Die Reaktion aromatischer Fluorverbindungen mit Phenyl-lithium; ein Beitrag zum Chemismus der...

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H u i s g e n und R i s t 137

Die Reaktion aromatischer Fluorverbindungen mit Phenyl-lithium;

ein Beitrag zum Chemismus der Umlagerungen bei nucleophilen aromatischen Substitutionen

Von Rolf I I u i s g e n und Herbert R i s t l )

Aus dem Chemischen Institut der Universitat Tiibingen und dem Institut fur Organische Chemie der Universitat Munchen

(Eingelaufen am 15. Marz 1955)

(Mit 2 Figuren im Text)

A) Einfi ihrung Zu den schonsten Bereicherungen der Organometall-Chemie in

neuerer Zeit gehort der Ersatz des Wasserstoffs am Benzolkern gegen Lithium. Diese , ,Metallierung" des aromatischen Kerns bei der Behandlung mit Lithium-organischen Verbindungen wurde in den Arbeitskreisen von G. Wittigz) und H. Gilman3) entdeckt und erwies sich in der Folge als fruchtbares Prinzip zur Darstellung neuer metallorganischer Verbindungen4) . Wenn man die metall- organischen Umsetzungen formal als Reaktionen der Carbanionen deutet, erscheint die Metallierung als Saure-Basen-Reaktion im Sinne von B r o en s t e d , wie die Reaktion von Phenyl-lithium mit Aniso12) als Beispiel zeigen moge :

H H H H

I n der gleichen Reihenfolge, in der Substituenten die Aciditat substituierter Essigsauren erhohen, fordern sie am aromatischen Kern die Bereitschaft zur

1) Dissertation Miinchen 1954. *) G. W i t t i g , U. Pockelsu . H. Droge, Ber. dtsch. chem. Ges. 71, 1903 (1938);

G. W i t t i g u. U. Pockels , ib. 72, 89 (1939). 3, H. Gi lman u. F. Breuer , J. Amer. chem. Soc. 56, 1123 (1934); H. Gi lman

u. R. V. Young, ib. 56, 1415 (1934); 57, 1121 (1935); H. Gi lman, W. L a n g h a m u. A. L. J a c o b y , ib. 61, 106 (1939); H. Gi lmanu. R. L. B e b b , ib. 61, 109 (1939).

4) Schon P. Schorigin, Ber. dtsch. chem. Ges. 41, 2723 (1908); 43, 1938 (1910) war die Bildung von Phenyl-natrium aus Athyl-natrium und Benzol bekannt.

Annalen der Chemie, 504.Band 10

135 H u i s g e n und Rist

Metal l ier~ng~): H < CH,O < J < Br < C1 < F. Die BeschrLnkung dieses Wasserstoff-Metall-Austauschs auf die o-Stellung zum acidifizierenden Substi- tuenten zeugt von dessen Wirkung iiber den induktiven Effekt.

An die Metallierung des sauersten Benzol-Abkommlings, des Fluorbenzols, mittels Phenyl-lithium schliel3t sich nach G. Wi t t ig , G. P ieper und G. FuhrmannG) eine bemerkenswerte Folgereaktion mit einer zweiten Molekel Phenyl-lithium an, ein zu o-lithium- diphenyl (111) fuhrender Austausch des Fluors gegen den Phenyl- Rest :

Die normalen nucleophilen Substitutionen in der aromatischen Reihe lassen sich mit dem Chemismus IV beschreiben'), der mit einer Einlagerung des nucleophilen Agens in eine Elektronenlucke des Kerns beginnt :

Substituenten wie die Cyan- oder Nitrogruppe, die im Uber- gangszustand die negative Ladung zu ubernehmen vermogen, fiirdern diese Austauschreaktionen, die bei den unsubstituierten Halogenbenzolen recht langsam ist. Der Ersatz des Fluors im o-Lithium-fluor-benzol (11) gegen den anionischen Phenylrest der zweiten Molekel Phenyl-lithium wird kaum diesem einfachen Schema folgen konnen : Der Anioncharekter, den die o-Stellung dcs Fluorbenzols mit der Metallierung erhalt, sollte die Bereit- schaft des Kerns, dem nucleophilen Agens eine Elektronenlucke ziir Verfugung zu stellen, empf indlich einschrdnken ; das Experi- mcnt weist dagegen auf eine Steigerung der Reaktivitat. Die Frape ns ch dem Chemismus der Reaktion des o-Lithium-fluor-bcnzols init Phenyl-lithium ist somit noch offen.

5) G . W i t t i g , Katurwissenschaften 30, 696 (1942); Angew. Chem. 66, 10 (1954). 6 , Rer. dtsch. chem. Gos. 73, 1193 (1940). ') Pgl. die Ubersicht von J. F. Buni ie t t u. R. E. Zahler , Chem. 12eviews 49,

273 (1951).

Die Reaktion aromatischer Fluorverbindungen rnit Phenyl-lithium 139

B) Die R e a k t i o n de r F 1 u o r -nap h t h a1 in e mi t P h e n y 1-li t h i u m Die ubertragung der Wi t t i g - Reaktion auf 1-Fluor-naphthalin

lie13 1 -Phenyl-2-lithium-naphthalin als Reaktionsprodukt erwarten. Urn dessen Einbeziehung in weitere Metallierungs- und Austausch- Reaktionen hintanzuhalten, liel3en wir das Fluor-naphthalin langsam in eine atherische Losung des vierfach-molarenuberschusses Phenyl- lithium einflieljen ; anschliefiend wurde durch Aufgieljen auf Trockeneis carboxyliert. Aus reinem I-Fluor-naphthalin erhielten wir nach Abtrennung der Benzoesaure, dem uberschussigen Phenyl- lithium entstammend, uberraschenderweise ein Gemisch zweier Phen yl-naphthoesauren. Da13 nur eine dieser Sauren mit Methanol und Schwefelsaure verestert wurde, ermoglichte eine bequeme Trennung. Die unveresterbare Saure erwies sich als die ,,P-Chrysen- saure" von C. Gr aebes) ; ihre Konstitution als 2-Phenyl-naphthoe- saure-( 1) (V) wird durch den Ringschlulj zu 1,2-Benzo-fluorenon (VI) bewiesen, den die Verbindung in kalter konz. Schwefelsaure erleidet. In V blockieren der Wasserstoff in 8-Stellung und das Phenyl in Position 2 die Carboxyl-Reaktionen.

COOH

0 VI VII I

\/ v

Die Verseifung des Methylesters fuhrte zu einer isomeren Saure voin Schmp. 147,5--148,5O; die Cyclisierung zu 3,4-Benzo-fluorenon lie13 keinen Zweifel daran, dal3 es sich um die noch nicht beschrie- bene 1-Phenyl-naphthoesaure-( 2) (VII) handelt. Die Versuchsbilanz der Tab. 1 zeigt, dalj 1-Fluor-naphthalin die beiden Sauren V und VI I etwa ini Verhaltnis 2 : 1 entstehen laljt. Die hier nicht erwartete 2-Phenyl-naphthoesanre-( 1) iiberw iegt demnach sogar mengenmlljig im Reaktionsprodukt.

Aus einem bei 18O mit vierstundiger Reaktionszeit durchge- fuhrten Ansatz wurde die Halfte des eingesetzten 1-Fluor-naph- thalins unverandert zuruckgewonnen. Der Versuch in siedendem Ather (Tab. 1) ist daher zur quantitativen Erfassung der Reaktions- produkte geeigneter. Aus der bei 170-200~/12 ubergehendcn Frektion des Neutralanteils wurden die beiden Phenyl-naphthaline isoliert ; auch hier uberwiegt das 2-Phenyl-naphthalin etwas. Der Neutralanteil geht vermutlich zurn Teil auf Feuchtigkeitsspuren bei der Carboxylierung, zum Teil auch auf die Metallierung ties

8 ) Ber. dtsch. chem. Ges. 33, 6S0 (1900).

10*

140 H u i s g e n und R i s t

1 -Fluor-naphthalins mit bereits gebildetem Phenyl -naphthyl-lithium zuriick. Die Ausbeute an Phenyl-naphthoesauren und Phenyl- naphthalinen belauft sich auf iiber 90% d. Th., wenn man auf ver- brauchtes Fluor-naphthalin bezieht.

T a b e l l e 1

Th.,

I Reaktion von Phenyl-lithium mit 1-Fluor-naphthalin 12-Fluor-naphthalin

80mMol 1 413mMol 1 80mMol 20 >) 20 >)

18O I 'Oo3id' 1 35O 4 4

bezogen auf eingesetztes Fluor-naphthalin: 12 45 20 4 26 10 0 0 20

5 10 7 10

50 8 0

Phenyl-lithium Fluor-naphthalin Reaktionstemperatur Reaktionszeit in h

Ausbeuten in Proc. d. 2-Phenyl-naphthoesliure-( 1) l-Phenyl-naphthoesiiure-(2) 2-Phenyl-naphthoesaure-( 3) 2-Phenyl-naphthalin 1 -Phenyl-naphthalin Fluor-naphtalin zuriick

Das fliissige 1 -Fluor-naphthalin wurde aus reinem 1-Naphthyl- amin bereitet 9) , lieB jedoch keine einfache Reinheitskontrolle zu. Etwaige Zweifel am eindeutigen Verlauf der S c hiem a n n - Reaktion, die in dem grol3en Versuchsmaterial iiber die Zersetzung der Diazoniumfluoboratelo) auch keine Nahrung finden, wurden durch die mit dem schmelzpunktreinen 8-Fluor-naphthalin erzielten Resul- tate beseitigt.

Bei der Reaktion des 2-Fluor-naphthalins mit Phenyl-lithium ist als Komplikation eine Verzweigung der Reaktionswege auf der Stufe der primaren Metallierung vorauszusehen. Die Acidifizierung der o-Position durch Halogen oder die Methoxylgruppe ist eine Funktion des i n d u k t i o e n Subst i tuenten-Effekts ; der mesomere Effekt dieser Gruppen sollte eine entgegengesetzte Polarisation des Kerns auslosen. I m Gegensatz zum Benzolderivat 1aBt der Naphthalin-2- Abkommling eine T r e n n u n g der Subst i tuentenef fekte erwarten. Wah- rend sich die induktive Wirkung des 8-Substituenten gleichermaBen auf die Positionen 1 und 3 erstreckt, kommt der mesomere Effekt praktisch nur in 1-Stellung zur Entfaltungll). Tatsachlich be- schrankt sich die Reaktion des 2-Methoxy-naphthalins mit n-Butyl- lithium nach S. V. S u n t h a n k a r und H. Gilman12) auf die

9) G. Balz u. G. Schiemann, Ber. dtsch. chem. Ges. 60, 1186 (1927). 10) A. Roe, Org. Reactions 5, 193 (1949). 11) R. Huisgen , Liebigs Ann. Chem. 559, 101 (1948); 564, 16 (1949); F. Seel,

12) J. org. Chem. 16, 8 (1951). Angew. Chem. 61, 89 (1949); W. A. W a t e r s , SOC. 1948, 727.

Die Reaktion aromatischer Fluorverbindungen mit Phenyl-lithium 141

Position 3; nur in 1-Stellung, nicht in 3, erfahrt die Aciditat der Kern-Wasserstoff-Bindung durch den mesomeren Effekt des Meth- oxyls eine Schwachung. Die ausschlieBliche 3-Metallierung des Nerolins konnten wir bei der Nacharbeitung bestatigen. Diese Reaktion bietet einen neuen Weg z u Naphthalin-2,3-Derivaten ; der Versuchsteil beschreibt die Reaktionen des 2-Methoxy-%lithium- naphthalins mit Kohlendioxyd, Benzophenon, Methyljodid und mit 2,3-Methoxy-naphthoesaure-methylester. Die Umsetzungen voll- zogen sich normal, so da13 auf eine Pormulierung verzichtet werden kann .

Beim 2-Fluor-naphthalin tritt der mesomere hinterdeminduktiven Substituenteneffekt so stark zuriick, daB man nicht langer mit einer ausgepragten Selektivitat bei der Metallierung rechnen darf. Tatsachlich unterliegen die Positionen 1 und 3 der Metallierungs- reaktion etwa im Verhaltnis 3 : 2.

Nach der Carboxylierung ermoglichte die Behandlung des sauren Rohprodukts mit Methanol- Schwefelsaure wieder die Abtrennung der 2-Phenyl-naphthoesaure-( 1) (V), die sich allein der Veresterung entzog. Nach der Entfernung des Benzoesaure-esters wurde das im Hochvakuum destillierte Estergemisch verseift. Die fraktionierte Kristallisation der Sauren aus Ligroin und ihrer Kaliumsalze aus Methanol gestattete es, neben der l-Phenyl-naphthoesaure-(2) (VII) eine neue isomere Saure vom Schmp. 165-166O zu isolieren. Es

Lsm. Alkohol \

250 300

Fig. 1 m A -

- - 2-Phenyl-naphtalin baphtoesaure-(l)

- x - Naphhesaure - f2)

200 250 300 m,u - Fig. 2

142 H u i s g e n und R i s t

muB sich um die 2-Phenyl-naphthoesiiure-( 3) (VIII) handeln, da das mit Schwefelsaure bereitete Benzo-fluorenon als das 2,3-Isomere (IX) identifiziert werden konnte.

VIII IX 0

Die UV-Spektrenl3) bieten eine unabhangige Stutze fur die Konstitutionszuordnung der drei Phenyl-naphthoesauren (Fig. 1 und 2). Die 2-phenylierten Naphthoesauren zeigen Absorptions- maxima bei 246 resp. 247 mp, dem des 2-Phenyl-naphthalins bei 249 mp auch in der Extinktion entsprechend. Die sich vom 1-Phenyl-naphthalin mit Bande bei 224 mp ableitende 2-Carbonsaure besitzt das kurzwellige Maximum bei 233 mp.

I m Gegensatz zur 1-Naphthoesaure laBt die 2-Naphthoesaure noch im langwelligen Teil die Feinstruktur des Naphthalin-Spektrums erkennen. Unter den Phenyl-naphthoesauren weisen nur die beiden mit p-sttlndiger Carboxylgruppe bei 335 mp das typische lang- wellige Maximum der p-Naphthoesaure selbst aufl4).

Die Schwierigkeiten der Trennung standen einer restlosen Auf- arbeitung der Sauren aus 2-Fluor-naphthalin im Wege. Immerhin legen die in Tab. 1 aufgenommenen Reinausbeuten an krist. Phenyl- naphthoesauren, die sich auf insgesamt 50% d. Th. belaufen, den SchluB nahe, da13 der in Position 1 metallierte Anteil des 2-Fluor- naphthalins zur Bildung der isomeren Sauren V und VI I im Ver- haltnis 2 : 1 Veranlassung bietet. Der Neutralanteil des Reaktions- produkts lieferte 10% d. Th. am Gemisch der Phenyl-naphthaline.

DaB die Wittig-Reaktion sowohl des 1-Fluor- als auch des 2- Fluor-naphthalins zu einem Gemisch der 2-Phenyl-naphthoesaure- (1) und l-PhenyI-naphthoesanre-(2) im angeniihert gleichen Verhiiltnis fuhrt, erscheint uns besonders bemerkenswert. Dieses Ergebnis - die Tafel 1 faBt die Reaktionsablaufe zusammen - deutet auf eine rasche Gleichgewichtseinstellung zwischen 1-Fluor-2-lithium- und 2-Fluor-1-lithium-naphthalin bzw. auf das Passieren einer bezugl. der Posi t ionen 1 u n d 2 bindungss ymmetrischen Zwischenstufe hin.

13) Fur die Aufnahme der UV-Spelrtren mit dem U n i c a m - Spektrophotometer SP 500 danken wir Herrn Dr. H. Walz und Frl. W. Riebl .

14) Die Vergleichsspektren der Fig. 2 wurden den Arbeiten von R. A. Fr iedc l . M. Orchin u. L. Reggel, J. Amer. chem. Soc. 70, 199 (1948) sowie Y. Hirs l iberg u. R. N. Jones , Canad. J. Ites. Sect. 13 27, 437 (1!149) oiitnommen.

Die Reaktion aromatischer Fluorverbindungen mit Phenyl-lithium

Tafe l 1

143

'> \/\

F 4' /\)\,Li /\AF f \ V F

CJ\) \/\/ I l l i l l

1 Gleichgewicht ' oder ident. 1

j Zwischenstufe 1 .- -

Um die naheliegenden Schlusse hinsichtlich des Chemismus experimentell breiter zu fundieren, haben wir nach einem weiteren gunstigen Model1 Ausschau gehalten.

C) Reak t ion von 0- und m-Fluor-anisolmit Phenyl-lithium Die im Vergleich zum Methoxyl wesentlich starkere acidifizierende

Wirkung des Fluors 1a13t mit Sicherheit voraussehen, da13 bei I-Fluor-anisol das Lithium in die Stellung 3 zu X eintritt. Die ausschliefiliche Metallierung zwischen den m-standigen Substituen- ten, die bei der Reaktion des Resorcin-dimethyl-athe&) und des

X XI

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rn-Difluor-benzolsl5) rnit Phenyl-lithium konstatiert wurde, sollte bei 3-Fluor-anisol zu X I fiihren. Wenn es im SchoB der R,eaktion tatsachlich zu einem Gleichgewicht zwischen X und X I kommt oder eine gemeinsame Zwischenstufe passiert wird, dann 1aBt die Weiter- reaktion mit Phenyl-lithium hier extreme Mengenverhaltnisse der isomeren Reaktionsprodukte erwarten. Dariiber hinaus macht die Aussicht auf nur zwei isomere Carbonsauren bei der anschlieBen- den Carboxylierung der metallorganischen Verbindung das Paar der Fluor-anisole fur unseren Zweck besonders geeignet.

Schon G. W i t t i g und G. F u h r m a n n l B ) untersuchten das Verhalten samt- licher Halogen-anisole gegen Phenyl-lithium. Bei der mit einem Komponenten- verhaltnis 1: 1 bei Z O O durchgefiihrten Reaktion erhielten diese Autoren aus o-Fluor-anisol25 yo o-Methoxy-diphenyl neben 45% zuriickgewonnenem Halogen- anisol ; das fliissige Methoxy-diphenyl wurde mjt Jodwasserstoff in 2-Oxy-diplie- nyl ubergefiihrt. Das m-Fluor-anisol wurde nech der Metallierung mit Benzo- phenon umgesetzt, wobei 30% l-Methoxy-9,9-diphenyl-fluoren isoliert wurden. Beide Reaktionen sprachen also fur das Pehlen einer Umlagerung. Dennoch erschien es uns angezeigt, die Reaktionen unter giinstigeren Bedingungen erneut zu untersuchen.

Wir lieBen 2-Fluor-anisol langsam in die siedende atherische Losung der vierfach-molaren Menge Phenyl-lithium eintropfen und behandelten nach mehrstiindigem Kochen mit Kohlendioxyd. Wie bei den Versuchen in der Naphthalinreihe kam uns die unterschied- liche Veresterungsgeschwindigkeit der isomeren Carbonsauren zu- statten. Das Hauptprodukt der Reaktion trat uns im nichtver- esterten Anteil als olige, sehr langsam durchkristallisierende Saure entgegen. Von den in Frage kommenden Verbindungen sollte nur die 3-Methoxy-diphenyl-2-carbonsaure (XII) eine ausreichend sterisch gehinderte Carboxylgruppe enthalten. Tatsachlich fiihrte die Einwirkung kalter Schwefelsaure glatt zum reinen 1-Methoxy- fluorenon (XIII), das ebenso wie das init Bromwasserstoff erhaltene 1-Oxy-fluorenon mit den Angaben der Literaturl') ubereinstimmte.

OCH,

Beim Kochen von XI1 mit Bromwasserstoffsaure-Eisessig vollzog sich neben der Atherspaltung die Decarboxylierung ; nahezu quanti- tativ wurde 3-Oxy-diphenyl erhalten. Die schwere Veresterbarkeit

15) G. W i t t i g u. W. Merkle , Ber. dtsch. chem. Ges. 75, 1491 (1942). 16) Ber. dtsch. chem. Ges. 73, 1197 (1940). 17) G. H e y l , J. prakt. Chem. ( 2 ) 59, 453 (1899); W. S t a e d e l , Ber. dtsch.

chem. Ges. 28, 112 (1895).

Die Reaktion aromatischer Fluorverbindungen mit Phenyl-lithium 145

sterisch gehinderter Carbonsauren pflegt sich nur auf die Reaktion rnit Alkohol und Mineralsauren zu beziehen : mit Diazo-methan gab XI1 glatt den krist. Methylester.

Die oben rnit Methanol-Schwefelsaure erhaltene Esterfraktion wurde nach Abtrennung des Methyl-benzoats und Destillation alkalisch verseift ; eine bescheidene Menge, die sich der Verseifung entzogen hatte, erwies sich als der Methylester von XII. Die Kristallisation des sauren Anteils sowie eine erneute Folge von Veresterung und Verseifung erlaubten es, von einer weiteren Quanti- tat XI1 eine isomere Saure vollstandig zu scheiden, bei der es sich um die 2-Methoxy-diphenyl-6-carbonsaure (XIV) handelt. Der Fluorenon-RingschluB fiihrte zum nicht beschriebenen 4-Methoxy- fluorenon, dessen Konstitution durch Entmethylierung zum 4-Oxy- Derivat sichergestellt wurde.

Die sorgsam durchgefuhrte Aufarbeitung lieferte die beiden Sauren XI1 und XIV zu 61 resp. 3,9% d. Th., bezogen auf ver- brauchtes o-Fluor-anisol (Tab. 2 ) . Das bedeutet, dap im weitaus

425 106

0 0 I E 1 3;0 5

Phenyl-lithium in mMol Fluor-anisol in mMol Reaktionstemperatur Reaktionszeit in h

Tabelle 2

600 150 350 5

gropten Teil des Materials der Phenylrest nicht in der Position auftritt, aus der das Fluor verdrangt wurde. Im Einklang mit dieser weitgehenden Umlagerung wurde auch bei der Nacharbeitung des Versuchs der Lit.lG) nach der Entmethylierung des Rohprodukts lediglich 3-Oxy-diphenyl gefaBt.

Um der Metallierung des 3-Fluor-anisols mit Phenyl-lithium zwischen den beiden aktivierenden Gruppen die notige Selektivitat zu sichern, wurde die Reaktion zuntichst bei 00 durchgefiihrt und nach der Carboxylierung wieder der partiellen Veresterung unter- worfen. Die oben recht miihsame Aufarbeitung des Esteranteils wurde vereinfacht : Das aus den Estern mit Schwefelsaure praktisch

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quantitativ erhaltene Gemisch der Fluorenone lie13 sich durch Chromatographie an Aluminiumoxyd aus benzolischer Losung trennen. Das starke Haftvermogen des 1-Methoxy-fluorenons (XIII), das erst mit Methanol vom Adsorbens abgelost wurde, scheint auf eine Chelat- B i l d u n g zu weisen, den Lacken der Beizenfarbstoffe nicht unahnlich. Neben dem 4-Methoxy-fluorenon trat noch eine bescheidene Menge des unsubst . Fluorenons auf. Die Metallierung des 3-Fluor-anisols vollzog sich somit eindeutig im Sinne der Formel XI.

Die Bildung von 2 yo Fluorenon resp. Diphenyl-2-carbonsaure bei unserer Reaktion ist nicht geklart . Moglicherweise lauR neben der Metallierung in untergeordnetem MaSe eine Halogen-Metall- Austauschreaktionl8) des 2-Fluor-anisols nach

einher ; das Fluor-benzol fuhrt dann bei der Wittig-Reakt,ion z m Diphenyl-2-carbonsaure.

Der Versuch mit 3-Fluor-anisol bei 00 lieferte 72% d. Th. an XI1 und 1,6% d. Th. an der isomeren Saure XIV (Tab. 2). Das Isomeren- verhaltnis liegt zwar in der gleichen Grofienordnung wie beim Versuch mit 2-Fluor-anisol ; die Ausbeute an XIV ist aber hier noch geringer. Vermutlich ist die tiefere Reaktionstemperatur fur dieses extreme Verhaltnis, das hohere Selektivitiit bei der Weiterreaktion der metallierten Verbindung bedeutet, verantwortlich. Ein zweiter, bei der Temperatur des siedenden Athers durchgefuhrter Versuch lieferte denn auch die Sauren XI1 und XIV zu 80 und 2,5% d. Th. (Tab. 2). I n Anbetracht der recht kleinen Ausbeuten an XIV darf man die bei den 350-Ansatzen aus 2-Fluor- und 3-Fluor-anisol erhaltenen Verhaltnisse der isomeren Carbonsauren als innerhalb der Fehlergrenzen der praparativen Aufarbeitung i ibereinstimmend betrachtenlg). Die Isolierung gleicher Produkte aus dem Umsatz isomerer Fluor-a,nisole mit Phenyl-lithium, in Tafel 2 zusammen- gefafit, 1a13t keinen Zweifel am Auj tre ten einer gemeinsamen Zwi - schenstu fe.

R. G. J o n e s u. H. Gi lman, Org. Reactions 6, 339 (1951). Is) Als zweite Moglichkeit fur die etwas hohere Ausbeute an XIV aus 2-Fluor-anisol

k h n t e man auch an eine unvollstiindige Gleichgewichtseinstellung zwischcn IX und X denken. Im Rahmen der weiter unten bevorzugten Deutung iiber die ar-in- Stufe darf man vielleicht neben dein Weg uber das identische Zwischenprodukt rnit einem geringfugigen nucleophilen Austausch ,,ohm Umlagerung" rechiien. Das experimentelle Material gestattet noch keine Entscheidung.

Die Reaktion aromatischer Fluorverbindungen rnit Phenyl-lithium

Tafe l 2

147

OCH, OCH,

I / - v ‘J\Li \/\F W F

\ -

Gleichgewicht , 1 oderident. I Zwischenstufe ,

OCH, OCH, ),,,GOOH I v\ CeH,

D) Diskussion Schon lange sind Falle von nucleophilen Substitutionen in der

alomatischen Reihe bekannt, die dem P r i n z i p der moglichst ge- r ingen S truk turanderung nicht entsprechen. J. F. B u n n e t t und R. E. Zahler20), die eine treffliche Ubersicht gaben, schlugen fur diese mit Umlagerung verbundene Reaktion die Bezeichnung Cine- Subs t i tu t ion vor. Problematischer als die obligatorischen Umlage- rungen, wie sie etwa bei der v. - R i c h t e r - Reaktion21) auftreten, sind Substitutionen, die von stellungsisomeren Verbindungen zum gemeinsamen Produkt fuhren. Die Reaktion der Halogen-aromaten niit dem Amid-anion stellt die meisten Beispiele dieser Art20). So liefern etwa 1- und 2-Chlor-naphthalin mit Kaliumamid in flussigem Ammoniak das gleiche Gemisch von a- und P-Naphthylamin in1 Verhaltnis 1 : 2022) ; die drei isomeren Dichlor-benzole geben mit Kalium-diphenyl-amid alle das gleiche m-Diamir~~~) .

Die Anal ogie der hier bei der W i t t i g - Reaktion aufgefundenen Umlagerungen mit den vom Amid-ion ausgelosten Cine- Substitu- tionen ist klar. Wir sehen in der Reaktion der Fluor-aromaten mit

?”) Chem. Reviews 49, 382 (1951). 21) 1’. v. R i c h t e r , Ber. dtsch. chem. Ges. 4,21, 459, 553 (1871); J. F. B u n n e t t ,

hl. M. R a u h u t , D. K n u t s o n u. G. E. Bussel l , J. Amer. chem. SOC. 76, 5755 (1954).

z z ) R. S. U r n e r u. F. W. B c r g s t r o m , J. Amer. chem. SOC. 67, 2108 (1945). 23) C. Hi iussermann u. E:. B a u e r , Ber. dtsch. chem. Ges. 32, 1912 (1899);

33, 939 (1900).

148 H u i s g e n und R i s t

Phenyl-lithium sogar einen besonders giinstig gelagerten Spez ia l fa l l zum Studium des Chemismus der Cine-Substitution ; im Gegensatz zu den Reaktionen des Amid-ions kann hier der Primarakt, namlich die A b l o s u n g e ines Pro tons a u s der ac id i f i z i e r t en aromut i schen V e r - b i n d u n g , als sicher gelten.

Schon S. 143 wurden zwei Moglichkeiten angedeutet, die der Bildung gleichzusammengesetzter Gemische aus stellungsisomeren Fluor-aromaten Rechnung tragen. Die erste, die Gleichgewichts- einstellung der beiden isomeren Metallierungsprodukte, der 0-Li- thium-fluor-aromaten (vgl. die Tafeln 1 und 2), ist nur eine Sche in - l o sung . Ein gleichzeitiger Platzwechsel zweier o-standiger Substi- tuenten am aromatischen Kern ist namlich undenkbar. AuBerdem bleibt die Folgereaktion, der Austausch des Fluors gegen das Fhenyl-anion innerhalb der anionisierten Verbindung, eine un- verstandliche Anomalie.

Die Annahme von Ubergangszus tanden mit in d e n aromat i schen K e r n einbezogener Dre i fachb indung scheint uns den Schliissel zum Verstandnis sowohl der leichten nucleophilen Substitution des Fluors im Metallierungsprodukt als auch der beschriebenen Um- lagerungen zu bietenZ4). Der Austritt von Lithium-fluorid aus den isomeren o-Lithium-fluor-Verbindungen fuhrt dabei im ,,Ar -in" zu einer identischen Zwischenstufe. Z. B. entsteht aus 3-Lithium-2- fluor-anisol (X) und der isomeren 2-Lithium-3-fluor-Verbindung (XI) dabei jeweils das A n i s i n - ( 2 , 3 ) (XV) als Zwischenstufe, die inbezug auf die fraglichen o-Positionen b i n d u n g s s y m m e t r i s c h ist. Von den verschiedenen Moglichkeiten der Schreibweise deutet XVa die Beziehung zum Acetylen an; die Einbeziehung der Dreifach- bindung, in der ein lineares Strukturelement vorliegt, in einen ebenen sechsgliedrigen Ring laBt keinen Zweifel daran, daI3 im

OCH, OCH, OCH, OCH3 OCH,

H H H H xv a b C d e

Ar-in eine energiereiche Zwischens tu f e vorliegen muI3. Die Formeln XVb oder c sollen zeigen, da13 hier k e i n e Bee in t rach t igung der aromat i schen M e s o m e r i e vorliegt. Da sich die beiden x-Bindungen des Acetylen- Systems in senkrecht aufeinanderstehenden Ebenen entfalten, darf mansiein erster Naherung als unabhangig voneinander

24) Vorliiufige Mitteilung: R. H u i s g e n u. H. R i s t , Naturwissenschaften 41, 358 (1954).

Die Reaktion aromatischer Fluorverbindungen mit Phenyl-lithium 149

betrachten. Ganz wie beim offenkettigen 1,3-En-in-System25) wird auch hier nur eine x-Bindung in die cyclische aromatische Konju- gation einbezogen ; die x-Bindung in der Kernebene wird davon nicht beriihrt. Diese letztere Bindung mag recht schwach sein, da die Eigenfunktionen der beiden x-Elektronen vermutlich nicht pa- rallel gerichtet sind. XVd und e sind polare Grenzformeln, der nor- malen Resonanzauffassung der Dreifachbindung entsprechend. Die stereochemischen Konsequenzen der Eingliederung einer Dreifach- bindung in den Benzolkern haben jungst an Scharfe verloren, als C. K. Ingold und G. W. King26) zu zeigen vermochten, da13 der cis- gewinkelte erste spektrale Anregungszustand des Acetylens in Bindungslangen, -winkeln und Kraftkonstanten ,,einem Drittel des Benzolkerns" entspricht.

An eine Isolierung des Ar-ins, dieses hochreaktiven Ubergangs- zustandes, ist wohl kaum zu denken, da es mit dem basischen Agens, das zu seiner Entstehung fuhrt, sofort weiterreagiert. Das Ar-in lagert in nucleophiler Addition Phenyl-lithium an, was in der vereinfachten Schreibweise von S. 137 folgendermafien aussieht :

XV + C6H5@

25: 1 J. OCH, OCH, OCH, OCH,

co, H A o H ) v C 6 H 5 2% ,),,C6H5 ~ , I Hvo 1 - /\/"Oe t -

Hi

y C 6 H 5 H XVI XVII

Die beiden konkurrierenden Moglichkeiten der Addition werden beim Anisin-(2,3) in unterschiedlichem Mafie genutzt. XVI wird als energiearmere Form vor XVII bevorzugt, da der induktive Effekt der Methoxylgruppe das Auftreten der negativen Ladung in der o-Stellung begiinstigt. Dafi das polarer Gruppen H ermangelnde Naphthin-( 1,2) (XVIII) bei der Anlage-

H U H rung des anionischen Phenyls ein geringeres Aus- wahlvermogen aufweist und die beiden Moglichkeiten nur im Verhaltnis 2 : 1 realisiert, stimmt mit der H H Erwartung uberein. XVIII

25) Als konjugiertes System reagiert das 1,3-En-in wie ein l,3-Dien; vgl. z. B. die 1,4-Anlagerung von Chlorwasserstoff an Vinyl-acetylen: W. H. C a r o t h e r s u. G. J. B e r c h e t , J. Amer. chem. SOC. 55,2807 (1933).

z6) J. chem. SOC. [London] 1954, 2991.

150 H u i s g e n und R i s t

Die hier von den Experimentaldaten iiberzeugend geforderte Ar-in-Zwischenstufe ist nicht neu. Schon W. E. B a c h m a n n und H. T. Clarke27) erklarten die Bildung von 2% Triphenylen bei der Reaktion von Chlorbenzol rnit Natrium mit der Zusammenlagerung von ,,Phenylen-radikalen" C,H,, die spater von A. A. Mortonzs) dipolar wie XVd formuliert wurden. G. Wi t t ig5) bediente sich 1942 des dipolaren Phenylens zur Illustration der Zwischenstufe der Reaktion von Fluorbenzol mit Phenyl-lithium, obwohl die veroffentlichten Experimentel,) mit diesem Zwischenprodukt schwer vereinbar waren. Jiingst untersuchten J. D. R o b e r t s et al.z9) die Reaktion von 14C-markiertem Chlorbenzol mit Kalium- amid, bei der die Substitution etwa halftig mit und ohne Umlage- rung stattfand. Unter mehreren konstitutionellen Moglichkeiten des fjbergangszustandes bevorzugten die amerikanischen Autoren die des Ar-ins. Im AnschluB an unsere vorl. Mitt.24) berichteten A. L u t t r i n g h a u s und K. Schubert30) uber Metallierungsver- suche des Diphenyl-athers mit Kalium; dabei treten neben die Aryl-phen~l-Umlagerung~~) Reaktionswege, deren Interpretation mit dem Ar-in-Zustand besonders einfach erscheint.

Es besteht Veranlassung zu vermuten, daB auch der technische ,,Druck-Phenol-Proze13", die Darstellung des Phenols aus Chlorben- zol mit waBriger Natronlauge bei 350°, die Benz-in-Stufe passiert . R.N. Shreve u. C. J. Marse131a) konnten zeigen, daB die drei iso- meren Chlor-toluole unter den gleichen Bedingungen jeweils ein Kresolgemisch liefern, in welchem sich uberwiegend das m-Isomere findet. Auch hier vermag die Umlagerung als Indiz fur den Weg uber das Ar-in zu dienen.

Man gewinnt den Eindruck, dalj der nucleophilen aroniatischen Substitution, die lange Zeit nur geringe Beachtung fand, hinsicht- lich des Chemismus mehrere Mb'glichkeiten offenstehen.

Der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Fonds der Chemischen Industrie sei fur die Forderung der vorliegenden Arbeit bestens gedankt. Herrn Dr. 0. B o h m e , Farbenfabriken Bayer, Leverkusen, und Herrn Prof. Dr. G. E h r h a r t , Farbwerke Hoechst, schulden wir Dank fur die Uberlassung von Chcmikalien. Die Mikroanalysen wurden von Herrn H. Geyer und Frl. D. Gr a f ausgefiihrt.

27) d. Amer. chem. Soc. 49, 2089 (1927). 2 8 ) A. A. Morton, J. l3. Davidson u. B. L. Hakan, J. Amer. Chem. SOC. 64.

2 0 ) J. D. Rober t s , H. E. Simmons, L. il. Carlsni i th u. C. W. Vaughair

30) Naturwissenschaften 42, 17 (1955). 31) A. L u t t r i n g h a u s u. G . v. R i i f l f , Liebigs Ann. Chem. 557, 36 (3945). 31a) Ind. Eng. Chem. 38, 254 [1946].

2242 (1942).

J. Amer. chem. SOC. 75, 3290 (1953).

Die Reaktion aromatischer Fluorverbindungen mil Phenyl-lithium 151

Beschreibung der Versuche

R e a k t i o n des 1 - F l u o r - n a p h t h a l i n s m i t P h e n y l - l i t h i u m Ein bei 1 8 O durchgefuhrter Vorversuch, dessen Ergebnis in Tab. 1 aufgenom-

men wurde, gab von 20 mMol 1-Fluor-naphthalin die Halfte unverandert zuruck. Es sei lediglich der bei 35O durchgefuhrte, grodere Versuch beschrieben.

I n einem 2 Ltr.-Dreihalskolben rnit Gaseinleitungsrohr, Ruckfludkuhler, Quecksilberruhrer und Tropftrichter wurden unter Lampenstickstoff 375 ccm einer filtrierten, 1,l-molaren atherischen Phenyl-lithium-Losung3Z) (413 mMol) und weitere 200 ccm abs. Ather vorgelegt. I n die siedende Losung lieBen wir unter Ruhren 14,6 g reines 1-Fluor-naphthaline) (100 mMol) vom Sdp. 94,5 bis 95,5O/17 in 400 ccm abs. Ather innerhalb 5 Stunden eintropfen. Schon nach der ersten Stunde wurde die Reaktionslosung von ausgeschiedenem Lithium-fluorid trub. Anschliedend wurde noch eine weitere Stunde gekocht, dann innerhalb 4 Stunden unter Ruhren erkalten gelassen. Nach Stehen uber Nacht wurde die rotbraune Reaktionsmischung in dunnem Strahl in einen Brei aus rasch gepul- vertem Trockeneis und abs. Ather eingeruhrt. Nach einstundigem Stehen wurde im Scheidetrichter zunachst mit verd. Salzsaure durchgeschuttelt, alsdann wur- den der atherischen Phase die sauren Reaktionsprodukte mit kalter verd. Natron- lauge entzogen.

Die Carbonsauren wurden nach Ansauern des alkalischen Auszugs mit Salz- saure in Ather aufgenommen und nach Entfernung des Losungsmittels als schwach gefiirbte, halbfeste Masse (40,2 g) erhalten. Durch 5-stundiges Kochen rnit 450 ccm abs. Methanol und 30 ccm konz. Schwefelsaure wurde verestert. Nach der Aufarbeitung mit Wasser-Ather wurde der atherischen Phase die unveresterte Saure mit eiskalter Sodalosung entzogen und aus dieser durch Ansauern wieder abgeschieden. Die olige Saure erstarrte innerhalb einiger Tage zu einem blaagefarbten Kristallkuchen (1130 g), der mit warmem Petrolather (60-80°) digeriert wurde. Es blieben 9,75 g der feinkristallinen 2-Phenyl- naphthoesdure-(I) (V) vom Schmp. 112,5--114,5O zuruck; aus der Waschflussig- keit weitere 1,25 g der gleichen Saure. Ausbeute 11,O g, 45% d. Th. Mehrfaches Umlosen aus Cyclohexan fuhrte zu farblosen Kristallen vorn Schmp. 114-115O (Lit.*) 114O).

C,,H,,O, (248,27) Ber. C 82,24 H 4,87 Gef. )) 81,65 )) 4,69

Aus dcm Gemisch dcr Methylester wurden bis 130°/12 17,5 g Benzoesaure- methylester abdestilliert, was 33 yo des eingesetzten Phenyl-lithiums entspricht. Bei der Hochvakuumdestillation des Ruckstandes wurden 8,lO g eines blaBgelben 61s erhalten, das anschliedend durch Kochen mit 7 g Kaliumhydroxyd in 100 ccm Methanol verseift wurde. Nach dem Einengen auf dem Wasserbad kristallisierte heim Erkalten das Kaliumsalz der Skure aus. Nacli der Isolierung weiterer Fraktionen aus der Mutterlauge wurde das Kaliumsalz mit verd. Salzsaure behandelt und die freie CarbonsSure durch Digerieren mit heiBem Wasser von restlicher Henzoesaure befreit: Kristalle vom Schmp. 142-145O. Die harzige Endfraktion ails der Mntterlauge des Kaliumsalzes lieferte nach Ansauern und Digerieren mit Ligroin eine weitere bescheidene Menge der gleichen Saure. Bei den insgesamt isolierten 6,41 g SLure handelt es sich um die in der Lit. noch nicht beschriebene I-Phen?/Z-naphthoesiiure-(2) (VII), die aus vie1 Ligroin in glasklarcw SpieDen vom Schmp. 147,5-148,5° kommt. Ausbeute 26% d. Th.

C,,H,,O, (248,27) Ber. C 82,24 H 4,87 Gef. )) 81,97 )) 4,70

32) G. W i t t i g , Angew. Chem. 53, 242 (1930).

152 H u i s g e n und R i s t

Die Neutralstof fe der primaren Reaktionslosung blieben nach Abdestillieren des Athers als braunes 01 (7,05 g) zuriick. Bei der Destillation gingen zunschst 1,15 g 1-Fluor-naphthalin ( n g = 1,5908) iiber, was 8% des Einsatzes entspricht. Die blal3gelbe Fraktion 170-200°/12 erstarrte beim Erkalten. Nach Absaugen und Umlosen aus Methanol 1,35 g fast farbloser Blattchen vom Schmp. 99-looo, die in der Mischprobe mit authent. 2-Phenyl-naphthulin (101-102°) keine Depression zeigten. Aus der eingeengten Mutterlauge wurde der Rest des 2-Phe- nyl-naphthalins mit einer gesiittigten Losung von 2,4,7-Trinitro-fluorenon in Benzol-Athanol 1 : 1 als bei 167-168 O schmelzende Molekiil-Verbindung33) abge- trennt. Die Destillation gab 1,07 g oliges 1-Phenyl-naphthalin, das durch aber- fiihrung in die hellgelben Nadeln des 4 - N i t r o - D e r i ~ a t s ~ ~ ) identifiziert wurde. Eine bei 130-150°/0,001 iibergehende Neutralfraktion enthielt 0,40 g Triphenyl- carbinol und 70 mg 1,2-Benzo-fluorenon.

K o n s t i t u t i o n s e r m i t t l u n g d e r P h e n y l - n a p h t h o e s a u r e n . 2-Phenyl-naphthoesiiure-(l). 150 mg wurden in 5 ccm konz. Schwefel-

saure bei Raumtemp. unter Schiitteln gelost und 2 Stunden stehen gelassen. Der sich bei der Behandlung rnit Eis und Eiswasser abscheidende Niederschlag wurde mit verd. Natronlauge digeriert : 120 mg 1,2-Benzo-fluorenon (VI) vom Schmp. 129-131 O . Aus Methanol orangerote verfilzte Nadeln, die bei 131,5-132O schmelzen. C. G r a e b e 35) fand den Schmp. des ,,Chryso-Ketons" bei 132,5O.

C,,H,,O (230,25) Ber. C 88,67 H 4,38 Gef. )) 88,02 )) 4,38

1 -Phenyl-naphthoeslure-(2). Die Kondensation mit konz. Schwefelsaure gab das 3,4-Benzo-fluorenon als orangefarbenes Pulver vpm Schmp. 148-151 O ;

aus Methanol bei 158-159O schmelzende Kristalle. (Lit.36) 161 O ) .

C,,H,,O (230,25) Ber. C 88,67 H 4,38 Gef. )) 88,29 )) 4,51

Reakt ion von 2-Fluor-naphtha l in mi t Phenyl - l i th ium Wie oben (S. 151) wurde eine Losung.pon 3,O g 2-Fluor-naphthalins7) vom

Schmp. 60-610 (20 mMol) in 110 ccm abs. Ather unter striktem Luft- und Feuch- tigkeitsausschlul3 in 80 ccm einer siedenden atherkchen I,0-molaren Phenyl- lithium-Losung unter Riihren eingetragen. Die nach 2 Stunden Kochen schoko- ladenbraune Losung wurde nach dem Erkalten carboxyliert und wie oben in sauren und neutralen Anteil getrennt. Der Veresterung des sauren Reaktions- produktes (9,Ol g zahe braune Masse) rnit Methanol-Schwefelsaure entzogen sich 1,13 g Slure, die nach Anreiben rnit kaltem Petrolather bei 104-111° schmolzen. Umlosen aus vie1 Ligroin fiihrte zu 0,98 g 2- Phenyl-naphthoesuure-(1) vom Schmp.

Aus der 8,15 g starken Methylester-Fraktion wurden 4,18 g Methyl-benzoat und anschliel3end im Hochvakuum bei 110-140° 3,39 g blal3griines (21 iiber- getrieben. Nach Verseifen mit methanolischer Kalilauge wurde aus Ligroin eine

114-115°.

33) M. Orchin ,L .Reggelu .E . Woolfollr, J. Amer. chem. SOC. 69,1225 (1947); R. Huisgen u. G. Sorge, Liebigs Ann. Chem. 566, 162 (1950).

34) R. Weiss u. K. Woidich, Mh. Chem. 46, 456 (1925). 35) Liebigs Ann. Chem. 335, 132 (1904). 3'3) A. Schaarschmidt , Ber. dtsch. chem. Ges. 49, 1449 (1916). 3 7 ) G. Schiemann, W. Gueffroy u. W. Winkelmii l ler , Liebigs Ann. Chem.

487, 270 (1931).

Die Reaktion aromatischer Fluorverbindungen mit Phenyl-lithium 1 53

bei 115-1480 schmelzende Spitzenfraktion erhalten. Mehrfaches Umlosen aus heidem Ligroin, unterstiitzt durch eine manuelle Kristallauslese (die 2,l-Saure bildet klare Drusen, die 2,3-Saure kleine Kiirnchen), gab neben 0,46 g 1-Phenyl- naphthoes&re-(Z) vom Schmp. 147-148 O noch 0,59 g farbloser Blattchen, die rein bei 165-166O schmolzen. Es handelt sich um die bislang unbekannte 2- Phenyl-naphthoesaure-(3) (VIII).

Cl,Hl,O, (248,27) Ber. C 88,24 H 4,87 Gef. )) 81,90 )) 4,76

Aus dem Mischkristallisat und den harzigen Anteilen der Mutterlaugeri konnten iiber das aus Methanol kristallisierende schwerlosliche Kaliumsalz und anschlieBendes Umlosen der freien Siiure aus Ligroin noch weitere 0,39 g 2,3-Saure vom Schmp. 160-162O erhalten werden.

Zur Konstitutionsermittlung wurde die 2-Phenyl-naphthoesaure-(3) mit kalter Schwefelsiiure in 2,3- Benzo-fluorenon (IX) iibergefiihrt. Umkristallisieren des bei 143-147 O schmelzenden Rohprodukts aus Methanol fiihrte zu zitronengelben Nadelbiischeln vom Schmp. 150-1510. Die von J. T h i e l e und J. S ~ h n e i d e r ~ ~ ) auf anderem Weg bereitete Verbindung schmolz bei 152 O. Die Identifikation erfolgte mit einem aus diazotiertem 2-( o-Amino-benzoy1)-naphthalin'dargestellten P r a ~ a r a t ~ ~ ) .

Cl,Hl0O (230,25) Ber. C 88,67 H 4,38 Gef. B 88,35 )) 434

Aus dem Neutralanteil der urspriinglichen Reaktionslosung wurden neben etwas Diphenyl 9,S% des Gemisches der Phenyl-naphthaline isoliert. Ein Teil des 2-Phenyl-Korpers schied sich kristallin ab ; auf die Ermittlung des a: P-Verhilt- nisses wurde hier kein Wert gelegt.

Reakt ionen des 2-Methoxy-3-lithium-naphthalins 2 -Met h o x y - n a p h t hoes Lure - (3). Die genannte metallorganische Verbin-

dung wurde in Anlehnung an die Lit.-VorschriftlZ) bereitet. Dazu wurde Nerolin mit der aquivalenten Menge n-Butyl-lithium in &her bei 20° 12 Stunden stehen- gelassen und anschlieBend noch 11 Stunden unter RiickfluB gekocht. Eine solche aus 44 mMol n-Butyl-lithium bereitete Losung des metallierten Nerolins wurde durch AufgieBen auf gepulvertes Trockeneis carboxyliert. Aus dem neutralen Reaktionsprodukt wurden 44% des eingesetzten Nerolins zuruckgewonnen. Der saure Anteil (4,85 g) zeigte nach mehrfachem Umlosen aus Benzol den Schmp. 132-132,5O und gab mit einem authent. Praparat der 2,3-Methoxy-naphthoesaure keine Depression. Die Rohausbeute entsprach 54% d. Th. S u n t h a n k a r und Gilman12) gaben 50% d. Th. an. Valeriansaure, auf die Carboxylierung etwa unveranderten n-Butyl-lithiums zuriickgehend, war nicht nachweisbar.

[2 -Met h o x y - n a p h t h y 1 - (3)] - d i p h e n y l - c a r b i n o 1 . Die Losung von 3-Li- thium-nerolin aus 43 mMol n-Butyl-lithium wurde aus der Vorrstsbiirette unter Stickstoff in eine Losung von 8,O g Benzo-phenon in 35 ccm abs. Ather einflieBen gelassen. Nach 90 Min. Kochen und Stehen iiber Nacht wurde hydrolysiert, worauf sich 4,15 g farbloser Kristalle ausschieden, die bei 179-179,5 O schmolzen. Beim Umlosen aus Alkohol kristallisierte die Substanz relativ langsam und zeigte Schmp. 182 O. Beim Digerieren des Mutterlaugen-Ruckstandes rnit kaltem Ligroin wurden weitere 3,17 g der gleichen Verbindung mit Schmp. 178-179O

38) Liebigs Ann. Chem. 369, 293 (1909). 39) W. D. Zahler , Diplomarbeit Miinchen 1954.

Annalen der Chemie, 694.Band 11

154 H u i s g e n und R i s t

erhalten; eine dritte Fraktion (1,27 g vom Schmp. 137-155O) konnte nicht gereinigt werden. Die auf eingesetztes n-Butyl-lithium bezogene Ausbeute am Triaryl-carbinol entsprach somit 50% d. Th.

C,,H,oO, (340,40) Ber. C 84,68 H 5,92 Gef. )) 84,56 )) 5,84

Intensive rotviolette Halochromie in Schwefelsaure. M. Go m b e r g und W. J. Mc Gil140) geben den Schmp. eines auf anderem Wege bereiteten Priiparats zu 175-176O an.

T r i - [2 - m e t h o x y - n a p h t h y l - (3)] - c a r b ino l . 175 ccm einer atherischen Losung von 2-Methoxy-naphthyl-(3)-lithium aus 67 mMol n-Butyl-lithium wurden bei Raumtemperatur mit 5,O g (23 mMol) 2-Methoxy-naphthoesiiure-(3)-methyl- ester41) in 100 ccm abs. Ather vereinigt, wobei sofort die Abscheidung eines farblosen Niederschlages begann. Nach Stehen iiber Nacht war der G i l m a n - Test4,) negativ. Nach Hydrolyse und Absaugen wurden 7,O g der iitherunloslichen Verbindung vom Schmp. 237-247 O erhalten. Mehrfaches Umlosen aus Aceton fiihrte zu farblosen Prismen, die bei 258-259O schmolzen. Die rotviolette Halochromie und die Analyse stehen mit obiger Formulierung in Einklang. Ausbeute 42% d. Th.

C,,H,,O, (500,56) Ber. C 81,58 H 5,64 Gef. )) 81,22 )) 5,85

2 -Met h o x y - 3 - m e t h y 1 - n a p h t h a1 i n . lOOccm einer Losung von 2,3-Methoxy- naphthyl-lithium aus 38 mMol n-Butyl-lithium traten mit 7,l g Methyljodid in 30 ccm Ather bei Raumtemp. unter Gelbfiirbung und Selbsterwarmung in Reaktion. Nach Stehen iiber Nacht wurde hydrolysiert, die Ltherische Phase mit Natronlauge und mit Wasser gewaschen. Nach Abdampfen des hithers hinterblieben 11,60 g als kristalliner, bei 35-50° schmelzender Ruckstand. Eine miihsame fraktionierte Kristallisation, abwechselnd aus Methanol und dthanol, gestattete die Abtrennung des 2-Methoxy-3-methyl-naphthalins vom iiberschiissi- gen Nerolin, von dem es sich in der Loslichkeit nur wenig unterscheidet. Mit 73-74O entspricht die 3-Methyl-Verbindung auch im Schmelzpunkt dem Nerolin, gibt mit diesem in der Mischung aber eine Depression von 250. Ausbeute 2,95 g, 45% d. Th. bezogen auf eingesetztes n-Butyl-lithium.

C,,H,,O (172,22) Ber. C 83,68 H 7,02 Gef. )) 83,54 )) 6,84

R. H u i s g e n und H. Nakaten43) bereiteten das 2-Methoxy-3-methyl- naphthalin aus 2,3-Methoxy-naphthoesLure und gaben den Schmp. 75-760 an. Nach der Entmethylierung mit rauchender Bromwasserstoffsiiure unter Zusatz von rotem Phosphor wurde nach Umlosen aus Wasser 2-Oxy-3-methyE-naphthalin vom Schmp. 157-158(' erhalten, ohne Depression mit einem authent. Prilparat.43)

2-Fluor-anisol und Phenyl - l i th ium In der S. 151 beschriebenen Apparatur lie13 man 18,9 g (150 mMol) 2-Fluor-

anisoI4,) vom Sdp. 156,5--157,5O und n g =..1,4941 in 250 ccm abs. d ther inner- halb 2 Stunden in die geriihrte, siedende Losung von 600 mMol Phenyl-lithium

4'3) J. Amer. chem. SOC. 47, 2392 (1925). 4 1 ) R. Lesser , E. K r a n e p u h l u. G. G a d , Ber. dtsch. chem. Ges. 58,2119 (1925). 42) H. Gi lman u. F. Schulze , J. Amer. chem. Soc. 47, 2002 (1925). 43) Liebigs Ann. Chem. 586, 84 (1954). 44) G. Schiemann u. S. K u h n e , Z. physik. Chem., Abt. A 156, 414 (1931).

Die Reaktion aromatischer Fluorverbindungen mit Phenyl-lithium 155

in 650 ccm Ather unter den ublichen Kautelen einflieden. Nach weiterem 3-stun- digem Kochen blieb die Reaktionslosung 14 Stunden bei Raumtemp. stehen und wurde alsdann carboxyliert und hydrolysiert.

Der atherischen Phase wurden die sauren Reaktionsprodukte mit Soda ent- zogen und nach dem Ansiiuern iiber eine erneute Ather-Passage isoliert (64,5 g). Nach 3,5 Stunden Kochen der Sauren mit 350 ccm Methanol und 30 ccm konz. Schwefelsaure wurde auf Eis gegossen und ausgeathert. An Sodalosung wurden 21,47 g unveresterter Slure abgegeben, die als bladgelbes ziihes 01 anfielen. Es handelt sich um die von G. Hey145) als fliissig beschriebene 3-Methozy- diphenyl-2-carbonsaure (XII), die uns erst nach mehrmonatigem Stehen durch- kristallisierte. Auch nach mehrfachem Umlosen aus Benzol kristallisierte die bei 108,5-109,5° schmelzende, farblose Verbindung noch recht langsam.

C,,H,,O, (228,24) Ber. C 73,67 H 5,30 Gef. D 73,30 )) 5,51

0,860 g und 0,970 g der oligen RohsLure verbrauchten bei der Titration gegen Phenolphthalein 36,25 resp. 40,60 ccm n/lO-Natronlauge, was Silure- aquivalenten von 237 und 238 entspricht. Die quantitative Verfolgung der weiter unten beschriebenen Reaktionen zeigte, da13 die olige Rohsaure mindestens 19,l g 3-Methoxy-diphenyl-2-carbons&ure enthielt.

Aus dem Gemisch der Methylester wurden zunachst 39,O g Benzoesaure- methylester (48% des eingesetzten Phenyl-lithiums) i. V. abdestilliert. Der bei 160-250°/12 ubergehende Esteranteil wurde im Mikrokolbchen fraktioniert.

1. 160-180"/12 0,75 g 2. 190-220°/12 3,55 g 3. -180°/0,001 0,30 g

Fraktion 1 gab nach der Verseifung mit methaiiolischer Kalilauge und Dige- rieren der freien Siiure mit Petrolather ein nicht rein zu erhaltendes Kristallisat. Daher wurde sofort mit Schwefelsaure cyclisiert, wobei 0,lO g reines 4-Methozy- fluorenon erhalten wurden. Nach einstiindigem Kochen rnit 10-proc. methano- lischer Kalilauge blieb ein Teil der Esterfraktion 2 unverseift und schied sich beim EingieBen in Wasser als blaBgelbes, bald erstarrendes 01 ab: 0,46 g vom Schmp. 80-84 0, die sich nach Umlosen aus Cyclohexan als 3-Methozy-diphen y1- 2-carbonsaure-methylester vom Schmp. 83,5-84,5 O erwiesen. Der geringe Teil der Carbonskure XII, der oben der Veresterung unterlag, erwies sich demnach als schwer verseifbar; gehinderte Esterbildung und -hydrolyse pflegen Hand in Hand zu gehen. Ansiiuern der Verseifungslosung gab 2,45 g rohe Skure vom Schmp. 80-1380, aus der sich durch Digerieren rnit warmem Ligroin 0,98 g vom Schmp. 165-170° erhalten lieBen. Nach mehrfachem Umlosen aus Benzol schmolz die Verbindung bei 171-172,5O und erwies sich als 2-Methoxy-diphenyl- 6 -carbons l i~re~~) .

C,,H,,O, (228,24) Ber. C 73,67 H 5,30 Gef. 73,73 )) 5,31

Das oben zur Reinigung der 2-Methoxy-saure verwendete Waschligroin hinterlied beim Eindampfen harzige Sliure, die erneut der Veresterung mit Methanol-Schwefelsiure unterworfen wurde. Der dabei nicht veresterte Anteil gab mit konz. Schwefelsaure nach Umlosen aus Methanol 0,35 g 1-Methoxy- fluorenon vom Schmp. 138--139,5O, 0,39 g 3-Methoxy-diphenyl-2-carbonsaure

4 5 ) Bar. dtsch. chem. Ges. 31, 3035 (1898). 4'3)H. Richtzenhain u. P. Nippus, Ber. dtsch. chem. Ges. 77, 571 (1944).

11*

156 H u i s g e n und R i s t

entsprechend. Auch der neue Esteranteil wurde dem Fluorenon-RingschluB unterworfen; aus Methanol 0,18 g 4-Methoxy-fluorenon vom Schmp. 109-111 0.

Die obengenannte Esterfraktion 3, eine orangebraune glasige Masse, lie13 sich aus Cyclohexan umlosen zu farblosen Drusen vom Schmp. 143-144O, deren Konstitution noch unbekannt ist

Gef. C 76,48 H 5,90

Aus dem Neutralanteil der Carboxylierungslosung konnte au13er einer be- scheidenen Menge o-Fluor-anisol keine definierte Verbindung isoliert werden.

Die Isolierung, Gehaltsbestimmung und Umrechnung aus den Fluorerionen fuhrte zu folgenden Gesamtausbeuten: 19,9 g XI1 (58% d. Th.) und 1,27 g XTV (3.i", d. Th.).

U m s e t z u n g e n mi t 3 - Met h o x y - d i p h e n y 1 - 2 - c a r b o n s a u r e 1 - M e t h o x y - f l u o r e n o n (XIII) . 1,35 g der reinen, krist. Saure gingen beim

Schutteln mit 15 ccm kalter konz. Schwefelsaure tiefrot in Losung. Nach Ein- gieIjen in Eiswasser und Stehen uber Nacht erhielten wir 1,21 g eines zitronen- gelben Pulvers vom Schmp. 140-141 O (97% d. Th.). Aus khan01 derbe, gelbe Polyeder vom Schmp. 141-1420, die bei 100° unter Abgabe von Kristallsolvens verwittern. Lit.45) Schmp. 141,5-142,5 O.

C,,HloO, (210,22) Rer. C 79,98 H 4,80 Gef. D 80,13 )) 4,93

Zur Gehaltsbestimmung wurden 3,41 g der oligen Rohsaure (S. 155) ent- sprechend cyclisiert und gaben 2,71 g eines bei 136-138O schmelzenden Roh- produkts. Die Rohsaure ist demnach mindestens 89-proc.

1 - 0 x y - f l u o r e n o n . 0,5 g des Met,hoxy-fluorenons wurden mit Eisessig und rauch. Bromwasserstoffssiiure unter Zusat,z von wenig rotem Phosphor 6 Stunden unter Ruckflu13 gekocht. Die ubliche Aufarbeitung gab 0,44 g vom Schmp. 112-114O. Aus vie1 Wasser gelbe, seidenweiche Nadeln, die bei 115-1 160 schmolzen. Lit.17) 115O.

C,,H,O, (196,19) Ber. C 79,58 H 4,11 Gef. )) 79,49 )) 4,31

3 - O x y - d i p h e n y l . 3,88 g Rohsaure wurden rnit 10 ccm Eisessig und 40 ccin Bromwasserstoffsiiure (d 1,7) 7 Stunden zum Sieden erhitzt und mit Wasser- Ather aufgearbeitet. Der hellbraune, bei 45-60° schmelzende Ather-R.uckstand liefcrte bei der Destillation i. V. 2,70 g rohes 3-Oxy-diphenyl vom Schmp. 67 bis 72O. Aus Petrolather (60-80°) farblose, seidengknzende Nadeln, die bei 74,5 bis 75,5O schmolzen. Lit.47) 78O.

C,,H,,O (170,20) Ber. C 84,68 H 5,92 Gef. )) 85,09 )) 6,12

3-Methoxy-diphen yl-2-carbonsaure-p-toluidid. Das mit Thionylchlorid aus der Rohsaure auf dem Wasserbad bereitete Saurechlorid wurde mit p-Toluidin in Benzol-Pyridin umgesetzt. Aus Methanol farblose Nadelbuschel vom Schmp. 170,5-171,5°.

C,,H1,OzN (317,37) Ber. C 79,47 H 6,04 Gef. D 79,97 )) 6,Ol

4 7 ) P. Jacobson u. A. Loeb, Ber. dtsch. chem. Ges. 36, 4082 (1903).

Die Reaktion aromatischer Fluorverbindungen mit Phenyl-lithium 157

3-Methox y-diphen yl-2-carbonsaure-methylester. Die Rohsaure lie13 sich glatt mit Diazomethan in Ather verestern. Nach einstiindigem Stehen wurde der Ather vertrieben und der Ester bei 196-210°/12 destilliert. Das zum Kristall- kuchen erstarrte Destillat wurde zunachst mit kaltem Cyclohexan digeriert, alsdann aus dem gleichen Solvens umgelost. Farblose Nadeln vom Schmp. 84-85 O.

Cl,Hl,O, (242,26) Ber. C 74,36 H 5,83 Gef. )) 74,35 )) 6,04

Der Ester lost sich in Schwefelsaure mit dunkelroter Farbe; EingieDen in Wasser fiihrt zur Abscheidung von 1-Methoxy-fluorenon. Der Ester wird schwer hydrolysiert. Nach dreizehnstiindigem Kochen mit 10-proc. methanolischer Kalilauge konnten noch 25% des Ausgangsmaterials neben der roh bei 94-107 O

schmelzenden Carbonsaure isoliert werden.

U m s e t z u n g e n d e r 2-Methoxy-diphenyl-6-carbonsiiure 4-Methoxy-fluorenon. Diese Verbindung wurde wie oben durch Behandlung

mit konz. Schwefelsaure und EingieDen der dunkolgriinen Losung in Eiswasser erhalten. Der noch nicht beschriebene Fluorenon-Abkommling kristallisierte aus Methanol in orangegelben glanzenden Nadeln vom Schmp. 114,5-115,5O.

C,,H,,O, (210,22) Ber. C 79,98 H 4 3 0 Gef. )) 80,36 )) 5,04

4-Oxy-fluoren wurde daraus durch Entmethylierung rnit Bromwasserstoffsaure bereitet. Aus vie1 Wasser orangegelbe Nadeln vom Schmp. 250-251O. Keine Deuression rnit einem nach C. G r a e b e und P. Sches takow*s\ bereiteten Priparat.

C,,H,O, (196,19) Ber. C 79,58 H 4,11 Gef. )) 79,52 )) 4,38

R e a k t i o n d e s 2 - F l u o r - a n i s o l s m i t P h e n y l - l i t h i u m u n t e r d e n B e d i n g u n g e n v o n G. W i t t i g u n d G. Fuhrmann16)

In einem Schlenk-Rohr lieBen wir 7,40 g 2-Bluor.anisol(59 mMol) mit 60 mMol Yhenyl-lithium in 120 ccm abs. Ather 20 Stunden bei Raumtemp. reagieren. I m Scheidetrichter wurde hydrolysiert, die waDrige Phase noch zweimal rnit Ather ausgezogen. Die Titration mit l/l0-Salzsaure wies auf 33,5 mMol Lithium- hydroxyd. Der Riickstand der Atherlosung lieferte bei der Destillation bis 56O/14 2,70g des eingesetzten Fluor-anisols zuriick. Der bis 147 O/0,2 iibergehende, 3,50 g starke Anteil wurde mit reuchender Bromwasserstoffsaure entmethyliert, nach EingieDen in Wasser rnit Soda abgestumpft und mit Ather ausgezogen. Die phenolischen Anteile wurden in Natronlauge eingeschiittelt und mit Salzsaure in Freiheit gesetzt: 1,88 g einer braunen Kristallmasse vom Schmp. 67-71". Nach Umlosen aus Petrolather (60-80O) farblose Nadeln vom Schmp. 74,5 bis 75,50, die sich mit 3-Oxy-diphenyl identisch erwiesen. Die Fahndung nach o-Oxy-diphenyl war ohne Erfolg.

3-Fluor-anisol und Pheny l - l i t h ium 3-Fluor-anisol. Um ein isomerenfreies Praparat zu erhalten, wurde das

m-Anisidin in das Acetyl-Derivat iibergefiihrt und dieses aus Wasser bis zum konstanten Schmp. von 79,5-80,5 O gereinigt. Nach Verseifung mit halbkonz. Salzsaure wurde diazotiert und das Diazonium-fluoborat wie iiblich gefiillt. Das nach G. S c h i e m a n n und S. Kiihne44) bereitete Praparat von 3-Fluor-anisol zeigte Sdp. 152,5--153,5O/730 und n g = 1,4868.

4s) Liebigs Ann. Chem. 284, 315 (1895).

158 H u i s g e n und R i s t

Reak t ion bei O o : 13,4 g m-Fluor-anisol in 180 ccm Ather wurden in der ublichen Weise inner-

halb 2 Stunden in 425 ccm einer 1,O-molaren kitherischen Phenyl-lithium-Losung eingetragen, wobei die Temperatur auf 00 gehalten wurde. Alsdann wurde je eine Stunde bei 00, bei 200 und bei Siedetemp. geruhrt und nach 19-stundigem Stehen bei Raumtemp. carboxyliert. Aufarbeitung wie S. 155 fur 2-Fluor-anisol be- schrieben.

Das Saure-Aquivalent der nicht veresterten oligen Rohsiiure (18,l g) wurde zu 243 gefunden. 5,11 g davon wurden mit Diazomethan methyliert. Eine Ausbeute von 4,67 g des kristallinen, bei 80,5-83 O schmelzenden Methylesters deutet auf einen mindestens 86-proc. Gehalt der Rohsaure an 3-Methoxy- diphenyl-2-carbonslure (15,6 g).

Die mit Methanol- Schwefelsiiure erhaltene Methylester-Fraktion (4,22 g) wurde wie oben durch abwechselnde partielle Verseifung und partielle Veresterung in ihre Komponenten XI1 und XIV, bzw. die zugehorigen Methoxy-fluorenone, getrennt. Insgesamt wurden 17,5 g XI1 (72 %d. Th.) und 0,35 g 4-Methoxy- fluorenon, 1,6% d. Th. an XIV entsprechend, isoliert.

Der 2,9 g starke, hochsiedende Anteil der Neutralfraktion der Carboxylierungs- Losung gab bei der Behandlung mit BromwasserstoffssLure eine bescheidene Menge 3-Oxy-diphenyl.

R e a k t i o n be i 35": 18,9 g 3-Fluor-anisol in 250 ccm Ather wurden innerhalb 2,5 Stunden in die

siedende Ather-Losung der vierfach molaren Menge Phenyl-lithium eingetropft. Nach weiteren 2,5 Stunden Kochen stand das Reaktionsgemisch 17 Stunden bis zur Carboxylierung.

Die partielle Veresterung wie oben lie13 28,7 g Carbonsaure als orangebraunes 01 unangegriffen; der Fluorenon-Ringschlu13 wies auf einen Gehalt von 24,2 g 3-Methoxy-diphenyl-2-carbonsiiure. Die Trennung des im Wasserstrahlvakuum destillierten Estergemisches (5,67 g) wurde wesentlich vereinfacht : Die Cycli- sierung rnit Schwefelsiiure ergab 4,27 g orangegelbes Pulver, aus dem beim Um- losen aus Benzol 1,67 g 1-Methoxy-fluorenon als Spitzenfraktion erhalten wurde.

Die eingeengte benzolische Mutterlauge wurde auf eine 1 m hohe Aluminium- oxyd-Siiule von 2 cm Durchmesser aufgebracht. Bei der Entwicklung rnit vie1 Benzol wanderte eine gelbe Zone als erste in den Durchlauf und lieferte 0,58 g Fluorenon vom Schmp. 80,5-81 O. Die orangegelbe mittlere Zone gab nach Elution und Vertreiben des Losungsmittels 0,79 g orangefarbene Kristalle vom Schmp. 105-108°, deren Schmp. durch Umlosen aus Alkohol auf 113-114O gesteigert werden konnte: 4-Methoxy-fluorenon. Die obere gelbe Zone - das Fehlen weiterer Zonen zeigt den glatten Ablauf ohne Bildung weiterer Isomerer - wandert bei der Benzolentwicklung fast gar nicht und wird mit Methanol eluiert : 1,05 g 1-Methoxy-fluorenon. Das Resultat entspricht 27,2 g der Siiure XI1 und 0,84 g XIV, wenn man der Kondensation zum Methoxy-fluorenon eine 97-proc. Ausbeute zugrunde legt.

Anrnerkung nach der Niederschrift des Manuskriptes: Nach freundlicher Privatmitteilung haben sich John D. R o b e r t s und E. F. J e n n y , Pasadena, ebenfalls mit dem Mechauismus der Reaktion von Fluor-benzol mit Phenyl- lithium befa13t. Mit der 14C-Markierungsmethode kommen diese Autoren, deren Arbeit in den Helvet. Chim. Acta publiziert wird, zu den gleichen Konsequenzen hinsichtlich der Ar-in-Zwischenstufe.

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