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Hochschule für Angewandte Wissenschaften 26.04.2011 - Fakultät Wirtschaft und Soziales - Department Public Management
Bachelor-Thesis
im Modul MP 28.56 Bachelor-Thesis
Die neue Schuldenregel des Grundgesetzes
Die rechtliche Umsetzung der Schuldenbremse für die Länder und ihre Auswirkungen
auf die Freie und Hansestadt Hamburg
Prüfer: Prof. Dr. jur. Guy Beaucamp Zweitprüfer: Daniel Schwab
Vorgelegt von: Mustafa Salem Studiengruppe: IA 2008x
Abgabetermin: 26. April 2011
S e i t e | II
1. EINFÜHRUNG ................................................................................................... - 1 -
1.1 Entwicklung der Staatsverschuldung ............................................................................................. - 3 -
1.2 Begrenzungsmöglichkeiten der Staatsverschuldung ................................................................... - 4 - 1.2.1. Gründe für das Scheitern der „Goldenen Regel“ ........................................................................ - 4 - 1.2.2 Ansätze zur Reform des Staatsschuldenrechts ........................................................................... - 6 -
2. DIE VERFASSUNGSRECHTLICHE SCHULDENBREMSE ................................. - 9 -
2.1 Ziele der neuen Schuldenbremse .................................................................................................... - 9 -
2.2 Rechtliche Umsetzung der neuen Schuldenbremse ................................................................... - 10 - 2.2.1 Die neue Fassung des Art. 109 GG .......................................................................................... - 10 -
2.2.1.1 Ausnahme vom Verschuldungsverbot bei einer von der Normallage abweichenden
Konjunktur ...................................................................................................................................... - 12 - 2.2.1.2 Ausnahme vom Verschuldungsverbot bei einer außergewöhnlichen Notsituation ............. - 13 - 2.2.1.3 Ausnahme vom Verschuldungsverbot bei einer Naturkatastrophe .................................... - 13 -
2.2.2 Vermeidung von Haushaltsnotlagen .......................................................................................... - 13 - 2.2.3. Übergangsregelungen in Art. 143d GG .................................................................................... - 14 -
2.3 Verfassungsrechtliche Bedenken ................................................................................................. - 15 - 2.3.1 Verletzung des Art. 79 Abs. 3 GG als gravierendste GG-Verletzung ........................................ - 15 -
2.3.1.1 Konkurrierende Standpunkte während der Verhandlungen der FöKo II ............................. - 15 - 2.3.1.2 Bewertung der Standpunkte ............................................................................................... - 21 -
2.3.2 Weitere verfassungsrechtliche Bedenken ................................................................................. - 25 -
2.4 Bewertung der neuen Staatsschuldenregelungen ...................................................................... - 25 - 2.4.1 Das Für und Wider der Schuldenbremse im wissenschaftlichen Diskurs .................................. - 25 - 2.4.2 Fazit zur Schuldenbremse ......................................................................................................... - 32 -
2.5. Das Modell der Schweizer Schuldenbremse ............................................................................... - 33 - 2.5.1 Umsetzung ................................................................................................................................ - 33 - 2.5.2 Bewertung ................................................................................................................................. - 35 -
S e i t e | III
3. UMSETZUNG DER SCHULDENBREMSE FÜR DIE LÄNDER AM BEISPIEL DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG ............................................................. - 37 -
3.1 Anforderungen an die FHH bei der Implementierung der Schuldenbremse ............................. - 38 - 3.1.1 Haushaltslage 2011 ................................................................................................................... - 39 - 3.1.2 Möglichkeiten zur Verankerung der Schuldenbremse in der Hamburgischen Verfassung ........ - 40 - 3.1.3 Verankerung der Schuldenbremse in der Rheinland-Pfälzischen Verfassung .......................... - 42 -
3.2 Einführung der Doppik in der FHH ................................................................................................ - 43 - 3.2.1 Unterschiede Doppik / Kameralistik ........................................................................................... - 43 - 3.2.2 Doppik und die Schuldenbremse ............................................................................................... - 45 -
4. FAZIT ................................................................................................................. - 46 -
LITERATURVERZEICHNIS ........................................................................................ IV
ANHANG ..................................................................................................................... XI
DIENSTLICHE ERKLÄRUNG .................................................................................... XII
S e i t e | - 1 -
1. Einführung Es gibt Ökonomen, die sagen, die Staatsverschuldung sei „eine der schrecklichsten
Geißeln, die je zur Plage einer Nation erfunden worden ist.“1 Dabei sind Schulden aber
weder per se abzulehnen, noch generell erstrebenswert.2
„An den Rechtsregeln über die Staatsverschuldung lässt sich das Selbstverständnis des
Staatswesens ableiten, sein Verhältnis zur Wirtschaft, seine Fähigkeit zu verantwortungs-
bewusster und nachhaltiger Finanzpolitik sowie seine Aufgaben- und Ausgabendisziplin.“
Korioth sagt zum rechtlichen
Umgang mit Schulden:
3
Es kommt also auf die Verwendung der Schulden an.
4 Schulden zur Deckung von
Konsumausgaben sind nicht wirtschaftlich, da die durch die Konsumausgaben
entstehenden Kosten durch die Zinsbelastungen vielmehr zusätzlich erhöht werden. Es
gibt aber Situationen, in denen die Schuldenaufnahme durchaus sinnvoll erscheint. So
kann durch eine Schuldenaufnahme ein vorübergehender Steuerausfall beispielsweise
aufgrund eines Konjunktureinbruchs ausgeglichen werden. Oder der Staat kann, den
keynesianischen Weg beschreitend, über eine gezielte Einnahmen- und
Ausgabensteuerung versuchen, die Konjunkturlage zu beeinflussen.5 Das bedeutet in
wirtschaftlich guten Zeiten weniger Ausgaben vorzunehmen, in wirtschaftlich
schwachen Zeiten hingegen, auch unter Zuhilfenahme von Krediten, besonders viele
Ausgaben zu tätigen, um die Wirtschaft anzuregen. Hier nimmt der Staat eine Rolle
ähnlich eines Moderators oder Steuermannes ein. Neben den typischen Abgaben
besteht zudem für den Staat in der Aufnahme von Krediten eine wichtige zusätzliche
„Einnahmequelle“.6
„It is very tempting to a minister to employ such an expedient, as enables him to make a great
figure during his administration, without overburthening [sic!] the people with taxes, or exciting any
immediate clamours against himself. The practice, therefore, of contracting debt will almost
infallibly be abused, in every government. It would scarcely be more imprudent to give a prodigal
Ein recht einleuchtendes Beispiel für den Rückgriff der Politik auf
Kredite zur Finanzierung von Vorhaben ist das Faktum, dass die Vorhaben ansonsten
über Einsparungen in anderen Bereichen oder durch Steuererhöhungen finanziert
werden müssten. Beide Alternativen gelten im Wahlvolk allerdings als eher unbeliebt.
Das wusste auch schon David Hume:
1 David Ricardo, Zitat gefunden in: Göke, Staatsverschuldung, S.1. 2 Zu der Diskussion um diese Frage: Tappe, DÖV 2009, 881, 882. 3 Korioth, Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2010 11(3), 270, 282. 4 Korioth, Wirtschaftsdienst 2008/9, 559, 560. 5 Scholl, DÖV 2010, S. 160, 162. 6 Scholl, DÖV 2010, S. 160, 162. Allerdings erscheint der Begriff „Einnahmequelle“ an dieser Stelle unpassend – Steuern und Kredite in einem Satz als Einnahmen zu bezeichnen kann nicht überzeugen. Daher wird der Begriff hier bewusst in Anführungszeichen verwendet.
S e i t e | - 2 -
son a credit in every banker’s shop in London, than to impower a statesman to draw bills, in this
manner, upon posterity.”7
Sinnvoller ist Staatsverschuldung, wenn sie genutzt wird, um die Kosten für eine
Investition im öffentlichen Bereich mit langanhaltendem Nutzen gerechterweise auf
mehrere Generationen zu verteilen.
8 Auf der anderen Seite gibt es Indikatoren dafür,
dass eine zu hohe Staatsverschuldung Wachstum und Beschäftigung ausbremst.9 In
Deutschland ist dieser Punkt womöglich erreicht, zumindest ist dies der Stand der
politischen Diskussion.10 Um diesem Trend entgegenzuwirken, wurde mit Beschluss
vom 14. Dezember 2006 eine „Kommission zur Modernisierung der Bund-Länder-
Finanzbeziehungen„ eingesetzt,11 die u.a. einen Vorschlag für eine Neuregelung des
Finanzverfassungsrechts erarbeitet hat, welcher am 29. Mai 2009 vom Bundestag und
am 12. Juni 2009 vom Bundesrat angenommen wurde.12
Diese Änderung des Finanzverfassungsrechts ist gemeinläufig auch als die Einführung
einer Schuldenbremse bekannt. Mit ihr soll der wachsenden Staatsverschuldung der
Bundesrepublik Einhalt geboten werden. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit
jener Schuldenbremse. Sie ist inhaltlich in drei Abschnitte gegliedert. Der erste
Abschnitt beschäftigt sich mit der Thematik der Staatsverschuldung. Hier wird
insbesondere darauf eingegangen, wie sich die Staatsverschuldung in Deutschland
entwickelt hat, wie versucht wurde sie zu kontrollieren und inwiefern dies gelungen ist.
An einige Ideen zur Reform des Staatsschuldenrechts schließt sich sodann der
Hauptteil der Arbeit an. Dieser beleuchtet die rechtliche Umsetzung der neu
eingeführten Schuldenbremse und geht dabei auch auf den Vorwurf ein, die
Schuldenbremse verletze die Eigenstaatlichkeit der Länder und sei daher
verfassungswidriges Verfassungsrecht. Im Weiteren findet eine Analyse der rechtlichen
Änderung, soweit sie zu diesem Zeitpunkt möglich ist, statt, an welche sich eine kurze
Darstellung der schweizerischen Schuldenbremse anschließt. Sowohl auf die Frage
der Verfassungsmäßigkeit als auch auf die Analyse der deutschen und
schweizerischen Schuldenbremsen folgt eine Bewertung in Form eines Zwischenfazits.
Der dritte Teil der Arbeit befasst sich mit den Auswirkungen der Schuldenbremse auf
das Haushaltsrecht der Stadt Hamburg, unter Berücksichtigung der Umstellung der
7 Hume, Essays Moral, Political, Literary. 8 Neidhardt, S 4. 9 Neidhardt, S. 5. 10 K-Drs. 033, S.1. 11 BT-Drs. 16/3885 12 BT-Drs. 16/12410 sowie BR-Drs. 510/09.
S e i t e | - 3 -
Haushaltsführung auf die staatliche Doppik. In einem abschließenden Fazit wird dann
nochmals auf das Geschriebene eingegangen und ein kleiner Ausblick gegeben.
1.1 Entwicklung der Staatsverschuldung Nach dem 2. Weltkrieg ist die Bundesrepublik Deutschland, obwohl sich der
Rechtsvorgänger in Zeiten des Krieges stark verschuldet hatte, mit Schulden i.H.v.
„nur“ ca. 8,74 Mrd. Euro gestartet.13 Die Regierung wurde zu dieser Zeit aufgrund einer
Norm, die sich an der Schuldenregel der Weimarer Reichsverfassung orientierte, zur
Kreditaufnahme ermächtigt.14 Bis 1960 stieg die Verschuldung auf rund 29 Mrd. Euro
an. Auch in den nachfolgenden Jahren stieg die Staatsverschuldung nicht in
besonderem Maße. Dann jedoch kam es zu der ersten Finanzverfassungsreform der
Nachkriegszeit im Jahre 1969. Mit ihr fand eine Neuregelung des Art. 115 GG a.F.
statt, wie sie Einzug in viele Landesverfassungen erhielt und bis 2010 Gültigkeit
hatte.15
Seit dieser Finanzverfassungsreform hat sich die Staatsverschuldung kontinuierlich
erhöht, wie folgende Grafik veranschaulicht:
16
Erstmalig wurde von der neuen Regelung im Jahre 1973, zur Zeit der weltweiten
Ölkrise, extensiver Gebrauch gemacht.17
13 Buscher, S. 330f.
Seitdem stieg die Staatsverschuldung rasant
an.
14 Dönnebrink/Erhardt/Höppner/Sudhof, S. 23. 15 Buscher, S. 331. 16 Quelle: Daten und Prognose des Bundes der Steuerzahler, eigene Darstellung.
29 63 237
387 536
10091198
1448
1998
1960 1970 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2011*
Entwicklung der Staatsverschuldung Deutschlands in Mrd. Euro16
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Insbesondere die Wiedervereinigung führte zu einer extremen Zunahme der
Kreditaufnahme: Die Staatsverschuldung verdoppelte sich zwischen den Jahren 1990
und 1995 und war 16 Mal so hoch wie noch vor Einführung Art. 115. a.F. Auch danach
setzte sich dieser Trend weiter fort, mit dem Resultat, dass die Verschuldung heute
mehr als 30 Mal so hoch ist wie noch 1970. Diese Entwicklung zeigt, dass die sog.
Goldene Regel, welche mit der angesprochenen Finanzverfassungsreform in das
Grundgesetz geschrieben wurde, einem Ansteigen der Staatsverschuldung nicht
entgegenwirken konnte. Die Gründe für das „Scheitern“ der alten Regelung
Grundgesetzes sind Inhalt des nachfolgenden Abschnittes.
1.2 Begrenzungsmöglichkeiten der Staatsverschuldung Eingeführt wurde die Golden Regel mit dem Ziel, künftige Generationen vor zu hohen
Schuldenständen zu schützen. Dabei orientierte sich das Regelwerk zur Begrenzung
der Schuldenaufnahme am Investitionsbegriff. Investitionen sind im wirtschaftlichen
Sinne Maßnahmen, die über Generationen hinweg zu einem Vorteil führen.18
1.2.1. Gründe für das Scheitern der „Goldenen Regel“
Die Begründungen, warum die Goldene Regel gescheitert ist, sind verschiedenster Art.
So wird zum Beispiel angeführt, dass die Verschuldungsbegrenzung umgangen wurde,
indem die Reichweite in der Praxis auf die Haushaltserstellung, nicht aber auf den
Haushaltsvollzug bezogen wurde. Infolgedessen konnten Kredite, die im Haushaltsplan
noch für Investitionen veranschlagt wurden, im Vollzug nicht bzw. nur teilweise für die
ursprünglich veranschlagten Investitionen eingesetzt werden. Die verbliebenen Gelder
konnten dann auch für andere Vorhaben verwendet werden.19 Für diese Auslegung
spricht, dass der Wortlaut der Norm, „die Aufnahme von Krediten […] [bedarf] einer der
Höhe nach bestimmten oder bestimmbaren Ermächtigung durch Bundesgesetz“20, für
einen ausschließlichen Bezug auf die Haushaltserstellung spricht. Sinn und Zweck der
Verschuldungsbegrenzung sowie ihre teleologische Auslegung legen jedoch den
Schluss nahe, dass die Norm sich auch auf den Haushaltsvollzug21 beziehen müsste.22
17 Buscher, S. 331.
Letztlich ist aber die Einhaltung im Vollzug bisher erst nach Haushaltsrechnung
18 Tappe, DÖV 2009, 881, 882. 19 Magin, Wirtschaftsdienst 2010/4, 262, 263; Scholl, DÖV 2010, 160, 163. 20 Art. 115 GG a.F. 21 Die Haushaltswirtschaft gliedert sich in drei Phasen: Haushaltsplanung (Aufstellung des Haushaltsplanes). Haushaltsvollzug (Bewirtschaftung des Haushalts) und Rechnungslegung (Überprüfung), so in: Burmeister, S. 20. 22 Tappe, DÖV 2009, 881, 885.
S e i t e | - 5 -
überprüfbar – dann jedoch sind die Kredite längst vereinnahmt und verwendet
worden.23
Außerdem fehlte es an einer Verpflichtung, einen Tilgungsplan für die Zurückzahlung
der Kredite vorzulegen.
24 Die Klausel des Art. 115. Abs. 2 GG, die die sog.
Sondervermögen von der Regelung des Art. 115 Abs. 1 GG ausnahm, führte zu einer
Auslagerung der Verschuldung in Nebenhaushalte.25
Ein weiterer großer Schwachpunkt war die (zu weit ausgelegte) Ausnahmeregelung,
durch die eine weit über die eigentlich festgesetzte Grenze hinausgehende
Kreditaufnahme ermöglicht wurde.
26 Bei Vorliegen einer Störung des
gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts27 ermächtigte Art. 115 GG den
Haushaltsgesetzgeber, über die verfassungsgegebene Verschuldungsgrenze hinaus
Kredite aufnehmen.28 Zu der Bestimmung des Vorliegens der Voraussetzungen befand
das BVerfG: „[O]b eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts vorliegt
[…]“ und „ob eine erhöhte Kreditaufnahme zu ihrer Abwehr geeignet ist“, kann der
Gesetzgeber im Rahmen eines „Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum[es]“
bestimmen.29 Im Falle einer Organstreitigkeit lag die Aufgabe des
Bundesverfassungsgerichts daher ausschließlich darin, festzustellen, „ob die
Beurteilung und Einschätzung des Gesetzgebers nachvollziehbar und vertretbar ist.“30
In der Folge kam es zu einer nahezu exzessiven Nutzung dieser „Lücke“.31 Das
Vorliegen einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts wurde in vielen
Jahren festgestellt.32
All diesen Erklärungsversuchen für die Wirkungslosigkeit der alten Schuldenregel ist
gemein, dass sie auf Fehler in der rechtlichen Umsetzung abzielen. Weniger in Frage
gestellt wird aber die Anwendung der Vorschrift durch den Haushaltsgesetzgeber in
Frage gestellt.
33
23 Tappe, DÖV 2009, 881, 885.
Auch das BVerfG hat jedoch in seinen Urteilen zur Goldenen Regel
24 Magin, Wirtschaftsdienst 2010/4, 262, 264; Korioth, Wirtschaftsdienst 2008/9, 559, 561. 25Magin, Wirtschaftsdienst 2010/4, 262, 264; Scholl, DÖV 2010, 160, 163. 26 Fromme, ZRP 2007, 263 263; Scholl, DÖV 2010, 160, 163. 27 Unbestimmter Verfassungsbegriff, der der Interpretation des Haushaltsgesetzgebers bedarf. Siehe Heintzen in: Münch/Kunig, Art. 109 Rn. 11. Konkretisierung auch in § 1 Satz 2 StabG. 28 Tappe, DÖV 2009, 881, 884f. 29 BVerfGE 79,311,91. 30 BVerfGE 79,311,91. 31 Tappe, DÖV 2009, 881, 885; Korioth, Wirtschaftsdienst 2008/9, 559, 561. 32 Dönnebrink/Erhardt/Höppner/Sudhof, S. 28; Tappe, DÖV 2009, 881, 885. 33 Auf einen entscheidenden Einfluss seitens des Rechtsanwenders weist z.B. Korioth hin. In: Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2010 11(3), 270, 284.
S e i t e | - 6 -
insbesondere die rechtstechnische Umsetzung kritisiert und als unzureichend und
überarbeitungsbedürftig eingestuft.
Besonders hervorzuheben ist dabei das BVerfG-Urteil vom 9. Juli 2007 betreffend den
Bundeshaushalt des Jahres 2004. Hier kam das Verfassungsgericht zu dem Schluss,
dass es einer Neuregelung der Verschuldungsgrenzen bedarf. Die Wortwahl fiel dabei
sehr eindeutig aus:
„Freilich ist an der Revisionsbedürftigkeit der geltenden verfassungsrechtlichen Regelungen
gegenwärtig kaum noch zu zweifeln: […] [D]ie staatliche Verschuldungspolitik in der
Bundesrepublik [hat] in den seit der Finanz- und Haushaltsreform 1967/69 vergangenen nahezu
vier Jahrzehnten nicht antizyklisch agiert, sondern praktisch durchgehend einseitig zur
Vermehrung der Schulden beigetragen […]. Das Regelungskonzept des Art. 115 Abs. 1 Satz 2
GG hat sich als verfassungsrechtliches Instrument rationaler Steuerung und Begrenzung
staatlicher Schuldenpolitik in der Realität nicht als wirksam erwiesen. […] Notwendig ist […] die
Entwicklung von Mechanismen, die für gegebene Verschuldungsspielräume den erforderlichen
Ausgleich über mehrere Haushaltsjahre sicherstellen. Die Auswahl und Institutionalisierung von
Regeln, die dies leisten, […] ist eine komplexe Aufgabe, für die das geltende Verfassungsrecht
keine ausreichend konkreten Direktiven liefert. Sie ist dem verfassungsändernden Gesetzgeber
[…] aufgegeben.“34
Nach diesem eindringlichen Appell des BVerfG war es kaum noch möglich, weiterhin
auf eine Verfassungsänderung zu warten. Sie erschien zwingend geboten und war
auch, wie die deutlichen Worte des Urteils es zeigen, vom BVerfG rasch gewünscht.
1.2.2 Ansätze zur Reform des Staatsschuldenrechts Um der eingangs dargestellten Entwicklung der Staatsverschuldung
entgegenzuwirken, wurde seit vielen Jahren, wie es auch die Rechtsprechung des
BVerfG zeigt, nach Veränderungen an den verfassungsrechtlichen Grundregelungen
der Schuldenaufnahme gerufen. Die Goldene Regel hat sich als ungeeignet erwiesen,
der anhaltenden und zunehmenden Staatsverschuldung entgegenwirken zu können.35
34 2 BvF 1/04 Rn. 133.
Das zeigt besonders eindrücklich die vorige Grafik, die das Anwachsen der
Staatsschulden illustriert. Unter diesem Eindruck wurden bereits vor der in dieser
Arbeit zu erläuternden Novelle des Verschuldungsrechts von vielen Seiten Ideen
geäußert, wie die Entwicklung in den Griff zu bekommen wäre. Im Folgenden soll ein
kurzer Überblick hierüber Aufschluss geben.
35 Buscher, S. 330; Tappe, DÖV 2009, 881, 883.
S e i t e | - 7 -
Zunächst gab es den Ansatz, sparsam mit Gesetzes- und Verfassungsänderungen
umzugehen und stattdessen eine Neuauslegung der bisherigen Regelung in Angriff zu
nehmen. Ziel wäre es hierbei gewesen, den in der Rechtsprechung des BVerfG als zu
unscharf kritisierten Investitionsbegriff zu modifizieren. Diese Idee stammt unter
anderem aus dem Kreise der Rechnungshöfe von Bund und Ländern. Hierbei würde
der Investitionsbegriff der alten Regelung dadurch eingeschränkt, dass eine ganze
Reihe von Beträgen, wie etwa Abschreibungen, vom Investitionsvolumen abzuziehen
wären. Dadurch würde die maßgebliche Größe, an der sich die Kredithöchstgrenze
orientiert, namentlich die der Ausgaben für Investitionen, deutlich niedriger ausfallen.36
Auch Korioth denkt über eine solche Änderung nach, kombiniert mit der Abschaffung
des oft ausgenutzten Schlupflochs einer Schuldenaufnahme zur Sicherung des
gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts.37 Diese Idee hat jedoch im Rahmen der
Föderalismusreform II keine weitere Beachtung gefunden.38
Vielmehr wurde an eine Änderung der gesetzlichen Grundlagen gedacht, wie auch das
BVerfG anregte.
39 Eine solche Gesetzesänderung sollte sich dabei an bereits
bestehenden Regelungen orientieren. Als Vorbilder wurden dabei immer wieder die
Regelungen, die durch das europäische Gemeinschaftsrecht vorgegeben sind sowie
die schweizerische Schuldenbremse erwähnt.40
Die Bundesrepublik Deutschland ist als Mitglied der Europäischen Union verpflichtet,
auch den europäischen Vorschriften zu genügen. Insofern können auch Regelungen
der EU auf dem Gebiete der Verschuldungsbegrenzung als unmittelbar geltende
Beschränkungen angeführt werden. Nicht unbegründet erscheint daher die Idee, diese
Regelungen konkret für die Bundesrepublik zu übernehmen und die vorhandene
Schuldenregel dadurch zu ergänzen bzw. zu ersetzen.
Das Schweizerische Modell der
Schuldenbremse wird im Abschnitt 2.5 näher behandelt. An dieser Stelle sollen noch
einige Worte zu den europäischen Regelungen folgen, da diese als
Gemeinschaftsrecht einerseits unmittelbar auf das deutsche Finanzrecht einwirken,
anderseits die Neuregelung sich in einigen Bereichen an ihnen orientiert, so dass eine
nähere Erläuterung angemessen erscheint.
41
36 Im Detail hierzu: Engels, DÖV 2007, 445, 452ff.
Kerngedanke ist die
37 Korioth, Wirtschaftsdienst 2008/9, 559, 561. 38 Korioth, Wirtschaftsdienst 2008/9, 559, 561. 39 Anlage zum Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/ CSU und SPD zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes, BT-Drs 16/ 2052, S. 10 sowie 2 BvF 1/04, Rn. 133. 40 So bei Engels, DÖV 2007, 445; Glaser DÖV 2007, 98; Weinzen, DÖV 2008, 535. 41 Engels, DÖV 2007, 445, 456.
S e i t e | - 8 -
Harmonisierung des nationalen Rechts mit dem der Gemeinschaft. Auch böte diese
Lösung einen Sanktionsmechanismus an.42 Einschlägig ist Art. 126 AEUV, im
Allgemeinen unter der Begrifflichkeit „Maastricht-Kriterien“ bekannt.43 Diese sehen vor,
dass die Gesamtverschuldung eines Mitgliedsstaates 60% seines BIP (Schuldenquote)
nicht übersteigen darf. Zusätzlich darf die Nettoneuverschuldung44 die Quote von 3%
des BIP nicht übersteigen.45 Bei einem Verletzen dieser Grenzwerte ist die
Europäische Union ermächtigt, eine Reihe von Vorgängen einzuleiten und ggf.
geeignete Maßnahmen zu ergreifen.46
47
In Folge der weltweiten Wirtschaftskrise hat Deutschland die Maastricht-Kriterien
erneut überschritten, nachdem es zunächst gelungen war, unter die 60 % Hürde zu
fallen. Die Grafik zeigt jedoch, dass Deutschland im Euroraum nicht alleine ist. Zehn
der 17 Länder verletzen derzeit das Kriterium.
Nicht alleine deshalb wird die Wirkungskraft dieser Regelung zur
Verschuldungsbegrenzung aber von vielen Seiten verneint: So sehen sich bereits die
Beurteilungskriterien der Kritik ausgesetzt, nicht zweckgemäß zu sein, da sie als
42 Engels, DÖV 2007, 445, 456. 43 Ehemals Art. 104 EGV. In der Literatur auch als „close-to-balance“ Grundsatz zu finden, Groneck/Plachta, Wirtschaftsdienst 2008/2, 115, 117. 44Unter Nettokreditaufnahme bzw. Nettoneuverschuldung versteht man die Differenz zwischen der Aufnahme neuer Kredite und der Tilgung bestehender Schulden. 45 Referenzwerte des Art. 126 AEUV gemäß des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts. 46 Art. 126 Abs. 3ff. AEUV. 47 Quelle: Eurostat, eigene Darstellung.
0102030405060708090
100110120130
Schuldenquote im Euroraum (EURO-17)(Schuldenstand im Verhältnis zum BIP)47
S e i t e | - 9 -
Maßstab für die zulässige Höhe der Staatsverschuldung zu ungenau sind48. Hier sei
erneut auf die Grafik verwiesen: Mit Ausnahme von Griechenland muss sich keines der
drei Euroländer, die derzeit unter dem sog. „Eurorettungsschirm“ Unterstützung finden,
der ihnen Zugang zu rentablen Krediten eröffnet, dem Vorwurf aussetzen, eine im
Vergleich zu hohe Schuldenquote zu haben. Deutschland zum Beispiel hat eine höhere
Schuldenquote als Irland, ist aber im Rating internationaler Agenturen hoch
angesehen, während Irland wesentlich negativer beurteilt wird.49 Außerdem haben alle
Anstrengungen des Europäischen Rates, Mitgliedsstaaten, die diese Regeln nicht
eingehalten haben, zu bestrafen, zu keinem Resultat geführt.50 Zudem biete eine
Neuverschuldungsquote von 3% des BIP einen zu großen Spielraum für
Kreditaufnahmen, so dass auch die Kommission von Bundes- und Landes-
rechnungshöfen zu der Ansicht gelangte, dass diese gegenüber der Schweizerischen
Schuldenbremse unterlegen sei.51
In Anlehnung an das Schweizer Vorbild hat die Föderalismuskommission II an einer
Schuldenbremse für Bund und Länder gearbeitet, die am 29. Mai 2009 vom Bundestag
und am 12. Juni 2009 vom Bundesrat angenommen wurde.
52
2. Die verfassungsrechtliche Schuldenbremse 2.1 Ziele der neuen Schuldenbremse Eine Reform des Finanzverfassungsrechts erscheint auch alleine bereits deshalb
geboten, weil sich der Abbau der Schulden mittlerweile als eine generationen-
übergreifende Sisyphos-Arbeit darstellt – die angehäuften Schulden bilden einen Berg
an Lasten für zukünftige Generationen, dessen Abbau aufgrund der immensen
Zinsbelastungen nur in sehr kleinen Schritten über mehrere Jahrzehnte hinweg zu
bewältigen ist. Die Schuldenbremse ist in diesem Rahmen aber mehr als nur eine
einzelne Verfassungsänderung – sie umfasst ein ganzes Paket mit einer Reihe von
Neuregelungen und Konkretisierungen.53
Mit dem Instrumentarium „Schuldenbremse“, welches dem Gesamtanspruch der
Föderalismusreform II genügen soll, Prinzipien wie „Nachhaltigkeit und
48 Magin, Wirtschaftsdienst 2010/4, 262, 263. 49 Aktuelles Rating online abrufbar unter: http://www.ftd.de/finanzen/:rating-karte-so-fluessig-sind-die-euro-laender/60024424.html. 50 Weinzen, DÖV 2008, 535, 536. 51 Engels, DÖV 2007, 445, 456. 52 BT-Drs. 16/12410 sowie BR-Drs. 510/09. 53 Art. 109, Art. 109a, Art. 115, Art.115-Gesetz, Art. 143d.
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Generationsgerechtigkeit stärker als bisher in der Finanz- und Haushaltspolitik“ in den
Fokus zu stellen54, wird der Versuch unternommen, diese Sisyphos-Arbeit anzugehen.
Zugleich wurde es aber auch dafür genutzt, die Regelungen des europäischen
Stabilitäts- und Wachstumspaktes zu berücksichtigen und mit dem nationalen Recht zu
harmonisieren. Dies verbindet sie mit dem Anspruch, Fehler und Schwächen der alten
Regelung zu beseitigen.55
2.2 Rechtliche Umsetzung der neuen Schuldenbremse Die maßgeblichen Regelungen der neuen Schuldenbremse sind im Grundgesetz in Art.
109 und Art. 115 zu finden. Während Art. 109 GG die Haushaltswirtschaft von Bund
und Ländern regelt und den Kern der Schuldenbremse enthält, ist der im Rahmen der
Schuldenbremse oftmals angesprochene Art. 115 GG die Konkretisierung der
Schuldenbremse alleine für den Bund56. Regelungsgehalt der neuen Normen ist die
Nettokreditaufnahme.57
2.2.1 Die neue Fassung des Art. 109 GG Art. 109 Abs.1 besteht unverändert fort und garantiert die Autonomie der
Haushaltswirtschaft von Bund und Ländern. Dabei umfasst der Begriff der
Haushaltswirtschaft alle Einnahmen und Ausgaben des Staates.58
Absatz 2 verbindet in weiten Teilen die bisherigen Regelungen der Absätze 2 und 5 der
alten Fassung. Damit werden die europarechtlichen Rahmenbedingungen des
Finanzverfassungsrechts an die Spitze der Einschränkungen des Grundsatzes aus
Absatz 1 gestellt und mit der Anforderung zur Beachtung des gesamtwirtschaftlichen
Gleichgewichts verbunden.
Die nachfolgenden
Absätze schränken diese Grundaussage jedoch wieder ein.
59
54 K-Drs. 174, S.2.
Diese Reihenfolge macht deutlich, dass mit der
Neuregelung des Verschuldungsrechts zugleich auch eine Integration der Vorgaben
55 Schmidt, DVBl 2009, 1274, 1276; Dönnebrink/Erhardt/Höppner/Sudhof, S. 44. 56 Da in dieser Arbeit der Fokus jedoch auf die schuldenrechtlichen Regelungen für die Länder gelegt wird, werden die Konkretisierungen für den Bund aus Art. 115 und etwa dem Art. 115-Gesetz in dieser Arbeit nicht näher beleuchtet. Weitergehende Informationen und Berechnungsregel zu diesem Punkt bei: Baumann / Schneider, S. 89 – S. 122. 57 JZ 2009, Jg. 64, Heft 14, 729, 730. Nettokreditaufnahme = Neuverschuldung innerhalb eines Haushaltsjahres. 58 Heintzen in: Münch/Kunig, GG-Kommentar Band 3 zu Art. 109, Rn. 5. 59Korioth, Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2010 11(3), 270, 272.
S e i t e | - 11 -
der Europäischen Union stattfindet. Diese Umstellung stößt jedoch auf Kritik und ist
auch inhaltlich nicht klar nachvollziehbar.60
Der neue Absatz 3
61
Satz 1: Die Haushalte von Bund und Ländern sind grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten
auszugleichen.
enthält den Passus, der einen Haushalt ohne Einnahmen aus
Krediten vorsieht:
Satz 2: Bund und Länder können Regelungen zur im Auf- und Abschwung symmetrischen
Berücksichtigung der Auswirkungen einer von der Normallage abweichenden konjunkturellen Entwicklung
[Var. 1] sowie eine Ausnahmeregelung für Naturkatastrophen [Var. 2] oder außergewöhnliche
Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich
beeinträchtigen [Var. 3], vorsehen.
Satz 3: Für die Ausnahmeregelung ist eine entsprechende Tilgungsregelung vorzusehen.
Satz 4: Die nähere Ausgestaltung regelt für den Haushalt des Bundes Artikel 115 mit der Maßgabe, dass
Satz 1 entsprochen ist, wenn die Einnahmen aus Krediten 0,35 vom Hundert im Verhältnis zum nominalen
Bruttoinlandsprodukt nicht überschreiten.
Satz 5: Die nähere Ausgestaltung für die Haushalte der Länder regeln diese im Rahmen ihrer
verfassungsrechtlichen Kompetenzen mit der Maßgabe, dass Satz 1 nur dann entsprochen ist, wenn keine
Einnahmen aus Krediten zugelassen werden.
Die Regelung differenziert dabei grundsätzlich zwischen konjunktureller und
struktureller Verschuldung.62 Mit dem Satz 1 des Art. 109 GG trifft der
verfassungsändernde Gesetzgeber die Entscheidung, staatliche Ausgaben fortan nicht
durch Einnahmen aus Krediten finanzieren zu wollen. Zugleich wird in Satz 4 dem
Bund eine Ausnahme in Form einer gesetzlichen Fiktion gewährt, die eine, wenn auch
geringe63, strukturelle Verschuldung zulässt. Entscheidend ist, dass diese Ausnahme
ausschließlich für den Bund gilt. Die Länder sind gemäß Satz 5 an den Wortlaut des
Satz 1 gebunden – sie dürfen in keinem Fall strukturelle Verschuldung aufbauen.64
60 So kritisiert Korioth hier mangelnde inhaltliche Verbindungen zwischen den ursprünglichen Normen sowie redaktionelle bzw. begriffliche Versehen. Im Detail: Korioth, Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2010 11(3), 270, 272f.
61 Art. 109 Abs. 3 a.F. entspricht Art. 109 Abs. 4 n.F. 62 Schmidt, DVBl 2009, 1274, 1277. 63 0,35 vom Hundert im Verhältnis zum nominalen BIP – das entspricht bei einem BIP 2010 von 2497,6 Mrd. Euro (Quelle: Statistisches Bundesamt) einer möglichen Kreditaufnahme von ca. 8,74 Mrd. Euro 64 Zuvor war ausgehend von den Ansätzen des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes angedacht, eine strukturelle Neuverschuldung von jährlich maximal 0,5 v.H. des BIP als absolute Obergrenze zuzulassen. Nach der Regelung für den Bund wäre den Ländern und Gemeinden für ihren Kreditbedarf noch 0,15 v.H. des BIP verblieben.
S e i t e | - 12 -
Dennoch enthält Art. 109 Abs. 3 GG Ausnahmetatbestände, bei denen Bund und
Länder gleichermaßen berechtigt sind, Kredite aufzunehmen. Diese Ausnahmen sind
in Satz 2 festgeschrieben. Hier werden drei Fälle unterschieden:
Gemäß Variante 1 ist eine Kreditaufnahme ausnahmsweise zulässig, wenn eine von
der Normallage abweichende konjunkturelle Entwicklung vorliegt. Weiterhin deckt
Variante 2 den Fall des erhöhten Finanzierungsbedarfs zur Bekämpfung einer
Naturkatastrophe oder ihrer Folgen ab. Variante 3 genehmigt die Kreditaufnahme
zudem zur Reaktion des Staates auf außergewöhnliche Notsituationen, die sich der
Kontrolle des Staates entziehen und dessen Finanzlage beeinträchtigen.
Eine Ausnahme von der grundsätzlichen Unzulässigkeit der Kreditaufnahme kann
durch das Vorliegen einer der in den drei Varianten geschilderten Situationen gegeben
sein. Diese werden in den kommenden Jahren besonders für die Länder an Bedeutung
gewinnen, da sie nach dem Verbot der strukturellen Verschuldung die einzige
Möglichkeit der Kreditaufnahme bilden.65
Für alle drei Ausnahmetatbestände gilt
jedoch die Anweisung des Satzes 3, nach der ihre Nutzung zwangsläufig mit einer
Tilgungsregelung für die zusätzlich ausgenommenen Kredite zusammenhängt.
2.2.1.1 Ausnahme vom Verschuldungsverbot bei einer von der Normallage abweichenden Konjunktur Insbesondere von der Ausnahme nach Variante 1 ist zu erwarten, dass von ihr
Gebrauch gemacht werden wird, da sie leichte Parallelen zur abgelösten Formulierung
der Goldenen Regel aufweist. Über die praktische Anwendung der Norm kann derzeit
zwar nur spekuliert werden, es wird aber davon ausgegangen, dass der Begriff der
Normallage nicht zu eng verstanden werden darf.66 Dafür spricht, dass besonders
starke Schwankungen der Wirtschaft von der Formulierung der Variante 3 erfasst
werden67
Ziel der Norm ist es, Bund und Ländern die Möglichkeit offen zu lassen, auf
konjunkturelle Schieflagen zu reagieren. Mittel- bis langfristig sollen in Zeiten einer
negativen konjunkturellen Entwicklung aufgenommene Kredite durch zu erreichende
Überschüsse (durch staatliche Zurückhaltung) in Zeiten konjunktureller Hochphasen
, während in der allgemeinen Begründung des Gesetzes zu Variante 1 die
typische konjunkturelle Schwankung angeführt wird.
65 Korioth, Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2010 11(3), 270, 275. 66 Thye, S. 28. 67 K-Drs. 174, S.11.
S e i t e | - 13 -
ausgeglichen werden. So würden im Endeffekt auf einen Konjunkturzyklus gedehnt
praktisch keine weiteren Schulden gemacht werden.68 Damit wird grundsätzlich an der
Idee der antizyklischen Fiskalpolitik nach Keynes festgehalten.69
2.2.1.2 Ausnahme vom Verschuldungsverbot bei einer außergewöhnlichen Notsituation In eine ähnliche Richtung zielt die Regelung aus Variante 3. Nach ihr kann in einer
Notsituation, die außergewöhnlich ist, sich der Kontrolle des Staates entzieht und die
die Finanzlage erheblich beeinträchtigt, ebenfalls von dem grundsätzlichen Verbot der
Einnahmen aus Krediten abgewichen werden. Damit orientiert sich die Norm stark am
Wortlaut des Art. 2 I 1 VO EG 1467/9770. Die Mitglieder der FöKo II haben diese
Variante mit der Absicht aufgenommen, u.a. im Falle einer gravierenden
Wirtschaftskrise, wie Deutschland und der Rest der Welt sie im September 2008 nach
dem Zusammenbruch der US-amerikanischen Bank Lehman-Brothers erfahren hat,
finanziell flexibel zu bleiben.71
Eine Konkretisierung des Begriffes lässt sich der
Begründung des Gesetzes indes nicht entnehmen und auch die bisherige Anwendung
des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt erfolgte ohne eine weitere
Konkretisierung dieser Begrifflichkeiten.
2.2.1.3 Ausnahme vom Verschuldungsverbot bei einer Naturkatastrophe Eher unproblematisch ist die Ausnahme nach Variante 2, bei Vorliegen einer
Naturkatastrophe. Der Begriff der Naturkatastrophe ist dem Grundgesetz nicht fremd,
sondern bereits aus Artikel 35 bekannt. Dazu zählen „unmittelbar drohende
Gefahrenzustände oder Schädigungen“ größeren Ausmaßes, „die durch
Naturereignisse ausgelöst“ worden sind.72
2.2.2 Vermeidung von Haushaltsnotlagen Neben einer Änderung der Verschuldungspolitik, die über die Neuregelungen des Art.
109 GG erreicht werden soll, wurde die Einführung einer Regelung zur Vermeidung
von Haushaltsnotlagen eingeführt. Sie befindet sich im neu eingefügten Art. 109a GG.
Durch Bundesgesetz, welches der Zustimmung des Bundesrates bedarf, wird hierüber
68 Siehe auch Begründung des Gestzes, BT-Drs. 16/12410, S.25) 69 Hillgruber in: Mangoldt/Klein/Stark, Art. 109, Rn. 45. 70 Bekannt als Europäischer Stabilitäts- und Wachstumspakt. 71 U.a. K-Drs. 174, S.11. 72 BT-Drs. 16/12410, S.16, Pieroth, zu Art. 35, Rn. 7.
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die Einführung eines Stabilitätsrates, dessen ständige Aufgabe die Überwachung der
Haushalte von Bund und Ländern ist (Art. 109a Nr. 1). Er forciert die Erarbeitung von
Voraussetzungen und Verfahren für die Feststellung einer Haushaltsnotlage (Art. 109a
Nr. 2) und die Erarbeitung von Grundsätzen zur Aufstellung und Durchführung von
Sanierungsprogrammen (Art. 109a Nr. 3).
Die Verankerung dieser Norm ist dahingehend zu erklären, dass das BVerfG die
Einführung solcher Verfahren in seinen Entscheidungen zu Hilfeleistungsansprüchen
angeregt hatte.73
2.2.3. Übergangsregelungen in Art. 143d GG Gemäß Art. 143d Abs. 1 GG findet die Schuldenbremse für das Haushaltsjahr 2011
zum ersten Mal Anwendung. Die Länder dürfen jedoch bis zum Haushaltsjahr 2019
von Art. 109 Abs. 3 GG abweichen und ihre Haushalte nach den bisher geltenden
landesrechtlichen Regelungen aufstellen. Für den Bund gilt ebenfalls eine
Übergangszeit. Er darf bis zum Haushaltsjahr 2015 von dem Grundsatz aus Art. 115
Abs. 2 Satz 2 abweichen.
Interessant ist die verschiedenartige Formulierung der Übergangsregelungen. Der
Bund „kann“ von der neuen Schuldenbremse abweichen, die Länder „dürfen“ selbiges.
Beiden Formulierungen gleich ist die Intention, dass nicht notwendigerweise von der
Norm abgewichen werden soll. Für den Bund klingt die Formulierung dennoch ein
wenig restriktiver. Diese Vermutung wird durch den weiteren Zusatz „[m]it dem Abbau
des bestehenden Defizits soll im Haushaltsjahr 2011 begonnen werden“ bestätigt.
Hintergrund dieser Übergangsregelungen ist das Bewusstsein, dass eine sofortige
Pflicht zur Anwendung der neuen Formulierung einige Bundesländer schlicht vor eine
unlösbare Aufgabe stellen würde.74 Einigen Ländern wird aus jenem Grund eine
Konsolidierungshilfe gewährt, da diese auf andere Weise nicht zu einem
ausgeglichenen Haushalt gelangen würden, welcher die Einhaltung der
Schuldenbremse ermöglicht.75
73 Buscher, S. 289.
Letztlich muss der Bund die Regelungen aber in jedem
Falle für das Haushaltsjahr 2016 beachten, die Länder erstmalig verpflichtend für das
74 BT-Drs. 16/12410, S. 2. 75 Art. 143d Abs. 2 GG
S e i t e | - 15 -
Haushaltsjahr 2020. Dieser Unterschied ist auf das Verbot struktureller Verschuldung
für die Länder zurückzuführen.
2.3 Verfassungsrechtliche Bedenken 2.3.1 Verletzung des Art. 79 Abs. 3 GG als gravierendste GG-Verletzung Die mitunter am häufigsten und auch medial wirksam artikulierten
verfassungsrechtlichen Bedenken betreffen die Vereinbarkeit der Schuldenbremse mit
dem Grundgesetz hinsichtlich der Eigenständigkeit der Länder. So war es auch bereits
in den Verhandlungen der FöKo II zu ernsthaften verfassungsrechtlichen Bedenken
gekommen.76
2.3.1.1 Konkurrierende Standpunkte während der Verhandlungen der FöKo II Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über die beiden widerstreitenden Standpunkte
innerhalb der FöKo II gegeben werden. In einem offenen Brief an die Vorsitzenden der
FöKo II hieß es:
„Schuldenregeln sind jedoch – was die Länder angeht – wesentliche Bestandteile des
Haushaltsrechts der Länder. Sie schränken das Budgetrecht, das „Königsrecht der Parlamente“,
zentral ein. Neue Schuldenregeln bedürfen daher der konstitutiven Mitwirkung durch die
Landesparlamente. Deshalb sind Schuldenregeln in den Ländern den Landesverfassungen
vorbehalten.“77
Es sei „[b]ei aller Anerkennung der Notwendigkeit neuer Schuldenregeln“ inakzeptabel,
das „Budgetrecht der Landesparlamente durch eine Schuldenregel des Bundes zu
beschneiden.“78 Die Schuldenregel sei in Anbetracht der „Versteinerung der Haushalte“
wie eine „Zwangsjacke“ zu sehen und nähme die noch verbliebene
Gestaltungsfreiheit.79
Die Diskussion um die mögliche Verfassungswidrigkeit geht in ihrem Kern auf ein
Gutachten der Kommission80 sowie auf eine Gegendarstellung81
76 Schmidt, DVBl 2009, 1274, 1276f.
der Autoren des
offenen Briefes zurück. In Anlage 2 zu der Kommissionsdrucksache 096 wird dabei
zunächst festgestellt, dass ausschließlich der Grundsatz aus Art. 79 Abs. 3 GG verletzt
77 K-Drs. 100, S.2. 78 K-Drs. 100, S.3. 79 K-Drs. 100, S. 3. 80 K-Drs. 096, Anlage 2, S. 17ff. 81 K-Drs. 134.
S e i t e | - 16 -
sein könnte.82
Dabei orientiert sich die Argumentation des Gutachtens an folgender
Aussage des BVerfG aus einem Urteil des Jahres 1972:
„Was immer im einzelnen zum unentziehbaren "Hausgut" der Länder im Bundesstaat gehören
mag, jedenfalls muß dem Land die freie Bestimmung über seine Organisation einschließlich der
in der Landesverfassung enthaltenen organisatorischen Grundsatzentscheidungen sowie die
Garantie der verfassungskräftigen Zuweisung eines angemessenen Anteils am
Gesamtsteueraufkommen im Bundesstaat verbleiben.“83
Im Folgenden wird darauf verwiesen, dass maßgeblich „der Grundsatz der
Aufgabenpriorität“ und ein miteinander Vereinbaren der „Maximen der Autonomie und
der bündischen Einheit“ sei.
84 Weiter wird darauf hingewiesen, dass auch Art. 109 Abs.
1 der geplanten Änderung nicht widerspreche, da er vom Regelungsgehalt des Art. 79
Abs. 3 nicht erfasst sei und auch inhaltlich dem Vorhaben nicht entgegenstehe.85
Zudem kommen die Verfasser zu der Aussage, die Haushaltsautonomie sei kein
absolutes Recht, sondern vielmehr einschränkbar, insbesondere um die Möglichkeit
einer extremen Haushaltsnotlage unter Rücksichtnahme auf die bündischen Partner
und die gesamtstaatlichen Interessen verhindern zu können.86 Die
Haushaltsautonomie sei daher im Rahmen des Zusammenwirkens und der
Wechselbeziehungen aller Länder zueinander in einem Gesamtstaat zu verstehen, für
den es auch in anderen Bereichen, wie etwa dem Währungssystem oder bei der
Steueraufteilung gemeinsame länderübergreifende Grundsätze gibt.87
Weiter wird auf ein Urteil
88 des BVerfG aus dem Jahre 1992 verwiesen in dem
entschieden wurde, dass der Gesetzgeber verbindliche Regelungen erlassen kann,
„die der Entstehung einer Haushaltsnotlage entgegenwirken und zur Bewältigung einer
eingetretenen Haushaltsnotlage geeignet sind“.89 Es wird im Gutachten auch darauf
hingewiesen, dass es durchaus gegenläufige Meinungen zu der Frage gibt, ob Art. 109
Abs. 3 eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes zur Gestaltung der
Haushaltswirtschaft der Länder darstellt. Kritiker führen an, eine solche Auslegung „sei
ein massiver Eingriff in die materielle Budgetautonomie der Länder.“90
82 K-Drs. 096, S. 17.
Dennoch wird
83 BVerfGE 34,9,67. 84 K-Drs. 096, S.19. 85 K-Drs. 096, S.19f. 86 K-Drs. 096, S.20. 87 K-Drs. 096, S.21. 88 BVerfGE 86,148,266f. 89 BVerfGE 86,148,340. 90 Hillgruber in: Mangoldt/Klein/Starck, Art. 109, Rn. 93.
S e i t e | - 17 -
abschließend festgehalten, dass eine Verletzung des Art. 79 Abs. 3 nicht vorliege und
die geplante Schuldenregel demnach verfassungsgemäß sei.
Auf Seiten der Gegner der vom Bundesfinanzministerium vorgeschlagenen
Schuldenregel hat sich in einer Vorreiterolle das Land Schleswig-Holstein darum
bemüht, die Verfassungswidrigkeit feststellen zu lassen. Es hat dazu ein Gutachten in
Auftrag gegeben, welches so dann den Vorsitzenden der FöKo II zuging.91
Das Gutachten stellt zunächst einmal fest, dass Art. 109 Abs. 3 und 4 nicht wie vom
Bundesfinanzministerium dargelegt als Rechtsgrundlage ausreichend sei92 und zudem
nach dieser Ansicht Art. 109 Abs. 1 sehr wohl einschlägig sei, da die Norm eine
Konkretisierung des Bundesstaatsprinzips des Art. 20 I sei und somit in den
Regelungsgehalt des Art. 79 Abs. 3 hineinfalle. Dies ergebe sich “bereits aus seiner
Entstehungsgeschichte“.93 Zudem wird auf höchstrichterliche Rechtsprechung und
Kommentarliteratur verwiesen, die „die Selbständigkeit und Eigenverantwortung der
Länder für ihre Haushalte […] immer wieder betont und dem Kernbereich von Art. 109
Abs. 1 GG“94
zurechnet.
Aufgrund dessen wird der Schluss gezogen, dass zu prüfen ist, ob die angestrebte
Grundrechtsänderung an den Vorgaben des Art. 79 Abs. 3 scheitern würde. Im
Weiteren wird festgestellt, dass Art. 79 Abs. 3 unabhängig von der Frage, ob der Art.
109 Abs. 1 von dessen Regelungsgehalt erfasst wird, einschlägig ist. Dabei wird
vorgetragen, dass Art. 109 Abs. 1, wie auch andere Normen des Grundgesetzes, etwa
das Homogenitätsprinzip aus Art. 28 Abs. 1 S.1, ohne konkrete Erwähnung in Art. 79
Abs. 3 als Strukturmerkmal der Bundesstaatlichkeit miterfasst werden. Zudem ergibt
sich der Inhalt der Art. 109 Abs. 1 auch als Wesensmerkmal der Bundesstaatlichkeit
des Art. 20 I und wäre über diesen Weg in jedem Fall geschützt.95
Weiter wird kritisiert, dass bei der Bestimmung der Regelungsweite des Art. 79 Abs. 3
das „Maastricht-Urteil“ von 1993 unbeachtet bleibt. In Anlehnung an dieses Urteil zum
Demokratieprinzip wird vorgetragen, dass die Zulässigkeit einer systemimmanenten
Änderung daran gekoppelt werden müsse, ein gewisses Niveau der zu ändernden 91 K-Drs. 134. 92 K-Drs. 134, S. 19 – 25. Auf eine detaillierte Darstellung wird an dieser Stelle verzichtet. 93 K-Drs. 134, S. 19. 94 K-Drs. 134, S. 19. 95 K-Drs. 134, S.26f.
S e i t e | - 18 -
Komponente zu erhalten. Dies wäre im Fall der Schuldenbremse die Frage nach einem
angemessenen Autonomieniveau. Diese verneint das Gutachten. Daher wird
resümiert, dass die Einführung der Schuldenbremse eine systemimmanente
Modifikation sei, die die „festgelegten Grenzen der Verfassungsänderung“
überschreite.96
Um die vertretene Rechtsansicht zu bekräftigen, wird im Weiteren aufgezeigt, dass
selbst unbeachtlich einer Verletzung der Unveränderlichkeit der Grundsätze aus Art. 20
Abs. 1 die Schuldenbremse nicht mit der Verfassung im Einklang steht. Es könnte
nämlich auch die Gliederung des Bundes in Länder verletzt sein. Dies wird damit
begründet, dass „die Freiheit der Haushalts- und Kreditpolitik zu eben jenen
landesverfassungsrechtlich normierten organisatorischen Grundentscheidungen zu
rechnen [ist], die den Ländern unentziehbar verbürgt sind und deren Verlust ihnen die
Staatsqualität nehmen würde.“97
Abschließend untermauert das Gutachten seine Ansicht, die Kreditaufnahme sei als
Bestandteil der Haushaltswirtschaft von der Haushaltsautonomie miterfasst durch
mehrere Kommentarzitierungen und kommt zu dem Ergebnis, den Ländern müsse eine
„Einschätzungsprärogative“ erhalten bleiben, doch „[d]iesen Anforderungen genüge die
vorgeschlagene Schuldenregelung des Bundes nicht.“98
2.3.1.2. Die Sicht von Wissenschaft und Praxis An die oben dargestellten Argumentationspfade anknüpfend haben sich zahlreiche
Experten zu dieser Frage geäußert.99 Hinsichtlich der Antwort zu der Frage nach der
Verfassungsmäßigkeit der Schuldenbremse haben sich zwei Lager gebildet, wobei
überwiegend die Meinung vertreten wird, die Schuldenbremse sei verfassungsgemäß.
Ein weiterer Autor versucht die Frage mit einem schonenden Ausgleich der
widerstreitenden Rechtspositionen zu lösen.100
U.a. wird auf Seiten derer, die von der Verfassungsmäßigkeit ausgehen, angeführt,
dass die Staatlichkeit der Länder nicht davon abhinge, ob sie die Möglichkeit haben,
96 K-Drs. 134, S.28. 97 K-Drs. 134, S.29. 98 K-Drs. 134, S.29ff. 99 U.a. Ohler, DVBl 2009, 1273, Lenz/Burgbacher, NJW 2009, 2561, 2566; a.A. bei Fassbender, NVwZ 2009, 737, 740. 100 Hancke, DVBl 2009, 621, 625.
S e i t e | - 19 -
sich autonom zu verschulden.101 Die Ewigkeitsgarantie des Grundgesetzes, welche
nach Meinung derer, die von einer Verfassungswidrigkeit überzeugt sind, verletzt sei,
schütze auch nicht das Prinzip des „Verschuldungsstaates“.102 Die Staatsqualität hinge
nicht von einem unbegrenzten Verschuldungsrecht der Länder ab.103 Zumal eine
Verschuldungsautonomie auch unter Berücksichtigung des bundesfreundlichen
Verhaltes nicht zu rechtfertigen sei.104 Daher müssen auch die Länder Rücksicht
nehmen auf ein „gesamtstaatliches Interesse an einer soliden Haushaltsführung“.105
„Die Haushaltswirtschaft eines Landes kann nicht isoliert gesehen werden“ und eine
„auf die eigenen Belange bezogene Kreditaufnahme ist […] verfassungsrechtlich nicht
zulässig.“106
Lenz/Burgbacher bauen eine Argumentationsbrücke in die Richtung, dass sie eine
Entscheidung des BVerfG
107 anführen, in welcher dieses urteilte, dass die
Haushaltsautonomie der Länder den grundgesetzlichen Regelungen über
Steueraufteilung und Finanzausgleich nachgeordnet sei. Dieser Entscheidung folgend,
könne die Staatsqualität der Länder erst recht nicht durch haushaltswirtschaftliche
Fragen verletzt sein, wenn sie es nicht einmal dadurch ist, dass die finanziellen
Möglichkeiten der Länder in der Praxis gerade durch Regelungen der Steuerzuteilung
und des Finanzausgleichs bestimmt seien. Kemmler sieht zudem auch eine
systematische Rangordnung innerhalb der Finanzverfassung, die diese These stützt.108
Dieser Bereich ist dabei grundsätzlich von einer besonderen Verflechtungsdichte
geprägt.109
Mit der Einführung der Schuldenbremse behielten die Länder sowohl ihre formelle als
auch inhaltliche Haushaltsautonomie.
110 Weiterhin halten Lenz/Burgbacher es für
„vorgezeichnet“, dass auch das BVerfG ähnlich entscheiden würde, da es in einem
Urteil zu Art. 79 Abs. 3 GG anführte, es müsste „dem Land die freie Bestimmung über
seine Organisation“ und ein angemessener Anteil am Gesamtsteueraufkommen
verbleiben.111 Das sei aber in diesem Falle nicht berührt.112
101 Christ, NVwZ 2009, 1333, 1338; Hancke, DVBl 2009, 621, 623.
Die dadurch mit
102 Lenz/Burgbacher, NJW 2009, 2561, 2566. 103 Lenz/Burgbacher, NJW 2009, 2561, 2566. 104 Christ, NVwZ 2009, 1333, 1338. 105 Kemmler, DÖV 2009, 549, 555. 106 Kemmler, DÖV 2009, 549, 555. 107 Verweis auf BVerfGE 101, 158, 220. 108 Kemmler, DÖV 2009, 549, 555. 109 Thiele, NdsVBl 4/2010, 89, 92. 110 Lenz/Burgbacher, NJW 2009, 2561, 2566. 111 BVerfGE 34,9,19f.
S e i t e | - 20 -
angesprochene Finanzausstattung der Länder ziele des Weiteren auch nicht auf eine
Möglichkeit zur Verschuldung ab.113 Vielmehr handele es sich bei der
Haushaltsautonomie vielmehr um eine Ausgabenautonomie.114 Auf der anderen Seite
sei eine autonome Verschuldungspolitik auch hinsichtlich der Vorgaben der
europäischen Union nicht möglich.115 Dem Argument, die Kreditaufnahme sei
Bestandteil der Budgethoheit der Länder, wird damit entgegnet, dass die
Schuldenbremse hier in Form der Konjunkturkomponente und den weiteren
Ausnahmeregelungen genügend Spielraum lasse.116 Das führt im Weiteren auch zu
einer Entkräftung der Behauptung, dass die Verfassungsautonomie der Länder verletzt
sei – hier ließen die Rahmenvorgaben der neuen Regelung beträchtlichen Spielraum
für eine Umsetzung in die Landesverfassungen.117 Diesen geschilderten
Kernargumenten schließt sich auch Schmidt in seinen Ausführungen an.118
Anderer Ansicht ist Fassbender. Er argumentiert, die „Landesstaatlichkeit ist mit vielen
Einschränkungen autonomer Gestaltungsmacht vereinbar, nicht aber mit einem
Wegfall finanzieller Autonomie der Länder.“
119 Kredite seien reguläre Instrumente der
Finanzierung von Staaten und Bestandteil der außerordentlichen Einnahmen.120
Insbesondere historisch gesehen könne keine Beschränkung der Kreditaufnahme der
Länder erkannt werden, so dass auch der Verfassungsgeber dies nicht
beabsichtigte.121
Eine Beschränkung der Kreditaufnahme der Länder ist insofern nur im Rahmen einer
Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts möglich und geboten.
122 Mit dem
absoluten Ausschluss der strukturellen Verschuldung wird zudem das Regel-
Ausnahme-Verhältnis umgekehrt – dies berühre das Bundesstaatsprinzip.123 Zudem
verweist er auf die Aussage Korioths, wonach Kreditaufnahmen bei Bund und Ländern
vor anderen Hintergründen stattfänden.124
112 Lenz/Burgbacher, NJW 2009, 2561, 2566.
Ein Schuldenverbot, so resümiert er, würde
„eine normale Haushaltswirtschaft der Länder unmöglich machen“ und in eine
113 Hancke, DVBl 2009, 621, 623. 114 Kemmler, DÖV 2009, 549, 555. 115 Christ, NVwZ 2009, 1333, 1338. 116 Christ, NVwZ 2009, 1333, 1338; so auch Lenz/Burgbacher, NJW 2009, 2561, 2564. 117 Christ, NVwZ 2009, 1333, 1339; Kemmler, DÖV 2009, 549, 556; Thiele, NdsVBl 4/2010, 89, 93. 118 Schmidt, DVBl 2009, 1274, 1276ff. 119 Fassbender, NVwZ 2009, 737, 739. 120 Fassbender, NVwZ 2009, 737, 739. 121 Fassbender, NVwZ 2009, 737, 739. 122 Fassbender, NVwZ 2009, 737, 739. 123 Fassbender, NVwZ 2009, 737, 740. 124 Fassbender, NVwZ 2009, 737, 740.
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Abhängigkeit versetzen, die „mit der von Art. 79 III GG geschützten Staatlichkeit der
Länder unvereinbar“ sei.125
Selmer sieht gute Gründe, die für die Auffassung derer sprechen, die von einer
Verletzung der Eigenstaatlichkeit ausgehen, hält es aber für zu komplex, der Sache
abschließend nachzugehen.
126 Dennoch wäre es seiner Meinung nach möglich, dass
Karlsruhe „korrigierend eingreift“.127
Hancke bezieht sich in seinen Ausführungen insbesondere auf das
Spannungsverhältnis von „Haushaltsautonomie einerseits und Verpflichtungen aus
dem Grundsatz der Bundestreue sowie aus Art. 109 II GG andererseits.“
128 Hancke
widerspricht zudem der oben dargestellten Ansicht von Lenz/Burgbacher, wonach sich
eine Einschränkbarkeit der Kreditausnahme aus ihrer nachgeordneten Position
gegenüber der Steuerverteilung und dem Finanzausgleich ergebe. Diese Rangfolge
habe „[k]einen Einfluss […] auf die Kreditaufnahme […] und bleibe von den
Ausführungen unberührt.“129
Nach einer Behandlung der Ausprägungen dieses Spannungsverhältnisses kommt er
zu dem Schluss, dass dieses in einem „schonenden Ausgleich der widerstreitenden
Rechtspositionen“, gelöst werden müsse. Dieser solle „sämtlichen Positionen zu
größtmögliche[r] Geltung“ verhelfen, „ohne sie jeweils unnötig einzuschränken.“
130
„Starre Verschuldungsregeln, die den Ländern verbindliche Obergrenzen für ihre
Kreditaufnahme vorgeben, seien hierfür nicht notwendig“.131 Dem folgend sei der Bund
nicht befugt, Verschuldungsregeln vorzugeben – dies bleibe den Ländern selbst
überlassen.132
2.3.1.2 Bewertung der Standpunkte
Veränderungen der verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen des Finanzwesens
von Bund und Ländern haben sich an die ihnen durch Art. 79 Abs. 3 GG i.V.m. Art. 20
Abs. 1 GG vorgegebenen Grenzen zu halten. Die offene Formulierung der
Bestimmungen erschweren dabei die Auslegung.133
125 Fassbender, NVwZ 2009, 737, 740.
Aus dem Bundesstaatsprinzip des
126 Selmer, NVwZ 2009, 1255, 1261. 127 Selmer, NVwZ 2009, 1255, 1262. 128 Hancke, DVBl 2009, 621, 624. 129 Hancke, DVBl 2009, 621, 624. 130 Hancke, DVBl 2009, 621, 625. 131 Hancke, DVBl 2009, 621, 626. 132 Hancke, DVBl 2009, 621, 626. 133 Hain in: Mangoldt/Klein/Stark, Art. 79, Rn. 32-43.
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Art. 20 Abs. 1 GG ergeben sich zwei wesentliche Gesichtspunkte, die Beachtung
finden müssen: Die im Rahmen des Bundesstaatsprinzips garantierte
Eigenstaatlichkeit der Länder sowie das Gebot der bündischen Treue, welches auch
eine gegenseitige Rücksichtnahme auf die Interessen der anderen Mitglieder der
Gemeinschaft erfordert.134
Zur Eigenstaatlichkeit der Länder gehört auch ihre „organisatorische, materielle und
funktionelle Unabhängigkeit vom Gesamtstaat.“
135
Allerdings gibt es im näheren Umfeld jener Norm weitere Vorschriften, die zu dem
Schluss führen, dass dieser Grundsatz nicht absolut gelten kann.
Im Bereich des Finanzwesens wird
den Ländern dieses durch Art. 109 Abs.1 GG garantiert. Demnach sind Bund und
Länder in ihrer Haushaltswirtschaft unabhängig und selbstständig voneinander. Für
sich genommen würde man durch Zugrundelegen dieser Norm zu dem zweifelsfreien
Ergebnis kommen, die Schuldenbremse sei verfassungswidrig.
136 Beispielsweise
liegt die Befugnis zur Erhebung von Steuern, die den wesentlichen Teil der
Staatseinnahmen ausmacht, fast gänzlich beim Bund (Art. 105 GG), ebenso wird die
Steuerverteilung im Grundgesetz geregelt (Art. 106 GG), so dass hier eine
Abhängigkeit vom Bund besteht. Auch regeln Normen des Grundgesetzes den
Ausgleich großer Finanzkraftunterschiede unter den Ländern (Länderfinanzausgleich,
Art. 107 GG) oder den Fall, dass der Bund ein Land bei einer bedeutsamen Investition
unterstützt (Art. 104b GG). Zudem haben Bund und Länder gemäß Art. 109 Abs. 2 GG
a.F. die gemeinschaftliche Verpflichtung, sich in ihrem Handeln am gesamt-
wirtschaftlichen Gleichgewicht zu orientieren.137
134 Bofinger/Lenk/Schneider, S.3.
Diese Beispiele zeigen einige der
Situationen auf, in denen also von einer absoluten Trennung der Finanzwirtschaft von
Bund und Ländern nicht die Rede sein kann. Und sie sind mitunter Ausfluss des
zweiten zu beachtenden Gesichtspunktes: der bündischen Treuepflicht. Dieser
Gesichtspunkt ist beispielsweise darauf zurückzuführen, dass die Länder der
Bundesrepublik sich in Größe, Einwohnerzahl und ihren geographischen
Gegebenheiten sehr unterscheiden, wodurch sich zum Teil erhebliche Unterschiede in
135 Bofinger/Lenk/Schneider, S.4. 136 Auch: Buscher, S. 319. 137 Wie zuvor beschrieben ist dieser Grundsatz auch weiterhin in Art. 109 Abs. 2 geregelt, allerdings in einem erweiterten Zusammenhang.
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der Finanzkraft ergeben. Daraus folgend hat das BVerfG in mehreren Urteilen die
gegenseitige Einstandspflicht von Bund und Länder füreinander betont.138
„Im deutschen Bundesstaat wird das gesamte verfassungsrechtliche Verhältnis zwischen dem
Gesamtstaat und seinen Gliedern sowie das verfassungsrechtliche Verhältnis zwischen den
Gliedern durch den ungeschriebenen Verfassungsgrundsatz von der wechselseitigen Pflicht des
Bundes und der Länder zu bundesfreundlichem Verhalten beherrscht.“
139
Die Regelungen des Grundgesetzes im Bereich der Finanzverfassung haben dabei
insgesamt das Ziel, „die Finanzmacht zwischen Bund und Ländern „sachgerecht“
aufzuteilen. „Sachgerecht“ heißt unter dem Grundgesetz ‚gleichwertig‘ “.
140
An dieser Stelle sei auch noch einmal das Argument, der Gesamtsteueranteil sei nicht
berührt, angesprochen. Dies trifft im Kern zu. Allerdings ist bei einer solchen
Betrachtung auch zu beachten, dass die Ländereinnahmen zum großen Teil von
Kompromissen bestimmt werden. In einen solchen Kompromiss fließen immer auch
Überlegungen dahingehend mit ein, wie sich die Gesamteinnahmen zusammensetzen.
Wenn nun angeführt wird, die Ländereinnahmen seien vor allem von
Länderfinanzausgleich und Steuerzuteilung geprägt, dann ist zu beachten, dass
Länderfinanzausgleich und Steuerzuteilung in Verhandlungen zwischen Bund und
Ländern maßgeblich bestimmt werden. Diese sind immer auch Ergebnis von
Kompromissen. Wenn eine Partei einen Kompromiss eingeht, beachtet sie regelmäßig
auch ihre eigenen Rahmenbedingungen. Zum Beispiel wird sich eine Partei die Frage
stellen, ob sie bei Verzicht auf gewisse Einnahmen diese durch andere Einnahmearten
kompensieren kann. D.h. hier konkret, dass ein Land ggf. auf Steueranteile verzichtet
mit der Überlegung, den Verzicht mit Krediten auszugleichen. Es ist also immer auch
eine Balance der verschiedenen Einnahmequellen zu beachten – wenn eine
beschnitten wird, müssen andere ggf. modifiziert werden.
141
Aufgrund der Verflechtungen erscheint es angebracht Verschuldungsgrenzen
aufzustellen, zumal auch das BVerfG in seinen Urteilen dazu appellierte. Daher muss
es auch möglich sein, dass der Bund grundsätzlich Verschuldungsgrenzen für sich und
die Länder aufstellen darf. Fraglich bleibt hierbei aber, wie weit er dabei vordringen
darf. Darf der Bund, insbesondere weil er sich selbst davon ausnimmt, den Ländern ein
Insofern ist der
Gesamtsteueranteil zwar nicht direkt betroffen, durchaus aber mittelbar.
138 z.B. in BVerfGE 1,117,131; BVerfGE 86,148,214; auch in BVerfGE 116,327,377. 139 BVerfGE 12,205,169. 140 Waldhoff, § 116, Rn. 57. 141 a.A.: Kemmler, DÖV 2009, 549, 556; Hancke, DVBl 2009, 621, 623..
S e i t e | - 24 -
absolutes Neuverschuldungsverbot erteilen? Grundsätzlich wäre dies im Sinne des
zuvor Genannten nicht vertretbar, da dies die Länder in ihrer Gestaltungsmöglichkeit
massiv beschneiden würde und auch nicht von einer sachgerechten Aufteilung der
Finanzmacht zu sprechen wäre.
Bei der Neuregelung handelt es sich jedoch nicht um ein generelles Verbot. Der Bund
hält Situationen offen, in denen eine Verschuldung (aus ökonomischen oder faktisch
notwendigen Gründen) möglich ist. Verboten ist ausschließlich die strukturelle
Verschuldung. Dass der Bund sich die strukturelle Verschuldung offen hält, erscheint
unter Betrachtung der Ausführungen von Feld, laut denen sich beispielsweise
zwischen Wiedervereinigung und dem Jahr 2007 die Schulden der Ländergesamtheit
verringert haben, während die des Bundes gestiegen sind142, fragwürdig. Davon wird
aber nicht die Zulässigkeit der Begrenzungen berührt. Zumal es Ausnahmen von ihnen
gibt. Insofern kann von einer massiven Beschneidung der Eigenstaatlichkeit der Länder
nicht die Rede sein. Den Ländern bleiben weiterhin Möglichkeiten, ihre Ausgaben über
Kredite zu finanzieren. Allerdings in einem eingeschränkteren Rahmen. Insbesondere
kann, sofern eine auch sinnvolle Anwendung der Schuldenbremse angenommen wird,
nicht von einem „beträchtlichen Spielraum“ die Rede sein.143
Letztendlich wird aber, möglicherweise
Dennoch erscheint eine
Verletzung des Art. 79 Abs. 3 in Anbetracht der verschiedenen Aussagen zweifelhaft.
144, das BVerfG nun entscheiden müssen, ob
die Schuldenbremse mit dem Rest der Verfassung in Einklang steht. Am 4. Februar
2010 hat der schleswig-holsteinische Landtag Klage gegen die Schuldenbremse
eingereicht.145 Begründet wird die Klage damit, dass die Länder „einen wesentlichen
Teil ihrer haushaltspolitischen Gestaltungsmöglichkeiten" verlören, die Klage ist somit
eine „Verteidigung der Länderhoheit gegenüber dem Bund".146 Erarbeitet wurde die
Klage von Hans-Peter Schneider, der bereits im Rahmen der FöKo II auf Seiten des
Landes stritt.147
142 Feld, Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2010 11(3), 226, 229.
Es bleibt daher nun abzuwarten, wie Karlsruhe in dieser Sache
entscheiden wird. Von der Frage der Verfassungsmäßigkeit „unberührt bleibt die
verfassungspolitische Fragwürdigkeit“ der neuen Regelungen – anstatt, wie
143 So sehen es jedoch zuvor dargelegt u.a.: Christ, NVwZ 2009, 1333, 1339; Kemmler, DÖV 2009, 549, 556; Thiele, NdsVBl 4/2010, 89, 93. 144 Neidhardt sieht bereits ein Fehlen der Zulässigkeit der Klage, da diese vom Landtag ausgeht, dieser aber nicht klagebefugt sei. S. 375ff. 145 Presseticker des schleswig-holsteinischen Landtages: http://www.ltsh.de/presseticker/2010-02/04/14-40-56-33e1/ 146 Zeit Online, „Schleswig-Holstein klagt gegen Schuldenbremse“, vom 04.02.2010. 147 Dieser hat u.a. die in 2.3.1.1 dargelegte Position aus der K-Drs. 134 verfasst.
S e i t e | - 25 -
angekündigt, die Eigenverantwortung der Länder zu stärken148, wurde diese eher
beschnitten.149
2.3.2 Weitere verfassungsrechtliche Bedenken
Neben der Frage nach der Vereinbarkeit der neuen Schuldenregel mit Art. 79 Abs. 3
GG stellen sich aber auch weitere verfassungsrechtliche Fragen. Diese beziehen sich
auf die konkrete Anwendung einerseits und auf die inhaltliche Ausgestaltung
andererseits. Diese beiden Punkte sollen hier nur kurz angeführt werden.
Inhaltlich geht es um die Frage, wie detailliert eine Verfassungsänderung sein darf,
ohne die nachfolgenden Generationen zu stark an eine kurzfristige politische Leitlinie
zu binden und damit das Demokratieprinzip zu verletzen. Diese Frage, die auch im
Abschnitt zur Bewertung der neuen Schuldenregel nochmals Erwähnung finden wird,
greifen Korioth und Selmer auf.150
An die inhaltliche Ausführung knüpft sich eine weitere Frage im Zusammenhang mit
dem Demokratieprinzip. Hier geht es um die Bestimmung der Konjunkturkomponente
von einem parlamentsfernen Gremium. Es wird die Frage aufgeworfen, ob dieses
Vorgehen als Ermächtigung im Sinne des Art. 80 Abs. 1 legitim ist, oder den
vorgegebenen Rahmen der Norm überschreitet.
151
2.4 Bewertung der neuen Staatsschuldenregelungen
2.4.1 Das Für und Wider der Schuldenbremse im wissenschaftlichen Diskurs Wie bei Verfassungsänderungen üblich, haben sich auch zu der Einführung der
Schuldenbremse viele Experten aus Wissenschaft und Praxis zu Wort gemeldet. Die
Reaktionen auf die Schuldenbremse sind dabei äußerst konträr. In der veröffentlichten
Meinung reicht die Beschreibung der neuen Schuldenregeln von einem
„Paradigmenwechsel“152 bis hin zum „monstrum simile“153
148 So der Kommissionsauftrag gemäß BT-Drs. 16/3885.
. Im Folgenden soll ein
weitreichender Einblick in das vielfältige Repertoire der verschiedenen Meinungen zur
Schuldenbremse gegeben werden.
149 Korioth, Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2010 11(3), 270, 275. 150 Selmer, NVwZ 2009, 1255, 1260; Korioth, Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2010 11(3), 270, 274ff. 151 Thye, S. 75ff. 152 Baumann/Schneider, S. 120. 153 Selmer; in seinem gleichnamigen Aufsatz zur Schuldenbremse.
S e i t e | - 26 -
Von einem Paradigmenwechsel spricht beispielsweise Christ.154 Er sieht in der neuen
Schuldenregel die Abkehr von einer aktiven staatlichen Konjunkturpolitik, welche,
zusammen mit der Tilgungsregelung, eine gute Grundlage für die Konsolidierung der
Staatsfinanzen bildet.155 Ebenso begrüßt er den Wegfall der Möglichkeit, über
Sondervermögen Schulden neben dem Kernhaushalt machen zu können.156 Letztlich
bliebe es aber abzuwarten, ob die Länder stark genug sind, das strukturelle
Verschuldungsverbot einzuhalten. Daher stellt er im Falle eines Scheiterns der Länder
eine Diskussion über die Länderneugliederung in Aussicht.157
Den Paradigmenwechsel sehen auch Lenz/Burgbacher
158, wenn auch hier das
gesamte Votum weniger euphorisch ausfällt. Es wird der Erfolg der neuen Regelung
insbesondere davon abhängig gemacht, wie sehr die eingeräumten
Verschuldungsspielräume genutzt werden.159 Es wird von einem „Mentalitätswechsel“
durch die Einführung von Schuldenbremsen in anderen Ländern gesprochen. Wenn
dieser Wechsel auch in Deutschland einträte, könnte von einem Erfolg der FöKo II
gesprochen werden.160 Kritik wird jedoch daran geäußert, dass mit der neuen
Schuldenregel keine Änderung der Zuordnung der Steuerkompetenzen einherging, so
dass dies nun ein Thema für die mit Sicherheit anstehende FöKo III sei.161
Durchweg positive Äußerungen finden sich in Schmidts Ausführungen zu der neuen
Schuldenregel, er sieht sie als einen Beitrag um „finanzielle Gestaltungsräume wieder
zu gewinnen“.
162 Er lobt in seinen Ausführungen den Wegfall des überkommenen
Investitionsbegriffs, die Berücksichtigung der konjunkturellen Entwicklung, das
Unterbinden der Kreditaufnahme außerhalb des Haushalts und die Annäherung an das
europäische Gemeinschaftsrecht.163
Durchwachsener fällt das Urteil Kemmlers aus. Die Wissenschaftlerin stellt darauf ab,
dass sich in der praktischen Anwendung zeigen müsse, ob die Regelungen ihren
Zweck erfüllen
164
154 Christ, NVwZ 2009, 1333, 1339.
und sieht potenzielle Gefahren bei einer nicht restriktiven Auslegung
155 Christ, NVwZ 2009, 1333, 1339. 156 Christ, NVwZ 2009, 1333, 1339. 157 Christ, NVwZ 2009, 1333, 1339. 158 Lenz/Burgbacher, NJW 2009, 2561, 2567. 159 Lenz/Burgbacher, NJW 2009, 2561, 2567. 160 Lenz/Burgbacher, NJW 2009, 2561, 2567. 161 Lenz/Burgbacher, NJW 2009, 2561, 2567. 162 Schmidt, DVBl 2009, 1274, 1282. 163 Schmidt, DVBl 2009, 1274, 1282f. 164 Kemmler, DÖV 2009, 549, 553.
S e i t e | - 27 -
der Ausnahmeregelungen und der Konjunkturkomponente.165 Zugleich stellt Kemmler
die Tilgungsregelung als begrüßenswert heraus, auch wenn diese zu unscharf
ausformuliert sei.166 Insgesamt verfehle die Reform ihr Hauptziel, die
Eigenverantwortlichkeit der Länder zu stärken – die Verschuldungsgrenzen seien zu
begrüßen, allerdings hätten sie mit einer erhöhten Einnahmenautonomie und
Flexibilisierung der Ausgaben einhergehen müssen.167
Als überwiegend positiv werden die Regelungen von Feld beurteilt, der dabei
insbesondere auf die Beseitigung der Defizite der alten Regelung verweist.
168 Er sagt
den Regelungen eine gute Bindungswirkung zu, deren Umgehung guter Gründe
bedarf.169 Gleichzeitig sieht er Schwierigkeiten, die mit gesteigerten Ansprüchen an die
Neuaushandlung des Länderfinanzausgleichs zusammenhängen und die
Finanzverfassung als Gesamtes weiterhin zu einer Baustelle machen werden.170
Weinzen bezeichnet Schuldenbremsen grundsätzlich als einen Versuch, mit
„Spielgeld“ mittelfristig ausgeglichene Haushalte zu bewirken – „Keynes mit
Kommastelle“.
171 Diese Auffassung wird für ihn bestätigt, sofern es keine
Sanktionsmöglichkeiten bei Nichteinhaltung gibt. Er schlägt deshalb beispielsweise bei
Verstoß gegen die Regel vor, dieses mit einer Schmälerung des Anteils an der
Einkommenssteuer zu sanktionieren.172 Schliemann sieht durch die Schuldenregel vor
allem die Gefahr der steigenden Steuern, sofern nicht ein Umdenken auch auf der
Ausgabenseite vollzogen wird.173
Magin hat in seinem Aufsatz „Die Wirkungslosigkeit der Schuldenbremse“ mehrere
Punkte an der neuen Schuldenbremse zu bemängeln. Ihm fehlt u.a. die
Berücksichtigung von impliziter Staatsverschuldung, wie sie durch Pensionslasten
entsteht.
174 Hierzu sei erläutert, dass er diese Kritik auf den Umstand stützt, dass der
Bund keine Rückstellungen für die Pensionen der Beamten bildet.175
165 Kemmler, DÖV 2009, 549, 553; auch: Neidhardt, S. 390ff.
In dem in der
Privatwirtschaft gängigen Rechnungswesen werden solche Pensionslasten ähnlich
166 Kemmler, DÖV 2009, 549, 554. 167 Kemmler, DÖV 2009, 549, 557. 168 Feld, Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2010 11(3), 226, 241. 169 Feld, Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2010 11(3), 226, 241. 170 Feld, Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2010 11(3), 226, 241. 171 Weinzen, DÖV 2008, 535, 539. 172 Weinzen, DÖV 2008, 535, 543. 173 Schliemann, ZRP 07/2009, 193, 193ff. Er regt daher eine unterstützende Normenbremse an, die z.B. Gesetzesvorhaben auf Zweckmäßigkeit prüft. 174 Magin, Wirtschaftsdienst 2010/4, 262, 265. 175 Das folgt daraus, dass das Rechnungswesen des Bundes auf der Kameralistik aufbaut, welche zukünftig anfallende Belastungen nicht erfasst.
S e i t e | - 28 -
behandelt wie Verbindlichkeiten gegenüber Dritten, also Schulden. Zudem hält er die
Konjunkturkomponente für schwierig handhabbar, da Konjunkturentwicklungen nur
schwer zu prognostizieren sind.176 Die Ausnahmeregelungen bezeichnet er als
„willkommene Möglichkeiten für kreative Auslegungen durch die regierenden
Politiker.“177 Auch hat er Misstrauen darin, ob sich auch künftige Regierungen an die
Schuldenbremse halten oder den Weg wählen werden, sie im Zuge einer erneuten
Grundgesetzänderung wieder abzulösen.178
Ein weiterer Vorwurf lautet, die Schuldenbremse käme zu einer falschen Zeit. Auch
wenn die Schuldenbremse für die Länder erst ab dem Jahre 2020 gelte, so müssen
diese bereits jetzt, je nach Finanzlage des einzelnen Landes, in eine sehr restriktive
Haushaltsführung übergehen, um die Ziele der Schuldenbremse ab 2020 einhalten zu
können. Inmitten einer Phase, in der sich die Wirtschaft von der Krise der Jahre
2008/2009 zu erholen versucht, kann es dadurch zu einer ernsthaften Gefährdung des
Wirtschaftswachstums kommen – welche postwendend zu einer weiteren Erschwerung
der Haushaltskonsolidierung führen kann.
179 Auf der anderen Seite werden genau
diese langen Übergangszeiten ebenso mit der Begründung kritisiert, die Verschuldung
werde sich bis zum endgültigen Eintritt der Schuldenbremse weiterhin erhöhen.180
Thiele geht wiederum aufgrund der langen Übergangsfristen davon aus, dass die
Schuldenbremse noch vor 2020 modifiziert oder abgeschafft werde.181 Er hält die
Schuldenbremse für „gründlich missglückt“, zumal ein Verschuldungsverbot für die
Länder aus ökonomischer Sicht verfehlt sei und die Finanzpolitik insgesamt vor eine
große Herausforderung stellt, bei der gerade im Wahlkampf nicht davon auszugehen
sei, dass Politiker „das dafür erforderliche Maß an Selbstbeherrschung werden
aufbringen können.182
Deutlich harscher fällt die Kritik Selmers aus. Sie bezieht sich nicht nur auf inhaltliche
Fehler, sondern sieht auch grobe Fehler in den Formulierungen selbst. Verfassungen
sollen die Grundlagen für das poltische und gesellschaftliche Zusammenleben in
knapper, allgemeiner und verständlicher Form darlegen – diese Vorgaben gelten
ebenfalls für Verfassungsänderungen, so dass die Verfassung also auch nach einer
176 Magin, Wirtschaftsdienst 2010/4, 262, 265. 177 Magin, Wirtschaftsdienst 2010/4, 262, 265. 178 Magin, Wirtschaftsdienst 2010/4, 262, 264. 179 Truger/Will/Köhrsen, S. 2. 180 Magin, Wirtschaftsdienst 2010/4, 262, 264. 181 Thiele, NdsVBl 4/2010, 89, 94. 182 Thiele, NdsVBl 4/2010, 89, 94.
S e i t e | - 29 -
Änderung den genannten Ansprüchen entsprechen muss.183 Gegen diese Gebote
hätten die „verfassungsrechtlichen Normierungen […] in einer bisher noch nicht
gekannten, ja geradezu überbordenden Weise […] verstoßen.“184 Das neue
Schuldenverfassungsrecht stehe „für ein in diesem Ausmaß neues Fehlverständnis der
Verfassung und ihrer Funktion.“185 „Verfassungswürdig“ sei nur die Regelung aus Art.
109 Abs. 3 Satz, so Selmer weiter. Die weiteren Regelungen stellen „ungehemmt die in
der Kommission ausgehandelten – nicht in das Grundgesetz gehörenden –
Kompromisse“ dar. Zudem werde der „fatale Eindruck einer Überfrachtung“ durch
Normwiederholungen in „mehreren Passagen“ verstärkt.186 Er geht dabei sogar soweit
zu fragen, ob nicht durch die Anhebung dieser Regelungen auf Verfassungsrang diese
Fehler sogar rechtliche Relevanz haben. Dabei beruft er sich darauf, dass Normen,
sobald sie Verfassungsrang haben, nur noch mit qualifizierter Mehrheit zu ändern sind
und dadurch – langfristig – das Demokratieprinzip insofern durch die Anreicherung mit
Detailregelungen berührt werden könnte. Selmer stellt nachdrücklich fest, dass
„Detailregelungen […] als Ergebnisse der jeweiligen politischen Prozesse eigentlich
dem einfachen Gesetzgeber überlassen bleiben sollten.“187
Inhaltlich kritisiert er zudem die „kaum zu entwirrende unsystematische Vermengung
von Haushalts- und Staatsschuldenrecht“ und hält das Verbot der strukturellen
Neuverschuldung der Länder bei gleichzeitiger Zulassung einer strukturellen
Verschuldung des Bundes für „nicht überzeugend“
188. Darüber hinaus greift er scharf
an, dass mit dem Wegfall des Investitionsbegriffes „auch eine Kreditaufnahme zu
ausschließlich konsumtivem Zwecken ermöglich wird“189, mit der Schlussfolgerung,
„eine den Investitionsbegriff verfassungskräftig verengende Übernahme“ der alten
Regelung hätte „eine wirksamere Absenkung der Verschuldungsmöglichkeiten
bedeutet“.190 Den einzigen positiven Punkt sieht Selmer in dem (leider nur künftigen191)
Wegfall der Nichtbeachtung von Sondervermögen bei der Anwendung der
Schuldenregel.192
183 Selmer, NVwZ 2009, 1255, 1259.
In letzter Konsequenz resümiert Selmer, dass die FöKo II (und damit
184 Selmer, NVwZ 2009, 1255, 1259. 185 Selmer, NVwZ 2009, 1255, 1259. 186 Selmer, NVwZ 2009, 1255, 1259. 187 Selmer, NVwZ 2009, 1255, 1260. 188 Selmer, NVwZ 2009, 1255, 1260. 189 Selmer, NVwZ 2009, 1255, 1260; auch Korioth, JZ 2009, Jg. 64, Heft 14, 729, 729. 190 Selmer, NVwZ 2009, 1255, 1260, auch Korioth, JZ 2009, Jg. 64, Heft 14, 729, 729. 191 Gemäß der Übergangsregelung des Art. 143d bleiben bereits bestehende Ermächtigungen der Sondervermögen erhalten. 192 Selmer, NVwZ 2009, 1255, 1260f.
S e i t e | - 30 -
auch die Schuldenregel) „in formeller wie in materieller Hinsicht nahezu durchgehend
[…] missraten ist.193
Die Ausnahmeregelung für Sondervermögen des Bundes nach Art. 115 Abs. 2 GG a.F.
ist entfallen, der Bund muss daher auch Nebenhaushalte in den Wirkungsbereich der
Schuldenbremse mit einbeziehen. Dies gilt allerdings konkret nur für den Bund, eine
entsprechende Anweisung ist im Regelungsauftrag des Art. 109 Abs. 3 Satz 5 nicht
erkennbar – er ergibt sich allerhöchstens konkludent in dem Sinne, dass, abgesehen
von der Erlaubnis zur strukturellen Verschuldung, die regelmäßig als einziger
Unterschied im Regelungsgehalt der Verschuldungsregel angeführt wird, die Länder
eine der dem Bund entsprechenden Verschuldungsregel in ihre Verfassungen
aufnehmen.
194
Tappe und Magin sehen ein von nur Wenigen beachtetes Schlupfloch im Bereich des
Beteiligungserwerbes und der Kreditvergabe im öffentlichen Bereich.
195 Angespielt wird
dabei auf die Bereinigung um finanzielle Transaktionen, die sich in Art. 115 Abs. 2
findet. Sie wird in § 3 des Art.115-G konkretisiert und erlaubt beim Ausgleich der
Einnahmen und Ausgaben, die „Ausgaben für den Erwerb von Beteiligungen, für
Tilgungen an den öffentlichen Bereich und für die Darlehensvergabe an den
öffentlichen Bereich“ herauszurechnen. Ebenso zu verfahren sei mit den „Einnahmen
[…] aus der Veräußerung von Beteiligungen, aus der Kreditaufnahme beim öffentlichen
Bereich sowie aus Darlehensrückflüssen.“ Die Folge wäre, dass der Bund durch
Kreditfinanzierung in Höhe der Nettoerwerbskosten Unternehmungen erwerben und
diese Unternehmungen die Investitionen des Bundes tätigen lassen könnte.196 Die
Verpflichtungen würden, ähnlich wie bei den ehemaligen Sondervermögen, nicht in der
Haushaltsrechnung des Bundes berücksichtigt.197 Magin kommt daher zu dem Fazit,
dass die neue Schuldenregelung „noch unzulänglicher“ sei als die alte, weshalb sie
„keine Schulden begrenzende Wirkung entfalten“ werde.198 In eine ähnliche Richtung
zielt die Kritik hinsichtlich der Nichtmiteinbeziehung der Sozialversicherungen (Bund)
und Gemeinden (Länder).199
193 Selmer, NVwZ 2009, 1255, 1261.
Dadurch bestehe die Gefahr der Auslagerung der
194 Rechnungshof der FHH, Haushaltslage 2011, S 7f. 195Tappe S. 438; Magin, Wirtschaftsdienst 2010/4, 262, 265f. 196 Magin, Wirtschaftsdienst 2010/4, 262, 266. 197 Dies würden sie nur in dem Fall, dass der Bund, wie bspw. die Stadt Hamburg, eine Konzernbilanz aufstellen würde. Dann wären Beteiligungen auszuweisen und mit dem Ergebnis der Kernhaushaltes zu konsolidieren. 198 Magin, Wirtschaftsdienst 2010/4, 262, 266. 199 Zur Begründung K-Drs. 174, S. 7.
S e i t e | - 31 -
Kreditaufnahme auf faktische Sonderhaushalte, namentlich auf die
Sozialversicherungen und Gemeinden, in Form einer Aufgaben- und damit
Kostenübertragung.200
Sehr scharfe Worte findet auch Korioth in seinen Aufsätzen, in denen er die
Schuldenregel thematisiert. Er hegt erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit der
Schuldenregel und sagt voraus, „das neue Recht wird, auch bei uneingeschränkter
Geltung, kaum in der Lage sein, die Neuverschuldung einzudämmen.“
201 Einen
entscheidenden Fehler sieht er in dem Fehlen einer Analyse der Defizite des geltenden
Rechts. Hier ist er, entgegen der in dieser Arbeit eingangs dargestellten Begründungen
für das Scheitern der alten Regelung202, der Ansicht, dass die FöKo II durchaus auch
eine Überarbeitung der bestehenden Regelung hätte in Angriff nehmen müssen.203
Während Magin noch Kreativität für die Umgehung der Ausnahmetatbestände
voraussetzt, hält Korioth nicht einmal diese für notwendig.204 Zudem weist auch er, wie
Selmer, darauf hin, dass die eingefügten Normen „lang und undeutlich, sprachlich
ungelenk, grammatikalisch fragwürdig und systematisch, insbesondere durch
Normwiederholungen […] wenig gelungen und schwerfällig“ sind.205
Korioth merkt an, „dass es auf die konkrete Ausgestaltung der rechtlichen Regelungen
zur Limitierung der Verschuldung erst in zweiter Linie ankommt: Die primäre Aufgabe
liege darin, die finanzpolitischen und haushaltspolitischen Mentalitäten zu ändern und
die geltenden Regeln ernst zu nehmen.“
206 Zugleich weist er auch auf den falschen
Blickwinkel in der Betrachtung der alten Regelung hin: „Das Problem lag tatsächlich
darin, dass die Haushaltsgesetzgeber der letzten 40 Jahre Art. 115 Abs. 1 GG a. F.
weniger angewendet als umgangen haben.“207 Es wäre zweckmäßiger gewesen, hätte
man den weit ausgelegten Investitionsbegriff des § 10 Abs. 3 Nr. 2 HrGrG
„durchgreifend verengt“ und die Instrumente des Art. 109 Abs. 4 aktiviert.208
200 Thye, S.27. 201 Korioth, Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2010 11(3), 270, 283. 202 Korioth, Wirtschaftsdienst 2008/9, 559, 561. 203 Korioth, Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2010 11(3), 270, 283. 204 Korioth, Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2010 11(3), 270, 283. 205 Korioth, Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2010 11(3), 270, 284. 206 Korioth, Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2010 11(3), 270, 284. 207 Korioth, Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2010 11(3), 270, 283. 208 Korioth, Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2010 11(3), 270, 285.
S e i t e | - 32 -
2.4.2 Fazit zur Schuldenbremse Trotz der durchaus vorhandenen positiven Äußerungen zu den neuen Regelungen
lässt sich aufgrund der Vielzahl an Kritikpunkten sagen, dass sie nicht völlig ausgereift
sein können. In der Literatur ist deutlich mehr Kritik an der neuen Schuldenbremse zu
vernehmen als positive Worte zu finden sind. Der Kritik an der Schuldenbremse folgt
auch dieses Resümee, insbesondere die Ausführungen Semlers und Korioths geben in
weiten Teilen die Ansicht des Autors wieder. Ohne deren Hauptkritikpunkte zu
wiederholen, sollen noch einige Punkte erörtert werden. Beispielsweise seien die fehlenden Sanktionsmöglichkeiten bei Missachtung der
Schuldenbremse genannt: Hier bietet die rechtliche Ausgestaltung keine Möglichkeiten.
Vorgesehen ist eine Sanktionierung bloß durch öffentliches Bekanntgeben der
Nichteinhaltung der Verschuldungsregel verbunden mit einer daraus resultierenden
erhöhten medialen Aufmerksamkeit.209 Die Effektivität einer solchen Vorgehensweise
ist allerdings sehr zweifelhaft. Auch dass in NRW das Landesverfassungsgericht den
Haushaltsentwurf der Regierung für verfassungswidrig erklärt hat, hatte neben den
symptomatischen Neuwahl-Forderungen der Oppositionsparteien keine weiteren
Auswirkungen.210
Ein anderer Punkt betrifft die Befürchtung einer erneuten Verfassungsänderung noch
bevor die neue Regelung vollständig in Kraft tritt. Dies ist allerdings als
unwahrscheinlich und unbegründet anzusehen. Zwei Gründe seien dazu angeführt:
Zum Einen würde ein immenser öffentlicher Druck entstehen, sollte eine
Regierungskoalition ernsthaft in Erwägung ziehen, die Verschuldungsgrenzen
aufzuheben. Schulden der öffentlichen Hand gelten im Allgemeinen auch in der
Wahlbevölkerung als unbeliebt, sofern sie in ihrer gewaltigen Höhe durch die Medien
publik gemacht werden. Zudem würde es zu einem Diskurs in den Medien kommen,
der das Regierungshandeln diskreditieren würde. Es ist nur schwer vorstellbar, dass
eine Regierung sich dieser Gefahr aussetzen würde. Zum Anderen bedarf es zu einer
Grundgesetzänderung weiterhin einer 2/3-Mehrheit. Auch hier ist es für sehr
unwahrscheinlich zu halten, dass 2/3 des Bundestages sich dafür entscheiden werden,
die Verschuldungsregelung, die vermutlich ein Teil der Abgeordneten selbst zuvor
Allerdings sind Geldstrafen oder Einnahmeschmälerungen, wie
Weinzen sie vorschlägt, ebenso wenig sinnvoll, da sie die problematische
Finanzsituation eher zuspitzen als ihr abzuhelfen.
209 Pörksen, damaliger Senatsdirektor der Stadt Bremen, bei einem Gastvortrag an der HAW Hamburg. 210 Urteil VerfGH 20/10 des Verfassungsgerichtshofs NRW vom 15. März 2011; auch: Zeit Online „Ein Gericht macht Politik“, vom 15.03.2011.
S e i t e | - 33 -
noch beschlossen hat, wieder aufzuheben. Als die Schuldenbremse beschlossen
wurde, wurde die Bundesrepublik von einer schwarz/roten Regierungskoalition regiert,
welche es bedeutend leichter hat eine Grundgesetzänderung voranzubringen als die
typischen Koalitionen aus kleiner und großer Partei. Zumal durch das Vertretensein der
beiden großen Volksparteien in der Regierung auch fast zwangsläufig die Zustimmung
des Bundesrates vorhanden ist.211
Letztlich kann Korioths Ausführungen zu dem Umgang mit Schuldenregeln seitens der
Politik nur zugestimmt werden. Jegliche Regelungen, die dem Haushaltsgesetzgeber
einen Beurteilungsspielraum lassen – den dieser selbstverständlich auch benötigt! –
bergen die potenzielle Gefahr eines Missbrauchs. Es liegt also äußerst entscheidend in
den Händen der jeweiligen Regierung, wie sehr sie sich daran gebunden fühlt, einen
Sparkurs einzuhalten. Insofern ist die Schuldenbremse eventuell ein Rückschritt. Denn
nun sind Schulden i.H.v. 0,35% des BIP nicht einmal mehr daran gebunden, dass sie
für Investitionen zu verwenden sind. So entfällt auch die zu Beginn dieser Arbeit
angeführte Rechtfertigung von Staatsschulden, wenn sie dem intergenerativen
Ausgleich dienen. Das tun sie nur, wenn die gemachten Schulden in Investitionen
fließen – nicht aber, wenn sie für konsumtive Zwecke verwendet werden können.
Insofern ist dieser Kritik zu widersprechen.
2.5. Das Modell der Schweizer Schuldenbremse 2.5.1 Umsetzung Seit einer Volksabstimmung vom 2. Dezember 2001 enthält die Verfassung der
Schweizerischen Eidgenossenschaft in Art. 126 eine Verschuldungsregelung, die
ebenfalls als Schuldenbremse bezeichnet wird. Dennoch gibt es Unterscheide zur
deutschen Regelung, die von jener Schweizerischen inspiriert wurde.
Die Schweizer Schuldenbremse wird auch als Ausgabenregel bezeichnet.212
211 Theoretisch ist diese Aussage nicht wahr – faktisch hat sich allerdings in den letzten Jahren gezeigt, dass der Bundesrat mehr und mehr nach parteipolitischen Aspekten handelt.
Der Name
rührt daher, dass hier die Ausgaben die relevante Bezugsgröße sind. Daher regelt Art.
126 Absatz 1 BV auch schlicht, dass „Ausgaben und Einnahmen auf Dauer im
Gleichgewicht“ zu halten sind. Hierin ist demnach im Gegensatz zur Regelung des Art.
109 Abs. 3 GG kein Verschuldungsverbot abzulesen. In Absatz 2 wird konkretisiert,
dass die Gesamtausgaben nicht höher sein dürfen als die geschätzten Einnahmen –
unter Berücksichtigung der Wirtschaftslage. Das Besondere an dieser Regelung: Es
wird unmissverständlich ausgedrückt, dass die Ausgabenseite zu korrigieren ist, nicht
212 Engels, DÖV 2007, 445, 455.
S e i t e | - 34 -
die Einnahmenseite (z.B. durch Steuererhöhungen).213 Die wirtschaftliche Lage findet
durch einen sog. Konjunkturfaktor Beachtung. Dessen Berechnung ist in Art. 13 Abs. 3
des Bundesgesetzes über den eidgenössischen Finanzhaushalt festgelegt und ergibt
sich aus dem Quotienten eines „Trend-BIP“214 und des aktuellen BIP. Das Ergebnis
dieser Rechnung wird sodann mit den Einnahmen multipliziert. Im Gegensatz zur
Konjunkturkomponente der Deutschen Regelung ist in der Schweiz die Konjunkturlage
stets zu berücksichtigen. D.h., dass in einer Rezession per Gesetz die Einnahmen
geringer sein dürfen als die Ausgaben, während für die Phase der Hochkonjunktur der
umgekehrte Fall gilt.215
Nach Art. 126 Abs. 3 kann in außerordentlichen Situationen das Parlament den
Höchstbetrag der Gesamtausgaben nach Absatz 2 mit einer Mehrheit gemäß Art. 159
Abs. 3 Buchstabe c. Schweizer Verfassung erhöhen. Gleiches gilt gemäß Art. 15 Abs.
1 des Schweizer FHG für außergewöhnliche und vom Staat nicht steuerbare
Entwicklungen.
216
Art. 126 Abs. 4 legt für den Fall, dass der nach Absatz 2 oder 3 legimitierte
Höchstbetrag niedriger ist als die tatsächlichen Gesamtausgaben nach dem
Haushaltsvollzug, die Pflicht zum Ausgleich der Mehrausgaben auf. Dies geschieht
über ein Kontrollkonto.
217 Dort werden Überschüsse und Fehlbeträge ausgewiesen.
Der Ausgleich der angehäuften Fehlbeträge wird über mehrere Jahre entweder durch
erwirtschaftete Überschüsse oder aber durch Kürzungen des festzulegenden
Höchstbetrages der Gesamtausgaben erzielt. Eine genaue zeitliche Dimension besteht
nicht. Für den Fall, dass die Fehlbeträge des Ausgleichskontos sechs vom Hundert der
Gesamtausgaben des Vorjahres überschreiten, ist der Fehlbetrag binnen drei Jahren in
gleicher Weise zu beseitigen.218
213 Glaser, DÖV 2007, 98, 100.
Zudem gibt es als eine Art Unterkonto, ein sog.
Amortisationskonto, für welches spezielle Bedingungen gelten. Auch zu erwähnen ist
die Möglichkeit, gemäß Art. 17c. FHG vorsorgliche Sparmaßnahmen zu treffen,
wonach bei vorhersehbaren Fehlbeträgen in kommenden Jahren der festzulegende
Höchstbetrag der Gesamtausgaben bereits in Vorjahreshaushalten verringert werden
kann.
214 Geschätztes reales Bruttoinlandprodukt gemäß langfristig geglättetem Trend. 215 Erläuterung: Bei einem Konjunkturfaktor >1 (schlechte wirtschaftliche Entwicklung) dürfen somit höhere Ausgaben getätigt werden, als Einnahmen erwirtschaftet werden. Ist der Konjunkturfaktor hingegen <1 (gute Wirtschaftslage) müssen die Einnahmen höher sein als die zu tätigenden Ausgaben. 216 Parallel zur Regelung des Art. 109 Abs. 3 Satz 2 Var. 3 GG. 217 Art. 16 Abs. 2 FHG. 218 Art. 17 Abs. 1 und Abs. 2 FHG.
S e i t e | - 35 -
2.5.2 Bewertung Die genauere Betrachtung zeigt, dass die Schweizerische Schuldenregel in ihrer
rechtlichen Umsetzung deutlich schlanker wirkt als die Deutsche. Sie enthält außerdem
nicht so viele unbestimmte Rechtsbegriffe, die Politikern Spielraum für kreative
Interpretationen lassen, sondern drückt sich deutlich aus und enthält dazu einen
strikten „Fahrplan“, wie und vor allem wann aufgenommene Schulden zu tilgen sind.
Die Regelung ist zudem eine rechtliche Verpflichtung zum Haushaltsausgleich, sie
bindet allerdings nicht die Volksgesetzgebung.219 Und sie kommt ohne ein striktes
Schuldenverbot aus. Sie enthält ebenfalls eine Konjunkturkomponente, die entgegen
der deutschen Variante grundsätzlich zu beachten ist. Mit der Folge, dass die
Konjunkturkomponente auch in wirtschaftlich günstigen Jahren zu beachten ist und die
Gefahr der Veräußerung erwirtschafteter Überschüsse zugunsten von
Wahlgeschenken reduziert wird. Fraglich bleibt sodann, ob die Schuldenbremse auch
Wirkung zeigt. Das hängt auch in der Schweiz vom Willen der politischen Akteure ab.
Die neue Schuldenbremse wurde zum ersten Mal für den Schweizer Bundeshaushalt
2003 angewendet.220 Somit sind erste Haushaltsjahre mit der neuen Schuldenbremse
durchgeführt worden und erste Ergebnisse können sich ablesen lassen:
221
219 Glaser, DÖV 2007, 98, 101. 220 Engels, DÖV 2007, 445, 452. 221 Quelle: Statistik Schweiz, eigene Darstellung.
190.000
200.000
210.000
220.000
230.000
240.000
250.000
1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009
Entwicklung der Staatsverschuldung der Schweiz seit Einführung der Schuldenbremse (in Mio. CHF)221
S e i t e | - 36 -
Die Grafik stellt, wenn auch für einen kurzen Zeitraum und gewiss in einer aufgrund der
geringen Skalierung euphorisierenden Art, dar, dass sich die Schweizer
Schuldenbremse positiv auf die Entwicklung der Staatsverschuldung ausgewirkt hat.222
Sie hat demnach ihr Ziel nicht verfehlt. Aber es gehört auch weiterhin dazu, dass der
politische Wille zur Reduzierung der Staatsverschuldung vorhanden ist. Ferner ist zu
beachten, dass die Schweiz im Gegensatz zur Bundesrepublik über ausgeprägte
Plebiszitverfahren verfügt, wodurch in der BRD andere Rahmenbedingungen gegeben
sind. Dennoch zeigt sich am Beispiel der Schweiz eindrucksvoll, dass
Staatsverschuldung durch eine Regelung wie der Schuldenbremse eingeschränkt
werden kann. Es sei abschließend allerdings angemerkt, dass für 2010 aufgrund eines
wirtschaftlichen Einbruchs die Verschuldung wieder höher ausgefallen ist.223
222 a.A.: Weinzen, DÖV 2008, 535, 539. 223 Eidgenössisches Finanzdepartement (EFD): Entwicklung der Schulden der öffentlichen Haushalte.
S e i t e | - 37 -
3. Umsetzung der Schuldenbremse für die Länder am Beispiel der Freien und Hansestadt Hamburg Zwischen dem 01. Januar 2011 und dem 21. Dezember 2019 dürfen die Länder
gemäß Art. 143d GG nach ihren bisher gültigen landesrechtlichen Regelungen Kredite
aufnehmen. Ab dem Haushaltsjahr 2020 muss jedoch Art. 109 Abs. 3 Satz 1 GG erfüllt
sein.224 Aus diesem Grund erhalten die Länder gem. Art. 109 Abs. 3 Satz 5 den
Auftrag, entsprechende Regelungen in ihre Landesverfassungen zu übernehmen225
Hierzu bleiben den Ländern gewisse Gestaltungsspielräume. Diese
Gestaltungsspielräume beziehen sich u.a. auf die Bereinigung um finanzielle
Transaktionen, die Ausgestaltung der Konjunkturkomponente, Regelungen für
Ausnahmesituationen, Tilgungsregelungen und die Einrichtung eines Kontrollkontos.
–
unter dem Vorbehalt, dass diese Regelungen den Vorgaben des Art. 109 Abs. 3 Satz 1
GG entsprechen.
226
Ab 2013 gilt für die FHH bereits gemäß § 18 LHO, dass der Haushaltsplan ohne
Einnahmen aus Krediten auszugleichen ist. Mit dieser Regelung hat sich die Stadt
Hamburg bereits frühzeitig, auf einfachgesetzlicher Ebene, dafür entschieden, auf
Kreditaufnahmen im Regelfall zu verzichten. Für die FHH stellt sich in diesem
Zusammenhang aber dennoch Frage, inwiefern die neue Schuldenregel des
Grundgesetzes zu implementieren und an das eigene Rechnungswesen anzupassen
ist. Die FHH ist, als einer der Vorreiter auf diesem Gebiet, seit 2003 auf dem Wege,
das typischerweise im Staatswesen verwendete Rechnungswesen der Kameralistik
durch die, an der Finanzbuchhaltung angelehnte, staatliche Doppik zu ersetzen. Der
Bund hat, da er selbst weiterhin die Kameralistik verwendet, mit der Schuldenbremse
eine Regelung beschlossen, die sich in ihrer Anwendung vorrangig auf ein kamerales
Innerhalb dieses Rahmens ist es Aufgabe der Länder, die Schuldenbremse unter
Berücksichtigung eventueller landesspezifischer Besonderheiten in die
Landesverfassung zu übernehmen. Zwar sind die schuldenrechtlichen Regelungen aus
Art. 109 Abs. 3 auch ohne weitere Verankerung in der Landesverfassung für die
Länder bindend, allerdings können nur über eine Implementierung der Regelungen in
die landeseigene Verfassung auch die Ausnahmen wirkungsvoll Anwendung finden
und von den Ländern im vorgegebenen Rahmen modifiziert werden.
224 Buscher, S.319. 225 Tappe, S. 452. 226Lenz/Burgbacher, NJW 2009, 2561, 2564f. Beispiel für die Berechnungen auf einem solchen Kontrollkonto: Kastrop/Snelting, Wirtschaftsdienst 2008/6, 375, 379.
S e i t e | - 38 -
Haushaltswesen bezieht. Insofern stellt sich die Frage, ob es bei der Übernahme der
Schuldenbremse in die hamburgische Verfassung etwaige Besonderheiten zu
beachten gilt und wie solche Besonderheiten auszusehen hätten.
3.1 Anforderungen an die FHH bei der Implementierung der Schuldenbremse
227
Der Blick auf die obige Grafik zeigt die Entwicklung der Verschuldung des
hamburgischen Haushaltes. Diesem Trend der steigenden Schulden liegt ein
strukturelles Defizit im Haushalt zugrunde, das ca. eine Mrd. Euro beträgt.228 Dieses
enorme Defizit ist u.a. auf die hohen Belastungen, die dem Haushalt durch
Zinsaufwendungen i.H.v. ca. einer Mrd. Euro jährlich entstehen, zurückzuführen.
Gerade in Anbetracht dessen erscheint es geboten, die Verschuldung zu verringern um
die enormen Zinslasten zu begrenzen. Zumal das strukturelle Defizit zu einem
schrittweisen Abbau des Vermögens der Stadt führt, was sich an der Entwicklung des
Eigenkapitals ablesen lässt. Das Eigenkapital ist eine Rechengröße der Bilanz und
stellt die Differenz zwischen Vermögen und Schulden dar. Je kleiner das Eigenkapital
ist, desto mehr Schulden stehen dem Vermögen gegenüber. Für ein
Privatunternehmen gilt dabei, dass es insolvent ist, wenn das Eigenkapital
aufgebraucht ist.229
227 Quelle: Statistikamt Nord, S.201, eigene Darstellung.
228 Sonderbericht des Rechnungshofes der FHH zur Haushaltslage 2011, S. 5. 229 Siehe § 19 Abs. 1 InsO.
1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2007 2009Schuldenstand 1,8 3,9 4,7 7,8 9,8 13,8 17,0 21,5 21,9 22,9
0,0
3,0
6,0
9,0
12,0
15,0
18,0
21,0
24,0
in M
rd. E
uro
Entwicklung der Verschuldung Hamburgs227
S e i t e | - 39 -
230
3.1.1 Haushaltslage 2011
„Die Stadt Hamburg lebt weiterhin über ihre Verhältnisse. In den letzten 16 Jahren waren rund 17
Mrd. Euro an Ausgaben und zusätzlich rund 1,1 Mrd. Euro Zuführung an die Allgemeine Rücklage
nicht durch laufende Einnahmen gedeckt; im Durchschnitt fehlten seit 1995 jedes Jahr strukturell
über 1 Mrd. Euro. Zur Finanzierung dieses Defizits und der Zuführung an die Rücklage wurden
11,1 Mrd. Euro Schulden neu aufgenommen und Vermögen für rund 7 Mrd. Euro veräußert.“231
In seinem Sonderbericht zur Haushaltslage 2011 gibt der Rechnungshof Auskunft über
die aktuelle finanzielle Lage der Stadt Hamburg. Dabei stellt der Rechnungshof der
Haushaltswirtschaft der vergangenen Jahre kein gutes Zeugnis aus: Es gab keine
wirklichen Konsolidierungserfolge, denn diese sind vielmehr auf konjunkturelle
Hochphasen und temporäre Zusatzeinnahmen zurückzuführen, denen jedoch
dauerhafte Ausgabensteigerungen entgegengestellt wurden.232 Der Rechnungshof
prognostiziert weiter, dass die Stadt droht, in eine Verschuldungsspirale zu geraten, da
hohe Zinsbelastungen auf der einen, steigende Pensionsverpflichtungen auf der
anderen Seite den Haushalt immer stärker belasten.233 Damit verliert die Stadt
zusehends an Gestaltungsspielräumen bei der Haushaltserstellung. Für die Jahre 2011
bis 2014 geht der Rechnungshof von einem Finanzierungsdefizit i.H.v. knapp 3,9 Mrd.
Euro aus.234
Klare Handlungserfordernisse erkennt der Rechnungshof auch im Rahmen der
grundgesetzlichen Schuldenbremse: Sie zwingt die Stadt dazu, die notwendige
Haushaltskonsolidierung nicht hinauszuzögern. Die Haushalte sind ab sofort so zu
230 Quelle: Geschäftsberichte der FHH, Jahre 2006-2009, eigene Darstellung. 231 Sonderbericht des Rechnungshofes der FHH zur Haushaltslage 2011, S. 5. 232 Sonderbericht des Rechnungshofes der FHH zur Haushaltslage 2011, S. 5. 233 Sonderbericht des Rechnungshofes der FHH zur Haushaltslage 2011, S. 6. 234 Sonderbericht des Rechnungshofes der FHH zur Haushaltslage 2011, S. 11.
2006 2007 2008 2009Zinsaufwand 946 987,784 1049,971 920,49Eigenkapital 2.287,32 2389,501 57,707 -1205,244
-2.000-1.000
01.0002.0003.000
Zinsausgaben und Entwicklung des Eigenkapitals230
S e i t e | - 40 -
gestalten, dass das Ziel des ausgeglichenen Haushalts ab 2020 erreicht werden
kann.235
- Die Haushaltskonsolidierung muss ein eigenständiges Ziel der Politik sein.
Dabei führt der Rechnungshof Eckpunkte an, die zu beachten sind, um das
vorgegebene Ziel zu erreichen:
- Der Senat muss im Rahmen einer Finanzplanung bis 2020, die temporäre
Mehreinnahmen unberücksichtigt lässt und nicht für dauerhafte Ausgaben
verwendet, die Einnahmen und Ausgaben vorsichtig abschätzen und im
Kontext eines Finanzrahmengesetzes die Zustimmung der Bürgerschaft für
diese Finanzplanung einholen.
- Insbesondere verweist der Rechnungshof auf die Notwendigkeit, bereits
während des Übergangszeitraumes eine Konkretisierung der grundgesetzlichen
Schuldenregel in die Hamburgische Verfassung (HV) aufzunehmen, um zu
verhindern, dass diese umgangen oder ausgehöhlt werden kann. Dabei weist
er ausdrücklich darauf hin, dass „jede wirtschaftlich einer Verschuldung des
Kernhaushaltes gleich kommende Gestaltung, auch in Einrichtungen der Stadt
[…] in die Verschuldungsregelung einbezogen werden, um eine Flucht in
Nebenhaushalte zulasten Hamburgs zu verhindern.“236
Mit dieser Formulierung hat der Rechnungshof eine eindeutige Empfehlung an den
verfassungsändernden Gesetzgeber der FHH ausgesprochen, die, sofern eine
Konsolidierung der Landesfinanzen ernsthaft in Angriff genommen werden soll, zu
befolgen ist.
3.1.2 Möglichkeiten zur Verankerung der Schuldenbremse in der Hamburgischen Verfassung Wie bereits in der Einleitung zu diesem Abschnitt angeführt, hat sich Hamburg im
Jahre 2007 im Rahmen der LHO bereits eine einfachgesetzliche Vorgabe gegeben, die
ein Verschuldungsverbot ab 2013 vorsieht. Allerdings orientiert sich diese in ihren
Ausnahmeregelungen sehr stark an der Goldenen Regel des Art. 115 GG a.F. Zwar ist
es kritisch anzumerken, dass dieser Regelung, in wirtschaftlich guten Zeiten
beschlossen, eine sehr lange Frist bis zum Wirksamwerden beigegeben wurde, doch
ist zumindest der Wille positiv zu bewerten. Da sich die Regelung allerdings noch an
der alten bundesrechtlichen Schuldenregel orientiert und es sich zudem um eine nur
235 Sonderbericht des Rechnungshofes der FHH zur Haushaltslage 2011, S. 7. 236 Sonderbericht des Rechnungshofes der FHH zur Haushaltslage 2011, S. 7f.
S e i t e | - 41 -
einfachgesetzliche Regelung handelt, ist es erforderlich, wie vom Rechnungshof
vorgeschlagen, eine an der Regelung der neuen Schuldenregel orientierte
Verfassungsänderung zu forcieren.
Mit der BG-Drucksache 20/108 vom 30.03.2011 hat nun die CDU-Fraktion der
Bürgerschaft die Initiative ergriffen und einen Vorschlag gemacht, wie die
Schuldenregel für die HV aussehen könnte. Sie soll die Gefahr eines weiteren Anstiegs
der Landesverschuldung minimieren und ab dem Jahre 2015 die neue LHO-Regelung
weiter einschränken237
Die vorgeschlagene Regelung sähe wie folgt aus:
– so käme es zu einem schrittweise strikteren
Verschuldungsverbot.
Artikel 72
(1) Der Haushalt ist grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen.
(2) Bei einer von der Normallage abweichenden konjunkturellen Entwicklung sind die Auswirkungen auf den Haushalt im Auf- und Abschwung symmetrisch zu berücksichtigen.
(3) Im Falle von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, kann von der Vorgabe nach Absätzen 1 und 2 aufgrund eines Beschlusses der Mehrheit der Mitglieder der Bürgerschaft abgewichen werden. Im Falle der Abweichung von den Vorgaben des Absatzes 1 ist der Beschluss mit einem Tilgungsplan zu verbinden. Die Rückführung der nach Satz 1 aufgenommenen Kredite hat binnen eines angemessenen Zeitraumes zu erfolgen.
(4) Näheres, insbesondere die Bereinigung der Einnahmen und Ausgaben um finanzielle Transaktionen und das Verfahren zur Berechnung der Vorgaben der Absätze 1 und 2 unter Berücksichtigung der konjunkturellen Entwicklung auf der Grundlage eines Konjunkturbereinigungsverfahrens sowie die Kontrolle und den Ausgleich von Abweichungen von diesen Vorgaben, regelt das Gesetz.
Die bisherigen Absätze 2, 3 und 4 werden zu den Absätzen 5, 6 und 7.
Die Regelung des Absatz 1 wäre das identische Gegenstück zum Art. 109 Abs. 3 Satz
1. In Absatz 2 wäre sodann die Konjunkturkomponente verankert, die ein
antizyklisches Kreditverhalten vom Gesetzgeber verlangt. Hier verweist die Fraktion
auf die „automatischen Stabilisatoren“, die einen Ausgleich der aufgenommenen
Kredite durch in guten Zeiten erwirtschaftete Überschüsse bedingen.238
237 BG-Drs. 20/108, S. 2.
Auch bei den
Regelungen des Absatz 3 orientiert sich der Vorschlag stark am Vorbild des
Grundgesetz und weist in der eigenen Begründung auf dessen Argument hin. Im
Unterschied zur Regelung des GG erfordert die vorgeschlagene Regel jedoch einen
Beschluss der Bürgerschaft, um von der Vorgabe des Abs. 1 bzw. 2 abweichen zu
können. Die Übertretung der Verschuldungsgrenzen erfordert eine gesonderte
238 BG-Drs. 20/108, S. 3.
S e i t e | - 42 -
Legitimation durch das Parlament. So wird ein Übertreten der Schuldengrenzen
offensichtlicher und kann nicht „klammheimlich“ geschehen. Auch die nachfolgenden
Regelungen entsprechen im Großen und Ganzen denen des Art. 109 Abs. 3 GG bzw.
der Konkretisierung für den Bund in Art. 115 Abs. 2 GG.
Ein neu eingefügter Art. 72a regelt den Zeitpunkt des Wirksamwerdens. Insofern ist
dieser Vorschlag keine besonders kreative Variation der grundgesetzlichen
Regelungen. Kritisch ist zu sehen, dass keine besondere Erwähnung der
Sondervermögen und anderen Einrichtungen der Stadt erfolgt – obwohl dies vom
Rechnungshof ausdrücklich gefordert wurde. Allerdings ist dies den, bereits
umgesetzten Regelungen Schleswig-Holsteins und Hessens gemein. Auch sie
verzichten auf eine besondere Erwähnung und haben, von einigen anderslautenden
Formulierungen abgesehen, im Kern gleiche Regelungen beschlossen.239
Eine nähere
Betrachtung wert ist hingegen die Umsetzung der Schuldenbremse in der Rheinland-
Pfälzischen Verfassung.
3.1.3 Verankerung der Schuldenbremse in der Rheinland-Pfälzischen Verfassung Das Land Rheinland-Pfalz hat bereits eine Übernahme der Schuldenbremse in den Art.
117 der eigenen Verfassung beschlossen. Auch diese orientiert sich grundsätzlich an
der Schuldenbremse des Grundgesetz, mit Ausnahme einer Besonderheit in Art. 117
Abs. 1 Nr. 2 b, der hier aber nicht näher zu thematisieren ist. Relevant ist nur die
Formulierung aus Absatz 3:
(3) Einnahmen aus Krediten im Sinne von Absatz 1 Satz 1 entstehen dem Land auch dann, wenn
Kredite von juristischen Personen, an denen das Land maßgeblich beteiligt ist, im Auftrag des
Landes und zur Finanzierung staatlicher Aufgaben aufgenommen werden, und wenn die daraus
folgenden Zinsen und Tilgungen aus dem Landeshaushalt zu erbringen sind.
Diese Formulierung erscheint geeignet, um das vom Rechnungshof aufgezeigte
Schlupfloch zu versperren. Sie könnte daher durchaus für die Regelung in der
hamburgischen Verfassung in Betracht kommen. Fraglich bliebe an dieser Stelle
jedoch weiterhin, wie sich die Schuldenbremse zu staatlichen Doppik verhält und ob
diese es erforderlich macht, weitere Punkte zu beachten. Dies soll in den nun
folgenden Abschnitten geklärt werden.
239 Siehe Art. 53 Schleswig-Holsteinische Verfassung, sowie die geplante Änderung der Hessischen Verfassung in: Hessisches Ministerium der Finanzen, S. 16. Diese wurde bereits durch eine Volksabstimmung am 27.03.2011 bestätigt und wird zeitnah erfolgen.
S e i t e | - 43 -
3.2 Einführung der Doppik in der FHH Aus Art. 109 Abs. 4 GG n.F. hat der Bund die Möglichkeit, gemeinsame Grundlagen für
das Haushalts- und Rechnungswesen von Bund und Ländern aufzustellen. Von
diesem Recht hat der Bund in Form der Haushaltsgrundsätzegesetz (HGrG) auch
Gebrauch gemacht. Nach einer Reform des HGrG durch das HGrGMoG im Sommer
2009, bietet das HGrG in §1a den Ländern die Möglichkeit, sich für die staatliche
Doppik als Rechnungswesen und einen produktorientierten Haushalt zu entscheiden.
Mit der Einsetzung des Projekts Doppik im Jahre 2003240 hat sich die FHH frühzeitig
schon dazu bekannt, das System der Kameralistik durch die Doppik abzulösen.
Während aber zunächst im Rahmen des Projektes Doppik nur die Buchführung
umgestellt wurde, ist man mittlerweile dazu übergegangen, im Rahmen des Projektes
NHH (Neues Haushaltswesen Hamburg) die Haushaltsplanung, -steuerung und –
bewirtschaftung auf Ergebnis- und Ressourcenverbrauchsorientierung umzustellen.241
3.2.1 Unterschiede Doppik / Kameralistik
Im Folgenden seien die Unterschiede zwischen den beiden
Rechnungslegungssystemen skizziert:
Beide Systeme haben grundsätzlich eine Dokumentationsfunktion – unterschiedlich
sind sie jedoch darin, wie weit die Dokumentationsfunktion reicht:
Ziele Doppik Kameralistik
Feststellung des Erfolges Ja Nein
Feststellung des Vermögens Ja Nein
Feststellung der Schulden Ja Ja
Finanzwirtschaftliche Kontrolle Ja Ja
Quelle: Raupach, S. 16
Die meisten Länder242
240 BG-Drs. 17/3161.
sowie der Bund orientieren sich bisher an einem kameralen
Rechnungswesen. Dieses zeigt allerdings bedeutende Schwächen, insofern es nur
Einnahmen und Ausgaben betrachtet. Größen wie „Aufwand“ und „Erträge“ werden
nicht erfasst, dadurch sind auch eine Abbildung und eine stete Betrachtung des
Vermögens nicht möglich.
241 BG-Drs. 19/2068. 242 Jedoch: Eine große Zahl der Kommunen ist unlängst auf die Doppik umgestiegen.
S e i t e | - 44 -
Diese sind aber insbesondere für die Beachtung der Nachhaltigkeit von Bedeutung.
Aus diesem Grund befürwortet auch der Rechnungshof die Umstellung:
„Das in Konzeption und Umsetzung weit fortgeschrittene Neue Haushaltswesen Hamburg (NHH)
als Instrument einer ziel- und wirkungsorientierten Steuerung des Haushalts kann dabei [gemeint
sind Konsolidierungsmaßnahmen] gerade in Zeiten knapper Kassen unterstützend wirken.“243
Die doppische Rechnungslegung, die im Rahmen des Projektes NHH auf alle
Behörden ausgeweitet wird, betrachtet viele Größen, die von der Kameralistik nicht
erfasst werden. Dazu gehören z.B. Abschreibungen aber insbesondere auch der in der
öffentlichen Verwaltung sehr große Posten der Pensionsrückstellungen.
244
Durch
diesen Unterschied in der Reichweite der Erfassung von Geschäftsvorfällen kann es im
Ergebnis zu gravierenden Differenzen kommen:
245
Die Grafik zeigt z.B. für das Jahr 2006 eine Spanne von knapp 1,2 Mrd. Euro an. Vom
Ergebnis her ist die Kameralistik erfreulicher – die Doppik dafür aber ehrlicher. Denn
sie berücksichtigt anders als die Kameralistik auch Vermögensverzehr oder die
implizite Staatsverschuldung in Form von Pensionsrückstellungen.
243 Sonderbericht des Rechnungshofes der FHH zur Haushaltslage 2011, S. 8. 244 Raupach, S. 19. 245 Quelle: Geschäftsberichte der FHH, Jahre 2006-2008, eigene Darstellung.
-567
102,185
-2331,794
587 758 1343
2006 2007 2008
Vergleich: Kamerales / doppisches Jahresergebnis246
Jahresergebnis doppisch Jahresergebnis kameral
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3.2.2 Doppik und die Schuldenbremse Die Frage nach der Vereinbarkeit der staatlichen Doppik mit der Schuldenbremse wird
von Tappe aufgefasst. Er beschreibt das grundsätzliche Problem, dass der
„Einnahmenbegriff“ im Rahmen der Doppik anders zu verstehen ist als in der
Kameralistik.246
Dadurch wird den Ländern sozusagen aufgezwungen, eine kamerale Nebenrechnung
zu führen.
Da der Bund die Kameralistik anwendet, geht auch er, wie eingangs in
dieser Arbeit erkannt wurde, davon aus, dass bei Formulierung der Schuldenbremse
der Blick für die Doppik schlicht nicht vorhanden war.
247
Dies jedoch kann die Umsetzung im Rahmen des NHH liefern. Denn das Projekt hat
sich bei der Umsetzung der Doppik für eine „Drei-Komponenten-Rechnung“
entschieden.
Dies ergibt sich jedoch nicht alleine aus der Anforderung der
Schuldenbremse, sondern auch aus § 49b HGrG, der Einhaltung von Berichtspflichten
(u.a. an das Statistische Bundesamt) und auch im Rahmen der EU-Defizitbegrenzung
des Art. 126 AEUV – hier werden einheitliche Daten benötigt. Aufgrund dessen
müssen auch die Länder, die den Weg der Doppik gewählt haben, weiterhin Daten auf
Grundlage kameraler Erfassung liefern können.
248 Jene Rechnung setzt sich zusammen aus der Vermögensrechnung,
der Ergebnisrechnung und der Finanzrechnung. Die Finanzrechnung erfasst lediglich
Einzahlungen und Auszahlungen im Sinne einer Cashflow-Rechnung.249 Außerdem
werden neben der Finanzrechnung Daten bereitgestellt, „indem die geforderten
Informationen [an die gesetzliche Finanzstatistik] aus den doppischen
Buchungsinformationen meist durch Verknüpfung von automatisierten Auswertungen
oder auch durch heuristische Zuordnungen abgeleitet werden.“250
Zudem, so Tappe, könne sich auch an der Regelung aus § 1a Abs. 2 S.1 HGrG
orientiert werden, wonach die Bestimmungen des HGrG für Einnahmen und Ausgaben
im doppischen Rechnungswesen (also für Einzahlungen und Auszahlungen)
entsprechend gelten. Sofern das neue Haushaltswesen bis zu der Implementierung der
Schuldenbremse eingeführt wurde, sollte ein entsprechender Zusatz in ein
Ausführungsgesetz mit aufgenommen werden.
246 Tappe, Wirtschaftsdienst 2010/4, 269, 270. 247 Tappe, Wirtschaftsdienst 2010/4, 269, 270. 248 NHH Strategiekonzept, S. 13. 249 Raupach, S. 24. 250 NHH Strategiekonzept, S. 35.
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4. Fazit „Die Gesundung der Bundesfinanzen ist weniger eine Frage des Sachverstandes als des politischen
Mutes und der Einsicht aller Mitverantwortlichen.“251
Die Staatsverschuldung ist ein Thema, welches regelmäßig zur Diskussion steht. Das
zeigt das obige Zitat aus dem Jahre 1966. Auch heute ist es ein tragendes Thema in
der politischen Debatte und ebenso gilt auch heute der Kern der obigen Aussage: Es
liegt in der Hand der Politik, der Staatsverschuldung entgegenzuwirken.
Die neue Schuldenbremse enthält auch weiterhin Passagen, die eine vermehrte
Kreditaufnahme ermöglichen würden. Entscheidend wird sein, wie diese Passagen von
der Politik angewendet werden. Es sollte stets beachtet werden, dass Schuldenregeln
keine Verpflichtung zur Aufnahme von Kredite darstellen. Die alte Regelung des Art.
115 a.F. hätte, diese Aussage beachtend, durchaus auch eine verschuldungs-
hemmende Wirkung entfalten können. Jedoch wurde die Norm, wie Korioth es in
seinem Aufsatz treffend formuliert, mehr umgangen als angewendet. Sollte dies bei der
Schuldenbremse ebenfalls der Fall sein, so wird auch sie keine Wirkung entfalten
können. Dass Politik ungeachtet ihrer eigenen Aufrufe zum Sparen versucht, solange
wie möglich den Haushalt auch Kreditfinanzieren zu können, lässt sich gerade in
Hamburg erkennen. So hat der Senat nun angekündigt, die bereits in der
Hamburgischen LHO verankerte Schuldenbremse, die ab 2013 Einnahmen aus
Krediten verbieten würde, durch eine den grundgesetzlichen Anforderungen
genügende Änderung des Landesrechts zu ersetzen.252 Diese Ankündigung stellt einen
Rückschritt in Sachen Haushaltskonsolidierung dar. Auch die mit BG-Drucksache
20/108 vorgeschlagene Schuldenbremse ab 2015 lehnt der Senat ab.253
„Wenn der Senat fleißig Vermögen verkauft, um ohne Kredite auszukommen, ist nichts
gewonnen. […] Wir benötigen eine Verschuldensregel, die sicherstellt, dass die Vermögenswerte
der Stadt in der Summe erhalten bleiben oder ausgebaut werden“
254
Anhand dieser Aussage kann die Beziehung zwischen Schuldenregelung und
Haushaltswesen nochmals verdeutlicht werden: Die Schuldenbremse kann nicht
effektiv die Anhäufung von Schulden verhindern. Das kamerale System, auf welchem
die grundgesetzliche Schuldenbremse basiert, ist nicht in der Lage, das Vermögen der
251 Kiesinger in seiner ersten Regierungserklärung vom 13.12.1966, gefunden in Thye, S.96. 252 Arbeitsprgoramm des Senats, S.2. 253 Abendblatt.de, „SPD ist gegen Schuldenbremse von 2015 an“. 254 Willfried Maier, GAL-Hamburg, in den Beratungen zur Schuldenbremse in der LHO, in: abendblatt.de „Neue Kredite: Stadt tritt auf die Schuldenbremse“.
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Gebietskörperschaft abzubilden. Schulden können aber nur in Relation zum Vermögen
sinnvoll dargestellt werden. Und auch die in dem Zitat benannte Vorgehensweise,
Vermögenswerte zu veräußern, um so Einnahmen zu generieren, die die Kredite
ersetzen, kann nur schwerlich unterbunden werden. Nur eine doppische
Rechnungslegung mit Erstellung einer Bilanz kann die Zu- und Abnahme des
Vermögens dokumentieren. Und nur Anhand dieser Daten kann überprüft werden, ob
die Verschuldung angestiegen ist oder nicht. Zu einer effektiven Schuldenbremse
müsste auch eine Umstellung des Haushaltswesens dazugehören. Das NHH Konzept
wäre dazu geeignet, das bestätigte der Rechnungshof. Und auch eine Evaluation des
Projekts NHH endete mit dem Ergebnis:
„Die Einführung eines neuen Haushaltswesens auf Basis der Doppik und eines
wirkungsorientierten Produkthaushalts ist angesichts der zukünftigen Herausforderungen, der
überregionalen Entwicklungen und der bereits beschrittenen Wegstrecke im Einführungsprozess
notwendig und richtig.“255
Ein besonderer Vorteil der Doppik ist zudem, dass durch die Erstellung einer
Konzernbilanz nur wenig Raum für die oft kritisierten Schlupflöcher gäbe. In einer
Konzernbilanz werden alle Beteiligungen erfasst, worunter im Falle einer
Gebietskörperschaft auch privatrechtlich organisierte Unternehmen fallen, die
staatliche Aufgaben wahrnehmen.256
Inwieweit der derzeitige Senat tatsächlich an der Einführung des NHH festhält, ist
fraglich. Dem Arbeitsprogramm des Senats ist zumindest zu entnehmen, dass der
Senat das Projekt in Umfang und Reichweite reduzieren will.257 Im Rahmen der von
der SPD auch als „NHH-light“ bezeichneten Modernisierung des Haushaltswesens
kann auf das französische Beispiel verwiesen werden: In Frankreich wird die
Haushaltsplanung kameral ausgeführt, während die Rechnungslegung doppisch
stattfindet.258
255 Abschlussbericht der NHH Evaluationsgruppe, S. 4. (s. Anhang)
Ob dies jedoch eine sinnvolle Alternative zu einer kompletten Umstellung
des Haushaltswesens ist, ist zweifelhaft. Dies würde bedeuten, dass zwei Rechnungs-
legungssysteme parallel geführt werden müssten, was sowohl in finanzieller Hinsicht
als auch bezüglich des dazugehörenden Arbeitsaufwandes nicht empfehlenswert ist.
Es liegt, wie so oft betont, in den Händen der Politik, ob die Schuldenbremse und das
übergeordnete Ziel der Haushaltskonsolidierung erreicht werden können.
256 Magin, Wirtschaftsdienst 2010/4, 262, 267. 257 Arbeitsprogramm des Senats, S. 3. 258 Aprill, DÖV 2008, 184, 186.
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Anhang
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Dienstliche Erklärung
Ich erkläre hiermit, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ausschließlich
unter Benutzung der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe. Alle Stellen, die
wörtlich oder sinngemäß aus veröffentlichten und nicht veröffentlichten Schriften
entnommen wurden, sind als solche kenntlich gemacht.
Weiterhin erkläre ich hiermit, dass in Fällen berechtigten Interesses, insbesondere zur
Fortführung der Arbeit durch andere Studierende, Einsichtnahme in meine korrigierte
Ausarbeitung genommen werden kann.
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Mustafa Salem
Hamburg, den 25.04.2011
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