Dreigliedrige Heterocyclen Ein Diazaphosphiridin-3-oxid

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H . Quast und M. Heuschmann

Liebigs Ann. Chem. 1981, 967 - 976

967

Dreigliedrige Heterocyclen, 11 la)

Ein Diazaphosphiridin-3-oxid lb)

Helmut Quast * und Manfred Heuschmann

Institut fur Organische Chemie der Universitat Wiirzburg, Am Hbbland, D-8700 Wurzburg

Eingegangen am 16. Juli 1980

Herrn Professor S . Hunig zum 60. Geburtstag gewidmet.

Ein Uberblick iiber Phosphor enthaltende Systeme, die in einer Dreiringstruktur vorliegen kon- nen, zeigt, da13 im Gegensatz zu den hypothetischen 03h3-Phosphor-Dreiringen rnit einem oder zwei elektronegativeren Atomen Aza-04h5-phosphiridine und Diaza-04h5-phosphiridine stabiler als ihre acyclischen Isomere sein sollten. Die Alkoholate 12a - 12c uberfuhren das N-Chlorphos- phondiamid 11 in die Phosphonesterhydrazide 13a - 13c, mit sterisch stark gehinderten, nicht- nucleophilen Alkoholaten wie 12d oder 12e erhalt man aus 11 das Diazaphosphiridinoxid 14. Aus seinem temperaturabhangigen 'H-NMR-Spektrum IaOt sich eine Aktivierungsbarriere von AG& = 49 kJ/mol fur die Diastereotopomerisierung der trans-standigen N-tert-Butylgruppen durch pyramidale Stickstoff-Inversion errechnen. 14 ist in Benzol bis 125 "C stabil. Bei 145 - 155 "C tritt undefinierte Zersetzung ein, die 0.6 mol 2-Methylpropen liefert. Methanol offnet sehr rasch den Ring VOR 14 und bildet quantitativ das Phosphonesterhydrazid 13a.

Three-membered Heterocycles, 11 *a). - A Diazaphosphiridine 3-Oxide Ib)

A survey of phosphorus containing systems which may exist as three-membered rings reveals that, in contrast to the hypothetical three-membered rings consisting of a3h3-phosphorus and one or two more electronegative atoms, aza-o4h5-phosphiridines and diaza-04h5-phosphiridines should be more stable than their acyclic isomers. The alkoxides 12a - 12c transform the N-chlorophos- phondiamide 11 into the phosphonate hydrazides 13a - 13c, and with strongly hindered, non- nucleophilic alkoxides, e.g. 12d or 12e, from 11 is obtained the diazaphosphiridine oxide 14. From its temperature-dependent 'H-NMR spectrum an activation barrier of AG& = 49 kJ/mole for the diastereotopomerization of the trans-N-tert-butyl groups via pyramidal nitrogen inversion has been calculated. In benzene, 14 is stable up to 125 "C. At 145 - 155 "C undefined decomposi- tion occurs affording 0.6 moles of 2-methylpropene. Methanol very rapidly opens the ring of 14 yielding quantitatively the phosphonate hydrazide 13a.

Mit Staudingers2) Isolierung eines Thiirandioxids (la) begann 1916 die Erforschung dreigliedriger Ringe mit Elementen hoherer Perioden, doch blieb sie lange auf Thiirane beschrankt. Erst vie1 spater fand man Phosphirane3) und die lange gesuchten Silirane4). Wahrend nun die Chemie dreigliedriger Ringe des h3-Phosphors, besonders durch Baudler und Mitarbeiter, einen ungeahnten Aufschwung erfahren hat 5,6) , ist h5-Phos- phor in Dreiringen immer noch selten anzutreffen6). Als wir mit der hier vorgelegten Untersuchung begannen '), waren solche Verbindungen noch unbekannt.

Liebigs Ann. Chem. 1981

0 Verlag Chemie GmbH, D-6940 Weinheim, 1981 0170-2041/81/0505-0967 $ 02.50/0

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1 2

l a , 2 a C< C< lb , 2b C< N- -I-- l c , 2 c N- N-

Nachdem in den Thiaziridin-1 ,I-dioxiden 1 b ') und den Thiadiaziridin-1,l-dioxiden l c9 ) die ersten Schwefel-Stickstoff-Dreiringe gefunden waren, schien es reizvoll, die entsprechenden Phosphorverbindungen 2 zu synthetisieren. Da es sich wegen der ho- hen Ringspannung vermutlich um sehr reaktive, empfindliche Substanzen handeln wurde, versprach eine besonders schonende Synthesemethode, namlich der Ringschlu13 durch eine 1,3-Eliminierung von Halogenwasserstoff, die besten Erfolgsaussichten. Auaerdem sollten groRe Alkylgruppen die zu erwartende Reaktivitat des (r4hS- Phosphors im Dreiring gegenuber Nucleophilen berabsetzen und dadurch die Verbin- dung handhabbar machen. Mit der Synthese des Phosphiranoxids 2a'O) und des Diaza- phosphiridinoxids 2c7', uber das wir hier berichten, konnte dieses Konzept auch in der Phosphorreihe verwirklicht werden.

Zur Stabilitat von Phosphor-Dreiringen Die Chemie dreigliedriger Ringe ist nicht zuletzt deswegen so interessant, weil aus ei-

nem gesattigten Dreiring mindestens eine acyclische Spezies, die oft Diradikal- oder Dipolcharakter hat, durch elektrocyclische Ringoffnung entstehen kann ' I ) . Auf der Su- che nach neuen Dreiringen mu13 man abschatzen, ob der Energieunterschied dieser acyclischen Systeme zum Dreiring fur eine Synthese gunstig ist. Im Falle der Thiaziridi- ne 1 b8) und Thiadiaziridine lc9a) hatten sich solche Uberlegungen bereits bewahrt. Ne- ben einer elektrocyclischen Ringoffnung ist noch ein cheletroper Zerfall des Dreirings in zwei Fragmente bei der Abschatzung seiner Stabilitat in Betracht zu ziehen 12).

Durch Offnung der X - Y-Bindung der 03h3-Phosphor-Dreiringe 3 entstehen acycli- sche Isomere 4 mit a3h5-Phosphor. Die relative Stabilitat von 3 und 4 hangt wesentlich von der Festigkeit der Bindungen P = X, P = Y, X - Y sowie von der Ringspannung ab. Elektronegativere Atome wie Sauerstoff, Stickstoff und Schwefel bilden feste Doppel- bindungen mit Ylidcharakter zum Phosphor, wahrend ihre Bindungen untereinander relativ schwach sind. Das erklart, da8 nur die acyclischen Anordnungen 4j-4q be- kannt sind oder nachgewiesen wurden, wenn X oder Y Stickstoff, Sauerstoff oder Schwefel ist. Die entsprechenden Dreiringe 3j - 3q durften vie1 weniger stabil sein, so da13 es mehr als zweifelhaft erscheint, ob sie jemals isoliert werden konnen. Genau um- gekehrt liegen die Verhaltnisse im Falle der Elemente, die ahnlich oder weniger elektro- negativ sind als der Phosphor und die stabile 03h3-Phosphor-Dreiringe 3a- 3i bilden 5,6) . Die im Vergleich zum isomeren Bis(alky1iden)phosphoran 4 b hohere Stabili- tat des Phosphiranrings 3b geht auch aus einer kurzlich durchgefuhrten MIND0/3-

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Rechnung hervor 16c). Ganz analoge Uberlegungen lassen sich fur 05h5-Phosphor- Dreiringe6) und 04h5-Phosphor-Dreiringe wie die hier interessierenden Oxide 2 anstel- len.

Die acyclischen Isomeren 5 und 6 von 2 sollten anders als 4 j - 4q energetisch ungiin- stiger sein. Ein cheletroper Zerfall von 2 in 8 und Phosphinidenoxide 7 durfte nicht so leicht eintreten, da diese energiereiche, instabile Zwischenstufen lo) sind. Damit erschie- nen die Oxide 2a - 2c als prinzipiell erreichbare Syntheseziele.

Alkoholat-induzierte Umlagerung von N-Chlorphosphonamiden Geminale Diamine, deren eines Stickstoffatom eine Abgangsgruppe tragt, zum Bei-

spiel Chlor wie in den N-Chlordiaminen vom Typ 9, sind zum Basen-induzierten Ring- schlufi pradestiniert, wie die DiaziridineZ2) und Thiadiaziridin-1 , l-dioxide9) sowie die auf deren Folgereaktionen beruhenden Hydrazin- und Diazen-Synthesen beweisen. Da die N-Chlordiamine 9 Oxidationsmittel sind, kommen fur eine 1,3-Eliminierung nur nichtoxidierbare Basen wie Hydroxyl- oder Alkoholationen in Frage. Wie in der vor- hergehenden Mitteilung beschriebenZ3), wurde aus N-Chlor-di-tert-alkylamiden, die sich von der Methyl-, Phenyl- bzw. tert-Butylphosphonsaure ableiten, zum Beispiel 11, durch Natrium- oder Kaliumalkoholate 12 glatt Chlorwasserstoff eliminiert. Als Pro- dukte erhielt man in guten Ausbeuten Phosphonester-N,N’-di-tert-alkylhydrazide, zum Beispiel 13, selbst dann noch, wenn man als Base das sterisch gehinderte, wenig nucleo-

9 10

9a, IOa: x = c:, C=O, C=NR~’) 9b, 10bGlc: X = SO?)

/tBu RONaoderROK ,tBu

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phile 1,l-Diethylpropanolat 12c verwendete. Die Struktur 13 der Produkte zeigte, da8 eine Umlagerung eingetreten war, die der Favorskii-Umlager~ng~~) in jeder Hinsicht glich .

Darstellung und Struktur des Tri-tert-butyl-diazaphosphiridin-3-oxids (14) Wenn auch mehrere Mechanismen fur die Alkoholat-induzierte Umlagerung der N-

Chlordiamide 11 in die Esterhydrazide 13 vorstellbar waren, aus Analogiegrunden schien die primare Bildung der Diazaphosphiridin-Zwischenstufe 14 plausibel. Da8 trotz der drei tert-Butylgruppen von 14 auch rnit dem schon recht sperrigen Alkoholat 12c noch Ringoffnung eintrat, sprach fur eine auBerordentlich hohe Reaktivitat der moglichen Zwischenstufe 14 gegenuber Nucleophilen. Es muljten daher noch wesent- lich starker als 12c sterisch abgeschirmte Alkoholate und extreme Aufarbeitungsbedin- gungen gefunden werden. Wir wahlten das Kalium-1 ,l-di-tert-butylethanolatZ5) (12d), da der Alkohol leicht zuganglich und mit Kaliumhydrid in das Alkoholat zu uberfuhren war, und als Isolierungsmethode die Sublimation des Reaktionsprodukts im Hochva- kuum. Tatsachlich bestand in einem solchen Versuch das Sublimat laut 'H-NMR- Spektrum aus dem eingesetzten Alkohol und einer zweiten Verbindung, die momentan und quantitativ rnit Methanol das Phosphonesterhydrazid 13a bildete. Ein daraufhin hergestellter sowohl nichtnucleophiler als auch nichtfluchtiger Alkohol brachte schliel3- lich das gewunschte Ergebnis: Aus 11 erhielt man mit dem Alkoholat l2eZ5) in Tetra- hydrofuran bei - 30°C nach Entfernen des Losungsmittels im Vakuum unter striktem Feuchtigkeitsausschlufl ein Rohprodukt, aus dem bei 35"C/6 . Torr 60% einer einheitlichen Verbindung sublimierten. Sie kristallisierte aus wenig Hexan bei - 78 "C in farblosen, extrem hygroskopischen Kristallen, die an der Luft in wenigen Sekunden zerliefen, im Vakuum bei tiefer Temperatur aber mehrere Wochen stabil waren. Ihre entgaste Losung in Benzol blieb im zugeschmolzenen Rohr mehrere Monate unveran- dert .

Elementaranalyse und hochaufgelostes Massenspektrum der bei 63.5 - 65 "C schmel- zenden Verbindung ergaben die fur 14 erwartete Summenformel. Der ElektronenstoD- induzierte Zerfall im 70-eV-Massenspektrum begann mit der Abspaltung einer Methyl- gruppe oder von 2-Methylpropen. Die einem cheletropen Zerfall in Di-tert-butyldiazen und tert-Butylphosphinidenoxid entsprechende Spaltung des Molekulions wurde nicht gefunden. Zwar war ein Ion rnit m / e = 104 und einer relativen Intensitat von 13% vor- handen, es besafl in der Hochauflosung aber nicht die fur tBu - P = 0 geforderte Mas- se. Das in Heptan gemessene IR-Spektrum zeigte Banden bei 1272, 1198 (tBu, P=O) und 821 cm- ' (P - tBu), erwartungsgeman aber keine Absorption in N - H-Bereich.

Wie die Kohlenstoffatome von Cyclopropanen im 13C-NMR-Spektrum absorbiert auch der Phosphor aller Phosphor-Dreiringe im "P-NMR-Spektrum bei sehr hohem Feld im Vergleich zu acyclischen Modellverbindungen 5,6.10). DaD das Phosphorsignal von 14 um 30 ppm bei hoherem Feld erscheint als das des Phosphonamids 15, ist daher ein sicheres Indiz fur die Dreiringstruktur.

Im 'H-NMR-Spektrum von 14 beobachtete man bei Normaltemperatur zwei Dub- letts im Verhaltnis 2: 1 rnit 4J,p = 0.4 Hz bzw. 3JHp = 17.9 Hz (Abb. 1). 'H-31P-Kopp- lungen, die iiber vier Einfachbindungen und gleichzeitig ein Stickstoffatom hinweg ver-

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laufen, findet man bei a4h5-Phosphor nur selten26). Ein Beispiel dafiir bietet das N-Chlorphosphondiamid 11 mit 4JHp = 0.65 H z ~ ~ ) .

Die unter Normalbedingungen beobachtete Aquivalenz der N-tert-Butylgruppen zeigte, da8 entweder diese in cis-Stellung zueinander standen oder da8 bei trans- Stellung die Diastereotopomerisierung durch pyramidale N-Inversion rasch bezuglich der ‘H-NMR-Zeitskala verlief. Die Temperaturabhangigkeit des ‘H-NMR-Spektrums entschied zugunsten der zweiten Moglichkeit und bewies damit die in der Formel 14 an- gegebene trans-Konfiguration. Es ist bemerkenswert, da8 das analoge Phosphiranoxid die cis-Konfiguration 16 besitzt lo).

6 = 2.3 6 = 32.6

14 15

16

17 18

Der bei 183 K gernessene Abstand der N-tert-Butylsignale betrug 28.4 Hz bei 90 MHz. Die beiden zu erwartenden 4JHp-Kopplungen lieBen sich bei tiefer Temperatur aber nicht beobachten, da bereits ab 235 K Signalverbreiterung auftrat, die ab 173 K ei- ne Auswertung des Spektrums sogar vollig verhinderte. Da die Halbwertsbreite des in- ternen Standards TMS zwischen 293 und 183 K bei 0.42 - 0.46 Hz blieb, fiihren wir die Verbreiterung der Signale von 14 auf beginnende Rotationsbehinderung zuriick. Die aus der Tieftemperaturaufspaltung Av (183 K) = 28.4 Hz und der Koaleszenztempera- tur Tc = 235 K errechnete Inversionsbarriere von 14, AG& = 49 kJ/mol, lag deutlich niedriger als bei dem vergleichbaren Diaziridinon 17 [AG;, = 67 kJ/mo12’)] und dem Thiadiaziridin-1,l-dioxid 18 [AG& = 88 kJ/m01~~)]. Das durfte vor allem auf die De- stabilisierung des Grundzustands von 14 durch die Wechselwirkung der beiden cis- standigen tert-Butylgruppen zuruckzufuhren sein, die im Ubergangszustand der N-In- version aufgehoben wird.

Versuche, unter den fur 14 bewahrten Bedingungen aus dem N-Chlordiamid 19 das Diazaphosphiridinoxid 20 zu erhalten, ergaben ein in Benzol nur wenig losliches, bei 25°C/10-5 Torr nicht sublimierbares Produkt, das im Gegensatz zu 14 (siehe unten) mit Methanol nicht zum Esterhydrazid 21a reagierte, aber auch laut ‘H-NMR- Spektrum nicht 21e sein konnte.

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!93 K

1.30 1.20 1.10 ppm

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Abb. 1 . Temperaturabhangigkeit des in [D8]Toluol gemessenen 'H-NMR-Spektrums des Tri-tert- butyldiazaphosphiridin-3-oxids (14)

Wir vermuten, dal3 als.Folge der P-Methylgruppe unter dem Einflul3 der starken Ba- se 12e eine eliminierende R i n g t j f f n ~ n g ~ ~ ) von 20 zu einem Methylenphosphanoxid vom Typ 4k eingetreten war, das dann polymerisierte.

ON ,Me o* ,Me 8 ,Me '2e [Bu,d5N,tB] - RO P\ N-NH-tBu

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19 20 21a: R = Me 21e: R = C(tBu)2(n-C1,H,)

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Umwandlungen des Diazaphosphiridinoxids 14 Das Diazaphosphiridinoxid 14 war thermisch uberraschend stabil. Seine im Hochva-

kuum entgaste Losung in Benzol zeigte nach 20 Stunden bei 90°C und einer Stunde bei jeweils 110 und 125°C praktisch keine Anzeichen von Zersetzung. Diese war erst ab 140°C bemerkbar und nach 10 Stunden bei 155°C vollstandig. Unter den Produkten konnten nur 0.6 mol 2-Methylpropen identifiziert werden. Di-tert-butyldiazen, das beim cheletropen Zerfall neben Phosphinidenoxid entstehen und unter den Versuchs- bedingungen stabil sein sollte (t,,z = 6.9 h bei 165"C30)), sowie das Phosphonsauredi- amid 15 als Produkt eines Diradikal-Zerfalls, der wie bei der thermischen Thiadiaziri- dindioxid-Zersetzung 22 + 23 + 24 eintreten kOnntega), waren 'H-NMR-spektro- skopisch nicht nachzuweisen.

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22 23

Ad = 1-Adamantyl

24

In auffallendem Gegensatz zu dem inerten Phosphiranoxid 16 lo) reagierte 14 momen- tan mit Wasser und Alkoholen. Dabei bildete Methanol quantitativ das Phosphon- esterhydrazid 13a. Diese Umsetzung ist ein recht uberzeugender, wenn auch noch nicht hinreichender Beweis dafur, dal3 Diazaphosphiridinoxide Zwischenstufen der Alkoholat-induzierten Umlagerung von N-Chlorphosphondiamiden sind.

Wir danken Herrn Dr. N. Pelz fur die Aufnahme der Massenspektren, Frau H. Heinze fur die 90-MHz-'H-NMR-Spektren und Herrn Dr. W. Buchner fur die 31P-NMR-Spektren. Dem Fonds der Chernischen Industrie danken wir fur groRzugige finanzielle Unterstiitzung.

Experimenteller Teil Allgemeine Vorbemerkungen: Lit. 23). - Argon wurde in einer NORMAG-Gasreini-

gungsanlage der Fa. Fritz GmbH, Hofheim (Taunus), bei 120°C uber einen BTS-CuO-Kataly- sator der Fa. BASF geleitet und anschlieflend iiber Kieselgel, Kaliumhydroxid, Diphosphor- pentoxid und Magnesiumperchlorat getrocknet. Tetrahydrofuran wurde unter Argon aus einer Umlaufapparatur uber Natriumhydrid destilliert.

Kaliurn-3-tert-butyl-2,2-dirnethyl-3-heneicosanolat (12e) in Tetrahydrofuran : 1 .OO g (25 mmol) mit Pentan gewaschenes und in einem Argon-Strom getrocknetes Kaliumhydrid wurde unter Argon in 30 ml Tetrahydrofuran suspendiert und unter Riihren mil 5.95 g (15 mmol) 3-lert- Butyl-2,2~dimethyl-3-heneicosanol*5) versetzt. Man ruhrte 5 h und lien die Suspension in 15 h absitzen. Ein Aliquot der klaren, blaRgelblichen Losung wurde mit einer Spritze enrnommen, in 10 ml Wasser gegeben und rnit 0.1 N Salzsaure gegen Phenolphthalein titriert. Die so bestinirnte Ausbeute betrug 94% 12e.

1,2,3-Tri-tert-butyldiazaphosphiridin-3-oxid (14): Alle Operationen und die Handhabung von 14 wurden strikt unter Argon durchgefuhrt. Im Sublimationskolben einer Hochvakuumapparatur wurden zu einer auf - 30°C gekiihlten Losung von 2.82 g (10 mmol) 1123) in 100 ml Tetrahydro- furan 22 ml einer 0.47 M Losung von 12e (10.4 mmol) in Tetrahydrofuran gegeben. Man lieR die

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Mischung unter Ruhren in 2 h auf - 5 "C erwarmen, destillierte das Losungsmittel ohne auRere Heizung bei Torr ab und sublimierte die fliichtigen Bestandteile des Ruckstands bei 35"C/ 6 . Torr ergab 1.49 g (59%) farblose Kristalle mit Schmp. 63.5 - 65 "C. Aus wenig Hexan bei - 78°C kri- stallisierte 14 mit einem Schmp. von 62-64°C. - 'H-NMR ([Ds]Toluol): 6 = 1.21 (d, JHp = 0.4 Hz; 2 tBu), 1.23 (d, JHp = 17.9 Hz; tBu). - ,'P I'H)-NMR ([D8]Toluol): 6 = 2.3. - MS (70 eV, Tiegeltemp. <20"C, Temp. der Ionenquelle 220°C): m/e (070) = 246 (1, M'), 231 (6,

(19), 78 (12), 64 (43), 63 (9), 57 (100). Ber. fur C,H,PO: 104.03910, gef. 104.02546.

Torr an einen auf - 30°C gekiihlten Finger. Erneute Sublimation bei 35"C/6.

M-CH,), 190 (9, M-C,HS), 175 (3), 135 (16), 134 (4), 133 (13), 120 (17), 119 (9), 118 (9), 79

C,,H,,N,OP (246.3) Ber. C 58.51 H 11.05 N 11.37 Gef. C 58.16 H 11.02 N 11.63 Molmasse: Ber. 246.18609 Gef. 246.18625

Umsetzung uon 14 mit Methanol: 0.21 g (0.85 mmol) frisch sublimiertes 14 wurden unter Ar- gon in 5 ml trockenem Methanol geldst. Nach 5 min destillierte man das Losungsmittel ab und er- hielt 0.23 g (97%) farblose Kristalle mil Schmp. 164- 165 "C, laut Schmp., Misch.-Schmp., 1R- und 'H-NMR-Spektrum identisch mit 13a23).

Literatur und Anmerkungen (erganzt bei der Korrektur am 1. Mai 1981) 1) la) 10. Mitteil.: Lit.23). - Ib) Die Ergebnisse sind Teil der Dissertation von M. Heuschmann,

2, H. Staudinger und F. Pfenninger, Ber. Dtsch. Chem. Ges. 49, 1941 (1916). Univ. Wiirzburg 1979.

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4, Zusammenfassungen: D . Seyferth, J . Organomet. Chem. 100, 237 (1975); J. Y. Corey, J. Organomet. Chem. Library 8, 80 (1979); B. J. Aylett, Organometallic Compounds, 4. Aufl., Bd. 1, Teil2, Chapman and Hall, London 1979.

9 Zusammenfassung: M. Baudler, Pure Appl. Chem. 52, 755 (1980). 6, Zusammenfassung: H. Quast, Nachr. Chem. Tech. Lab. 27, 120 (1979).

VorlLufige Mitteilung: H . Quast, M , Heuschmann und M. 0. Abdel-Rahman, Angew. Chem. 87, 487 (1975); Angew. Chem., Int. Ed. Engl. 14, 486 (1975).

8 ) H. Ouast und F. Kees. Angew. Chem. 86. 816 (1974); Anaew. Chem.. Int. Ed. End. 13. 742 - . (19%); Chem. Ber. 114, 787 (1981).

9, H. Ouast und F. Kees. Tetrahedron Lett. 1973. 1655; Chem. Ber. 110, 1780 (1977). und dort z i t h e Literatur. - gb) H. H. Chang und B. Weinstein, J. Chem. SOC., Perkin Trans. 1, 1977, 1601.

lo) H. Quast und M. Heuschmann, Angew. Chem. 90,921 (1978); Angew. Chem., Int. Ed. Engl. 17, 867 (19781, und dort zitierte Literatur; Liebigs Ann. Chem. 1981,977, nachstehend.

I * ) Zusammenfassungen: R . Huisgen, XXIIlrd Int. Congress of Pure and Applied Chemistry, Boston, USA, 1971, Bd. 1, S. 175, Butterworths, London 1971; F. D. Greene, R .L . Camp, L . Kim, J. F. Pazos, D. B. Scloire und C. J . Wilkerson, ebenda Bd. 2, S. 325; R . Huisgen, An- gew. Chem. 89, 589 (1977); Angew. Chem., Int. Ed. Engl. 16, 572 (1977); R. M. Kellogg, Te- trahedron 32, 2165 (1976); E. N. Martiell, Thermal Electrocyclic Reactions, 1. Aufl., Academic Press, New York 1980. - Theoretische Studien zur Offnung gesattigter Dreiringe: W. A . Lathan, L. Radom, P . C , Hariharan, W. J. Hehre und J . A . Pople, Top. Curr. Chem. 40. 1 (1973); R. Hoffmann, XXIIIrd Int. Congress of Pure and Applied Chemistry, Boston, US i, 1971, Bd. 2, S. 233, Butterworths, London 1971; E. F. Hayes und A . K. Q. Siu, J. Am. ChenL. SOC. 93, 2090 (1971); J. P. Snyder, ebenda 96, 5005 (1974); B. Schilling und J. P. Snyder., ebenda 97, 4422 (1975); B. Bigot, D . Roux, A . Seain und A . Deoaquet, ebenda 101, 2560 (1979); R . G . Weiss, Tetrahedron 27, 271 (1971); J. Sauer, ebenda 35, 2109 (1979). W. L. Mock in A . P. Marchand und R . E . Lehr, Pericyclic Reactions, 1. Aufl., Bd. 2, S. 141, Academic Press, New York 1977.

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