Gefahrstoffrecht

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Neues aus Umweltpolitik und Gesetzgebung Gefahrstoffrecht

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Neues aus Umweltpolitik und Gesetzgebung

Gefahrstoffrecht - Aktuelle Entwicklung

H. A. Klein

B u n d e s m i n i s t e r i u m f i i r A r b e i t u n d S o z i a l o r d n u n g , A b t . A r b e i t s s c h u t z / A r b e i t s m e d i z i n , Rochuss t r a t~e 1, W - 5 3 0 0 B o n n 1

1 Z w e i t e u n d dritte N o v e l l e zur Gefahrs t0f f -

V e r o r d n u n g

Die Gefahrstoff-Verordnung (GefStoffV) vom 26.08. 1986 muf~te 1990 sowie 1991 wegen der Notwendigkeit der Um- setzung von EG-Richtlinien sowie der Anpassung an das neue Chemikaliengesetz zweimal geiindert werden.

Aus der Zweiten Anderungsverordnung vom 23.04. 1990 (BGB1. I, S. 790) sind drei Ziele bemerkenswert:

1. Umstufung des krebserzeugenden Gefahrstoffes Asbest in die h6chste Geffihrdungsgruppe I (sehr stark gef~ihr- dend) in der Liste der krebserzeugenden Stoffe in An- hang II GefStoffV. Die Umstufung hat zur Folge, da~ Arbeitnehmer beim Herstellen und Verwenden von As- best, asbesthaltigen Zubereitungen und Erzeugnissen dem krebserzeugenden Asbeststaub nicht mehr ausge- setzt sein dfirfen. Dieses Expositionsverbot entspricht ei- nem weitgehenden Herstellungs- und Verwendungsver- bot. Ffir bestimmte Anwendungsbereiche sind asbesthal- tige Erzeugnisse jedoch weiterhin erforderlich, da bis- lang keine technisch geeigneten Ersatzprodukte zur Verffigung stehen. Die Verordnung entMlt daher zeit- lich begrenzte Ubergangsfristen ffir das Inkrafttreten des Expositionsverbotes ffir bestimmte asbesthaltige Pro- duktgruppen.

Ebenso ist das Freiwerden von Asbeststaub und damit die Exposition der Arbeitnehmer nach dem Stand der Technik nicht vollsti~ndig zu vermeiden. Deshalb wur- den Abbruch-, Sanierungs- und Instandsetzungsarbeiten an bestehenden Anlagen, Einrichtungen und Gerfiten grundsdtzlich vom Expositionsverbot fiir Asbest ausge- nommen.

Diese heiden Ausnahmen - r~iumen Herstellern und Verwendern yon asbesthal-

tigen Produkten die n6tige Zeit ffir die Entwicklung und Einf/ihrung asbestfreier Produkte ein und

- gewfihrleisten innerhalb Deutschlands einheitliche Ausnahmeregelungen. Zur Sicherstellung des Ar- beitsschutzes wurden dabei die Arheitsschutzvor- schriften ffir den Umgang mit Asbest versch/irft.

2. Einstufung yon weiteren krebserzeugenden Gefahrstof- fen entsprechend ihrem Geffihrdungspotential in die Li- ste der krebserzeugenden Gefahrstoffe im Anhang II.

Hierdurch werden die gleichzeitig verbesserten strengen Arbeitsschutzvorschriften ffir krebserzeugende Gefahr- stoffe beim Umgang mit diesen Stoffen verbindlich vor- geschrieben.

3. Umsetzung yon sechs Richtlinien der EG in innerstaatli- ches Recht: - Drei Richtlinien fiber die Einstufung, Verpackung

und Kennzeichnung geffihrlicher Stoffe und Zuberei- tungen.

- Zwei Richtlinien, mit denen das Inverkehrbringen, die Herstellung und die Verwendung von bestimmten geffihrlichen Stoffen und Zubereitungen beschrfinkt werden.

- Eine Richtlinie zur Oberwachung von Grenzwerten von Gefahrstoffen in der Luft am Arbeitsplatz.

Die Dritte ) inderungs-Verordnung tag zwar bereits Ende 1990 beschlufffeif vor, konnte jedoch erst am 06.02. 1991 vom neuen Bundeskabinett verabschiedet werden. Sie kann nach Zustimmung des Bundesrates im Frfihsommer 1991 in Kraft treten.

Die Dritte Novelle GefStoffV beinhaltet im Regierungs- entwurf

- die erforderliche Umstellung der GefStoffV auf das neue Chemikaliengesetz vom 14.03. 1990,

- die Beseitigung von Unstimmig~(eiten und Unklarheiten, die nach Erlaf~ der Zweiten Novelle erkannt wurden,

- eine Anpassung yon Anhang 1 des Cbemikatiengesetzes an den aktuellen Stand der EG-Richtlinien.

Besonders bemerkenswert sind die nachfolgend wiederge- gebenen Kl~irungen zu ~ 9 Abs. 3 und 4 fiber Formaldehyd abgebende Holzwerkstoffe und Erzeugnisse, die es erm6gli- chen, demn~ichst ein mit den Betroffenen abgestimmtes, praktikables Prfifverfahren nach ~ 9 Abs. 3 zu ver6ffentli- chen. ~ 9 wird wie folgt gefindert:

1. In Absatz 3 Satz 1 werden die Worte ,Holzwerkstoffe (Spanplatten, beschichtete Spanplatten, Tischlerplatten, Furnierplatten und Faserlatten)" durch die Worte ,Holz- werkstoffe (beschichtete oder unbeschichtete Spanplat- ten, Tischlerplatten, Furnierplatten und Faserplatten)" e r s e t z t .

2. In Absatz 3 wird nach Satz 1 folgender Satz 2 eingeffigt: ,,Satz 1 gilt nicht fiir Platten, die ausschliefllich zum

U W S F - Z . Umweltchem. Okotox. 3 (2) 9 5 / 9 6 (1991) 9 5 © ecomed verlagsgesellschaft mbh, Landsberg - Ziirich

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Zwecke einer geeigneten Beschichtung in den Verkehr gebracht werden, sofern sichergestellt ist, daf~ sie nach der Beschichtung die in Satz 1 genannte Ausgleichskon- zentration einhalten."

3. Absatz 4 wird wie folgt gefat~t: ,(4) Erzeugnisse, die Holzwerkstoffe enthalten und zur Verwendung in Aufenthaltsrdumen bestimmt sind, diir- fen nur in den Verkehr gebracht werden, wenn die ver- wendeten Holzwerkstoffe den Anforderungen des Absatzes 3 entsprechen. Satz 1 gilt auch als erfiillt, wenn die Erzeugnisse den Anforderungen des Absat- zes 3 bei einer Ganzk6rperpriifung entsprechen. "

Hinzuweisen ist auch auf folgende Anderung von An- hang 1 des neuen Chemikaliengesetzes:

,In Anhang 1 wird Nummer 10.2 Abs. 2 durch folgen- de Formulierung ersetzt:

,(2) Muster und Proben sind solange aufzubewahren, wie deren Qualitdt bei einer Aufbewahrung nach dem Stand yon Wissenschaft und Technik eine Auswertung zuldflt, jedoch nicht linger als bis zum Ablauf der in Ab- satz 1 genannten Frist."

Noch im Februar wird ferner den Verbiinden und L~in- dern ein Vorschlag zur Neuregelung der Abgabe yon Giften (2 11 und 12 GefStoffV) vorgestellt werden, mit dem Miflbriiuche verhindert werden sollen, wie sie in der Vergangenheit bekannt geworden sind.

2 Weitere Entwicklungen des Gefahrstoffrechts

1. Verbot yon Asbest

In einer Entschlie~ung vom April 1990 hat der Bundesrat die Bundesregierung aufgefordert, bis 01.04.1991 den Entwurf einer Verbotsverordnung zu Asbest bei der EG- Kommission zu notifizieren. Darin soil die Herstellung und Verwendung sowie das Inverkehrbringen von Asbest, as- besthaltigen Zubereitungen und Erzeugnissen schnell und umfassend verboten werden. Das federffihrende Bundesar- beitsministerium hat mit Unterstfitzung yon Experten des Ausschusses ffir Gefahrstoffe (AGS) einen entsprechenden Verordnungs-Entwurf ausgearbeitet, der im November 1990 den beteiligten Kreisen zur Stellungnahme iibersandt wurde. (Einzelne Exemplare des Entwurfs k6nnen beim Bundesarbeitsministerium angefordert werden.)

Die Anh6rungen der Verb~inde und Lander fanden am 13. und 14.02. 1991 statt. Aus den vorab zugegangenen Stel- lungnahmen ist zu entnehmen, dat~ der Verordnungsent- wurf im wesenflichen yon den meisten begrfiCt wird. Unterschiedliche Aussagen liegen vor zu Umfang, Inhalt so-

wie zu den Fristen der Ausnahme- und lDbergangsbestim- mungen.

Strittig ist auch die Frage eine s Sanierungsgebotes ffir beste- hende Anlagen und Einrichtungen. Mit erheblichen Ein- spriichen anderer EG-Mitgliedstaaten im Rahmen der EG-Notifizierung ist zu rechnen.

2. Umsetzung von EG-Kennzeichnungs-Richtlinien nach Art. 100 a

Die inzwischen im EG-Amtsblatt ver6ffentlichte EG- Richtlinie fiber gefiihrliche Zubereitungen konnte bisher noch nicht in nationales Recht umgesetzt werden, well mehrere pr~izisierende Anpassungs-Richtlinien fehlen. Die EG-Kommission hat mittlerweile Entwfirfe fiir diese Richt- linien vorgelegt, fiber die Ende 1990 zustimmend entschie- den wurde. Damit k6nnen Anfang 1991 die Arbeiten an einer weiteren ?mderungs-Verordnung zur GefStoffV be- ginnen. Umfangreiche ?mderungen sind zu erwarten ffir al- le Regelungen, welche die Kennzeichnung von Stoffen und Zubereitungen, die Sicherheitsdatenbliitter sowie den Leit- faden zur Einstufung und Kennzeichnung betreffen.

Die Richtlinien enthalten neben der Einstufung weiterer ge- f~ihrlicher Stoffe als krebserzeugend erstmals EG-einheit- liche Kriterien fiir die Einstufung eines Stoffes als ,umwelt- gef~ihrlich". Damit ist es m6glich, in die bisher auf den Ar- beitsschutz unter teilweiser Berficksichtigung des Verbrau- cherschutzes beschr~inkte Kennzeichnung wichtige Bereiche des Umweltschutzes einzubeziehen.

3. Umsetzung von EG-Arbeitsschutz-Richtlinien nach Art. 118 a

Die Umsetzung der neuen Rahmen-Richtlinie Arbeitsschutz sowie einiger Einzelrichtlinien, darunter der Richtlinie zum Schutz der Arbeitnehmer vor krebserzeugenden Stoffen, wird eine lDberarbeitung der Vorschriften fiber den Um- gang mit Gefahrstoffen notwendig machen. Dies wird eben- falls mit der n~ichsten Anderungsverordnung geschehen, mit deren Vorbereitung unter Beteiligung yon Fachleuten des Ausschusses for Gefahrstoffe (AGS) inzwischen begon- nen wurde.

Ebenso wie bei der Einstufung und Kennzeichnung, welche die Entscheidungsgrundlage ffir alle Arbeitsschutzmaf~nah- men Bilden, ist auch hier mit wesentlichen Veriinderungen der Konzeption der Gefahrstoffverordnung zu rechnen. Die Verordnung soil erheblich vereinfacht und deutlich lesbarer gestaltet werden. Die betroffenen Kreise (Sozialpartner, Verbraucber, Wissenscbaft etc.) sind aufgerufen, fiber ihre Vertreter im AGS intensiv mitzuarbeiten, damit dieser sich weiterhin erfolgreich als wichtiges Instrument der Mit- wirkung und Selbstverantwortung aller Betroffenen er- weisen kann.

Siehe auch die Rezension auf S. 119 dieser Ausgabe ,,Stoffpriifung im Chemikalienrecht/Kritische Darstellung der gesetz- lichen Regelungen iiber stoffbezogene Priifungen und Angaben" (Rezensent: Dr. H. A. KLEIN).

96 u w s F - z Umweltchem. ()kotox. 3 (2) 1991