nur das asile (reinblütige) Pferd seinen Reiter im Augenblick
der Gefahr nicht im Stich lasse" SCHIELE(1982). Auch AMIRSADEGHI (1999) führt
in seinem Buch einige Beispiele an, die das besondere Zusammenleben der
Beduinen mit ihren Pferden beschreiben und einige Ideologien der Wüstenbewohner
wiedergeben. So glaubten sie an Telegonie, und eine Stute, die einmal von einem
unreinen Hengst gedeckt wurde, galt als unrein und wertlos. Aufzeichnungen über
die Abstammungen der Pferde gab es dennoch keine, denn die Beduinen waren
Analphabeten. Das unfangreiche Wissen über die Vorfahren ihrer treuen Gefährten
und die vielen verschiedenen Stämme, wurde von Vater an den Sohn mündlich
weitergegeben (SCHIELE, 1982; AMIRSADEGHI, 1999). Viele Europäer versuchten
auf ihren zahlreichen Expeditionen in die Wüste Arabiens Informationen über die
einzelnen Stämme und deren Herkunft zu sammeln, um später Klarheit in dieses
undurchsichtige System zu bringen (ibid.) In diesem Zusammenhang entstand auch
die viel diskutierte Raswan-Theorle, derzufolge alle Familien drei Hauptfamllien,
nämlich den Saqlawis, den Kuhaylans und den Mu'niqis angehören, und die sich
zudem im äußeren Erscheinungsbild deutlich voneinander abgrenzen lassen
(SCHIELE, 1982). Nach dieser Autorin ist diese Theorie aufgrund vieler Erkenntnisse
der Wissenschaft heute aber nicht mehr gültig. Auch AMIRSADEGHI (1999) verweist
auf eine Liste von Familien und Unterfamilien im Anhang seines Buches, betont aber,
dass diese nicht vollständig sein kann.
Die ersten schriftlich festgehaltenen Aufzeichnungen über die Abstammungen
arabischer Pferde und die vielen unterschiedlichen Stämme stammen aus der
zweiten Hälfte des 19. Jhd aus Ägypten. Es war dies die Zeit der Herrschaft des
Abbas Pascha, dessen große Leidenschaft die arabischen Pferde waren
(AMIRSADEGHI, 1999). Er scheute keine Mühen, um ausführliche Informationen
über diese edlen Tiere zu erhalten, und ließ alle Erkenntnisse in Manuskripten
festhalten (ibid). Diese Manuskripte beinhalten wertvolle Hinwelse für die Aufklärung
der zahlreichen Stämme und Unterstämme und legen wohl den Grundstein für eine
„gesicherte" Abstammung. Leider ging ein Großteil der wertvollen Pferde des Abbas
Pascha, der im Jahre 1860 eine Herde von 1000 der edelsten Araber sein eigen
nannte, mit dessen Tod verloren (AMIRSADEGHI, 1999). Sein Sohn konnte die
besondere Passion für das arabische Pferd nie teilen (ibid). So wurde eine große
Zahl der Pferde bereits zu dessen Lebzeiten verkauft oder verschenkt. Der übrig
gebliebene Rest wurde nach seinem Tod wegen seiner hohen Verschuldung
öffentlich versteigert (ibid). Im Zuge dieser Auktion wurden einige Pferde in Ausland
verkauft, aber was die Geschichte des Arabischen Pferdes anbelangt, waren vor
allem die Käufe des Ali Pascha Sherif von großer Bedeutung (AMIRSADEGHI,
1999). Ähnlich aufopfernd wie die Liebe zum Arabischen Pferd des Abbas Pascha,
war auch die Leidenschaft des Ali Pascha Sherif für diese Rasse. Mit der
Erweiterung seines eigenen Zuchtbestandes durch zahlreiche „Abbas Pascha-
Pferde" avancierte er zu einem der wichtigsten Züchter dieser Pferde, nicht nur im
damaligen Ägypten (ibid).
Ein weiterer Name, der in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben darf, ist
Lady Anne Blunt. Auch bekannt als „The Noble Lady of the Horse", war sie eine der
ersten, die gemeinsam mit ihrem Ehemann und auch der Unterstützung von Major
Upton Expeditionen in die Wüste Arabiens unternahm, um Arabische Pferde zum
Zwecke der Reinzucht zu erwerben (AMIRSADEGHI, 1999). Einige dieser Pferde
exportierte sie nach Europa, genauer auf ihr Gestüt Crabbet Park in England (ibid).
Ihre zahlreichen Reiseberichte und auch Bücher liefern uns viele Informationen und
Erkenntnisse über das Leben der Beduinen und deren Pferdezucht (ibid). Zudem hat
sie basierend auf ihren Wüstenexporten und Pferden des Abbas Pascha Sherif bzw.
auch Abbas Pascha, auf ihren beiden Gestüten (zunächst in England, später auch in
Ägypten) eine Vollblutaraberzucht aufgebaut, welche die Geschichte und Zucht
dieser Rasse in hohem Maße beeinflusst hat (ibid).
Bezüglich der Weiterentwicklung des Arabischen Vollblutes in seiner „Heimat" und
auch der Entstehung der ersten Reinzuchten in Europa, die AMIRSADEGHI (1999)
zufolge am Ende des 19. Jhdt. einzuordnen sind, sowie der Ausbreitung auf die
verschiedenen Kontinente, soll auf sein Buch „Das Arabische Pferd" verwiesen
werden. Auch Erika SCHIELE (1982) liefert mit ihrem Buch „Araber in Europa" ein
ausführliches Werk, das insbesondere auf die einzelnen Länder in Europa und deren
Zuchtgeschichte eingeht.
2.3. Beschreibung der Rasse
„Das reinblütige Araberpferd ist ein Wunder der Schöpfung. Kein anderes Tier
vermag den Menschen gleich stark zu beeindrucken durch Leistungskraft,
bezaubernde Anmut, Schönheit und Wesensart. Die schwebende Eleganz dieser
Pferde, ihre oft unnahbare Beseeltheit, ihre Selbständigkeit und Empfindsamkeit
bieten dem fühlenden Reiter die höchste Erfüllung, und für jeden Laien sind sie ein
Glücksstrahl der Schönheit in der lieblosen modernen Welt." (SCHIRG, 2000)
2.3.1. EXTERIEUR
In der Literatur über den Vollblutaraber finden wir unzählige Zitate wie das obige, die
das besondere Äußere und den eigenwilligen Charakter dieser Rasse in
philosophischer Weise darstellen. Leider gibt es nur wenige seriöse Quellen, welche
die Besonderheiten des Exterieurs und deren eventuelle Bedeutung für den Einsatz
als Reitpferd des Arabischen Vollblutes auf eine weniger blumige Art beschreiben.
Wenngleich solche Arbeiten nicht einfach zu finden sind, so sind sie dennoch
vorhanden. Eine sehr ausführliche Beschreibung der Rasse hinterließ ein
passionierter Pferdemann aus England namens PETER UPTON (2008) zu einer Zeit,
als die Vollblutaraberzucht in Europa noch in den Kinderschuhen steckte. Basierend
auf den Eindrücken und Erkenntnissen, die er während vieler Reisen in die
Arabische Wüste über die Pferde der dortigen Bewohner gewonnen hatte, geht er in
seinem Werk „The Classic Arabian Horse" sehr genau auf die einzelnen Merkmale
des Vollblutarabers ein, und dokumentiert seine schriftlichen Erklärungen mit
detailgetreuen Zeichnungen. Der Kopf als das unverkennbarste Kennzeichen erhält
erwartungsgemäß auch in UPTON'S (2008) Ausführungen besondere
Aufmerksamkeit. So beschreibt er ihn als außerordentlich edel mit klar definierter
Knochenstruktur. Von der Seite betrachtet erscheint er keilförmig, wobei ein
konkaves Profil unterhalb der Augen erstrebenswert aber keineswegs unverzichtbar
ist. Die Stirn ist breit und flach, oder zeigt die typische „jibhä" (Wölbung). Die Augen
sind auffällig groß und von sehr dunkler Farbe. Die eng stehenden Ohren sind an der
Spitze teilweise nach innen gebogen. Auch der Hals zeigt eine nicht weniger
markante Ausprägung charakteristisch für den Vollblutaraber. Laut UPTON (2008)
scheint er durch die natürliche Wölbung, das lange Genick und die besondere
Ganaschenfreiheit sowie dem hohen Ansatz oftmals von besonderer Länge zu sein.
8
Der Widerrist ist vergleichsweise wenig ausgeprägt. Die Brust weit und tief. Den
Rücken schildert er als auffällig kurz, und eine flache lange Kruppe scheint schon
damals wünschenswert gewesen zu sein. Ein weiteres unverkennbares Merkmal ist
der stets hoch getragene Schweif, der bei übermäßiger Aufregung häufig über die
Kruppe geworfen wird. Das Fundament erwähnt er als besonders widerstandsfähig.
Auch auf die vorherrschenden Fellfarben, nämlich Schimmel, Füchse, Braune und
Rappen, geht UPTON (2008) im Detail ein und merkt an, dass Abzeichen durchaus
üblich sind. Das Langhaar beschreibt er als fein und seidig, während Kötenbehänge
niemals vorhanden sind. Die Widerristhöhe gibt UPTON (2008) zwischen 143 und
158 cm an, und das Gewicht liegt nach seinen Angaben zwischen 385 und 453 kg.
Obwohl „The Classic Arabian Horse" bereits vor einigen Jahrzehnten geschrieben
wurde, scheinen sich die wesentlichen Kennzeichen, die den Vollblutaraber auch
heute noch definieren und von anderen Rassen unterscheiden, seither wenig
verändert zu haben. Äußerst interessant sind auch die bildlichen Darstellungen der
Pferde von damals. Es ist anzunehmen, dass sie eher einem Wunschbild
nachkommen als eine wirklichkeitsgetreue Nachbildung des Arabischen Vollblutes
aus der Wüste liefern. Das Faszinierende dabei ist, dass die Zeichnungen ein Pferd
porträtieren, das dem Ideal vieler Züchter der Gegenwart sehr nahe kommt.
2.3.2. VERWENDUNG
Deutlich mehr Informationen finden wir in der Literatur über die unterschiedlichen
Einsatzbereiche, in denen der Vollblutaraber heute seine Verwendung findet. So
scheint es beginnend bei den klassischen Disziplinen über die Western - und
Distanzreiterei sowie dem Rennsport bis hin zum Gebrauch als Kutschen - und
Zirkuspferd wirklich keine Herausforderung im Pferdesport zu geben, der das
Arabische Vollblut nicht gewachsen ist. Eine Autorin, die sich eingehend mit diesem
Thema beschäftigt hat, ist SCHOFLER (2006). In ihrem Buch „Flight Without Wings -
The Arabian Horse and the Show World" beschreibt sie die einzelnen Disziplinen, in
denen der Vollblutaraber konkurrenzmäßig in ihrem Heimatland den USA vorgestellt
wird. Auf die genauen Ausführungen im Detail einzugehen, ist im Rahmen dieser
Arbeit leider nicht möglich, deshalb soll an dieser Stelle auf den Inhalt des oben
genannten Buches verwiesen werden. Nicht nur weil es einen Einblick in die
Showwelt dieser Rasse gewährt, sonder auch weil einige „Performance Disciplines"
wie beispielsweise Saddle Seat und Hunter Pleasure/Show Hack erklärt werden, die
in Europa wenig bekannt sind.
Eine weitere Bestätigung der Vielseitigkeit des Arabischen Vollblutes sind die
unterschiedlichen Möglichkeiten des Absolvierens einer Leistungsprüfung, auf die
später in einem eigenen Kapitel noch genauer eingegangen wird.
Abschließend zu diesem Thema würde ich gerne die Aussage eines bekannten
Züchters und Freund zitieren, der die Eigenheit des Vollblutarabers meiner Meinung
nach mit Hilfe weniger Worte sehr treffend formuliert hat: „The most unique quality of
the Arabian breed is it's versatility. Other breeds excel in particular disciplines. The
Arabian horse can do it all, and do it well: from Western to English, from Trail to
Reining to Dressage and Jumping. The one discipline where the Arabian Horse reins
as the undisputed superstar is in long distance trail competitions (CONSTANTI, J.,.
2008)."
2.3.3. DIE VERSCHIEDENEN BLUTLINIEN
Eine weitere Eigenheit der Vollblutaraberzucht, die weniger einer exterieurmäßigen
Beschreibung dient als einer groben Umrandung der Abstammung eines einzelnen
Individuums, ist die Unterscheidung nach verschiedenen Blutlinien. Vergleichbar mit
anderen Pferderassen wie beispielsweise dem Haflinger, wo wir eine ähnliche
Einteilung der Zuchtpopulation nach unterschiedlichen Linien vorfinden, dient sie
auch beim Arabischen Vollblut im wesentlichen einer Unterteilung, die dem
interessierten Züchter einen Hinweis auf die Vorfahren des jeweiligen Pferdes liefert.
In diesem Zusammenhang gibt es die Russische, Polnische, Spanische und
Ägyptische Linie sowie die Crabbet Araber und die Domestic Araber. Wie der Name
bereits verrät, beziehen sich diese Bezeichnungen auf die Zuchten bestimmter
Länder bzw. einflussreiche staatliche oder private Gestüte dieser Länder. So kann
Polen auf eine sehr lange Tradition der Vollblutaraberzucht zurückblicken
(KIRKMAN, 2008). Bereits lange vor dem Entstehen der bedeutenden Staatsgestüte,
die teilweise heute noch existieren, gab es eine Reihe von privaten Zuchtstätten, die
den Vollblutaraber in Reinzucht züchteten (ibid). In einem Artikel über den polnischen
Vollblutaraber fasst KIRKMAN (2008), die wesentlichen Informationen dieser bis
heute so erfolgreichen Linie zusammen, die eng verbunden mit der Geschichte
10
dieses Landes ist. Einen bedeutenden Umbruch erfuhr die Zucht des Arabischen
Vollblutes nach dem Ende des zweiten Weltkrieges, als Polen unter den Einfluss der
damaligen Sowjet Union geriet. Mit der Übernahme der privaten Gestüte in
Staatsbesitz fiel auch die Pferdezucht fortan in dessen Zuständigkeitsbereich. Zu
dieser Zeit entstanden namhafte Staatsgestüte wie Michalow oder Bialka, um nur
einige zu nennen, die auch heute noch ein fester Bestandteil der internationalen
Vollblutaraberzucht sind (ibid).
Deutliche Parallelen zur Zuchtgeschichte in Polen findet man in Russland,
wenngleich der Ausgang des zweiten Weltkrieges für Russlands Vollblutaraberzucht
in Gegensatz zu Polen deutlich positivere Auswirkungen hatte (HIMES, 2008). Die
besten Vollblutaraber der polnischen Zucht kamen nach Russland genauer in das
Staatsgestüt Tersk, und verhalfen der dortigen Zucht zu großem Aufschwung (ibid).
Arabische Vollblüter, die heute hinlänglich als „rein russisch" bezeichnet werden,
lassen sich alle auf Vorfahren der Tersker Zucht zurückverfolgen.
In Spanien war es eine königliche Anordnung im Jahre 1893, die für die Pferdezucht
dortzulande von nachhaltiger Bedeutung sein sollte, und den Grundstein für eine
durch den Staat kontrollierte Vollblutaraberzucht legte (CAMPIGLIO, 2008). Im Zuge
dessen kam es zur Entstehung des bedeutenden Militärgestütes in Cordoba (ibid).
Eine intensive Reinzucht des Arabischen Vollblutes begann allerdings erst etwa 10 -
15 Jahre später, da man sich zunächst auf die Veredelung des Iberischen
Kriegspferdes konzentrierte (ibid). Es sei aber erwähnt, dass in Spanien private
Gestüte seit jeher eine sehr wichtige Rolle spielten (ibid).
Das wohl einflussreichste Gestüt in Privatbesitz aller Zeiten, war das Gestüt Crabbet
Park in England von Lady Anne Blunt (ANONYM, 2008). Basierend auf
Wüstenimporten baute sie zunächst in England eine Zucht auf, die von
unschätzbarem Wert sein sollte und die Vollblutaraberzucht vieler Länder
mitbegründete (ibid). Später kam ein zweites Gestüt in Ägypten dazu, auf dem sie
vor allem die wertvollen Pferde des Abbas Pascha und Ali Pascha Sherif zum
Einsatz brachte (ibid). Die anfängliche Idee, beide Gestüte durch den Austausch von
Zuchttieren voneinander profitieren zu lassen, wurde kaum verwirklicht. Aufgrund
eines tragischen Zwischenfalls bei dem zwei Hengste auf der Reise von England
11
nach Ägypten auf hoher See ums Leben kamen, wurde der Hin- und Hertransport
von Pferden eingestellt.
In bezug auf die Linie „Domestic Arabian", mit der im Wesentlichen die US-
Amerikanische Linie bezeichnet wird, liefert KIRKMAN (2008) eine interessante
Erklärung. So schreibt sie, dass die US-Amerikanischen Vollblutaraber, ähnlich wie
die meisten US-Amerikaner selbst, hauptsächlich auf englisches Blut (Crabbet Park)
mit zusätzlichen Einflüssen unterschiedlicher Herkunft zurückgehen. Zudem
entstanden in der ersten Hälfte des 20. Jhdt. in den USA wichtige Gestüte, deren
Einfluss in der heutigen Zucht des Arabischen Vollblutes noch deutlich zu spüren ist
(KIRKMAN, 2008). In diesem Zusammenhang seien H. Davenport, W.K. Kellogg und
Henry B. Babson erwähnt, die alle an der Gründung des Domestic Arabian mitwirkten
(ibid).
Die rein ägyptische Linie bezieht sich auf eine Gruppe von Vollblutarabern, die
innerhalb der ganzen Linienbezeichnungen wahrscheinlich am genauesten definiert
ist (LEWIS, 2008). Beginnend im Jahre 1952 hat Miss Jane Ott damit begonnen, eine
Liste von Pferden zusammenzustellen („Blue Catalog"), deren Abstammung sich
direkt in die Wüste zurückverfolgen lässt (ibid). Nach ihrem Tod wurde diese Liste
von einer Organisation Namens „AI Khamsa" übernommen und erweitert (ibid). Heute
dürfen sich nur Vollblutaraber mit der Zusatzbezeichnung „rein ägyptisch"
schmücken, deren Vorfahren in diesem Katalog aufgelistet sind (ibid).
Um die genauen Hintergründe der Linienbezeichnungen besser verstehen zu
können, muss man sich intensiv mit der Zuchtgeschichte der oben genannten Länder
und Gestüte auseinandersetzen. Mit Ausnahme der Ägyptischen Linie sind die
Grenzen häufig nicht klar abgesteckt, da sich die unterschiedlichen Linien durch
Importe immer wieder gegenseitig beeinflusst haben. Ein typisches Beispiel hierfür ist
der Hengst Aswan. In Ägypten geboren, kam dieser Hengst als Geschenk der
ägyptischen Regierung an die Sowjet Union als Dank für deren Unterstützung bei der
Fertigstellung des Aswan-Staudammes nach Tersk. Dort beeinflusste er die Zucht in
großem Maße und hinterließ eine Vielzahl an Nachkommen. Obwohl Aswan von rein
ägyptischer Abstammung war, werden seine Söhne und Töchter aufgrund der
Tatsache, dass sie alle in Russland geboren wurden, als rein russisch bezeichnet.
12
Ein weiteres Beispiel, das die Verschwommenheit der einzelnen Linien sehr gut
veranschaulicht, ist der Hengst Khemosabi. Khemosabi, selbst ein unwahrscheinlich
erfolgreicher Hengst sowohl im Schauring als auch unter dem Sattel, war wohl einer
der bedeutendsten Vererber, den die US-amerikanische Zucht je hervorgebracht hat
(CARPENTER, 2002). Heute würde man diesen Hengst wahrscheinlich als
„Domestic-Arabian" ansehen, obwohl seine Abstammung alles andere als auf eine
Linie beschränkt ist. Vielmehr war Khemosabi ein Produkt der Zusammenführung
verschiedener Linien (CARPENTER, 2002). Sein Vater Amerigo war ein Sohn des
Crabbet-Arabers Ferseyn. Ferseyn ging sowohl über seinen Vater als auch seine
Mutter auf den berühmten Crabbet-Hengst Mesaoud zurück. Amerigos Mutter
hingegen war eine rein polnisch gezogene Stute. Khemosabis Mutter Jurneeka
entstammte der Anpaarung zweier Halbgeschwister, die beide den Hengst Fadheilan
zum Vater hatten. Fadheilan wiederum war zur einen Hälfte von ägyptischer und zur
anderen Hälfte von polnischer Abstammung. Ähnlich wie das Pedigree von
Khemosabi, mit zusätzlichen Geschichten über das Leben des Hengste und dessen
Erfolge, beschreibt CARPENTER (2002) in ihrem Buch „Arabian Legends" eine
Reihe von Hengsten, die eine herausragende Rolle in der Entstehung der
Vollblutaraber Zucht in den USA gespielt haben. Da viele dieser Hengste von
europäischer Herkunft sind, erfährt man gleichzeitig einiges über die Zucht auf dem
alten Kontinent.
Abbildung 1: Abstammung Khemosabi
Khemosabi
Amerigo
Ferseyn *Raseyn
*Ferda
*Szarza Ali Said (PASB)
Salwa
Jurneelo
Fadjur Fadtieilan
Bint Saliara
Fadneeka Fadtieilan
Raneeka
In wieweit die Reinhaltung der einzelnen Linien mit Ausnahme der ägyptischen Linie,
auf deren Reinheit Züchter besonders bedacht sind, auch in Zukunft von Bedeutung
sein wird, bleibt abzuwarten. Neben einer Reihe von Züchtern, die sich der Erhaltung
der unterschiedlichen Linien verschrieben haben, gibt es heut viele Zuchtstätten, die
13
zum Erreichen ihrer Zuchtziele bei der Auswahl ihrer Zuchttiere wenig Rücksicht auf
die exakte Abstammung nehmen. Diese Tatsache spiegelt sich im Pedigree eines
der momentan erfolgreichsten Schaupferde-Verderbers namens WH Justice wieder,
das eine Verschmelzung beinahe aller Linien ist. In der vierten Generation seiner
Abstammung findet man Vertreter der Russischen (Padron, Kilika), Crabbet (Kilika,
Gazira, Shamillazzam), Spanischen (Sasaki, Medina Azahara, El Shaklan) und
Ägyptischen Linie (El Shaklan, Gazira, Shamillazzam).
Abbildung 2: Abstammung WH Justice
WH Justice
Magnum Psyche
Padron 's Psyche Padron
Kilika
A Fancy Miracle Sasaki
Medina Azahara
Vona Sher-Rena
El Sher-Mann El Shaklan
Gazira
Renea Jassen
Shamillazzam
14
2.4. Organisation der Zucht
2.4.1 .WORLD ARABIAN HORSE ORGANISATION:
Wie im Kapitel über die Geschichte des Vollblutarabers bereits beschrieben,
entwickelten sich während des 19. und 20. Jahrhunderts Vollblutaraberzuchten in
den verschiedensten Ländern rund um den Globus. Dennoch fehlte es lange Zeit an
einer übergeordneten Instanz, um die Zucht des Arabischen Vollblutes auf
internationaler Ebene zu koordinieren, und die zu beachtenden Richtlinien und
Bedingungen für den Erhalt der Reinheit dieser Rasse zu definieren. Die
Geschäftsstelle der „World Arabian Horses Organisation" beschreibt in ihrem Artikel
„What is WAHO", wie dieser Umstand dazu führte, dass im Jahre 1967 bei der ersten
Konferenz der „ International Arabian Horse Societies" durch die neun teilnehmenden
Nationen einstimmig beschlossen wurde, eine „Weltorganisation für das Arabische
Vollblut" zu gründen (ANONYM, 2008). Nach wenigen Jahren, in denen sich die
unterschiedlichen Nationen ausführlich mit diesem Thema auseinandersetzen
konnten, wurde diese neue Organisation 1970 unter dem Namen „World Arabian
Horse Organisation" (kurz WAHO) ins Leben gerufen (ibid.). Zusätzlich ernannte man
unter der Leitung von Jay Stream einen Vorstand, der mit der Ausformulierung der
Satzungen beauftragt wurde (ibid). Die Geschäftsstelle der WAHO fasst zusammen,
dass deren Hauptaufgaben einerseits im Erhalt der Reinheit des Arabischen
Vollblutes liegen, andererseits aber auch in der Förderung der Einheitlichkeit von
Terminologien, Definitionen und Vorgangsweisen in bezug auf das Arabische
Vollblut, sowie die Beratung bei internationalen und nationalen Diskussionen und
Verhandlungen dieses Rasse betreffend. Darüber hinaus kümmert sich die WAHO
nicht nur um die Förderung des Interesses an der Zucht, sondern auch um die
Verbreitung von Wissen über die Geschichte, die Pflege und den Umgang mit dieser
Rasse. Ein weiteres wichtiges Tätigkeitsfeld ist das Beraten und Koordinieren der
Mitglieder in deren Aktivitäten.
Eine weitere Veröffentlichung der WAHO befasst sich mit der allgemeinen Definition
eines Vollblutarabers (ANONYM, 2008). Sie lautet: „A Purebred Arabian horse is one
which appears in any purebred Arabian Stud Book or Register listed by WAHO as
acceptable" (ibid.). Diese Definition wurde von den Mitgliedern der WAHO im Jahre
1974 angenommen und hat bis heut ihre Gültigkeit (ibid.). Zudem wird in derselben
15
Veröffentlichung eine weitere wichtige Entscheidung die Zucht des Vollblutarabers
betreffend erwähnt. 2004 erfolgte die Schließung der Arabischen Stutbücher,
wodurch es fortan nicht mehr möglich war, neue Pferde in ein Stutbuch
aufzunehmen, deren Vorfahren nicht bereits in einem von der WAHO anerkannten
Stutbuch eingetragen sind (ibid.).
Seit der Gründung vor fast vierzig Jahren hat sich die WAHO als ein fähiges Organ,
das fortwährend die Interessen seiner Mitglieder mit großem Erfolg auf einen
gemeinsamen Nenner zu bringen versucht, immer weiterentwickelt. Nicht zuletzt
wegen ihrer ständigen Bemühungen in bezug auf die verschiedensten Aspekte der
Zucht einer Rasse und die Anstrengungen zum Erhalt der Reinheit des
Vollblutarabers hat es die WAHO geschafft, bis heute die Vollblutaraberzuchten von
69 Ländern (59 Mitgliedsländer und zehn Länder, deren Vollblutaraber von anderen
WAHO-Mitgliedsländern registriert werden) aus fast allen Kontinenten der Welt unter
sich zu vereinen (WAHO, 2008). Eine besonders erfreuliche Mitteilung erreichte die
Vollblutaraberzüchter rund um den Globus mit der Mitteilung von DR. HANS J.
NAGEL (2008), Präsident der WAHO, die ebenfalls auf der offiziellen Homepage
veröffentlicht wurde. Darin gab er bekannt, dass der Purebred Arabian Trust (PAT)
und die WAHO nach jahrelangen Verhandlungen zu einer Einigung gefunden haben.
Mit 1. Januar 2008 übernahm der PAT in Verbindung mit der AHA die alleinige
Autorität zur Registrierung von Vollblutarabern in den USA, und der PAT wurde von
der WAHO als vollwertiges Mitglied wiederaufgenommen. Mit der Übernahme der
Registrierung durch die AHA stellte das Purebred Arabian Horse Registry (PAHR)
ihre Aktivitäten mit 31. Dezember 2007 ein.
2.4.2. EUROPEAN CONFERENCE OF ARABIAN HORSE ORGANISATIONS:
Ein weiterer Verein mit besonderer Bedeutung für den Vollblutaraber ist die
„European Conference of Arabian Horse Organisations" kurz ECAHO. In dem von
der ECAHO veröffentlichten Artikel „What is it all about!" von MAXWELL (2007)
erörtert dieser die Ursachen, die zu der Gründung dieses Vereins führten, der heute
einen wichtigen Stellenwert in der Organisation und auch ÜbenA^achung von
nationalen und internationalen Wettbewerben der Vollblutarabgesellschaft einnimmt
(ibid). P. MAXWELL (2007) erklärt, dass mit der wachsenden Beliebtheit von
Zuchtschauen auch fragwürdige Methoden in bezug auf die Vorbereitung der
16
Ausstellungstiere und deren Präsentation zunahmen. Gewisse aus Amerika
kommende grausame Praktiken, wie beispielsweise der übermäßige Einsatz von
Peitschen sowie das Entfernen der Tasthaare, wurden vermehrt auch in Europa
angewandt, um den Pferden einen angeblichen Vorteil gegenüber den Konkurrenten
zu verschaffen. Diese zunehmend brutaler werdenden Trainingsmethoden, aber
auch die Notwendigkeit eines einheitlichen Systems zum Erhalt der Fairness, gaben
Anlass dafür, dass im Jahre 1983 eine Gruppe von zehn europäischen
Zuchtorganisationen zusammenkam, um Richtlinien zu erstellen, die diesem
Fehlverhalten Einhalt gebieten sollten (ibid.). Damit diese „Regeln" von Gesetzen
unterstützt werden und eine Umsetzung auf legalem Wege möglich ist, kam es zur
Gründung des Vereins „European Conference of Arab Horse Organisations" mit Sitz
in der Schweiz (ibid.). Wie aus den Satzungen der ECAHO hervorgeht, macht diese
es sich fortan zur Aufgabe, die Zucht und den Zuchtforschritt des Vollblutarabers
sowie die internationalen Wettbewerbe durch einheitliche Regeln zu fördern
(MAXWELL, 2007). Ein weiteres Ziel ist es, Misshandlung von Pferden durch
Präventionsmaßnahmen zu vermeiden (ibid.). Zudem gilt es, das öffentliche
Interesse am Arabischen Pferd zu erhalten und anzuregen, und die weltweite
Werbung für das in Europa gezüchtet Arabische Vollblut zu fördern (ibid.). Während
ihres 25-jährigen Bestehens hat sich die ECAHO mit ihren einheitlichen Richtlinien
zur Durchführung von Wettkämpfen innerhalb der Rasse des Vollblutarabers absolut
etabliert. Heute gibt es vor allem in Europa, aber auch dem Mittleren Osten und
Nordafrika kaum noch Veranstaltungen, die der ECAHO nicht angeschlossen sind
bzw. die nicht nach deren Richtlinien durchgeführt werden. Laut ihrer offiziellen
Homepage haben sich der ECAHO in der Zwischenzeit dreißig Organisationen
angeschlossen. Jährlich werden um die siebzig nationale und internationale Schauen
in dreiundzwanzig unterschiedlichen Nationen entsprechend den Vorgaben der
ECAHO abgehalten (MAXWELL, 2007).
17
2.5. Körung, Leistungsprüfung und Elitemodelle
WAHO und ECAHO schaffen gewisse Rahmenbedingungen, unter deren Einhaltung
die Zucht und der Wettbewerb des Vollblutarabers auf internationaler Ebene
koordiniert werden. Die Durchführung der eigentlichen Zuchtarbeit obliegt dennoch
den einzelnen Zuchtverbänden der unterschiedlichen Staaten. Unabhängig,
entscheiden sie über die Vorgangsweise bei der Zuchtbucheintragung sowie bei der
Durchführung von Leistungsprüfungen und verwirklichen unterschiedliche Elite- und
Prämierungsmodelle. Im Folgenden wird auf die verschiedenen Gegebenheiten am
Beispiel einiger ausgewählter Länder näher eingegangen. Aufgrund der hohen
Anzahl der Zuchtverbände, kann dies im Rahmen dieser Bakkalaureatsarbeit
natürlich nur exemplarisch erfolgen.
2.5.1. EINTRAGUNG IN EIN ZUCHTREGISTER
Entsprechend der WAHO Definition ist jedes Pferd, dessen Identität durch
Überprüfung der Farbe, Abzeichen und eventuell vorhandenen unveränderlichen
Merkmalen wie beispielsweise Bränden geklärt ist, und dessen Abstammung mittels
DNA-Analyse auf Elterntiere zurückverfolgt werden kann, die in einem von der
WAHO anerkannten Zuchtregister eingetragen sind, zur Aufnahme als arabisches
Vollblut in Zuchtbücher eines jeden ordentlichen Mitglieds der WAHO berechtigt.
Allerdings ist in vielen Ländern eine Eintragung in das Zuchtbuch nicht zwangsläufig
gleichbedeutend mit einer Erlaubnis zum Einsatz als Zuchttier. In Ländern, die eine
eher traditionelle Zuchtpolitik betreiben, wie beispielsweise Deutschland, wird das
Zuchtregister weiter in ein Stutbuch und Hengstbuch unterteilt. Vor dem tatsächlichen
Zuchteinsatz, fordert die Zuchtbuchordnung des Verbandes der Züchter und Freunde
des Arabischen Pferdes e.V. (kurz VZAP) eine Aufnahme des Hengstes bzw. der
Stute in das Hengst- bzw. Stutbuch (VZAP, 2008). Dazu wird von einem
Regionalbeauftragten das Nationale des Pferdes erneut überprüft und gemeinsam
mit Stockmaß, Brustumfang und Röhrbeinumfang in einem Musterungsprotokoll
festgehalten. Bei Hengsten muss darüber hinaus ein tierärztliches
Untersuchungsergebnis auf eventuell vorhandene Zahn- oder Hodenfehlstellungen
und Gewährsmängel vorgelegt werden, sowie ein Test auf SCID durchgeführt
werden. Nachdem alle Vorbereitungen vorschriftgemäß getroffen wurden, sieht der
VZAP eine Vorstellung der Stuten zentral an einigen Schwerpunkten im Jahr vor,
18
während Hengste an der zentralen Verbandshengstschau teilnehmen müssen. Im
Zuge der Vorführung erhalten sowohl Stuten als auch Hengste eine Bewertung, die
allerdings einzig und allein der Information von Züchtern dient und keinen Einfluss
auf die Aufnahme in das Stut- bzw. Hengstbuch hat. Somit sei an dieser Stelle noch
erwähnt, dass die Beurteilung der Hengste bei der zentralen Verbandshengstschau
keinesfalls mit der Beurteilung von Hengsten bei einer Körung gleichzusetzen ist.
Körungen im ursprünglichen Sinne, wie man sie vor allem aus unterschiedlichen
Warmblutzuchten kennt, gibt es beim Vollblutaraber kaum mehr.
Ähnliche Vorgehensweisen wie in Deutschland findet man in Österreich, wobei auf
die Vorführung der einzutragenden Tiere, wahrscheinlich aufgrund der geringeren
Größe der Zuchtpopulation, und auch deren Bewertung verzichtet wird (WOE,
2008). Laut Zuchtbuchordnung des Verbandes der Vollblutaraber Züchter Österreich
(kurz WO) beschränken sich die Voraussetzungen für die Eintragung eines
Hengstes bzw. auch einer Stute auf die Vorlage eines von einem Tierarzt bestätigten
Musterungsprotokolls, eine DNA-Analyse als Abstammungsnachweis und eine
Identifikation mittels Mikrochip. Zudem sind bei der Geschäftsstelle des WO vier
Fotos des Pferdes (von jeder Seite eines) zu hinterlegen. Nach Einlangen dieser
Dokumente wird der Hengst oder die Stute in das Zuchtbuch aufgenommen und ist
zum Zuchteinsatz berechtigt.
In der Schweiz werden alle Pferde als Vollblutaraber in das Stutbuch der Schweizer
Zuchtgenossenschaft für Arabische Pferde (kurz SZAP) aufgenommen, deren
Identität eindeutig geklärt ist und deren Abstammung eindeutig abgesichert ist.
Vorbildlich ist der Umgang mit der Krankheit SCID. So fordert das Stutbuchreglement
der SZAP bei jedem Pferd vor dem Zuchteinsatz eine Untersuchung auf diese
Krankheit vorzunehmen (SZAP, 2008). Die Ergebnisse sind nach schriftlicher
Einverständniserklärung des Besitzers öffentlich zugänglich. Eine traditionelle
Hengstkörung wird auch in der Schweiz nicht mehr durchgeführt. Allerdings wird in
Form der „Zuchtkategorisierung von Hengsten" ein Modell verwirklicht, das einen
besonderen Informationswert für Züchter und andere Interessenten hat. Dabei
werden die Hengste in vier Kategorien, nämlich Exterieur/Gänge, Gesundheit,
Leistung und Nachzuchtleistung mit „herausragend", „gut" oder „ungenügend"
bewertet Auch hier gibt es Parallelen zu einer Körung im ursprünglichen Sinn, in der
19
Form dass eine Beurteilung der Hengste erfolgt. Jedoch muss auch hier wieder
deutlich herausgestellt werden, dass dies nur transparente und vergleichbare
Auskünfte über die Qualitäten eines Hengstes liefert. Die eigentliche Entscheidung
darüber, ob ein Hengst die Erlaubnis für einen Deckeinsatz erhält, wird davon nicht
beeinflusst.
Um in Australien ein „Registration Certificate" zur erhalten sind folgende Dinge zu
beachten. Neben dem üblichen Procedere über das Ausfüllen eines
Musterungsprotokolls und dem Abstammungsnachweis mittels DNA-Analyse,
benötigen Hengstfohlen eine Bestätigung über den vollständigen Abstieg der Hoden
in das Scrotum (AHSA, 2008). Zudem müssen alle von der Arabian Horse Society
Australia (kurz AHSA) eingetragenen Pferde einen Brand vorweisen, der aus einer
Zahlenkombination besteht, die das Geburtsjahr und die Nummer des Fohlens
wiedergibt. Das Implantieren eines Mikrochips wird entsprechend den Wünschen der
Besitzer durchgeführt, kann die Notwendigkeit eines Brandes aber nicht ersetzen,
worauf in einem Schreiben der AHSA „Purebred Registration, Your Step by Step
guide" explizit hingewiesen wird. Die Erlaubnis für den Zuchteinsatz eines bereits
registrierten Hengstes ist nur mehr eine Formsache. Mit einer Meldung über die
„Absicht der Verwendung eines Hengstes als Zuchthengst" an die AHSA erhält ein
Hengst die Nominierung als Deckhengst und kann somit zur Zucht eingesetzt
werden.
Noch liberaler wird die Zuchtbucheintragung und später die „Erlaubnis" zum
Zuchteinsatz in den USA gehandhabt. Wie aus einer persönlichen Kommunikation
mit der American Arabian Organisation (kurz AHA) hervorgeht, bedarf es für die
VenA/endung als Zuchttier keiner weiteren Bescheinigungen, weder für Hengst noch
Stute, sofern diese in einem von der WAHO anerkanntem Zuchtregister eingetragen
sind. Für die Registrierung bei der AHA sind lediglich ein vom Besitzer ausgefülltes
Musterungsprotokoll und ein Haarbüschel für die DNA-Analyse erforderlich.
2.5.2. LEISTUNGSPRÜFUNGEN
Ähnlich wie Vorführungen der Pferde zur Eintragung in ein Zuchtbuch sind auch
Leistungsprüfungen (kurz LP) im Bereich der Vollblutaraberzucht heute
hauptsächlich in Ländern Mitteleuropas anzutreffen. Vor allem in Deutschland und
20
Österreich bieten die Zuchtverbände den Züchtern die Möglichkeit, ihre Pferde einer
Leistungsüberprüfung in den unterschiedlichsten Disziplinen zu unterziehen (VZAP,
2008; WOE, 2008). In einem von der Redaktion des VZAP geschriebenen und auf
deren Homepage veröffentlichten Artikel werden die verschiedenen Modelle der
Leistungsprüfung, die entsprechend der Zuchtbuchordnung in Deutschland
angeboten werden, näher beschrieben. In der klassischen Disziplin besteht für den
Vollblutaraber heute die Möglichkeit, Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft in
Konkurrenz mit anderen arabischen Rassen und auch Warmblütern bei einer
gemeinsamen Stationsprüfung in Form eines „70-Tage-Tests" unter Beweis zu
stellen, nachdem ein Versuch, eine separate Stationsprüfung in Form eines „100-
Tage-Tests" durchzuführen, aufgrund zu geringer Teilnehmerzahlen gescheitert war.
Zudem wird seit 1999 im Zuge des jährlichen nationalen Championates in
Neustadt/Dosse eine „Feldprüfung" angeboten, über die ein positives LP-Ergebnis
erreicht werden kann. Zu betonen ist, dass es keine Unterschiede in den
Anforderungen an die Pferde zwischen den beiden Formen der Ablegung der LP
gibt. Eine weitere Disziplin, die das Absolvieren einer LP anbietet, ist das
Distanzreiten. „Der Veranlagung des Arabischen Pferdes besonders entsprechend",
erfreut sich die Distanzreiterei im allgemeinem und insbesondere diese Form der LP
immer größer werdender Beliebtheit. Anders als bei der LP über die klassische
Reiterei sind Training und Anforderungen an Stuten und Hengste gleich. Es wird nur
bei der geforderten Leistung und deren Berechnung zwischen den Geschlechtern
unterschieden. Eine weitere Möglichkeit, sein Können unter dem Reiter zu beweisen,
bietet sich dem Vollblutaraber in Form der LP über das Westernreiten. Hierbei wird
eine Aufgabe bewertet, die sich aus Elementen von Trail, Pleasure und Reining
zusammensetzt. Was aus dem Artikel des VZAP in diesem Zusammenhang nicht
hervorgeht ist, ob an dieser Form der LP derzeit nur Hengste teilnehmen können,
oder ob auch Stuten eine Überprüfung ihres Könnens in dieser Disziplin zugänglich
ist? Die Wahrscheinlich älteste Form der Leistungsüberprüfung ist die Bewertung der
Leistung auf der Rennbahn. Während es für das Ablegen einer LP in den oben
genannten Disziplinen entweder ein Mindestalter gibt, oder eine Teilnahme mit sehr
jungen Pferden unvorteilhaft ist, kann die LP über den Rennsport bereits im Alter von
drei Jahren absolviert werden. Gelaufen werden in Europa ausschließlich
Flachrennen und entsprechend dem Alter und der Eignung über eine Distanz
zwischen 1200 und 4000 Metern.
21
Vergleichbare Optionen der Leistungsüberprüfung finden wir in Österreich. Wie der
Zuchtbuchordnung des WO zu entnehmen ist, werden auch hierzulande in den
sämtlichen oben beschriebenen Disziplinen LP angeboten, wenngleich die gestellten
Anforderungen an die Pferde geringer zu sein scheinen. Zudem teilt der WO in dem
Schreiben „Leistungsprüfung für VA in StadI Paura" mit, dass in Zusammenarbeit mit
dem Pferdezentrum StadI Paura eine stationäre, 30-tägige LP speziell für arabische
Pferde angeboten wird. Dieses Konzept wurde an die rassespezifischen
Besonderheiten des Arabers angepasst und bietet eine objektive
Leistungsüberprüfung in den klassischen Disziplinen. Neben den unterschiedlichen
Formen der LP über die Reiterei, bietet der WO zusätzlich die Möglichkeit, einen
Leistungsnachweis über das Fahren zu bringen. Hierbei haben die Teilnehmer
entweder eine Vielseitigkeitsfahrprüfung der Klasse L oder eine Pleasure Driving -
Working zu absolvieren (eine Liste der eingetragenen Zuchthengste und der
leistungsgeprüften Hengste werden in Anhang IV und V präsentiert). Eine weitere
Eigenheit in Österreich ist, dass das Ablegen einer LP und somit der Erhalt einer
Bescheinigung über die erbrachte Leistung derzeit Hengsten vorbehalten ist.
In bezug auf die Schweiz macht es zunächst den Anschein, als wären dort die
Möglichkeiten eine LP abzulegen weniger vielfältig als in Deutschland oder
Österreich. So akzeptiert der Schweizer Zuchtverband lediglich das Ablegen einer LP
über das Distanzreiten oder die Rennbahn, wobei beides Hengsten und auch Stuten
zugänglich ist. Allerdings verwirklicht die Schweiz mit der „Kategorisierung der
Leistung" zumindest für Hengste ein weiteres Konzept, über das eine Bewertung der
Leistung erlangt werden kann. Eine Kategorisierung der Leistung ist in den
Disziplinen „Klassisch", „Western" und „Fahren" sowie „Distanz" und „Rennen"
möglich. Neben der Kategorisierung der Pferde, die nicht nur im Bereich „Leistung"
möglich ist, sondern auch in den Bereichen „Gesundheit", „Exterieur/Gänge" und
„Nachzucht", setzt der SZAP mit einem Programm für Elitestuten und -hengste ein
weiteres Modell um, das auch auf internationaler Ebene als Orientierungs- und
Entscheidungshilfe besonderen Informationswert für jeden Züchter haben soll.
Angelehnt an das Elitestuten und -hengstmodell des VZAP, berücksichtigt dieses
Programm entsprechend dem Alter des zu bewertenden Pferdes sowohl
Eigenleistung, basierend auf Exterieurbeurteilung oder sportlichen Leistungen, als
22
auch Zucht- und Nachzuchtleistung. Eine genaue Beschreibung dieses
Eliteprogramms und eine Erläuterung der zu erfüllenden Anforderungen findet man
auf der offiziellen Homepage des SZAP (SZAP, 2008). In Österreich wird laut einer
persönlichen Mitteilung der Geschäftsstelle des WO derzeit kein Elitemodell verfolgt.
Wie eingangs bereits erwähnt, sind aufwendige Zuchtbucheintragungen und auch die
Durchführung von Leistungsprüfungen sowie die VenA/irklichung von Elitemodellen
heute eher Ländern vorbehalten, die eine traditionellere Form der Pferdezucht
betreiben. Dies soll aber nicht bedeuten, dass in anderen Ländern die Zucht mit
geringerer Sorgfalt betrieben wird, oder gar weniger Wert auf die Reitleistung eines
Hengstes oder einer Stute gelegt wird. Dies unterstreicht zum Beispiel die Tatsache,
dass ein Pferd in den USA einen entsprechenden „Performance Record"
vorzuweisen hat, bevor es zur Teilnahme an den Senioren Schauklassen bei den
US-Nationals berechtigt ist. Zudem übersteigt in den USA die Anzahl an
angebotenen Reitklassen die Anzahl an „Halter-Klassen" in hohem Maße. Auch die
vielen unterschiedlichen Disziplinen, ausführlich beschrieben von SCHOFLER (2006)
in ihrem Buch „Flight without Wings - The Arabian Horse and the Show World", in
denen der Vollblutaraber konkurrenzmäßig vorgestellt wird, zeugen von der
Wichtigkeit der Leistungsfähigkeit des Vollblutarabers unter dem Sattel. Ähnliche
Gegebenheiten findet man in Australien. Als weiteres Beispiel könnte man die
Faszination der Züchter in Brasilien über die Rittigkeit ihrer Araber anführen, wie sie
im Artikel „Ausdruck von Reichtum und Geschmack" über die Araberzucht in
Brasilien ausführlich beschrieben wird (LESCHONSKI, 2008). Dort findet der
gerittene Araber besonderen Anklang, wenngleich der Ansporn durch den dortigen
Araberverband, seine Mitglieder durch Geldprämien zur Zucht und Präsentation von
leistungsbereiten Arabern zu bewegen, etwas ungewöhnlich erscheint. Heute ist die
Begeisterung der brasilianischen Züchter längst nicht mehr von Geldgier oder der
Hoffnung, ein Geschäft zu machen, angetrieben. Viele namhafte Gestüte züchten
neben Schaupferden auch Reitpferde. Manche Gestüte konzentrieren sich sogar
vollständig auf die Zucht von leistungsfähigen und leistungsbereiten Arabern.
Es könnten nun noch viele Beispiele angeführt werden, welche die unterschiedlichen
Richtlinien in bezug auf die Eintragung eines Vollblutarabers in ein Zuchtregister oder
dessen Leistungsüberprüfung beschreiben, und die Vielfalt in diesem
23
Zusammenhang unterstreichen. Allerdings würde das den Rahmen dieser Arbeit
sprängen. Das Ziel herauszustellen, wie unterschiedlich die Zuchtpolitik in den
verschiedenen Ländern oder sogar Kontinenten betrieben wird, konnte, so glaube
ich, mit den Ausführungen dieses Kapitels erreicht werden. Abschließens gilt es
nochmals zu betonen, dass es von Seiten WAHO keine Restriktionen in bezug auf
die Durchführung der Zuchtarbeit gibt, solange im Sinne ihres obersten Gebotes,
nämlich dem Erhalt der Reinheit der Rasse, gearbeitet wird.
24
2.6. Schaupferd VS. Rennpferd
In den letzten Jahren haben sich innerhalb der Vollblutaraber Zucht zwei Richtungen
entwickelt, deren Selektion auf völlig unterschiedlichen Kriterien basiert. Zum einen
werden reine Schaupferde gezüchtet, die in ihrem äußeren Erscheinungsbild
möglichst den momentanen Trends der Schauszene nahe kommen sollen, wobei die
Funktionalität des Körpers wenig berücksichtigt wird. Im Unterschied dazu wird in der
Rennaraber Zucht ausschließlich auf Leistung gesetzt, während das Aussehen
dieser Pferde keine Rolle spielt.
Das Vergleichen von Zuchttieren im Rahmen von Zuchtschauen hat in vielen
Bereichen der Tierzucht eine lange Tradition (SCHOFLER, 2006). Speziell beim
Vollblutaraber hat sich daraus ein besonders starker Markt entwickelt, und ein
bedeutender Anteil der Züchter dieser Rasse verfolgt heute das Ziel, erfolgreiche
Schaupferde zu produzieren. Leider haben der enorme Stellenwert, der den
Zuchtschauen innerhalb der Vollblutaraberzucht zugesprochen wird, und der oftmals
nicht artgerechte Umgang mit den Pferden, sowohl während des Trainings als auch
bei der Vorführung, wesentlich zu einem ungerechtfertigten schlechten Ruf des
Arabischen Vollblutes beigetragen. Leider wissen nur die wenigsten, welche
Anstrengungen wirklich hinter der oftmals so verachteten Fassade eines
Showarabers stecken. Das Ziel der folgenden Ausführungen ist nicht, die leider
vielerorts vorherrschenden Missstände des Schau(un)wesens zu verharmlosen.
Vielmehr sollen sie dazu dienen, dem Laien zu veranschaulichen, dass auch der
Schauaraber eine solide Ausbildung und Konditionierung durchlaufen muss, bevor er
sich dem Publikum in korrekter Manier präsentieren kann. Wie oben bereits erwähnt,
gewährt SCHOFLER (2006) in ihrem Buch „Flight Without Wings - The Arabian
Horse and the Show World" einen Einblick in die verschiedenen
„Wettkampfdisziplinen" des Arabers. Auch dem Schaupferd widmet sie ein eigenes
Kapitel, und beschreibt ausführlich die fachgerechte Vorbereitung eines
Showarabers sowie die zu beachtenden Punkte bei der Präsentation. Zudem wird die
Meinung von professionellen Trainern und Richtern in ihren Ausführungen
berücksichtigt. Gleich zu Beginn enwähnt sie, dass „showmanship" und das Studium
des Exterieurs in gleichem Maße zum Inhalt der Araberschau geworden sind, und
zitiert die Worte eines erfolgreichen Vorführers, die lauteten, „wenn es nur um die
25
Vorzüge eines Pferdes in seinem natürlichen Zustand ginge, würden wir die Pferde
an einen Pfosten binden, um so von einem Richter beurteilt zu werden". Damit wird
verdeutlicht, dass die Präsentation eines Vollblutarabers professionelles Können
verlangt, wodurch es erst möglich ist die Stärken positiv hervorzuheben und die
Schwächen zu minimieren (SCHOFLER, 2006). Dies verlangt natürlich auch nach
einem Richter, der die Fähigkeit besitzt, eine akkurate Bewertung vorzunehmen
(ibid). Die Basis für die erfolgreiche Ausbildung eines Halter-Pferdes bildet eine
fundierte Grundausbildung, während der das Pferd zunächst lernen muss, auf die
Körpersprache und die Stimme des Trainers zu reagieren (ibid). So muss es in der
Lage sein, Schulter an Schulter mit dem Ausbilder zu gehen und zu laufen, und
uneingeschränkt auf ein Haltkommando zu reagieren. Wichtig dabei ist, dass das
Pferd versteht, dass sowohl der Trainer als auch das Pferd selber ihre eigenen
Bereiche haben, die sich niemals überschneiden. Die meisten Pferde kapieren dies
sehr schnell, da es ein natürliches Verhalten widerspiegelt. Beobachtet man eine
Stute mit ihrem Fohlen auf der Weide, kann man schnell erkennen, dass sie ihrem
Fohlen durch die Bewegung ihrer eigenen Schulter die Richtung weist. Des Weiteren
soll das zukünftige Schaupferd bereits daheim den Umgang mit beängstigenden
Situationen lernen und somit Vertrauen zu seinem Vorführer aufbauen. Wurde die
Basis erfolgreich gelegt, kann man mit der Entwicklung der viel diskutierten „Pose"
beginnen. Damit ist die spezielle Körperhaltung gemeint, in der der Vollblutaraber
dem Richter präsentiert wird. Als erster Schritt gilt es dem Pferd beizubringen, seine
Beine richtig zu positionieren und sich dabei vom Trainer führen zu lassen.
Anschließend lernt es, den Hals zu strecken ohne dabei den Körper zu bewegen. Um
den „Stand up" zu perfektionieren, bringt man das Pferd dazu, den Kopf und den
Hals zu heben, und die nötige Körperspannung einzunehmen. Natürlich wurden die
einzelnen Schritte bei der Ausbildung der Showarabers hier kurz zusammengefasst
dargestellt, was nicht dazu verleiten soll, diese Art des Trainings als sehr einfach zu
bewerten. Es benötigt sehr viel Zeit und Geduld sowie ausgiebige Erfahrung, um
einen Vollblutaraber dahingehend zu erziehen, dass er vor einem tobenden Publikum
eine „perfekte" Show liefert.
Allerdings ist es mit dem Einstudieren des idealen „Stand-up" bei weitem noch nicht
getan, denn Schaupferde müssen auch fit und gut bemuskelt sein, damit sie ihren
Körper von der besten Seite präsentieren können. Um eine entsprechende
26
körperliche Fitness der Pferde zu erlangen, ist eine aufwendige Konditionierung
erforderlich (SCHOFLER, 2006). Da viele Showaraber bereits in sehr jungem Alter,
lange bevor sie geritten werden können, regelmäßig an Zuchtschauen teilnehmen,
werden diese Pferde auf unterschiedliche Weise an der Hand gearbeitet. Üblich sind
die Arbelt im Freilauf oder auch die Arbeit an der Longe, wobei insbesondere bei
jungen Pferden darauf zu achten ist, dass das Longieren und die damit verbundene
Bewegung eine einseitige Belastung der Beine mit sich bringt, die negative Folgen
haben kann. Manche Trainer umgehen dieses Problem, indem sie ein ruhiges
erfahrenes Pferd einsetzen, mit dessen Hilfe sie das Jungpferd als Handpferd
arbeiten können. Auch der Einsatz eines Laufbandes zur Trainingsunterstützung hat
sich vielerorts durchgesetzt, und bei besonders erfolgreichen Trainern dürfen Pferde
sogar durch Schwimmen eine entsprechende Kondition aufbauen. In diesem
Zusammenhang sei noch erwähnt, dass die meisten Trainingspferde während ihres
Work-outs eine „Schwitz-Ausrüstung" tragen, die es für verschiedene Körperpartien
gibt. Die Anwendung dieser Hilfsmittel bewirkt eine Minimierung der Wasserretention
und strafft die Haut, wodurch eine elegantere Erscheinung erreicht werden soll.
Nebenbei soll noch erwähnt sein, dass auch der Vorführer in guter körperlicher
Verfassung sein muss, denn im Schauring muss er in der Lage sein, mit dem
animiert trabenden Pferd mitzuhalten.
Auch die tägliche Pflege und Präparation nehmen einen hohen Stellenwert in der
Vorbereitung eines zukünftigen Schaupferdes ein (SCHOFLER, 2006). Neben der
allgemeinen Fellpflege mit diversen Hilfsmitteln kommen sehr viele unterschiedliche
Decken zum Einsatz. Zudem hat es sich in der Schauszene des Vollblutarabers
durchgesetzt, die Pferde zu scheren. Je nach Jahreszeit werden die Pferde am
ganzen Körper oder beschränkt auf bestimmte Körperpartien geschoren. Besondere
Aufmerksamkeit wird dabei dem Kopf geschenkt. Als das wichtigste Merkmal, das
den Typ eines Pferdes unterstreicht, wird besonders um die Augen- und die
Maulpartie langes Fell entfernt, damit die dunkle Pigmentierung der Haut deutlicher
hervorkommt. Je nach Land werden diese Partien auch von Tasthaaren befreit.
Abschließend kommen noch diverse Öle und andere Präparate zum Einsatz, um vor
allem Augen und Maul zusätzlich zu betonen. Das Ziel ist es, einen besonders
„exotischen Look" zu erreichen.
27
Anhand dieser Ausführungen erkennt auch der Laie, dass es für einen
professioneilen Schauauftritt nicht ausreichend ist, ein gut genährtes Pferd von der
Koppel zu holen, es zu waschen, um es anschließend einem Richtergremium zu
präsentieren. Hinter der Fassade des ideal vorgestellten Showarabers steckt eine
Menge Arbeit, die professionelles Können verlangt.
Ein nicht weniger spezialisierter Markt ist die Zucht von Rennarabern, die sich in
einigen Ländern zu einer eigenständigen Zuchtrichtung entwickelt. Bereits vor
Hunderten von Jahren mussten die Urväter des Vollblutarabers ihre Schnelligkeit und
Ausdauer als Kriegspferde der Beduinenvölker der Arabischen Wüste unter Beweis
stellen. Zudem wurden schon damals Pferderennen veranstaltet, um das Ansehen
des Besitzers und nicht zuletzt den Wert des siegreichen Pferdes zu steigern.
Dennoch fehlte es sehr lange Zeit an einer übergeordneten Organisation, die die
Araberrennen auf internationaler Ebene organisierte und förderte. So blieb die
Rennszene dieser Rasse über einen langen Zeitraum das Stiefkind der so
erfolgreichen Rennszene des Englischen Vollblutes, obwohl das Arabische Vollblut
wesentlich zur Entstehung und zum Erfolg dieser Rasse beigetragen hatte. Erst im
Jahre 1999 kam es zur Gründung der Non-profit Organisation „International
Federation of Arabian Racing Authorities" (kurz IFAHR) mit Sitz in Frankreich
(IFAHR, 2008). Mit dem ins Leben rufen dieser Vereinigung wollte man sich in erster
Linie von den traditionellen Vollblutaraber Organisationen abgrenzen, die sich primär
um Schauszene kümmerten (ibid). Zudem versuchte man sich auf die Rennwelt des
Englischen Vollblutes anzunähern, um das Level der Anerkennung der
Araberrennen dem des Englischen Vollblutes anzugleichen (ibid). Aus den
Statistiken der IFAHR geht hervor, dass sich ihr zwischenzeitlich 24 Nationen
angeschlossen haben, die seit ihrer Gründung 2370 Rennen durchgeführt haben mit
Preisgeldern in der Höhe von über 50 000 000 Euro Führende Länder in der
Ausschreibung von Araberrennen sind erwartungsgemäß Frankreich, Holland, die
Türkei und Schweden, um nur einige zu nennen, da diese Länder auf eine lange
Geschichte der Leistungsüberprüfung ihrer Vollblutaraber auf der Rennbahn
zurückblicken.
28
Tabelle 1: Arabian Horse Racing Statistic since 2001-01-01
Country Races Price Money (EUR) Algeria 3 6.151,85 Australia 9 688,62 Austria 74 120.140,00 Belgium 126 507.007,60 Czech Republic 1 2.799,38 Denmark 68 177.778,98 Egypt 12 65.931,62 France 385 5.625.551,56 Germany 130 864.611,54 Great Bitain 130 1.819.556,72 Holland 326 620.212,13 Italy 14 530.848,00 Morocco 39 891.233,33 Norway 35 86.689,44 Poland 13 256.621,34 Qatar 49 4.912.505,83 Russia 173 223.316,91 Sultanate of Oman 1 Sweden 203 712.095,37 Switzerland 26 137.453,19 Tunisia 10 332.388,44 Turkey 295 21.939.467,67 United Arab Emirates 118 7.012.565,33 United States of America 130 3.999.805,31 Gesamt 2370 50.845.420,16
Einige Informationen über die Ausbildung und das Training des Rennarabers liefert
NEVEN DUMONT (1997) in einem Kapitel ihres Buches „Arabische Pferde" . Sie
weist darauf hin, dass der Grundstein für eine erfolgreiche Karriere auf der Rennbahn
bereits mit der artgerechten Haltung und Aufzucht des Fohlens bzw. Jungpferdes
gelegt wird. Genügend Auslauf und Spielkameraden, die durch die Animation zum
Herumtollen für ausreichende Bewegung sorgen, fördern die Ausbildung der Lunge
und die Belastbarkeit der Sehnen. Obwohl das Training beim Vollblutaraber im
Vergleich zum Englischen Vollblut erst später aufgenommen wird, beginnt die
Ausbildung relativ früh im Alter von zweieinhalb Jahren, um als Dreijähriger an den
ersten Rennen teilnehmen zu können. Zunächst erfolgt ein schonendes Anreiten,
wobei anfänglich kein Wert auf die Schnelligkeit gelegt werden soll. Dann gilt es
entsprechende Rittigkeit und Balance zu erlangen. Hat man dies erreicht, werden
Ausdauer und Kondition gefördert. Erst im letzten Schritt des Aufbautrainings werden
den Pferden hohe Geschwindigkeiten abverlangt.
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Zusammenfassend kann man sagen, dass sich der Rennsport in der Vollblutaraber
Zucht immer größer werdender Beliebtheit erfreut. Allerdings sehen viele Beobachter
die Entwicklungen der Rennaraber-Zucht insofern kritisch, als dass sich innerhalb
einer Rasse eine eigene Zuchtrichtung abspaltet, die wenig Rücksicht auf
charakteristische Merkmale des Arabischen Vollblutes nimmt, und nur noch auf
Leistung selektiert. Diesen Punkt greift auch NEVEN DUMONT (1997) auf und
schreibt, dass über die Bewertung der Rennleistung als alleiniges Selektionskriterium
Pferde gezüchtet werden, die die rassespezifischen Eigenheiten wie arabischer Typ
und Korrektheit des Körper und des Fundamentes nicht mehr vorweisen können, weil
diese auf den Erfolg des Rennarabers wenig Einfluss haben (NEVEN DUMONT,
1997). In diesem Kontext verweist sie auch auf einige Länder, in denen diese Art der
Zuchtpolitik „Vollblutaraber" hervorgebracht hat, die exterieurmäßig viel mit einem
Englischen Vollblut gemein haben, hingegen als Vertreter ihrer eigenen Rasse kaum
noch erkennbar sind.
Eine nicht weniger gravierende Veränderung kann man in bezug auf den
Schauaraber feststellen. Anders als beim Rennaraber werden hier immer extremere
Ausprägungen der typischen Charakteristiken des Vollblutarabers verlangt, wobei die
Leistungsfähigkeit dieser Pferde total in den Hintergrund gestellt wird. Vielleicht sollte
man sich in diesem Zusammenhang auf die Durchführung der Zucht und die damit
verbundenen Selektionskriterien der Staatsgestüte in Polen oder auch Tersk
besinnen. Stetig beweisen sie, dass sich arabischer Typ/Adel und Leistungsfähigkeit
durchaus verbinden lassen, und sich keineswegs gegenseitig ausschließen müssen.
Traditionsgemäß werden dort alle Pferde einer Bewertung auf der Rennbahn
unterzogen, bevor sie in den Zuchteinsatz gehen. Allerdings zählt nicht die absolute
Leistung gemessen an Erfolgen. Die Pferde müssen in erster Linie Rittigkeit und
Leistungsbereitschaft unter Beweis stellen.
30
2.7. Krankheiten
2.7.1. SEVERE COMBINED IMMUNODEFICIENCY (SCID)
Über viele Jahrzehnte hinweg war SCID ein ernsthaftes Problem für
Vollblutaraberzüchter rund um den Globus und lieferte immer wieder Gesprächsstoff
für kontroverse Diskussionen. Erstmals beschrieben wurde diese Krankheit im Jahre
1973 in Australien an zwei Vollblutaraberfohlen, die einer wiederholten Anpaarung
desselben Hengstes mit derselben Stute entstammten (MC GUIRE UND POPPIE,
1973). Bereits damals wurde festgestellt, dass beide Fohlen einen Defekt im
Abwehrsystem der B und T Lymphozyten zeigten (ibid). Einen wichtigen Fortschritt in
der Aufklärung von SCID lieferten PERRYMAN UND TORBECK (1980), indem sie
nachweisen konnten, dass es sich hierbei um eine autosomal rezessive Erbkrankheit
handelt. Diese Erkenntnis war für den Umgang mit diesem tödlich verlaufenden
Gendefekt von großer Bedeutung, da man fortan wusste, dass es nur zur Geburt
eines kranken Fohlens kommen kann, wenn beide Eltern Träger dieser Krankheit
sind. Allerdings gab es zu diesem Zeitpunkt noch keinen Test, mit dessen Hilfe
Träger identifiziert werden konnten. Die Lösung dieses Problems brachte ein im
Jahre 1997 entwickelter Gentest, dessen Anwendbarkeit und Gültigkeit durch SHIN
et al. (1997) in einer Studie überprüft wurden. Die Auswertung der Ergebnisse
bestätigte, dass mit Hilfe dieses Tests eine korrekte Identifizierung von Trägern
dieser Krankheit und auch daran erkrankten Fohlen möglich ist, vorausgesetzt dass
alle Arabischen Pferde mit SCID dieselbe genetische Mutation aufweisen. Die
Mutation von der in diesem Zusammenhang die Rede ist, betrifft das Enzym DNA-
PKcs, eine Komponente des Immunsystems, das für die Generierung einer Vielzahl
von Molekülen der Immunabwehr verantwortlich ist (SHIN ET AL., 1997). Eine
verminderte Aktivität dieses Enzyms führt zum Ausbleiben des
Umgestaltungsvorgangs der Vorläuferstufen von T und B Lymphozyten in Gene, die
für antigenspezifische Rezeptoren kodieren (GIGÜERE UND POLKES, 2005). Als
Konsequenz werden betroffene Fohlen ohne ausgereifte funktionsfähige B und T
Lymphozyten geboren, wodurch sie besonders anfällig für diverse
Infektionserkrankungen sind (ibid). Erkrankte Fohlen zeigen meist bakterielle, virale
oder Pilzinfektionen des Respirationstrakts (ibid). Zudem ist der Verdauungstrakt
häufig betroffen (ibid). In Abhängigkeit vom passiven Immuntransfer über das
Kolostrum und den Infektionsdruck durch Krankheitserreger, denen die Fohlen
31
ausgesetzt sind, schwankt das Auftreten der ersten klinischen Symptome zwischen
dem ersten und dritten Lebensmonat (ibid). Obwohl die Behandlung eines an SCID
erkrankten Fohlens mittels einer Stammzellentransplantation bereits erfolgreich
umgesetzt wurde, ist diese Art der Bekämpfung wohl nicht praxisrelevant. Eine
medikamentöse Behandlung kann zwar zu vorübergehenden Erfolg führen, aber die
Infektionen kehren meist innerhalb kurzer Zeit zurück, und die Fohlen sterben in der
Regel vor dem fünften Lebensmonat (oder werden euthanasiert) (GIGÜERE UND
POLKES, 2005).
In bezug auf die Auftrittshäufigkeit von SCID gibt es basierend auf einigen Studien,
die in unterschiedlichen Ländern durchgeführt wurden, verschiedene Meinungen.
Eine der ersten wissenschaftlichen Untersuchung in diesem Zusammenhang lieferten
BERNOCO und BAILEY (1997). Von den 250 auf SCID getesteten gesunden
Vollblutarabern konnten 21 Tiere (8,4%) als Träger dieser Krankheit identifiziert
werden. Dieses Ergebnis ließ darauf schließen, dass die Wahrscheinlichkeit der
Geburt eines an SCID erkrankten Fohlens etwa bei 0,18% liegt (BERNOCO UND
BAILEY, 1997). Das Resultat der Studie dieser Autoren stand in großem
Widerspruch zu den Berichten von POPPIE UND MCGUIERE, die bereits 1977 von
einer Auftrittshäufigkeit von SCID Trägern sprachen, die bei 25,7% lag, und bei 2,3%
der Fohlen eine Krankheit beobachten konnten. Die Ursache für die
unterschiedlichen Ergebnisse begründen BERNOCO UND BAILEY (1997) mit der
Annahme, dass es bei den von Poppie und McGuire angegebenen Schätzungen zu
einer Erhöhung der Prävalenz kam. Den Grund dafür vermuten BERNOCO UND
BAILEY in der Tatsache, dass die oben genannten Schätzungen auf
Untersuchungsmaterial basierten, das überwiegend von Zuchtstätten stammte, in
denen SCID bereits aufgetreten war. Es ist anzunehmen, dass diese überwiegende
Teilnahme wissentlich „belasteter" Betriebe somit zu einer Verzerrung im Sinne einer
Erhöhung der Prävalenz führte. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Prävalenz von
SCID durch Selektion der Züchter verringert hat, schließen sie aus. Noch niedrigere
Zahlen ergaben sich bei einer Studie an 205 Vollblutarabern in Brasilien (TEIXERA
ET AL., 2001). Hierbei konnten nur 3 der getesteten Pferde, also 1,5%, als Träger
identifiziert werden (ibid). Im Gegenteil dazu wiesen die Resultate einer
Untersuchung, durchgeführt an 416 Pferden in Belgien, auf einen höheren
Prozentsatz an Trägern hin (PEELMAN ET AL., 2006). Bei 25 oder 6,05% der
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genotypisierten Pferde konnte das Defektgen in heterozyogter Form nachgewiesen
werden (ibid). Kalkulationen basierend auf diesem Ergebnis ergaben eine
Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von kranken Tieren von 0,096% (ibid).
Ausführliches Datenmaterial liefert auch die Firma VetGen Inc., die an der
Entwicklung des Tests für SCID maßgeblich beteiligt war und diesen vertreibt.
Demzufolge stehen ihr eine Menge an Daten zur Verfügung, anhand derer
aussagekräftige Analysen durchgeführt werden konnten. In einem Artikel,
zusammengestellt von MINNICH (2008) werden die wichtigsten Informationen über
SCID kurz zusammengefasst, und die Ergebnisse aus der Untersuchung von 7.700
Pferden in einem Zeitraum von 1997 bis May 2007 interpretiert und grafisch
dargestellt. Im Zuge der Überprüfung der oben genannten Pferde konnten 17% als
Anlageträger bestätigt werden, und 0,3% als Merkmalsträger für SCID festgestellt
werden. Es wird aber darauf hingewiesen, dass die tatsächliche Zahl an krank
geborenen Fohlen mit großer Wahrscheinlichkeit höher ist, da nicht von jedem
betroffenen Fohlen Proben zur Untersuchung eingesandt werden, und diese in der
Statistik von VetGen Inc. somit nicht berücksichtigt werden können.
Abschließend kann man sagen, dass es in der modernen Vollblutaraberzucht die
Verpflichtung eines jeden verantwortungsvollen Züchters sein sollte, seine Pferde
einer molekulargenetischen Untersuchung auf SCID zu unterziehen. Ungeachtet der
wirklichen Zahlen, kann nur so die Geburt eines kranken Fohlens vermieden werden.
2.7.2. COAT COLOUR DILUTION LETHAL - CCDL („LAVENDER FOAL
SYNDROME")
Eine weitere Krankheit bei der eine Erblichkeit ähnlich der autosomal rezessiven
Vererbung von SCID vermutet wird, ist die CCDL. Während SCID nicht nur beim
Vollblutaraber vorkommt, sonder auch bei diversen anderen Spezies wie Mäusen,
Hunden und nicht zuletzt dem Menschen nachgewiesen werden konnte, beschränkt
sich die CCDL ausschließlich auf Vollblutaraber-Fohlen mit rein ägyptischer
Abstammung bzw. hohem ägyptischen Blutanteil. Obwohl diese Krankheit bereits seit
mehreren Jahrzehnten bekannt ist, wurde sie bis jetzt wenig untersucht, und es gibt
kaum Literatur, die durch Fachleute überprüft wurde (FANELLI, 2005). Diesen Grund
nahm FANELLI (2005) zum Anlass, die Besonderheiten der CCDL nach damaligem
Stand der Wissenschaft in einem Artikel zusammenzufassen. Zunächst werden die
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typischen Symptome dieser Krankheit anhand von sechs Fällen verdeutlicht. Die
meisten dieser Fohlen kamen nach normaler Trächtigkeit ohne Hilfe zur Welt. Alle
Fohlen zeigten intermittierenden Opisthotonus und typische Paddelbewegungen und
waren unfähig, eine sternale (aufrechte) Liegeposition einzunehmen oder
aufzustehen. Der Saugreflex war immer deutlich ausgeprägt. Hämatologie und
Serum Biochemie waren unauffällig. Trotz mehr oder weniger intensiver Betreuung,
mussten alle Fohlen innerhalb der ersten Tage nach der Geburt euthanasiert
werden. Post mortem Untersuchungen zeigten Abnützungen an hervortretenden
Bereichen des Schädels. Läsionen des Zentralnervensystems konnten nicht
festgestellt werden. Die wohl auffälligste Gemeinsamkeit aller Fohlen war eine
stumpfe, ausgebleichte Fellfarbe, von der diese Krankheit ihren Namen hat.
Laut FANELLI (2005) weisen die klinischen Symptome auf eine Form von Tetanie
hin. Die Paddelbewegungen interpretiert er als Versuch den Krampf zu überwinden
und eine aufrechte Liegeposition einzunehmen. Alternativ könnten sie partielle
Krämpfe sein, hervorgerufen durch unkontrollierte neuronale Aktivität, was dem Autor
aufgrund des Charakters der klinischen Zeichen als weniger zutreffend erscheint. Die
eigentümliche Fellfarbe begründet er mit einem Defekt in den Pigmentzellen. Des
Weiteren verweist er auf einige Anzeichen, die auf eine kompliziertere Weise der
Vererbung als die angenommen autosomal rezessive Vererbung hindeuten.
Hervorgehoben wird, dass es ungeachtet der Art und Weise der Vererbung in erster
Linie wichtig ist, Trägertiere nicht in der Zucht einzusetzen. Ausführlich beschreibt
FANELLI (2005) auch die Abgrenzung der CCDL gegenüber Krankheiten, die
differentialdiagnostisch in Frage kommen könnten. Dies sind die Neonatale
Septikämie, die Neonatale Enzephalopatie, die Idiopathische oder Benigne Epilepsie
und die Occipitoatlantoaxiale Fehlbildung. Auf zwei dieser Krankheiten wird später
noch genauer eingegangen, da sie insbesondere beim Vollblutaraber eine gewisse
Bedeutung haben.
Aufgrund der spärlichen Daten ist es bis heute nicht gelungen, die Pathologie dieser
Krankheit genau zu beschreiben. FANELLI (2005) vermu
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