Gewichtsoptimierung eines Lkw- Fahrerhauses mit Hilfe mathematischer Strukturoptimierungsmethoden

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Gewichtsoptimierung

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ATZ Automobiltechnische Zeitschrift 100 (1998) 12

1 Einleitung und Motivation

An moderne Nfz werden immer höhere An-forderungen hinsichtlich Qualität, Funktio-nalität, Variabilität und Ökonomie gestellt,wobei gemäß der gesetzlichen Vorgabenein Höchstmaß an aktiver und passiver Si-cherheit zu gewährleisten ist. Um sämtli-che Auslegungskriterien bei der Entwick-lung neuer Karosserierohbauten berück-sichtigen zu können, werden daher moder-ne, innovative Leichtbaukonzepte benötigt.

Neben den ständig steigenden technischenAnforderungen besteht die Notwendigkeit,immer kürzere Produktentwicklungszeitenzu erreichen. In diesem Zusammenhangspielt nicht nur die Zuverlässigkeit der Ana-lyseergebnisse eine wichtige Rolle, sondernauch die Effizienz und Effektivität der Lö-sungsfindung im Entwurfsprozeß. Die opti-male Auslegung technischer Konstruktio-nen hinsichtlich Funktion, Anforderungenund Kosten gilt als ein wesentliches Zielwährend der Projektdefinitions-, Entwick-lungs- und Konstruktionsphase. Hier kannder konsequente Einsatz rechnergestützerStrukturoptimierungsverfahren dazu bei-tragen, das Potential einer Konstruktion invollem Umfang auszuschöpfen, Alternativ-lösungen vergleichend zu bewerten undauf diese Weise zur numerisch abgesicher-ten Entscheidungsfindung zu kommen.

Der vorliegende Beitrag behandelt die Ge-wichtsminimierung eines konventionellenLkw-Fahrerhauses in Schalenbauweise. Da-bei werden numerische Optimierungsver-fahren eingesetzt, um den Forderungen zurLeichtbauweise gezielt und systematisch

Bei der Beurteilung des Entwicklungspotentials neuer Leichtbau-konzepte spielt die frühzeitige mathematische Simulation desStrukturverhaltens sowie die Einbeziehung einer systematischennumerischen Strukturoptimierung eine wichtige Rolle. Der nach-folgende Beitrag resultiert aus einem gemeinsamen Projekt zwi-schen der Nutzfahrzeugentwicklung der Daimler-Chrysler AG undder Universität-GH Siegen. Er beschreibt die Vorgehensweise beider Optimierung eines Lkw-Fahrerhauses.

Gewichtsoptimierung eines Lkw-Fahrerhauses mit Hilfe mathematischer Strukturoptimierungsmethoden

entgegenzukommen. In diesem Zusam-menhang ergeben sich insbesondere diefolgenden Fragestellungen:– Wie lassen sich numerische Optimie-

rungsverfahren effizient und effektiveinsetzen?

– Welches Gewichtseinsparungspotentialist durch den Einsatz von Strukturopti-mierungsmethoden vorhanden?

2 Grundlagen der Strukturoptimierung

2.1 Mathematische Definition des Optimierungsproblems

Zur effizienten Optimierung hat sich derEinsatz von Optimierungsverfahren dermathematischen Programmierung be-währt. Dabei muß sowohl eine mathemati-sche Modellierung der entsprechendenStruktur, etwa mittels der Finite-Elemente-Methode, als auch eine mathematische For-mulierung der eigentlichen Optimierungs-aufgabe erfolgen. Die mathematische Be-schreibung der Optimierungsaufgabe er-fordert zunächst die Identifikation derjeni-gen konstruktiven oder strukturellenGrößen, die im Optimierungsprozeß verän-dert werden können. Diese Größen, etwaBlechstärken, werden als Entwurfsvari-ablen bezeichnet. Es ist notwendig, Zielvor-stellungen (Zielfunktionen) durch funktio-nale Zusammenhänge in quantifizierbarenGrößen auszudrücken. Außerdem müssenphysikalische und technische Nebenbedin-gungen (Restriktionen) formuliert undberücksichtigt werden. Zielfunktionen undRestriktionen sind im allgemeinen nichtli-neare Funktionen der Entwurfsvariablen,

welche die Eigenschaften des Bauteils be-stimmen. Das allgemeine skalare, nichtli-neare Optimierungsproblem lautet in dermathematisch üblichen Schreibweise wiefolgt:

Min { ƒ (x) ⎥ h (x) = 0, g (x) ≥ 0}, (1)x

Dabei ist:x ∈ ℜn der Vektor der n

Entwurfsvariablen, ƒ die Zielfunktion,h ∈ ℜq der Vektor der q

Gleichheitsrestriktionen undg ∈ ℜp der Vektor der p

Ungleichheitsrestriktionen.

Erfüllt ein Satz von Entwurfsvariablen (einEntwurfsvariablenvektor oder kurz Ent-wurf) alle Gleichheits- und Ungleichheits-restriktionen, so bezeichnet man ihn alszulässig. Die Menge aller zulässigen Ent-würfe bildet den zulässigen Bereich. Wirdin der Formulierung des Optimierungspro-blems nur ein einzelnes Ziel betrachtet, soliegt ein skalares Optimierungsproblemvor. Werden gleichzeitig mehrere Ziele be-trachtet, so spricht man von einem Vektor-optimierungsproblem.

2.2 Drei-Säulen-Konzept und Optimierungsregelkreis

Zur systematischen Lösungsfindung vonOptimierungsproblemen hat sich die Vor-gehensweise nach dem Drei-Säulen-Mo-dell, Bild 1, [1] bewährt. Es beruht auf derAufteilung einer Optimierungsaufgabe indie drei Bereiche

Von Uwe Lautenschlager, Wilfried Becker, Christof M. Weber und Karl Wallraff

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1. Strukturmodell 2. Optimierungsmodell3. Optimierungsalgorithmen.

Nach dem Drei-Säulen-Modell lassen sichdie unterschiedlichsten Optimierungspro-bleme sehr systematisch und nach einerstets analogen Vorgehensweise bearbeiten.

Die erste Säule beinhaltet das physikalisch-mathematische Strukturmodell. Es liefertdie benötigten Informationen über dasStrukturverhalten bei statischen und dy-namischen Belastungen, wie Verformun-gen, Spannungen und Temperaturen. Dieerhaltenen Strukturantworten sind dieGrößen, die für die Formulierung der Ziel-funktionen und der Restriktionen bei derOptimierungsmodellbildung gebrauchtwerden. Bei vielen technischen Problem-stellungen, wie auch dem in der Folge zuoptimierenden Lkw-Fahrerhaus, ist dasStrukturmodell durch ein detailliertes FE-Modell gegeben.

Das Optimierungsmodell stellt die zweiteSäule und wichtige Verknüpfung zwischenStrukturanalyse und Optimierungsalgo-rithmus dar. Es umfaßt die Definition derEntwurfsvariablen sowie die Definition derzu optimierenden Zielfunktion und der zuberücksichtigenden Restriktionen. Die je-weiligen Werte der Zielfunktion und Re-striktionen werden aus den in der Struktur-analyse erhaltenen Strukturantworten er-mittelt.

Die Lösung des im Optimierungsmodell de-finierten Optimierungsproblems erfolgtmit Hilfe sogenannter Optimierungsalgo-rithmen. Es hat sich gezeigt, daß die Wahldes Optimierungsalgorithmus problemab-hängig erfolgen muß [2]. Zwischen den ein-zelnen Algorithmen bestehen Unterschiedein der Anwendbarkeit, in der theoretischenLösungsstrategie, im Speicherplatzbedarfund in der Konvergenzgeschwindigkeit.Die Einbeziehung verschiedener Optimie-rungsalgorithmen gewährleistet am ehe-sten, daß unterschiedliche Probleme zuver-

lässig gelöst werden können. Dabei unter-liegt die Auswahl des richtigen Algorith-mus keinem allgemeingültigen Kriterium,sondern ist problemabhängig und bedarfentsprechender Erfahrung.

In der sogenannten Optimierungsprozedurerfolgt die Verknüpfung zwischen Struk-turmodell, Optimierungsmodell und Opti-mierungsalgorithmen. Die Verbindungzwischen den einzelnen Säulen des Drei-Säulen-Modells erfolgt durch Datenaus-tausch, dessen Ablauf anhand des im Bild 2dargestellten Optimierungsregelkreisesveranschaulicht werden kann. Ausgehendvon einem Startentwurf wird der iterativeAblauf so lange wiederholt, bis Konvergenzerreicht wird oder ein gewähltes Abbruch-kriterium innerhalb des Optimierungsalgo-rithmus wirksam wird. Als Ergebnis erhältman den Entwurfsvariablenvektor x* desOptimalentwurfs.

Im einfachsten Fall handelt es sich bei demgegebenen Optimierungsproblem um einreines Dimensionierungsproblem, die Ent-wurfsvariablen repräsentieren dann typi-scherweise Querschnittsabmessungen undWanddicken, zum Beispiel Blechdicken.Darüber hinaus nimmt man sich bei der so-genannten Gestalts- und Topologieopti-mierung zusätzlich die Freiheit, auch Ge-stalts- und Topologieeigenschaften im Op-timierungsprozeß zu variieren. Der vorlie-gende Beitrag beschränkt sich auf die reineDimensionsoptimierung im Rahmen einerfest vorgegebenen Strukturgestalt und -to-pologie, um so zunächst die entsprechendeVorgehensweise einzuführen.

Bild 1: Drei-Säulen-ModellFig. 1: Three columns model

Bild 2: Aufbau des OptimierungsregelkreisesFig. 2: Optimisation loop

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2.3 Strukturoptimierung mit MSC/NASTRAN

Die programmtechnische Realisierung derStrukturoptimierung erfolgte in der durch-geführten Arbeit mit dem kommerziellenFE-Programmsystem NASTRAN. Im Zusam-menhang mit der Option ”SOL200” [3] er-möglicht NASTRAN die erforderliche Opti-mierungsmodellbildung, die Auswahl ver-schiedener Optimierungsalgorithmen unddie Durchführung entsprechender Opti-mierungsrechnungen.

Der prinzipielle Ablauf der Generierung desNASTRAN-Eingabedatensatzes ist im Bild 3dargestellt. Dabei erfolgt die entsprechendeOptimierungsmodellbildung über eine Rei-he verschiedener Eingabekarten. Was dieverfügbaren Lösungsalgorithmen betrifft,so sind drei verschiedene Optimierungsal-gorithmen implementiert:- Methode 1: Modifizierte Methode der

zulässigen Suchrichtungen- Methode 2: Verfahren der sequentiellen

Linearisierung- Methode 3: Sequentielle quadratische

Programmierung.

3 Vorgehensweise bei der Optimierung eines Lkw-Fahrerhauses

3.1 Strukturmodell des Fahrerhauses

Als Strukturmodell des zu optimierendenLkw-Fahrerhauses ist ein sehr detailliertesFinite-Elemente-Modell verwendet wor-den, Bild 4, mit dem das reale Strukturver-halten zuverlässig wiedergegeben werdenkann.

Bei der Fahrerhausauslegung werden eineReihe von Lastfällen numerisch simuliert.Dazu zählen sowohl bestimmte Sicher-heitstests (ECE R29, Schwedentest), die Be-triebsfestigkeit (Schlechtweg), Eigenfre-quenzen als auch der statische Lastfall desFahrerhaus-Ankippens. Da innerhalb derdurchgeführten Arbeit die Ermittlung derprinzipiellen Vorgehensweise im Vorder-grund stand, wurde nur der statische Last-fall infolge Eigengewichtsbelastung beimAnkippen des Fahrerhauses berücksichtigt.Dadurch konnte der numerische Aufwandauf ein Minimum beschränkt werden. So-wohl innerhalb der Sensitivitätsanalyse alsauch im Optimierungsmodell sind aus-schließlich die Wanddicken derjenigen Be-reiche als Entwurfsvariablen betrachtetworden, die vom Kipplastfall konstruktivmaßgeblich bestimmt sind. Zu diesen Be-reichen zählen Längsträger, Bodenblech,Motortunnel, A-Säule und Stirnblech.

3.2 Sensitivitätsanalysen zur Festlegung geeigneter Entwurfsparameter

Es sind zunächst Sensitivitätsanalysen undParameterstudien systematisch durchge-führt worden, um das Gesamtstrukturver-halten bei Modifikation verschiedenerStrukturparameter kennenzulernen. Einweiteres Ziel bestand darin, aus einergrößeren Auswahl an Parametern diejeni-gen auszuwählen, welche den höchstenEinfluß auf das Strukturverhalten haben.Damit lassen sich die Optimierungsrech-nungen auf eine kleinere Anzahl an Ent-wurfsvariablen beschränken, wodurch derAufwand reduziert wird.

Innerhalb der Sensitivitätsanalyse wird einParameter xi um einen kleinen Schritt Δxivariiert und die entsprechende Änderungeiner Systemgröße ƒ ermittelt. Betrachtetman den Vektor x der n Parameter, so stelltdas Ergebnis einen Vektor partieller Ablei-tungen beziehungsweise den Gradientender Funktion dar, der durch

(2)

Bild 3: Übersicht über die prinzipielle Generierung des NASTRAN-Input-DatensatzesFig. 3: Principal overview of NASTRAN input-file definitions

Bild 4: Finite-Element-ModellFig. 4: Finite element model

∇ =∂

∂∂

∂⎧⎨⎩

⎫⎬⎭

≅∂ + −

∂⎧⎨⎩

∂ + −∂

⎫⎬⎭

ff

xf

xf x f

xf x f

x

T

n

n

n

( ) , ,

( ) ( ), ,

( ) ( )

xx

xx xx

xx xx

1

1

K

Δ

1

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beschrieben wird. Für die Optimierung desLkw-Fahrerhauses sind die Massen- undSpannungssensitivitäten von Interesse.Ausgewählt wurden dazu insgesamt 18Einzelbleche aus den zuvor genannten Be-reichen. Die Sensitivitäten sind im Bild 5dargestellt. Markant sind vor allem die ho-hen Gradienten in den Parametern x1, x2,und x3. Eine Erhöhung von x1 führt zu einerVerringerung der Spannungen in fast allenBlechen, insbesondere im Bodenblechselbst, aber auch im Längsträger und Mo-tortunnel. Dagegen führt eine Erhöhungvon x2 zu einem Anstieg der Spannungenim Motortunnel, aber zu einer Absenkungim Bodenblech. Deutlich ist die Verringe-rung der Spannungen in vielen wichtigenBereichen durch eine Erhöhung der Längs-trägerdicke, x3. Neben den großen Sensiti-vitäten wird aber auch deutlich, daß in wei-ten Gebieten die auftretenden Spannungenweitgehend unabhängig von den Blech-dicken anderswo sind.

Bei einer anschließenden Parameterstudiewurden die Blechdicken des Ausgangsent-wurfs entsprechend des Variablenbereichszwischen der unteren und oberen Grenzevariiert. Die Variation erfolgte mit den Me-thoden der Statistischen Versuchsplanung[4]. Es wurden zweistufige Versuchspläneeingesetzt, die die Bestimmung von soge-nannten Haupteffekten zulassen. Erforder-lich waren dazu, je nach gefordertem Infor-mationsgehalt, 32 beziehungsweise 64Strukturanalysen für die 18 Parameter. Ne-ben den quantitativen Wirkungen läßt sichbei der Spannungsauswertung auch die re-lative Wichtigkeit eines Parameters fest-stellen. Dazu werden verschiedene statisti-sche Auswerteverfahren eingesetzt, dieauch eine Abschätzung des damit verbun-den Fehlers zulassen. Die ermittelten Koef-fizienten sind mit denen einer Regressions-analyse für ein lineares Modell vergleich-bar und geben quantitative Auskunft überdie Parametereffekte.

Anhand der Ergebnisse der Sensitivitäts-analyse und der Parameterstudie wurdedann eine auf sieben Parameter reduzierteAuswahl xi aus den vorhandenen 18 Blech-dicken tj vorgenommen, Tabelle. Diese Pa-rameter werden in der Optimierung alsEntwurfsvariablen bezeichnet.

3.3 Optimierungsmodellbildung

In der gegebenen, konkreten Situation läßtsich das allgemeine Optimierungsproblem(1) wie folgt beschreiben: „Minimiere dieMasse m(x(t)) des Fahrerhauses durch geeig-nete Wahl der Wanddicken t (gemäß Tabel-

le), wobei als Nebenbedingung die zulässi-gen Spannungen einzuhalten sind“.

Bei den Spannnungsrestriktionen wird da-bei zwischen Blechen aus „normalem”Stahl und hochfestem Material unterschie-den. Die Spannungsrestriktionen lauten fürdie n1 gewöhnlichen Bleche:

(3)

und in der im Optimierungsproblem (1) vor-gesehenen normierten Formulierung

(4)

Ganz analog lauten die Spannungsrestrik-tionen in den n2 hochfesten Blechen

. (5)

4 Optimierungsrechnungen und Ergebnisse

Nach erfolgter Optimierungsmodellbil-dung konnten mit NASTRAN entsprechen-de Optimierungsrechnungen durchgeführtwerden. Alle in diesem Abschnitt dar-gestellten Optimierungsergebnisse sindmit der „Modifizierten Methode der zuläs-sigen Suchrichtungen” (Methode 1, [5]) inNASTRAN ermittelt worden. Dieser Opti-mierungsalgorithmus hat sich insgesamtals äußerst zuverlässig erwiesen.

Entwurfsvariable Blechnummer Beschreibung Untere ObereGrenze Grenze

xi ti t (mm) t (mm)

x1 t1 Bodenblech 0.8 10.0x2 t2 Motortunnel 0.8 10.0x3 t4 Fischbauch 0.8 10.0x4 t13 Stirnblech, Mitte 0.8 10.0x5 t16 Verbindungsblech 0.8 10.0x6 t17 Verstärkungsblech 0.8 10.0x7 t18 Verbindungsblech 0.8 10.0

Tabelle: Auswahl der EntwurfsvariablenTable: Design variable selection

Bild 5: Sensitivitäten der SpannungenFig. 5: Stress sensitivities

σ σi zul i n, , , , ,max 1 11≤ = K

g i nii

zul= − ≥ =1 0 1max

11

σσ,

,, , ,K

g i nii

zul= − ≥ =1 0 1max

22

σσ,

,, , ,K

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4.1 Iterationsverläufe

Die Optimierungsrechnungen wurden fürunterschiedliche Startentwürfe durchge-führt, die alle zum gleichen Minimum führ-ten. Damit ist weitgehend sichergestellt,daß es sich bei dem ermittelten Minimumum ein globales Optimum handelt. Fürzwei verschiedene Startentwürfe sind imBild 6 die zugehörigen Iterationsverläufedargestellt.

Beide Startentwürfe liegen im unzulässi-gen Bereich, das heißt eine oder mehrereder Spannungsrestriktionen werden ver-letzt. Um in den zulässigen Bereich zu ge-langen, wird bei beiden Startentwürfen dieMasse zunächst erhöht. Danach verringertsich die Masse iterativ auf mopt/mnorm =87,5 %, wobei mnorm eine geeignet gewählteBezugsmasse bezeichnet. Die meistenBlechdicken können im zulässigen Bereichwieder reduziert werden. Eine Blechdickenimmt während des Optimierungsprozes-ses jedoch annähernd stetig zu. Der Grundhierfür ist, daß eine Zunahme dieser Blech-dicke eine Reduzierung der Blechdicken inbenachbarten Strukturteilen und damitinsgesamt eine Gewichtseinsparung er-möglicht.

4.2 Ergebnisse

Ausgangspunkt für die Beantwortung derFrage nach dem Gewichtseinsparungspo-tential ist die Referenzmasse mref/mnorm =93,3 % des schon recht ausgereiften Bezugs-entwurfs der Gesamtstruktur. Da nur sie-ben der 66 Bleche variiert wurden, ist be-reits von vornherein eine Totmasse vonm0/mnorm = 74,0 % vorhanden, die nicht ver-ändert werden kann. Die durchgeführtenOptimierungsrechnungen weisen ein Ge-wichtseinsparungspotential aus, das beiabsolut 20 bis 30 kg beziehungsweise rela-tiv bei 4 bis 6% liegt. Bezieht man die ein-sparbare Masse auf die sieben variiertenBleche, so erhöht sich der prozentuale Wertauf 20 bis 30 %. Natürlich hält sich das Ge-wichtseinsparpotential in Grenzen, wennman von dem schon recht leichten Bezugs-entwurf ausgeht.

Ist erst einmal das Optimierungsmodellaufgestellt worden, lassen sich relativschnell weitere Szenarien untersuchen, in-dem das Optimierungsmodell, etwa bei derRestriktionsformulierung oder bei denGrenzen der Entwurfsvariablen, verändertwird. So läßt sich zum Beispiel schnell dieFrage beantworten, welche Optimalmassebeim Einsatz höherfester Bleche erreichbarist. Im Bild 7 sind die entsprechenden Mini-

malgewichte in Abhängigkeit der zugrun-degelegten zulässigen Spannungen darge-stellt.

Man erkennt einen in einem weiten Be-reich fast geradlinigen Verlauf der Kurven.Für den Lastfall „Kippen in der Ebene” be-trägt die Änderung über den gesamten Be-reich von 175 MPa bis 300 MPa weniger als20 kg. Dies ist ein relativ geringer Zuge-winn, wenn man die bei festeren Stählenschlechtere Umformbarkeit und die höhe-ren Kosten berücksichtigt. Für den Lastfall„Kippen bei 20% Steigung”, dessen Kurvesich in etwa parallel 5 MPa oberhalb des an-deren Lastfalls befindet, ist ein deutlicherAnstieg bei 200 MPa und darunter zu er-

kennen. Teilergebnisse wie diese erlaubendie schnelle und rechtzeitige Bewertungmöglicher Gewichtsreduktionen in Relati-on zu den damit verbundenen Kosten undmachen effektive Entscheidungsfindungenfür bestimmte Strukturkonzepte schon imVorentwicklungsstadium möglich.

5 Zusammenfassung und Ausblick

Es wurde versucht, die prinzipielle Vorge-hensweise bei der Optimierung eines Lkw-Fahrerhauses zu beschreiben. Dabei wirddie hohe Effektivität und Effizienz des Opti-mierungsprozesses durch eine möglichstgut angepaßte Optimierungsmodellbil-

Bild 6: Iterationsverläufe Fig. 6: Iteration histories

Iterationsverlauf für Startentwurf 1

Iterationsverlauf für Startentwurf 2

Bild 7: Optimale Entwürfe bei Varia-tion der zulässigenSpannungenFig. 7: Optimal designfor variations of ad-missible stress

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dung erreicht. Wenn ein Optimierungsmo-dell erst einmal existiert, so ist es leichtmöglich, schnell Antworten auf neue Fra-gestellungen und unterschiedliche Szenari-en zu finden. Die bis jetzt gemachten Erfah-rungen mit dem Einsatz numerischerStrukturoptimierungsverfahren sind sehrpositiv. Natürlich ist der sorgfältige Einsatzmathematischer Optimierungsmethodenzunächst mit einem gewissen Mehrauf-wand verbunden und erfordert ein entspre-chendes Know-how. Die Optimierung zu-verlässiger Strukturen erfordert darüberhinaus stets die gleichzeitige Einbeziehungaller konstruktionsrelevanten Lastfälle,was im Einzelfall zu numerisch umfangrei-chen Optimierungsrechnungen führenkann. Rechtzeitig und gezielt einbezogenkann die Strukturoptimierung jedoch denEntwicklungs- und Auslegungsprozeß er-heblich unterstützen und beschleunigenund dabei die Zeit- und Kosteneffizienzsteigern.

Literaturhinweise

[1] Eschenauer, H.; Koski, J.; Osyczka, A.: Multicri-teria Design Optimization. Procedures and Ap-plications. Berlin, New York, Paris, London:Springer Verlag, 1990

[2] Schittkowski, K.; Zillober, C.; Zotemantel, R.:Numerical Comparison of Nonlinear Program-ming Algorithms for Structural Optimization.J. Structural Optimization 7, Heidelberg: Sprin-ger-Verlag, 1994, S. 1-19

[3] Moore, G.J.: MSC/Nastran: Design Sensitivityand Optimization V68. The MacNeal-Schwendler Corporation, 1994

[4] Montgomery, D.: Design and Analysis of Expe-riments. New York, NY, John Wiley & Sons,1991

[5] Vanderplaats, G. N: Numerical OptimizationTechniques for Engineering Design. New York:Mc Graw-Hill, 1984

Die Verfasser

Dipl.-Ing. Uwe Lauten-schlager ist wissen-schaftlicher Mitarbeiteram Forschungszentrumfür MultidisziplinäreAnalysen und Ange-wandte Strukturopti-mierung (FOMAAS) derUniversität-GH Siegen.

Prof. Dr.-Ing. WilfriedBecker ist Leiter der Ab-teilung Strukturmecha-nik und Optimierungam Institut für Mecha-nik und Regelungstech-nik der Universität-GHSiegen.

Dr.-Ing. Christof M. We-ber promovierte am FO-MAAS der Universität-GH Siegen. Seit 1997 ister in der Aufbaukon-struktion/Rohbau imBereich EntwicklungLKW-Europa der Daim-ler-Chrysler AG tätig.

Dipl.-Ing. Karl Wallraffist seit 1985 in der Nutz-fahrzeug-Berechnungder Daimler-Chrysler AGfür den Bereich Rohbau-festigkeit tätig.

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