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Ergebnisse einer vergleichenden Analyse der SRGR- und HIV-Gesetzgebung sowie der nationalen Strategien und Programme in Kirgisistan, Tadschikistan und Usbekistan
3
Impressum
Herausgeber Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH
Sitz der Gesellschaft Bonn und Eschborn Friedrich-Ebert-Allee 40 Dag-Hammarskjöld-Weg 1-5 53113 Bonn, Deutschland 65726 Eschborn, Deutschland T +49 228 44 60 - 0 T +49 6196 79 - 0 F +49 228 44 60 - 17 66 F +49 6196 79 - 1115
Regionalprogramm “Gesundheit in Zentralasien” Koordinationsbüro 720017 Bishkek Bokonbaeva Str.220 Kirgisistan
T +996 312 90 67 49 F +996 312 90 67 47 health.centralasia@giz.de
Verfasserin Beate Eschment Beraterin
Gestaltung und Layout Sparkdescom
Veröffentlichungsdatum Januar 2013, ergänzt im März 2014
Im Auftrag Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)
4
AbkürzungsverzeichnisAIDS ......................... Erworbenes Immunschwächesyndrom
ART ........................... Anti-retrovirale Therapie
HIV ........................... Humanes Immunschwächevirus
IDU ........................... injezierende Drogenkonsumenten
KG ............................. Kirgisistan
MDG ........................ Milleniumentwicklungsziele
MuE .......................... Monitoring und Evaluierung
MSM ......................... Männer, die Sex mit Männern haben
NGO ......................... Nichtregierungsorganisation
PLWH ...................... Menschen, die mit HIV Leben
PMTCT .................... Prävention von Mutter-Kind-Übertragung
RH/RG .................... Reproductive Health / Reproduktive Gesundheit
RR ............................. Reproduktive Rechte
SRGH / SRGR Sexual and Reproductive Health and Rights / Sexuelle und Reproduktive Gesundheit und Rechte
STI ............................. Sexuell übertragbare Infektionen
SW ............................. Sexarbeiter
TB .............................. Tuberkulose
TJ ............................... Tadschikistan
UZ ............................. Usbekistan
5
Inhaltsverzeichnis Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
1 Überblick über die Behandlung der Themen SRGR sowie HIV und AIDS nach Ländern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 1 .1 Kirgisistan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
1 .2 Tadschikistan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
1 .3 Usbekistan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
2 Länderübergreifende Einordnung von Einzelaspekten . . . . . . . . . . 15 2 .1 Integration von HIV und SRHR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
2 .2 Zielgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
2 .3 Gesundheitliche Aufklärung (im weiteren Sinne) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
2 .4 Stigmatisierung und Diskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
2 .5 Gender . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
2 .6 Die Rolle von NGOs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
2 .7 Fragen der Zusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
2 .8 Barrieren für die Realisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
3 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Liste der verwendeten Dokumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
6
EinleitungGegenstand der vorliegenden Arbeit ist die Untersuchung
ausgewählter Dokumente aus Kirgisistan, Tadschikistan und
Usbekistan mit dem Fokus auf die Schwerpunkte Sexuelle und
Reproduktive Gesundheit und Rechte (SRGR) sowie HIV und
AIDS. Im ersten Teil der Analyse wird die Behandlung beider
Themenkomplexe in einzelnen Strategien, Programmen und
Gesetzen der drei Länder dargelegt, im zweiten Teil speziell
ausgewählte Einzelthemen länderübergreifend vergleichend
diskutiert. Ziel der Analyse ist es zum einen, eine Orientierung
über die Behandlung der beiden Schwerpunkte in den
einzelnen Gesetzen, Strategien und nationalen Programmen
eines Landes zu geben, zum anderen durch den Vergleich
einzelner Aspekte Gemeinsamkeiten und Unterschiede
zwischen den drei o.g. Staaten aufzuzeigen.
Die Analyse beruht auf der Untersuchung von GIZ-
Seite zur Verfügung gestellter Dokumente (Liste der
tatsächlich verwendeten Dokumente im Anhang).
Es kann daher keine Garantie für die Vollständigkeit
übernommen werden. Ein Dokument stand nur in einer
„Entwurfsfassung“ zur Verfügung, es konnte daher kein
Abgleich mit dem endgültigen Text erfolgen, da dieser
noch nicht von der jeweiligen Regierung verabschiedet
wurde. Bei älteren Gesetzen bzw. Strategien wurde von
Seiten der Vertragsnehmer (VN) nicht überprüft, ob sie
noch Gültigkeit haben, bzw. im Falle des usbekischen
HIV-Programmes wurde, wie von den Auftraggebern
erbeten, ein nicht mehr gültiges Dokument in die Analyse
einbezogen.
Anfang 2014 wurde die Analyse um den Entwurf des neuen
kirgisischen (KG) Gesetzes über die Reproduktiven Rechte
(RR) der Bürger und das veränderte tadschikische (TJ)
Gesetz über Reproduktive Gesundheit (RG) und RR ergänzt.
7
1.1 Kirgisistan
Insgesamt wurden acht Dokumente aus Kirgisistan analysiert,
sieben Programme und Strategien sowie ein Gesetz.
Das Nationale Gesundheitsprogramm „Den Sooluk“
(National Health Programme, NHP, 2011) definiert Richtung
und Schwerpunkte der kirgisischen Gesundheitspolitik
für die Jahre 2012-2016 in sehr allgemeiner Form. Die
Themenbereiche Mütter- und Neugeborenengesundheit
(S. 18-20) sowie HIV und AIDS (S. 26-28) sind zwei von vier
bzw. fünf genannten inhaltlichen Schwerpunkten des
57-seitigen Dokuments.
In Bezug auf das Thema Mütter- und Neugeborenen-
gesundheit wird festgestellt, dass die Säuglingssterblichkeit
in den letzten Jahren leicht gesunken ist, während die
Müttersterblichkeit nach wie vor hoch ist. Mütter- wie
Säuglingssterblichkeit werden auf die oft unzureichende
medizinische Betreuung während der Schwangerschaft, Geburt
und bei der nachgeburtlichen Versorgung zurückgeführt.
Deshalb wird der Fokus zum einen auf die Verbesserung
der Qualität der medizinischen Versorgung gelegt, zum
anderen soll der Wissenstand von Frauen und ihren
Familienangehörigen über die Gesundheit von Müttern (safe
motherhood) und moderne Methoden der Familienplanung
verbessert werden. Die Verhinderung der HIV-Übertragung von
HIV-positiven Müttern auf ihr Kind wird am Rande erwähnt.
Beim Thema HIV werden als wichtigste Ziele eine Erhöhung
des Bevölkerungsanteils (speziell auch Schwangerer), der
sich einem HIV-Test unterzieht, die Verringerung der Zahl
infizierter Neugeborener und die Erhöhung der Zahl von
ununterbrochener antiretroviraler Therapie (ART) (über 12
Monate) genannt. Der Schwerpunkt liegt auf der Aufklärung
der Bevölkerung, insbesondere der Schlüsselgruppen mit
erhöhtem Infektionsrisiko und Jugendlichen, über die
Themen Prävention und HIV-Übertragung. Verbesserte
Diagnostik, Versorgung der Bevölkerung mit ART und
Sicherheitsmaßnahmen bei medizinischen Behandlungen
(safety of medical procedures) sollen ebenfalls zur
Stabilisierung der HIV-Rate beitragen.
Die nationale Strategie zur Reproduktiven Gesundheit
(Reproductive Health Strategy, RH-Strategy, 2006)
deckt unter Rückbezug auf internationale Definitionen
auf 29 Seiten das Thema reproduktive Gesundheit
umfassend ab. Zu Beginn wird in einer sehr ausführlichen
Situationsanalyse ein kritisches Bild des Ist-Zustandes
gezeichnet. Es wird eine hohe Sterblichkeit vor allem bei
armen Müttern und Kindern festgestellt; auch Migranten,
Flüchtlinge und Bewohner von (ländlich) abgelegenen
Gebieten gelten als schlecht versorgt. Es wird auch
konstatiert, dass die offiziellen Abtreibungsraten zwar
sinken, die inoffiziellen aber sehr hoch sind, u.a. weil
Verhütungsmittel für die Bevölkerung zu teuer sind
(S. 12 f.). Bei Jugendlichen zeigen steigende Zahlen an sexuell
übertragbaren Infektionen (STIs), frühe Schwangerschaften
und Drogenkonsum, dass Sexualaufklärung und
Gesundheitsdienstleistungen unzureichend sind, bzw.
die Zielgruppe nicht erreichen. Probleme wie Brautraub,
arrangierte Ehen, Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung
werden ebenfalls angesprochen (S. 15).
Den definierten Problemen wird ein in sieben Punkte
gegliederter, eher allgemein formulierter Maßnahmenkatalog
entgegengesetzt; einige der dort erwähnten Maßnahmen
werden in neueren Dokumenten kaum noch thematisiert.
Erstes Ziel ist es, den Gesundheitsstatus von Müttern
und Neugeborenen zu verbessern (= Safe Motherhood;
S. 19f.). Unter dem Stichwort „Reproductive Choice“
wird als Hauptziel ein verbesserter Zugang zu qualitativ
hochwertigen Informationen und Dienstleistungen in
den Bereichen Familienplanung und Geburtenkontrolle
genannt, insbesondere für Bevölkerungsgruppen mit
niedrigen Einkommen und für sozial vulnerable Gruppen
der Gesellschaft (S. 20f.). Auch wird die Notwendigkeit
betont, weiterführende Analysen von Faktoren, die die
reproduktive Gesundheit inkl. Familienplanung beeinflussen,
zu erstellen. Diese sollten zugleich die Gleichberechtigung
der Geschlechter sowie traditionelle und kulturelle
Besonderheiten des Landes berücksichtigen. Viertes Ziel ist
die Verbesserung der reproduktiven Gesundheit (RG) von
Jugendlichen, darunter Reduzierung von unerwünschten
Schwangerschaften, Abtreibungen sowie Prävention von HIV
und anderen STIs (S. 21 f.). Sie soll durch verbesserten Zugang
zu jugendgerechten Gesundheitseinrichtungen mit speziell
ausgebildeten Fachkräften erreicht werden. Außerdem
werden Maßnahmen zur Sensibilisierung von Jugendlichen
und Eltern für eine gesunde Lebensweise, insbesondere
Überblick über die Behandlung der Themen SRGR sowie HIV und AIDS nach Ländern
1
8
hinsichtlich sexueller und reproduktiver Gesundheit,
angestrebt. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Bereitstellung
von medizinischen und sozialen Beratungsdienstleistungen
für Opfer von sexueller Gewalt (durch Untersuchungen
über den Zusammenhang von Gewalt und RG, Verbesserung
der Registrierung von Gewalttaten, besserer Ausbildung
des medizinischen Personals und Beratung für Opfer und
Aufklärung der Bevölkerung). Im Hinblick auf das Ziel der
Prävention von HIV und anderen STIs wird auf die damals
noch zu erarbeitende HIV-Strategie verwiesen (S. 23 f.). Auf
die Bedeutung von externer und interner Migration für die
Verbreitung von HIV wird ebenfalls hingewiesen (S. 8).
Das knapp 80-seitige HIV-Programm 2012-16 (Entwurf
von 2011) enthält auf seinen ersten 30 Seiten eine
Evaluierung der bisherigen Maßnahmen und eine
detaillierte Beschreibung der Situation. Es folgen ca. 20
Seiten, in denen die neuen Pläne, allerdings sehr allgemein
formuliert, inhaltlich dargelegt werden. Ein folgender
tabellarischer Monitoring- und Evaluierungsplan beinhaltet
dann ganz konkrete Maßnahmen bis hin zur Angabe der
Trägerinstitution und des Durchführungszeitpunktes.
Ausgangspunkt ist die Tatsache, dass Kirgisistan zu den 25
Staaten mit der am stärksten steigenden Zahl von HIV-
Infizierten gehört, wobei Drogenkonsumenten über den
intravenösen Drogenkonsum wegen der Übertragung durch
gemeinsam verwendete, nicht sterile Nadeln als im Zentrum
des Problems stehend identifiziert werden; der sexuelle
Übertragungsweg über Männer, die Sex mit Männern haben
(MSM), Sexarbeiterinnen (SWs) und Krankenhausinfektionen
über Bluttransfusionen werden aber ebenfalls genannt.
Außerdem wird festgestellt, dass HIV bereits auf die
Gesamtbevölkerung übergegangen ist und vor allem Frauen
betroffen sind (S.10) – wobei jedoch kein Zusammenhang mit
Arbeitsmigration hergestellt wird.
Aus der Schilderung der Ist-Situation (S. 7- 30) geht hervor,
dass wichtige Komponenten der HIV-Prävention und
Behandlung wie ein Methadonsubstitutionstherapie-
Programm, Beratung für Drogenkonsumenten; ART-
Versorgung sowie Test- und Diagnoseeinrichtungen
bereits bestehen, aber in nicht ausreichendem
Maß. Ziel des Programms (S. 31-37) ist daher die
Begrenzung der Ausbreitung von HIV durch die
Intensivierung der Arbeit insbesondere in den
Bereichen Prävention, Diagnose, Behandlung und
Beratung/Tests vor allem für die Schlüsselgruppen
mit erhöhtem Infektionsrisiko (IDUs, MSM, SW)
und HIV-Positive und ihre Partner. Der Ausbreitung
der Infektion soll durch Aufklärungsmaßnahmen
und Gesundheitserziehungsprogramme speziell
unter Jugendlichen in Schulen und durch Medien
etc. entgegengetreten werden. Maßnahmen gegen
Krankenhausinfektionen werden erwähnt, ebenso
die Notwendigkeit einer Vorbeugung vertikaler
Übertragung, jedoch sehr vage. Dem Thema STIs
wird vergleichsweise viel Aufmerksamkeit zuteil. Die
HIV-Behandlung soll in Zukunft in den allgemeinen
Gesundheitsdienstleistungsbereich integriert werden.
Eine bessere Qualifizierung des medizinischen Personals
im Bereich HIV wird ebenfalls angestrebt.
Die nationale Strategie zur Entwicklung der Sozialen
Sicherung (Strategy of Social Protection Development,
SPD-Strategy, 2012) behandelt weder das Thema HIV, noch
Arbeitsmigration oder Schwangere in Not. Ausdrückliche
Schwerpunkte sind Kinder in schwierigen Situationen,
Behinderte, ältere Menschen und Obdachlose.
Die erste nationale Genderstrategie Kirgisistans (2012)
behandelt das Thema Gesundheit nur am Rande. Der
Fokus des Dokuments liegt auf der Gleichberechtigung der
Frauen in Politik und Wirtschaft und einer Verbesserung
ihrer rechtlichen und sozioökonomischen Lage. Der
Themenbereich SRGR ist aber mittelbar bei der Behandlung
der Themen Maßnahmen gegen Gewalt, Recht auf Wahl
des Partners und Scheidung berührt. Das Ziel Senkung
der Mütter- und Kindersterblichkeit wird ohne jede
weitere Erläuterung aufgeführt (S. 13). Fehlendes Wissen/
Fähigkeiten auf dem Gebiet der Säuglingspflege/Elternschaft
und der reproduktiven Gesundheit im Allgemeinen
wird sowohl bei Männern als auch Frauen beklagt und
entsprechende Maßnahmen zur Verbesserung der
„Fähigkeiten zur Kindererziehung und der Kompetenzen in
Verbindung mit der Kultur von reproduktiver Gesundheit“
(S. 19) gefordert.
Im Kinder-Kodex und in der Jugend-Strategie (Youth
Strategy), beide von 2009, sind die Themen SRGR und
HIV und AIDS kaum erwähnt. Im Kinder-Kodex wird in
Bezug auf Gesundheit nur allgemein die Senkung der
Kindersterblichkeit bzw. gefährlicher Infektionskrankheiten
genannt. In der Jugendstrategie (Jugend definiert als 14-28
Jahre) werden Sicherung der Gesundheit und Schutz der
jungen Familie unter den Prioritäten staatlicher Jugendpolitik
aufgeführt, aber nicht weiter ausgeführt. (In der alten
Jugendstrategie von 2000 tauchten die Themen STI, HIV,
Alkohol und Drogen zumindest noch in einer Aufzählung die
Jungendgesundheit bedrohender Erscheinungen auf, auch
wenn sie dann nicht mehr weiter behandelt wurden.)
Gegenwärtig ist eine Neufassung des Gesetzes „Über die
reproduktiven Rechte der Bürger und Garantien ihrer
Verwirklichung“ (RR Law) von 2007 in Vorbereitung. Das
Projekt wurde bereits in drei Parlamentskomitees diskutiert,
9
die Verabschiedung im Parlament wird sich vermutlich
durch den Zerfall der Regierungskoalition und den Rücktritt
der Regierung am 19.3.2014 verzögern.
Der Gesetzesentwurf (Basis der folgenden Analyse ist die
Fassung März 2014) ist eine Spezifizierung und Aktualisierung
vieler Bestimmungen von 2007. Auffällig in beiden Versionen
ist die Betonung des Rechts auf freie Wahl (des Zeitpunkts
von und Abstands zwischen Geburten, des Familienstands,
der Verhütungsmethode etc.). Auch im alten Gesetz hatte
das Recht der Bürger auf Information und Bildung bei allen
ihre reproduktiven Rechte (RR) betreffenden Themen große
Bedeutung, im neuen Gesetz wurde dies sogar noch sehr
verstärkt und die Rolle des Staates bei der Bereitstellung
der Information und der Ausbildung des Lehrpersonals
fixiert. Wichtigste sich durch den ganzen Entwurf ziehende
Veränderung gegenüber dem alten Gesetz ist, dass nicht
mehr nur von reproduktiven, sondern von sexuellen und
reproduktiven Rechten (bzw. Gesundheit, Bildung) die Rede ist.
Außerdem werden die Rechte Minderjähriger bzw. Jugendlicher
an vielen Stellen eigens neu festgeschrieben und definiert (siehe
dazu genauer: 2.2 Jugendliche).
Der Aufbau des Gesetzes ist unverändert: Alte wie neue
Fassung enthalten (untergliedert in 4 Kapitel) insgesamt
26 Artikel. Den Anfang bilden (nach einem ausführlichen
Paragraphen mit Definitionen der relevanten Begriffe)
die Prinzipien und Ziele staatlicher Politik im Bereich
reproduktiver Rechte sowie seine Rechte und Pflichten.
Auch in der neuen Fassung wird hier weiterhin ausdrücklich
die „allseitige Stärkung des Instituts der Familie“ (Art.4)
aufgeführt, die sonst weder in diesem, noch in anderen
analysierten kirgisischen Dokumenten eine besondere Rolle
spielt. In Kapitel 3, dem Hauptteil des Gesetzes, werden in
nicht immer nachvollziehbarer Reihenfolge das Recht auf
reproduktive Entscheidung, auf Schutz und Verteidigung
von RG, auf Information und Dienstleistungen im Bereich
RG definiert. Auffällig ist der gegenüber 2007 stark
erweiterte Ansatz: Art. 10 gewährt den Bürgern, unabhängig
von „Geschlecht, Rasse, Alter, ethnischer Zugehörigkeit,
Sprache, sexueller Orientierung, Invalidität, Familienstand,
Glauben, politischer oder anderen Überzeugungen, Bildung,
Herkunft, Eigentums- oder ähnlicher Lage sowie allen
anderen Umständen“ das Recht auf Schutz und Verteidigung
ihres sexuellen wie reproduktiven Lebens, vor sexueller
Ausbeutung, physischer Gewalt und Diskriminierung. Es
wird ein Recht auf ungefährdete Schwangerschaft (soziale
und medizinische Unterstützung), einschließlich des Verbots,
Zwang bzgl. Schwangerschaft sowie Abtreibung auf Frauen
auszuüben, formuliert (Art. 14). Das Recht auf Abbruch
der Schwangerschaft (Art. 16) besteht auf Wunsch der
Schwangeren (bis 12. Woche), wegen sozialer (bis 22. Woche)
und medizinischer Gründe (ohne zeitliche Beschränkung) mit
verpflichtender ausführlicher Beratung vorher und nachher
und durchgeführt von lizensierten Einrichtungen. In der
neuen Fassung wurde nur ergänzt, dass im Falle einer sozialen
Indikation ein schriftliches Einverständnis der Schwangeren
erforderlich ist und die Regelung für Minderjährige
(Formulierung des alten Gesetzes) wurde verifiziert auf „unter
16-Jährige“. Es besteht ein Recht auf Beratung und freie
Entscheidung über Verhütungsmethoden. Im Entwurf neu ist,
dass den Bürgern ein Recht auf Zugang zu Verhütungsmitteln
zugesprochen wird (Art. 17,2). Des Weiteren enthält das Gesetz
das Recht auf die Behandlung von Unfruchtbarkeit (Art. 15)
sowie ausführliche Bestimmungen über die rechtlichen
Regelungen beim Einsatz von Leihmüttern (Art. 18), Eizellen-
und Samenspende (Art. 19) und künstlicher Befruchtung (Art.
20). Alle vier Artikel sind im neuen Entwurf durch eine Reihe
von Bestimmungen ergänzt worden. Im Fall des Rechts auf
ungefährdete Schwangerschaft wie auch ihrem Abbruch liegt
die Entscheidung allein bei der Frau, bei allen künstlichen
Technologien müssen beide Partner zustimmen.
Die neue Fassung des Reproduktive Rechte Gesetzes ist in
vielem genauer und umfassender als die Ursprungsversion,
in zwei wichtigen Punkten bleibt sie aber weiterhin unklar:
Die beschriebenen Dienstleistungen sollen in der Regel von
„Organisationen“ erbracht werden, ohne dass erkennbar wäre,
ob es sich um staatliche Institutionen, private Einrichtungen
oder um Nichtregierungsorganisationen (NGOs) handeln
soll. Das Gesetz definiert Rechte, die für die Betroffenen
außerordentlich wichtige Frage der Finanzierung all dessen
liegt außerhalb des Fokus. Desgleichen wird das Thema HIV
überhaupt nicht erwähnt.
Ergebnisse:
• Die Programme/Strategien neueren Datums scheinen
zunehmend weniger selbstkritisch und/oder weniger
ausgearbeitet zu sein .
• Bessere Ausbildung von medizinischen Personal hat
durchgehend große Bedeutung; die gesundheitliche
Aufklärung der Bevölkerung nimmt an Bedeutung zu .
• Bzgl . HIV und AIDS ist irritierend, dass das Thema
Arbeitsmigration in neueren Dokumenten nicht benannt,
geschweige denn mit Lösungsvorschlägen bedacht wird .
• SRGR wird nur in dem engen Sinne von RG betrachtet, das
Wort „sexuell“ kommt aber vereinzelt vor .
10
1.2 Tadschikistan
Es wurden fünf große staatliche Programme/Strategien
sowie ein Gesetz analysiert.
Im chronologisch ältesten Dokument, der nationalen
Entwicklungsstrategie (National Development Strategy,
NDS) von 2007, werden auf 50 Seiten die langfristigen
Entwicklungsziele des Staates definiert; Schwerpunkt
und Ziel ist die Entwicklung der Wirtschaft. Dem Bereich
Gesundheit und Soziales wird Bedeutung beigemessen,
weil er der Entwicklung des Humankapitals dient – und
damit zur besseren Wirtschaftsentwicklung des Landes
beiträgt. Entsprechend ist der fehlende Zugang zu und
die niedrige Qualität der Gesundheitsdienstleistungen
ein Entwicklungshindernis, dessen Verbesserung zur
langfristigen Priorität (long term priority) erklärt wird.
Die gesamte Strategie enthält ein klares Bekenntnis zur
Marktwirtschaft, auch im sozialen und medizinischen
Bereich ist die Entwicklung und Förderung der
Privatwirtschaft ausdrückliches Ziel.
Das Thema Gesundheitssystementwicklung wird auf knapp
drei Seiten behandelt (S. 33-37). Als Hauptprobleme des
Gesundheitswesens werden der unzureichende Zugang zu
medizinischer Versorgung, deren unzureichende Qualität,
die Verbreitung von sozial gefährlichen Infektionen,
Mangelernährung und fehlender Zugang zu sauberem
Trinkwasser genannt. Diese Faktoren werden auch für die
hohe Mütter- und Kindersterblichkeit verantwortlich
gemacht. Zur Verbesserung des Zugangs zu medizinischer
Versorgung soll ein Konzept zur Familiengesundheit
eingeführt werden, das die medizinische Versorgung
auch in abgelegenen Regionen sicherstellen soll. Unter
den vier aufgeführten Prioritäten für die nächsten
Jahre finden sich sowohl die Verbesserung der Mütter-
und Kindergesundheit als auch die Eindämmung der
Ausbreitung von HIV und AIDS, ferner ein besserer
Zugang zu qualitativ hochwertigeren und effizienteren
medizinischen Dienstleistungen.
Das hohe Bevölkerungswachstum als sozioökonomisches
Problem wird in der Strategie mehrfach erwähnt (z.B. S.
6, 34, 36). Bezüglich Mutter-Kind-Gesundheit wird ein
verbesserter Zugang zu Kontrazeptiva für Frauen gefordert,
außerdem ein verbesserter Zugang zu sicherer Abtreibung.
Gleicher Zugang für alle zu qualitativ hochwertigen
Müttergesundheitsdiensten (pre- und postnatale sowie
geburtshilfliche Notfallversorgung), Verbesserung des
Ernährungsstatus von Kindern und Frauen, Veränderung
von Ernährungsgewohnheiten sowie integriertes
Management von Kinderkrankheiten sind weitere Themen,
denen hohe Bedeutung zugesprochen wird.
Mangelernährung und Infektionskrankheiten werden
auch im Zusammenhang mit Defiziten im Bereich Bildung
genannt (S. 28), weil sie den Schulbesuch verhindern.
HIV wird als das wichtigste Gesundheitsproblem bezeichnet.
Auf Grund von unzureichender Früherkennung von HIV-
Infektionen, unzureichender Aufklärung der Bevölkerung,
aber auch wegen der hohen Behandlungskosten steige die
Zahl der Neuinfektionen nach wie vor an. Ihre Senkung
wird zum Ziel erklärt, es werden jedoch keine spezifischen
Vorschläge gemacht, sondern auf das kommende HIV und
AIDS Programm verwiesen. Auffällig ist schon hier, dass
HIV und AIDS nicht gesondert behandelt werden, sondern
integriert in den Bereich der Infektionskrankheiten.
Die neue Wohlfahrtsstrategie (Welfare Strategy) von 2012
wirkt wie eine Fortschreibung der Entwicklungsstrategie;
sie ist ebenso gegliedert und auch auf die wirtschaftliche
Entwicklung konzentriert. In der Abteilung „Soziales“ hat das
Thema Gesundheit etwas mehr als 3 Seiten (von insgesamt
97, S. 71-75). Unter den vier genannten Hauptzielrichtungen
finden sich die Senkung der Mütter- und Kindersterblichkeit
sowie eine Reduzierung der nicht übertragbaren Krankheiten,
Prävention und Kampf gegen die Infektionskrankheiten
HIV und AIDS sowie TB und gegen Infektionskrankheiten
die durch Impfungen unter Kontrolle gebracht werden
können. Verbesserte Ausbildung von medizinischem Personal
und bessere technische und Medikamentenausstattung
von Einrichtungen bis hinab auf die unterste Ebene sollen
zur Verbesserung der Voraussetzungen für alle genannten
Bereiche beitragen. Eine Verbesserung der Betreuung von
Schwangeren soll außerdem durch die Einführung eines
Mutterpasses bewirkt werden.
Bezüglich HIV und AIDS werden keine spezifischen
Maßnahmen genannt, es heißt nur allgemein zu
Infektionskrankheiten, dass sie zu den täglichen
Herausforderungen des Gesundheitswesens gehören,
die die Umsetzung von Sofortmaßnahmen erfordern.
Aufklärung über Übertragungswege und gesunde
Lebensführung werden als wichtig genannt.
Die 71 Seiten umfassende nationale Gesundheitsstrategie
2010-2020 (National Health Strategy, NHS, 2011) definiert
die Ziele der Gesundheitspolitik in der nächsten Dekade,
außerdem die angestrebten institutionellen und gesetzlichen
Reformen und Fragen der Finanzierung. Unter den insgesamt
vier Zielen befindet sich 1. Die Stärkung der Mütter-,
Neugeborenen-, Kinder- und Jugendgesundheit (S. 7-13); 2.
Die Prävention und Kontrolle von Infektionskrankheiten
(S. 13-16); sowie 4. Die Determinanten der Gesundheit
und gesunde Lebensführung (S. 17-19). Unter dieser Ebene
ist die Strategie wenig strukturiert, Einzelpunkte werden
11
lediglich aufgezählt. Im Zentrum des Denkens der NHS
steht die Familie. Auf die Notwendigkeit der Beachtung von
Werten und Traditionen wird hingewiesen. Auffällig ist eine
sehr starke Betonung der Rechte der Patienten und ihres
Anspruchs auf Gleichbehandlung.
Am ausführlichsten wird die Mutter- und Kindgesundheit
behandelt, im einzelnen geht es um die Verbesserung der
Betreuung vor, während und nach der Geburt (medizinisch,
technisch, pharmazeutisch), wobei auf die Bedeutung
einer kostenlosen Betreuung unabhängig vom Wohnort
von Mutter und Neugeborenem hingewiesen wird. Trotz
eines angestrebten Aufbaus von Geburtskliniken auf allen
Ebenen, sollen normale Geburten und die Nachsorge auch in
häuslicher Umgebung mit Unterstützung von qualifizierten
Fachkräften (Hebammen und Krankenschwestern) möglich
sein. Auf die Bedeutung des Stillens wird eigens hingewiesen.
Zielwerte bezüglich der Senkung der Sterblichkeit sind unter
Bezug auf die Millenniumsentwicklungsziele (MDG) genau
festgelegt. Jugendliche, neuverheiratete Paare und Eltern
sollen in Schulen, Gemeinden und Gesundheitszentren in
den Bereichen reproduktiver Gesundheit, Familienplanung
und der Gesundheit von Müttern sowie Prävention von HIV
und anderen STIs aus- und fortgebildet werden. Sexuelle
Aufklärung/Erziehung wird nicht erwähnt.
HIV und AIDS werden nicht als Sonderproblem
herausgestellt, sondern als eine von diversen
Infektionskrankheiten quer durch die Strategie immer
wieder erwähnt. Im Zusammenhang mit Mutter- und
Kindgesundheit taucht es unter folgenden Punkten auf:
Beratung für HIV-positive Frauen und Männer; freiwillige
Tests für Schwangere; Spezialnahrung für Säuglinge
HIV-positiver Mütter; nachgeburtliche ART für
HIV-positive Neugeborene.
Mit „gesundem Lebensstil“ sind in der NHS nicht nur Themen
aus den Bereichen Medizin, Hygiene etc. gemeint, sondern
ausdrücklich auch Maßnahmen zur Verbesserung des
psycho-emotionalen Zustands von Kindern und Jugendlichen
(auch in Bezug auf Vernachlässigung, Missbrauch,
Ausbeutung, etc.). Als Träger und Ausführende der geplanten
Bildungsmaßnahmen werden Massenmedien, NGOs, private
Anbieter und internationale Organisationen genannt, ihre
genaue Rolle aber nicht klar definiert.
Das tadschikische HIV und AIDS Programm (2010) enthält
am Anfang eine sehr ausführliche Situationsanalyse.
Auch hier werden HIV und AIDS nicht als reines
Randgruppenproblem betrachtet, sondern als die gesamte
Gesellschaft betreffend. Der Ansatz ist ebenfalls breit, HIV
und AIDS werden nicht nur als medizinisches, sondern auch
als sozioökonomisches (Armut und Armutsbekämpfung),
juristisches (vor allem Beachtung der Menschenrechte) und
kulturelles (Ehefrauen, die keine sexuelle Selbstbestimmung
haben, Ehemänner mit diversen außerehelichen sexuellen
Kontakten) Problem wahrgenommen. Die Zielgruppen
werden sehr genau umrissen (IDUs, SWs, MSM, Gefangene,
Jugend, einschließlich Schulkinder, Arbeitsmigranten
und ihre Familien, S. 8, 36). Die aufgeführten geplanten
Maßnahmen und Ziele für die Zukunft erscheinen dann
aber unkonkret, mit vielen Überschneidungen.
Schwerpunkte sind Diagnose von HIV, HIV-Prävention
durch Behandlung der IDUs, aber auch durch Aufklärung
der Gesamtbevölkerung. HIV positive Menschen sollen
besser mit ART versorgt, medizinisches Personal besser
ausgebildet und aufgeklärt werden. Zur Vorbeugung einer
Mutter-zu-Kind-Übertragung werden mehr Beratung
und Vorsorgeuntersuchungen, freiwillige HIV-Tests und
Spezialnahrung für Neugeborene von HIV-positiven
Müttern genannt (S. 8, 20, 24-26, 45). Mehrfach taucht
der Hinweis auf finanzielle Beschränkungen und
Abhängigkeiten, sowohl der HIV-Infizierten, als auch des
Staates im Umgang mit HIV auf (z.B. S. 37, 39).
Die 16-seitige Strategie zum Schutz der Gesundheit
von Kindern und Jugendlichen (Strategy on Child
and Adolescent Health Protection; 2008), die vor allem
auf die Stärkung der Familien setzt und die lokalen
Gemeinschaften mit in die Verantwortung nimmt, nennt
7 Prioritäten staatlicher Politik (S .81), darunter Mutter-
und Kindgesundheit, Ernährung, Infektionskrankheiten
und Jugendgesundheit. Unter der Überschrift Mütter- und
Neugeborenengesundheit werden die Verringerung der
Quote von Mütter- und Kind-Erkrankungen, Behinderungen
und Sterblichkeit, sichere Mutterschaft und vor- sowie
nachgeburtliche medizinische Versorgung als wichtigste
Ziele genannt, außerdem die Reduzierung von STIs unter
Schwangeren, die Prävention der HIV-Übertragung
von der Mutter auf das Kind, Ernährungssicherung
von Schwangeren und Kindern, adäquate Versorgung
der Neugeborenen in der Familie. Gesundes Wachstum
und Entwicklung in den ersten beiden Lebensjahren
sollen unterstützt werden durch verbesserte Ernährung,
Impfungen und Schutz vor Infektionen. Auf die
Wichtigkeit der Themen Gewalt/Vernachlässigung und
rechtzeitiges Erkennen von physischen und psychischen
Entwicklungsstörungen wird eigens hingewiesen und
Schulungen der Eltern zu diesen Themen angekündigt.
Speziell für Jugendliche wird eine Verbesserung der
medizinischen Versorgung angestrebt, vor allem
aber gesundheitliche Aufklärung durch Prävention
von Risikoverhalten wie frühe sexuelle Kontakte,
ungeschützter Geschlechtsverkehr, Tabak-, Alkohol-
12
und Drogenkonsum. HIV und AIDS wird in Bezug auf
Jugendliche als wichtiges Thema genannt, aber keine
jugendspezifischen Maßnahmen aufgeführt.
Das Gesetz über Reproduktive Gesundheit und Rechte
(RHRR Law) stammt aus dem Jahr 2002, 2014 wurden
zwei Artikel (von 23) - die Rechte Jugendlicher sowie die
Abtreibungsbestimmungen - verändert. Am Anfang des
Gesetzes stehen Definitionen und staatliche Ziele der
reproduktiven Rechte sowie sehr allgemein formuliert,
Wege, mit denen diese Ziele erreicht werden sollen. Es folgen
mehrere Artikel, die dem Staat nicht nur die Aufgabe und
Verantwortung, sondern auch Supervision und Kontrolle im
RG Bereich zuschreiben (Art. 4-7). Die reproduktiven Rechte
der Bürger sind ebenfalls sehr allgemein definiert (Rule of
law, Menschlichkeit). Männern und Frauen wird das Recht auf
Informationen über Familienplanung etc. (Art. 8) und die freie
Wahl und Kontrolle ihres reproduktiven Lebens als Anspruch
formuliert zugesprochen (Art. 9). Erzwungene Schwangerschaft
sowie Abtreibung sind verboten (ebda.). Der Staat garantiert
pre- und postnatale Betreuung der Mütter, Schutz vor sexueller
Ausbeutung und Belästigung sowie Zugang zu Informationen
aller Art zum Thema Geburt (Art. 11).
Die Rechte von Heranwachsenden und Jugendlichen im
Bereich der reproduktiven Gesundheit sind in einem eigenen
Artikel (13) festgeschrieben, der 2014 dahingehend geändert
wurde, dass die Rolle und die Kontrolle des Staates verstärkt
sind (siehe genauer 2.2. Jugendliche). Die Behandlung von
Unfruchtbarkeit, Spende und Aufbewahrung von Ei- und
Samenzellen sowie künstliche Befruchtung werden kurz
behandelt (Art. 17-19). Die Auswahl des Geschlechts ist
ausdrücklich verboten (Art. 18), Verschwiegenheit in allen RR
Fragen wird garantiert.
Der Artikel zum Thema Abtreibung (20) in seiner
Fassung von 2002 nahm Bezug auf das Gesetz zum
Schutz der öffentlichen Gesundheit, Indikationen
werden im RHRR Law daher nicht genannt. Geregelt
wurde nur, dass vor wie nach dem Eingriff Beratung
stattfinden sollte. Bei Minderjährigen war für medizinisch
begründete Abtreibungen das Einverständnis der
Erziehungsberechtigten nötig. Abtreibung aufgrund des
Geschlechts war verboten. Die neue Fassung des Artikels
von 2014 unterscheidet sich im Prinzip nur in einer
differenzierten Regelung der Zustimmung von der alten:
Bei unter 16-Jährigen ist die Zustimmung der Eltern nötig, bei
älteren ein eigener Antrag plus die Zustimmung der Eltern.
Das Gesetz ist wenig gegliedert und seine Formulierungen
lassen häufig verschiedene Interpretationen zu. Insgesamt
fällt die herausgehobene Rolle des Staates auf, ebenso
die häufige Erwähnung der Geburt einer gesunden
Nachkommenschaft. Viele Formulierungen sind Ausdruck
des tadschikischen Familien- bzw. Geschlechterbildes,
zum Beispiel wird in Art. 8 die Chance auf ein gesundes
Baby verheirateten Paaren zugesprochen, unverheiratete
Paare oder Mütter sind außerhalb des Fokus. Art. 9 gewährt
Wahl und Kontrolle über das reproduktive Leben eher als
Anspruch der Gleichberechtigung von Mann und Frau.
Ergebnisse:
• In Tadschikistan werden Gesundheitsprobleme viel stärker
als in den beiden anderen Staaten in gesamtökonomische
Zusammenhänge gestellt und die Privatisierung des
Gesundheitswesens nachdrücklicher gefordert . Es
fehlt jedoch meist an konkreten Lösungsansätzen zur
Umsetzung von Maßnahmen .
• Hauptbezugspunkt der meisten Maßnahmen ist
die Familie .
• Viele konstatierte Mängel der aktuellen Situation wie auch
geplante Maßnahmen weisen auf die Armut der Bevölkerung
wie des Staates hin (z .B . Bekämpfung von Mangelernährung,
schlechte medizinische Versorgung von abgelegenen
Gebieten, Probleme der Finanzierung von ART) .
• Das Thema HIV und AIDS wird als gesamtgesellschaftliches
Problem anerkannt, das Problem der Arbeitsmigration als
potentielle HIV-Überträger ist erkannt .
• SRGR wird nur im engeren Sinne von RG behandelt .
• Gesundheitserziehung bekommt im Laufe der Jahre immer
größere Bedeutung .
13
1.3 Usbekistan
Für Usbekistan wurden sieben sehr verschiedenartige
Dokumente analysiert. Eine nationale Gesundheitsstrategie,
wie in den anderen beiden Ländern, existiert nicht, dafür
aber ein Plan zur Erreichung der MDGs.
Der Plan über spezifische Aktionen zur Verwirklichung
der zusätzlichen Aktivitäten zur Implementierung der
MDGs der UN für 2011-2015 (Plan of Specific Actions for
Realisation of the Complex of Additional Activities for
Implementation of the United Nations MDGs for 2011-2015)
ist eine tabellarische Zusammenstellung von 48 allgemein
formulierten Maßnahmen, Fristen, Zuständigkeiten und
erwarteten Ergebnissen zur Erreichung der MDGs. Von
den Zielen erscheinen hier relevant: Ziel Nr. 1, Die Zahl
der untergewichtigen Kinder im Alter unter 5 Jahren wird
halbiert. Unter den diesbezüglich geplanten Maßnahmen
wird auch die Versorgung von Schwangeren, Neugeborenen
und Kindern mit Nahrungszusatzstoffen (Jod, Vitamine)
und die Aufklärung der Bevölkerung in Bezug auf eine
gesunde Lebensweise (in Bezug auf die Ernährung) genannt,
außerdem die Gesundheit von Müttern und Stillen sowie
Monitoring der Entwicklung von Kindern unter 5 Jahren.
Zur Erreichung von MDG 4, der Senkung der
Kindersterblichkeit, wird die 100%ige medizinische
Betreuung von Frauen im reproduktiven Alter angestrebt,
das rechtzeitige Erkennen von Krankheiten während
der Schwangerschaft (Erbkrankheiten) und bei unter
5-Jährigen vor allem die Impfung gegen gängige
Infektions-krankheiten genannt.
MDG 5, die Verbesserung der Müttergesundheit, soll
durch bessere Ausbildung des medizinischen Personals,
Gesundheitserziehung, Vitamingaben, Maßnahmen
gegen frühe Schwangerschaften/Heirat und ebenfalls
die Verhinderung von Erbkrankheiten erreicht werden.
MDG 6 bezieht sich auf die Kontrolle von HIV und
AIDS, TB und Malaria; dort definiert der „Indikator“
7 einen hohen Anspruch: Bis 2015 soll die Zahl der
Neuinfektionen und Erkrankungen nicht nur gestoppt
werden, sondern auch Anfänge einer Senkung sichtbar
sein. Erreicht werden soll dies durch verbesserte
Gesundheitsdienste zur HIV-Prävention, die Förderung
eines gesunden Lebensstils, die Beseitigung von
„antisozialen Phänomenen“, die Fortbildung von Lehrern
im Bereich HIV, die Sensibilisierung der Bevölkerung
und der Hochrisikogruppen bzgl. HIV, Frühdiagnose,
Behandlung von STI und die Verhinderung der Infektion
von Neugeborenen von HIV positiven Müttern.
Das Programm über Maßnahmen zur weiteren Stärkung
und Verbesserung der Effektivität der Bemühungen
zur Verbesserung der Reproduktiven Gesundheit
der Bevölkerung, der Geburt gesunder Kinder und
dem Heranwachsen einer physisch wie intellektuell
entwickelten Generation, 2009-2013 (Programme of
Measures for Further Strengthening and Improving
Effectiveness of the Efforts to Enhance Reproductive
Health of Population, Birth of Healthy Child, and
Nurturing Physically and Intellectually Developed
Generation for 2009-2013) besteht aus einem Katalog von
39 Maßnahmen, in denen die gesamte Palette von RG
genannt wird, beginnend mit Sicherung der Gesundheit
von Mädchen und Frauen im gebärfähigen Alter,
medizinischer Betreuung von Schwangerschaften und
Geburt, Neugeborenenversorgung, Stillen, Verbesserung
der Ausstattung von Kliniken, Kinderpflegekurse für
junge Mütter, Ausbildung von medizinischem Personal
allgemein und speziellen Patronage Krankenschwestern,
Versorgung mit Kontrazeptiva, Förderung einer gesunden
Lebensführung bei Jugendlichen u.a.. Die geplanten
Gesundheitserziehungsmaßnahmen sollen nicht nur
konventionell durch Broschüren und Vorträge erfolgen,
sondern auch mit Einsatz von Videoclips, Soap Operas etc.
Die Themen HIV und AIDS und Sexualerziehung
kommen nicht vor. Dafür wird mehrfach ausführlich
die Implementierung moderner Technologien erörtert.
Auffällig ist außerdem, dass Aufmerksamkeit auch auf
die geistige Entwicklung von Kindern und Jugendlichen
verwendet wird, außerdem die wiederholte Erwähnung
der Reduzierung der Zahl von Neugeborenen mit
Erbkrankheiten und die Verhinderung nicht nur früher
Heirat und Schwangerschaften, sondern auch solcher
zwischen nahen Verwandten.
Das Präsidentendekret Nr. 1096 Über ergänzende
Maßnahmen zur Verbesserung der Gesundheit von
Mutter und Kind und zur Schaffung einer gesunden
jungen Generation (On Additional Measures for
Improving the Health of Mother and Child and Forming a
Healthy Young Generation), 2009, ist eine sehr allgemein
formulierte Aufgabenverteilung des Präsidenten an den
Premierminister, das Gesundheitsministerium und das
Nationale Frauenkomitee. Aus den Aufgaben geht hervor,
dass eine weitere Verstärkung der materiell-technischen
Basis für Geburtshilfe, der medizinischen Versorgung für
Mutter und Kind und der Erhöhung der Qualifikation des
medizinischen Personals angestrebt wird. Das Dokument
enthält verschiedene Formulierungen, wie z.B. die
Forderung nach verstärkter Aufklärung über die Schaffung
einer gesunden Familie, ohne dass spezifiziert wird, durch
welche Merkmale diese gekennzeichnet ist, und vor allem
der Schaffung notwendiger Voraussetzungen für eine
14
vollwertige physische und „harmonische“ Entwicklung von
Kindern und Heranwachsenden.
Das zeitlich früheste Dokument, das usbekische HIV-
Programm, ist bereits abgelaufen1 (2007-2011). In seinem
(sehr modernen, sachorientierten) Stil und Inhalt weicht es
von den anderen analysierten Dokumenten ab. Es beginnt
mit einer ausführlichen und kritischen Situationsanalyse
(„…, HIV infection rate is growing rapidly“, S. 4) wie auch
des Erfolges bisheriger Maßnahmen, einschließlich
Ergebnissen von Meinungsumfragen, die nicht wie sonst
nur positive Bewertungen enthalten. Das Problem der
Arbeitsmigration und infizierter Frauen und Neugeborener
wird benannt, ebenso Daten über jugendliche Infizierte
und AIDS-Tote. Inhaltlich geht es dann aber fast
ausschließlich nur um Drogenkonsumenten, MSM und
SWs, denen zu geringe Kenntnisse über Übertragungswege
attestiert werden.
Das Programm bekennt sich zur Einhaltung der
Menschenrechte, fordert die Gleichberechtigung der
Geschlechter, die Gestaltung eines sozialen, rechtlichen
und politischen Umfelds, das geeignet ist, Maßnahmen zur
Bekämpfung von HIV zu implementieren, die Einbindung
von NGOs, den freien Zugang der Bevölkerung wie auch
speziell der Hochrisikogruppen zu Prävention, Behandlung
und medizinischer, rechtlicher und psychosozialer
Unterstützung (S. 16). Sexuelle Tabus und Stigmatisierung
werden angesprochen, Gesetzesänderungen gefordert. Ein
seit 2006 in Taschkent laufendes Drogensubstitutions-
Pilotprojekt wird erwähnt.
Die geplanten Maßnahmen werden aus denen des
Vorgängerprogramms 2003-06 abgeleitet und sind
umfassend. Ausdrückliches Ziel ist es, die HIV-Epidemie
auf dem Niveau der konzentrierten Epidemie durch die
Bereitstellung von universellem Zugang zu Prävention,
Diagnose, Behandlung, Versorgung und Beratung zu
stabilisieren (S. 16). Bezüglich Prävention (S. 18-21) wird
eine Steigerung der Zahl der jugendlichen wie erwachsenen
Angehörigen von HIV-Risikogruppen (IDUs, SWs, MSM)
genannt, die eine gesunde Lebensführung annehmen.
Außerdem wird die Verhinderung einer HIV-Infektion
von Neugeborenen über ihre HIV-positiven Mütter durch
Ausbildung von medizinischem und paramedizinischem
Personal in zielgruppengerechter Beratung und im
Testen auf HIV-Infektionen sowie Familienplanung
für HIV-positive Menschen, ART und Spezialnahrung
angestrebt, ebenso die Senkung der Zahl von STIs. Spezielle
Aufklärungsprogramme sollen die Bevölkerung unter dem
Einsatz von neuen Kommunikationstechnologien und unter
1 . Die neue HIV Strategie ist im Dezember 2012 verabschiedet worden . Zum Zeitpunkt der Analyse stand diese Strategie jedoch noch nicht zur Verfügung .
Einbindung von NGOs über die Wege der HIV-Übertragung
und über gesunde Lebensführung informieren. Unter
Behandlung (S. 21 f.) von HIV-Positiven wird vor allem
der Zugang zu ART (2010 sollen alle HIV-Positiven damit
versorgt sein) und sonstiger medizinischer Versorgung
genannt sowie die Durchführung von HIV-Tests und
medizinische wie auch psychologische Beratung durch
eigens dazu ausgebildete Spezialisten.
Die nach diesem sehr progressiv wirkenden HIV-Programm
in Kraft getretenen regierungsamtlichen Einzeldokumente
scheinen konservativer. Das Präsidentendekret Über
ergänzende Maßnahmen zur Verbesserung der
Effektivität der Antworten auf HIV-Infektion (On the
additional measures to improve the effectiveness of
the response to HIV-infection), 2008, hat vor allem die
Schaffung einer Kommission zur Koordination der HIV-
Präventionsmaßnahmen und der AIDS-Zentren zum
Ziel. Dort werden nun Maßnahmen gegen “antisoziale
Phänomene, die zur Verbreitung von AIDS beitragen und
die Bewahrung und Entwicklung der spirituellen und
moralischen Prinzipien und traditionellen Werte des
Volkes Usbekistans“ gefordert. Aber andererseits werden
auch moderne Medizintechnologie und landeseigene
Unternehmen, die Medikamente und Geräte zur Behandlung
im Land produzieren, genannt sowie die Sicherstellung der
Kooperation mit internationalen Organisationen.
Ganz ähnlich fordert das Regierungsdekret Über
Maßnahmen zur Verbesserung der Organisationsstruktur
und Tätigkeit von AIDS-Zentren (On the measures to
improve the organisational structure and activity of AIDS
centres), 2009, u.a. moderne Medizintechnik und hoch
qualifizierte Spezialisten für die Zentren, die Berücksichtigung
von internationalen Best Practices sowie die Integration von
HIV Diagnostik und Behandlung in alle Institutionen der
medizinischen Versorgung.
Das Programm über Maßnahmen zur Erhöhung der
nationalen Spiritualität und Prävention von Trends, die dem
Lebensstil und der Mentalität unseres Volkes fremd sind
(Programme of Measures to Enhance National Spirituality,
Prevention of Trends Alien to the Lifestyle and Mentality of
Our People), 2009, eine Liste von 59 Maßnahmen, enthält
vielerlei Punkte wie Erziehung zu usbekischen Werten, bzw.
gegen Erscheinungen, die als „unserer Gesellschaft fremd“
identifiziert werden, (z.B. Maßnahmen gegen unmoralische
Websites, aber auch Verhinderung von Promiskuität, Alkohol-
und Drogenprävention, STI-Tests von SW), die für die
Propagierung eines gesunden Lebensstils im Zusammenhang
mit SRGR oder HIV und AIDS von Bedeutung sind, der
Zusammenhang wird aber nicht ausdrücklich hergestellt.
15
Ergebnisse:
• Abgesehen vom HIV-Programm (2006-2011) wirken die
usbekischen Dokumente sozial und politisch konservativer
als die der anderen beiden Staaten . Medizinische Fragen
werden häufig ideologisiert, nationale Werte und
Traditionen nicht problematisiert, wie in Tadschikistan
und manchmal auch in Kirgisistan, sondern sind mit
zunehmender Tendenz handlungsleitend .
• Durch eine möglichst positive Wortwahl - z .B .
nicht Senkung der Mortalitätsrate (wie in KG, TJ),
sondern Förderung der Geburt gesunder Kinder –
soll offensichtlich ein möglichst positiver Eindruck
hervorgerufen werden, obwohl die aktuelle Situation und
die konkreten geplanten Maßnahmen sich vielfach wenig
von denen der Nachbarstaaten unterscheiden .
• Auffällig anders ist nur eine starke Fixierung auf moderne
Geräte und neueste Technologien zur Lösung aller
medizinischen Probleme .
• Im Bereich RG wird sehr häufig die Verhinderung von
Erbkrankheiten erwähnt .
2 Länderübergreifende Einordnung von Einzelaspekten
2.1 Integration von HIV und SRGR
In den analysierten Dokumenten aller drei Staaten finden
sich Maßnahmen zu den großen Themenbereichen SRGR
und HIV. Bei den nationalen Programmen zur reproduktiven
Gesundheit handelt es sich allerdings nicht um einen
komplexen Ansatz der „Sexuellen und Reproduktiven
Gesundheit und Rechte“, sondern sie behandeln in erster
Linie Mutter und Kind Gesundheit, in denen das Thema HIV
wenig Raum einnimmt. Andererseits behandeln die HIV-
Strategien das Thema SRGR lediglich am Rande.
Eine Verknüpfung der Themen HIV und (S)RG(R) findet
sich vor allem im Zusammenhang mit der Verhinderung/
Verringerung der HIV-Übertragung von Mutter zu Kind.
Zu den aufgeführten Maßnahmen zur Verringerung einer
vertikalen Übertragung gehören insbesondere die HIV-
Aufklärung von Frauen und die angestrebte Erhöhung
des Anteils von Schwangeren, die sich einem HIV-Test
unterziehen. Bei Letzterem wird der Problematik der
Freiwilligkeit bzw. des Zwanges zu derartigen Tests nicht
Rechnung getragen. Im kirgisischen HIV-Programm wird
die Einwilligung der Schwangeren zu verpflichtenden
Tests erwähnt (KG HIV Programme, S. 22). In Tadschikistan
sind die Tests ausdrücklich freiwillig (TJ NHS, S. 8). Im
usbekischen HIV-Programm wird ein Pflichttest angestrebt,
aber auf die ablehnende Haltung der Betroffenen
hingewiesen (S. 6, dazu auch S. 12).
Eine weitere Maßnahme, die RG und HIV betrifft und sich
auch sowohl in SRGR- als auch HIV-Programmen findet,
ist die Versorgung der Neugeborenen von HIV-positiven
Müttern mit ART sowie mit Spezialnahrung, um eine
Übertragung durch das Stillen zu verhindern.
Die Bedeutung der Vorbeugung gegen und Behandlung von
STI für die RG sowie den Kampf gegen eine HIV-Infektion
wird in nahezu allen relevanten Dokumenten mit bedacht
(KG SRGR Strategy, S. 5; KG HIV Programme, S. 9, 22, 33; TJ
Child and Adolescent Programme, S. 3; TJ NHS, S. 84-86; UZ
HIV-Programme, S. 21).
Aufklärungsarbeit in der Bevölkerung wird als Bestandteil
von Familienplanung in den Programmen zu Mutter- und
Kindgesundheit oder als HIV-Prävention in den HIV-
Programmen thematisiert. Ein Zusammenhang zwischen
RG und HIV wird nur im kirgisischen HIV-Programm
hergestellt (S.31, no 8). Ausdrückliche Sexualaufklärung wird
auch nur in Kirgisistan erwähnt (KG HIV Programme, S.19).
2.2 Zielgruppen
Ganz grundsätzlich ist in den Dokumenten aus Tadschikistan
und Usbekistan die Familie die wichtigste Bezugsgröße (auch
örtliche Gemeinschaften, Communities). In den kirgisischen
Dokumenten fehlt die Familie in dieser Rolle meist, eher
geht es allgemein um Personen (people); in der NHRP 2011
(z.B. S. 7, 12) und dem KG RR Law 2014 tauchen die in den
beiden anderen Staaten völlig fehlenden Begriffe Bürger
(citizen), Individuum (every individual) und persönliche
Verantwortung auf, was zumindest in der Theorie auf ein
ganz anderes Gesellschaftskonzept hindeutet.z
16
Neben diesen allgemeinen Zuschreibungen werden auch
spezifische Zielgruppen für bestimmte Themen und
Maßnahmen genannt.
Frauen im reproduktiven Alter, vor allem Schwangere
und Mütter, stehen in allen drei Staaten im Bereich RG
im Zentrum des Interesses der Strategien. Im Bereich
HIV gilt vor allem jungen Frauen, und speziell HIV
positiven Schwangeren und jungen Müttern, besondere
Aufmerksamkeit. Alleinstehende Schwangere/Mütter
werden dagegen nur in KG Dokumenten eigens erwähnt (KG
Gender-strategy, S .5; KG RR Law), drogenabhängige, HIV-
positive Schwangere/Mütter werden hingegen in keinem der
Dokumente erwähnt.
Männer: Zwar gibt es Fälle, wo bei speziellen Maßnahmen
für Jugendliche (s.u.) und bei der Fortbildung in
reproduktiver Gesundheit beide Geschlechter (frisch
verheiratete Paare und Eltern) angesprochen werden (z.B.
TJ NHS, S. 36; KG RR Law, Art. 4), in der überwiegenden Zahl
der Fälle werden Väter/Ehemänner aber im Zusammenhang
mit reproduktiver Gesundheit (vor allem Schwangerschaft
und Neugeborenenversorgung) nicht erwähnt. In
den HIV-Programmen werden dagegen männliche
Drogenkonsumenten (noch) als die Hauptrisikogruppe
identifiziert und entsprechende Maßnahmen sind auf sie
fokussiert. In der allgemeinen Gesundheitsvorsorge taucht
Männergesundheit nur in der kirgisischen Genderstrategie
auf (siehe auch: Gender).
Jugendliche spielen in den analysierten Strategien und
Programmen aller drei Staaten eine herausragende Rolle.
Dies betrifft vor allem die Gesundheitserziehung. Ein bereits
in der Schule gelehrter gesunder Lebensstil (kein Tabak,
kein Alkohol, keine Drogen, kein früher, ungeschützter
Sex) wird überall als Basis nicht nur für die Gründung
gesunder junger Familien, sondern auch als Maßnahme
gegen HIV-Infektionen identifiziert. Neben den allgemeinen
Maßnahmen für Frauen ist im Bereich SRGR vor allem
eine Verringerung der Zahl früher Schwangerschaften
ein Ziel. Jugendliche gelten als besonders anfällig
für HIV-Infektionen, entsprechend wichtig werden
Präventionsmaßnahmen eingeschätzt (KG NHP, S. 27; KG
HIV Programme, S. 10; TJ-HIV/AIDS programme, S. 19; UZ
HIV-Programme, S. 18). Auch die Schaffung von speziellen
niederschwelligen medizinischen Behandlungs- und
Beratungseinrichtungen für Jugendliche wird erwähnt.
(z.B. TJ child and adolescent, S. 88). In allen Fällen wird der
Wirkungsgrad entsprechender bisheriger Maßnahmen
allerdings als gering bewertet, bzw. aus den neu geplanten
Maßnahmen geht hervor, dass er bisher gering war, weil es
offensichtlich Probleme gibt, die Jugendlichen zu erreichen.
Und das, obwohl Gesundheitserziehung vor allem in den
Schulen stattfinden soll und in allen drei Staaten Schulpflicht
herrscht. Insbesondere wurden die ländliche Jugend und
Jugendliche, die nicht in außerschulischen Organisationen
aktiv sind, bisher kaum erreicht. Hier werden daher gezielte
Maßnahmen gefordert (KG HIV-Programme, S. 31), in
Kirgisistan auch speziell für junge Gefangene (KG HIV-
Programme, S. 31).
Neben diesen Gemeinsamkeiten gibt es auch
landesspezifische Besonderheiten in den Dokumenten,
z.B. wird in Tadschikistan, wo es bereits mehrfach gehäuft
Selbstmorde unter Jugendlichen gegeben hat, in der Kinder-
und Jugendstrategie (S. 87) speziell die Verhinderung von
Selbstmorden erwähnt. In Usbekistan richten sich die
Bemühungen nicht nur auf einen gesunden Lebensstil,
sondern auch auf die Schaffung erfolgreicher Familien,
in denen physisch und intellektuell reife Kinder und
Jugendliche sich „harmonisch“ entwickeln können (UZ
Resolution of the President. Programme to enhance RH, S. 1).
Die RR Minderjähriger werden im Projekt des KG RR Law
sehr viel häufiger erwähnt und genauer definiert als im
Ursprungsgesetz von 2007. Vor allem bezüglich des Rechts
der Bürger auf Information ist in vielen Artikeln das Recht
Jugendlicher auf altersgerechte Information ergänzt. Ebenso
ist das ausdrückliche Ziel einer gezielten Verbesserung
der Gynäkologie/Andrologie für diese Altersgruppe
neu (Art. 5). Die Ausbildung entsprechender Spezialisten
und Formulierung diverser Bildungsprogramme wird in
mehreren Artikeln ausdrücklich als staatliche Aufgabe
benannt. Eine auffällige Veränderung ist in Artikel 13
über das Recht Minderjähriger auf den Schutz ihrer RR
vorgenommen worden. Während im alten Gesetz Eltern und
Familie für Aufklärung über RR etc. zuständig waren, gehört
dies, erweitert um sexuelle Rechte (SR) nun zuerst zu den
staatlichen Aufgaben (ebda, Art. 13,1 ff.), erst danach werden
auch die Eltern in die Pflicht genommen (Art. 13, 5). Hinter
der Formulierung Aufklärung über RR und SR verbirgt sich
vermutlich Aufklärungsunterricht.
Im TJ RHRR Law wird die Verbesserung der Bildung von
Kindern und Jugendlichen im RG Bereich, auch hier ist
vermutlich Sexualaufklärung gemeint, bereits am Anfang
unter den staatlichen Zielen genannt. Im ursprünglichen
Gesetz von 2002 war das formulierte Ziel des Rechts von
Jugendlichen auf Information und Dienstleistungen im
RG Bereich, sie vor unerwünschten Schwangerschaften
und STIs zu schützen. Die notwendigen Informationen
(= Sexualaufklärung) sollten nach auf ihre speziellen
Bedürfnisse ausgerichteten, altersgerechten Programmen
von dazu ausgebildetem Personal vermittelt werden.
Diese Programme, die u.a. auch der Vorbereitung auf
das Familienleben dienten, sollten über das staatliche
17
Bildungssystem (= Schulen) und Gesundheitseinrichtungen
durchgeführt werden. Die neue Fassung definiert die
Aufklärung der Jugend sehr viel deutlicher als Aufgabe unter
Kontrolle des Staates. Die notwendigen Programme sollen
nun ausdrücklich von autorisierten Regierungsorganen
erstellt und von Bildungs-, Gesundheits- und anderen
Institutionen mit speziell ausgebildetem Personal umgesetzt
werden. Ihr Ziel ist moralische und sexuelle Bildung, Schutz
der reproduktiven Gesundheit und Vorbereitung auf das
Familienleben. Der Schutz vor Schwangerschaften und STIs
wird nicht mehr erwähnt.
Drogenkonsumenten gelten überall als die
Hauptrisikogruppe in Bezug auf die HIV Übertragung,
entsprechend sind sie nach der zu schützenden Jugend
die Hauptzielgruppe der Gesetzgeber (im Bereich HIV). Als
weitere in diesem Zusammenhang gezielt zu behandelnde
Gruppen werden Gefangene betrachtet. Außerdem werden
SW, MSM (im KG HIV Programm, S. 9 wie auch der NHS
findet sich der Hinweis, dass MSM z.T. verheiratet sind
und ihre Ehefrauen infizieren) in allen drei Staaten als
Risikogruppe identifiziert und auch spezielle Maßnahmen
für sie definiert, daneben eher am Rande erwähnt auch
für Militärs. In allen drei Staaten wird eine zunehmende
Durchdringung der Allgemeinbevölkerung mit HIV
konstatiert, besonders unter nicht drogenabhängigen Frauen.
Migranten: Erstaunlicherweise wird im Entwurf des neuen
kirgisischen HIV-Programms wie auch der kirgisischen NHS
keine Verbindung zwischen der konstatierten zunehmenden
Zahl HIV-infizierter Frauen (S. 10) und dem Phänomen der
Arbeitsmigration hergestellt, Migranten werden überhaupt
nicht erwähnt, obwohl schon 2006 in der RHS (S. 8, 16)
auf die von der internen wie internationalen Migration
ausgehenden Gefahren bei der Ausbreitung von HIV
hingewiesen wird. Dagegen bezeichnet die tadschikische
NHS (No 82) von 2010 Arbeitsmigranten und ihre Familien
als besondere Risikogruppen, ebenso das HIV- und AIDS-
Programm (S. 8, 17). Auch im usbekischen HIV-Programm
(S. 7) wurden Arbeitsmigranten als potentielle Risikogruppen
genannt, dann allerdings nicht wieder erwähnt.
Auffällig ist das weitgehende Fehlen der Nennung einer
weiteren Zielgruppe, nämlich der an AIDS Erkrankten.
Alle Anstrengungen gelten der Prävention und der
Behandlung der HIV-Infizierten, Erkrankte werden kaum
je erwähnt, allein die statistische Angabe über die Zahl der
bisherigen AIDS-Toten deutet darauf hin, dass es Kranke
gibt. In usbekischen Dokumenten wird grundsätzlich die
Verwendung des Wortes AIDS vermieden.
Ohne dass sie ausdrücklich als Zielgruppe genannt werden,
wird man auch zumindest in Kirgisistan und Tadschikistan
die Bevölkerung, die in entlegenen Regionen lebt, als im
Fokus der Bemühungen stehend einordnen können, sowohl
was die Sicherstellung ihrer allgemeinen medizinischen
Versorgung betrifft, als auch speziell im Bereich RG und
HIV/AIDS Prävention (KG SRGR strategy, S. 9, :KG NHP,
S. 40, TJ NHS, S. 39). Im usbekischen HIV-Programm wird
mehrfach eine ungleiche geografische Konzentration von
HIV-Prävention und Behandlung erwähnt, die überwunden
werden müsse (z.B. S.15).
Arme tauchen vor allem in tadschikischen (Child and
Adolescent Health Protection, S. 80), aber auch kirgisischen
Dokumenten als vulnerable Gruppen auf, die beispielsweise
durch bei Behandlungen notwendige out of pocket-
Zahlungen besonders betroffen sind (TJ NHS, S. 8) und deshalb
erforderliche ärztliche Hilfe erst gar nicht suchen. Durch
kostenlose medizinische Versorgung und die Einführung
von Gesundheitsversicherungen soll ihre Grundversorgung
sichergestellt werden. Armut wird in Tadschikistan
als wichtiger Faktor für die HIV-Verbreitung genannt,
Armutsbekämpfung entsprechend als HIV-Prävention (TJ
HIV/AIDS Programme, S. 19).
Der Begriff vulnerable Gruppen taucht in den Dokumenten
häufiger auf - ohne dass definiert würde, welcher
Personenkreis damit genau gemeint ist (z.B. wird in der TJ
Child and Adolescent strategy, S. 80, die Verbesserung der
Gesundheitssituation von vulnerablen Gruppen propagiert,
ähnlich in der KG SRGR strategy, S. 17).
2.3 Gesundheitliche Aufklärung (im weiteren Sinne) Gesundheitserziehung sowie gesundheitliche Aufklärung
sind sowohl im Bereich reproduktiver Gesundheit wie auch
in HIV- und AIDS-Programmen aller drei Staaten das am
stärksten vertretene Thema. Seine Bedeutung scheint noch
zu wachsen, je aktueller ein Dokument ist.
Die Propagierung eines gesunden Lebensstils für die
Gesamtbevölkerung sowie speziell für Jugendliche
und Frauen steht jetzt überall auch im Hinblick auf die
reproduktive Gesundheit sowie HIV und AIDS an erster Stelle.
Im Bereich reproduktiver Gesundheit sollen Themen wie
Familienplanung (nur in KG wird neben reproduktiver
Gesundheit auch ausdrücklich sexuelle Aufklärung erwähnt -
HIV-Programme, S. 19), sichere Schwangerschaft und Geburt,
Stillen und die Gesundheit von Müttern und Kinderpflege
gelehrt werden. Die Begriffe Familienplanung, die Gesundheit
von Müttern und sexuelle Aufklärung werden dabei nicht
definiert. Im usbekischen RG-Programm (S. 1) wird ein noch
weiter gehendes Ziel definiert: „Verstärkung des öffentlichen
Bewussteins für die Geburt gesunder Kinder unterstützende
Bemühungen, Förderung junger Menschen nach der Bildung
18
einer gesunden und erfolgreichen Familie und eines
gesunden Lebensstils.“
Bei Jugendlichen gelten überall die Schulen als
wichtigster Aufklärungsort, es klingt aber an, dass die
Ausbildungsmaterialien ungenügend sind, für diesen
Unterricht ausgebildete Lehrkräfte in ausreichender
Zahl fehlen und man Schwierigkeiten hat, die Zielgruppe
überhaupt zu erreichen (UZ HIV-Programme, S. 11, TJ NDS
S. 29; KG HIV Programm, S. 29). Der Kenntnisstand der
Jugendlichen wird als unzureichend bewertet.
Neben den Schulen werden auch die örtlichen
Gemeinschaften (local communities), Eltern und religiöse
Führer für die HIV-Aufklärung in die Pflicht genommen (KG
HIV-Programme, S. 31; KG SRGR S. 10; UZ HIV-Programme,
S. 16, 19). So sinnvoll die Einbindung religiöser Führer wie
auch der Führer der örtlichen Gemeinschaften wegen ihres
Einflusses auf die Bevölkerung sein mag, scheint doch
bedenklich, dass die Gesetzgeber nicht daran gedacht haben,
dass die von diesem Personenkreis vertretenen moralisch-
ethischen Positionen den Anforderungen und Inhalten der
staatlichen Programme in vielen Punkten ganz grundsätzlich
widersprechen. Das kirgisische HIV-Programm nennt diesen
Personenkreis sogar ausdrücklich unter denjenigen, die der
Erziehung zur Toleranz bedürfen (S. 34).
Gesundheitsaufklärung für die breite Bevölkerung soll
in Kirgisistan durch NGOs und Medien (NHP, S. 30 f.), in
Tadschikistan noch unschärfer formuliert, durch öffentliche
und private Anbieter, NGOs, Jugendvereinigungen
und Vereinigungen von Gesundheitsarbeitern (betr.
Gesundheitspolitik ganz allg.: NHS, No. 135) umgesetzt
werden. Im usbekischen HIV-Programm wird die Rolle
der Massenmedien ganz besonders hervorgehoben, hier
sollen Soap Operas bzw. Filme zu HIV-Aufklärung und
reproduktiver Gesundheit produziert werden (UZ RG
Programme, No. 23 f.; National Action Plan zum HIV-
Programm, no 17). Aus dem Kontext geht hervor, dass
in diesem Bereich vor allem NGOs und internationale
Organisationen tätig sind. Das usbekische Programm sieht
zwecks Verbesserung der staatlichen HIV-Politik sogar die
Schaffung eines HIV-Informations -und Bildungssystems
für das Personal im öffentlichen Dienst und für
Entscheidungsträger inkl. Parlamentsmitglieder vor (S. 17).
Trotz all dieser Bemühungen wird mangelndes Wissen in
Bezug auf HIV und AIDS in allen drei Staaten nach wie vor
als Hauptproblem gesehen.
2.4 Stigmatisierung und Diskriminierung
Das Problem der Stigmatisierung und Diskriminierung
von HIV-positiven Menschen hat in allen drei Staaten
Eingang in die nationalen Strategien gefunden. Dies
sowohl in Hinblick auf eine Verbesserung der persönlichen
Situation der Betroffenen selbst, als auch weil die drohende
Diskriminierung als Hindernis bei der HIV-Prävention
und Behandlung (TJ HIV Programm, S. 16) erkannt wurde:
gefährdete Personen lassen sich aus Angst vor Stigmatisierung
gar nicht erst testen (UZ HIV Programme, S. 6).
In Kirgisistan (HIV-Programme, S. 31) wird in diesem
Zusammenhang die Sicherstellung des Schulbesuches und
grundsätzlich gleicher Rechte von HIV-positiven Kindern
und Jugendlichen besonders erwähnt. Die Stigmatisierung
dieser Kinder ist auch mehrfach Thema im tadschikischen
HIV Programm (S. 20, 34, 40 f.), die Sicherstellung
der Beachtung ihrer Menschenrechte ist dort als Ziel
ausdrücklich formuliert. In diesem Programm werden aber
auch speziell Frauen genannt, die, wenn sie HIV-positiv sind,
von der Gesellschaft automatisch mit Drogenkonsum und
vor allem unmoralischem Lebenswandel in Verbindung
gebracht und stigmatisiert werden (S. 20 f.).
Als sehr problematisch wird bewertet (KG NHP, S.28;
TJ HIV Programme, S. 10), dass Stigmatisierung und
Diskriminierung gerade beim Gesundheitspersonal
besonders ausgeprägt sind und die HIV-Prävention wie auch
Behandlung und Schulung erschweren. Auch die Vorbehalte
der Sicherheitskräfte2 gelten als Problem (KG, HIV-
Programme, S. 30). Mangelndes Interesse von Vertretern der
Gesellschaft wird kritisiert und Maßnahmen zur Förderung
von mehr Toleranz bei Vertretern der Sicherheitskräfte, im
Bildungsbereich, bei Sozialdiensten und religiösen Führern
wie auch in den Familien überall angekündigt (KG HIV
Programme, S. 34 f.). Wie und mit welchen Mitteln diese
Erziehung zur Toleranz erreicht werden soll, bleibt
aber offen.
Die kirgisische SRGR Strategie fordert auch den Abbau von
diskriminierenden Ansichten und Aktivitäten gegenüber
sozial vulnerablen Gruppen ganz allgemein (S. 17, auch
SPD-strategy, S. 4), ansonsten tauchen Maßnahmen gegen
Stigmatisierung immer im Zusammenhang mit HIV auf.
2 . Russ . Pravookhranitel’nye sily, d .h . Polizei und Truppen des Innenministeriums .
19
2.5 Gender
Bezüglich der Behandlung des Themas
Geschlechtergerechtigkeit lassen sich zwischen den
Dokumenten der drei Länder erstaunliche Unterschiede
erkennen. In Kirgisistan und Tadschikistan existiert eine
Gender Strategie (TJ 2010, KG 2012). In Usbekistan existiert
eine solche Strategie nicht.
In den meisten kirgisischen Dokumenten wird dem
Thema Gleichberechtigung der Geschlechter nur wenig
Raum gegeben. Die Wortwahl bzgl. der Definition der
Zielgruppen ist weitgehend unspezifisch. Eine Ausnahme
bildet das älteste der analysierten kirgisischen Dokumente,
die RG-Strategie von 2006. Dort wird Gender-Themen
viel Raum gegeben und auch ausdrücklich die auf Kultur
und Traditionen beruhend benachteiligte Situation der
Frauen dargelegt (familiäre Nicht-Arbeitsteilung, Gewalt,
Brautraub etc., S. 5 f, 14 f.) und in Verbindung mit der
reproduktiven Gesundheit gebracht und das Free Choice
Prinzip für Männer und Frauen betont (S. 17). Die erste
kirgisische Gender-Strategie beschäftigt sich mit dem
Thema Frauen und Gesundheit so gut wie gar nicht
(genannt werden Bildungsmaßnahmen zur reproduktiven
Gesundheit, weil dort Wissen bei Männern und Frauen
fehlt und Kinderbetreuung, außerdem wird das Recht der
freien Wahl für Frauen und Männer festgeschrieben, S. 12).
Die dort formulierten angestrebten Verbesserungen der
ökonomischen, rechtlichen und sozialen Lage von Frauen
und vor allem im stark betonten Bereich Gewalt würden
sich mittelbar aber auch im Bereich Gesundheit auswirken.
Dem schlechten Gesundheitszustand der Männer wird in
der Genderstrategie dagegen mehr Raum gegeben (S. 9 f.;
auch schon in KG RG-Strategie 2006, S. 15 erwähnt). Auch
hier werden traditionelle Einstellungen verantwortlich
gemacht: „wahre“ Männer sind weder krank noch gehen sie
zum Arzt! Das KG RR Gesetzesprojekt 2014 enthält einen
neuen Passus, in dem die Schaffung von Bedingungen, die
Gleichberechtigung von Männern und Frauen bezüglich
ihrer RR ermöglichen, als Aufgabe des Staates definiert
wird (Art. 4). Entsprechend gilt die Masse der im Gesetz
erwähnten Rechte geschlechtlich undifferenziert für die
„Bürger“. Ausnahmen bilden Entscheidungen, die direkte
Folgen auf Körper und Gesundheit der Frauen haben
(Schwangerschaft, Schwangerschaftsabbruch, Art. 14, 16).
In einigen Dokumenten aus Tadschikistan und Usbekistan
finden sich zwar auch nur allgemeine Informationen
bezüglich der Gleichheit der Geschlechter, doch gibt es aus
diesen beiden Staaten auch Beispiele, bei denen im Vergleich
zu den meisten kirgisischen Texten und vor allem gemessen
an den realen Verhältnissen dem Thema sehr viel Raum
gegeben und erstaunlich klar ausgedrückt wird, dass Frauen
sich in einer benachteiligten Position befinden. So heißt
es in der tadschikischen NDS, dass Frauen schlechteren
Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen und zur Vertretung
ihrer Interessen hätten (S. 44). Und im tadschikischen HIV-
Programm wird mehrfach sehr klar formuliert, dass Frauen
im Hinblick auf die Verbreitung von HIV benachteiligt
sind, weil sie aufgrund kultureller Besonderheiten
(patriarchalische Kultur) eine Stufe tiefer als die Männer
stehen, die mehrere Beziehungen gleichzeitig haben –
während „Frauen oder Ehefrauen nicht auf der Benutzung
von Kondomen während des Geschlechtsverkehrs
bestehen können aus Angst, die wichtigste Quelle ihres
Lebensunterhalts zu verlieren“ (S. 20, Siehe auch S. 11, 17, 19).
Daneben wird auch die Stigmatisierung von HIV-positiven
Frauen als besonders hoch eingeschätzt und wegen dieser
Befunde gezielte Gender-Maßnahmen für notwendig
gehalten – die aber nicht genauer benannt werden (S. 20 ff.).
Das usbekische HIV-Programm legt einen starken Fokus
auf Frauenförderung. Unter den Grundprinzipien taucht
auf: “Berücksichtigung von Geschlechtergerechtigkeit
bei der Implementierung von Präventionsprogrammen;
Verringerung der Bedrohung einer HIV-Infektion
von Frauen durch die Eliminierung aller Formen von
Diskriminierung gegenüber Frauen“ (S. 16). An anderer Stelle
wird der negative Effekt “traditioneller Tabus” bzgl. sexueller
Themen beklagt: die finanzielle Abhängigkeit der Frauen,
Doppelmoral, außereheliche Beziehungen der Männer,
allgemeine Tolerierung häuslicher Gewalt und geringe
Nutzung von Kondomen (S. 6). Alle anderen usbekischen
Programme und Gesetze transportieren aber ein eher
konservatives Familienbild, Kinderpflege ist beispielsweise
zweifellos Aufgabe und Verantwortung der Mutter (S. 18, 23,
24), die auch in Kursen dafür ausgebildet wird (Väter werden
gar nicht erwähnt).
2.6 Die Rolle von NGOs
Trotz der geringen Ausbildung von zivilgesellschaftlichen
Organisationen, existiert eine relativ häufige Erwähnung von
NGOs in tadschikischen und usbekischen Dokumenten (im
UZ HIV-Programm S. 17 wird sogar gefordert „Bedingungen
für die Beteiligung der Zivilgesellschaft“ zu schaffen. Ihnen
wird im Bereich HIV und AIDS diverse Aufklärungs- und
Sozialarbeit zugeschrieben (TJ HIV/AIDS-Programm, S. 32,
35), wobei die Frage der Qualifizierung der Mitarbeiter und
vor allem der Finanzierung ihrer Arbeit kaum thematisiert
wird. Es liegt also die Vermutung nahe, dass auf NGOs
Themen übertragen werden, bei denen der Staat inhaltlich
und finanziell keine Lösung anbieten kann.
20
Überraschenderweise kommt in den KG Dokumenten NGOs
in den HIV-Programmen dagegen weniger Bedeutung zu. Im
HIV-Programm 2010 wird die Bildung einer Organisation
der HIV-positiven Menschen avisiert (S. 23).
2.7 Fragen der Zusammenarbeit
Das tadschikische HIV- und AIDS-Programm enthält das
einzige Bekenntnis zu regionaler Zusammenarbeit (S. 35)
in allen untersuchten Dokumenten, jedoch ohne konkrete
Vorschläge. Im kirgisischen HIV-Programm findet sich
der Hinweis, dass das Land auch in regionale Projekte
eingebunden ist (S.12).
In den HIV-Programmen aller drei Staaten wird, wie in
Teil 1 gezeigt, HIV und AIDS ausdrücklich nicht als rein
medizinisches, sondern auch als sozioökonomisches,
bildungspolitisches, kulturelles, religiöses und juristisches
Problem definiert.
In allen drei Staaten sind mehrere Ministerien für die
Themen SRGR und vor allem HIV und AIDS zuständig.
Die Spitze markiert das kirgisische HIV-Programm, das
Zuständigkeiten von insgesamt 14 namentlich genannten
Ministerien aufführt (S. 38). Zwar wird intersektorale
Zusammenarbeit in allen drei Staaten immer wieder
postuliert, aber offensichtlich funktioniert diese trotz speziell
eingerichteter Koordinierungsorgane (S. 39) bis heute nicht.
Als Gründe werden u.a. häufige Personalwechsel, schlechte
Abstimmung, Geldmangel sowie Desinteresse genannt (KG
HIV-Programme, S.14, aber auch TJ HIV-Programme, S. 31, 39
f.). Die Inhalte der analysierten Dokumente sind der Beweis
dafür, dass die Zusammenarbeit zwischen den Ministerien
kaum funktioniert. Wie im ersten Teil bereits erwähnt,
taucht zum Beispiel weder in der Jugend-Strategie noch
im Kinderkodex Kirgisistans das Thema HIV und AIDS auf,
obwohl ihm vom Gesundheitsministerium Priorität in Bezug
auf diese Zielgruppen zuerkannt wird.
Mängel der intrasektoralen Zusammenarbeit werden
für Kirgisistan ebenfalls beklagt und (in NHRP, S. 8;
HIV Programme, S. 14) auf mangelhafte Koordination
und Managementfehler, zu wenig Raum für autonome
Entscheidungen und Geldmangel zurückgeführt, sodass es
trotz aller Bemühungen keine adäquate Zusammenarbeit
zwischen den drei Ebenen gibt.
Die Abgrenzung/Zusammenarbeit von medizinischem und
sozialem Tätigkeitsbereich ist nicht klar. Die Erwähnung
von Tätigkeiten und notwendiger Aus- und Weiterbildung
von medizinischem Personal (speziell für den Umgang mit
HIV, aber auch im Bereich SRGR) überwiegt bei weitem, das
Berufsbild des ausgebildeten Sozialarbeiters ist offensichtlich
neu. In der kirgisischen HIV-Strategie (S. 31) wird die
Ausbildung von Spezialisten mit pädagogischem Profil und von
Sozialarbeitern für die Jugendarbeit im Bereich HIV gefordert
(Die KG SPD-Strategy beschäftigt sich mehrfach – S. 7, 9, 21
- mit dem Thema Sozialarbeiter allgemein). In Tadschikistan
liegt der Fokus auf der Abdeckung eines hohen Bedarfs an
Ausbildung medizinischen Personals, soziale Tätigkeiten
werden dagegen als Berufs- oder Ausbildungsbereich nur am
Rande erwähnt (Ausbildung klinischer Psychologen für AIDS-
Beratung; Notwendigkeit der Schaffung neuer Berufsbilder
nach aktuellen Erfordernissen in NHS, No 83, 332). Die
usbekische HIV-Strategie nennt ausdrücklich Sozialarbeiter,
die in diesem Bereich eingesetzt werden müssen, sie sollen der
offiziellen Liste der Berufe hinzugefügt werden (S. 19, siehe
auch S. 22). Sie fordert spezielle HIV-Fortbildungen für diese
Sozialarbeiter und psychologische Unterstützung für HIV-
positive Menschen (S. 22).
2.8 Barrieren für die Realisierung
Allen kirgisischen und tadschikischen Programmen, in
geringerem Maße auch den usbekischen, ist eine (selbst)
kritische Bestandsaufnahme vorangestellt, an die sich eine
lange Aufzählung der Gründe für die konstatierte schwache
Erfolgsbilanz anschließt. Diese bleiben über die Jahre
unverändert, d.h. die Probleme sind bekannt, werden aber
nicht überwunden. In einigen Fällen wird auch betont, dass
ihre Lösung nicht in der Macht der betroffenen Ministerien
liegt: z.B. soziale Probleme wie Armut, Arbeitslosigkeit,
Landflucht, Kampf gegen Alkoholmissbrauch durch
hohe Steuern (KG NHRP, S. 45) oder die mit der Nähe
zu Afghanistan in Verbindung gebrachte hohe Zahl von
Drogenkonsumenten (TJ HIV Programme, S. 22).
21
• insgesamt langsame Reformfortschritte (z .B . TJ NDS, S . 33-
37; KG Gender, S . 33);
• Geldmangel (KG, NHRP, S . 8, KG Gender-Strategy, S . 33; TJ,
NDS, S . 33; TJ NHS S . 4), aber auch falsche oder ineffektive
Verwendung und Korruption (TJ, NDS, S . 10);
• fehlende Unterstützung durch internationale
Organisationen (KG Gender, S . 33), fehlende Koordinierung
ihrer Tätigkeit (KG Gender, S . 33), keine Nachhaltigkeit
international geförderter Projekte (KG RG Strategy, S . 33);
• Auseinanderfallen von Theorie (=Gesetze) und Praxis (UZ
HIV-Programm, S . 8);
• in kirgisischen Dokumenten werden politische Instabilität
und häufiger Wechsel der Führungskräfte (KG NHRP, p .8,
KG Gender strategy, S . 33) genannt;
• mangelndes Interesse und Verständnis für die Bedeutung
der beiden Themen in Regierungen, Administration und
Gesellschaft (KG SRGR Strategy, S . 4, TJ HIV-Programm, S . 40),
bei HIV Ablehnung bei Beamten und Regierungsvertretern .
Folgende Barrieren werden neben den bereits zuvor erwähnten (Mängel in der inter- und intrasektoralen
Zusammenarbeit sowie bezüglich des Ausbildungsstands des medizinischen Personals) ausdrücklich genannt:
3 FazitGrundsätzlich muss betont werden, dass dies eine Analyse
der staatlichen Programme und Gesetze ist, d.h. sie
kann die Realität - wenn überhaupt - nur sehr begrenzt
widerspiegeln. Dies umso mehr, als viele Dokumente den
Eindruck machen, dass sie maßgeblich von ausländischen
Beratern geprägt sind.
Viele der in den Dokumenten aufgeführten Ziele
und Aufgaben sind so allgemein formuliert, dass ihr
tatsächlicher Inhalt nur schwer zu identifizieren ist,
außerdem werden öfter Begrifflichkeiten ohne Definition
verwendet. Das birgt die Gefahr, dass die Nutzer der
Programme und Strategien ihre Inhalte entweder gar nicht
verstehen oder unterschiedlich interpretieren.
Die Unterschiede zwischen den RG sowie HIV und AIDS
betreffenden Maßnahmen in den Dokumenten der drei
Staaten wirken größer als sie tatsächlich sind. Dafür sind
verschiedene Bezeichnungen für die gleiche Maßnahme, das
verschiedene Herangehen und der unterschiedliche Aufbau
der einzelnen Programme und Strategien verantwortlich.
Die inhaltlichen Ziele der Dokumente der drei Staaten
gleichen sich in Vielem. Vor allem betrifft dies die starke
Konzentration auf die Zielgruppe Jugend und die sich immer
stärker herausbildende Fokussierung auf gesundheitliche
Aufklärung (gesunder Lebensstil, Familienplanung, Schulung
von Schwangeren, HIV-Prävention), meist ohne dass klar
ist, welche Träger wie finanziert werden und wie für ihre
Aufgabe ausgebildet, diese Aufgabe übernehmen sollen. Ein
hoher Bedarf an Ausbildung von medizinischem Personal
wird in praktisch allen Bereichen definiert, die Bedeutung
der Tätigkeit von eigens ausgebildeten Sozialarbeitern
scheint in allen drei Staaten neu erkannt zu werden.
Gemeinsam ist den Programmen auch die Konzentration auf
Prävention und Behandlung von HIV und das weitgehende
Fehlen von Maßnahmen zur Behandlung von an AIDS
Erkrankten. Auch das enge Verständnis des Themenbereichs
SRGR fast ausschließlich als Mutter-Kind-Gesundheit und
das Fehlen der Vokabel „sexuell“ eint alle drei. Das Ziel, auch
der Bevölkerung in entlegenen Regionen medizinische
Versorgung zukommen zu lassen, wird in kirgisischen und
tadschikischen Maßnahmenkatalogen genannt.
Inhaltliche Unterschiede sind auch zu erkennen,
betreffen aber nicht die Hauptthemen.
Beispielsweise wird in Tadschikistan relativ viel
Aufmerksamkeit auf die Ernährung bzw. die Gabe
von Ernährungsergänzungsstoffen für Schwangere
verwandt. In usbekischen Dokumenten fällt die
große Konzentration auf neueste Technologien und
labortechnische Fragen auf, in Kirgisistan die Erwähnung
von Pilotprojekten und innovativen Ansätzen.
22
Liste der verwendeten Dokumente
KirgisistanDen Sooluk National Health Programme, 2012-2016 2011 NHP
Gos. Programma po preduprezhdeniju epidemii VICh-infekcii i ee
social’no-ekonomicheskikh posledstvii v KR na 2012-2016
2011 HIV-Programme
Strategy on Social Protection Development of the Kyrgyz Republic for
2012 – 2014. DRAFT.
SPD Strategy
National Strategy for the Protection of Reproductive Health of the
People of the KR up to the Year 2015
2006 RG Strategy
Strategija Ministerstva po delam molodezhi KR po razvitiju gos.
molodezhnoj politiki do 2015 goda, DRAFT
2009? Youth Strategy
Programma realizacii Strategii Ministerstva po delam molodezhnoj
politiki do 2015 goda
2009?
KR National Strategy to Achieve Gender Equality by 2020 2012 Gender-Strategy
National Plan of Actions on Achieving Gender Equality in the KR for
2012-2014
2012
Zakon KR. Ob osnovakh gos. Molodezhnoj politiki 2009
Kodeks KR o detjakh 2009 Children’s Code
Napravlenija dejatel’nosti Ministerstva po delam molodzhi KR v
sootvetstvii so Strategiej razivitja gos. Molodezhnoi politiki do 2015 g.
Zakon KR. O reproduktivnykh pravakh grazhdan in garantijakh ikh
realizacii, PROJEKT
(2007) 2014 RR Law
TadschikistanNational Development Strategy 2007 NDS
National Health Strategy 2010-2020 2010 NHS
Strategy for Improving the Welfare of Population of RT for 2013-2015,
REV.DRAFT
2012 Welfare Strategy
National Indicators for the Welfare Strategy, DRAFT 2012
Programma po protivodejstviju epidemii VICh/SPID v RT na period
2011-2015 gody
2010 HIV/AIDS-Programme
National Strategy of the RT on Child and Adolescent Health Protection
till the year 2015
2008 Child/Adolescent Health
Strategy
Zakon RT. O gos. garantijakh ravnopravija mushzhin in zhenzhshin i
ravnykh vozmozhostej ikh realizacii
2005
23
Zakon RT. Ob okhrane zdorovija naselenija 2009
Zakon RT. O zemejnoj medicine 2010
Law on Reproductive Health and Reproductive Rights 2002/2014 RHRR Law
UsbekistanStrategic Programme on Response to HIV in the Republic of Uzbekistan
for 2007-2011
HIV-Programme
PROGRAMME of Measures to Enhance National Spirituality, Prevention
of Trends Alien to the Lifestyle and Mentality
of Our People
2009 Enhance National
Spirituality Programme
Programme of Measures for Further Strengthening and Improving
Effectiveness of the Efforts to Enhance Reproductive Health of Populace,
Birth of Healthy Child, and Nurturing Physically and Intellectually
Developed Generation for 2009-2013
RG- Programme
Plan of Specific Actions for Realization of the Complex of Additional
Activities for Implementation of the United Nations Millennium
Development Goals in Uzbekistan for 2011-2015
MDG Plan
Decree by the President of the Republic of Uzbekistan, No pp 1023 On the
additional measures to improve the effectiveness of the response to HIV-
infection in the Republic of Uzbekistan
2008
Decree of the Cabinet of Ministers of the Republic of Uzbekistan. On the
measures to improve the organizational structure and activity of AIDS
centres
2009
Decree of the President of the Republic of Uzbekistan No1652. On
measures to further deepen the reform of the health care system
2011
Decree of the President of the Republic of Uzbekistan No 1096 On
additional measures for improving the Health of mother and child and
forming a healthy young generation
2009
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