Beiträge zur Kenntnis der schwefligen Säure und ihrer Salze. IV. Über die Einwirkung der...

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F. Foerster u. K. Centner. Einwirkung der schwefligsauren Salze usw. 45

Beitrage zur Kenntnis der schwefligen Saure und ihrer Salze. IV. Uber die Einwirkung der schwefligsauren Salze

auf Polythionate. Von F. FOEESTER und K. CENTNEB.

Mit 4 Figuren im Text.

1. Einleitung. Durch die Untersuchungen von A. COLEFAXI) wurde festgestellt ,

da13 durch Sulfite, zumal wenn sie im Uberschul3 angewandt werden, Pentathionat und Tetrathionat zu Trithionat sehr rasch und glatt abgebaut werden konnen durch die Vorgange :

S,O,“ + SO,” -+ S40G” + S203” , S40,” + SO,” --+ S3O6” + SzO;’ ,

(1)

(2) SpBter hat 3’. RASCHIG~) die Umsetzung von Penta- und Tetra-

thionat mit Sulfit zu einer quantitativen Bestimmung dieser Salze verwertet, indem er die den Ubergang von SO,” in S,O,” begleitenden hderungen des Jodtiters der Losung verfolgte. Er beobachtete dabei, da13 die Einwirkung des in kleinem UberschuB angewandten Sulfits in wenigen Minuten bei Zimmertemperatur vollstandig war, und beim Pentathionat noch schneller als beim Tetrathionat sich volhog.

Das Verfahren ist spater von A. KURTENACKER~) weiter aus- gebildet worden, dadurch, da13 er nach Bindung des uberschussigen Sulfits all Formaldehyd das aus den Polythionaten entstehende Thio- sulfat allein mit Jod bestimmte.

Der Abbau der hoheren Polythionate durch Sulfit zum Tri- thionat ist fur die Deutung von mancherlei Erscheinungen bei der Zersetzung der Bisulfite wie des Thiosulfats in angesauerter Losung von groBer Wichtigkeit. Denn einerseits weiB man, daB S,O,” unter dem EinfluB von Wasserstoffion in S506” iiberzugehen vermag,

Journ. Chem. SOC. 93 (1908), 798. 2, 8. angew. Chem. 33 (1920), 261. 3) 8. anorg. u. allg. Chem. 134 (1924), 265.

46 F. Foerster und K. Centner.

andererseits findet man dabei statt S,O,” oft iiberwiegend S,O,”.l) Da dabei die Losungen stets auch Sulfit enthalten, ist inan geneigt, dieses fur den raschen Ubergang von S,O,” in S30;’ verantwortlich zu machen. Allein man muB dabei annehmen, da in der sauren Losung an Stelle von SO,” fur die abbauende Wirkung HSO,’ in Betracht kommt, daB dieses auf die Anionen der Polythionate mit ahnlicher Geschwin- digkeit wirkt wie jenes. Schon der Umstand, daB in der WACKEN- RODER’ schen Fliissigkait in Gegenwart freier schwefliger Saure Penta- thionsaure neben Tetrathionsaure gewonnen wird, und die schwsflige Saure nur auf das Mengenverhaltnis beider von EinfluB ist, und daB Trithionsaure bzw. ihre Umwandlungsprodukte nur in sehr geringer Menge und bei langdauernder Nachwirkung der schwefligen Saure auf die WAcKENRoDER’sche Losung in ihr auftreten2), erweckt ernste Zweifel an der Richtigkeit jener Annahme. Dazu kommen Er- fahrungen uber die Vorgiinge beim Zerfall von Trithionatlosungen, in denen neben HSO,‘ auch hohere Polythionate, S,O,” und S506 ’, iiber langere Zeit zu beobachten waren.3)

Der Unterschied im Verhalten von SO,” und HSO,’ gegenuber den Anionen der hoheren Polythionsauren ist im Hinblick auf diese Erfahrungen theoretisch dahin gekennzeichnet worden, daB das bei diesen Vorgangen sich bildende Anion der Thioschwefelsaure zwar in neutraler oder schwach alkalischer Losung bestandig ist, in saurer Losung aber dies nur so weit ist, als es das Gleichgewicht:

S,O,” + H‘ 72 HSO,’ + S (3) erlaubt. DaB dieses Gleichgewicht besteht, ist durch die Unter- suchungen des einen von uiis mit R-VOGEL~) erhartet. Da anderer- seits viele auch in neuerer Zeit immer wieder bestatigte und ver- mehrte Tatsachen keinen Zweifel am Bestehen der Glei~hgewichte~) :

S506” F? S,O,” + S , S406“ ~2 S,06” + S

(4)

(5 ) lassen, so ergab sich, daB in saurer IJosUng die Einwirkung von Sulfit

1) 2. anorg. u. allg. Chem. 125 (1923), 291ff., 302. 2) E. HEINZE, Journ. prakt. Ckem. 99 (1919), 133; vgl. auch 8. anorg. u.

3) 8. anorg. u. allg. Chem. 126 (1922), 114ff. 4) 2. anorg. u. allg. Chern. 166 (1926), 161. 5) H. DEBUS, Lieb. Ann. 244 (1888), 125; F. RASCHIQ, Sohwefel- u. Stick-

stoffstudien S. 293 (1924); A. KURTENACKER u. M. KAUFMANB, 2. anorg. u. allg. Chem. 145 (1925), 43.

aZlg. Chem. 125 (1922), 135ff.

Bnwirlcung der schwefligsawen Salze awf Polythionate. 4 7

auf hohere Polythionate nur zu den aus (3) und (4) bzw. (3) und ( 5 ) sich ergebenden Gleichgewichten :

(6)

(7)

S,O,” + HSO,’ ,f S,O,” + S,O,” + H’ , S,O,” + HSO,‘ 72 S,O,” + S,O,” + H‘

fuhren konnte. l) Ob aber die Eigenheiten dieser Gleichgewichte nach ihrer ganzen

Lage wie nach der Geschwindigkeit ihrer Einstellung die oben er- wahnte Annahme rechtfertigen, daS in ihnen etwa aus Thiosulfat in Gegenwart groSerer HS0,’-Konzentrationen entstehendes Penta- thionat in dem Mafie, wie es sich bildet, zum Verschwinden gebracht und mindestens uberwiegend bis zu Trithionat abgebaut werden kann, daruber war von vornherein nichts auszusagen.

Es ist stets erwunscht, daB Vorgange, die als Zwischenstufen bei verwickelten Umsetzungen theoretisch angenommen werden, so weit es moglich ist, daraufhin experimentell gepruft werden, ob ihre Re- aktionsgeschwindigkeit auch wirklich mit den Erscheinungen im Ein- klange steht, zu deren Deutung sie angenommen werden. Dies schien im vorliegenden Falle moglich. Unter diesem Gesichtspunkte sind die im folgenden zu beschreibenden Versuche in Angriff genommen worden. Wenn es dabei gelang, die Geschwindigkeitskonstanten der Wechselwirkung zwisohen SO,” und den Polythionatanionen zu er- mitteln, so versprach dadurch die Untersuchung auch einen unmittel- baren zahlenmafiigen Vergleich fur die Bestandigkeit der beiden An- ionen S,O,” und S,O,”.

In jiingster Zeit ist der EinfluS von Thiosulfat und Sulfit auf die Bestandigkeit der Polythionate von A. KURTENACKER und M. KAUFMANN~) sehr sorgfaltig untersucht worden. Ihre Ergebnisse stimmen mit unseren Erfahrungen vollstandig uberein. Wenn wir trotzdem jetzt auch unsere, schon etwas zuruckliegenden Unter- suchungen3) mitteilen, so tun wir das, weil sie in mehrfacher Hin- sicht aukierhalb der von den genannten Forschern bearbeiteten Teile dieses Erscheinungsgebietes liegen und deren Ergebnisse zu erganzen geeignet erscheinen.

l) 2. anorg. u. allg. Chem. 125 (1922), 124ff.; A. KURTENACEER u.

2) 2. anorg. u. allg. Chem. 148 (1925), 225. 3) Dissertation K. CENTNER.

M. KAUENBNN, 1. c .

Dresden 1924.

48 El Foerster und K. Centner.

2. Die Herstellung der Ausgangsetoffe und die benutzten analytiachen Verfahren.

Fur die Herstellung der Polythionate wurden nach DEBUS gro13ere Mengen WACKENRODER’ scher Losung dargestellt , wobei von 5 Ltr. kaltgesattigter Losung von schwefliger Saure ausgegangen wurde. Die unter dem Einflusse des Schwefelwasserstoffs entstandene und dann auf das spezifische Gewicht 1,3 eingedampfte Losung fuhrte DEBUS durch Kaliumacetat in die Kaliumsalze uber. Es zeigte sich nun, da13 dabei ein Ersatz des Acetats durch Kaliumbicarbonat nicht nur billiger, sondern auch sonst in mancher Hinsicht vorteilhafter war. 100 ern8 der eingeengten Saurelosung wurden langsam in kleinen Anteilen mit 36 g Kaliumbicarbonat unter Umruhren versetzt, wobei keine nennswerte Zersetzung der Polythionate zu bemerken ist. Durch Abkuhlen auf Oo wird der gro13te Teil des Gemisches von Kaliumpenta- und Kaliumtetrathionat abgeschieden, und darauf die Mutterlauge im Vakuum der Wasserstrahlpumpe eingedampft . Hier- bei tritt eine weit geringere, unter Schwefelabscheidung vor sich gehende Zersetzung ein als in der mit Kaliumacetat gewonnenen, an Essigsaure reichen Losung, und es wird beim Erkalten auf Oo noch eine ansehnliche, an Pentathionat reiche Kristallabscheidung ge- wonnen.

Immerhin ist dieses Verfahren zumal durch die nicht ganz leichte Trennung des Pentathionats vom uberschussigen Tetrathionat recht zeitraubend, und die Ausbeute an Pentathionat la%t zu wunschen ubrig. Deshalb bietet das von F. RASCHIG~) fi i r die Darstellung dieses Salzes angegebene Verfahren erhebliche Vorteile. Es beruht darauf, daI3 bei Gegenwart von arseniger Saure Thiosulfat ziemlich glatt durch Salzsaure in Pentathionsaure ubergeht. Die RASCHIG’ Sche Arbeitsweise ist insofern etwas umstandlich, als er vom Natrium- thiosulfat ausgeht, und erst durch Umsetzen mit Chlorkalium das dem Natriumsalz an Schwerloslichkeit und Kristallisationsvermogen uberlegene Kaliumsalz der Pentathionsaure gewinnt. Man kann das Verfahren etwas vereinfachen, wenn man von dem im Handel zu erhaltenden, oder nach dem Verfahren des einen von uns und E. MOMMSEN~) leicht und sehr rein darstellbaren Kaliumthiosulfat, K,S,03.12/,H,0, ausgeht. 220 g dieses Salzes werden dazu in 300 cm3 Wasser gelost und mit 5 g in wenig starker Natronlauge geloster

l ) Schwefel- u. Stickstoffstudien S. 278 (1924). 2, Ber. d. Deuischen Chem. Ges. 67 (1924), 258.

Ein wirkung der sehwef ligsaruren Salxe auf Polythbnate. 49

As203 versetzt. Man kuhlt auf -loo ab und l&Bt unter Umschwenken 400ccm ebenfalls -loo kalter Salzsaure vom spez. Gew. 1,19 zu- flieBen. Das dabei neben wenig Schwefel abgeschiedene Chlorkalium wird alsbald abgesaugt. Das Filtrat scheidet beim Stehen iiber Nacht Arsentrisulfid ab und wird nach Trennung von diesem bei 400 im Vakuum der Wasserstrahlpumpe so weit eingedampft, bis der Geruch von Salzsaure und Schwefeldioxyd so gut wie verschwunden ist. Dann wird die Losung auf Oo abhhhhhhhhhhhd unter Umruhren langsam mit 50 g Kaliumbicarbonat versetzt. Es tritt reichliche Salz- abscheidung (etwa 70 g) ein; aus der Mutterlauge konnen beim Ein- engen im Vakuum noch weitere Kristallanschiisse erhalten werden, die uberwiegend aus Pentathionat bestehen und ebenso wie die zu- erst erhaltenen Kristalle durch mehrmaliges Umkristallisieren aus warmem, schwach schwefelsaurehaltigem Wasser (100 em3 Wasser + 5 em3 2-n-H2S0,) vollig reines Kaliumpentathionat ergeben.

Soweit Kaliumtrithionat bei den Versuchen angewandt wurde, haben wir es nach dem Verfahren von G. HERTLEIN~) hergestellt.

Als Sulfit wurde das wasserfreie Salz Na,SO, angewandt. Lost man 62,5 g reines NaOH in 192 ern3 ausgekochtem Wasser und sattigt die Losung rasch mit SO,, so erhitzt sie sich anfangs bis auf 90° und geht dann a,uf 70-60° herab. Fugt man jetzt die gleiche Menge starker Natronlauge hinzu, wie die, von der ausgegangen wurde, so scheiden sich reichliche Mengen von Na2S0, ab, die sofort in einer Wasserstoffatmosphare abgenutscht und, rasch auf einem Tonteller in einen Exsiccator gebracht, in diesem im Vakuum getrocknet werden. Ein Reinheitsgrad von 98 O / o ist auf diese Weise leicht innezuhalten.

Zur Herstellung der Bisulfitlosungen diente Kaliummetabisulfit , K2S20,, welches durch Umkristallisieren des schon sehr reinen kauf- lichen Praparates in volliger Reinheit gewonnen wurde.

Die analytischen Verfahren waren die gleichen, welche friiher beschrieben wurden.z)

3. Die Iteaktionegesohwindigkeit der Einwirkung von SuMt (80,”) anf Tetra- nnd auf Pentathionat.

a) Die benutzte Arbeitsweise. Wie in der Einleitung erwahnt, ist die Umsetzung der Poly-

thionate mit Sulfit ein sehr schnell verlaufender Vorgang. Vorver-

l) 2. phys. Chem. 19 (1896), 292. z, 2. anorg. u. allg. Chem. 128 (1923), 249f.

Z. anorg. u. allg. Cbem. Bd. 157. 4

50 3. Eberster zsnd K. Centner. hhh

suche zeigten aber, daB bei genugender Verdiinnung und bei 00 die Geschwindigkeit so weit zu miil3igen ist, daia eine zeitliche Verfolgung des Vorganges moglich wird. Diese geschah durch die Bestimmung des Jodtiters der Losung, da der Ubergang von SO," in S,O," nach (1) und (2) diesen auf die Halite herabsetzt. Bei der groBen Ver- dunnung der Reaktionslosungen konnte schon eine geringe Oxydation von SO," durch Luftsauerstoff und dadurch hervorgerufene Titer- iinderung die zu gewinnenden Ergebnisse stark beeinflussen. Daher muBte unter sorgfaltigstem Ausschlusse des Luftsauerstoffs gearbeitet werden.

Das fiir die Versuche benutzte Wasser wurde im Wasserstoff- strome ausgekocht und erkalten gelassen und unter Wasserstoff ge- halten. Auch beim Losen der fur die Versuche abgewogenen Salz- mengen wurde Wasserstoff durch das Wasser geleitet. Zur Ver- folgung der Reaktion diente ein etwa 500 em3 fassender Erlenmeyer- kolben. E r trug einen doppelt durchbohrten Stopfen, durch den ein bis auf seinen Boden reichendes und ein kurz unter dem Stopfen mfmdendes Rohr geffihrt waren; letzteres diente zum Anschluia a n eine Wasserstoffquelle, von der aus der Kolbeninhalt unter Wasser- stoffdruck gehalten werden konnte, ersteres war an seinem auiaeren Ende mit einem Quetschhahne verschlossen und diente zurn Auf- setzen einer Pipette, in die von Zeit zu Zeit die Proben der Reaktions- losung durch den auf diese wirkenden Wasserstoff emporgedruckt werden konnten. Vor Beginn eines Versuches wurde der Stopfen des im Thermostaten bei Oo stehenden ReaktionsgefaBes geluftet, ein lebhafter Wasserstoffstrom hindurchgeleitet und nun die vorher be- reiteten, abgemessenen und auch auf 0 0 abgekiihlten Losungen der Reaktionsteilnehmer rasch eingegossen, vermischt und der Stopfen geschlossen, wahrend ein maiaiger Wasserstoffdruck im Kolben auf- recht erhalten wurde. Die Zeit, in der die Htilfte der Sulfitlosung zur Polythionatlosung geflossen war, galt als die Anfangszeit.

Zur Probenahme diente eine Pipette mit tunlichst kleiner Aus- laufzeit. Damit wahrend der Probenahme der Pipetteninhalt sich nicht erwarmte, war die Pipette von einem mit Eis uiid Wasser be- schickten Mantel umgeben. Sie wurde auf das zur Probeentnahme be- stimmte Rohr aufgesetzt und der Quetschhahn geoffnet ; sie fullte sich dann mit der Reaktionslosung, die nun sofort in eine bereit- stehende abgemessene Menge von Jodlosung einlaufen gelassen xvurde. Der Zeitpunkt, an dem der Inhalt der Pipette in die Jod-

Binwirkung der schwef l&muren Salxe auf Polytltionate 51

losung zu fliel3en begann, wurde als die Reaktionszeit angesehen, auf welche sich die Messung bezieht.

b) Die Geschwind igke i t d e r Einwirkung d e s S u l f i t s auf Tet ra th iona t .

Vorversuche aeigten, daI3 in Konzentrationen von 2 bis 4 Milli- mol/ Ltr. das Tetrathionat mit der gleichmolaren oder einer iiber- schussigen Sulfitlosung bei O o mehrere Stunden braucht, damit der grofite, Teil des Tetrathionats sich umsetzt. Um vollstandigen Re- aktionsverlaufes sicher zu sein, wurde das Sulfit im Uberschul3 an- gewandt .

Der Vorgang S,O," + SO," --t S306" + Sz03" ist ein bi- molekularer. Bezeichnet a die Konzentration von SO," in Milli- mol/Ltr., b die von S,O," in gleichem MaBe, und ist z die zur Zeit t um- gesetzte Konzentration jedes der Reaktionsteilnehmer , so gilt fur die Reaktionsgeschwindigkeit des Vorganges :

d 5 - = k(a - c)(b - 2) a t und

(a - 2) b 2,302 (a - Z) b (b - c) a (b - $) a

k = In = (a - b) t (a - b) t

Die Zeit sol1 in Minuten gemessen sein. Der Wert von a ergibt sich aus dem Anfangsjodverbrauch der

Sulfitlosung, wenn dieser auf das ganze Losungsgemisch bezogen wird. Sei die benutzte Jodlosung l/r-normal, und wurden jedesmal 20ccm der Reaktionslosung als Probe entnommen, so sei fur diese

der anfgngliche Jodverbraueh a em3 l/r-n- J , der schliel3liche Jodverbrauch /3 em3 l/r-n-J , der zur Zeit t gefundene Jodverbrauch y em3 l/r-n-3.

Zur Ermittlung des schliefllichen Jodverbrauchs, der also clem volligen Verschwinden des Tetrathionats entspricht, wenn - wie es bei den Versuchen dieses Abschnittes stets der Fall war -- das Sulfit im Uberschul3 angewandt m r d e , lie13 man die Reaktion bei Oo an- genahert zu Ende gehen, nahm dann den Kolben aus dem Eisbade heraus und lieB ihn bei Zimmertemperatur bis zur volligen Konstanz seines Jodtiters stehen, was uber Nacht stets eingetreten war. Der so erhaltene Wert fur b stimmte stets mit dem aus der genanen Einwage zu ersvartenden uberein.

Aus den Titrationsergebnissen lassen sich die GroBen a, b und z in obiger Formel nach folgender Uberlegung finden:

4 %

52 F. Foerster und K. Ce%tner.

Bei den groBen hier obwaltenden Verdunnungen durfen die Kon- zentrationen (bzm. die Aktivitaten) der wirkenden Ionen den ana- lytisch bestimmbaren Konzentrationen der vorhandenen Salze ohne erheblichen Fehler gleichgesetzt werden; dann verbraucht 1 SO," 2 J. 1 ccm l/r-n- Jod oxydiert also l /2 r Millimol SO,"; wenn 20 em3 der Losung a em3 llr-n-Jod verbrauchen, betragt also in 1 Liter die Konzentration an SO,":

50 2 r

a = a - Millimol/Liter .

Die Abnahnie des Jodtiters um (a - p) em3 l/r-n- Jodlosung kommt dadurch zustande, da13 an Stelle von 1S0," 1 S,O," tritt, das halb soviel Jod verbraucht wie jenes; wurde 1 Mol eines kein Jod verbrauchenden Stoffes entstanden sein, so ware (a - ,!I) doppelt so groB, als es tatsachlich ist. Die doppelte Differenz 2 (a - 0) mil3t also die verschwundenen SO,", und damit auch die verschwuiidenen S40G", also die Konzentration b. Fur diese ergibt sich dann ganz so wie oben fur a :

b = 2 (E - p) - Millimol/Liter . 50 2 r

und in gleicher Weise findet man: 50 d r

5 = 2 (a - y ) T- Millimol/Liter . Da mit Yloo-n- Jodlosung titriert wurde, so wird der Faktor 50/2 r = und die Formel fur die Geschwindigkeitskonstante ergibt sich dann aus den gefundenen Titrationswerten zu :

kl=-. 2,302 1 (2Y - 4.b - P) 4 t (2@ - a) log (y - p ) . a!

Die Ergebnisse der in dieser Weise durchgefuhrten und be- rec hneten Versuchsreihen sind auf den folgenden Seiten zusammen- gestellt .

Diese Versuche zeigen, da13 der Vorgang des Austausches eines Schwefelatoms zwischen den Anionen S40G" und SO," zwar schnell, aber keineswegs unendlich schnell als bimolekular bis zum voll- standigen Verbrauche des R,O," verliiuft, wenn auch nur ein kleiner Uberschul3 von SO," vorhanden ist, und da8 bei Oo die Geschwindig- keitskonstante dieses Vorganges im Mittel 0,0103 betragt, wenn die Zeit in Minuten und die Konzentration in Millimol/Liter gerechnet werden.

Einw2kmg der schweflagsauren Sake auf Polythionate. 53

___ -____ 15,56 15,22 14,91 14,55 14,37 14,lO 13,92 13,72 13,64 13,46 13,18 12,77 ' 12439 12,47 12,27 12,Ol

Versuch 1. m 250

hgewanrlt wurden 250 em3 - - H,S406 (= 0,3025 g K2S40, in 250 cm3) und

m 280 em3 etwa - - Na,SQ,.

2,OO Millimo1 K2S40, auf 4,O Millimol Na2S0,. M = 16,Ol cm3n/,,,-J. B = 13,Ol cm3 n/l,,o-J. b = 2 (ct - B) = 8,OO cm3n/,,,-J

b aus der Einwage ber. = 8,OO cm3 n/loo-J.

125 Konzentrationsverhaltnis a d 1 Liter Mischung :

15,ll 0,90 14,43 1 ~~~~ 1 1,58 13,&1 5,80 2,20 13,09 5,08 1 2,92 12,73 1 4,72 3,28 12,19 4,18 1 3,82 11233

332 i %W& 11,4? 3,42 11,27 3,26 4,74 10,91 2,90 5,lO 10,35 2,34 5,66 9,53 1,52 6,48 937 1 1,36 6,64

0,92 7,08 8,53 7,48

t in Min. _____

3 6 9

12 15 18 21 24 27 30 41 51 61 81

101 CO

4

0,0102 0,0097 0,0096 0,0105 0,0099 0,0105 0,0104 0,0107 0,01011 0,0105 0,0096 0,0112 0,0101 0,0097 0,0104

0,0101 -

m Angetvandt wurden: 250 cm3 - -H,S,O, (= 0,3025 g K,S406 in 250 om3) und 250

m 215 250 cm3 etwa - - Na,SO,.

~ o n z e ~ t r a t i o n s v e r ~ a l t ~ s auf 1 Liter Mischung : 2,OO Millimol K,S40,: 2,32 Millimol Na,S03.

cc = 9,29 cm3 n/loo-J. /3 = 5,29 cm3 n/loo-J. b= 2(ct - B) = 8,00 cm3 n/,,,@-J. = 8,OO cm3 n/,,,,-J. b ber.

t in &h.

3,08 575

11,08 16,75 22,31 29,75 40,25 55,25 75,75

__.____

108,? 164,4 253,8

to -~

y in om3 nA00- J

9 , O l 8,80 8,50 8,16 7,90 7,60 7,30 6,95 6,61 6,23 5,90 5,68 5,29

_____~_ ( 2 Y - a ) = (a - 2)

_ _ _ ~ _____ 8,73 8,31 7,71 7,0? 6,51 5,91 5,31 4,61 3,93 3,17 231 2,07 1,29

2 (Y - B ) = ( b - x)

7,44 7,02 6,42 6,74 5,22 4,62 4,02 3,32 2,64 1,88 1,22 0,78 0,oo

____ .-

2 (. - Y ) - - x

_____ 0,56 0,98 1,58 2,26 2,78 3,38 3,98 4,68 5,36 6,12 6,78 7 9 8,OO

Mitte

1

0,0105 0,0104 0,0094 0,0099 0,0099 0,0101 0,0099 0,0100 0,0102 0,0107 0,0108 0,0101

0,0102

____

-

54 F. Foersitw and K. Centnar.

Versuch 3. Angewrtndt wurden: 250 cm3 -?? - K,S,O, (= 0,6049 g K,S,O, in 250 om3)

und 250 cm3 etwa - - Na,S03. 125

m 106

Konzentrationsverhaltnis auf 1 Liter Mischung : 4,OO Millimo1 K,S,O, : 4,70 Millimol Na,SO,.

u = 18,80 cm3 n/loo- J; /3 = 10,80 cm3 n/lo,,- J; ZJ = 2(a - B ) = 16,OO cm3 n/,,,-J = 16,OO om3 n/,oo- J 6 ber.

1900 2,38 3,70 5,52 7,20 8,94

10,34 11,52 12,76 14,26 14,86 16,40 16,OO

0,0106 0,0100 0,0102 0,0106 0,0106 0,0108 0,0109 0,0106 0,0102 0,0111 0,0107 0,0101 -

(2 Y - 4 = (a - 2) _ _ _ ~

17,80 16,42 15,lO 13,28 11,60 9,86 8,46 7,28 6,04 4,54 3,94 3,40 2,80

.____

1,33 3,67 6,13

10,17 15,58 22,8 31,6 43,5 64,7

102,5 144,5 223,3

03

2 (Y - /3) = ( b - 2)

15,OO 13,62 12,30 10,4S 8,SO 7,06 5,66 4,48 3,24 1,74 1,14 0,60 0,oo

18,30 17,61 16,95 16,04 15,20 14,33 13,63 13,04 12,42 11,67 11,3 11,10 10,so

c) Die Geschwindigkeit d e r Einwirkung des Sulf i ts auf Pent at hi on at.

Die Einwirkung von Sulfit auf Pentathionat unterscheidet sich von der auf Tetrathionat dem Grade und dem Wesen nach, und zwar dem Grade nach insofern, als bei Konzentrationen, wie den bei Versuch 1-3 benutzten, die Geschwindigkeit zu grol3 ist, um eine zeitliche Verfolgung zu erlauben, und daher fur S,O,” anf 0,5 bis 1 ,O Millimol/Liter herabgesetzt werden muB. Dem Wesen nach unter- scheidet sich der Abbau des Pent athionats zuin Tetrathionat dadurch, daB das Abbauprodukt noch weiter mit SO,” zu reagieren vermag, wahrend gleiches fur das aus dem Tetrathionat entstehende Tri- thionat nicht der Fall ist. Bei der Einwirkung des Sdfits auf Penta- thionat lrann also die Geschwindigkeit, nach der SO,” verbraucht wird, durch das entstehende Tetrathionat mitbestiinmt sein; an- gesichts des offenbar erheblichen Geschwindigkeitsunterschiedes beider Vorgange war aber zu erwarten, daB dieser Begleitvorgang nur von untergeordiieter Wirkung sein konnte, zumal wenn kein allxn groBer SulfituberschuB angewandt wude .

Die Versuche wurden bei Gesamtkonzentrationen von 1 his 2 Rlilliinol/Liter und kleinein SulfitiiberschuB Tvieder bei Q o angestellt .

Einwivkzclng der schwefligsauren Sake auf Polythionate. 55

Fur die Konzentration des Pentathionats ist die eingewogene Menge bestimmend ; es zeigte sich aber, da13 bei sehr kleinem SulfituberschuB auch der nach der Einwage zu erwartende Ruckgang des Jodtiters bei einigem Verweilen der Losung bei Zimmertemperatur sich ein- stellte und geraume Zeit sich nicht weiter veranderte. Auch hier wnrden jedesmal Proben von 20cm3 titriert, diesmal aber mit l/zoo n- Jodlosung. Der Faktor, mit dem die in Kubikzentimeter dieser Jodlosung gefundenen Titrationsergebnisse auf Millimol/Liter um-

- I/*, und die Formel fur die zurechnen sind, ist hier also --

Geschwindigkeitskonstante ergibt sich dann, wenn b die Konzen- tration von S,O," bedeutet, ganz entsprechend den fruheren Uber- legmgen zu:

60 2 200

2,302 1 (2Y - a) * (@ - /?J kz = - . -- . 8 t (2P - a) log (7 - p) - a

Folgende Ergebnisse wurden in Versuch 4 und 5 (s. folgende Seite) erhalten:

Versuch 4. m

1000 Angewandt wurden: 250 om3 __ - K,S,O, (= 0,0904 g K2S,0,, 11/2 H,O in

250 cm3) und 250 cm3 etwa - - Na,S03.

0,50 MiUimol K,S,O, : 0,54 Millimol Na,SO,.

= 4,OO cm3 n/ooo- J.

m 926

Konzentrationsverhaltnis auf 1 Liter Mischung :

a = 4,28 01113 n/zoo- J; @ = 2,28 om3 n/20,,- J; b = 2 (a - @) aus der Einwage

3,62 232 2,16 1,80 1,44 1 , l O 0,68 0,46 0,28

t y in cm3

1,5 3,95

895 3,22 12,5 3,04 18,5 1 2 3 6 28,5 i 2,69 58,5 2,48

105,5 j 2,37

in Min. -. - . __.___

4,5 1 3,55

03 1 2,2a

.~ _ _ ~ -______

3,34 I 0,66 0,240 2,54 1,46 0,234

2,12 0,239 $if 1 2,48 0,232 2,84 0,230

0,82 ?,18 0,226 0,40 3,52 0,226 0,18 3,74 0,236 0,OO 1 4,oo -

Nach diesen Versuchen zeigt sich auch die Wechselwirkung zwischen Pentathionat und Sulfit durchaus als ein bimolekularer Vorgang. Seine Geschwindigkeitskonstante betragt, auf Minuten nnd Millimol/Liter bezogen, bei O o 0,233, ist also 22mal so pol3 als die der Einwirkung von Sulfit auf Tetrat,hionat.

56 El Foerster u ~ d K. Centner.

Versuch 5. Angewandt wurden: 250 em3 - - K,S,O, ( = 0,1808 g K,S,O,, 16 H,O in

250 cm3) und 250 em3 etwa - - Na,SO,.

1,OO Millimol K,S,O, : 1,02 Millimol Na,S03. or=8,18cm3 n/zoo-J; /3=4,18cm3 n/,oo-J; 6=2(cr -/?)=8,00cm3 n/zoo-J;

b ber. BUS Einwage = 8,OO cm3 n/200-J.

m 500

m 500

Konzentrationsverhaltnis auf 1 Liter Mischung :

____._

y in em3 nlzoo- J ____ -~ ____-

7,40 6,54 5,78 5,42 5,20 4,96 4,lO 4,55 4,41 4,33 4,25 4,18 - ~_.__

(2 Y - = ( a - 2)

6,62 4,90 3,38 2,66 2,22 1,74 1,22 032 0,64 0,48 0,32 0,18

-~~ __- -

~ -..

2 (Y - 8) = (6 - 2)

~~~

6,44 4,72 3,20 2,48 2,04 1,56 1,04 0,74 0,46 0,30 0,14 0,oo -~ ___

2 b - Y) = x

~ . _ _ __ 1,56 3,28 4,80 5,52 5,96 6,44 636 7,26 7,54 7,70 7,86 8,OO -

MCt

k , .._____

0,236 0,225 0,241 0,236 0,230 0,227 0,226 0,234 0,230 0,242 0,230

0,233-- -

-.

Dieser Befund zeigt aufs neue sehr Irlar, wieviel weiiiger be- standig Pentathionat ist als Tetrabhionat. Er darf als Beweis dafiir gewertet werden, dal3 das funMe Schwefelatom, das in die Anionen der Polythionate eintritt, eine vie1 groBere Neigung besitzt, das Anion zu verlassen als das vierte Schwefelatom, wahrend das dritte uber- haupt keine Neigung mehr zeigt, die Bindungsart des zweiten Schwefelatoms des Thiosulfats durch Ubergang an SO,” anzunehmen. Das bestatigt nur das Verhalten dieser Anionen in heil3er Losung, wie es von A. HORNIG und dem einen von uns fruher festgestelk wurt3e.l)

Der weitere Abbau des bei der Reaktion entstehenden Tetra- thionats machte sich bei diesen Versnchen noch nicht bemerkbar; der grol3e Geschwindigkeitsunterschied beider Vorgange, sowie der Urn- stand, dal3, solange noch eine griil3ere SO,“-Konzentration vorhanden ist, die des S,O,” gering, und sobald diese grol3er geworden, das SO,” schon groBtenteils verbraucht war, sind hierfur verantwortlich.

Urn aber auch festzustellen, wie der Verlauf der Erscheinungen ist, wenn auch dem Tetrathionat Gelegenheit gegeben ist, der Wirkung des SO,” zu unterliegen, wurde noch der folgende Versuch angestellt,

’) 2. anorg. u. a&. Ch. 126 (1922), 56.

EiHwirkung der schwef ligsauren Sake auf Polythionate. 57

bei welchem 2 SO," auf 1 S506" angewandt wurden. Dabei wurde die Konstante aus den einzelnen Zeitintervallen berechnet ; betragt zur Zeit t, die Konzentration von SO," a - xl, die von S,O," b - xl, und gehen diese Werte bis zur Zeit t, auf a - x2 bzw. b - T~ herab,

Versuch 6.

Angewandt wurden: 250 cm3 A - K , S , O , (= 0,0904 g B,S,O,, l a H,O auf 1000 M 250 cm3) und 250 om3 etwa goo - Na,SO,.

Konzentrationsverhiiltnis auf 1 Liter Mischung : 0,5 Millimol K2S506 : 1,06 Millimol Na,SO,.

= 4,OO om3 n/$oG-J. cc = 2,45 om3 n/,oo-J; B = 6,45 cm3 ~I/,~,,-J; b = 2 (E - p ) &us der Einwage

t in Min.

_ _ ~ 190 2 8 5 3

10,3 13,8 18,3 24,8 34,s 50 68

105

y in om3 nlzoo- J

8,03 7,53 7,16 6,$7 6,64 6,55 6,49 6,45 6,34 6,24 6,08

____~ (2 Y - 4 = a - x

7,61 6,61 5,87 5,09 4,83 4,65 4,53 4,45 - - -

3,16 2,16 1,42 0,64 0,38 0,20 0,oa 0,QO - - -

2 (. - y ) = x

0,84 1,84 2,58 3,36 3,62 3,80 3,92 4,QO - - -

f,.,

0,235 0,239 0,226 0,231 0,241 0,241 0,246 - - - -

Nach etwa 35 Minuten entsprach die Jodabnahme dem Ubergange des angewandten Pentathionats in Tetrathionat. Bis dahin zeigen die Werte von k, etwa den bei Versuch 4 und 5 gefundenen Betrag, wenn man auch ein deutliches, freilich nicht erhebliches Ansteigen gegen Ende des Pentathionatabbaues nicht verkennen kann. Jetzt wird offenbar die Geschwindigkeit, mit der SO," verschwindet, zum kleinen Teil durch seine Umsetzung mit dem Tetrathionat mit- bestimmt, die dann, wie der weitere Verlauf des Versuchs zeigt, sehr langsarn weiter fortschreitet. Der groBe Geschwindigkeitsunterschied beider VorgSinge ha t also zur Folge, dal3 bei Gegenwart eines Uber- schusses von SO," der Abbau des zunachst aus dem S,O," ent- stehenden S,O," im wesentlichen als Folgevorgang an den des hbbaues von S,O," sich anschliel3t.

a) Das Gleichgewicht 2S40/ p- S50/+ S,O,". Die Einwirkung des Sulfits auf die hoheren Polythionate hat,

wie erwahnt und wie es von A. HORNIG und dem einen von uns schon fruher ausgesprochen wurdel), ihre Triebkraft in der Neigung ein- zelner ihrer Schwefelatome, mit SO," zu S203" zusammenzutreten. Das in S,O," ubergetretene Schwefelatom hat nun aber keineswegs die Neigung ganz verloren, seinerseits das S,O," wieder zu verlassen, sie ist iiur kleiner als die Austrittsneigung des funften und vierten Schwefelatoms der hoheren Polythionate. DaB dem so ist, folgt aus der von J. E. MACKENZIE und H. MARSHALI,~) beobachteten Tat- sache, daB die Abgabe von freiem Schvcrefel aus Tetrathionat durch Thiosulfat befordert wird. Entsprechendes beobachteten F. FOERSTER und A. HORNIG~) fur Pentathionat. Danach l&Bt sich erwarten, da13 die hier untersuchten Abbauvorgange streng genommen zu Gleich- gewichten fuhren mussen :

S506" + SO," 7-2 S406" + S,O," , S406" + SO," 72 S,O," + S,O," ,

(1 8)

@a) die freilich stark rechtsseitig liegen. A. COLEFAX,) hat dies bestatigt, indem er feststellte, daB beim Zusammmenbringen von 1 S,O," rnit 2 S,O," reichlich Pentathionat entsteht. Zugleich Bndert sich aber der Jodtiter der Losung nicht, was er daraus erklarte, daB das ent- stehende SO," alsbald S40," zu S,O," abbaut, und sich so wieder in S203" zuruckverwandelt. Gleiches konnten wir auch beobachten, als wir Bquivalente Mengen von S,O," und S,O," zusammenbrachten. War die Konzentration beider Salze in der Mischung je 1 Milli- mol/Liter oder je 5 Millimol/Liter, so blieb der Jodverbrauch auch nach 24 Stunden vollig der gleiche, die Losung blieb ganz klar und zeigte mit ammoniakalischer Silberlosung Pentathionatreaktion, und zwar in der verdunnteren Losung weit schwacher als in der konzen- trierteren Losung. Eei je 50 Millimol/Liter S,O," und S,O," war nach 24 Stunden Schwefelabscheidung eingetreten, und die Penta- thionatreaktion war stark; bei je 500 Millimol/Liter beider Salze schied die Losung schon nach einer halben Stunde Schwefel ab und enthielt sehr reichlich Pentathionat. Auch beim Zusammenbringen gleicher Molekeln von Trithionat und Thiosulfat in verdunnter Losung

l) 2. anorg. u. allg. Chem. 125 (1922), 126. 2, Journ. Chem. Xoc. 93 (1908), 1729. 3, a. a . 0. 4) a. a . 0.

Einwirhng der schwef ligsauren Sake auf Polythhate. 69

bleibt der Jodtiter lange unverandert ; bei dem Mange1 einer sicheren Reaktion auf Tetrathionat liiDt sich aber hier der Beweis des Ein- tiitts einer geringen Umsetzung nicht erbringen ; sie ist aber wahr- scheinlich.

Wenn nun bei der Einwirkung von Thiosulfat auf Tetrathionat die beiden Gleichgewichte (1 a) und (2a) in der von COLEFAX gedachten Art sich einstellen, so heil3t dies nichts anderes, als daB auch das Gleichgewicht : 2S,O,” 72 S,O,” + S,O,” eintritt, und da13, wie zuerst A. SANDER ausgesprochen hat, das Thiosulfat, das dabei seine Konzentration nicht andert, nur die Rolle eines Katalysators spielt. Im Sinne des Gesagten besteht diese Rolle darin, daI3 das Thiosulfat die glatte Einstellung dieses Gleich- gewichts beschleunigt.

DaB dies in der Tat der Fall ist, lehrten neuerdings die Versuche von A. KURTENACEER und 11. KAUFMANN~), welche fanden, daB z. B. 100 Millimol/Liter Tetrathionat durch 20 Millimol/Liter Thio- sulfat etwa zur Halfte in Penta- und Trithionat ubergehen, wahrend die Thiosulfatkonzentration sich kaum andert. Die Eigenschaften dieses Gleichgewichts sind durch die genannten Forscher ermittelt worden, so daB hier ein naheres Eingehen darauf sich eriiibrigt.

Bei unseren in den voraufgehenden Abschnitten beschrie- benen Versuchen konnte es aber nicht in merklichem MaBe hervortreten; denn wenn bei der Einwirkung von Thiosulfat auf Tetrathionat keine analytisch nachweisbaren Sulfitmengen bestehen bleiben, so mu6 schon ein kleiner SulfituberschuB, wie wir ihn stets anwandten, das Gleichgewicht so weit rechtsseitig verschieben, da13 die abbauende Wirkung des Sulfits als praktisch vollstandig ver- laufend angeseheii werden darf, wie es auch die bis zum Ende der Umsetzung als lionstant gefundenen Werte der Geschwindigkeits- koeffizienten beweisen.

4. Die Q eschwindigkeit der Einwirknng von Bianlfitl6sungen anf Tetrathionat und Pentathionat.

a) Die gleichzeit ige Einwirkung von Sulfit und Bisulfit auf Tetrathionat.

A. KURTENACKER~) beobachtete, daB in verdunnter Losung Tet’ra- thionat und Bisulfit in kurzer Zeit nicht rnerklich anfeinancler wirken.

1) 1. c . 2, 2. anorg. ‘1c. allg. Chem. 148 (1925), 43.

60 F. Yoerster und K. Centner.

Neuerdings stellte er niit M. KAUFMANN~) fest, da13, wenn 100 Millimol Tetrathionat und 10 Millimo1 Bisulfit/Liter aufeinnncler wirken, das Bisulfit verhaltnismafiig wenig verbraucht w i d , aber erhebliche An- teile des Tetrathionats in Pentathionat und T$hionat ubergehen. Die Einwirkung des Bisulfits auf die hohereii Polythionate ist also sowohl nach ihrein zeitlichen Verlaufe wie nach ihrem Ergebnis sehr verschieden von der des Sulfits.

Um zuniichst in bezug auf den zeitlichen Verlauf einen giiiistigen Vergleich der Wirkungsart der beiden Anionen der schwefligen SBuren auf die hoheren Polythionate zu gewinnen, wurden Versuche an- gestellt, bei denen beide Ionenarten gleichzeitig auf Tetrathionat ein- wirkten. Die Reaktionstemperatur betrug wieder Oo; der Jod- verbrauch wurde niit lilo0 n- Jodlosung bestimmt.

Der folgende Versuch 7 ist insofern mit Versuch 1 vergleichbar, als in 1 Liter der gemischten Losung 2 Milliniol R,S,06 anf

Versuch 7. m Angewandt : 250 c1n3 -~ - H,S,O, (= 0,3025 g K,S,O, in 250 01113) und 250 m m

125 125 Konzentrationsverhaltnis auf 1 Liter iMischung :

2 Millimol K,S,O, : 23 Millimol Na,SO, : 1) Millimol KHSO,. K~ fiir Na2S0, 10,35 om3 n/loo-J; B1 fiir Na,SO, 6,35 cm3 n/loo-J; c ( ~ fiir Na,SQ, + KKSO, 15,53 cm3 n/loo-J; az - a1 = 5,18 cm3 n/loo-J; b = 2 (a - 8) =

+ . 250 cm3 - - Na,SQ3 + $. 250 cm3 - - - KHSO,.

8,OO em3 n/,on-S = b ails der Einwa

I y = gef. om3

5,18 om3 n/,,,-J I 15,42 15,05 14,73 1 14J3 13,96 13,71 13.41

- I n/loo-J - -. -

12;90 12,51 12,20 11,87 11,53

. -..

(2 Y - El) = (a - z)

__ _ _ _ ~ -

10,13 9,39 8,75 7,95 7,21 6,71 6,11 5,09 4,31 3,69 3,03 2,35

2 (Y - B1) = ( b - Z)

7,78 7,04 6,40 5,60 4,86 4,36 3,76 2,74 1,96 1,34 0,68 0,oo

,. ____

2 (El - Y)

0,22 0,96 1,60 2,40 3,14 3,64 4,24 5,26 6,04 6,66 7,33 8,OO

= x - _____

- k1

-

0,0106 0,0104 0,0104 0,0105 0,0106 0,0105 0,0108 0,0121 0,0126 0,0132 0,0142 -

4 Millimol Sulfitanionen kamen. Aber von diesen waren 22/3 Millimol SO,” und 11/, niIillimo1 HSO,’; das Sulfit allein genugte also, um das

1) 1. c.

Einwirkung der schwefligsaurerz S a k e auf Polythionnte. 61

S406” zu S,O,” abzubauen. Es lag daher nahe, fur die Berechnung des Geschwindigkeitsfaktors nur die Konzentration des Sulfits zu- grunde zu legen, also zur Ermittlung von y den gemessenen Jod- verbrauch um den dem urspriinglich vorhandenen Bisulfit ent- sprechenden Betrag zu kurzen. Wurde dabei der Geschwindigkeits- faktor hoher gefunden als bei den fruheren Versuchen, so konnte dies als ein Zeichen gelten, daB die Konzentration des Sulfits zu niedrig angenommen war, daB also das HSO,’ das SO,” in seiner abbauenden Wirkung unterstutzt haben muBte.

Im ersten Teile des Versuches zeigt ZC, den gleichen Betrag, wie er f d e r fur die Einwirkung von reinem Sulfit gefunden wurde. Nachdem aber die Halfte des Tetrathionats umgesetzt ist und das Verhaltnis SO,”:HSO,’ sich fast auf 1 :1 verschoben hat, beginnt ein Ansteigen des Wertes von k,, das bis zum Ende desversuchs andauert. Wenn hieraus der SchluB gezogen werden durfte, da8 erst im zweiten Teile des Versuchs der UberschuB von HSO,’ am Abbau mitzuwirken beganne, so muBte, wenn man von vornherein die auf S,O,” wirkende Menge von SO,” so einstellt, daB sie hierzu nicht genugt, und zugleich die Konzentration von HSO,’ reichlich bemafie, dieses nach Verbraueh des offenbar zunachst bevorzugten SO,” den Abbau des S 4 0 i r fortsetzen.

Um die Erscheinungen unter solchen Bedingungen kennen zu lernen, wurde der folgende Versuch 8 derart angesetzt, daB auf 2 Milli- mol S,O,” nur 11/3 Millimol SO,” und daneben a2/, Millimol HSO,’, also SO,” und IPSO,’ im umgekehrten Verhaltnis wie bei Versuch 7 zur Wirkung kamen.

Fur die Berechnung von k, ist dann zu berucksichtigen, daB, wenn wieder nur die Konzentrationsabnahme von SO,“ verfolgt wird, jetzt Tetrathionat dagegen im Uberschul3 ist, dal3 also, damit (a - b) in der Formel nicht negativ wird, jetzt a als die Konzen- tration des Tetrathionats, b als die des Sulfits gelten mu13. Bezeichnet a’ die dem Anfangswert von a entsprechenden, und p’ diesmal die dem Anfangswert von b entsprechenden 61113 nlIm-J, und ist y zur Zeit t der durch die Titration gefundene gesamte Jodverbrauch, ab- zuglich des vom HSO,’ beanspruchten Betrages, so wird 2, d. h. die bis zur Zeit t verbrauchte Menge von SO,“ bzw. S,O,” durch 2 (p’ --y) gemessen. Es wird also ( a - z) durch [a’ - 2(p’ - y)] und (2, - z) durch (2 y - p’) gemessen und (a - b) durch (af - B’).

62 E: Foerster wnd R. Centfier.

Versuch 8. m

250 Angewandt: 250 om3 - -K,S,O, (= 0,3025 g K,S,O, in 250 cm3) und

+. 250 cm3 etwa ----Na,SO, + 8.250 om3 etwa --KHSO,. Konzentrationsverhiiltnis auf 1 Liter Mischung :

2,OO Wlimol K,S,06 : l1/, Millimo1 Na,SO, : 2% Millimol KHSO,. ct' (aus der Einwage an K,S,O,) = 8,OO cm3 n/l,,o-J. Gesamtanfangsjodverbrauch 15,74 cm3 n/200-J; davon 10,44 cm3 fur HSO; und

m m 125 125

5,30 cm3 fur SO/, also ,!?' = 5,30 cm3 n/loo-J.

t in Min. _~

2 6

15 20 30 40 50 65 82

128 234

I, = cm@ n/,,,-J - 10,44

5,15 4,79 4,41 4,22 3,88 3,69 3,51 3,33 3,20 2,88 2,60

a'- 2 (F - Y ) l = ( a - 5)

7,70 6,98 6,22 5,84 5,16 4,78 4,42 4,06 3,80 3,16 2,60

(2Y --PI = ( b - 5)

5900 4,28 3,52 3,14 2,46 2,08 1,72 1,36 1 , l O 0944 0,oo

__-

2 w - Y) = x

0,30 1,02 1,78 2,16 2,84 3,22 3,58 3,94 4,20 4,84 5,40

0,0178 0,0190 0,0151 0,0154 0,0158 0,0156 0,0152 0,0149 0,0142 0,0159 -

Dieser Versuch zeigt im groBen ganzen etwa konstante Werte fur k,; sie liegen aber wesentlich hoher als die fruher ermittelten. DaB dafur die Mitwirkung von HSO,' am Abbau des Tetrathionats die Ursache sein kann, wird schon durch die Tatsache ausgeschlossen, daB der Jodtiter auch nach langerer Versuchsdauer urn nichts weiter herabgeht, als der Umwandlung des angewandten SO," in S,O," etwa entsprache.

Es ist vielmehr wahrscheinlich, dsB das HSO,' neben SO," prak- tisch nicht auf S406" einwirkt. Im nachsten Abschnitt wird noch gezeigt werden, daB in der Tat in der bei Versuch 7 und 8 benutzten hohen Verdiinnung und bei O o HSO,' so langsani anf S,O," wirkt, daB dies neben der raschen Wirkung von SO," nicht in Eetracht kommen kann. Die Steigerung der k,-Werte in Gegenwart von Ei- sulfit kann daher nur dahin gedeutet werden, daB dieses die Wirkung cler SO," beschleunigt, ohne selbst an ihr unmittelbar merklich teil- zunehmen. Diese Eeschleunigung aber htingt, wie Versuch 7 und 8 lehren, davon ab, daB HSO,' gegenuber SO," die gleiche oder eine hohere Konzentration besitzt, d. h. sie wird von der H-Konzen- tration der Losung bestimmt. Wie dies geschieht, wird weiter unten erortert werden.

Einwirkung der schwef ligsaurera Salxe auf Polythionate.

b) Die Einwirkung von Bisulfi t auf Tetrathionat , LaBt man Bisulfit allein unter im ubrigen ahnlichen Umstanden,

wie sie in Versuch 7 und 8 herrschten, auf Tetrathionat wirken, so zeigt sich eine sehr grol3e Reaktionstragheit . Nach dem Vermischen von je 100 em3 m/,,-K,S,O, und m/,,,-KHSO,, also bei einem Konzentrationsverhaltnis von 2 Millimol / Liter K,S,O, : 2 Milli- mol/Liter KHSO, ging bei Oo der Jodverbrauch fur 20cm3, der Losung erst in 15 Stunden von 8,11 auf 8,OO em3 n/,,,-J herab. Er- hoht man in der Mischung die KHS0,-Konzentration auf 4 Milli- mol/Liter, so blieb der Jodverbrauch fur 20cm3 3 Stunden unver- gndert auf 16,15 cm3 und betrug nach 15 Stunden noch 16,OO cm3. Bei Zimmertemperatur verlauft naturlich die Anderung etwas schneller, und der Jodverbrauch erreichte in letzterer Losung in 6 Stunden 15,70 em3 nl,,-J. Diese Beobachtungen beweisen, da13 bei den Versuchen 7 und 8 das Bisulfit in der Tat neben dem Sulfit als praktisch reaktionslos angesehen werden darf.

Berechnet man aus diesen Versuchen fur den ersten nach 15 Stunden eingetretenen Jodverbrauch die Geschwindigkeits- faktoren, so findet man im Mittel etwa k, = 1,5.10-5, d. h. diese Geschwindigkeitsfaktoren verhalten sich gegenuber Tetrathionat fur Bisulfit und Sulfit etwa wie 1,8 * lo-,: 1. Ein ahnliches Verhaltnis ergibt sich in einer verdunnten Losung von KHSO, fur die im Gleich- gewicht HSO,’ 22 H + SO,” stehendeii Konzentrationen von SO,” und HSO,’. Die Konstante dieses Gleichgewichts fand K. JELLINEK~) bei 250 zu 5.10-,. Nimmt man diesen Betrag auch fur Oo an, so ergibt sich in einer Bisulfitlosung das Konzentrations- verhaltnis SO,”:HSO,’ = lO-3.1/5: 1. Man darf danach vielleicht ver- niuten, daJ3 es uberhaupt nur die in einer verduiznten Bisulfitlosung vorhandenen SO,” sind, durch welche Bisulfit auf Tetrathionat ein- zuwirken vermag.

Im Sinne dieser Vorstellung wurde diese Einwirkung aus den Teilvorgangen :

63

WSO,’ 72 H + SO,”, SsOs” + SO,” --f S,O,” + S,O,” ,

(8)

(2)

bestehen. Durch (2) aber bildet sich aus dem Anion einer schwachen Saure, SO,”, das einer starken Saure, S,O,”. Dadurch wgchst fur 8) die H-Konzentration, vermindert sich also der als SO,” vor-

8. p h p . Chem. 76 (1911), 267.

64 l? F0wste.r vnd K. Centner.

handene Anteil der HSO,' durch den Vorgang selbst, und damit geht die Triebkraft und somit auch die Geschwindigkeit von Vorgang (2) weit starker herab, als es durch den Verbrauch von SO," durch die S40S" an sich der Fall ware. Auf der anderen Seite wird durch die Steigerung des H die Neigung der S203" zur Wiederabgabe des anf- genommenen Schwefelatoms an S,O," immer mehr gesteigert , d.h. Vorgang (2) kann nur zu dem hier wohl erheblich linksseitig liegenden Gleichgewicht :

fuhren. Das Zusammenwirken dieser Umstande bringt es dahin, daI3 der Vorgang zwischen Bisulfit und Tetrathionat nur das aus (8) und (2a) sich ergebende Gleichgewicht :

sein kann. DaB die Einwirkung von Bisulfit auf Tetrathionat zu einem

Gleichgewicht fuhrt, haben A. KURFENACKER und M. KAUFMANN~) durch ihre Versuche dargetan. Wir konnten dies noch durch folgende Versuche bestatigen, die zeigen, daB auch Trithionat und Thiosulfat in angesauerter Losung aufeinander unter Entstehung von Bisulfit wirken: 10 cm3 m/,-Na,S,O, scheiden nach 1 Minute auf Zusatz von 1 Tropfen n/,-Essigsaure Schwefel ab; fugt man aber zuvor 10 ccm m/,-K2S,0, hinzu, so bleibt auch nach Zusatz von 20 ccm n/,-Essig- saure die Losung lange Zeit klar. Wurde andererseits eine Mischung von je 25 Millimol/Liter von Trithionat und Thiosulfat mit etwas Essigsaure unter Zusatz von Natriumacetat angesauert, so stieg inner- halb 20 Stunden bei Zimmertemperatur der Jodtiter fur 20 cm3 der Mischung urn 3,7 em3 n/,-J.

Die Geschwindigkeit der Einwirkung von Bisulfit auf Tetre- thionat kann also nicht mehr die eines vollstandig verlaufenden bi- molekularen Vorganges, sondern nur die der Einstellung eines Gleich- gewichts sein.

Wenn man deren zeitlichen Verlauf naher kennen lernen will, sind die Bedingungen der oben beschriebenen Versuche zu ungunstig. Es zeigte sich, daB bei Steigerung der Konzentration des Tetra- thionats auf 25 Millimol/Liter und der Temperatur auf 55O die Re- aktionszeit sich auf ein zur Verfolgung bequemes MaB verkurzen lakit. Bringt man gegenuber der erwahnten Tetrathionatkonzen- tration 50 Millimol/Liter KHSO, bzw. 25 Millimol/Liter KHSO, in

S,O," + SO," 72 S,O," + S,O," P a >

S40," + HSO,' ~2 S,O," + S,O," + H (7)

l) a. a. 0.

Einwirlczcng der schwefligsazcren Salm auf Polythionate. 65

Anwendung, so zeigt in der Tat der fur einen eindeutigen Vorgang berechnete Geschwindigkeitskoeffizient der Reaktion eine starke dauernde Verminderung, und geht schlieI3lich auf sehr kleine Be- trage herab. Es wird hier geniigen, den zeitlichen Gang des Jod- verbrauchs durch Kurven zu veranschaulichen.

In Fig. 1 bezieht sich Kurve I auf den Versuch (Versuch 9), bei welchem 250 em3 mlzo- K2S,06 mit 250 ccm etwa m/,-KHSO,, d. h. 25 &Tilfimo]/Liter K2S406 und 50 Millimol/Liter KHSO,, bei 55O

Fig. 1.

aufeinander wirkten. Der auf der rechten Ordinate verxeichnete Jod- verbrauch ist der von 20 em3 der Losung in em3 n/,-J. Der An- fangstiter u betrug 19,lO em3 nll0- J ; bei vollem Verschwinden des S,O,” h8;tte er auf 14,lO em3 n/,-J herabgehen miissen. Man er- kennt , daI3 die Kurve I eine Strecke leng horizontal verlauft, nach- dem der Jodverbrauch einen Ruckgang um etwa 2,3 em3 erfahren hat, d. h. um kaum die Halfte des moglichen Betrages, daB aber spater eine neue, und zwar langsame Abnahme des Jodtiters einsetzt.

Ein zweiter Versuch (Versuch 10) wurde mit etwa gleichen Molekeln der reagierenden Stoffe, also mit 250 em3 m/20-K2S406 und 250 em3 etwa m/,,-KHSO,, d. h. mit je 25 Millimol/Liter von beiden Salzen und wieder bei 550 angesetzt. Der Anfangstiter betrug hier a = 9,95 em3 nllo- J ; /3 mul3te 4,95 em3 nllo- J bei vollem Verbrauche von S,06” erreichen. Kurve 11, auf welche die Werte der linken Ordinate in Fig. 1 sich beziehen, stellt den zeitlichen Verlauf dieses Versuches am Jodriickgange dar. Sie zeigt, daB schon, nachdem der

I. aoorg. n. allg. Chem. Bd. 157, 5

66 F. Foerster u%d K. Centner.

Jodtiter um 1,2 ccm abgenommen hat, der weitere Ruckgang auf- hort, und da13 sogar ein geringes Wiederansteigen des Jodtiters statt- findet, um dann zu einem abermaligen 1angsa.men Riickgange von diesem zu fuhren.

Die h d e r u n g des Jodtiters kann unter solchen Umstanden nicht mehr zur sicheren Ermittlung des Verbrauchs an Tetrathionat, also auch nicht zur genauen Beurteilung des Gleichgewichtes und seiner Ein- stellungsgeschwindigkeit dienen. Das Wiederansteigen der Kurve I1 lehrt vielmehr, da13 ein Vorgang stattfinden mu13, der das Gleich- gewicht (7) nachtraglich durch Steigerung der Konzentration eines jodverbrauchenden Korpers stort. Das kann nur die Verseifung des Trithionats sein :

S306” + H20 --t SO,” + S20,” + 2 H . (9)

Die Losungen von Versuch 9 zeigten in der Tat schon bald nach Beginn der Umsetzung einen nachweisbaren und spater stetig au- nehmenden Gehalt an Sulfat. Gleiches ist bei Versuch 10 der Fall in dem Stadium, in dem der Jodverbrauch etwa konstant erscheint. Bei geringer HS0,’-Konzentration, wie in Versuch 10, verschiebt dann die langsame Zunahme der Konzentrationen von S20,” und H‘ trotz Verschwindens von S,061‘ das Gleichgewicht (7) zunachst nach links, wahrend bei HS0,’-UberschuB, wie in Versuch 10, diese Verschiebung durch Nebenwirkungen ausgeglichen wird, die erst weiter unten zu erortern sein werden. Ein wenigstens annaherndes Urteil uber die Lage des Gleichgewichtes lronnte nur erlangt werden, wenn auBer dem gesamten Jodverbrauch noch der vom Thiosulfat und dazu die He-Konzentration bekannt ware. Dariiber wird in hbschnitt 5 noch zu spreehen ein.

Bei fortdauernder Steigerung der Konzentrationen von H’ und S,O,” durch Vorgang (9) kommt schliel3lich der Punkt, an welchem das Gleichgewicht H‘ + S,O,”~lHSO,’ + S unter Schwefelabschei- dung dauernd rechtsseitig verschoben wid . Diese zeigte sich in beiden Versuchen in dem Zeitpunkte, an dem die Kurven wieder abwarts gingen. Dann kann Gleichgewicht (7) uberhaupt nicht mehr bestehen bleiben, da nun alle aus S406” und HSO,’ entstehen- den Stoffe dauernd verschwinden. Jetzt mu13 HSO,’ seine durch den Eintritt des Gleichgewichts unterbroehene abbauende Wirkung auf den in diesem verbliebenen Rest von S,06” fortsetzen, bis zu dessen Verschwinden. DaB aber hierauf der weitere Abfall des Jodtiters nur zum kleinsten Teile beruht, wird auch spater erortert.

Einwirkulzg der schwef ligsauren Sake auf Polythiolzate. 67

Aus den Versuchen 9 und 10 geht also zunachst nur hervor, da8 die Einstellung des Gleichgewichts (7) recht trage vor sich geht, jeden- falls so trage, daB sie stets von der auch nicht sehr schnellen Zer- setzung des im Gleichgewicht auftretenden Trithionats stark uber- lagert wird.

c) D i e E i n w i r k u n g von B i su l f i t su f Pen ta th iona t . Von den storenden Nebenwirkungen, denen die Einwirkung von

Bisulfit auf Tetrathionat unterliegt, ist diejenige auf Pentathionat frei. Wie dieses von Sulfit vie1 schneller abgebaut wird als Tetra- thionat, tritt es auch mit Bisulfit weit schneller in Wechselwirkung. Bei geeigneter Konzentration der vorgeiiannten Stoffe kann diese schon bei Oo bequem zeitlich verfolgt werden.

Bei Versuch 11 wurden 250 em3 m/50-K,S506 mit 250 em3 etwa m/2,-KHS0,, d. h. 10 Millimol/Eiter K,S50, mit 20 Milli- mol/Liter KHSO, vermischt und die Umsetzung bei Qo verfolgt. Zur Kennzeichnung ihrer Geschwindigkeit mag die Angabe genugen, da8 die Abnahme des Jodtiters nacli 3 Stunden etwa 25O/,, nach 20 Stunden etwas uber 50°/, derjeiiigen betrug, die bei vollstandigem Umsatz des Pentathionats zu erwarten war; aber aueh nach 5 Tagen war dieses noch nicht ganz verschwunden. Die Geschwindigkeits- koeffizienten, wie sie fur einen vollstandig verlaufenden Vorgang 2. Ordnung sich ergeben, zeigten wieder einen sehr starken Ruck- gang mit fortschreitender Umsetzung. In den ersten Minuten er- gab sich k, zu etwa 3 d. h. etwa 20mal so hoch, wie der bei Qo ermittelte Anfangswert von k , fur die Umsetzung von Tetrathionat n i t Bisulfit. Darin da13 etwa das gleiche Verhaltnis dieser Werte wie fur die Geschwindigkeitskonstanten der Einwirkung von SO,” auf die beiden Polythionate sich ergibt, darf wohl eine Stutze fur die Annahme erblickt werden, daB es wieder wesentlich die SO,” in einer Bisulfitlosung sind, deren Einwirkung gegenuber den Polythionaten sich kundgibt.

Hiernach ist das allgemeine Geprage der Umsetzung von Bi- sulfit und Pentathionat als das gleiche wie das fur Tetrathionat anzusehen. Da8 hier der Vorgang wirklich zu dem erwarteten Gleichgewicht

fdhrt, lehren folgende Beobachtungen, aus denen hervorgeht, da8 auch der Vorgang S406”+ S,O,”+ H’ --r HSO,‘+ S50,” moglich ist : 10cm3 m/l-Na,S,O, f i i r sich, oder ein Gelzllsch von 10 em3

S506”+ HSO,’ S,O,”+ S,O,”+ H’ (6)

51

68 B'. Foerster und K, Centizer.

Zeit

Anfangs . . . . . . Nach 2 Stunden . . Nach 4 Stunden . . Im Mittel . . . . .

__- ~ .~

m/I-Na,S,O, und 10 em3 m/,-K,S,Q, gaben auf Zusatz von 1 Tropfen n/2-Essigsaure nach 1 Minute Schwefelabseheidung ; in einem Ge- misch von 100 em3 m/,,-Na,S,O, und 100 em3 m/,,-K,S,O, tritt auf Zusatz der gleichen Menge Essigsaure die Schwefelabscheidung nach 7 Nliimten ein. Werden aber 10 em3 m/,-Na,S,O, mit 10 em3 m/,-M,S,O, versetzt, so tritt bei vorsichtigem Zutropfen aueh von 20 em3 n/,-Essigs%ure keine Schwefelnbscheidung ein, und in der Losung ist Pentathionat nachweisbar. Werden 100 em3 m/,,-Na,S,O, mit 100 em3 m/20-K,S,0, versetzt und 2 em3 n/,-Essigsaure zu- gesetzt, so steigt der Jodverbrauch der Losung an, wahrend der nach Zugabe von Formeldehyd verbkibende, dein Thiosulfat ent- sprechend-e Jodverbrauch im gleichen NaBe zuruckgeht . Folgendc Werte wurden fur Proben von 20crn3 bei 250 bestimmt.

&samtjodver~~rauch von S,O,"- Jodverbrauch von 20 em8 in ernJ n/lo- J 20 em3 in cm3 n/,,-J _ _ ~ _ ~ _ _ _ _ ~~ ___ ~ -__._____

439 ~ 4,89 4,60 4,6S 5,14 + 039

5,22 I - 0,25

Diese Versuche lehren, ahiilich den entsprechenden, oben fur das Trilhionat beschriebenen, ldiglich die Umkehrbarkeit der Wechselwirkung von Bisulfit und Pentathionat ; uber das liierbei sich einstellende Gleichgewicht geben sie aber quantitativ noch keinen Aufschlufi, d s die in ihn herrschende H'Konsentration mit der bei vorstehendem Versuche wirksarnen nicht als gleich anzusehen ist. Eine genauere Untersuchung uber dioses Gleichgewicht steht noch aus.

Das Auftreten des Gleichgewichts (6) gibt nun auch die Deutung fur die bei dcn Versuchen 7 und S beobachtete Erscheinung, daB die Reaktionslioiistante fur die Uwselzung von S,Q," mit SO," eine Steigerung zeigt, wenn zugleich HSO,' anwesend ist, obwohl dieses unmittelbar solche Steigerung nieht veranlassen kann. Dies geschieht aber mittelbar, weil die mit WSO,' im Gleichgewicht steliende kleine IS'-Konzentration in geringem Grade die Bildung von S,O," veranlassen muB. Konnen dessen Koiizentrationen auch iiur sehr klein sein, so durften sie doch bci der grol3en Abbaugeschwindigkeit von S,O," genugen, urn eine erhebliche Geschwindigkeitssbeigerung im Verbrauch der SO," zu veranlassen, und zwar um so mehr, je grol3er das Verhaltnis HSO,'/SO," ist, wie es die Versuche ergeben.

U J - ~ den zeitlichen Verlanf d'er Einwirkung des Bisulfits auf

Einwirkung der schwefligsauren Salxe auf Polytlaioiaate. 69

Pentathionat und seine Beeinflussung durch die hier mogliche Folge- reaktion des Abbaus des Tetrathionais iioch etwas naher kennen lernen, wurden zwei den Versuchen 9 und 10 parallele Versuchel2 und 13 angesetzt, fiir welche, urn ilire Zeitdauer absukiirzen, die Temperatur von 25O innegehalten wurde. Auch hier genugt es, den Gang der Versuche durch Kurven zu veranschaulichen.

Bei Ver such 12 wnrden 250 on13 m/20-K,S,0, mit 250 em3 etwa rn/,,-KHSO, gemischt, wirkten also 25 Millimol/Liter X2S,0,

20

auf 50 Millimol/Liter KHSO,. Der Anfangstiter fur 20 em3 Losung betrug 19,86 (31113 nllo- J ; nach volligem Verbrauch des Pentathionats mul3te er auf 14,86 em3 n/,-J herabgegangen sein. Kurve I11 in Fig. 2 zeigt den zeitlichen Gang des Jodverbrauchs; die rechte Ordi- nate bezieht sicli auf ihn.

Ver such 13 unterscheidet sich nur durch Anwendung etwa gleichmolarer Mengen cler Reaktionsteilnehmer ; es wirkten hier 25 Millimol/Liter K,S,O, auf 25 Millimol/Liter KHSO,. Der Anfangs- titer fur 20 em3 betrug 9,86 om3 n/,,-J; bei volligein Verbrauche des Pentathionats mul3te er auf 4,8C em3 nllo- J herabgehen. Der beobachtete Gang des Jodverbrauchs wird durch Kurve IV in Fig. 2 wiedergegeben ; die linke Ordinate gilt fur diese.

Beide Kurven umfassen den Versuchsverlauf innerhalb von 9 Stunden. Die weiteren, an lieu angesetzten Losungen der gleichen Anfangskonzentrationen gemachten Beobachtungen wmen die fol- genden :

70 F. Foerster und hr. Centner.

Versuch 13. Jodverbrauch fiir

Versuch 12. I zeit 1 20 cm3 in cm3 n/,,-J

__ Zeit 1 Jodverbrauch fur

20 cm3 in em3 n/,,-J - ~ ___ __ _______ ~ __ - - .-

1 Tag 3 Tage 5 3,

8 $ 9

14,08 12,89 12,lO 10,78

1 Tag 3 Tage

6,96 6,76 6,57 6,27

fall Aus Kurve 111 erkennt man, daB der anfangs sehr schnelle Ab- des Jodverbrauchs in einen weiteren, etwa geradlinig und sehr

langsam fortschreitenden Abfall ubergeht, nachdem er auf etwa 15,s cm3 410- J herabgegangen ist. Der lettatere Kurvenzweig uber- schreitet stetig den fur vollstandigen Verbrauch des Pentathionats zu erwartenden Wort. Diese Beobachtungen fuhren zu der Deutung, daB zunachst sich das Gleichgewicht (6) einstellt, nachdein etwa 800/, des Pentathionats verschwunden sind, daB dieses aber, wie zu erwarten, nicht bestehen bleibt, sondern durch den als Folgereaktion unter dem EinfluB des verbliebenen HSO,'-iJberschusses eintreten- den, sehr langsamen Abbau des Tetrathionats nachtraglich allrnahlich gestort wird.

Kurve IV zeigt in ihrem letzten Teile einen fast horizontalen Verlauf. Durch die verhiiltnismafiig geringe in der Losung ver- bleibende HS0,'-Konzentration wird das entstandene Tetrathionat nur BuBerst trage weiter verandert; aber ganz bleibt auch hier diese Umsetzung nicht aus; auf ihr berulit offenbar der im spiiteren Ver- lauf des Versuchs noch hervortretende, in einer Woche aber nur etwa 0,7 cm3 n/,-J betragende Ruckgang des Titers. Der fast horizontale Teil der Kurve IV beginnt, nachdem der Jodverbrauch auf 7,0 cm3 n/,,-J herahgegangen ist, d. h. um 5701, des dem an- gewandten Pentathionat entsprechenden. GemaB der geringeren KS0,'-Konzentration liegt hier also dns Gleichgewicht bei einer hoheren S,O,"-Konzentration als bei Versuch 12. Zur sicheren Bewertung des Gleichgewichts kann freilich auch dieser Versuch nicht dienen, da bei ihm etwa nach 70 Minuten deutliche Schwefel- abscheidung durch die Verschiebung des Gleichgewichts

S,O,"+ H' 7-2 HSO,'+ S

eintrat, freilich ohne den stetigen Verlauf der Kurve zu beeinflussen. Der groBe Unterschied im Verhalten von Pentathionat und

Tetrathionat gegen Bisnlfit tritt beim Vergleich der Kurven in in Fig. 1 mit den Kurven in Fig. 2 hervor. Die letzteren verlaufen

Einwirkung der schwefdigsauren Salxe auf Polythionate. 7 1

im Anfang steiler als die ersteren, trotzdem fur sie der Absaissen- maBstab groBer ist als fur jene, und sie sich auf 25O, jene auf 650 beziehen. Daraus ergibt sich wieder der sehr groI3e Geschwindig- keitsunterschied im Abbau von S,O,” und S,O,” auch durch Bisulfit- losungen. Die Einstellung des Gleichgewichts kann beim Penta- thionat aus der Anderung des Jodverbrauchs einwandfrei ermittelt werden, da hier innerhalb der dazu erforderlichen Zeit kein merk- lich storender Nebenvorgang eintritt ; der zeitliche Verlauf des Jod- verbrauchs im ersten Teil der Versuche 12 und 13 entspricht also der Einstellung des Gleichgewichts (6).

5. Die bei der Einwirknng von Bisulfit anf Tetrathionat und auf Pentathionat eintretenden Folgevorgange.

Verfolgt man in der bei der Einwirkung von Bisulfit auf T e t r a - t h i o n a t unter den Bedingungen der Versuche 9 und 10 entstehen- den Losung den Jodverbrauch uber langere Zeit, so findet man, daB seine Abnahme ohne Stetigkeitsunterbrechung den Punkt, der der vollstandigen Umsetzung des Tetrathionats in Trithionat ent- sprache, weit uberschreitet. Da13 dies mit der Unbestandigkeit des Trithionats wie der des Thiosulfats in der immer saurer gewordenen Losung zusammenhangt, unterliegt keinem Zweifel. Die Art der dabei sich abspielenden Vorgange ist bekannt. Es erschien aber nicht ohne Wert, in diesem Falle ihr Zusammenwirken etwas naher zu verfolgen.

Zu diesem Zwecke wurden die Versuche 9 und 10 wiederholt, jedoch wurde jetzt uber lange Zeit hin nicht nur der gesamte Jod- verbrauch, sondern auch - nach dem inawischen bekannt ge- wordenen KURTENACKER’ schen Verfahren - der Thiosulfatgehalt, ferner der Sulfatgehalt und die Aciditat der Losung bestimmt. Neutralisiert man die Losung, so mu13 zunachst derjenige Anteil der H‘ verschwinden, der uber ihren Gehalt an HSO,‘ hinausgeht. Den Punkt, an dem dies erreicht ist, kann man angenahert durch Benutzung von Methylorange als Indicator ermitteln. Die so ge- fundene Aciditat entspricht der Steigerung der H’-Konzentration, die von den in der Losung sioh abspielenden Torgangen hervorgerufen ist. Neutralisiert man aber bei Gegenwart von Phenolphthalein, so bezeichnet der Farbenumschlag sehr nahe den Punkt, an dem auch die HSO,’ zu SO,” neutralisiert sind; die Differenz beider Werte mu13 also dem in der sauren Losung enthaltenen Sulfitschwefel

72 F. Fomter uad K. Cmtner.

derart entsprechen, da13 sie halb so vie1 em3 n/,,-NaOH umfaBt, als der gleiche Losungsanteil em3 nilo- J fur den Sulfitschwefel allein verbraucht. Damit ist eine Kontrolle der nur angenahert genauen Aciditatsmessungen gegeben.

Die bei diesen Versuchen gewonnenen Ergebnisse sind durch die Kurvenzeichnungen 3 und 4 wiedergegeben. Qon ihnen zeigt Fig. 3 die beim Zusammenwirken von 25 Millirnol/Liter K,S,O, und 50 Millimol/Liter KHSO, bei 550 in der Losung verlaufenden

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Wf in S+unUen Fig. 3.

Umsetzungen, wahrend Fig. 4 das Gleiche fur 25 Millimol/Liter K,S,O, und 25 Millimol/Liter KHSO, darstellt. Fig. 3 bezieht sich also auf die gleiche Losung wie Kurve I in Fig. 1, und ebenso gehoren Fig. 4 und Kurve I1 in Fig. 1 zusainmen.

Das Gesamtgepriige der Erscheinungen ist in beiden Fiillen iibereinstimmend ; die Versuche bestiitigen also einander.

Man erkennt bei beiden Qersuchen im hnfange der den Gesamt- jodverbrauch bezeichnenden Kurven die in Fig. 1 dargestellten Kurven 1 bzw. 11; man sieht, daB diese nur einen geringen Teil des spateren Jodverbrauchs darstellen.

Weiter zeigt sich, da13, fast vom Versuchsbeginn an, der Sulfat- gehalt der Losung ununterbrochen ansteigt, zunachst schneller, spater etwas langsamer ; der Eintritt der Abscheidung freien Schwefels, von

dem an der erneute starke AbfaL11 im Jodverbrauch eintritt, beein- flu& den stetigen Verlauf cter Sullatkurve nicht.

Der Gehalt der Losung an Thiosulfat steigt zunachst an, wiihrend ihr gesamter Jodverbrauch zuruckgeht. Die Zunahme des Thio- snlfats verlangsamt sich dann immer mehr und zwar in der Zeit, in welcher der gesamte Jodverbrauch fast unverandert bleibt. Von dein Zeitpunkt ab, in welchem freier Schwefel auftritt und eine starke Zunahme des Jodverbrauchs erneut eintritt, nimmt der Thio- sdfatgehalt nicht mehr zu, soiiclern ganz langsain ah.

-i4

p4 32 96 164 Zeif in Stunden

Fig. 4.

Die Aciditat gegen Methylorange nimmt im Anfange der Ver- suche zu uiid zwar in etwa gleicher Gangart wie das Thiosulfat; sie erreicht mit ihm gleichzeitig den Zustand sehr geringer zeitlicher Vertinderlichkeit, um dann bei Gegenwert uberschussigen Bisulfits (Fig. 3) sehr langsam zuruckzugehen, bei der Einwirkung gleich- molarer Bisulfitkonzentration (Fig. 4) ein wenig zeitlich anzusteigen. Dem enlspricht der Gang der gegen Phenolphthale'in gemesseneii Ge- samtaeiditiit. Sie steigt im Anfange an, urn da, wo vie1 Bisulfit zu- gegen ist (Fig. 3), init dessen starker Abnahme xnriickzugehen, wghrsnd bei geringerer Bisulfitkonzentration (Fig. 4) die Gesamt- acidittit nach Erreichung eines Hochstwertes sehr langsam zuriick- geht, wie es hier auch der gesamte Jodverbrauch tut.

Die Deutung dieses etwas verwickelt erscheinenden Gesarntbildes der Erscheiiiungen kanii an der Hand der bisherigen Erfahrungen uber das chemische Verhalten der Polythionate und des Thiosulfats folgendermaaen gewonnen werden :

74 K Foeruler und K. Centner.

Der anfangliche Vorgang der Rechtsverschiebung des Gleich- gewichts S,06"+ HSO,' 72 S,O,"+ S,O,"+ H' sollte veranlassen, da13 der vom Thiosulfat beanspruchte Jodverbrauch ebenso groB ist, wie die Abnahme des Gesamtjodverbrauchs, da fiir 1 HSO,', das 2 J verbraucht, 1 S,O," entsteht, das 1 J verbraucht. Andererseits sollte der gegen Methylorange sich ergebende Ver- brauch an n/,-NaOH dem des Jodverbrauchs des entstehenden Thiosulfats gleich sein.

Diese Forderungen sind aber nicht erfiillt und konnen nicht er- fiillt sein, da, wie die Kurve cles Sulfatschwefels lehrt, von Anfang an der Vorgang

S,O," + H,O --f SO," + S,O,"+ 2 H' (9) einsetzt. Dadurch steigt der Thiosulfatgehalt starker an, als es nach dem ersteren Vorgange der Fall sein sollte, und diesem Mehr an Thiosulfat mu13 ein doppelt so hohes Mehr an der gegen Methyl- orange geniessenen Aciditat entsprechen.

Das ist auch im Anfang der durch Fig. 3 veranschaulichten Versuchsreihe der Fall. -4us den Kurven ergibt sich z. B. nach 6 Stunden:

Jodverbrauch insgesamt . . . . . . . . . . 16,9 em3 n/,-J . . . . . . . . . . 9 , fur Sz03" 2,9 ,, ,?

Y > fur HSO,' 1490 7 7 7 7 . . . . . . . . . Jodverbrauch gegenuber dem ,4nfangstiter von

HSO,' 19,1 em3 nll0-J, d. h. Jodverbrauch, der verschwundenem HSO,' entspriclit . . 5,1 cm3 nIlO-J

Demnach sind durch Vorgang (7) entstanden

Insgesamt S203"- 2,55 (3111, n/10- J 11. H'- 235 em3 nll,-NaOH

sind entstanden SZ03"- 2,90 ,, ,, u. H'-3,40 ,, 9 9

Mehr 0,35 em3 n/,-J 0,85 em3 n/,,-NaOH

Da das angewandte S,O," zu vollstandigem Verschwinden soviel KSO,' verbraucht haben miiBte, als 10,O cm3 nllo- J entsprechen, so sieht man, daB nach 6 Stunden, d. h. bei Beginn des horizontalen Teils der Kurve des gesamten Jodverbrauchs, nur die Halfte des Tetrathionats nach Vorgang (7) reagiert hat, trotz des angewandten Uberschusses an HSO,'.

Warden diese Vorgange (7) und (9) Lmgestort weiter voran- gehen, so warden S,O," und H' ihre Konzentrationen bis zum volligen

E6nwirkun;l der sohwefligsauren salxe auf PoEythianate. 75

Verbrauch von S40G" und S,O," in dem angegebenen MaBe weiter steigen, und von HSO,' mugte 1 Mol auf 1 Mol S,OG" verschwinden. Das ist aber in Wirklichkeit nicht der Fall, vielmehr hort, wie erwahnt, die Konzentrstionssteigerung von S,O," und H' bald auf, und der Verbrauch an HSO,' geht weit iiber den gedachten Punkt hinaus. Es mussen also Folgevorgange eintreten, die HSO,', S,O," und H' verbrauchen und SO," und freien Schwefel erzeugen ; clessen Menge wurde zwar ihrer Zunahme nach nicht bestimnit, aber schon den? Augenschein nach steigt sie im Verlaufe der Versuche dauernd, nachdem es iiberhaupt zur Schwefelabscheidung gekommen ist.

Ein Vorgang der geforderten Art ware die Entstehung von Pentathionat :

5 S,O,"+ 6H' --t 2 SjO,"+ 3H,O,

2 S,O,"+ 2HSO,' --f 2 S406"+ 2 S,O,"+ 2H'

2S,O,"+ 2HS03' -+ 2S,O,"+ 2S,O,"+ 2H'

(10)

@a)

(7 a)

dem sofort der Vorgang

und mit geringerer Geschwindigkeit

folgen miil3te. Die Summe dieser Vorgange fuhrt zu dem End- ergebnis :

S,03"+ 4HSO,'+ 2H' --+ 2S,0G"+ 3H,O. (11)

Da, wie man we%, Thiosulfat und Bisulfit bei geeigneter Aci- ditat schon bei gewohnlicher Temperatur sehr schnell Trithionat liefern, jedenfalls vie1 schneller, als da13 die trtige Wechselwirkung von Tetrathionat und Bisulfit als Zwischenvorgang dabei in irgend nennenswertem MaBe in Betracht ktime, so ist man berechtigt, zumal bei Gegenwart hinreichender HS0,'-Konzentration, den Vorgang (1 1) als unmittelbar stattfindend anzusehen.l)

Wie die Untersuchungen des einen von uns mit 1%. VOGEL,) dargetan haben, kann bei steigender Ansauerung die Urnwandlung von Thiosulfat in Polythionat schon eintreten, bevor die Rechts- verschiebung des Gleichgewichts

S,O,"+ H' Z HSO,'+ S (3)

zur Abscheidung freien Schwefels fuhrt. So tritt auch hier die starlre Verlangsamung der S,O,"-Zunahme schon ein, lange bevor freier

Vgl. F. FOERSTER, 2. anorg. u. allg. Chem. 141 (1924), 228. 2) 1. c.

76 R Foemter wnd K. Centner.

Schwefel auftritt, und der gleichzeitige Verbrauch von HSO,‘ gleicht die Steigerung, die die Erzeugung von S,O,“ durcli Vorgang (9) fur den Jodtiter zu bringen vermochte, dort wieder aus, wo groBere HS0,’-Konzentration dem Vorgange (11) eine erhohte Geschwindig- keit gibt, wahrend bei geringerer HS0,’-Konzentration in den Kurven der Fig. 4 die Nachbildung des S203“ durch Vorgang (9) einen Wieder- anstieg des Jodverbrauchs bedingen.l)

Indem nun Vorgang (11) die Konzentration des S306” steigert, nimmt auch Vorgang (9) vermehrte Geschwindigkeit an und gleicht einen Teil des durch (11) veranlaBten Verlustes an H’ wieder aus; dessen Konzentration steigt, wenn auch langsamer, weiter und er- reicht schliel3lich einen Betrag, bei dem auch der Vorgang

S203”+ H’ --f HSO,’+ S (3 a) unter Abscheidung freien Schwefels dauernd vonstatten gehen Irann.

Warden bei dieser H’-Konzentration die drei Vorgange :

S,O,”+ 4HSO,’+ 2 H --f 2 5306’’ + 3H2O (11) 2 S306”+ 2H20 --f 2 SO,” $- 2S,O,”+ 4H’ (9)

2 S20,”+ 2 H -+- 2HSO3’ + 25 (3 a) gleichzeitig in dem MaBe eintreten, da13 immer die vom voran- gehenden Vorgange erzeugten Stoffe im nachsten Augenblicke vom folgenden wieder verbraucht wiirden, so ware das Ergebnis dieses Zusammenwirkens das der Gleichung

S,O,”+ 2HSO3’ --t 2 SO,”+ 2 S + H,O (12) entsprechende. Es wurde sich ein stationarer Zustand einstellen, bei dem die erreichte He-Konzentration sich nicht mehr Bnderte und nur noch S203” und HSO,’ verbraucht wurden und SO,” und S entstanden. Tatsachlich ist dies annahernd der Fall, da , wie die Kurven zeigen, nach Eintritt der Abscheidung freien Schtvefels, die H’-Konzentration nur noch sehr geringe hderungen erfiihrt, und zugleich HSO,‘ und S20,” ihre Konzentrationen vermindern. Diese Verminderung mu13, wie Gleichung (12) lehrt, derartig sein, daB die Abnahme des dem S20,” entsprechenden Jodtiters zu der des gesamten Jodtiters sich wie 1 : 5 verhalt. Das darf auch, soweit

~

l) Diese Erscheinungen blieben unverstiindlich, wenn man nicht wii!3te, dal3 Thiosulfat und Sulfat die primiiren Spaltungsprodukte des Trithionats in saurer Lijsung wiiren; vgl. F. FOERSTER, Z. anorg. u. allg. Chem. 189 (1924), 246.

Einwirkmg der schwef ligsauren Salse auf Polythionale. 'I 7

es die Genanigkeit, der Messungen wie die nur angenaherte Gultig- keit des angenommenen stationaren Zustandes erlaubt, als erfullt an- gesehen werden; z. B. betragt nach den Kurven der Fig. 3 von der 24. bis zur 94. Stunde die Abnahme des Gesamtjodverbrauchs 8,5 em3 n],,-J; 8,5 = 1,7 (31113, wahrend die Abnahme des fur S,O," gefundenen Jodtiters 1,5 em3 betragt. Nach Fig. 4 ist der erstere Wert zwischen der 24. und 48. Stunde 1,6 em3 nll0-J, der letztere 0,3 em3 n/lo- J.

Man darf also den spateren Verlauf unserer Versuche als im wesentlichen durch das gleichzeitige Stattfinden der Vorgange (ll), (9) und (3a) gekennzeichnet ansehen. Durch sie werden auch die Reste des Polythionats immer weiter in Sulfat und Schwefel ubergefiihrt. Bei der hohen Verdunnung der angewandten Losungen und der Temperatur von 55O ist diese ganze Reaktionsfolge, wie man sieht, auch nach sehr geraumer Zeit bei weitem noch nicht vollendet. Bei groBerer Konzentration und hoherer Temperatur konnte dies aber, wie zu vermuten ist, in verhaltnism8Big kurzer Zeit geschehen.

Das fuhrt zu der Folgerung, daB auch Thiosulfat und Bisulfit allein bei hinreichender Konzentration und Temperatur und einer fur Vorgang (11) giinstigen H-Konzentration glatt in Sulfat und Schwefel ubergehen konnen, ja daB Thiosulfat fur sich, da es durch geeignete Ansauerung Bisulfit und Schwefel zu bilden vermag, dieser Umwandlung unterliegen kann. Dies wird durch Erfahrungen be- statigt, die einem Patente der Aktiengesellschaft fur Anilinfabrikation zugrunde 1iegen.l) Nach diesem geht Thiosulfat quantitativ in Sulfat und Schwefel uber, wenn man es im Sinne der Gleichung

3 Na2S,03 + H,SO, -+ 3 NaSO, + 4 S + H20 bei 90° oder hoherer Temperatur mit Schwefelsaure behandelt. Da

2Na2S,0, + H,SO, --t Na,SO, + 2NaHS0, + 2 5 gibt, und nach Vorgang (12) die weitere Umsetzung

Na,S,O, + 2 NaHSO, --5 2 Na2S0, + 2 S + H20 in der sauren Losung stattfinden kann, ist der bei diesem Verfahren benutzte Vorgang bzw. die bei ihm zusammenwirkende Reihe von Umsetaungen die gleiche, wie die im Vorangehenden erorterte. Es unterliegt keinem Zweifel, daB auch hierbei Trithionat zwischen Ausgangs- und Endzustand die vermittelnde Rolle spielt .

D.R.P. 295859 (1914). Ich bin Herrn Dr. HANSEN in Leverkusen sehr dafur verbunden, daB er mich giitigst auf dieses Patent aufmerksam machte. F.

78 F. Fooerster und E. Centner.

Das Verfahren kann, wie ohne weiteres erkennbar ist, in niannig- facher Weise abgewandelt werden. Mancherlei Einzelerfahrungen der Technik zeigen dies und konnen auf die liier erorterten Vorgange zuruckgefuhrt werden. Ein Patent der E'arbenfabriken vorm. Friedrich Bayer u. C0.l) behandelt z. B. ein Verfahren zur Dar- stellung von Schwefel und Sulfaten aus Schwefelsauerstoffverbin- duiigen, das dadurch gekennzeichnet ist, daki man Losungen, melche Sulfite, Bisulfite oder deren Gemische fur sich allein oder zugleich mit Thiosulfaten enthalten, mit Polythionaten auf etwa looo erhitzt. Die Menge der letzteren ,,kann dabei in den weitesten Grenzeii schwanken, doch empfiehlt es sich nicht, unter 3--40/, des Gesamt- gewichts des Salzgemenges herunterxngehen". Die Polythionate haben hierbei also die Aufgabe eines Katalysators. Dieser werden sie nach dem oben Gesagten dadurch gerecht, daB sie durch ihre Wechselwirkung mit Bisulfit und durch die Zersetzung des Tri- thionats die dem Gemisch von Sulfit, Eisulfit und Thiosulfat fur Vorgang (11) fehlende H-Konzentration zu liefern bzw. das Thio- sulfat in erforderlichem Makie zu erganxen berufen sind. DenigemiB bleiben auch, wie die Patentschrift eru-ahnt, die Reaktionsgemische zunachst klar, bis plotzlich die Schwefelabscheidung einsetzt und nun die Unisetzung nach kurzer Zeit vollendet ist.

Die bei diesem Verfahren sich abspielenden VorgBnge sind im wesentlichen die gleichen, welche die Umwandlung von anfangs reiner Bisulfitlosung in Sulfat und Schwefel vermitteln, nur daB hier das Bisulfit zunachst langsam und weitgehend in Polythionat, vor allem Trithionat, und in Sulfat ubergeht, bis der Zerfall des Trithio- nats die zur spateren Schwefelabscheidung und weiteren SO,"- Bildung erforderlichen Konzentrationen an H und S,O," liefert.2)

Die oben gegebene theoretische Erorterung der im Verlauf der Wechselwirkung von Tetrathionat und Eisulfit sich abspielenden Vorgange umfaBt also alle diese scheinbar so mannigfaltigen, im Grunde aber doch einheitlichen Umsetzungen von Bisulfit, Thio- sulfat und Polythionaten.

SchlieBlich haben wir auch nicht unterlassen, die Umsetzung zwischen P e n t a t h i o n a t und Eisulfit, wie sie in den Versuchen 12 und 13 beschrieben wurde, also bei 25O, uber langere Zeit hinweg

l) D.R.P. 264920 (1913). Den Hinweis auf dieses und anclere Patente ver-

z, 2. anorg. u. allg. Chem. 128 (1923), 280. Vgl. auch D.R.P. 265167 (1913) danke ich einem Gesprache mit Herrn Prof. Dr. W. MuiLLER-bverkusen.

der Farbenfabriken vorm. Friedr. Bayer u. Co.

F.

Einwirkung deer schwefligsauren Salxe auf Polythionate. 79

durch analytische Feststellung der etwa eintretenden Folgevorgange zu untersuchen. Hier liegen die Dinge ziemlich einfach: der oben be- sprochene, verhaltnism85ig recht schnell zur Einstellung des Gleich- gewichts

fiihrende Vorgang veranlaBt in der Losung eine mit Methylorange titrierbare Aciditat, deren Verbraueh an (31123 n/,,-NaOH dem Ruck- gange des Jodtiters, gemessen in em3 n/,-J, gleich ist. Fur die Wechselwirkung von 25 Millirnol/Liter K,S,O, und 50 Millimol/Liter KHSO, betrug z. B. der Ruckgang im Jodtiter nach 6 Stunden, d. h. nocli wahrend des Abbaus des Pentathionats, 4,46 em3 n/,,-J, der Alkaliverbrauch bei Benutzung von Methylorange als Indicator 4,35 em3 n/,,-NaOH. Wie oben erwfihnt, geht bpi diesem Vorgange der Jodtiter, nachdem die Hauptmenge des Pentathionats verschwunden ist, sehr langsam weiter herab, indem nur das Tetrathionat in seiner uberaus tragen Weise mit dem BisulfituberschuB reagiert. Dabei findet aber keine weitere Steigerung der Aciditat mehr statt, indem offenbar jetzt Vorgang (12) Zeit hat, sich zwischen S,O,” und HSO,’ abzuspielen und den weiteren nur sehr langsam sich vollziehenden Anstieg der H’ auszugleichen. Durch diese Vorgange steigt die Konzentration des Trithionats; aber erst nach 96 Stunden wurde der Eiiitritt seiner Zersetzung zu Sulfat nachgewiesen ; wahrschein- lich ware er schon nach der 72. Stunde eben nacliweisbar gewesen. Die Sulfatbildung steigt aber nur langsam an; anstatt daB aber die hierfiir erwartete Steigerung der H’-Konzentration eintritt, macht sich allmahlich ein freilich nur sehr kleiner Ruckgang der Aciditat bemerkbar, indem wohl Vorgang (11) etwas schneller H‘ verbraucht, als Vorgang (9) sie erzeugt.

Ahnlich liegen die Dinge bei der Einwirkung gleichmolarer Mengen von K2S5Os und KHSO, (25 Millirnol/Liter von jedeni). Nach etwa 6 Stunden ist, wie bei Versuch 13 schon erwahnt, der Anfangswert 9,86 em3 n/,-J auf den nur auBerst trage sich weiter verinindernden Jodtitar von 7,O cm3, also uni 2,86 em3 n/lo- J herabgegangen, und die Aciditat gegen Methylorange um 2,88 em3 n/,-NaOH gestiegen, und beide Werte halten sich nun langere Zeit etwa auf dieser Hohe. Erst ganz allmahlich wird der weitere geringe Abfall des Jodtiters bernerkbar. Ihm entspricht aber wiederum keine weitere Zunahme der Aciditat, sondern eher eine sehr langsame Abnahme, und erst nach 120 Stunden wird Sulfat nachweisbar, hBlt sich aber auch in den naohsten 36 Stunden

(6) S,O,”+ HSO,’ z? S,O,”+ S,O,”+ H’

80 F. Foerster und K. Centner.

noch auf sehr geringen Betragen, indem am Schlusse des Versuches nur 0,05 Millimole Sulfatschwefel in 20cm3 der Losung sich fanden. Die geringe HSO,’-Konzentration veranlal3t eine so langsame Ent- stehung von S306”, daB auch am Ende des Versuchs der Jodtiter nur um 4 em3 nil0-J zuruckgegangen ist, wahrend der vollstandige Abbau des Pentathionats zu Tetrathionat den Titer urn 5 em3 n/,-J herabsetzen muBte. Dal3 trotzdem auch hier das Tetrathionat schon der Einwirkung des Bisulfits unberlegen ist und Trithionat erzeugt hat, geht aus der beobachteten Sulfatbildung hervor.

Aus diesen Beobachtungen folgt, daB die Einwirkung des Bi- sulfits auf Pentathionat, soweit sie nach dem Gleichgewicht mog- lich ist, sich schnell genug vollzieht, urn die Nebenvorgange un- merklich zu machan, daB aber das Tetrathionat dieser Wirkung so trage unterliegt, daB stets bevor das Gleichgewicht erreicht ist, storende Nebenvorgange, vor allem der Zerfall des Trithionats, in erheblichein MaBe Platz greifen. Daraus ergibt sich, daB, wenn Thio- sulfat uiiter dem Einfluf3 von H Pentathionat bildet, dieses sehr schnell von dem gleichzeitig vorhandenen HSO,’ in Tetrathionat , dieses aber nur so triige weiter in Trithionat verwandelc wird, dd3 letzteres dabei stets in erheblichem MaBe in Sulfat ubeyzugehen Zeit hat. Umgekehrt ergibt sich, wenn bei einer Umsetsung von Thiosulfat schnell und vorwiegend Trithionat entsteht und nnr in geringem MaBe von Sulfat begleitet ist, daf3 es nicht uber das Penta- thionat hinweg entstanden sein kann.

6. SchluB. Die wichtigsten Ergebnisse der im Vorstehenden mitgeteilten

Untersuchungen konnen in folgende Satze zusammengefaBt werden : 1. Die Einwirkung von Sulfit auf Pentathionat und auf Tetra-

thionat ist schon bei kleinem SulfitiiberschuB ein vollstandig ver- laufender Vorgang zweiter Ordnung :

S,O,“ + SO,” --f S,O,“ + S203“, S,O,” + SO,” -+ S,O,” + S,O,”.

(1) (2)

2. Vorgang (1) verlauft weit schneller als Vorgang (2). Die Geschwindigkeitskonstanten bei Oo sind, berechnet auf Minuten und Millimol, fur Vorgang (1) 0,233, fur Vorgang (2) 0,0103.

3. Bei Einwirkung Bquivalenter Mengen von SO,” und Bolp- thionaten stellen sich die Gleichgewichte

S506” + SO,” 72 S,O,” + S,O,” s406” + So,” yt 8306’’ + S,o,”

(1 a) (28)

Eiltwirkung der scl~wefligsazcren Salxa auf Polythionate. 81

ein, die stark rechtsseitig liegen, und zu dem Gleichgewichte

zusammeiiwirken, dessen Einstellung, wie schon bekannt, durch S,O," katalytisch beschleunigt wird.

4. Die Einwirkung von Bisulfit auf Pentathionat und Tetra- thionat fuhrt stets zu den Gleichgewichten:

2S40," 72 S,O," + S3061' (8)

S,O," + HSO,' 72 S,O," + S,O," + H', S,O," + HSO,' 7rl S,O," + S,O," + II'.

(6) (7)

5. Diese Gleichgewichte stellen sich nur sehr langsam ein. 6 . Die fur den Anfang der Einwirkung von Bisulfit auf Poly-

thionat sich ergebenden Geschwindigkeitskoeffizienten stehen fur S506" und S406" bei O o etwa im gleichen Verhaltnis zueinander wie die fur deren Wirkung auf SO,"; fur das gleiche Polythionatanion steht die Anfangsgeschwindigkeit von HSO,' zu der Geschwindigkeit der SO," etwa in dem Verhiiltnis, in welchem im Gleichgewicht HSO,' f-fr H' + SO," in einer Bisulfitlosung die Konzentrationen von SO," und HSO,' zueinander stehen.

7. Dadurch wird es wahrscheinlich, daI3 in einer Bisulfitlosung es uberhaupt nur die in ihr enthaltenen SO," sind, die unmittelbar auf die Polythionate einwirken.

8. Gleichgewicht (7) stellt sich so trage ein, da8 es durch den Folgevorgang der Zersetzung des Trithionats

stark uberlagert wird. 9. Gleichgewicht (6) stellt sich vie1 schneller ein als (7), so daB

auch bei einem nicht zu groBen UberschuD an Bisulfit die Zersetzung des von diesem aus dem zunachst entstandenen S,O," erzeugten S,O," erst lange Zeit nach der Einstellung von (6) bemerkbar wird.

10. Durch die Wirkung von H' aus S20," entstehendes S,O," kann daher von Bisulfit zwar rasch zu S406" abgebaut werden; dessen weiterer Abbau zu S,O," kann aber nur unter gleichzeitiger reichlicher Entstehung von dessen Zersetzungsprodukten vor sich gehen.

11. Daher kann, wenn S,O," aus S,O," bei Gegenwart von HSO,' sich schnell und einigermal3en glatt bildet, wie es tatsachlich moglichist, S,O," nicht durch die Vorgiinge (6) und (7) aus S,O," entstanden sein, sondern verdankt der unmittelbaren Einwirkung

seine Entstehung.

S,O," + H,O --f SO," + S203" + 2 H (9)

S20," + 4HS0,' + 2H' --t 2S306)' + 3H20 (11)

2. anorg. n. allg. Cbem. Bd. 157. 6

82 F. Foersler u. K. Centner. Einwirkung der schwefl$sazsPen Sake usw.

12. Durch Zusammenwirken von Vorgang (9) und (11) mit dem bei etwas hoherer H'-Konzentration eintretenden Vorgange

S203" + H- --t HSO,' + S (3) werden im spateren Verlaufe der Einwirkung von HSO,' auf S,O," bzw. auf S406" die Ionen S2O3", HSO,' und H' gemeinsam zur Er- zeugung von SO," und S verbraucht.

13. Wenn Vorgang (ll), (9) und (3) in der Weise gleichzeitig sich abspielen, daB die von einem von ihnen erzeugten Stoffe im nachsten Augenblick durch einen der anderen Vorgange zum Ver- schwinden gebracht werden, konnen sie in der Weise zusammen- wirken, daB das Endergebnis der Gleichung

S20," + 2HS0,' --t 2S0," + 2s + H,O (1 2) entspricht ; dabei spielt S,O," die Rolle des Katalysators.

14. Dem entsprechen Erfahrungen der Technik, die zu Ver- hhren zur glatten Umwandlung von Thiosulfat bzw. Thiosulfat und Bisulfit zu Sulfat und Schwefel gefuhrt haben.

Dresden, Anorganisch-chemisches Laboratorium der Technischen BochschuZe, den 30. Juli 1926.

Bei der Redaktion eingegangen am 8. Auguet 1928.

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