Einführung in die Instrumentenkunde (a.k.a. Organologie) Klaus Frieler Übung 56.809, SoSe 2008...

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Einführung in die

Instrumentenkunde

(a.k.a. Organologie)

Klaus FrielerÜbung 56.809, SoSe 2008

Musikwissenschaftliches Institut

Universität Hamburg

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

Organisation

• Achtung: Neuer Termin der Übung: Dienstags 16-18h.

• Scheinkriterien: – (Gruppen-)Kurzreferat 20-25min– 50% der Punkte aus der Klausur

• Klausur basiert auf: Dickreiter, M.: Musikinstrumente, Kassel :

Bärenreiter• Exkursion in das Klingende Museum geplant• Website zur Übung über

http://www.mu-on.org erreichbar

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

Vorläufiger Terminplan

7.4. Einführung I 2.6.

Blechblasinstrumente (Rodehorst et al.)

15.4.

Einführung II 10.6

Elektronische Instrumente (Schwartz et al.)

22.4.

Einführung III 16.6.

Afrikanische Instrumente (Dembowski)

28.4.

Zufpinstrumente (Kapidzic et al.)

23.6.

Asiatische Instrumente(v. Zitzewitz et al.)

5.5. Streichinstrument (Stumpner)

? Exkursion

20.5.

Holzblasinstrumente (Johnert et al.)

8.7.

Klausur und Nachlese

26.5.

Tasteninstrumente(Choi et al.)

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

Wettbewerb

• Erstmalig wird der Wettbewerb „Das kurioseste Instrument“ ausgeschrieben

• Es winken kuriose Sachpreise (t.b.a.)• Einsendeschluss ist der 23.6.,

unbedingt mit Klangbeispiel, Hintergrundinformationen willkommen.

• Das Auditorium stimmt über den Gewinner ab.

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

Einleitung

• Studium der Musikinstrumente in Hinsicht auf Design, Klang, Geschichte, soziale Funktion und musikalische Anwendung.

• Definitionsversuch von Musikinstrument: Ein ‚Etwas‘ oder ein Teil eines Etwas,

das zur absichtsvollen Klangerzeugung benutzt wird. Ist es speziell dafür hergestellt worden, spricht man von einem eigentlichen Musikiustrument.

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

Einleitung

• Ergänzende Definition Musikautomat:

Bedarf ein Musikinstrument nicht der andauernden Einwirkung eines Menschen, so heißt es Musikautomat.

• Beispiel: Spieluhr, Plattenspieler. • Aber: Drehorgel?

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

Aufgaben und Fragestellungen

• Systematik und Klassifikation von Musikinstrumenten

• Analyse von Klangerzeugung, Klangfarbe, Klangwahrnehmung

• Geschichte, Soziologie und Ergologie der Musikinstrumente

• Instrumente und Musikpraxis:– Stimmungen und Tonsysteme– Einfluss von Instrumenten und

Spieltechniken auf die Musikproduktion

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

Klassifikation

• Wieviel Musikinstrumente gibt es und gab es?

• Die Wikipedialiste der Musikinstrumente allein zählt bereits 1285 Einträge!

• Klassifikation der Musikinstrumente unbedingt notwendig!

• Beispiel: Das Hornbostel-Sachs-System (1914)

• Wird uns später noch ausführlicher beschäftigen!

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

Musikinstrumentakustik

• Systematiken und Prinzipien der Klangerzeugung

• (Fein)analyse und Simulation der physikalischen Prozesse

• Physikalischen und psychologische Beschreibungen und Analyse von Klangfarbe

• Zusammenklang verschiedener Instrumente (Instrumentationslehre)

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

Geschichte und Kultur

• Geschichte und Entwicklung von Instrumenten(familien): Bau, Spielweisen, musikl. Gebrauch, Migration

• Soziale Aspekte von Instrumenten• Ethnologie und Ergologie der

Musikinstrumente• Semiotik von Musikinstrumenten

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

Instrumente und Musikpraxis

• Stimmungen von Musikinstrumenten beeinflussen die Entwicklung von Tonsystemen.

• Die Erfindung oder Verbreitung von neuen Instrumenten und Spielweisen beeinflusst die Entwicklung musikal. Genres und Stile.

• Musikschaffenden erfinden eigene Instrumente

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

Crashkurs Akustik

• Es folgt ein Crashkurs Akustik:– Schwingungen– Periodischen Schwingungen– Frequenzanalyse– Resonanz– Wellen– Schall

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

Schwingungen

• Schwingungen sind beschränkte Schwankungen einer (physikalischen) Größe in einem endlichen Bereich.

• Schwankungen = (zeitliche) Abweichungen aus einer Ruhelage.

• Die maximale Auslenkung (Elongation) heißt Amplitude.

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

Schwingungen

• Typen von Schwingungen:– Periodische und quasiperiodische

Schwingungen („Töne“)– Aperiodischen, d. h. chaotische und

zufällige Schwingungen (Rauschen)

• Für die Musik wichtigster Fall: Gedämpfte, quasiperiodische Schwingungen.

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

Periodische Schwingungen

• Nach einer Periode T wiederholt sich der Vorgang: f(t+T) = f(t)

• Kenngrößen: Periodendauer (T) und Frequenz (Kehrwert der Periode = 1/T, Einheit Hz = 1/s)

• Prototypen für periodische Schwingungen: sin(t) und cos(t) mit Periode 2

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

Periodische Schwingungen

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

Frequenzanalyse

• Fourieranalyse: Jede periodische Schwingung lässt sich als Überlagerung von Sinus und Cosinus-Funktionen darstellen. (Diskretes Spektrum.)

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

Frequenzanalyse

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

Frequenzanalyse

• Fouriertheorem: Zerlegung in periodische Anteile auch für nicht-periodische Klänge (Kontinuierliches Spektrum)

• Spektrogramm: Zeitliche Folge von Spektra

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

Resonanz

• Werden zwei schwingfähige Systeme gekoppelt, kommt es zu Resonanzphänomenen.

• Jedes schwingfähige System hat eine oder mehrere Eigenfrequenzen (Resonanzfrequenzen).

• Resonanzkurve: Energieaufnahme des System in Abhängigkeit von der angeregenden Frequenz.

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

Resonanz

Gastophon: Die Resonanzkatastrophe

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

Resonanzenprofil & Formanten

• Komplexe geometrische Objekte haben komplexe Resonanzkurven

• Resonanzkörper wirken wie Filter und Verstärker.

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

Resonanzenprofil & Formanten

• Feste Frequenzbänder erhöhter Resonanz heißen Formanten

• Formanten sind wichtig zur Erkennung von Vokalen in der Sprache und zur Erkennung von Musikinstrumenten

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

Formanten: Austral.-Engl. Vokale

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

Wellen

• Schwingungen in Raum und Zeit heißen Wellen: f(x, y, z; t)

• Wellenlänge: Periode der räumlichen Welle f(x+, t) = f(x, t)

• Es gilt c = – c = Ausbreitungsgeschwindigkeit (m/s)– Wellenlänge (m)– Frequenz (Hz = 1/s)

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

Wellen

• Die für die IK wichtigsten physikalischen Schwingungs- und Wellenformen:– Druckwellen (Schall)– Mechanische Wellen (Biege-, Dehn-,

Schubwelle etc.)– Elektromagnetische Wellen

(Elektrische und magnetische Feldstärken, Licht)

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

Wellencharakteristiken

• Geometrie:– Longitudinal: In Ausbreitungsrichtung

(Schall, mediengebundene Wellen)– Transversal: Senkrecht zur

Ausbreitungsrichtung (z. B. mechanische Wellen, nicht mediengebunden Wellen)

• Dynamik– Fortschreitende Wellen– Stehende Wellen

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

Wellen

• Transversal Longitudinal

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

Laufende Wellen

• Laufende Wellen– Erregung (Störung) breitet sich

im Raum aus – Energietransport in

Ausbreitungsrichtung

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

Stehende Wellen

• Überlagerung laufender Wellen entgegengesetzter Richtung aber gleicher Amplitude und Frequenz, z.B. durch Reflexion

• Keine Energietransport• Wellenbäuche/berge (max. Auslenkung)

und Wellenknoten/täler (keine Auslenkung) an festen Positionen

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

Stehende vs Laufende Wellen

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

Stehende Wellen in Röhren

Offen-offen Offen-Geschlossen

L = nn/2 L = (2n+1)n/4

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

Schall

• Schall besteht aus räumliche und zeitliche Druckschwankungen p(x,y,z, t) in einem Medium (Festkörper, Flüssigkeit, Gas, Plasma…)

• Druck ist ein Skalar: Kraft pro Fläche – Einheit des Drucks: Pascal (Pa = N/m2), – Normaler Luftdruck: 1013,25 hPa =

101.325 Pa

• Schall besteht aus Longitudinalwellen

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

Wellengrößen des Schalls

• Schallgeschwindigkeit c = 343 m/s (1234,8 km/h) bei 20 °C (zum Vgl.: Helium: 981 m/s, Wasser: 1484 m/s)

• Schalldruckpegel wird in dezibel (dB) gemessen: Der Logarithmus der Leistung im Verhältnis zur

Hörschwelle 20 Pa bei 1000 Hz. (Effektive Leistung proportional zum Quadrat des Drucks)

• Auch andere Bezugsgrößen in Gebrauch: Z. B. maximale Lautstärke (Technik).

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

Weitere Begriffe

• Interferenz von Wellen • Schwebung, Rauigkeit• Einschwing- und

Ausschwingvorgänge, stationäre Schwingung

• Hüllkurve• Attack, Decay, Sustain, Release Musikalische Akustik!

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

Generator-Resonator-Modell

Generator Resonator(en) VerstärkerAktivator

Generator

Generator

Resonator(en)

Resonator(en)

Aktivator

Aktivator

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

Generator-Resonator-Modell

• Aktivator: Primär Energielieferant, nicht frequenzbestimmend

• Generator: Primärschwinger, frequenzbestimmend

• Resonator: Kombinierte Verstärkungs – und Klangfarbenfunktion, wenig Rückkopplung auf den Generator

• Passiver Generator: Generator, der durch andere Generatoren angeregt wird (z. B. Resonanzsaiten)

• Verstärker: Primäre Verstärkungsfunktion, wenig Rückkopplung auf Resonator

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

GR-Modell: Beispiele

• Beispiel: Flöten– Aktivator: Luftstrom(Atem)+ Labium– Generator: Instrumentinnenluft– Resonator: Keiner (=Generator)

• Beispiel: Hörner, Trumpeten etc– Aktivator: Luftstrom (Atem)– Generator: Lippenschwingungen– Resonator: Instrument

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

GR-Modell: Beispiele

• Beispiel: Streichinstrumente– Aktivator: Bogen– Generator: Saiten– Resonatoren: Steg – Korpus- Luft im Korpus

• Beispiel: E-Gitarre– Aktivator: Plektrum, Finger– Generator: Saiten– Resonatoren: Tonabnehmer – Kabel– Verstärkerkette: (Vorstufe )- Endstufe-

Lautsprecher

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

GR-Modell: Beispiele

• 1 Generator, kein Resonator: Blasinstrumente

• 1 Generator, 1 Resonator: Monochord• N Generatoren, 1 Resonator: Gitarre, Geige• N Generatoren, M passive Generatoren, 1

Resonator: Sitar, Hardangerfiedel• 1 Generator, N Resonatoren: ???• N Generatoren, 0 Resonatoren: Panflöte,

Orgel (Labialpfeifen)• N Generatoren, N Resonatoren: Vibraphon,

Orgel (Zungenpfeifen)

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

AGRV-Code

• AGRV-Code: (0, 1, K):(0,1,N):(0,1,M):(0, 1, L)– (0, 1, K) Aktivatoren – (0, 1, N) Generatoren– (0, 1, M) Resonator(ketten)– (0, 1, L) Verstärker (elektrische)

• Beispiele: – Flöten (Blasinstrumente): 1:1:0:0 – Geigen (gestrichen): 1:N:1:0 (1:4:1:0)– Gitarre (gezupft): M:N:1:0 (5:6:1:0), E-Gitarre:

M:N:1:1– Vibraphon: K:N:N:0 (z.B. 4:37:37:0)

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

GR-Modell: Übung

• Aufgabe: Bestimmen Sie die akustischen Stufen und den AGRV-Kode von– Maultrommel– Klavier– Dudelsack

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

GR-Modell: Übung

• Maultrommel (1:1:1:0)– Aktivator: Finger– Generator: Metallzunge– Resonator: Mund

• Klavier (N:N:1:0)– Aktivatoren: (Finger-Tasten-)Hammer– Generatoren: Saiten– Resonatoren: Resonanzboden-

(Innenraum)

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

GR-Modell: Übung

• Dudelsack (1:N:0:0)– Aktivator: Windkapsel+ Rohrblätter– Generatoren: Pfeifen– Resonatoren: Keine (Generatoren)

• Hausaufgabe: Bestimmen sie AGRV + Code für den Turntable!

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

GR-Modell: Hausaufgabe

• Turntable (Scratched) (1:1:0:1)– Aktivator: Plattenrille– Generator: Nadel– Resonator: Keine (Kabelage)– Verstärker: Endstufe

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

AGRV-Modell Revisited

• Zahl und Rolle der Aktivatoren machmal unklar (z. B. beim Vibraphon)

• Definition von Generator als frequenzbestimmend sowie die Unterscheidung zum Resonator manchmal unscharf (z. B. Perkussion, Klanghölzer)

• Verstärker lassen sich stets als Resonatoren auffassen – künstliche Unterscheidung

Klaus Frieler: Einführung in die Instrumentenkunde

AGRV-Modell Revisited

• Definiere Aktivator als letztes anregendes Element vor dem Generator (z. B. Hammer beim Klavier)

• Aktivatorzahl: Zahl der typischen Aktivatoren (hier kommt Spieltechnik ins Spiel, systematischer Bruch)

• Falls Generator = Aktivator (z. B. Klanghölzer) dann Aktivatorcode 0!

• Falls Generator = Resonator (oder ein enggekoppeltes System) Resonatorzahl = 0

• Verstärkercode wird reserviert für elektrische Verstärkung (systematischer Bruch)

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