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733Hätten Sie’s gewusst?

Dtsch Med Wochenschr 2016; 141: 733–734

Facharztprüfung Innere Medizin 62-jährige Patientin mit Gelbverfärbung der Haut

  ?   Sonographisch haben Sie keinen ­Tumor­identifizieren­können.­Die­

Gallengangserweiterung ist bis in den Pan-kreaskopf­hinein­erkennbar.­Ein­sicherer­Steinnachweis gelingt Ihnen sonographisch nicht.­Was­führen­Sie­als­nächstes­durch?­

Antwort Eine­ERC.

Kommentar ERC:bei Obstruktion der Gallenwege:

▶ Diagnosesicherung, ▶ Therapie:­Papillotomie,­Steinextraktion,­Gallenwegsdrainage,

Alternative zur rein diagnostischen ERC: ▶ MRT.

  ?   Angenommen,­die­Gallenwege­­wären­nicht­erweitert.­Welches­ist­

dann­die­wichtigste­Information,­die­Sie­brauchen,­um­die­Diagnose­weiter­ein-grenzen­zu­können?­

Antwort Ist das unkonjugierte indirekte Bilirubin­erhöht­oder­findet­sich­eine­­Erhöhung­sowohl­des­unkonjugierten­als­auch­des­konjugierten­Bilirubins.­

Kommentar Unkonjugiertes und konju-giertes­Bilirubin:

▶ unkonjugiertes indirektes Bilirubin ­erhöht:­prähepatischer­Ikterus,

▶ konjugiertes direktes Bilirubin sowie unkonjugiertes indirektes Bilirubin ­erhöht:­hepatischer­Ikterus.

  ?   Sie­haben­jetzt­auch­die­Laborwerte­erhalten.­Es­besteht­eine­isolierte­

Erhöhung­des­unkonjugierten­indirekten­Bilirubins.­Woran­denken­Sie?­

Antwort An­einen­hämolytischen­Ikte-rus oder einen Morbus Meulengracht ­(Icterus­juvenilis­intermittens).

Kommentar Ursachen einer isolierten Erhöhung­des­unkonjugierten­indirekten­Bilirubins:­

▶ Hämolyse, ▶ familiäre­Hyperbilirubinämie-­Syndrome:­Morbus­Meulengracht,­­Crigler-Najjar-Syndrom.­

  ?   Welches­ist­die­wichtigste­Frage,­die­Sie­mit­der­Sonografie­klären­

­wollen?

Antwort Sind die Gallenwege erweitert oder­nicht­erweitert.­

Kommentar Sonografie­bei­posthepati-schem­Ikterus:­

▶ extrahepatische­Gallenwege­erweitert? ▶ intrahepatische­Gallenwege­erweitert? ▶ Gallenblase­groß­oder­klein? ▶ Abflusshindernis?­

  ?   Sie­führen­eine­Sonografie­durch­und­finden­einen­mit­1,5­cm­deut-lich­erweiterten­Gallengang.­Die­Gallen-blase­ist­groß,­auch­intrahepatisch­zeigen­sich­erweiterte­Gallengänge.­An­welche­grundsätzlichen­Ursachen­denken­Sie­jetzt?

Antwort Offenbar­liegt­ein­Abflusshin-dernis­vor.­Dieses­kann­intraluminal­oder­extraluminal­liegen,­außerdem­kann­es­benigne­oder­maligne­sein.­

Kommentar Posthepatischer Ikterus durch­intraluminale­Obstruktion:benigne Ursachen:

▶ Konkremente, ▶ Strikturen, ▶ Polypen, ▶ Mirizzi-Syndrom, ▶ Choledochozele, ▶ PSC,

maligne Ursachen: ▶ Gallengangskarzinom.

Posthepatischer­Ikterus­durch­extralumi-nale­Obstruktion:benigne Ursachen:

▶ chronische­Kopfpankreatitis, ▶ Pankreaspseudozysten, ▶ Sphinkter-Oddi-Dysfunktion,

maligne Ursachen: ▶ Pankreaskarzinom, ▶ Magenkarzinom.

  ?   Zu­Ihnen­kommt­eine­62-jährige­­Patientin,­die­über­eine­zunehmen-

de­Gelbverfärbung­der­Haut­klagt.­Was­liegt­vor­und­an­welche­grundsätzlichen­Ursachen­denken­Sie?

Antwort Offenbar­liegt­ein­Ikterus­vor.­Grundsätzlich­kommen­prähepatische,­hepatische und posthepatische Ursachen infrage.­

Kommentar Terminologie­des­Ikterus:Ikterus:

▶ Gelbverfärbung­von­Haut,­Schleim-häuten­und­Skleren­infolge­von­­Bilirubinablagerungen,

falscher Ikterus: ▶ medikamentös­oder­diätetisch­bedingte­Farbstoffablagerung­(z.­B.­nach­Karot-ten­genuss):­Schleimhäute­und­Skleren­sind­nicht­mitbetroffen,

prähepatischer Ikterus: ▶ Erhöhung­des­unkonjugierten­indirek-ten­Bilirubins,

hepatischer Ikterus: ▶ Erhöhung­des­konjugierten­und­unkon-jugierten­Bilirubins,

posthepatischer Ikterus: ▶ Erhöhung­des­konjugierten­(direkten)­Bilirubins.­

  ?   Wie­gehen­Sie­weiter­vor?

Antwort Nach­Anamneseerhebung­und­körperlicher­Untersuchung­interessiert­mich­zunächst­die­Sonografie.­­Unabhängig­davon­natürlich­Labor-untersuchungen,­insbesondere­die­­Differenzierung­des­Bilirubins.­

Kommentar Abklärung­eines­Ikterus:1.­ Anamnese,2.­ körperliche­Untersuchung,3.­ Labor,4.­ Sonografie,5.­ weiter­nach­Befund.­

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734 Hätten Sie’s gewusst?

Dtsch Med Wochenschr 2016; 141: 733–734

  ?   Sie­erwähnten­vorhin­Medikamente,­die­zu­einer­Fettleber­führen­kön-

nen.­Kennen­Sie­auch­Medikamente,­die­zu­anderen­Leberschäden­führen?­

Antwort Ja,­Medikamente­können­fast­alle­Formen­von­Lebererkrankungen­her-vorrufen,­neben­der­Fettleber­auch­nekro-tisierende­Veränderungen,­Granulome,­cholestatische­Syndrome.­

Kommentar Leberschädigung­durch­Medikamente:Fettleber:

▶ z.­B.­Tetracycline,­Zytostatika,­­Kortikosteroide,

intrahepatische Cholestase: ▶ z.­B.­Östrogene,­Androgene,

cholestatische Hepatitis: ▶ z.­B.­Amoxicillin­/­Clavulansäure,­­Carbamazepin,­

Leberzellnekrosen: ▶ z.­B.­Paracetamol,­Halothan,­Isoniazid,

chronisch aktive Hepatitis: ▶ z.­B.­Methyldopa,­Isoniazid,

biliäre Zirrhose: ▶ z.­B.­Ajmalin,

Budd-Chiari-Syndrom: ▶ z.­B.­orale­Kontrazeptiva,­Zytostatika,

Leberadenom: ▶ z.­B.­Androgene,­orale­Kontrazeptiva,

FNH: ▶ z.­B.­orale­Kontrazeptiva.­

  ?   Wie­verhalten­Sie­sich,­wenn­Sie­den­Eindruck­haben,­nach­Beginn­

einer­Medikation­ist­es­zu­einer­labor-chemisch­erkennbaren­Schädigung­der­Leber­gekommen?­

Antwort Absetzen­des­Medikaments­und­Kontrolle­der­Werte.

Kommentar Leberschädigungen­und­Absetzen­eines­Medikaments:

▶ Bei­Leberschädigungen,­die­innerhalb­des ersten Vierteljahres nach Beginn ­einer­Medikation­auftreten,­ist­ein­Kau-salzusammenhang­durchaus­denkbar.

▶ Leberschädigungen,­die­erstmals­mehr­als­2­Wochen­nach­Absetzen­des­Medi-kamentes­auftreten,­lassen­sich­eher­nicht­mehr­auf­die­Medikation­zurück-führen.

▶ Eine­GPT-Erhöhung­sollte­nach­Abset-zen­der­Medikation­innerhalb­von­4­Wochen­um­mindestens­50­%­­abfallen,­wenn­ein­ursächlicher­Zusam-menhang­besteht.

▶ Die­Cholestase­anzeigenden­Enzyme­können­deutlich­länger­erhöht­sein.­

  ?   Welche­Ursachen­berücksichtigen­Sie besonders beim neu aufgetrete-

nen­intrahepatischen­Ikterus­des­Erwach-senen?

Antwort Die­virusbedingten­Leber-erkrankungen,­die­Autoimmunerkran-kungen­der­Leber­und­der­Gallenwege,­­alkoholtoxische­und­medikamentös­­bedingte­Leberschäden,­Hämochromatose­und­Morbus­Wilson,­Budd-Chiari-­Syndrom­und­die­schwangerschafts-assoziierten­Lebererkrankungen.

Kommentar Ikterus bei intrahepatischer Cholestase:

▶ Virusinfektion:­A,­B,­C,­D,­E,­CMV,­EBV,­HSV,­seltenere,

▶ Autoimmunerkrankungen­von­Leber­und­Gallenwegen:­PBC,­PSC,­Auto-immunhepatitis,

▶ alkoholinduzierte­Leberschädigung, ▶ medikamenteninduzierte­­Leberschädigung,

▶ Hämochromatose, ▶ Morbus­Wilson, ▶ Budd-Chiari-Syndrom, ▶ schwangerschaftsassoziierte­cholesta-tische­Lebererkrankungen,

▶ Systemerkrankungen:­Morbus­­Hodgkin,­NHL,­Amyloidose.

  ?   Was­verstehen­Sie­eigentlich­unter­einer­Cholestase?­

Antwort Ein­Beschwerdebild,­das­kli-nisch charakterisiert ist durch allgemeine Symptome­wie­Juckreiz­und­eine­Gelb-verfärbung­von­Haut­und­Schleimhäuten.­­Laborchemisch­zeichnet­sich­die­Choles-tase­aus­durch­eine­Erhöhung­des­Bili-rubins,­der­alkalischen­Phosphatase­und­der­Gamma-GT.

Kommentar Cholestase:Störung des Gallenflusses, bedingt durch:

▶ Galleausscheidungsstörung­der­Leber-zelle,

▶ Sekretionsstörung­der­Gallengangs-epithelien,

▶ Verlegung der Gallenwege intra- oder extrahepatisch.

  ?   Was­ist­eigentlich­der­Morbus­­Meulengracht?­

Antwort Eine­autosomal­dominant­ver-erbte­Störung­der­Bilirubinaufnahme­in­die­Leberzelle­und­der­Bilirubinkonjuga-tion,­charakterisiert­durch­intermittie-renden­Ikterus.

Kommentar Morbus­Meulengracht:­ ▶ autosomal­dominant­vererbt, ▶ häufig:­ca.­5­%­der­Bevölkerung, ▶ Ursache:­Konjugationsstörung­mit­ verminderter Bilirubinaufnahme in die­­Leberzelle,

▶ intermittierende­Erhöhung­des­indi-rekten Bilirubins mit oft erkennbarem Ikterus,

▶ Diagnose:­Fastentest­(Anstieg­des­­indirekten­Bilirubins­nach­Fasten),

▶ Prognose­gut,­keine­Therapie.­

  ?   Wenn­Sie­an­eine­Hämolyse­denken,­wie­sichern­Sie­diese­Diagnose?

Antwort Bestimmung­der­LDH,­der­­Retikulozyten­und­des­Hb-Wertes.­

Kommentar Laborwerte­bei­Hämolyse:­ ▶ Anstieg­des­indirekten­Bilirubins, ▶ Anstieg­der­Retikulozyten­(>­2­%), ▶ Anstieg­der­LDH, ▶ Erniedrigung­von­Hb-Wert,­Hämatokrit­und­Erythrozytenzahl,

▶ Haptoglobin­niedrig.

  ?   Welches­basale­Laborprogramm­halten Sie bei Vorliegen eines

­hepatischen­Ikterus­für­sinnvoll?

Antwort Die­Enzymdiagnostik­im­Hin-blick­auf­eine­Leberzellschädigung­und­auf­eine­intrahepatische­Cholestase,­die­Bestimmung­der­Syntheseparameter­der­Leber­und­schließlich­die­Ursachensuche.­

Kommentar Labordiagnostik­bei­hepati-schem­Ikterus:

▶ Enzymdiagnostik­(Leberzellschädi-gung,­Cholestase­anzeigende­Enzyme),

▶ Bestimmung­der­Syntheseleistung, ▶ Virusserologie, ▶ immunologische­Diagnostik, ▶ Tumormarker.

Nach:Berthold Block, Facharztprüfung Innere Medizin, 3000 kommentierte Prüfungsfragen4. Aufl., kompl. überarb. akt. 2011, 576 S., 106 Abb., kart. ISBN: 9783131359544

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