Concerto piccolo e basso. Barockmusik von Bologna bis · PDF fileProgramm HenryPurcell...

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Sonntag, 7. September 2014

Sonntag, 14. September 2014

Ensemble con diletto

Il Pastor FidoSommerliches von Chédeville, Vivaldi, Bach u. a.

Programmheft

Programm

Henry Purcell Overture aus „Dido und Aeneas“arr. für Blockflöte, Streicher und B. c.(1659 – 1695)

Domenico Gabrielli Sonate G-Durfür Violoncello und Basso continuoGrave – [Allegro] – Largo – Presto

(1651 – 1690)

Jacques-Martin Triosonate d-Moll Op. 3/3für Blockflöte, Violine und B. c.Prelude – Fugue – Grave – Vivement

Hotteterre(1674 – 1763)

Antonio Vivaldi Concerto D-Dur Op. 10/3 „Il Gardellino“für Blockflöte, Streicher und B. c.Allegro – Cantabile – Allegro

(1678 – 1741)

— Pause —

Johann Sebastian Bach Sonata I Es-Dur BWV 525für Orgel à 2 Clav. e Pedal[Allegro] – Adagio – Allegro

(1685 – 1750)

Nicolas Chédeville Sonata Ⅵ g-Moll aus „Il Pastor fido“für Blockflöte und B. c.Vivace – Fuga da capella –Largo – Allegro ma non presto

(1705 – 1782)

Johann Sebastian Bach Cembalokonzert A-Dur BWV 1055für Cembalo concertato, Streicher und B. c.Allegro – Larghetto – Allegro ma non tanto

(1685 – 1750)

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Il Pastor Fido…

…unter diesem Titel erschien im Jahre 1737 in Paris eine Sammlung vonsechs Sonaten für Melodieinstrument und Basso continuo. Die Geschichtedieser Sammlung ist die eines gekonnten Plagiats – und ein Beispiel da-für, wie sich die Komponisten des Barock munter von Kollegen und derenStilen inspirieren ließen. Herausgekommen ist eine große Anzahl faszinie-rend schöner Sonaten, Suiten und Konzerte, an deren Vielfalt wir Sie heuteteilhaben lassen möchten.Wir beginnen unser Konzert klassisch mit einer französischen Ouver-

türe – allerdings keines Franzosen, sondern des vielleicht bedeutendstenenglischen KomponistenHenry Purcell. Purcell gehörte zu denMusikerndes nach dem Bürgerkrieg wieder erstarkten Königreiches. Die Musik ausder Blütezeit der Madrigale mit William Byrd, John Dowland u. a. war na-hezu vollständig durch den Krieg untergegangen; und so wie sich das neueKönigshaus unter Karl II. gen Frankreich orientierte, wurde auch der fran-zösische Barockstil übernommen und verändert. Recht schlicht und dochgenial legte Purcell diese Overture, wie er sie nennt, für seine erste OperDido und Aeneas an. Charakteristisch für diese Eröffungsform sind diescharfen, „französischen“ Doppelpunktierungen und die Gliederung in ei-nen langsamen, majestätischen und einen schnellen, fugierten Teil. Um diekurze Ouvertüre anzureichern, haben wir sie durch das Vorspiel des ChorsIf love’s a sweet passion aus Purcells MaskenspielThe Fairy Queen ergänzt.Nun verlassen wir England und auch die französische Ornamentik mu-

sikalisch und gehen zu Purcells Zeitgenossen Domenico Gabrielli insnorditalienische Bologna. Diese Stadt ist nicht nurWiege der europäischenUniversität, sondern auch des modernen Cellos als Soloinstrument. VonGabrielli, auch bekannt alsMinghino del Violoncello, wie er aufgrund seinerweithin bekannten cellistischen Virtuosität genannt wurde, sind die erstenverschriftlichtenWerke für Violoncello, Ricercare und Sonate (mit oder oh-ne basso-continuo-Begleitung), bekannt. Diese entstanden aus verziertenGeneralbasspassagen, von denen das Cello sich mit immer elaborierterenAuszierungen schließlich ganz als Soloinstrument emanzipierte. Formelllassen sich Gabriellis drei Sonaten als Vorläufer der Sonata da chiesa (Kir-chensonate), sowie als Vorläufer der Suite deuten. Seine G-Dur-Sonate –

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die heute in der Fassung G79 erklingt – präsentiert das Cello nun ganz alsäußerst vielseitiges Soloinstrument, das eine Bandbreite von fast perkus-siven Doppelgriffen bis zu warmen, melodiösen Passagen spielt. Für dasWerk wird das Cello skordiert, d. h. die höchste Saite von a auf g herunter-gestimmt. Dadurch entsteht ein etwas gedeckterer, dunklerer Klang.Bevor wir uns nach Venedig begeben, machen wir einen kurzen Abste-

cher an den französischen Hof, nach Paris, zum berühmten Flötisten undInstrumentenbauer Jacques-Martin Hotteterre. Er hinterließ der Nach-welt einige der wichtigsten Dokumente bezüglich der französischen Ver-zierungskunst und Spielweise, besonders für Blasinstrumente. Die Verzie-rungen sind es, die der harmonisch und melodisch vergleichsweise we-niger komplexen französischen Barockmusik ihren so ganz eigenen, faszi-nierenden Charakter geben. Kurze Noten werden oft nicht gerade, sonderninégal gespielt, also rhythmisch „unpräzise“ möchte man es fast nennen –mal wie Achtel heute im Jazz, mal lombardisch oder scharf punktiert. Da-neben gibt es eine große Zahl von speziellen Verzierungsfiguren, wie denport de voix oder tierce coulée. Lange Töne werden mit einem flattementgestaltet und so ergibt sich, besonders im Zusammenspiel mehrerer Melo-dieinstrumente, ein Klangerlebnis, das man in Sonaten italienischer oderdeutscher Komponisten der Zeit vergeblich sucht. Hotteterres Sonate Nr.3 aus dem Premier livre de Sonates en trio wurde hier um eine kleine Terznach oben, von h-moll nach d-moll, transponiert. Durch diese damals wieheute gängige Praxis wird sie auf der Altblockflöte in F spielbar.Wie versprochen landen wir jetzt zum Abschluss des ersten Teiles in Ve-

nedig, bei Antonio Vivaldi und seinem Konzert Il gardellino, zu DeutschDer Distelfink. Es ist das dritte Konzert aus Vivaldis Opus 10, einer Samm-lung von insgesamt sechs Konzerten per flauto, archi e basso continuo. Ilgardellino ist dabei eines von drei spezifisch betitelten Konzerten, nebenLa notte (die Nacht) und La tempesta di mare (der Sturm auf dem Meer).Vivaldi setzt die Flöte in klassischer Funktion ein, zur Imitation des Vo-gelgesanges. Die Aufführung mit Block- oder Traversflöten war zu dama-liger Zeit gängige Praxis. Harmonisch ist das Konzert schlicht gehalten.In den Ecksätzen lebt es von den virtuosen Kapriolen und Verzierungender Blockflöte, die oft von der ersten Violine begleitet wird. Der langsameMittelsatz, das Cantabile, gehört zu den absoluten Klassikern des Block-

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flötenrepertoires und bietet in der Bewegtheit der beiden schnellen Sätzeeinen wohltuenden Ruhepunkt. Der wechselnde Einsatz von Sopranino-und Altblockflöte dient dazu, den unterschiedlichen Charakter der Sätzeherauszuarbeiten.Nach der Pause folgt eine weitere Triosonate, allerdings nicht für drei

oder vier Musiker, sondern alleine für Orgel. Satztechnisch ist die Kom-position einer solchen Sonate eine große Herausforderung, da natürlichkein Continuo bereitsteht, um die Harmonien aufzufüllen. Auch spielprak-tisch gehören Triosonaten zur schwersten Literatur für Orgel. DiesesWerkstammt natürlich von Johann Sebastian Bach, der in eine Sammelhand-schrift nicht nur die berühmten Leipziger Choräle, sondern auch sechs So-naten „à 2 Clav e Pedal“ schrieb. Musikalisch sind die Sonaten ein Meister-werk, besonders die Stimmführung der zwei Manuale und des Pedals istvon einer seltenen Genialität. Entstanden sind die Sonaten in den Jahren1727 bis 1732 in Leipzig, wohl als Unterrichtsmaterial für Bachs SohnWil-helm Friedemann. Die heutige Forschung geht davon aus, dass der Kom-position ein Trio für Blockflöte, Oboe und Continuo in F-Dur zugrundegelegen hat.Es folgt nun die anfangs erwähnte Sonate Ⅵ aus „Il pastor fido“, Vival-

dis angeblichem Opus 13. Dieses wurde 1737 in Paris von Jean-Noël Mar-chand herausgegeben als IL PASTOR FIDO – Sonates pour la Musette, Viele,Flûte, Hautbois, Violon – avec la Basse continuë – del Sign. ANTONIO VI-VALDI. Allerdings war Marchands Vetter Nicolas Chédeville der wahreSchöpfer dieser Sonaten. Marchand machte die Urheberschaft Chédevilleserst 1749, also nach dem Tode Vivaldis, in einer eidesstattlichen Erklärungöffentlich. Bei der Frage nach dem Grund für die falsche Veröffentlichungunter Vivaldis Namen lohnt ein Blick auf die angegebenen Instrumente. Anvorderster Stelle findet man hier dieMusette, ein dem Dudelsack ähnlichesInstrument, das Chédeville und eine Reihe befreundeter Komponisten undInstrumentenbauer im Paris jener Zeit durchaus schätzten, so auch seinCousin Jacques-Martin Hotteterre. Um der Musette aber zum endgültigenDurchbruch zu verhelfen, fehlte noch die passende Schützenhilfe. Und kei-ner kam da gelegener, als der gerade sehr populäre Antonio Vivaldi. DerPlan hatte zwar keinen rechten Erfolg, denn von der ersten Veröffentli-chung wurden keine Nachdrucke produziert und die Musette geriet trotz-

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dem bald in Vergessenheit. Allerdings kam auch keiner auf den Gedanken,Zweifel an Vivaldi als Komponisten der Sammlung zu hegen, zu eindeutigschien doch der Stil. So hatte sich Chédeville in mehreren Zusammenstel-lungen vivaldi‘scher Musik kundgetan und besonders in der Sonata Ⅵ vielvom Roten Priester übernommen. Schon der zweite Satz geht auf ein The-ma von Vivaldi zurück, das Chedeville dann allerdings selbst kunstvoll zueiner Fuge weiterarbeitete und dabei seine kompositorischen Fähigkeitenunter Beweis stellte. Der vierte Satz ist eine Reduktion des ersten Satzesaus Vivaldis Violinkonzert Op. 4/6, den Chédeville nur an manchen Stellenetwas kürzte. Nicht nur ihm gefiel dieser Satz so gut, dass er ihn kopierte– auch Johann Sebastian Bach hatte, etwa 10 Jahre zuvor, eine Bearbei-tung dieses Konzerts geschrieben, in diesem Fall für Cembalo. Im heutigenKonzert nun hören Sie eine Synthese dieser drei Versionen: Die Sonatevon Chédeville, im letzten Satz ergänzt um die Originalzitate von Vivaldiund die Cembalobearbeitung von Bach, die sich in der Begleitstimme desContinuos wiederfindet.In seinen Weimarer Jahren kam Bach – vermutlich durch Johann Ge-

org Pisendel – mit Vivaldis Konzerten in Berührung. Die Beschäftigungmit dieser Musik muss Bach sehr geprägt haben, denn Vivaldis Einfluss istin seinen Orchesterwerken unverkennbar. Von einigen Konzerten Vivaldiserstellte sich Bach sozusagen Klavierauszüge, beispielsweise von Vivaldisoben erwähntem Violinkonzert. Andere Konzerte bearbeitete er und er-setzte beispielsweise die Soloviolinen durch Cembali. Dadurchwar die Ideedes Clavierkonzertes geboren. Auch Bach selbst schuf nun Solokonzerte –oft mit zwei Versionen, sowohl eine für Soloinstrument als auch eine fürCembalo. Das Konzert, welches wir heute aufführen, war vermutlich auchfür Oboe d’amore gedacht, dies wird durch eine klare Abgrenzung vonSolo- und Tuttipassagen in allen Sätzen deutlich, abgesehen von den Ar-peggien des Cembalos im ersten Satz. Der zweite Satz zeigt mit seinen ko-lorierten Verzierungen auch den Einfluss der französischen Barockmusikauf Bach. In allen Sätzen präsentiert Bach natürlich auch die Besonderhei-ten des Cembalos – Arpeggien, kunstvolle Sprünge, perkussive Elementeund weiteres – die das nicht nur klanglich schöne Cembalo von Keith Hillzur Geltung bringen.

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Ensemble con diletto

Das Ensemble con diletto entstand aus einer Gruppe von Freiburger Stu-denten, die sich unter anderem aus dem Akademischen Orchester undder Evangelischen Studentenkantorei kennen. Nach kleineren Projektenin wechselnden Besetzungen, entstand schon letztes Jahr ein Konzertpro-gramm in größerer Gruppe, unter anderem mit Bachs IV. Brandenburgi-schem Konzert. Diese Reihe setzen wir nun dieses Jahr fort.Keiner von uns ist professioneller Musiker und nur unser Cembalist Jo-

chen Kiene widmet sich der Musik auch in seinem Studium. Gemeinsamist uns allen aber eine große Leidenschaft für Musik, der Anspruch, dasMusizierte künstlerisch schön zu gestalten und vor allem die Freude amgemeinschaftlichen Musizieren. So gesehen sind wir Dilettanten im bestenWortsinn – denn im Italienischen beschreibt das Wort diletto auch eineTätigkeit, der man sich in seiner Freizeit und zum Vergnügen widmet.Weitere Informationen zu unseremEnsemble finden Sie auf unsererWeb-

seite unter http://condiletto.jochenkiene.de.

v. l. n. r.: Mirjam Bayer, Dorothea Keiter, Anne-Sophie Herrnböck,Sebastian Keller, Karola Böhmer, Juliana Bundel und Jochen Kiene

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AusführendeKarola Böhmer Violine ⅠJuliana Bundel Violine Ⅱ

Anne-Sophie Herrnböck ViolaSebastian Keller BlockflöteDorothea Keiter VioloncelloMirjam Bayer KontrabassJochen Kiene Cembalo, Orgel und Leitung

Danksagung

Bei der Vorbereitung des Konzertes haben wir von vielen Seiten Unterstüt-zung erfahren. Unser Dank gilt insbesondere Johannes Lang für die Bereit-stellung seines Cembalos, sowie der Matthäusgemeinde Freiburg, der Frie-denskirche Freiburg und der Johanneskirche Villingen für die Überlassungvon Proben- und Konzerträumen.

Wir hoffen, dass Ihnen unser Konzert gefällt!Über eine Spende zur Deckung unserer Unkosten würden wir uns freuen.

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