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Forum für juristische Bildungwww.iusfull.ch
Nr.1/14
IIIIIIrbasics Abkommen mit der EUüber dieZusammenarbeit bei der Anwendungvon Wettbewerbsrechtenin medias res Rechtsdenken undGesellschaftsphilosophie im klassischenIndien, Teil 1der fall Grundlagen des Rechts:Fragen zum normativen Fundamenteiner Rechtsordnung
Schulthess §
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Abkommen mit der EUüber dieZusammenarbeit bei der Anwendungvon Wettbewerbsrechten - Analyse undGedanken zur zukünftigen Praxis derWettbewerbsbehörden in EuropaSugandha Kumar* 1**
Die Schweizund die EuropäischeUnion haben ein Zusammenarbeitsabkommen im BereichdesWettbewerbsrechts abgeschlossen.DasAbkommen ist neu in seinerArt und bildet ein sog.SecondGeneration Agreement,welches - im Gegensatzzu den bisherigen Zusammenarbeitsabkommen - den Austauschvon vertraulichenInformationen ohne Zustimmung der betroffenen Unternehmen erlaubt. SosehrdiesesAbkommen und seineVorteile im Rechtsalltagder Wettbewerbsbehörden zu begrüssen ist,so sind viele Fragenin Bezugauf dieAnwendung desAbkommens offen.Zwar ist der Informationsaustausch nur unter strengen Voraussetzungenmöqllch.dennoch sind die Rechtsschutzmöglichkeiten der betroffenen Unternehmen im Falleeiner geplantenInformationsübermittlung ungeklärt. Der vorliegende Beitrag beschäftigt sichmit den einzelnen Bestimmungen desgenannten Abkommens und zeigt problematische Aspekte und mögliche Konsequenzenfür betroffene Unternehmen auf.
I. Einleitung
Am 17.Mai2013haben der SchweizerischeBundesrat und der Europäische Rat das Abkommen überdie Zusammenarbeit bei der Anwendung ihresWettbewerbsrechts unterzeichnet (hiernach: dasAbkommen)'. Hierauf hat der Bundesrat am22.Mai 2013 die Botschaft zu diesem Abkommenverabschiedet".Der Nationalrat hat als Erstrat dieses Geschäft inder Herbstsession 2013behandelt und am 25. September 2013 mit grosser Mehrheit angenommen..Das Abkommen unterliegt dem fakultativen Refe-rendum undwird vermutlichimVerlaufedes Jahres2014in Kraft treten.
II. Bisherige Rechtslage
Der bisherige Informationsaustausch zwischenderGeneraldirektionWettbewerb der EU Kommission
und der Schweizerischen Wettbewerbsbehörde(WEKO) fand weitgehend auf informeller Ebenestatt'. Dieser Austausch beschränkte sich mangelsgesetzlicherGrundlageallerdingsauf nicht-vertrau-
* Lic. iur., Rechtsanwältin, Associate bei Lalive Rechtsanwälte, Zürich.
** Herzlicher Dank gilt Herrn Dr. Daniel L.Bühr, Fürsprecher, Counsel bei Lalive Rechtsanwälte, Zürich.
1 <http://www.news.admin.ch/message I index.html?lang=de&msg-id=48908> (besucht am 3. Januar 2014); Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft undder Europäischen Union über die Zusammenarbeit bei derAnwendung ihres Wettbewerbsrechts abgeschlossen am17.Mai 2013, BBI 2013 3985 ff.
2 Botschaft zur Genehmigung des Abkommens zwischender Schweiz und der Europäischen Union über die Zusammenarbeit bei der Anwendung ihres Wettbewerbsrechtsvom 22. Mai 2013, BEl2013 3959 ff. (zitiert: Botschaft).
3 Botschaft, BBI 2013, 3962.
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liche und öffentlich zugängliche Inforrnationen'.Eine effektive Zusammenarbeit zwischen derWEKO und den europäischen Wettbewerbsbehörden war nur in Fällen möglich, in denen die von derUntersuchung betroffenen Adressaten beiden Wettbewerbsbehörden gestützt auf einen sog. Waivereine mündliche Kontaktaufnahme erlaubten', Dieswar vorwiegend in Fusionskontrollverfahren undBonusanträgen der Fall, wo die betroffenen Unternehmen selbst ein Interesse am Austausch dieserInformationen hatten",Die Wirksamkeit der bisherigen Zusammenarbeit
hielt sich daher in Grenzen. Die Notwendigkeit eines Kooperationsabkommens im Bereich des Wett-
4 DAVIDMAMANE,Competition Law Cooperation Agreement EU ISwitzerland, 31. Juli 2012, <http://kluwercompetitionlawblog.com/2012/07/31I competition-law-cooperation-agreement-euswitzerland/> (besucht am 3. Januar 2014;zitiert: MAMANE);PATRICKDUCREY,Das Abkommen zwischen der Schweiz und der EU über die Zusammenarbeitbei der Anwendung ihrer Wettbewerbsrechte, in: Jusletter30. September 2013, Rz 3 (zitiert: DUCREY).
5 DUCREY,Rz 4.6 DUCREY,Rz 4;ROLANDMATHYSICHRISTOPHZOGG,Informationsaustausch Schweiz - EU, August 2013, <http://www.wenger-plattner.ch I files Idownloads I files 133ee8dfdgec128-7940f36fc99b5059fb/Bulletin %206.pdf> (besucht am 3. Januar 2014), 2 (zitiert: MATHys/ZoGG).
7 Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über den Luftverkehr vom 21. Juni 1999, SR 0.748.127.192.68.
8 Botschaft, BBI2013, 3962.9 DUCREY,Rz 9.
10 DUCREY,Rz 9.11 Siehe Europäische Kommission, Vorschlag fur einen Be
schluss des Rates über den Abschluss des Abkommenszwischen der Europäischen Union und der SchweizerischenEidgenossenschaft über die Zusammenarbeit bei der Anwendung ihres Wettbewerbsrechts vom 1.Juni 2012,<http://eur-lex.europa.euI LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2012:0245:FIN:DE:PDF> (besucht am 3. Januar 2014) zitiert: Europäische Kommission), Begründung (1).
12 MAMANE;Europäische Kommission, Begründung (1) und(2); RENÉ HÖLTscm, Zusammenarbeit gegen Kartelle,Schweiz und EU unterzeichnen Abkommen mit Pioniercharakter, NZZ vom 17.Mai 2013, <http://www.nzz.ch/aktuelll wirtschaftl wirtschaftsnachrichten Iwettbewerbs-abkommen-mit -der -eu -unterzeichnet -1.18083191> (besuchtam 3. Januar 2014).
13 Europäische Kommission, Begründung (2).14 Botschaft, BEl2013, 3962 ff.
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bewerbsrechts wurde daher bereits seit einigen Jahren diskutiert.Mit Ausnahme des Luftverkehrs' besteht ZWI
schen der Schweiz und der Europäischen Unionkein Abkommen im Wettbewerbsbereich, welchesGrundlage für eine formelle Zusammenarbeit derWettbewerbsbehörden bilden könnte. Anders alsdie europäischen Wettbewerbsbehörden ist dieWEKO kein Mitglied des sog.ECN European Competition Network'. Diese Plattform ist auch nach Unterzeichnung des Abkommens nur den Mitgliedstaaten der EU vorbehalten". Ein Beitritt derSchweizzu diesem Netzwerk stand beiAushandlungdes Zusammenarbeitsabkommens nicht zur Diskussion".Die Europäische Union hat vier bilaterale Ab
kommen mit den USA, Kanada, Iapan und Südkorea unterzeichnet, welche eine Zusammenarbeitzwischen den Wettbewerbsbehörden erlauben".Man spricht in diesem Zusammenhang von sog.firstgeneration agreements (Abkommen erster Generation), welche lediglich einen Austausch von nichtvertraulichen Informationen zulassen>. Ein Austausch von Beweismitteln ist ausgeschlossen, was alsgrösstes Manko dieser Abkommen gewertet wird",Angesichts der engen wirtschaftlichen Verflech
tung der EU und der Schweiz sehen sich sowohl dieeuropäische Wettbewerbsbehörde als auch dieWEKO seit Langem mit internationalen Kartellensowie grenzüberschreitendem unilateralen Verhalten von Unternehmen konfrontiert. Die zu untersuehenden Sachverhalte sind oftmals sehr komplexund die Parallelen zwischen den europäischen undschweizerischen Untersuchungen sind notorischvorhanden. Ein Austausch über die in den jeweiligen Untersuchungen erlangten Informationen zwischen denWettbewerbsbehörden drängte sich daheraus Sicht des Bundesrats auf, nicht zuletzt, um auchdem Kartellrecht breite Geltung zu verschaffen undwidersprüchliche Entscheide der Wettbewerbsbehörden zu vermeiden".Die WEKO wie auch die Europäische Kommis
sion haben in den letzten Iahren mehre gleichartigewettbewerbsrechtliche Sachverhalte untersucht, darunter:- das Luftfrachtkartell: Diese Untersuchung betrafAbreden betreffend Zuschläge im Rahmen vonLuftfrachttransporten, wieTreibstoff-,Sicherheits-,Kriegsrisiko- und Zollabfertigungszuschläge.Wäh-
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b«ABKOMMEN MIT DER EU ÜBER DIE ZUSAMMENARBEIT BEI DER ANWENDUNG VONWETTBEWERBSRECHTEN - ANALYSE UND GEDANKEN ZUR ZUKÜNFTIGEN PRAXIS DERWETTBEWERBSBEHÖRDEN IN EUROPA»
rend dasVerfahren in der EU bereits mit Entscheidvom 9. November 2010 abgeschlossen werdenkonnte, hat dieWEKO erst im Januar 2014Sanktionen ausgesprochen",
- das Speditionskartell: Im Bereich der internationalen Luftfrachtspedition wurden dem VerbandSpedlogswiss und diversen Speditions- und Logistikunternehmen eine Preisabsprache betreffendGebühren und Zuschlägen nachgewiesen. Die Untersuchung wurde in der Schweiz am 11. Dezember 2012 mit einer einvernehmlichen Regelungerledigt", Das EU-Verfahren wurde hingegen bereits am 28.März 2012 abgeschlossen".
- die LIBOR-Untersuchung: Das Verfahren betreffend allfällige Absprachen in Bezug auf die Interbankenreferenzzinsätze LIBOR, TIBOR undEURIBOR wurde durch die WEKO am 3. Februar 2012eröffnet". Die Europäische Kommissionhat das Verfahren im Dezember 2013 teilweise abgeschlossen!'. Die WEKO hat in dieser Sache nochnicht entschieden",
Bis anhin besteht keine Waffengleichheit zwischenden Unternehmen, die sich grenzüberschreitendaustauschen können, und den Wettbewerbsbehörden, welche keine Informationen austauschen dürfen".Das Abkommen erlaubt nun den Austausch von
vertraulichen Informationen ohne die Zustimmungder betroffenen Unternehmen und stellt damit Waffengleichheit her. Dies stellt nicht nur für dieSchweiz, sondern auch international eine wesentliche Entwicklung dar.
III. Notifikation hoheitlicher Akteim Bereich Wettbewerbspolitik
Mit der Unterzeichnung des Abkommens haben derBundesrat und die Europäische Kommission zugleich einen Notenaustausch vom 17.Mai 2013 betreffend die Notifikation hoheitlicher Akte im Bereich der Wettbewerbspolitik unterzeichnet",Zukünftig wird die Europäische Kommission ihreEntscheide der WEKO zustellen, wenn die betroffenen Unternehmen über keine Adresse im EURaum, jedoch in der Schweiz verfügen". Die EUKommission ihrerseits verpflichtet sich, die Mitgliedstaaten über das mit der Schweiz vereinbarteVerfahren zu informieren und sie aufzufordern, mit
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der Schweizeine ähnliche Lösung für die Zustellunghoheitlicher Akte der WEKO in Betracht zu ziehen".
IV. Das Abkommen
Beim Abkommen handelt es sich um ein reines Kooperationsabkommen und nicht um ein Rechtshilfeoder Amtshilfeabkommen, so wie man das aus anderen Rechtsbereichen kennt", Die Parteien sindnicht verpflichtet, Informationen auszutauschen",Das Abkommen beschränkt sich lediglich auf dieZusammenarbeit zwischen den Parteien und ist verfahrensrechtlicher Natur. Eine Harmonisierung dermateriell-rechtlichen Bestimmungen ist nicht vorgesehen, d.h. die Wettbewerbsbehörden werden wei-
15 http://www.news.admim.ch/message/index.html?lang=de&msg-id=S1605 (besucht am 27. Januar 2014); Botschaft,BBI 2013, 3962 f.;Ducrey, Rz 8.
16 RPW 2013, 142 ff.; Botschaft, BB!2013, 3963;DUCREY,Rz 8.17 Botschaft, BB12013, 3963;DUCREY,Rz 8; ferner Details un
ter <http://ec.europa.eu/competition/elojade/iseflcase_details.cfm?proc_code=L39462> (besucht am 3. Januar2014).
18 Botschaft, BB!2013, 3963;DUCREY,Rz 8.19 RENÉHÖLTSCHI:EU büsst Banken mit 1,7Milliarden Euro,
Die UBS entgeht einer Rekordstrafe, NZZ vom 4.Dezember 2013, <http://www.nzz.ch/wirtschaft/untemehmen/rekordbussen-in-libor-skandal-1.181978S9> (besucht am3. Januar 2014).
20 Botschaft, BB! 2013,3963; DUCREY,Rz 8.21 RENÉHÖLTSCHI,Zusammenarbeit gegen Kartelle, Schweiz
und EU unterzeichnen Abkommen mit Pioniercharakter,NZZ vom 17.Mai 2013, <http://www.nzz.ch/aktuell/wirtschaft/wirtschaftsnachrichten/wettbewerbs-abkommen-mitder-eu-unterzeichnet-1.18083191> (besucht am 3. Januar2014); ANGELABARANDUN/STEFANSCHÜRER:Keine Geheimnisse vor der EU, Tagesanzeiger vom 13.August 2013,<http://www.tagesanzeiger.ch/wirtschaft I konjunktur IKeine-Geheimnisse-vor-der-EU I story 122511876> (besuchtam 3. Januar 2014).
22 Notenaustausch vom 17.Mai 2013 zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Europäischen Kommission zurNotifikation hoheitlicher Akte im Bereich der Wettbewerbspolitik, <http://www.admin.ch/opc/ del classified-compilation/20123010/index.html> (besucht am 3. Januar 2014;zitiert: Notenaustausch).
23 Notenaustausch, 1 f.;DUCREY,Rz 20.24 Notenaustausch, 2;Botschaft, BB!2013, 3967;DUCREY,Rz 20.25 DUCREY,Rz 15.26 Botschaft, BB! 2013, 3960.
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terhin ihre eigenen Wettbewerbsrechte anwenden".Sodann ist auch kein Marktzugang vorgesehen, sodass sich die Frage nach gemeinsamen Institutionennicht gestellt hat's.
v. Die einzelnen Bestimmungendes Abkommens
1. Allgemeine Bestimmungen
Die ersten Bestimmungen des Abkommens befassen sich mit dem Zweck des Abkommens (Zusammenarbeit und Koordinierung inklusive Informationsaustausch, wirksame Durchsetzung desWettbewerbsrechts ), Begriffsbestimmungen sowieBestimmungen allgemeiner Natur zur Notifikationund Koordinierung von Durchsetzungsmassnahmen. Namentlich können die Behörden neu Hausdurchsuchungen (sog. Down Raids) koordinieren,ohne auf die Zustimmung (sog. Waiver) des Kronzeugen angewiesen zu sein", Allerdings könnenkeine Hausdurchsuchungen imAuftrag der anderenBehörde durchgeführt werden=.
2. Koordination von Untersuchungen:Sog.Negative and Positive Comity
Um Konflikte während einer laufenden Untersuchung zu vermeiden, sehen Art. 5 und 6 des Abkommens Regelungen zur Koordination von Verfahrenvor. So haben dieWettbewerbsbehörden den wichtigen Interessen der anderen Vertragspartei in allenPhasen ihrer Durchsetzungsmassnahmen Rechnungzu tragen, diese über wichtige Entwicklungen zu unterrichten und ihr Gelegenheit zur Stellungnahmezu geben (Grundsatz der sog.Negative Comity). Ist
27 Botschaft, BEl2013; 3961;DUCREY,Rz 15.28 Botschaft, BBI2013, 3961; 3964 f.;DUCREY,Rz 15.29 MAMANE;DUCREY,Rz 22.30 MAMANE.31 Botschaft, BEl2013, 3970 f.;DUCREY,Rz 33.32 Botschaft, BEl2013; 3970.33 Botschaft, BBI 2013,3972; DUCREY,Rz 37;ANGELABARAN
DUN1SlEFANSCHÜRER:Keine Geheimnisse vor der EU, Tagesanzeiger vom 13. August 2013, <http://www.tagesanzeiger.ch 1wirtschaft 1konjunktur 1Keine-Geheimnisse-vor-derEU 1story 122511876> (besucht am 3. Januar 2014).
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die Wettbewerbsbehörde einer Vertragspartei derAuffassung, dass ihre Durchsetzungsmassnahmenwichtige Interessen der anderen Vertragspartei beeinträchtigen könnten, so bemüht sie sich nach besten Kräften, diesen Interessen in geeigneter WeiseRechnung zu tragen.Ist die Wettbewerbsbehörde einer Vertragspartei
der Ansicht, dass wettbewerbswidrige Verhaltensweisen im Gebiet der anderen Vertragspartei ihrewichtigen Interessen beeinträchtigen könnten, sokann sie unter Berücksichtigung der Bedeutung derVermeidung von Zuständigkeitskonflikten und desUmstands, dass die Wettbewerbsbehörde der anderen Vertragspartei möglicherweise wirksamer gegendie betreffenden wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen vorgehen könnte, die Wettbewerbsbehördeder anderen Vertragspartei ersuchen, geeigneteDurchsetzungsmassnahmen einzuleiten oder auszuweiten (Grundsatz der sog. Positive Comity). Dieersuchte Wettbewerbsbehörde ist allerdings nichtverpflichtet, dem Ersuchen der anderen Wettbewerbsbehörde nachzukommen, und entscheidetnach Ermessen.
3. Informationsaustausch im Besonderen
Kernstück des Abkommens bildet die gesetzlicheGrundlage für den Informationsaustausch zwischenden Wettbewerbsbehörden, welche in den Art. 7 bis10 des Abkommens statuiert sind.Der Informationsaustausch ist kaskadenartig auf
gebaut: Das heisst, je sensitiver die Daten, destostrenger sind die entsprechenden Voraussetzungenfür deren Austausch", Der Informationsaustauschkann schliesslich auch verweigert werden; es bestehtnämlich keine Pflicht für die Behörden, Informationen auszutauschen". Die Gefahr von sag.fishing expeditions soll sodann dadurch verhindert werden,dass die vertraulichen Informationen nur von denWettbewerbsbehörden verwendet werden dürfen -eine Weitergabe an andere Behörden ist nicht erlaubt=,Art. 7 des Abkommens legt die Grundsätze für
den Informationsaustausch zwischen den Wettbewerbsbehörden fest, namentlich:- Erörterung von Informationen (Art.7 Abs.2 desAbkommens)
Gemäss Art. 7 Abs. 2 des Abkommens können dieWettbewerbsbehörden der Vertragsparteien Infor-
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b«ABKOMMEN MIT DER EU ÜBER DIE ZUSAMMENARBEIT BEI DER ANWENDUNG VONWETTBEWERBSRECHTEN - ANALYSE UND GEDANKEN ZUR ZUKÜNFTIGEN PRAXIS DERWETTBEWERBSBEHÖRDEN IN EUROPA»
mationen, einschliesslich der in Untersuchungsverfahren erlangten Informationen, erörtern, soweit diesfür die nach dem Abkommen vorgesehene Zusammenarbeit und Koordinierung erforderlich ist. DerAustausch erfolgt mündlich und betrifft den Austausch von nicht vertraulichen Informationen", Umfasst hiervon sind auch vomAmtsgeheimnis erfassteInformationen, bspw. Informationen einer eröffneten oder noch formell zu eröffnenden Untersuchung>. Allerdings können gestützt auf diese Normkeine gegenseitigen Ermittlungsersuche erteilt werden".- Informationsaustausch mit Zustimmung der betroffenen Unternehmen (Art.7 Abs.3 des Abkommens)
Sofern das Unternehmen, welches die Informationen zur Verfügung gestellt hat, ausdrücklich schriftlich zustimmt, können die Wettbewerbsbehördender Vertragsparteien einander die ihnen vorliegenden Informationen übermitteln. Gemeint sind hierbei Dokumente und Beweismittel". Sind darunterpersonenbezogene Daten, so dürfen diese nur übermittelt werden, wenn die Wettbewerbsbehörden derVertragsparteien dieselben oder miteinander verbundene Verhaltensweisen oder Rechtsgeschäfte(in einem formellen Untersuchungsverfahren") ermitteln. Die Vertragsparteien haben dabei nachArt. 9 Abs. 3 des Abkommens den Schutz personenbezogener Daten nach ihren jeweiligen Rechtsvorschriften zu gewährleisten. Diese Norm wird in derPraxis vermutlich vor allem bei Zusammenschlussvorhaben von Unternehmen, welche beiden Wettbewerbsbehörden gemeldet wurden, zum Zugekommen".- Informationsaustausch ohne Zustimmung derbetroffenen Unternehmen (Art.7 Abs. 4 des Abkommens)
Bezeichnend für das Abkommen ist die Möglichkeitdes Informationsaustausches ohne Zustimmung derbetroffenen Unternehmen. Diese Norm wird in derPraxis wohl vor allem bei der Untersuchung internationaler Kartelle oder bei grenzüberschreitendemMissbrauch von marktbeherrschender Stellung anBedeutung erlangen".Ohne Zustimmung des betroffenen Unterneh
mens können die in Untersuchungsverfahren erlangten Informationen auf (formelles) Ersuchen deranderen Vertragspartei unter folgenden Voraussetzungen übermittelt werden:
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- Beide Wettbewerbsbehörden untersuchen dieselben oder miteinander verbundene Verhaltensweisen oder Rechtsgeschäfte (damit soll die Gefahrvon sog. fishing expeditions ausgeschlossen werden)";
- Das Ersuchen wird schriftlich mit Beschreibungdes Gegenstands sowie Art der Untersuchung, mitAngabe der einschlägigen Rechtsschriften sowieder bekannten Unternehmen, gestellt;
- Die ersuchte Wettbewerbsbehörde bestimmt nach(mündlicher") Rücksprache mit der ersuchendenWettbewerbshörde, welche in ihrem Besitz befindlichen Informationen von Belang sind und übermittelt werden können.
Wird dem Ersuchen stattgegeben, so dürfen die Informationen ausschliesslich für den im Ersuchenfestgelegten Zweck verwendet werden (Art. 8Abs. 3des Abkommens; vgl. hierzu später unter 4.).Die Wettbewerbsbehörden sind jedoch nicht verpflichtet, diese Informationen zu erörtern oder garzu übermitteln, wenn dies mit ihren wichtigen Interessen unvereinbar wäre oder eine unangemesseneBelastung darstellen würde (Art.7 Abs.5 des Abkommens).Informationen, die im Rahmen von Kronzeugen
meldungen oder Vergleichsverfahren erlangt worden sind, werden zwischen den Wettbewerbsbehörden weder erörtert noch übermittelt, sofern das Unternehmen, welches die Informationen zur Verfügung gestellt hat, nicht ausdrücklich schriftlich zugestimmt hat (Art. 7 Abs.6 des Abkommens). Dasselbe gilt für die Erörterung und Übermittlung vonInformationen, die garantierte Verfahrensrechte,bspw. das Auskunftsverweigerungsrecht zur Vermeidung der Selbstbelastung und das Berufsgeheimnis
34 DUCREY,Rz 35.35 Botschaft; BB12013, 3971; DUCREY,Rz 35.36 DANIEL EMCR/ANNA-ANTONINAGOTTRET,EU/Schweiz:
Kartellbehörden dürfen Informationen und Dokumenteaustauschen, August/September 2013, <http://www.kellerhals.eh/upload/ ems/user /21_8_kb_dt21.pdf> (besucht am3. Januar 2014; zitiert: EMCR/GOTTRET).
37 DUCREY,Rz 36.38 EMCR/GOTTRET.39 DUCREY,Rz 36.40 DUCREY,Rz 37.41 Botschaft, BB! 2013, 3972; DUCREY,Rz 37.42 DUCREY,Rz 37.
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des Anwalts, verletzen würden (Art. 7 Abs.7 desAbkommens; Grundsatz der sog. double barrier,wonach eine Behörde nur Informationen übermittelt,die sie selbst in ihren Verfahren verwenden dürfte )43.Hierbei gilt zu beachten, dass in der Schweiz wohl
eine Vorabklärung in der Regel genügen dürfte", Indiesem Stadium steht den betroffenen Unternehmen kein Akteneinsichtsrecht ZU4'. Sobald dieWEKO ein Verfahren abgeschlossen hat, dürfendiesbezüglich auch keine Informationen mehr andie EU Kommission übermittelt werden".
4. Verwendung von Informationen(Art.8 des Abkommens)
Art. 8 des Abkommens hält ausdrücklich fest, dassInformationen, die eine Vertragspartei gestützt aufdas vorliegende Abkommen mit der Wettbewerbsbehörde der anderen Vertragspartei erörtert oder ihrübermittelt, nur für den Zweck der Durchsetzungdes Wettbewerbsrechts dieser Vertragspartei durchderen Wettbewerbsbehörde bzw. für die Durchsetzung ihres Wettbewerbsrechts hinsichtlich derse~ben oder miteinander verbundener Verhaltensweisen oder Rechtsgeschäfte verwendet werden. SindInformationen ohne Zustimmung des betroffenenUnternehmens übermittelt worden, so dürfen diesenur für den in dem Ersuchen festgelegten Zweckverwendet werden.Beachtenswert in diesem Zusammenhang ist auch
die Tatsache, dass die erlangten Informationen nichtfür die Verhängung von Sanktionen gegen natürliche Personen verwendet werden dürfen.Es steht der Wettbewerbsbehörde einer Vertrags
partei frei, zu verlangen, dass die von ihr übermittelten Informationen zu den von ihr festgelegten Bedingungen verwendet werden. In solch einem Falldarf, ohne vorherige Zustimmung dieser Wettbewerbsbehörde, die empfangende Wettbewerbsbehörde diese Information nicht in einer den Bedingungen zuwiderlaufenden Weise verwenden.
43 Botschaft, BBI 2013; 3973;DUCREY, Rz 40.44 MAMANE; EMCRI GOTIRET.45 EMcR/GoTIRET.46 EMcR/GoTIRET.47 Botschaft, BBl2013; 3977;DUCREY, Rz. 53.48 DUCREY, Rz 53.49 DUCREY, Rz 53.
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5. Schutz und Vertraulichkeitder Informationen(Art.9 und lOdes Abkommens)
Die Tatsache, dass ein Ersuchen nach Art. 7 des Abkommens gestellt worden und eingegangen ist, istvon der entsprechenden Wettbewerbsbehörde vertraulich zu behandeln. Insbesondere dürfen die erlangten Informationen (mit wenigen Ausnahmen,wobei das Geschäftsgeheimnis durch die empfangende Wettbewerbsbehörde stets zu wahre~ ist)nicht gegenüber Dritten bzw. anderen öffentlichenStellen offengelegt werden (Art.9 des Abkommens).Bemerkenswert ist das Recht der Europäischen
Kommission, unter bestimmten Voraussetzungendie von der WEKO erlangten Informationen an dieMitgliedstaaten der EU weiterzuleiten (Art. 10 desAbkommens). Diese Informationen dürfen jedochnicht für eigene Verfahren der Mitgliedstaaten verwendet, sondern nur zum Zwecke der Durchsetzungdes Wettbewerbsrechts der Europäischen Uniondurch die Europäische Kommission verwendet undnicht offengelegt werden. Der Bundesrat führt inder Botschaft hierzu aus, dass falls Zweifel bestehen,dass vertrauliche Informationen aus der Schweiznicht genügend geschützt sein könnten, die WEKOvon einer Übermittlung so lange absehen werde, bisdie notwendigen Zusicherungen zur vertraulichenBehandlung vorliegen". Seitens der WEKO wirddieser Ansicht beigepflichtet und ausgeführt, dassbei einer Übermittlung die EU-Wettbewerbsbehörde durch die WEKO an ihre Pflichten erinnertwürde", Sollte die Weitergabe jedoch unter Verletzung dieser Pflichten erfolgen, so käme Art. 9 Abs. 2des Abkommens zum Zuge, wonach die andere Behörde unverzüglich informiert würde, um den Schaden so gering wie möglich zu halten",
VI. Offene Fragen unter demAbkommen
1. Zeitlicher Geltungsbereich
Im Abkommen sind keine Bestimmungen zum zeitlichen Geltungsbereich vorgesehen. Daher dürfte
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b«ABKOMMEN MIT DER EU ÜBER DIE ZUSAMMENARBEIT BEI DER ANWENDUNG VONWETTBEWERBSRECHTEN - ANALYSE UND GEDANKEN ZUR ZUKÜNFTIGEN PRAXIS DERWETTBEWERBSBEHÖRDEN IN EUROPA»
das Abkommen nach Inkrafttreten auf neue sowiebereits hängige Untersuchungen anwendbar sein".
2. Datenschutzrechtliche Bedenken
Der Bundesrat ist der Ansicht, dass das Abkommenden datenschutzrechtlichen Bestimmungen, insbesondere den Anforderungen des Bundesgesetzesüber den Datenschutz (DSG) standhäWl.Allerdingsgeht das DSG weiter als die meisten europäischenDatenschutzgesetze, indem es auch juristische Personen erfasst. Bei Informationsübermittlungen indie EU ist daher unter Umständen zu befürchten,dass die Daten nicht äquivalent geschützt sind".Sodann stellt sich die Frage nach der Zulässigkeit
der Übermittlung von Informationen, welche vomBankgeheimnis erfasst sind, und ob solch eine Übermittlung nur erfolgen darf, wenn beide Wettbewerbsbehörden ein Verfahren betreffend den gleichen Sachverhalt führen". Fraglich ist, ob dieWEKOsolche Anfragen nicht ablehnen müsste, zumal indieser Hinsicht kein genügender Datenschutz in derEU gewährleistet ist",
3. Geschäftsgeheimnisse
Ebenfalls ist die Signifikanz des Abkommens fürvertrauliche Geschäftsgeheimnisse der Unternehmen, welche nun ins Ausland übermittelt werdenkönnen, und deren Schutze-möglichkeiten) nochnicht geklärt. Problematisch erscheint, dass Unternehmen über die Übermittlung dieser Inforrnationen vermutlich nicht rechtzeitig orientiert werdenbzw. dass eine Übermittlung bereits in einem Verfahrensstadium stattfinden kann, in denen nochkeine formelle Untersuchung eröffnet wurde".
4. Zeitpunkt der Orientierung
Unklar bleibt auch, wann und in welchem Verfahrensstadium die betroffenen Unternehmen von denWettbewerbsbehörden informiert werden. Im Hinblick auf die Ergreifung von Rechtmitteln ist diesein nicht zu vernachlässigender Aspekt. Zu beachteil gilt, dass Informationen bereits in einem Stadium erörtert werden können, wo noch keine formelle Untersuchung eröffnet wurde und somit keinAkteneinsichtsrecht für die betroffenen Unterneh-
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men besteht, was die Reaktionsmöglichkeiten fürdie Betroffenen massgeblich einschränkt".
5. FehlendeRechtsschutzbestimmungen/Verwertbarkeit bei nicht rechtmässigübermittelten Informationen
Das Abkommen sieht keine Bestimmungen zumRechtsschutz bei nicht rechtmässig übermitteltenDaten vor", Die Übermittlung von Informationenstellt zudem keine anfechtbare Verfügung dar".Ebenfalls fehlen Bestimmungen für den Rechtsschutz bei Verwertung von Informationen, die aufunzulässige Art und Weise erlangt wurden (sog.Fruits of thepoisonous tree,bspw.bei einer unrechtmässig durchgeführten Hausdurchsuchung)".In der Botschaft des Bundesrats steht hierzu le
diglich, ein «Beschwerdeverfahren, das mehrere Monate dauern könnte, würde das Abkommen seinesSinnes entleeren", In einem Bereich wie dem Kartellrecht erfordere die Wirksamkeit der Durchsetzungsmassnahmen einen schnellen und effizientenAustausch"» Sodann würden die betroffenen Unternehmen in Übereinstimmung mit der Datenschutzgesetzgebung informiert und es bestünde dieMöglichkeit für die Betroffenen, gegen den Zwischen- oder Endentscheid der WEKO Beschwerdezu erheben und in der Beschwerde Rechtsverletzungen zu rügen", Wie aber bereits weiter oben erwähnt, ist unklar, zu welchem Zeitpunkt die Betrof-
50 DUCREY,Rz 29; MATHYSIZOGG,4.51 Botschaft, BBI2013, 3976.52 MAMANE;JÜRGBORER/DAVIDMAMANEISAMUELJOST,Bila
terales Abkommen im Wettbewerbsrecht, September 2013,2.2 (zitiert BORER/MAMANEIJOST).
53 BORERIMAMANEI JOST,2.2; EMcHI GOTTRET;MAMANE.54 BORER/MAMANE/JoST, 2.2.; DAVIDMAMANE/SAMUELJOST,
Let's work together - An EU ISwiss co-operation agreement has far reaching implications, Competition Law Insight,13 November 2012, 8 ff., 9 (zitiert: MAMANEIJOST).
55 MAMANE/JoST, 9;EMcH/GoITRET.56 EMcH IGOITRET;MAMANE.57 BORER/MAMANE/JosT,2.3; DUCREY,Rz. 4l.58 Botschaft, BBI2013, 3973.59 EMcH/GoITRET.60 Botschaft, BBI2013, 3973.61 Botschaft, BB12013, 3973.62 Botschaft, BBI2013, 3973.
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fenen über den Informationsaustausch informiertwerden. Zudem werden betroffene Unternehmenkaum bis zum Erlass einer anfechtbaren Verfügungabwarten wollen, um einen Informationsaustauschzu verhindern bzw. im Nachhinein deren allfälligeUnrechtmässigkeit feststellen zu lassen. Es bleibtdaher abzuwarten, wie und mit welchen Rechtsmitteln Betroffene unzulässige Informationsübermittlungen verhindern können.
6. Keine Pflicht zumInformationsaustausch
Es liegt im Ermessen der Vertragsparteien, Informationen zu übermitteln. Es besteht jedoch keine Verpflichtung zum Informationsaustausch. Es stellt sichaus Schweizer Sicht somit die Frage, inwiefern dieEuropäische Kommission aus ihrem Interesse anSelbstanzeigen von Unternehmen gewillt sein wird,Informationen der WEKO zu übermitteln und obnicht faktisch primär die Informationsübermittlungvon Schweizer Seite stattfinden wird. Ein Ungleichgewicht ist nicht auszuschliessen=.
VII. Gesamtwürdigung
Das Abkommen stellt sicherlich ein wichtiges Instrument für die Zusammenarbeit der Wettbewerbsbehörden dar. Es sorgt bildlich gesprochen fürWaffengleichheit mit Unternehmen, die dasWettbewerbsrecht verletzen. Es ist davon auszugehen, dass
63 EMcH/GOTIRET;ANGELABARANDUN/STEFANSCHÜRER:KeineGeheimnisse vor der EU, Tagesanzeiger vom 13.August 2013,<http://www.tagesanzeiger.ch/wirtschaft / konjunktur /Keine-Geheimnisse-vor-der-EU / story /22511876> (besuchtam 3. Januar 2014).
64 MAMANE;MAMANE/JOST,10.; zustimmend DUCREY,Rz 54.65 RENÉHÖLTSCHI,Zusammenarbeit gegen Kartelle, Schweiz
und EU unterzeichnen Abkommen mit Pioniercharakter,NZZ vom 17. Mai 2013, <http://www.nzz.ch/aktuell/wirtschaft/ wirtschaftsnachrichten /wettbewerbs-abkommen-mitder-eu-unterzeÍchnet-1.18083191> (besucht am 3.Januar 2014).
66 DUCREY,Rz 35.
die Erörterung von vertraulichen, dem Amtsgeheimnis unterliegenden Informationen, welcheformlos möglich ist, die grösste praktische Bedeutung erlangen wird.Zudem wird das Abkommen unter anderem die
Koordination von Hausdurchsuchungen ermöglichen, was zu wirksameren Untersuchungen führendürfte. Das Abkommen wird die Durchsetzung desWettbewerbsrechts in der Schweiz (und in der EU)erleichtern und in der Schweiz potentiell zu einerStärkung des Kartellrechts beitragen.Den Unternehmen ist daher zu empfehlen, ihre
Compliance-Bemühungen zu überprüfen und, wonotwendig, zu verstärken (bspw. durch Anpassungder Weisungen für Hausdurchsuchungen, durch verstärkte Schulung der Organe und Mitarbeiter unddurch Verbesserung der Kontrollen)".Problematisch dürfte sich die Tatsache gestalten,
dass bereits im Rahmen von Vorabklärungen Informationen ausgetauscht werden können, zumal insolch einem frühen Stadium den betroffenen Parteien kein Akteneinsichtsrecht zusteht. Wie Unternehmen im Rechtsalltag reagieren und allfällige«Rechtsmittel» an Rechtsmittelinstanzen zugelassenwerden, bleibt abzuwarten.Auf der anderen Seite besteht durchaus auch die
Möglichkeit, dass das Abkommen in der Praxis weniger Bedeutung erlangen wird als erwartet. So lässtdie bisherige Erfahrung in der Luftfrachtuntersuchung, in welcher gestützt auf das Luftverkehrsabkommen ein Austausch von Beweismitteln möglichgewesen wäre, vermuten, dass nur beschränkt Informationen ausgetauscht werden. Gemäss Patrick Ducrey, Stv. Direktor im Sekretariat der WEKO, wirdvoraussichtlich der Informationsaustausch in parallellaufenden Verfahren in Zukunft nicht allzu häufig vorkommen". Seiner Ansicht nach besteht derMehrwert des Abkommens vor allem imAustauschvon Informationen, die bis anhin vom Amtsgeheimnis geschützt waren, was die tägliche Arbeit derWettbewerbsbehörden erheblich erleichternsollte".Die Bedeutung des Abkommens für grenzüber
greifende Wettbewerbsverfahren wird sodann wegweisend sein für den Abschluss weiterer sog.secondgeneration agreements.
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