„Der kalte Operationssaal“- Modernes Wärmemanagement im OP · Physiologisch- anatomische...

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„Der kalte Operationssaal“-Modernes Wärmemanagement

im OP

Dr. med. Ramazan CelikAbteilung Anästhesie und Intensivmedizin

Physiologisch- anatomische Grundlagen

• Physiologie des Wärmehaushaltes– Mensch-homoiothermes Wesen hält

Körperkerntemperatur bei 36,5–37°C– Tagesrhythmisch schwankende

Körperkerntemperatur (Tief 3 Uhr, hoch Nachmittag)– Themoregulationszentrum im Hypothalamus

• In Area hypothalamica posterior werden Informationendurch Transmittersysteme in thermosresponsive Zellenverarbeitet

Körperkerntemperatur nach Tageszeit

© Golenhofen , Physiologie heute

• Reaktion auf Abkühlung– Vasokonstriktion der Haut

(Arterio- venöse Shunts)– Umverteilung des venösen Rückstroms über

tieferer Regionen, nicht in Nähe der Arterien– Kältezittern

Physiologisch- anatomische Grundlagen

Physikalische Mechanismen desWärmeaustausches

• Wärmeaustausch des Körpers mit Umwelt– Konduktion– Konvektion („Laminar Air Flow“)– Radiation– Evaporation (Wärmeverlust bei Laparatomie)

Perioperative Hypothermie

• Definition„Perioperatives Absinken derKörperkerntemperatur unter 36°C wird alsperioperative Hypothermie bezeichnet“

Perioperative Hypothermie

• Entstehung von perioperative Hypothermie– Alter (Kinder, ältere, kachektische Patienten)– Präoperative Körperkerntemperatur

• Wesentliche Faktoren vor Narkoseeinleitung,Schutzfaktor

– Ausmaß des operativen Eingriffs• Laparatomien, Herz-Gefäss-OP‘s

Intraoperative Volumenverschiebung– Post-OP Krankheitsschweregrad (SAPS-II-Score)

Perioperative Hypothermie

• Vorerkrankungen mit Risiko für Hypothermie– Hypothyreose– Diabetes mellitus– Querschnittslähmung– Zwischenhirnschädigungen– Syringomyelie und Syringobulbie

Weitere Risiken fürPerioperative Hypothermie

Bardenheuer et al

• Allgemeinanästhesie• OP-Dauer• „OP-Größe“• Medikamente

(z.B. Neuroleptika)• Kalte Infusionen• „OP-Klimaanalage “

(z.B. Laminarer Airflow mit direkterPatientenzuluft)

Körpertemperaturkurve bei Laparatomie

Peri-OP HypothermieDaten und Fakten

• Wärmeumverteilung:Temperaturabfall von ≈1,6°C in der 1. Stunde!

• Wärmebilanz:– Wärmeproduktion ≈1 W/kg Körpergewicht– Wärmeproduktion ist während Narkose ≈15–40%

geringer– Wärmeverlust über OP-Tisch ≈3–5 W– Radiation und Konvektion über luftexponierte Haut

≈11W/m2 Körperoberfläche/ °C Temperaturgradientzwischen Haut und Umgebung

Peri-OP HypothermieDaten und Fakten

• Evaporative Wärmeverluste:Haut: nicht schwitzenden Erwachsenen ≈5% desRuheenergieumsatzes = 4 WAtemwege: Evaporative Wärmeverluste ≈7,5–10 W

• Kalte Infusionslösungen:Infusionsraten 100 ml/h Wärmeverluste minimal (<2W)1000 ml/h betragen die Wärmeverluste ≈16 W

• Neuroaxiale Anästhesie:SympatikolyseVasodilatationWärmeverlust(Spinalanästhesie >> Peridualanästhesie)

Angepasstes Wärmemanagement

• Aktives Wärmemanagement erforderlich beijedem Patienten (Allgemein-Regionalanästhesien oder Analgosedierung)mit einer OP-Dauer von mehr als 30 minsollte eine adäquate Körperkerntemperaturvon mindestens 36°C aufrechterhalten werden

Angepasstes Wärmemanagement

• Individuellen Risikofaktoren (hohes Alter,schwere Vorerkrankungen, Vormedikation)

• Niedrige Ausgangstemperatur im operativenUmfeld

Risiken der perioperativenHypothermie

• Kardiovaskuläre Risiken:(instabile Angina Pectoris, Myokardinfarkt,Herzstillstand meist bedingt durch erhöhterKatecholaminspiegel)– Shivering verursacht erhöhter O2-Verbrauch– Postoperative Hypertension

• Gerinnungsstörung:– Zellulär reversibel gestörte Thrombozytenadhäsion und

- aggregation bei Hypothermie– Plasmatische Gerinnung

PTT bei 37°C 36s, …bei 34° ≈39svermehrter Blutverlusterhöhter Transfusionsbedarf

Risiken der perioperativenHypothermie

• Wundheilung und Wundinfektion– Thermoregulatorische Vasokonstriktion in

unmittelbar postoperativen Phase deutlicheAbnahme subkutanen pO2erhöhte Inzidenz vonpostoperativen Wundinfektionen

– Immunologischen Störung mit verringerterLymphozytenfunktion und Granulozytenfunktion

• Postoperative Katabolie mit vermehrterMuskelproteinabbau

Risiken der perioperativenHypothermie

• Pharmakokinetik und Pharmakodynamik– Intravenöse Anästhetika wie Propofol (bei TIVA)

sind die Plasmaspiegel bei hypothermen Patientenum 28% höher

– Inhalationsanästhetika MAC allerInhalationsanästhetika um ca. 5% pro °C erniedrigt

– Relaxanzien: Wirkdauer ist bei perioperativerHypothermie deutlich verlängert verursachtÜberhang Ateminsuffizienz in post OP-Phase

Risiken der perioperativenHypothermie

• Verlängerter Aufenthalt im Aufwachraum mitreduzierte Patientensicherheit,Kostensteigerung

Wie vermeide ich perioperativeHypothermie?

1. Messung der Körperkerntemperatur2. Anwendung eines adäquaten

Wärmemanagements

Wärmemanagement

?

Bardenheuer et al

Schlussfolgerung:„PeriOP-Wärmung von Patienten ist Effektiv bei Post OP-Schmerzen, Wundinfektionen undZittern. Systemische Wärmung des Patienten ist verknüpft mit reduziertem Blutverlust durchdie Prävention von Koagulopathien. PeriOP-Wärmung sollte allen Patienten fürverschiedene Arten von OP‘s angewendet werden, um die Konsequenzen der Hypothermiezu reduzieren.“

Präoperative Maßnahmen

• VorwärmungOptimale Dauer ≈30 - 60 min– Verlangt gutes Zeitmanagement mit Kooperation

von vielen beteiligten Abteilungen (OPM,operative Abteilungen, interner Krankentransport,Anästhesie, Anästhesiepflege, OP-Pflege usw.)

Intraoperative Maßnahmen

• Möglichst großflächige aktive Wärmung derKörperoberfläche

• Falls die Körperoberfläche nicht aktiv gewärmtwerden kann, sollte isoliert werden

Postoperative Maßnahmen

• Falls Körperkerntemperatur < 35°CEvtl. Nachbeatmung mit Aufwärmen

• Pharmakologische Maßnahmen imAufwachraum bei Muskelzittern („Shivering“):Pethidin (25–50 mg i.v.) und Clonidin (0,075–0,15 mg i.v.) haben sich bewährt(Nebenwirkungen/Kontraindikationenbeachten!)

Risiken aktiver Wärmetherapie

• Verbrennung: geringes Risiko, da hoherGerätestandart

• Keimzahlen im OP bzw. OP-Gebiet:Evidenz wird diskutiert

• Luftblasenbildung bei Infusionswärmern:Bei modernen Geräten gering

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