Beiträge zur Chemie des Schwefels. XV. Über das System Kalium-Schwefel

Preview:

Citation preview

Beitrage z u r Chemie des Schwefels. X V f )

Uber das System Kalium-Schwefel

Von F. F E H ~ R und H. J. BERTHOLD

(Mit 1 Abbildung)

Inhaltsiibersicht Die verschiedenen Methoden zur Darstellung reiner, wasserfreier Kalium-Polysulfide

werden iiberpriift und die erhaltenen Praparate einer rontgenographischen Kontrolle unter zogen .

Fur die Gewinnung von K,S, und K,S, stellt die Heaktion zwischen Kalium und Schwefel in fliissigem Ammoniak die einzige Moglichkeit dar, die Verbindungen bei Tem- peraturen unterhalb ihrer Schmelzpunkte herzustellen. Bei der Unisetzung zwischen den Elementen unter siedendem Toluol entsteht kein K,S,, sondern ein Mischprodukt der ungefahren Zusammensetzung KAS4,,. K,S, und K,S, konnen nach den in der Literatur beschriebenen Verfahren gewonnen werden, indem man entsprechende Mengen Schwefel in absolut alkoholischen K,S-Losungen auflijst und die auf Grund ihrer Schwerloslichkeit im Verlaufe des Versuchs auskristallisierenden Polysulfide anschlieBend abfiltriert.

Von samtlichen Polysulfiden des Kaliums werden die Dichten und einige weitere Eigenschaften mitgeteilt. Alle Verbindungen von K,S, bis K,S, besitzen eigene Rontgen- diagramme, so daS ihre Existenz im festen Zustand als gesichert angesehen werden kann. Im Gegensatz ziim Na,S, tritt K,S, nur in einer Modifikation auf.

Rijntgenaufnahmen im System Natrium-Schwefell), haben unter anderem gezeigt, dalj Natriumdisulfid in zwei Modifikationen auftritt und dalj Natriumtrisulfid im festen Zustand nicht als einheitliches Poly- sulfid existiert, sondern ein aquimolekulares Gemisch von Na,S, und Na,S, darstellt. Zur Beantwortung der Frage, wie die Verhaltriisse bei den Kaliumpolysulfiden liegen, erschien es daher wunschenswert, eine rontgenographische Untersuchung des Systems K,S-S durchzufuhren. Auch sollten gleichzeitig gewisse Unklarheiten beziiglich Darstellung und Eigenschaf ten reiner Kalium-Polysulfide beseitigt und zum Zwecke einer raumchemischen Diskussion die Dichten der Verbindungen gemessen werden. Eindeutige Existenznachweise der Polysulfide waren fur uns

l) XIV. Mitteilung: F. FEHPR u. H. J. BERTHOLD, Z. anorg. allg. Chem. 273, 144 (1953).

224 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 274. 1953

weiterhin noch deshalb von Bedeutung, weil wir beabsichtigen, &us wasser- freien Alkalipolysulfiden durch Zersetzung mit Saureni direkt die ent- sprechenden Sulfane (H,S,, H,S,, H,S, usw.) herzustellen. Dies ist natur- gemail3 nur dann moglich, wenn bereits das Ausgangsprodukt einheit- liche Schwefelketten besitzt.

Fur die Gewinnung von Kal iumdisu l f id ist bis jetzt noch keine Darstellungs- methode beschrieben worden, die es gestattet, K,S, bei einer Temperatur unterhalb des Schmelzpunktes herzustellen. Versuche von THOMAS und RULE^) sowie PEARSON und ROBINSON3), die Verbindungen aus alkoholischer Losung zu isolieren, fiihrten nicht zu reinen Produkten. BERGSTROM4) teilt mit, daB bei der Einwirkung von Schwefel auf eine Losung von Kaliuni in fliissigem Ammoniak intermediar ein schwerlosliches Disulfid gebildet wird, jedoch isolierte er das Produkt nicht, und es ist daher nicht erwiesen, ob der beobachtete gelbe Niederschlag reines K,S, gewesen ist. Die Damtellung von Kalium- disulfid erfolgte bisher nur nach Verfahren, hei denen die Verbindung durch Reaktion in der Schmelze entsteht (siehe unten).

K a l i u m t r i s u l f i d 1aBt sich nach PEARSON und ROBINSON3) durch Zugabe der berechneten Menge Schwefel zu einer Losung von Kaliummonosulfid in absolutem Alkohol herstellen. Da das Trisulfid in Alkohol schwer Ioslich ist, fallt es aus der siedenden Losung nach einiger Zeit aus und kann abfiltriert werden. Bemerkenswerterweise bildet sich K,S, unter den beschriebenen Bedingungen auch in solchen Losungen, bei denen das Atomverhiltnis S:K vom Wert 1,5weit nach unten hin abweicht. Die obere Grenze wird mit 1,63 angegeben. Enthalt die Losung mehr Schwefel, so entstehen Gemische zwischen K,S3 und K,S,, bis von einem Atomverhaltnis 2,O an reines K,S, awfallt.

uber die Darstellung von K a l i u m t e t r a s u l f i d bestehen in der Literatur noch Unklarheiten. Wahrend DRAVES und TARTAR^) angeben, daB sie als Ergebnis der Reak- tion zwischen Kalium und iiberschiissigem Schwefel unter siedendern Toluol Polysulfide mit Zusammensetzungen von K,S4,,, bis K,S4,,, erhalten, finden PEARSON und ROBIN- S O N ~ ) unter den gleichen Versuchsbedingungen reines K,S,. Nach BERGSTROMI) ent- steht Kaliurntetrasulfid durch Umsetzung zwischen den Elementen in flussigem Ammoniak. uber die Verbindung selbst teilt BERGSTROM keine naheren Einzelheiten mit. Therrnische Untersuchungen des Systems K,S-S yon THOMAS und RULE^) sowie von PEARSON und ROBIN SON^) zeigen bei der Zusammensetzung K,S, einen deutlichen Rnick in der Kurve. Die genannten Forscher nehmen an, daB sich die Verbindung bei ihrem Schnielzpunkt geringfugig zersetzt und deshalb kein eindeutiges Maximum auftritt. Die Existenz von K,S, geht jedoch aus Entschwefelungsversuchen an hoheren Kaliumpolysulfiden bei Temperaturen von einigen hundert Grad hervor.

Die Darstellung von wasserfreiem K a l i u m p e n t a s u l f i d ist zuerst von THOMAS und RULE,) beschrieben worden. Sie fugten zu einer alkoholischen Kaliumhydrogen- sulfidlosung die zur Bildung des Fentasulfids notwendige Menge Schwefel und isolierten das schwerlosliche Salz aus der heiBen Losung. Nach PEARSON und ItOBINSON3) cnbsteht die Verbindung auch durch Reaktion zwischen Schwefel und einer alkoholischen Kalium- monosulfidlosung. Wie die Autoren angeben, kristallisiert K,S, auch dann noch aus,

2, J. S. THOMAS u. A. RULE, J. chem. SOC. [London] 106, 2819 (1914). 3) TH. G. PEARSON u. P. L. ROBINSON, J. chem. SOC. [London] 1931, 1304. 4, F. W. BERGSTROM, J. Amer. chem. SOC. 48, 147 (1926). 6 ) C . Z. DRAVES u. H. V. TARTAR, J. Amer. chem. SOC. 48, 1528 (1926). 6, J. S. THOMAS u. A. RULE, J. chem. SOC. [London] 111, 1077 11917).

F. F E H ~ R u. H. J. BERTHOLD, tfber das System Kalium-Schwefel 225

wenn das Atomverhaltnis S:K in der Losung zwischen 2,0 und 3,O schwankt. Gemische zwischen Schwefel und Kaliumpentasulfid will HuQOT ’) durch Einwirkung von uber- schiissiqem Schwefel auf eine Losung yon Kalium in flussigem Ammoniak erhalten haben. Er hat das entstandene Polysulfid jedoch nicht isoliert und seine Beweisfiihrung beziiglich deu Vorliegens von K,S, kann nicht als einwandfrei angesehen werden B).

Die Existenz eines K a l i u m h e x a s u l f i d s erschlieSen THOMAS und RULE^) sowie PEARSON und ROBINSON3) aus dem Auftreten eines stark abgeflachten Maximums im Schmelzdiagramm K,S - S. Das Maximum liegt nur wenig iiber dem Schmelzpunkt des K,S,--K,S,-Eutektikums einerseits und demjenigen der gesattigten Losung yon Schwefel in Kaliumhexasulfid andererseits. Versuche, das Hexasulfid aus alkoholischer Losung zu gewinnen, fiihrten nur zur Bildung von Pentasulfid, das mit Schwefel vermischt war. Ober die Eigenschaften von K,S, ist bisher noch nichts bekannt.

AuBer den erwahnten speziellen Methoden sind die verschiedenen Polysulfide auch wiederholt auf dem Wege iiber die Sc hmelze dargestellt worden@). Die Moglichkeiten hierzu sind denen der Gewinnung von Natriumpolysulfiden auf trockenem Wege analog, und wir verweisen deshalb auf unsere Mitteilung iiber das System Natrium-Schwefell) sowie auf die Originalliteraturlo).

I. Die Praparate und ihre Eigenschaften

Kaliumdisulfid. Zur Entscheidung der Frage, ob K,S, ahnlich wie Na,S, in zwei Modifikationen, einer Tieftemperatur- und einer Hochtem- peraturmodifikation auftritt, war es erforderlich, die Temperatur wah- rend der Darstellung moglichst niedrig zu halten. Wir wahlten zur Ge- winnung der Verbindung die Reaktion zwischen Schwefel und dem Metal1 in flussigem Ammoniak, iiber die bereits fruher berichtet wurde 1).

Die Vcrsuche wurden in der gleichen Weise durchgefuhrt, wie es beim Natriumdisulfid ausfuhrlich beschrieben worden ist. Wir gaben das Kalium in mehreren Portionen in das Reaktionsgefalj und erhielten schlieljlich durch Abbau der zunachst gebildeten hoheren loslichen Poly- sulfide einen hellgelben, flockigen Niederschlag. Obwohl die Losung uber dem Disulfid gelborange gefarbt war, zeigte dieses nach dem Verdampfen des Ammoniaks keine verschiedenen Farbtonungen. Dies ist ein Zeichen dafur, dalj Losung und Niederschlag die gleiche Zusammensetzung hatten.

Als gelegentlich bei einem Versuch infolge der Heftigkeit der ersten Reaktion etwas Kalium in die oberen Apparaturteile verspritzt war und die Losung dadurch einen etwas zu hohen Schwefelgehalt erhalten hatte, erkannte man nach dem Abdampfen des Ammoniaks in dem sonst homo- genen gelben Ruckstand des Disulfids vereinzelte orange gefarbte Stellen,

C. HUQOT. C. R. hebd. SBances h a d . Sci. 12912, 389 (1899). 8 ) Vgl. hierzu: F. FEHI~R u. H. J. BERTHOLD, Z. anorg. allg. Chem. 273, 146 (1953). O ) Fur K,S, ist dies der einzige bisher bekannte Weg zur Darstellung.

Vgl. 3, sowie 6 ) . W. KLEMM u. H. SODOMANN, Z. anorg. allg. Cheni. 825, 277 11935).

226 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 274. 1953

die von hoheren Polysulfiden herruhrten. Um reines K,S, zu erhalten, wurden nochmals etwa 50 ml Ammoniak auf das Produkt kondensiert. Die orange gefarbten hoheren Polysulfide losten sich rasch auf, so dalJ wir anschliefiend das ungeloste Disulfid durch Filtration unter Luftaus- schlufi in reiner Form isolieren konnten.

Das aus flussigem Ammoniak hergestellte Kaliumdisulfid ist eine zartgelbe, feinpulvrige Substanz, die nach dem Tempern bei 150" C im Vakuum kein Ammoniak mehr enthalt. Das Praparat ist aufierordent- lich hygroskopisch und luftempfindlich. Die Losung in Wasser besitzt gelbe Farbe. Beim Erhitzen im Vakuum farbt sich K,S, allmahlich dunk- ler und ist bei 440°C tieforange gefarbt. Spater beginnt die Substanz stark zu sintern, ist bei 500°C dunkelrotviolett und schmilxt bei etwa 520" C zu einer dunkelbraunen Schmelzell). Der erstarrte Schmelz- kuchen zeigt nach dem Pulvern wieder gelbe Farbe.

Die D i c h t e des geschmolzenen K,S, ergab sich imi Mittel zu d,, = 1,973. Nach dem Tempern bei 140" C im Vakuum fanden wir eine Dichte von 1,79. Auf Grund des rontgenographischen Befundes tritt K,S, im Gegensatx zu Na,S,nur in einer Modifikation auf. (Naheres siehe Seite 231 .)

Kaliumtrisulfid. Kaliumtrisulfid wurde nach einer von PEARSON und ROBINSON s, angegebenen Vorschrift hergestellt. Wir fuhrten eine absolut alkoholische Kaliumathylatlosung uber die Stufe des Hydrogen- sulfids in eine Kaliummonosulfidlosung uber, gaben die zur Bildung des Trisulfids benotigte Menge feinst gepulverten Schwefel hinzu und erhitzten die Losung in einer Stickstoffatmosphare zum Sieden. Der Schwefel loste sich zu einer tiefrot gefarbten Losung, aus der sich nach einiger Zeit K,S, in orangegelben Kristallen an den Wanden und auf dem Boden des Reaktionskolbens abschied. Zur Erhohung der Ausbeute wurde der Alkohol unter vermindertem Druck bis auf ein kleines Rest- volumen abdestilliert, das Produkt durch Filtration unter Stickstoff isoliert und nach dem Waschen mit wenig Alkohol im Vakuum bei 140" C getrocknet.

Kaliumtrisulfid ist eine gut kristallisierte, gelborange gefarbte Ver- bindung. Es ist in Wasser mit gelber Farbe leicht loslich. Beim Er- hitzen farbt sich die Substanz in zunehmendem MaBe dunkler, beginnt oberhalb 284" C (korr.) zu sintern und schmilzt bei etwa 292" C (korr.) zu einer schwarzbraunen Schmelze. Nach dem Erstarren und Pulvern besitzt K,S, grunbraune Farbe. Die gleiche Farbe weisen auch solche

11) Die Temperaturen wurden meistens mit einem Fe-Konstantan-Thermoelement gemessen. In den Fallen, wo wir ein Quecksilberthermometer benutzten, wurde eine Fadenkorrektur angebracht und dies durch den Zusatz ,,korr." vermerkt.

F. FEHER u. H. J. BERTHOLD, uber das System Kalium-Schwefel 227

Praparate auf, die durch Erschmelzen hergestellt worden sind. Die DEBYE-SCHERRER-Diagramme der verschieden gefarbten Trisulfide (vor und nach dem Schmelzen) unterscheiden sich nicht voneinander. Die Dichte des Kaliumtrisulfids betragt d,, = 2,102.

Kaliumtetrasulfid. a) Versuche zur D a r s t e l l u n g von K,S, a u s d e n E l e m e n t e n u n t e r s iedendem Toluol. Da die von PEARSON und ROBINSON 3, empfohlene Methode zur Darstellung von Kalium- tetrasulfid im Gegensatz zu den Angaben von DRAVES und TARTARS) steht, andererseits auch nicht mit den von uns bei der Gewinnung von Na,S, gemachten Erfahrungen ubereinstimmt, haben wir die Reaktion einer erneuten uberprufung unterzogen. Die Schwefelmenge wurde dabei SO variiert, da13 sie entweder zur Bildung von K,S, oder K,S, ausreichte. Setzte man die fur K,S, berechnete Menge Schwefel ein, so wurden stets Polysulfide der ungefahren Zusammensetzung K2S4,7 erhalten. Ver- wandten wir dagegen nur die zur Bildung von K,S, ausreichende Menge Schwefel, so beobachteten wir beim Absitzenlassen des Polysulfids auf der Oberflache des Praparates zahlreiche kleine graue und gelbe Kugel- ehen von metallischem Kalium. Das uberstehende Toluol war vollig farblos. Der gesamte Schwefel hatte demnach unter Bildung eines Poly- sulfids hoherer Zusammensetzung als K,S, und unter Hinterlassung von freiem Kalium reagiert. Urn festzustellen, ob eventuell ein nachtraglicher Schwefelaustausch zwischen dem hoheren Polysulfid und Kalium er- folgt, wurde die Reaktion weitere zwanzig Stunden bei der Siedetempera- tur des Toluols (110°C) gehalten. Nach dem Abkuhlen der Losung zeigte es sich, da13 das Kalium noch unverandert vorhanden war. Es wurde darum nachtraglich der zur Bildung von K,S, fehlende Schwefel hinzugefugt und wieder zum Sieden erhitzt. Die Reaktion zwischen den vorher vorhandenen kleinen Kaliumkugeln und dem im Toluol gelosten Schwefel ging nun deutlich sichtbar vonstatten und war nach wenigen Minuten beendet. Auch bei diesem Versuch war ein Praparat der Zu- sammensetzung K,S,, entstanden.

Alle unter Toluol hergestellten Polysulfide sind gelbbraun gefarbt und durch Spuren von freiem Kohlenstoff verunreinigt. Sie sind sehr hygroskopisch und losen sich in Wasser mit intensiv gelber Farbe, die beim Erhitzen in dunkelrot ubergeht. Der Schmelzpunkt der Produkte liegt bei etwa 205" C (korr.). uber die Ergebnisse der rontgenographi- schen Untersuchung vgl. Seite 231.

Nachdem auf die beschriebene Weise kein reines K,S, hergestellt werden konnte, versuchten wir die Darstellung durch Erschmelzen vor- zunehmen .

228 Zritschrift fur anorganische und allgemeine Cheaie. Band 274. 1953

b) D a r s t e l l u n g von K a l i u m t e t r a s u l f i d d u r c h Erschmelzen . Es wurde einmal ein Praparat der Formel K,S,,,, mit, der berechneten Menge Kalium zusammengeschmolzen, ein anderes Ma1 ein Produkt der Formel K,S,,,, im Vakuum bei 400" C entschwefelt. Die auf beiden Wegen gewonnenen Tetrasulfide erstarrten beim Abkuhlen zu dunkel- roten, glasigen Massen, die auch durch Tempern nicht zur Kristallisation gebracht werden konnten. Beim Pulvern klebten die Polysulfide zu- sammen und die DEBYE-SCHERRER-Diagramme waren unscharf und nur sehr schwach. Da die Farbe des K,S, in der Literatur mit weinrot an- gegeben wird, nehmen wir an, da13 man bisher das T'etrasulfid nur in dieser glasigen Form in Handen gehabt hat.

In Anbetracht der guten Ergebnisse bei der Herstellung der Alkali- polysulfide aus den Elementen in flussigem Ammoniak versuchten wir diese Methode auch zur Gewinnung des K,S, heranzuziehen.

c) D a r s t e l l u n g von reineni K,S, im f lussigem A m m o n i a k . Die Versuche wurden in der gleichen Apparatur und auf die gleiche Weise ausgefuhrt, wie es ausfuhrlich bei der Darstellung von Natrium- disulfid beschrieben wurde l) . Da K,S, in flussigem Ammoniak leicht loslich ist, lag zum Schlu13 der Reaktion die Verbindung in Form einer klaren, tiefrot gefarbten Losung in flussigem .Ammoniak vor. Beim Ab- dampfen des Ammoniaks schied sich ein Teil des Produktes zunachst mit gelber Farbe an den Glaswandungen ab. Als die Losung spater kon- zentrierter wurde, bildete sich ein gelber, kristalliner Niederschlag von K2S4, der sich laufend vermehrte und die gleiche Farbe besa13 wie das an den Gefaflwandungen abgeschiedene Praparat. Nach dem Abdampfen des Ammoniaks wurde die Verbindung zwei Tage lang im Vakuum bei 130" C getempert. &4mmoniak lie13 sich nach dieser Zeit nicht mehr nachweisen.

Kaliumtetrasulfid besitzt orangegelbe Farbe und ist weniger hygro- akopisch als Kaliumdisulfid. Die wa13rige Losung ist, bei Zimmertempera- tur gelb, in der Siedehitze rot gefarbt. Die Verbindung beginnt bei 145" C zu sintern und schmilzt unscharf bei etwa 159" C (korr.). Die Schmelze ist tief dunkelrot gefarbt. Beim Abkuhlen erfolgt gewohnlich glasige Erstarrung mit dunkelroter Farbe. Bei der in flussigem Ammoniak her- gestellten, sehr reinen Verbindung konnte die Unterkuhlung stets durch Erwarmen auf 110" C aufgehoben werden. Die Farbe des Praparates war nun wieder orangegelb, jedoch etwas intensiver als vor dem Schmel- zen. Fur die Dichte von K,S4 fanden wir nach dem Tempern bei 130" C im Mittel d,, = 1,93, nach dem Schmelzen d,, = 2,04.

Kaliumpentasulfid. Von den verschiedenen Moglichkeiten zur Dar - stellung von K,S, wahlten wir fur unsere Untersuchungen die Methode

F. FEHER u. H. J. BERTHO~D, Uber das System Kalium-Schwefel 229

von PEARSON und ROBINSON ". Es wurde eine Kaliummonosulfidlosung in absolutem Alkohol bereitet und der zur Bildung von Kaliumpenta- sulfid benotigte Schwefel in fein pulverisierter Form hinzugefiigt. Der Schwefel loste sich in der Siedehitze rasch auf und es entstand eine tief dunkelbraun gefarbte Losung. Nach kurzem Kochen setzten sich bereits an den Kolbenwanden orangerote Kristalle von K,S, ab, die sich rasch vermehrten. Es wurde noch etwa eine Stunde lang im Sieden erhalten, nach dem volligen Erkalten der Losung abfiltriert, mit Alkohol gewaschen und bei 140" C im Vakuum getrocknet. Ober die.Ausbeuten des so ge- wonnenen Pentasulfids siehe Seite 233. Zur Erhohung der Ausbeute wurde der Alkohol gelegentlich auch unter vermindertem Druck bis auf ein kleines Restvolumen abdestilliert.

Kaliumpentasulfid ist das bestandigste Polysulfid des Kaliums. Es bildet glanzende, orangerote Kristalle, die optisch zweiachsig sind und sehr wahrscheinlich dem rhombischen Kristallsys tern angehoren. An der Luft uberziehen sich die Kristalle nach kurzer Zeit mit einer Schwefel- schicht. In kohlensaurefreiem Wasser lost sich die Verbindung zu einer gelb bis orangrot gefarbten Losung, die in der Siedehitze tief dunkelrot wird. Bei Zutritt von Luft wird die Losung nach wenigen Minuten triibe und scheidet Schwefel ab. Erhitzt ma.n K,S, im Vakuum, so farbt es sich zunachst dunkelrot und ist bei 190" C tief dunkelviolett gefarbt. Der Schmelzpunkt liegt bei 211" C (korr.). Nach dem Schmelzen und Pulvern besitxt das Praparat gelbbraune Farbe. Die Dichte betragt im Mittel

Betreffs weiterer Angaben verweisen wir auf die Arbeit von THOMAS und RULE,).

Kaliumhexasulfid. Zur Darstellung von K,S, wurde K,S, wieder- holt mit der erforderlichen Menge Schwefel im Vakuum zusa,mmenge- schmolzen. Die Reaktionstemperatur bemaBen wir dabei so, daB die Schmelzen dunnflussig waren und durch Neigen und Umdrehen der Ampullen gut homogenisiert werden konnten. Nach mehrstundiger Ver- suchsdauer lieB man die Schmelxen langsam abkiihlen.

Das so gewonnene K,S, erstarrt strahlig und zeigt nach dem Pulvern rote bis rotbraune Farbe. Es ist weniger hygroskopisch als die niedrigen Polysulfide des Kaliums. Unter dem Mikroskop sieht die Substanz ein- heitlich aus und die kleineren Bruchstucke sind klar durchsichtig. Im Gegensatz zu den ubrigen Polysulfiden des Kaliums ist das Hexasulfid in Wasser nicht mehr klar loslich und der abgeschiedene Schwefel wird auch in der Siedehitze nicht von der Losung aufgenommen. Dieses Ver- halten ist durchaus verstandlich, wenn man berucksichtigt, dan es auch nicht moglich ist, Schwefel in sulchem Mane in waflrigem Kaliummono-

d,, = 2,128.

230 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 274. 19E3

K.s6

sulfid zu losen, als der Zusammensetzung eines Hexasulfids entspricht 1 2 ) .

Erwartungsgemao tritt bei der Auflosung in Wasser oder verdunnter Natronlauge ein Zerfall in Kaliumpentasulfid und freieii Schwefel ein Is). K,S, beginnt bei etwa 184" C zu sintern und schniilzt bei 196" C. Das Pulverdiagramm der Verbindung zeigt ein eigenes Rontgenbild und be- statigt somit die Existenz des Kaliumhexasulfids. Die Dichte hetragt im Mittel d,, = 2,02.

I I I II

11. Rontgenographische Untersuchungeri Um die Existenz der durch thermische Analyse von THOMAS und

RULE 6) sowie PEARSON und ROBINsON 3, gefundeneri Polysulfide des Kaliums zu beweisen, wurden von samtlichen dargestellten Produkt,en

Pulveraufnahmen mil; CuKoc-Strahlung hergestellt. A.bb. 1 enthalt die Strichdiagramme der mit Ausnahme von K,S, nur unterhalb der Schmelz- punkte getemperten Praparate. Wie Abb. 1 zeigt, sind samtliche Dia- gramme voneinander verschieden. Vergleicht man die angefiihrten Ront- genbilder mit den Diagrammen der gleichen Produkte nach dem Schmel- Zen, so zeigt sich, dalj im Falle des K,S, und K,S, volIstandige uberein-

l2) Vgl. hierzu: F. W. KUSTER u. E. HEBERLEIN, Z. anorg. allg. Chem. 43, 62 (1905);

13) Die Analyse der Losung ergab als Verhaltnis zwischen lialium und Schwefel W. SPRING u. J. DEMARTEAU, Bull. SOC. chim. Par. [3] 2, 312 (1889).

den Wert 2:4,8.

F. F E H ~ R u. H. J. BERTHOLD, Ober das System Kalium-Schwefel 231

stimmung vorhanden ist. Die beiden Polysulfide sind demnach bei ihrem Schmelzpunkt bestandig und eine Darstellung auf den verschiedenen Wegen uber die Schmelze ohne weiteres zulassig. Bei den aus flussigem Ammoniak isolierten Praparaten K,S, und K2S4 zeigten sich nach dem Schmelzen stets einige schwache zus&tzliche Linien, die darauf hindeuten, da13 sich die Produkte beim Schmelzen etwas zersetzen14). Eine sichere Zuordnung der neuen Linien zu einem oder mehreren Zersetzungspro- dukten der beiden Polysulfide kann jedoch nicht vorgenommen werden. Der rontgenographische Befund lafit sich in der Weise auslegen, da15 die Darstellung von K,S, und K,S4 durch Erschmelzen nur zu bedingt reinen Produkten fuhrt. Die Aufnahmen beweisen gleichzeitig aber die Homogenitat der aus flussigem Ammoniak gewonnenen Polysulfide.

Im Gegensatz zum Na,S, tritt K,S, nur in einer Modifikation auf. Die unter Toluol dargestellten Praparate der ungefahren Zusammen-

setzung KZS4,, zeigen das gleiche Diagramm wie reines K,S,. Hierdurch wird ersichtlich, da13 K,S, ahnlich wie Na2S, nach unten hin keinen eng begrenzten Homogenitatsbereich besitxt. Nahere Angaben uber die un- tere Phasengrenze sowie uber die Phasenbreite der ubrigen Verbindungen konnen nicht gemacht werden, da im allgemeinen nur die reinen, stochio- metrisch zusammengesetz ten Substanzen un tersucht wurden 15).

AbschlieBend laBt sich sagen, da13 die Existenz der durch thermische Analyse aufgefundenen Polysulfide K,S,, K,S,, K,S4, KPSS und K,S, nunmehr auch ron tgenographisch bes tatig t ist.

111. Experimentelles Im folgenden wird die Darstellung der einzeelnen Praparate an ausgewahlten Versuchs-

beispielen beschrieben. a) K,S, aus Schwefel und Kalium i n f 1 iissige m Ammoni a k. Zur Durchfiihrung der

Versuche diente diegleiche Apparatur wie fur dieDarstellung von Na,S,l). Auch die Arbeits- weise war der beim Na,S, beschriebenen vollig analog. Das im Hochvakuum destillierte Ka- lium wurde in Stickstoffatmosphare in die Apparatur eingeschmolzen (vgl. Abb. 5 der inFuS- note 1 zitierten Arbeit) und dann die fur das ausgeflossene Metal1 (4,163 g) benotigte Menge fein gepulverter Schwefel(3,414 g) in das Hauptreaktionsrohr Aeingefiillt. Darauf evakuier- ten wir die Apparatur und kondensiertenetwa 35 ml Ammoniak auf den Schwefel und 75 ml in das SeitengefaB B. (Zur Trocknung war das Gas zunachst durch mehrere Natron- kalkrohre und einen mit KOH-Platzchen gefiillten Trockenturm geleitet und anschlieoend iiber etwa 5 g met. Kalium vorkondensiert worden.) Das Kalium wurde im Verlaufe dea

14) Urn beim K,S, iiberhaupt den urspriinglichen Bildtyp wieder zu erhalten, war es notwendig, die Schmelze sehr langsam abkiihlen zu lassen. Anderenfalls entstand ein neues, sehr linienreiches Diagramm.

16) Untersuchungen iiber Mischkristallbildung zwischen K,S und K,S, sind von W. KLEMY, H. SODOMANN u. P. LANQMESSER [Z.anorg. allg. Chem. 241,297 (1939)l durch- gefiihrt worden.

~ _ _

232 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 274. 1953

Versuches in mehreren Portionen in das ReaktionsgefaS (A) hin iiberfuhrt. Die erste Um- setzung zwischen Kalium-Losung und Schwefel trat in der Nahe der Siedetemperatur des Ammoniaks sehr plotzlich und so heftig ein, daB man sofort intensiv kiihlen muBte, um ein Hochspritzen der Losung zu vermeiden16). Die wahrend des Versuches erforderliche Durchmischung wurde durch Erwarmen des GefaBbodens mit der Hand bewirkt. Eine mechanische Riihrung erwies sich dadurch als unnotig. Nach Beendigung der Reaktion IieSen wir alles Ammoniak abdampfen, fiihrten das Praparat unter LuftausschluB in ein besonderes TemperungsgefaB iiber und temperten es einige Stunden im Vakuum (lop3 Torr) bei 150' C. Analysenwerte: K : 54,8%, GS: 44,5%, PS: 22,4%17); ber. fur K,S,: 64,94; 45,06; 22,53%.

b) K,S, a u s a lkohol i scher Losung. 5,24 g Kalium wurden in etwa 50 ml abso- lutem Alkohol gelost und die Losung nach dem Abkiihlen auf 20" C in einem MeBkolben rnit Alkohol auf 100 ml aufgefiillt. Nun entnahmen wir mit einer Pipette genau 50 ml der Athylatlosung und sattigten sie in einem birnenformigen Kolben yon 250 ml Inhalt, der seitlich ein Rohr zum Einleiten von Stickstoff hesaB, niit Schwefelwasserstoff. Nach- dem der UberschuS des Gases durch 15miniitiges Kochen im gereinigten, trockenen Stickstoffstrom entfernt worden war, vereinigten wir die restliche Athylatlosung mit der Hydrogensulfidlosung und setzten 4,30 g feingepulverten Schwefel hinzu. Jetzt wurde mit einem C)lbad zum Sieden erhitzt, und nach der Auflosung des Sohwefels der Alkohol unter vermindertem Druck (200-250 Torr) bis auf etwa 30 ml abdestilliert. Ausbeute etwa 8,5 g K,S,. Analysenwerte nach dem Tempern bei 140" C : K : 44,3%, GS: 54,5%, PS: 36,8%; ber. fur K,S3 44,84; 55.16; 36,7776.

c) Kal iumpolysul f id hergestellt, u n t e r s iedendem Toluol. Zu 500 ml gut ge- trocknetem Toluol fiigten wir in einem l l-Rundkolben, der seitlich eirn Rohr zum Einleiten von Stickstoff besaS,5,70 g sauber beschnittenes Kalium. Dann wurden 11,7 g feingepulver- ter,Schwefel (ausreichend zur Bildung von K,S,) in die Hiilse eines Eioxhlet-Extraktions- apparates gefiillt. Das Toluol wurde nun zum Sieden erhitzt und der Schwefel nach und nach heruntergelost. Zur Milderung der Reaktion kiihlten wir zu Anfang den Kolben nach jedem gherlauf mit kaltem Wasser. Nach siebenstiindigem Kocherr wurde unter Stick- stoff abfiltriert, mit etwa 500 ml heiBem Toluol gewaschen und im Vakuum unterhalb von 150' C getrocknet. Analysenwerte: K : 33,5%, GS: 65,0%, PS: 50,7%. Die Zusam- mensetzung des Praparates entspricht der Formel K,S,,,,. Bei einem anderen Versuch erhielten wir ein Polysulfid der Zusammensetzung K,S,,,,.

d) K,S, a u s Schwefel u n d K a l i u m i n fliissigem Ammoniak. In die bereits friiher beschriebene Apparatur wurden in einem Strom gereinigten Stickstoffs 3,894 g Kalium ausgeschmolzen. AnschlieBend gaben wir die zur Bildung von K,S, benotigte Menge feinstgepulverten Schwefel (6,386 g) in das Hauptreaktionsrohr, evakuierten die Versuchsanordnung und kondensierten jetzt aus einem VorratsgefaB 35 ml trockenes Ammoniak auf den Schwefel und 75 ml in das beschriebene SeitengefaB. Das Metall wurde in drei Portionen in das ReaktionsgefaB iiberfuhrt. Nach Beendigung der Reak- tion lieBen wir alles Ammoniak iiber ein Manometer absieden. Analysenwerte na.ch dem Tempern bei 130" C : K : 37,904, GS: 61,604, PS: 46,3%; ber. fur K,S,3'7,88; 62,12; 46,59%.

e) K,S, a u s a lkohol i scher Losung. 5,28 g Kalium wurden in 65 ml absolutem Alkohol gelost und die Losung nach dem Erkalten in einem MeBkolhen mit Alkohol auf

") Wenn dies nicht gelungen war, wurde um die auBerhalb cles DEwAR-GefaBes gelegenen Apparaturteile eine Packung mit Kohlensaureschnee angebracht, wodurch es im allgemeinen gelang, hochgespritztes Kalium bis auf Spuren wieder herunterzulosen.

17) GS bedeutet Gesamtschwefel und P S Polysulfidschwefel.

F. FEHER u. H. J. BERTHOLD, Uber das System Kalium-Schwefel 233

100 ml aufgefullt. Wir entnahmen nun 50 ml der hhylatlosung und sattigten sie in dem bei der Darstellung von K,S, beschriebenen Kolben mit Schwefelwasserstoff (Dauer des Einleitens etwa 2 Stunden). Zum Austreiben des iiberschiissigen H,S wurde anschlieBend 15 Minuten lang in einem Stickstoffstrom gekocht. Danach wurden die restlichen 50 ml Kaliumathylatlosung zu der Hydrogensulfidlosung gefiigt und nach der Durchmischung 8,66 g gepulverter Schwefel hinzugegeben. Der Schwefel Ioste sich in der Siedehitze inner- halb von 10-15 Minuten auf. Nach weiterem einstiindigem Kochen filtrierten wir das ausgeschiedene Peutasulfid unter Stickstoff ab und wuschen es mit etwa 40 ml absolutem Alkohol. Ausbeute etwa 9,8 g K,S,. Analysenwerte: K: 33,1%, GS: 66,8%, PS: 53,5%; ber. fiir K,S, 32,79; 67,21; 53,77%.

f ) K,S, d u r c h Erschmelzen. 5,42 g Kaliumpentasulfid und 0,73 g feingepulverter Schwefel wurden im Vakuum in ein 15 mm weites Glasrohr eingeschmolzen und in einem elektrischen Rohrenofen zum Schmelzen gebracht. Nach mehrstiindiger Reaktionsdauer bei Temperaturen zwischen 220 und 280" C lieBen wir die Schmelze im Verlaufe von etwa 10 Stunden langsam abkiihlen. Analysenverte: K : 28,6%, GS: 71,1%. PS: 59,4%; ber. fur K,S,: 28,90; 71,lO; 59,25%.

Koln, Chemisches Institut der Universitat.

(Bei der Redalition eingegangen am 5. Juli 19.53.)

Z . anorg. allg. Chemie. Bd. 27-L. 16

Recommended