Die dynamische Allotropie des Selens

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Die dynamische Allotropie des Selens.' Von

H. R. KRUYT. Mit 5 Figuren irn Text.

Einleitang.

Als ich vor eiriiger Zeit die eigentumlichen Gleichgewichts- erscheinungen beim Schwefel studierte, die man unter dern Namen ,,dynamische Allotropie" zusammenfaht ,a fie1 es mir auf, dafs ein Zusammenhang existiert zwischen dieser Art der Allotropie und gewissen Eigenschaften 'des Schwefels, die beim Selen in weit deut- licher ausgesprochener Weise zum Vorschein treten.

Ks handelt sich um die Anderung des elektrischen Leitvermogens durch Be l i ch t~ng .~ Da nun gerade die dynamische Allotropie des Schwefels das Erklarungsprinzip dieses eigentumlichen Verhaltens bildete, lag es auf der Hand, mittels eines Analogieschlusses nuch auf das Vorhandensein einer derartigen Allotropie beim Selen zii

schlieken. Es hatte j a fibrigens ROBERT MABC' in seirien ausfiihr- lichen und genauen Untersuchungen die schon fruher ausgesprochene Vermutung, dafs hier solch ein Gleichgewicht vorlage, wieder in den Vordergrund geschoben , nachdem dieselbe seit einigen Jahren infolge der Kritik von SAusnERs zuruckgedrangt worden war.

Zunachst seien hier die Schliisse, die MARC au8 seinen Ver- suchen uber den Zustand des Selens zieht, sowie die Konsequenzen, die sich aus dem von ihm vertretenen Standpunkt ableiten lassen einer naheren Betrachtung unterzogen. Am einfachsten gestaltet

1 Uer kurze Inhalt der vorliegenden Abhandlung marde bereitv dem ,,Bederlandsch Natuur- en Geneeskuridig Congresl' in Utreclit irn April 1909 mitgetcilt.

. . - . . . . .

* Zeitbchr. phys. Chem. 64 (1908), 513.

4 1. Abhandlung: 2. anorg. Chem. 3 i (1903), 459; 2. Abh.: 45 (1906), 393; 3. Abh.: 50 (19061, 446; 4. u. 5. hbh. : 63 (1907), 298, und in seiner Nono- graphic: Die pliysikalisch-chemischen Eigenschaften des mrtallischen Selens, Hamburg-Leipzig 1907.

1. c., speziell 3 23, s. 545.

Juiirn. phys. Chem. 3 (19001, 423. Z aoorg. Chem. Rd. G4. 21

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sich die Ubersicht mittels des t--2-Diagrammes eines pseudo-binaren Systems, in der von A. SMITH^ (seit seiner vierten Abhandlung) und von mir (1. c.) beim Schwefel angegebenen Weise.

Der Konstruktion dieses Diagrammes liegen folgende von MARC festgestellten Tatsachen zugrunde:

a) Im metallischen Selen sind zwei Formen Sea und SeB Tor- handen, die einen Gleichgewichtszustand bilden.

b) Diese beiden Formen bilden eine homogene Mischkrystallphase, wenig- stens innerhalb der Grenzen, die bis dahin der Beobachtung zugangig waren.

Die unter a) und b) aufgefiihrten Tatfiachen sind auf Grund der Phasen- regel unzertrennlich miteinander ver- bunden, wie auch MARC betont; der Fall a) ist nicht denkbar ohne das gleichzeitige Zutreffen von b). Von der von MARC angedeutetenMoglichkeit einer Verbindung, i m Gegensa tz zur Misch- krystallbildung , konnen wir absehen ; ware eine solche Verbindung dissoziiert,

so standen wir d r e i Phasen gegenuber. W are dieselbe nicht disso- ziiert, so ware von einem beweglichen Gleichgewicht nicht mehr die Rede.

In Hinsicht auf die unter b) gemachte Beschrankung, sind also fur die Schmelzerscheinungen zwei Diagramme moglich.

In dem in Fig. 1 dargestellten t--2-Diagramm, dns die Verhalt- nisse qualitativ zum Ausdruck hringt (es fehlt uns j a der Einblicb in den yuantitativen Tatbestand) ist der Pall kontinuierlicher Mischung in ausgezogenen Linien gezeichnet worden, wBhrend tler Fall einer Mischungsreihe mit Lucken mittels der quergestreiften Kurven zum Ausdruck gebracht ist. Die Form, deren Menge hei hiiherer Temperatur zunimmt, ist von MARC mit dem Namen S e B belegt worden. Die Gleichgewichtskurve (Punktstrichlinie in Fig. 1) verlauft demnach bei hoheren Temperaturen nach rechts. Liegt nun ein derartiges Gleichgewicht in der homogenen festen Phase vor, so ist dies ebenso der Fall in der flussigen Phase. JEs schmelzen

A. SMITH und C. M. CARBON, Zeitschi. phys. Chem. 57 (1907), 685. S. 57 der Monographie.

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ja die beiden dynamisch allotropen Stoffe zu zwei nicht identischen F1iissigkeiten.l Beim Schmelzpunkt des sich im Gleichgewicht be- findlichen Selens wird somit eine feste Substanz, deren Zusammen- setzung xl SeB auf 1-xl SeA entspricht mit einer fliissigen Phase koexistieren, die die Zusammensetzung x2 SeB auf 1-x2 SeA aufweist.

Dieses Qleichgewicht ist selbstversfandlich bei konstantem Druck nonvariant; deshalb verlauft die Gleichgewichtskurve in dem ent- sprechenden Punkte horizontal.?

Bei hoheren Temperaturen wird deren Verlauf mit der Grolse der Umwandlungswarme SeA SeB zusammenhangen.

Die Reaktion Sea --f SeB ist endotherm; es verschiebt sich ja das Gleichgewicht bei Temperaturerhohung in der Richtung des SeB. Dessenungeachtet findet MARC^ bei 200°, bei welcher Tem- peratur die Reaktion eine merkliche Geschwindigkeit aufweist, eine positive Warmetiinung. Er weist denn auch auf diese unerwartete Tatsache hin; die Erklarung ist m. E. einfach in der Art und Weise zu finden, in der er sein reines Selen darstellte.

Aus der Beschreibung des Darstellungsverfahrens (Abhsndlung I1 bzw. Monographie S. 8 und 9) ergibt sich, dals er sein Praparat zum Schlusse der Sublimation unterwarf. Das Selen war also wahrend einiger Zeit auf hohe Temperatur vorerhitzt worden. Der Zustand dieses Praparates entspricht z. B. dem Punkte Q in Fig. 1.4

Beim Abkuhlen verschiebt sich das Gleichgewicht nur teil- weise, wie sich nicht nur aus MAECS Versuchen, sondern auch aus dem sogleich Mitzuteilenden ergibt. Dem Zustande bei Zimmer- ternperatur entspricht somit der Punkt P. Wird das Praparat, in dem keineswegs Gleichgewicht herrscht, erwarmt, so wird sich bei 200 O, w n n die Reaktionsgeschwindigkeit einen merklichen Wert erreicht, SeB in Sea umwandeln und d i e se Umwandlung wird yon einer positiven Warmetonung begleitet sein. Dieser Vorgang ist selbstverstandlich n i c h t umkehrbar, da es sich hier urn den Uber- gang eines metastabilen Zustandes in einen stabilen handelt.

' BANCROFT, Journ. phys. Chem. 2 (1897), 143. Dafs ein derartiges System theoretisch miiglich ist, wurde, wie ich

Abhandlung I1 und Monographie, S. 17ff. Wenn auch der Zustand nicht genau dem betreffenden Punkte der

G l e i c h g e w i c h t s k u r v e entspricht, so wird er dcnnoch nicht weit davon entfernt sein, da das betreffende Prlparat wlhrend llngerer Zeit auf hoher Temperatur gewesen war.

glaube, zuerst YOU SCIIOEVERS, Dissert., Amsterdam 1907, S. 29 erwlhnt.

21 *

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Dernentsprechend erhielt auch MARC niemals den urspriinglichen Zustand wieder, wje sich z. B. ohne weiteres aus Fig. 13 seiner Monographic bzw. aus Fig. 5 seiner dritten Abhandlung (Punkt 1 und 7) ersehen lafst.

Der Zustand bei hoher Temperatur wurde soeberi durch den Punkt Q nngedeutet. Ganz geriau ist dies nicht; das Selen schlagt sich aus der Uampfphase nieder , wahrend die gezeichnete Gleich- gewichtskurve sich auf die fiussige Phase bezieht. Welche die Zusamrnensetzung des Dampfes ist, daruber ist uns nichts bekannt. lndes ist es a priori am wahrscheirilichsten, dafs bei holier Tem- peratur das Gleichgewicht in j e d e r n Zustande naclt der Seite ties SeB verschoben ist, und das ist hier die Hauptsache.

Lassen wir die Liislichkeitsbestimniungen von ?V~ARC aul'ser Be- tracht, d a er sie selbst als unsicher bezeichnet, so liegen in quan- titativer Richturig nur die Bestimmungeri des elektrischen Leitver- mogens vor.

Uafs gerade dieee Eigenschaft eingehend studiert wurde , liegt auf der Hand, da die eigentiimliche Anderung, die sie im Lichte erfalirt, dem Selen seine Wicht.igkeit fur die Praxis verleiht. Es sind denn auch diese h l e r u n g e n , die zuerst zur Vermutung gefiihrt haben, dafs hier dynaniische Allotropie vorlage.

Dessen ungeachtet scheint mir diese physikalische Eigensc1i:ift vijllig ungeeignet, uni uber den inneren Zustand rles Yeleiis righeres zu erfahren. Ns ist ja das elektrische Leitvermiigen keineswegs eirie additive Eigenschaft. Es ist wohl das ntlhrscheinlichste, dal's wir beim Selen eirier kontinuierlichen Xisclikrystallreihe gegenuber- stehen; sollte dem so sein, so ist der normale T ~ p u s der Kurre, die die Anderung des elektrischeri Leitvermiigens mit der Zusammen- setzung vorstellt, eine solche mit cinem Minimum!'

Falls das elektrische Leitvermogen zunimmt, wenn sich das Gleichgewicht 8eA 2 - t Se, zugunsten des Sen verschiebt, so liiil'st sich daraus keineewegs der Schlufs ziehen, dafs das elektrisclie Leit- vermogen des SeH selbst eineri griifseren Wert ha t als das v o ~ i Sea. iiuf' diescn Punkt werde icli uuten rioch ausfiihrlich zuriickkomnren.

Ich hahe deshalb geglaiibt, das Studium der dynamischeii Mlo- tropie des Selens in anderer Wcise angreilcn zu 1niissc:ii. Man rer- kehrt hier in weit uiigunstigereii Verhiiltnissen als hcini entspr~chentlen

' Vgl. GCERTLEB, Z. anory. C'hern. 61 (1906), 403 U I I ~ deli ScllluCy der vorliegenden Abhandliing.

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Studiurn des Schwefels, wo der enorme Unterschied in der Los- liclikeit des S1 und s, in Schwefelkohlenstoff zu einem einfachen Analjsenverfahren fuhrt. Infolgedessen ist man darauf angewiesen, hier tliejenigeri Eigenschaften ins Auge zu fassen, die eine Anderung erfahren , wenn man das Element gewissen Manipulationen unter- worfen hat, die wahrscheinlich zu einer Verschiehung des Gleich- gewichtes fiihren. Da es erwunscht ist, dafs die betreffenden Kigen- schafteii mijglichst additive sind, so wahlte ich das spezifische Gewicht, da dessen reziproker Wert eine anniihernd additive Eigenschaft ist. Speziell bei Mischkrystallen liegen dann giinstige Verhaltnisse vor. Nach I~ETGERS herrscht dort eine vollstlindige Additivitat und selbst tiacli den genauen Messungen vou GOSSNER~ sind die vor- liegcnden Abweichungen nur sehr gering.

Einflub dea Daratellnngaverfahrena auf die Eigenschaften dea Selens. Die Frage, die zuniichst zu beantworten mar: ist folgende:

Welches spezifische Gewicht weist das Selen auf, falls es genau nach dem von MARC beschriebenen Verfahren dargestellt wird, ohne es indes zu sublimieren und im Zusammenhang damit, ohne es hoheren Temperaturen auszusetzen? Als Ausgangsmaterisl benutztc ich sogenanntes ,,Selen in Perlen" von KAHLRAVM in Berlin; nach- dem es nach dem von MARC^ beschriebenen Verfahren gereinigt war, wurde es wahrend etwa 16 Stunden im Trockenschrank auf un- gefahr l l O o gehalten. SpLtere Versuche wurden auch bei hoheren Temperaturen ausgefuhrt, niemals aber hoher als bei 130".

Das spezifische Gewicht wurde auf pyknometrischem Wege er- mittelt. Die Substanz war feingepulvert. Der Stopfen des Pyk- nometers war sehr sorgfaltig eingeschliffen worden; er trug eine feine Capillare, der eine Narke aufgeatzt war. 81s Fiillflussigkeit benutzte ich Toluol. Die Versuchstechnik gestaltete sich folgendermafsen : In dem sorgfaltig mittels Alkohol und Ather gereinigten Pyknonieter wurden etwa 8 g Selen abgewogen. Sodann wurde soviel Toluol in das Pykriometer gegeben, dafs das Selen vollig untergetaucht war. Nunmehr brachte ich das Instrument mit der Wasserstrahlluftpumpe in Verbindung und liek das Toluol wahrend 5 Xinuten bei ge- wohnlicher 'l'emperatur sieden. Nachdem das Pyknometer weiter . - . - . . . .

1 Zeitschr. phys. Chcrn. 3 (1889), 497. Habilitationsschrift , Muucheri 1908, Zeitschs. f. l\i-?lstalluyraphi(.r 44

Ygl. S. 307 die+er Abliandluug. (IWS), 4 1 i .

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angefullt war, wurde es in einen auf 25.00" eingestellten I'heriuo- staten gebracbt. Nach 10 Minuten wurde das Uberschhssige Toluol his zur Marke abgcsaugt. Blieb der Stand der Fliissigkeit wihrend 5 Minuten unverandert, so brachte ich das Pyknometer zunachst in ksltes Wasser, trocknete es sorgfiiltig urid schritt Z u n i Wagen.

In dieser Weise wurden folgende Zalilenwerte erhalteti. (Siimt- liche spezifische Gewichte sind auf die Dichte des Wassers bei 4 O = 1 und Vakuum reduziert wordeo.)

1. 4.49; 2. 4.64; 3. 4.53; 4. 4.62; 5. 4.56; 6. 4.63.

l ch fiilirtc stets Doppelbestimmungen aus deren Ergebiiis hijchstens 4 Kinheiten tler dritten Dezimale auscinander gingeu. Da diese Ileziruale somit urisicher ist, verzichte ich h e r auf ihre Wiedergabc.

Dafs das spezifische Qewicht soweit unter 4.80 (dew spezitischen Gewichte des sublimierteri Selens) liegt, kijnnte a priori mehreren Umstiitiden zugeschrieben werden, und zwar:

a) der Tatsache, d a k d a s a l n o r p h e S e l e n s i c h nicl i t q u a n - titittiv i n d i e m e t a l l i s c h e F o r m u m g e w a n d e l t hii t te. Diese Scliwierigkeit wird nun sowohl durch NARCS Untersu+uiigcw be- hoben, wie durch die, welche sich in der Hlteren Literntur iiber diesen Gegenstand vorfinden. Aufserdem habe icli die Priiipnrate 4, 5 und 6 nicht vorher gepulvert, so dafs ich rnich davon uberzeugcn konnte, dafs die bei der Entglasung auftretende Wiirmeentwickeluiig die Substanz oberhalb ihres Schmelzpunktes erhitzt hstte.

Sodanii hnbe icli einige Praparate aufs neue im Trockenschrank erhitzt.

Das spezifieche Gemicht von 1 war nach 19stundigem $:rhitzen auf etws l l O o von 4.49 auf 4.51 gestiegen. Ferner hielt ich ein Praparat! das auf eogleich naher zu beschreibender Weise auf ein spezifisches Gewicht von 4.73 gebracht war, wiihrend 4 Tngen auf 120°: es trat keine Anderung irn spezifischen Gewicht ein. Die genannte Schwierigkeit ist also 81s behoben zu betrachten.

b) Es w l r e miigl ich, dafs d a s P r a p a r a t n i c h t t r o c k e n war. Auch dies ist durch bfARC s Untersuchungen ausgeschlossen. Die letzten Spuren Feuchtigkeit verschwinden nach seinen Leit- fahigkeitsmessungen innerhalb der Zeit, wahrend der in meinen Versuchen die Praparate erhitzt wurden.

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Aulserdem stellte ich fest, dafs das Behandeln mit Alkohol und Ather, sowohl vor wie nach dem Erhitzen ohne Einflufs war.

c) D a s P r a p a r a t konn te SeO, en tha l ten . Auch dies konnte die Erklairung nicht sein. Setzen wir das spezifische Gewicht des SeO, auf 3.958,l so wiirde ein Selenpraparat, dessen spez. Gew. 4.50 betriigt, nicht weniger als 31°/, SeO, enthalten! Uber das Vor- handensein einer S p u r SeO, werden wir spater sprechen.

Der Unterschied zwischen sub l imie r t em Selen und meinen Praparaten kann iibrigens nicht einer Verunreinigung letzterer zu- geschrieben werden, sondern liegt in dem inneren Zustande des Elementes, in der Tatsache, daCs es auf hohe re T e m p e r a t u r er- hitzt gewesen ist. Dies wird in den folgenden Abschnitten nachgewiesen.

Die Umwandlnng Sea --t SeB. Urn den Nachweis zu fuhren, daf's einfaches Erhitzen geniigt,

utn dem Selen ein hoheres spezifisches Gewicht zu erteilen, habe ich meine Praparate in einem Gemisch von KNO, und NaNO, (Eu- tektikum) erhitzt. Sie befitnden sich entweder in offenen Rohren oder auch in solchen, die mittels einer Quecksilberluftpumpe eva- kuiert und sodann zugeschmolzen waren. Nach dem Erhitzen war kein Druck in den Rohren vorhanden, der eventuell ahsorbierten Gasen hgtte zugeschrieben werden miissen.

Wurde der Inhalt der Rohren abgeschreckt, wodurch das ge- schmolzene Selen natiirlicherweise wieder in dem glasartigen Zustand erhalten wurde, so wandelte sich dieses wieder in die krystallinische Form um, wenn es in ganz derselben Weise wie friiher wahrend ungefahr 18 Stunden im Trockenschrank auf etwa 120° erhitzt wurde; j e t z t a h e r ze ig te d a s Se len e in wesent l ich h o h e r e s s p e z i f i s c h e s G e w i c h t.

Die Tabelle 1 enthalt die Versuchsergebnisse. Wurde zu diesen Versuchen ein Praparat verwandt, das bereits

bei den Bestimmungen des spezifischen Qewichtes in vorangehenden Versuchen benutzt worden war, so wurde ihm im Vakuumexsiccator iiber Schwefelsaure vorher das anhangende Toluol entzogen.

In Versuch 2 fand ich bei einer Doppelbestimmung die Werte 4.773 bzw. 4.777; das Mittel ist deshalb als 4.77* bezeichnet worden.

Im Versuch 9 lieferte eine der Doppelbestimmungen den Wert 4.806.

Physikalisch - chemische Tabellen von LANDOLT-BOBNSTEIN-MEYERHOFFER, 3. Aufl., Berlin 1905, S. 246.

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Tabelle 1.

-~ - -

205 ' offenem Rohre 240 f 9

340

Vers.- Nr.

1 2 3

4

5 6

7

4.53 4.71

4.62 i 4.78 4.62 , 4.77*

Verwandtes , Pdparat 1-wiihrend

111 ~ '1% Std.

- _ - - _ _ I

IV I '1% 1)

I V , 12 - 5 1 1

vor den Versuchen } 1 v

VI I 2 J )

VI ~ 48 ,, vom vorigem I 8 Tage Versuche I

490 > 1 4.77* 1 4.78 \ I 4*79

250 zugeschmolz. R. I 4.63 ~ 4.79 183 , 11 4.63 4.74

183 4.74 4.79 I

I 8 I I 15 ,, , l b 3 , 4.79 , 4.79

1, 1 3 Std. ' 250 7 1 ' 4.79 4.80 300 offenem Rohre 4.79 4.80 1

9 10 1 3 ).

- 1

Ferner sei noch bemerkt, d a k in den Versuchen 6 , 7 und 8 das Erhitzen in einem Olthermostaten vorgenommen wurde, dessen

parate wuraen in alesen versucnen nicnt aogescnrecst. L U aer Ausfuhrung dieser Versuche sei schliefslich noch folgendes bemerkt. Die GlasrShren zersprangen selbstverstandlich beim plotzlichen Ab- kiihlen, die geschlossenen selbst ziemlich heftig. Infolgedessen wurde das PriiparzLt feucht und vielleicht auch durch die Badefliissigkeit etwas verunreinigt. Um dem abzuhelfen, wurde das Material stets mit angewarmtem Wasser grundlich abgespiilt. Auch hier stellte sich heraus, dafs Nachwaschen mit Alkohol und Ather, der frisch von Kalk abdevtilliert war, keinen Einflufs hatte bei dem lang- dauernden Trocknen bei etwa 120O.

Es leuchtet ohne weiteres ein, dafs diese Versuche das Voran- gegangene bestatigen.

Erstens werden jetzt d l e Vermutungen hinfallig, dak amorphes Selen bzw. Feuchtigkeit vorhanden war, denn die Manipulationen, denen die Praparate hier unterworfen wurden, sind ganz dieselben, wie bei die der Darstellung des Ausgangsmaterials und lieferten jetzt ein Selen von hohem spezifischen Gewicht. Ware das damals ge- fundene niedrige spezifische Gewicht diesen Verunreinigungen zu- zuschreiben, so hatte man auch jetzt diese Werte zuruckfinden mussen. Von SeO, kann nur insofern die Rede sein, als einige

- -

' Xeitsclir. phys. Cham. 67 (1909), 332.

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Male 4.79 als Endwert gefunden wurde, wahrend einmal ein Pra- parat den Wert 4.806 zeigte.

Die Verunreinigung durch SeO, hat also tatsachlich nur Ein- flufs auf die dritte Dezimale, und diese hat fur die hier nnzufiih- renden Versuche keine Beweiskraft.

Es bleibt somit nur diese Erklarung iibrig: E s f inde t e ine Umwandlung im Se len s t a t t , d ie von e iner Vo lumenauderung b e g l e i t e t is t .

Dennoch ist dieses Ergebnis nicht befriedigend, wo es sich urn die Kenntnis der Gleichgewichtskurve handelt. Samtliche Erhitzungs- versuche bei Temperaturen von 1830 bis fast 500° lieferten Werte von 4.79-4.80, so dafs man fast an die Mijglichkeit denken konnte, dafs sich bei der Darstellung des Materiales eine labile Form bildet, die sich in die stabile umsetzt, deren spez. Qew. dann 4.80 ware (Mono t r o p i e).

Die Tatsache, dafs das auf nassem Wege dargestellte Selen, welches sodann zur Krystallisation gebracht wurde , ein niederes spezifisches Gewicht aufweist, darf keinesfalls dahin gedeutet werden, dak das Gleichgewicht zwischen SeA und SeB bei Zimmertemperatur einem spez. Gew. von etwa 4.5 entsprache. Im Gegenteil, es ist gerade zu erwarten, dafs nach dem befolgten Darstellungs- verfahren sich ein Praparat bildet, das weit von dem Gleichgewichts- zustande entfernt ist. Man denke nur an das Niederschlagen des Schwefels in der amorphen F0rm.l Ubrigens weisen die wechselnden Werte, die bei den 6 Praparaten gefunden wurden (S. 310) auch darauf hin. Zur weiteren Stiitze dieser Auffassung habe ich an einem bei Zimmertemperatur aufbewahrten Teil des Praparates 3 untersucht , ob auch bei Zimmertemperatur die Umwandlung statt- findet. So wurde gefunden:

Tabelle 2. 20. November 1908 4.53 14. Dezember 1908 4.55 19. Januar 1909 4.56 3. Mai 1909 4.56

Hieraus darf man inzwischen keineswegs den Schlufs ziehen, dafs der Wert 4.56 dem Gleichgewichte bei Zimmertemperatur entspricht. - ~ _ _ ~

SMITH und BROWNLEE, Zeitschr. phgs. Chem. 61 (1907), 209.

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Fur ein anderes Praparat wurden j a folgende Werte ermittelt: 11. November 1908 4.68 21. Dezember 1908 4.69

Es scheint, dals diese Umwandlung speziell bei Zimrnertemperatur ganz enorm beeinflufst wird von Katnlysatoren. Einige Versuche ergaben, dafs alkalische Substanzen die Reaktionsgeschwindigkeit erhohen.

Der nachstehende Versuch kann dies beweisen. Keben das Rohr des Versuchs 1 (S. 310) setzte ich ein solches, das einen Teil desselben Praparates enthielt; nach dem Schmelzen des Selens war in das Rohr trockenes Ammoniak eingeleitet worden. Ubrigens wurden beide Rohren vollig gleich behandelt. Das spezifische Ge- wicht des Selens i z Versuch l (s. Tabelle l) ergab 4.71, wahrend das mit Ammoniak behandelte den Wert 4.77 ergab. Die beschrie- benen Versuche liefern uns somit nicht die Anderringen in1 spezi- fischen Gewicht auf der Gleichgewichtskurve. Die Werte, die sich wahrscheinlich auf 6xierte Gleichgewichtszustande beziehen, gehen von 4.79-4.80. Auf diesen Unterschied von einer Eiriheit in der zweiten Dezimale lafst sich selbstverstandlich keine Theorie auf- bauen, da eine derartige Anderung auf der Grenze der Versuchs- fehler liegt.

Da nun aus den sogleich mitzuteilenden Versuchen sich dennoch das Eintreten einer Gleichgewichtsreaktion ergibt, sei hier die Ur- sache dieser unbefriedigenden Resultate vorausgenommen.

Wahrscheinlich steigt die Reaktionsgeschwindigkeit zwischen 200 und 300° stark an, so dals beim Abschrecken bei jeder beliebig hohen Temperatur ein Gleichgewichtszustand fixiert wird, der einem in der Niihe dieser Temperatur gelegenen entspricht. Dies ist auch deshalb wahrscheinlich, weil das Selen sich nur sehr schwierig abschrecken lalst. Es ist zu dickflussig, als d a b es sich aus dern Versuchsrohr in Wasser eingielsen liefse. Man ist also genotigt, das Rohr in Wasser zu halten, wo es dann zersprmgt. Es bildet sich dann eine feste Kruste, die das fliissige Selen umhullt; dieses kiihlt dann langsam ab und erstarrt schliel'slich.

Ehe ich nun dazu ubergehe meine weiteren Versuche zu be- schreiben, sei darauf hingewiesen, dah das oben Mitgeteilte mehr oder weniger durch altere Untersuchungen bestktigt wird.

Die nachstehend aufgezahlten Forscher befafsten sich mit der Ermittelung des spezifischen Gewichtes des Selens :

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1. BERZELIUS, Schweiggers Journal, 23 (lS18), 309, 430. Er gibt die Zahl 4.3, die sich wahrscheinlich auf glasiges Selen bezieht.

2. SCHAFFGOTSCH, Journ. f. prakt. Chem. 43 (1848), 308. Das Selen war aus der Schmelze krystallisiert; es wurde gepulvert und im Pyknometer mit Alkohol gewogen , nachdem die Fliissjgkeit, wahrscheinlich zum Entfernen der Luft zum Sieden gebracht war. Bei 20° fand er 4.796-4.805. Die Vorgeschichte dieses Pra- parates ist somit nicht vollstandig bekannt. Wir wissen nur, dafs die Krystallisation langsam stattfand, so dals das Praparat ziemlich lange auf 217O gewesen ist.

Das Selen wurde nus Seleciden (K,Se) dargestellt. Das spezifische Gewicht ergab sich zu 4.808. Diese Zahl wird auch von anderer Seite bestatigt. Es ergibt sich somit, dah auch die Darstellung auf nassem Wege zu ganz auseinandergehenden Ergebnissen fuhren kann. (Gesetz der metnstabilen Umwandlungsstufen von OSTWALD).

4. SCHAEIFGOTSCH, Pogg. Ann. 90 (1853), 66. Nicht vorerhitztes Selen ergab 4.73-4.77. Nach sehr langsamem Anwiirmen und nach- folgendem Erhitzen wahrend 3 Stunden auf 250 bzw. 265 o (Versuch 30) war das spez. Gew. auf 4.8015 gestiegen. Mit geringen Anderungen wurde dieser Versuch mehrere Male wiederholt. Das spezifische Gewicht wurde pyknometrisch bestimmt; Alkohol wurde als Fiill- fliissigkeit benutzt, wahrend das Pyknometer mit der Luftpumpe ver- bunden wurde. Piir die amorphe Modifikation wird die Zahl 4.282 angegeben.

5. MITSCHERLICH, Journ. f. prakt. Chem. 66 (1855), 257. Die Substanz war n i c h t gepulvert. Ohne Vorerhitzen wurde 4.46 bis 4.509 gefunden, nach dem Erhitzen 4.7. Ein aus Na,Se dar- gestelltes Praparat lieferte die Zahl 4.760-4.788.

6. NEUMANN, Pogg. Ann. 126 (1865), 123. Uieser Forscher macht keine Angaben uber die Darstellungsweise seiner Praparate. Er findet 4.406, wahrscheinlich handelte es sich urn die amorphe Modifikation.

7. BETTENDORF und WULLNEB, Pogg. Ann. 133 (1868), 293. Prazipitiertes rotes, amorphes Selen gab, nachdem es wahrend einer Woche im Dampftrockenschrank gelegen hatte, bei 20 O den Wert 4.797.

8. RAMMELSBEBG, Pogg. Ann. 152 (1874), 151. Er fiihrte pykno- metrische Bestimmungen aus, wobei Alkohol als Fiillfliissigkeit zur Verwendung kam. Das Pyknometer wurde evakuiert bei 19-20'.

3. HITTORF, Pogg. Ann. 84 (1851), 214.

Samtliche Werte gelten fur 16O.

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Graues, korniges Selen, auf 120--150° gehalten, lieferte die Zahl 4.37-4.59. Ein Praparat, aus Na,Se dargestellt, ergab 4.77 bis 4.806. Fur das amorphe Selen fand er 4.3, fur rotes, mono- tropes 1.5.

Diese Bestimmung hat keinen Wert, da er Wasser als Fullfliissigkeit be- nutzte. Selen wird hiervon nicht benetzt.

10. SAUNDERS, Journ. phys. Chem. 4 (1900), 423. Die Er- mittelung des spezifischen Gewichtes wurde pyknometrisch aus- gefuhrt mit Alkohol bzw. Renzol. Die Vorgeschichte des Praparates ist unsicher. F u r samtliche graue krystallinische Formen fand er 4.80. Die von SAUNDERS ausgefuhrten Dilatometerbestimmungen sind, wie meine diesbeziiglichen Versuche ergeben, nicht lange genug fort- gesetzt worden. Wahrscheinlich aber waren auch bei langerer Fort- setzung die Beobachtungsfehler zu grol's geworden , infolge ein- tretender Gasentwickelung.

Die zwei Untersuchungen iiber das Selen, in denen unzwei- deutig die Vorgeschichte der benutzten Praparate angegeben wurde und in welchem das Verfahren zur Bestimmung des spezifischen Gewichtes der Kritik standhalt, sind die von SCHAFFGOTSCH (4) und RAMMELSBEBG(~). Von beiden wird bestatigt, d a l s n i ch t e r h i t z t gewesenes Se len e in n i ed r iges spezifisches Gewicht aufweist. Neine Versuche im geschlossenen Rohr haben aulserdem dargetan, dak die Anderung des spezifischen Qewichtes nur Umwandlungen zugeschrieben werden kann, die im Selen selbst stattfinden.

9. PETERSEN, Zeitschr. fur physik. Chem. 8 (1891), 612.

Die Umwandlung SeB - + SeA.

Da es nun nicht moglich war, die Gleichgewichtskurve bei ho he n Temperaturen zu verfolgen, da wir wahrscheinlich unter diesen Verhaltnissen ein Gleichgewicht, das eingetreten ist, nicht fixieren konnen (es fehlt uns ja vorlaufig die Kenntnis geeigneter Katalysa- toren, die im allgemeinen in Pseudosystemen eine so wichtige Rolle spielen), so lag es auf der Hand zu untersuchen, ob sich das Zuriicligehen der Gleichgewichtsreaktion Sea --f SeB bei niedrigeren Temperaturen beobachten lieh. Eine solche Temperatur mul'ste selbstverstiindlich unterhalb 183O (vgl. Tabelle 1 auf S. 312) liegen. Es wurde deruentsprechend ein Versuch angestellt bei 144.5 mit einem Praparat, dessen spez. Gew. 4.806 war. Die Temperatur wurde mittels des beschriebenen Olthermostaten konstant gehalten.

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Die jedesmal zur Untersuchung gelangenden Proben (etwa 8 g) wurden einem grijfseren Selenvorrate entnommen, der sich in einem grolseren evakuierten Glasrohr befand, das jedesmal, nachdem ihm eine Probe entnommen war, aufs neue evakuiert und zugeschmolzen wurde. Das Ergebnis der betreffenden Versuche findet man in Tabelle 3.

Tabelle 3. 1 . Mairz spez. Gew. 4.806 10. ,, ,, ,, 4.798 22. ,, ,) ), 4.799

Obwohl diese Unterschiede sich an der Qrenze der Beobach- tungsfehler befinden, ist eine Tendenz zur Abnahme vorhanden. Ent- scheidend waren die bei 125 ausgefuhrten Versuche.

1. Versuch. Nach 14 Tagen im zugeschmolzenen evakuierten Rohre :

2. Versuch. Spez. Gew. Zu Anfang (22. Mai) 4.791. (26. Juni) 4.774 bzw. 4.773.

Wir kijnnen somit ohne irgendwelchen Zweifel schliefsen, dafs

Spez. Gew. zu Anfang 4.797.

4.772 bzw. 4.768, Mittel 4.77.

tatsachlich eine umkehrbare Reaktion

vorliegt. D i e Modif ika t ion , d e r e n Menge be i T e m p e r a t u r - e rhohui ig zunimmt , h a t d a s h o h c r e spez i f i sche Gewich t und somi t d a s ge r inge re spez i f i sche Volumen. D a b hiermit jede Moglichkeit einer Monotropie ausgeschlossen ware, lafst sich nicht sagen. Wir konnten ja mit dem spez. Gew. von 4.80 nur Ltuf 4.77 zuriickgehen und es ware also keineswegs ausgeschlossen, dak das so vie1 geringere spezifische Gewicht wie es z. B. Praparat I auf- weist (4.49), teilweise seine Ursache findet in einer neben der dynamischen Allotropie auftretenden Monotropie, wie j a auch beim Schwefel neben der dynamischen Allotropie SA -t S,, mehrere monotrope Formen bekannt sind.

Der Einflufa des Lichtes. Es war nunmehr erwiinscht zu untersnchen, ob sich ein Einflub

des Lichtes auf die Dichte des Selens kozlstatieren liefs. Da ein solcher, falls er tatsachlich vorhanden ware, wohl gering sein wiirde, war es notig eine empfindliche Vorrichtung zum Studium dieses

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Einflusses zu entwerfen. Ich benutzte dementsprechend ein Dilato- meter mit flachem Gefals dessen Dimensionen folgende waren: Ltinge = 46 mm, Breite = 30 mm, Dicke = 7 mm. Ein derartiges Gefals bietet den Vorteil, dak es bei geringem Volumen eine grofse Belichtungsoberflache besitzt. Die angeschmolzene Capillare hatte 0.3 mm Lumen; sie war mit einer Milchglasskda verbunden, die Zehntelmillimeter nbzulesen gestattete.

Dieses Gefafs wurde mit einem Selenpraparat gefiillt, dessen Vorgeschichte folgende war:

Nachdem es in der oben beschriebenen Weise (Seite 311) rein dargestellt war wurde dem feingepulverten Material 0.5 o/i, Silber zugesetzt, indem ich es mit ammonialtalischer Silberlosung und Formaldehyd erwarmte. Sodann wurde langere Zeit mit schwach er- wiirrntem Wasser auf dem Saugfilter gewaschen. Nunmehr spiilte man mit Alkohol und Ather, der frisch von Kalk abdestilliert war. und trocknete sodann wahrend dreimal 24 Ytunden bei 125O. Das so behnndelte Praparat gab ich dann in ein Glasrohr, evakuierte dieses und erhitzte das Ganze wahrend dreimal 24 Stunden im Olthermostaten auf 200O. Dann wurde der Thermoregulator so ein- gestellt, dals die Abkiihlung folgenderweise verlief:

Tabelle 4. 9 Uhr 15 Min. 1980

10 .> 35 ), 194

12 ,, 00 ,, 178 11 >, 30 , I 132

Am nachsten Morgen: 9 Uhr 15 Min. 130' 10 >, 30 , r 109 12 ), 00 ). 75 uaw.

Dieses Prriparat wurde nun in das Dilatometer gebracht; als Fiillfliissigkeit wurde Alkohol benutzt. Nachdem die Capillare an- geschmolzen war, wurde wahrend 30 Minuten evakuiert und der Alkohol auf einen bestimmten Punkt der Skala, die sich hinter der Capillare befand, eingesteIlt.

Das Dilatometergefafs war umgeben von einem schwarz lackierten Blechfutteral; mittels eines Messingstabes, der an dasselbe angelotet war, war es moglich das Dilatometergefafs zu verdunkeln, bzw. dem Lichte auszusetzen, wahrend es sich im Thermostaten befand. Fig. 2 veranschaulicht das Schema der Versuchsanordnung.

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Die Lichtquelle B war eine elektrische Kohlenspitzen-Bogen- lampe. Sie war umgebeii von einem Zinkmantel, der eine Offnung hatte, (lurch die das Licht auf das Dilatometer fiel. L ist eine Lirise, die die Strahlen konzeritrierte, F ein GefaCs, das Alaunlosung ent- hielt. Dieses Filter diente zur Absorption der Wiirmestrahlen. Jn dein drei Liter fassenden Becherglase G , das rnit Wasser gefiillt war, befmd sich das Dilatometer D rnit dem Mantel A I , sowie eiii doppelter Wrmscher Riihrer und eiri Thermometer, das ver- glichen war mit eiriem von der Pliysikaliscli -Technixhen Reichsanstalt zu Charlotten- burg beglaubigten Normal- thermoriieter. Wittels dieser Vorrichtungeu konstatierte ich zahllose Male eine Steigung von 13-15 mm im Capillar- rolir, eiiiige Sekuntleri nach- dem ich den Mantel &I entfernt hatte, xahrend die Temperatur unabhangig voii der Stelle, wo sie gemessen wurde (auch an der Vorderseite des Dilate- meters, wo das Licht auffiel), weniger als 0.02O stieg.

G

Fig. 2.

HuDgierte das Dilatometer als Thermometer, so stieg die Fliissig- keit pro 0.Z9 0.4 mm.

Das Zuruckgehen der Fliissigkeit im Dunkelii erfolgte langsam, so daCs erst nach etwa 2 Jlinuten der ursprungliche Stand wieder erreicht wurde. Iliese Erscheinung deckt sich vollstiindig mit der so haufig auf elektrischem Wege iiachgewiesenen ,,Nachwirkung" des Selens. Da noch die Moglichkeit vorlag, dafs ungeachtet der Benutzung des Alaunfilters und der beschriebenen Temperatur- messungen, das schwarze Selen Warme absorbierte und die Steigung in der Capillare diesem Umstande zuzuschreibeii war, wurde ein zweites Dilatometer von denselben Dimensiorien mit Eisenpulver und Alkohol gefiillt. Die beiden Apparate waren, auch was die Farbe und Zer- teilung der Substanzen betrifft, einander so gleich, d d s sich Bufser- lich kein Uriterschied zeigte.

Ein Versuch mit diesem Eisendilatometer ergab nun tatsgchlich,

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dak ein Teil der oben beschriebenen Belichtungserscheinung beim Selen n i c h t der Lichtwirkung zuzuschreiben war; wenn das Selen- dilatometer eine Steigung von 14 mm ergab, so war dieselbe im Eisendilatometer 6-7 mm.

Um nun diesen thermischen Effekt ganzlich auszuschalten, be- nutzte ich die Tatsache, d& schon diffuses Tageslicht einen merk- lichen Einflufs ausubt. Anfang Marz war das neben dem VAN’T HOFP- Laboratorium freiliegende Terrain mit einer hellweifsen Sch~ieeschicht bedeckt, die ein schones, diffuses Licht abstrahlte. Brachte man nunmehr das Becherglas C mit den Apparaten an dss Fenster, so liefs sich nachweisen, dah das Aufziehen bzw. Herablassen des Fenstervorhanges eine Anderung des Fliissigkeitniveaus in der Capillare um 7-43 mm herbeifuhrte.

Dieser haufig wiederholte Versuch ergab somit als definitive Tatsache, dab die von einer Volumenanderung begleitete Reaktion

Se, t L SeB, vom Lichte in ihrem Gleichgewichtszustand beeinflufst wird und zwar so, dafs die F o r m , d e r e n Menge d u r c h Be l i ch tung z u - n immt , d a s ge r ings t e spez i f i sche Gewicht h a t , d a s i e d a s g ro f se re spez i f i sche Volumen aufweist .

Ehe wir zur naheren Besprechung dieses Schlusses ubergehen, seien noch einige spezielle Erscheinungen erortert, die bei den er- wahnten Qersuchen beobachtet wurden.

Wurde das Dilatometer auf der einen Seite belichtet (mit Bogenlampe oder Tageslicht), so stieg die Fliissigkeit in der Capillare; drehte man das Dilatorneter urn, so kehrte die vom Lichte ab- gewandte Beite langsam nach ihrem fruheren Zustande zuriick. Die jetzt dem Lichte zugewandte Seite bewirkte eine schnelle, neue Steigerung und in dieser Weise liefs sich denn auch eine Steigung, ein Maximum und ein Abfallen auf den ursprunglichen Starid von etwa 7 mm beobachten.

Selbstverstandlich war das Eisendilatometer dem Tageslicht gegeniiber vBllig unempfindlich. Wie verschieden iibrigens der Effekt der Bogenlampe auf das Selen- bzw. auf das Eisendilatometer war, zeigte sich auch daran, d d s beim Ausschalten der Bogenlampe das Eisendilatometer sehr schnell zu seinem nrspriinglichen Zustand zuriickkehrte, das Selendilatometer dagegen anfanglich schnell fiel, dann aber sehr langsam zuruckging auf seinen ersten Stand. Der thermische Effekt war somit scharf getrennt von dem der Gleich- gewichtsverzogerung.

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Theoretisches. Nachstehend sol1 versucht werden eine Theorie auszuarbeiten,

die uns in den Stand setzt, das Verhalten des Selens zu erklaren, ohne dabei fur dieses Element Erklarnngen sui generis heranzu- ziehen. Auf dem ersten Blick erhalten wir den Eindruck, dafs das Verhalten des Selens zu einer Anzahl von Paradoxen fuhrt. Den ersten scheinbaren Wider- spruch , eine endotherme Reaktion, die Warme ent- wickelt, haben wir bereits in unserer Einleitung (Seite 307) erledigt.

Ein zweiter Wider- spruch scheint darin zu liegen, dal's MARC fand, dal's sowohl beim Erhitzen wie beim Belichten sich die namliche Selenmodifi- kation bildet, und zwar einesolche,die eingrijl'seres elektrisches Leitvermogen aufweist, wahrend meine Versuche ergeben haben, dafs beim Erhitzen eine Selenform von groherem, beim Belichten dagegen eine solche von kleinerem spezifischen Gewicht sich bildet. Dieser Wider- spruch findet seine Er- klarung in der Tatsache, dafs MARC die Konse- quenzen seines Schlusses,

--f Temperatccr

Fig. 3.

dafs die beiden SelenformenMischkrystalle bilden, nicht auf das Problem des elektrischen Leitvermogens hat angewandt. Tun wir dies, so wird es ein Leichtes sein, auch andere am Selen beobachtete Er- scheinungen von einem gemeinsamen Standpunkte aus zu erklaren.

Zunachst wollen wir die Werte des elektrischen Leitvermogeos bei Zimmertemperatur von Praparaten betrachten, die eine ver- schiedene Vorgeschichte haben. Fig. 3 ist MAWS dritter Ab-

2. anorg. Chem. Bd. 64. 22

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handlung entnommen, sie stellt die Anderung des elektrischen Leit- vermogens mit der Temperatur vor. Punkt 1 bezieht sich auf das in unserer Einleitung erorterte Praparat (vgl. Seite 307), in dem das Gleichgewicht stark nach der Seite SeB verschoben ist (Punkt I’ in Fig. I). Der Punkt 7 bezieht sich auf das Praparat, das sich bei Zimmertemperatur im Gleichgewicht befindet , wahrend Punkt 4 einem Selen entspricht, das bei etwa 200° abgeschreckt wurde.

Bringen wir die Werte des eleb- trischen Leitverinogens dieser Praparate in Zeichnung in einer Figur, die das elelrtrische Leitvermogen als Funktion der Zusammensetzung darstellt, so ist darauf zu achten, daCs der Gehalt an SeB in 1> als der in 4 und der in 4> als der in 7 ist.

In Fig. 5 sind diese drei Punkte an- gegeben ; die Kurve des elektrischen Leit- vermogens auf der diese drei Punkte liegen mussen, sol1 also ein Maximum aufweisen. Die einzige derartige Kurve, die GUXRTLEI~S Untersuchungen geliefert haben , ist die fur ein System, in welchem eine Verbin- dung auftritt. Die Untersuchungen von MARC, VON SCHEOTT u. a. iiber das elek- trische Leitvermogen wiirden uns demnach zur Annahme einer Verbindung zwingen. Nun wurde aber bereits oben darauf hin- gewiesen, dals es auf Grund der Gleich- gewichtsreaktion absolut notwendig ist, das Qorhandensein eines homogenen Sy- stems anzunehmen. Die Verbindung wird

dernnach mischbar sein miissen mit ihren Restandteilen. Beispiele derartiger Systeme sind bereits bekannt; es verhalten sich z. 13. Br und J , 2 Mg und Cd3 in der beschriebenen Weise. Dadurch ist es moglich, den Gang der Schmelzkurve zu skizzieren (Fig. 4). Die

Fig. 4 u. 5.

Vgl. GUERTLER, 1. c., der in derartigen Figuren die Konzentrat,ion i n

MEERUM TERWOGIT, 2. anorg. Chem. 47 (1905), 203. GRUBE, 2. amrg . Chem. 49 (1906), 72.

Volumprozenten ausdruckt.

323 -- -

Lage der Verbindung ist dabei im Diagramm willkiirlich geriommen wordeu, da ihre Zusammensetzung hier keine Betleutung hat.

Grixcmms Theorie belehrt uns nun, wie in diesem System die Kurve des elektrischen LeitvermGgens zu zeichnen ist: in beiderl Hiilfteri der Figur Sea -Verbindung und Verbindung-Se, fallt die Kurve steil an der Ordinatenachse herab und gleichfalls an der Linie, die die Zusammensetzung der Verbindung angibt. Die beideii steilen Kurven vereinigen sich in einem tiefliegenden flachen Minimum.

I)ie Figg. 4 und 5 sind uunmehr so kombiniert worden, dafs die mittels Abschrecken fixierten Zusammensetzungen durch Punkt- linien von Fig. 4 in Fig. 5 iibergebracht sind. Dabei ergibt sich, tlafs die Gleichgewichtskurve (Strich-Punktlinie) in Fig. 4 die Schmelz- kurve in der Nahe von, j a vielleicht in dem Punkte schneidet, der die Zusammensetzuiig der Verbindung angibt. Am wahrscheinlichsten diirfte es sein, dafs der Schuellpunkt in geringer Eiitfernung des Schmelzpunktes der Verbindung liegt, nur ein wenig an der Seite der Se s-Achse, da geschmolzene Priiparate stets ein sehr niedriges eiektrisches Leitvermiigen aufweisen.

Ks wiirde sich lohnen, zu untersuchen, ob vielleicht ein schwaches Maximum im elektrischeri Leitvermogen vorliegt bei Priiparaten, die zwischen 190° und 217 O abgeschreckt wurden.

Die Verteilung der Punkte 1, 4 und 7 auf den verscbiedeneri &ten befindet sich in guter Ubereinstimmung mit meinen Versuchen uber das spezifische Gewicht. Die Prapnrate 1 und 4 zeigten beide eiii spez. Gew. 4.80 (mit Schwankungen von einigen Kinheiten in der dritten Dezimale). Ihre Zusammensetzung mufs also wenig ver- schieden sein. Das Priiparat 7 weist dagegen ein geringeres spezi- fisches Gewicht auf; bei 125O hatte die Gleichgewichtsmischung schori ein spez. Gew. von 4.17. Bei Zimmertemperatur ist es zweifelsohiie noch niedriger. Das Praparat 7 mufs somit auch vie1 weiter von 4 eritfernt win (nach der Se,-Yeite hin) als 1 (in der Richtung nach SeB).

Wir haberi nunmehr zu untersuchen, ob diese Diagramme die beobacbteten Tatsachen zum Ausdruck bringen. Zuniichst sei die wichtigste Eigenschaft des Selens, seine Empfindlichkeit gegeri das Licht, ins buge gefafst. Aus meinen Versuchen ergibt sich, daCs das Licht die Bilduug von Se,, fordert. Aus Fig. 5 ist nun ohne weiteres ersichtlich, dafs eine geringe Ahnahme von SeA eine grofse Abnahme des elektrischen Leitvermogens herbeifuhrt beim Praparat, dns dern Punkte 7 entspricht, nicht aber bei 4, weil man sich dort

22 *

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in der unmittelbaren N&he des Maximums befindet. Bei dem Prii- parate, dns dem Punkte 1 entspricht, hat einc Vermintlerung von Se, keinen Einfiufs, da man sich dort in einem fltichem Ninimum befindet. MARCS Versuche bestatigen dies. Das elektrische h i t - vermogen des Praparates 4 xird allmiihlich abnehmen mussen, wenn sich das Gleichgewicht bei 250 einstellt. 'lhtsachlich sieht man in Fig. 3 die Punkte 5 und 6, die Zwischenzust&nde ttndeuten zwischen 4 und 7. Sie beziehen sich auf Priiiparate, die mit verschiedenen Geschwindigkeiteri von 2000 an abgekiihlt. sind. Ihr elektrisches Leitvermijgen liegt xmischen dem von 4 und 7.

Sehr hubsch beschreibt Fig. 5 auch die von VON SCHBOTT~ he- obachtete Erscheinung, die von MARC auf Reobachtungsfehler zu- ruckgefuhrt. wird, d a h das Licht bei einem von 200° abgekuhlten Praparat zunachst diis elektrische Leitvermogeri in gewohnter Weise vergrofsert, sodann aber eine Wirkung hat, die der sonst auftretenden entgegengesetzt iet. L)as Licht setzt namlich das elektrische Leit- vermogen zuniichst herab, ist d a m indifferent uiid vergrol'sert es schliefslich.

Nun gilt Fig. 5 nur fiir Zimmertemperatur; da aber die all- gemeine Form bei hoherer Temperutur dieselbe ist ,8 so konnen wir ilir hier doch die Erklarung entnehmen, dafs das PrLparat zu- nachst die Zusammensetzung durchliiuft, zu der der Teil rles Astes I11 gehijrt, eodann den Ast 11, ferner das flache Minimum und schliefslich den Aet I. ,4uf diesen Asten bewirkt die yon der Lichtwirkung herriihrende Zunahme an SeA folgeweise eine Ah- nahme des elektrischen Leitvermogens , der eine Zunahme folgt, nachdem beim Durchlaufen des Minimums ein Einflul's des Lichtes nicht vorhanrlen gewesen ist.

Ferner lakt sich der Fig. 5 entnelimen, weshrrlb die Kurve des elektrischen Lcitverniogens eines von 200" angekiihlten Prapnrates einen so kompliziertert Gang aufweist, wie e r von mehreren Forschern beohachtet wurde, MARC, VON SCHROTT, H.IE:S, Pocnmgmo u. a. (Ausfiihrliche Literaturangahen und Diskussion finderi sich in den zitierten Abhandlungen MAHCS und vox SCHHOTTS, sowie bei RIES, ljie elektrischen Eigenschaften unrl die Bedeutuiig des Selens fur die Elektrotechnik, Berlin, 1908). Die vielen Kurven lassen sich nicht alle genau erkliiren, da sie eine ' t ibereinnnderlageru~~ mehrerer

Sitziinpber. der kaiser]. Akad. der Wisp. Wien math.-natnrw. Klxsse lr> (1906), 1, Abt. IT ti . Xitat nach Scparatxbdriick.

* GOERTLER, %. anorg. Cham. 64 (1907), 66

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Veranderungen darstellen, Anderungen der Temperatur auf das elektrische Leitvermogen an sich , Anderung des Gleichgewichts- verhaltnisses zwischen den dynamisch allotropen Formen, Ande- rungen in der Geschwindigkeit, mit der sich das Gleichgewicht ein- stellt. Infolgedesseu lafst sich dann auch jede Auffassung dem Verlaufe dieser Kurven anpassen. Es scheint mir die Erklarung jetzt vie1 ungezwungener, wo sich aus dem Vorangegangenen ergibt, wie es absolut notwendig ist, dafs Maxima und Minima auftreten infolge des koinplizierten Verlaufs der Kurve, die (bei konstanter Temperatur) das elektrische Leitvermogen als Funktion der Kon- zentrationen der beiden dynamisch allotropen Modifikationen darstellt.

Zusammenfassung und Schluh. 1. Krystallisiertes, graues Selen, das nicht hoher erhitzt war,

a19 zum Krystallisieren erforderlich ist, hat ein geringeres spez. Gew. (4.5-4.6) als Selen, das oberhalb seines Schmelzpunktes erhitzt war (spez. Gew. 4.8).

2. Die Zunahme des spezifischen Gewichtes beim Erhitzen ist weder dem Entfernen spez. leichterer Verunreinigungen zuzuschreiben, noch der Rildung von krystallisiertem aus amorphem Selen.

3. Selen, das ein spez. Gew. 4.80 aufweist, wandelt sich beim Erhitzen auf etwa 125O um in ein solches, das ein spez. Gew. 4.17 hat.

4. Im Selen findet eine dynamisch allotrope Uruwandlung statt (Sea z- Se,), die sich bei Temperaturerhohung unter Abnahme des spezifischen Volumens nach der Seite des SeB verschiebt.

5. Es wurde eine Erklarung gegeben fur die Tatsache, dafs sublimiertes Selen beim ErwLrmen auf 200 O eine positive Wkme- tonung zeigt.

6. Unter dem Einflufs des Lichtes nimmt das spezifische Volumen des Selens zu; es findet also eine Verschiebung des Gleich- gewichtes in der Richtung Se, --t SeA statt.

7. Temperaturerhohung und Belichtung bewirken im Selen Urnwandlungen, die in entgegengesetzter Richtung verlaufen.

8. Auf Grund der Theorie von GUERTLEI~ wurde der Zusammen- hang erortert zwischen den von verschiedenen Forschern ermittelten Bnderungen des elektrischen Leitvermogens und dem Schmelzdia- gramm der Psendokomponenten SeA und SeB

9. Dnbei stellte sich heraus, dafs der Typus des Schmelz-

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diagrammes dem einer Verbindung entspricht, die im fester1 Zustande mit ihren Dissoziationsprodukten mischbar ist (wie Br--J bzw. Mg-Cd).

10. Die in dieser Weise aufgestellte Theorie erklart die Kr- gebnisse , welche beim Studium des elektrischen Leitvermogens er- halten wurden, in ungezwungener Weise.

11. Folgende allotrope Formen des Selens sind als sicher- gestellt zu betrachten:

a) Amorphes, glasiges Selen. Metastabil, unterkiihlte Schmelze. b) Graues, krystallinisches Selen. c) In allen Phasen sind aul'serdem zwei Selenmodifikationen

miteiiiander im Gleichgewicht, denen wir (nach MARC) die Nameri SeA bzw. SeB beilegten.

d) Rotes, krystallinisches Selen; eine labile Form, die miig- licherweise in zwei Modifikationen auftritt.

Utreeht, v a n ' t I i o ff Laborntorium.

I3ei der Redaktion eingegangen am 2. Oktober 1909.

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