Fachsymposium FRANKREICH Linz, den 14. November 2011 «GESCHÄFTSERFOLG IN FRANKREICH » Christian...

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Fachsymposium FRANKREICH 

Linz, den 14. November 2011

«GESCHÄFTSERFOLG IN FRANKREICH » 

Christian KleinRechtsanwalt/Avocat à la Cour

GRANRUT Avocats91, rue du Faubourg Saint Honoré

75008 ParisTel.: + 33 ( 0 ) 1 53 43 15 15E-Mail : c.klein@granrut.com

Der Handelsvertreter (Agent commercial)

Vorteile für das Unternehmen keine Marktkenntnisse erforderlich keine Gründungs- und Fixkosten direkte Kundenanbindung an das Mutterhaus

Nachteile für das Unternehmen keine Weisungsmöglichkeit Ausgleichsanspruch bei Vertragsende Risiko bei Mehrfirmenvertreter

Problematisch ist der hohe Ausgleichsanspruch im französischen Recht !

Der Vertragshändler (concessionnaire)

Vorteile für das Unternehmen keine Marktkenntnisse erforderlich keine Gründungs- und Fixkosten

Nachteile für das Unternehmen Risiko des Wegfalls des « einzigen » Kunden wenig Steuerungsmöglichkeit eventueller Entschädigungsanspruch des Händlers bei Vertragsbeendigung

Rechtsformen französischer Kapitalgesellschaften

• SARL (société à responsabilité limitée)• SA (société anonyme)• SAS (société par actions simplifiée) 

Personengesellschaften (z.B. SNC oder SC) spielen im französischen Wirtschaftsverkehr nur eine untergeordnete Rolle.

SARL  • Gesellschafter mindestens eine natürliche/ juristische Person• Vertretungsorgan ein oder mehrere Geschäftsführer • Mindestkapital 1 €• Prüfungspflichtig wenn zwei der drei folgenden Grenzwerte

überschritten werden:

- Bilanzsumme 1. 550.000 € - Nettoumsatz 3.100.000 € - 50 Mitarbeiter

• Offenlegung des Jahresabschlusses

SA 

 

• Gesellschafter mindestens 7 Aktionäre

• Organstruktur entweder - Verwaltungsrat («klassische» SA)

oder - Vorstand und Aufsichtsrat

• Vertretungsorgan - PDG oder DG, oder

- Vorstand

• Mindestkapital 37.000 €

• Prüfungspflichtig immer (Bestellung des Prüfers auf 6 Jahre)

 

• Offenlegung des Jahresabschlusses

SAS

• Gesellschafter mindestens eine natürliche/ juristische Person

• Organstruktur weitgehende Gestaltungsfreiheit in Satzung

• Vertretungsorgan Präsident

• Mindestkapital 1 €

• Prüfungspflichtig bedingt

• Offenlegung des Jahresabschlusses

Vertretungsbefugnisse der Geschäftsführung 

Aussenverhältnis :

Weitgehende unbeschränkte Vertretungsbefugnis, die gegenüber Dritten auch nicht einschränkbar ist. Keine Gesamtvertretung bei mehreren Geschäftsführern.

  Innenverhältnis :

Beschränkung der Vertretungsbefugnis (z.B. durch Zustimmungserfordernis für bestimmte festgelegte Rechtshandlungen) im Gesellschaftsvertrag, im Bestellungsbeschluss oder in einem »Mandatsvertrag» möglich.

Geschäftsführung in der SARL

Ein oder mehrere Geschäftsführer (gérant):

• natürliche Person

• französische Staatsangehörigkeit oder Wohnsitz in Frankreich nicht erforderlich

• Eintragung ins Handelsregister

 

Zeitlich befristete oder unbefristete Ernennung durch Gesellschafter.

Die Geschäftsführung in der SA

SA mit Verwaltungsrat (conseil d'administration)

 

Vertretung der Gesellschaft entweder durch den «PDG» (Président Directeur Général) oder den Directeur Général (DG), dem ein Directeur Délégué Général mit Vertretungsbefugnis zur Seite gestellt werden kann.

SA mit Vorstand (Directoire) und Aufsichtsrat (conseil de surveillance)

Vertretung der Gesellschaft durch Vorstandsvorsitzenden oder Einzelvorstand.

 

Geschäftsführung in der SAS

Vertretung der Gesellschaft durch den Präsidenten (président), der eine natürliche oder auch eine juristische Person sein kann. Gestaltungsfreiheit bei Geschäftsführungsstruktur:

• Leitung durch Kollegialorgan

• Bestellung von vertretungsberechtigten directeurs généraux

Die Haftung des Geschäftsleiters

Als Geschäftsleiter (dirigeants) gelten die natürlichen und in bestimmten Gesellschaftsformen auch juristischen Personen, die kraft ordentlicher Bestellung durch das zuständige Gesellschaftsorgan ein Gesellschaftsmandat ausüben und gesetzliche Vertretungsbefugnis haben:

• SARL = gérant

• SA = PDG oder DG

• SAS = Président oder DG

Die Zivilrechtliche Haftung des Geschäftsführers

Haftung gegenüber der Gesellschaft/den Gesellschaftern oder Dritten für die durch schuldhaftes Fehlverhalten entstandenen Schäden.

Die Strafrechtliche Haftung des Geschäftsführers

Zahlreiche Haftungstatbestände im Gesellschaftsrecht, im Arbeitsrecht und im Handels- und Wettbewerbsrecht.

Die Insolvenzrechtliche Haftung des Geschäftsführers

Ausfallhaftung für verbleibende Verbindlichkeiten

Der faktische Geschäftsführer

Neben dem „rechtlichen“ Geschäftsführer, kennt das französische Recht auch den „faktischen“ Geschäftsführer (dirigeant de fait), der gleich dem gesetzlichen Geschäftsführer zur Verantwortung gezogen werden kann.

Als faktischer Geschäftsführer ist derjenige anzusehen, der, ohne ordentlich zum Mandatsträger bestellt worden zu sein, mit einer „gewissen Regelmässigkeit und Dauer Handlungen der Unternehmensleitung vornimmt“.

Aktives Eingreifen (regelmässige Weisungen der Muttergesellschaft) Mehrheitsbeteiligung ist allein noch nicht ausreichend

Arbeitsrechtliche Aspekte

 

Die wichtigsten Rechtsquellen des französischen Arbeitsrechts sind in dem französischen Arbeitsgesetzbuch (Code du travail) zusammengefasst. Ergänzt wird dieses Regelungswerk durch die jeweiligen anwendbaren nationalen Branchentarifverträge (Conventions Collectives Nationales). Insgesamt gibt es in Frankreich ca. 300 nationale Tarifverträge, von denen der weitaus überwiegende Teil für allgemein-verbindlich erklärt worden sind.

 

Der dem Arbeitnehmer gesetzlich zugesicherte Mindestschutz ist zwingendes Recht, von dem im Rahmen individueller Parteivereinbarungen nur zugunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden kann.

 

• Ist eine besondere Form für den Arbeitsvertrag erforderlich ?

Grundsätzlich nein, aber Schriftform ist natürlich der Regelfall (wesentliche Vertragsbestandteile müssen schriftlich mitgeteilt werden)

• Anstellung durch die österreichische Muttergesellschaft ?

Grundsätzlich möglich

• Kann die Anwendung des österreichischen Arbeitsrechts vereinbart werden ?

Grundsätzlich ja, aber wenn der AN in Frankreich tätig ist, finden zwingend auch die dem Schutz des AN dienenden Bestimmungen des französischen Arbeitsrecht Anwendung, daher nicht ratsam !

• Kann ein österreichischer Gerichtsstand im Arbeitsvertrag vereinbart werden ?

Wenn die Tätigkeit in Frankreich ausgeübt wird, ist zwingend das Arbeitsgericht am Arbeitsort zuständig

• Kann der vertraglich vereinbarte Arbeitsort geändert werden ?

Der Arbeitsvertrag kann eine „Mobilitätsklausel“ vorsehen - erforderlich für deren Wirksamkeit ist allerdings eine geographische Eingrenzung.

• Wie wird der anwendbare Branchentarifvertrag bestimmt ?

Dem Unternehmen wird bei Gründung ein „Code APE“ gegeben, der sich nach der Haupttätigkeit des Unternehmens richtet. Anhand dieses Codes gilt eine Vermutung hinsichtlich des anwendbaren Tarifvertrages. Der Code APE erscheint auf dem Lohnzettel.

Die gesetzlichen Kündigungsfristen

• Non - Cadre : bis zwei Jahre Betriebszugehörigkeit : 1 Monat mehr als zwei Jahre Betriebszugehörigkeit : 2 Monate

• Cadre : 3 Monate Gemäss dem „Günstigkeitsprinzip“ binden darüber hinaus gehende

vertragliche Kündigungsfristen lediglich den Arbeitgeber ! Kündigungsfrist wird mit Zugang des Kündigungsschreibens in Gang gesetzt

Die Beendigung des unbefristeten Arbeitsvertrages

Das französische Recht unterscheidet bei der Kündigung durch den Arbeitgeber zwischen

der personenbezogenen Kündigung (motifs personnels) und der Kündigung aus wirtschaftlichen Gründen (motifs économiques).

In beiden Fällen muss die Kündigung durch einen „ernsthaften und tatsächlichen Grund“ (motif sérieux et réel) gerechtfertigt sein.

Die Kündigung aus personenbezogenen Gründen

Der Arbeitgeber kann das Arbeitsverhältnis aus „ernsthaften und tatsächlichen Gründen“, die in der Person des Arbeitnehmers liegen und die eine Fortführung des Vertrages unzumutbar machen, beenden.

Verschuldensgründe: faute sérieuse faute grave faute lourde

verschuldensunabhängige Gründe: unzureichende Leistung unzureichende Ergebnisse Verhalten im Privatleben

Die Kündigung aus wirtschaftlichem Grund

Eine betriebsbedingte Kündigung kann wegen des wirtschaftlich begründeten Wegfalls des Arbeitsplatzes oder wesentlichen wirtschaftlich oder technologisch bedingten Änderungen des Arbeitsverhältnisses erfolgen (Artikel L.1233-3 Code du travail).

• Als wirtschaftliche Gründe gelten ausschliesslich :

- wirtschaftliche Schwierigkeiten

- technologische Veränderungen

- Reorganisation zwecks Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit

- Aufgabe der Geschäftstätigkeit

Das Kündigungsverfahren

Das gesetzlich vorgeschriebene Verfahren der personenbezogenen und der betriebsbedingten Kündigung ist sehr formalistisch ausgestaltet und muss zwingend eingehalten werden. Form- und Fristfehler lösen Schadensersatzansprüche des Mitarbeiters aus.

Bei wirtschaftlich bedingten Kündigungen ist zwischen der Einzelentlassung und der Massenentlassung zu unterscheiden, wobei sich bei Massenentlassungen das jeweilige Kündigungsverfahren nach der Unternehmensgröße (mehr oder weniger als 50 Beschäftigte) und der Anzahl der zu entlassenen Mitarbeiter (mehr oder weniger als 10 Entlassungen) richtet

Das Kündigungsvorgespräch (entretien préalable)

• Der betroffene Mitarbeiter ist förmlich zu einem Vorgespräch zu laden (Ladungsfrist mindestens 5 Werktage zwischen Zugang der Ladung und Gesprächstermin). In der Ladung ist er darauf hinzuweisen, dass er sich von einem Belegschaftsmitglied oder einem externen Berater begleiten lassen kann. Seitens des Unternehmens kann kein externer Berater (z.B. Rechtsanwalt) hinzugezogen werden !

• Dem Mitarbeiter werden die Gründe der beabsichtigten Kündigung mitgeteilt und er erhält die Möglichkeit, dazu Stellung zu nehmen. Vorsicht: keine Entscheidung am Ende des Gesprächs !

• Der Mitarbeiter muss nicht zu dem Vorgespräch erscheinen (das Gespräch dient seinem Schutz - er kann darauf verzichten).

Das Kündigungsschreiben

• Nach Ablauf einer Überlegungsfrist von mindestens 2 Arbeitstagen bei personenbezogener Kündigung (längere Fristen bei betriebsbedingter Kündigung). Hat die Kündigung Sanktionscharakter (wegen Verschuldens) muss die Kündigung spätestens binnen einer Frist von einem Monat nach dem Vorgespräch erfolgen.

• Detailliertes Aufführen der Kündigungsgründe. Fehlt eine ausreichende Begründung, ist die Kündigung ungerechtfertigt.

• Der Mitarbeiter kann mit Zugang des Kündigungsschreibens für die Zeit der Kündigungsfrist freigestellt werden. Eventuelle dem Mitarbeiter vertraglich zustehende Sachvorteile (Dienstwagen, Dienstwohnung etc.) kann er während der Kündigungsfrist grundsätzlich weiterhin in Anspruch nehmen.

Versuch einer «anderweitigen Beschäftigung» (reclassement)

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, vor einer betriebsbedingter Kündigung ernsthaft in seinem Unternehmen oder innerhalb der Unternehmensgruppe nach einer anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit (reclassement préalable) für die von der Kündigung betroffenen Mitarbeiter zu suchen und gegebenenfalls anzubieten. Unterlässt er den Versuch, ist die betriebsbedingte Kündigung unbegründet.

Plan zur Beschäftigungssicherung (plan de sauvegarde de l’emploi)

In Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten ist der Arbeitgeber verpflichtet, vor Durchführung der betriebsbedingten Kündigung von mehr als 10 Arbeitnehmern innerhalb eines Zeitraums von 30 Tagen einen »Plan zur Sicherung des Arbeitsplatzes» zu erstellen. Dieser muss konkrete Massnahmen des Unternehmens zur Rettung von Beschäftigungsverhältnissen enthalten. Der Plan wird dem Betriebsrat vorgelegt und unterliegt zudem einer eingehenden Kontrolle durch das Arbeitsgericht.

Die Ansprüche des gekündigten Arbeitnehmers

Im Falle der Entlassung stehen dem Mitarbeiter folgende gesetzliche Ansprüche zu:

• Zahlung der Arbeitsvergütung bis zum Ende der Kündigungsfrist, selbst bei Freistellung vom Dienst

• Auszahlung eines eventuellen im Vertrag vorgesehenen anteiligen 13. Monatsgehalts

• Auszahlung des Urlaubsentgelts • Auszahlung der vertraglichen oder tarifvertraglichen Abfindung• Aushändigung der Arbeitsbescheinigung • Bescheinigung für die Arbeitslosenversicherung.

Wurde der Arbeitnehmer ohne Vorliegen eines tatsächlichen und wichtigen Grundes entlassen, was der freien Würdigung der Arbeitsgerichte unterliegt, kann das Gericht dem Arbeitnehmer einen Schadensersatzanspruch zusprechen.

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