Intra- und intermolekulare Ligandenaustauschreaktionen der Chloro-Bromo-Osmate(IV) in unpolaren...

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Z. anorg. allg. Chem. 433, 140 -146 (1977) 5. A. Barth, Leipzig

Intra- und intermolekulare Ligandenaustauschreaktionen der Chloro-Bromo-Osmate( IV) in unpolaren Losungsmitteln

Von W. PREETZ und A. K. SHUKLA

K i e 1, Institut fur anorganische Chemie der Christian-Albrechts-Universitat

I n h a l t s u b e r s i c h t . Die Hexahalogenokomplexe von Os(1V) lassen sich mit langkettigen Alkyl- ammoniumionen, z. B. Tridodecylammonium (TDDA+) als Ionenpaare in unpolare Losungsmittel (Benzol, Toluol, Chloroform, Cyclohexan) uberfuhren. Die kaum solvatisierten ,,nackten“ Komplexe sind sehr reaktionsfahig. Bereits bei Zimmertemperatur tritt schnelle intramolekulare Isornerisierung der reinen cis- bzw. trans-Chloro-Bromo-Komplexe ein. Der Ligandenaustausch mit in Toluol ge- lostem HCI bzw. HBr ILuft um den Faktor lo2-lo4 schneller als in wLBrigem Medium. Aus (TDDA),- [OsF,] und trockenem HBr bilden sich in Toluol gemischte Komplexe vom Typ [OSF,B~,-~]~-.

Intra and Intermolecular Ligand Exchange Reactions of Chloro-Bromo-Osmates(1V) in Non-Polar Solvents

Abst rac t . The hexahalo complexes of Os(1V) are extractable as ionpairs by long-chain alkyl- ammonium ions, e. g. tridodecylammonium(TDDA+) in the non-polar solvents (benzene, toluene, chloroform, cyclohexane). The nearly unsolvated “naked” complexes are very reactive. Even at room temperature a fast intramolecular isomerization of the pure cis- resp. trans-chloro-bromo complexes takes place. The ligand exchange with HCI resp. HBr dissolved in toluene is 102-104 times faster than in aqueous medium. (TDDA),[OsF,] reacts with dry HBr in toluene giving mixed complexes of the type [OsFnBr6-n]z-.

1. Einleitung

I n einer Reihe vorangeheiider Arbeiten wurde iiber Platzwechselvorgange der Liganden in festen Komplexsalzen berichtet [ 1, 21. Entsprechende Untersuchun- gen an LGsungen waren wegen der Loslichkeitsverhaltnisse weitgehend auf wiil3- rige Systeme beschrankt. Darin gelang es unter Ausnutzung des unterschiedlichen trans-Effekts der Halogenide durch stereospezifische Xubstitutionsreaktionen alle gemischten Hexahalogenokomplexe [0sX,Y6-,J2-, X =# Y = C1, Br, J ; n = 1-5, einschliefllich der fur n = 2, 3, 4 existierenden Stereoisomeren darzustellen und zu charakterisieren [3, 41. Die zweifach negativen hydrophilen Komplexionen lassen sich mit Hilfe langkettiger Trialkylammoniumionen als Ionenpaare in wenig oder unpolare Losungsmittel uberfiihren. Die dadurch erreichbare hohere Reaktivitat der Komplexe aul3ert sich in intramolekularen Umlagerungen und Ligandenaustsuschprozessen, die im Vergleich zum waarigen System bei deut- lich niedrigeren Temperaturen ablaufen.

I~igandenaiistausch dcr Chloro-Bromo-OYmstc.(l\’j 141

2. Intramolekiilare 1:mlagerungen

Zum Sachweis intramolekularer 1:mlagerungen ist die spektrophotometrische Verfolgung der Isomerisierung der winen cis- bzw. trtins-Chloro-Bromo-~smnte (1V) geeignet. Fur ihre cberfuhrung i n unpolare LBsungsmittel liaben sich Tri- dodec.pl:tmnioiiiumionen (TDDA-I) bewiilirt, die mit den Hexnhalogenokomplexen ausreichend lipophile l o n e n p w e bilden.

D a r s t e 11 u ng d e r (TDD A)-KO 111 1)lc x s a l z e 20 g ‘rridodccylamin ac rd rn in ct.wa 20 ml ri-Hirsan plijst und hci -20°C untor Kuhren nlit

20 mi halbkonz. H,SO, vcmetzt. Dcr ausfall(do farbloso Riodersc~hlag w i d mc~hmials aus j c 40 ml Aceton iirnkristallisirrt. Das irn Vakuiim iibfxr P,05 sorgfiiltig gctrocknete (TDl)A),SO., hat (binen Schniclzpunkt. von 65°C. (TDD.A)Cl bza. (‘YDDA)T3r nrrden rntsprcchend untrr Vcrwendung von HCI hzw. HBr h (qys t t4 t .

Ktwa 100 mg dcs Kaliurnsalzes eincs Ge~nisclitligandkomplexc~s avrdcn in 15 ml ciskaltc~m Wasser gcsliist. und mit viner liisiing von 250 mg (TI>DA),SO, in 40 nil Toluol uherschichtct. Bci kriiftigem Schut.teln goht der Koniplvx quantitiltiv in die organischc Phase iibvr. Dime nird nichrfach mit \Vas- wr gcaaschen und im Vakurrm eingedampft. I k r Hiickstand wird nach dcJm Trorknrn iibcr P,O, aus ’l’oluol umkristollisicrt. Dic Komplexsalzo der allgemoinm Formel (TDD;Zj,[Os(:lnBr,_,] fallrn kristallin mit ciner Ausbeiitc von ctwa 90o/b an. Der Schmc~lzpunkt der verschiedenrn Salzr licgt ein- hcitlich hci otwa 55°C. Aiich nach mchrtagigrm ’I’(!mpcm dcr Schmclaen inif 1 N ” C sind keine Zer- sc.tzungscNcheinungcn festzustell(:n. Alle Vcrhindungen sind in N’asscr unloslich, in Alkohol und Cyclohcxan mLDig, in Toliiol, Chloroform rind Ronzol schr gut Ioslich.

K i n e t i s c h e ‘Un t ersu ch u n gen

Der kinetischc Ablauf der Isornerisiemng ist bei den 3 Isomerenpaaren sehr ahnlich. Er wird deshalb nur fur das cis/trans-l’aar von (TDI)A),[O$Cl,Br,] niiher beschrieben.

m 1Asungc:n des rcinen cis- bzw. trans-(TDDA),[OsCI,Br,] in Toliiol. Proben 7.u jc 1 ml xord(?n untcr sorgfiiiltigc~m AusschluD von Was- srr in venchraubbare Reagenzgliser gcfiillt. Fur dic? Untrrsuchungen in d w Sc.hmelze schmilzt man jeneils 1--2 mg dcr Komplcxsalae in klvinc, Ampullen iintcr Argon rin.

Fiir die Umlagerung in oganischcn 1.osungsinitteln dicnen

Abb. 1 Isomcrisicrung von trans-(TDDB),[OsCI,Br,] in Toluol bei -10°C

142 W. PREETZ u. A. K. SHUKLA

Jeweils 10-15 Proben fur jede Versuchsteniperatur, die fur die Losungen 20, 30, 40 und 50, fur die Schmelzen 60, 70 und 80°C betragt, werden auf &0,1-0,2"C genau getempert. Nach bestimmten Zeiten unterbricht man die Umlagerung durch Abschrecken mit kaltem Wasser. Bei der Registrierung der Absorptionsspektren sowohl der Losungen als auch der Schmelzproben, die in einer entsprechenden Menge Toluol gelost werden, ergeben sich Kurvenscharen, die durch isosbestische Punkte verlaufen. Abb. 1 zeigt das fur trans-(TDDA),[OsCl,Br,] bei 40°C. Zum Vcrgleich ist das Absorptionsspektrum des zugehorigen cis-Komplexes mit eingezeichnet. Durch Digitalisierung und Registrierung der Spektren auf Lochstreifen kann mit Hilfe eines Rechenprogramms das cis/trans-Verhiltnis mit einer Rcproduzierbarkeit von & 2% berechnet werden [l].

Die nach etwa einer viertel Halbwertszeit bemerkbaren Abweichungen von den isosbestischen Punkten sind auf parallel verlaufende intermolekulare Austauschreaktionen zuruckzufuhren, durch die gemischte Komplexe mit anderen Ligandenverhliltnissen gebildet werden. Zur Abtrennung dieser storenden Nebenprodukte mussen die TDDA-Komplexsalze in eine wasserlosliche Form uberfuhrt werden. Das gelingt nach dem Prinzip reziproker Salzpaare. Beim Versetzen der Toluollosung rnit einer Losung von Kaliumacetat in Eisessig fallen die Kaliumsalze der Komplexe aus:

(TDDA),[OSC~,B~,_~] + 2 CH,COOK --f K,[OsCLBr,~,].l + 2 CH,COO(TDDA). (1)

Das in wd3rigen Medien gut losliche Komplexgemisch IaOt sich ionophoretisch auftrennen. Die inter- molekularen Austauschprodukte sind, wenn sie mehr als 5% ausmachen, als separate Zonen erkenn- bar. Um die Isomerisierung moglichst bis zur Einstellung des Gleichgewiehts verfolgen zu konnen, wird das cis/trans-Verhaltnis nach Elution der Zone, die die gleich schnell wandernden Stereoisomeren enthalt, spektrophotometrisch bestimmt.

Ausgehend von reinem cis - bz w. trans - (TDDA),[ OsCI,Br,] finde t man s tets das Gleichgewicht von 77% cis zu 23% trans, das von dem Verhaltnis bei stati- stischer Ligandenverteilung wie 4 : 1 etwas zugunsten des trans-Isomeren ver- schobeii ist. Die Auswertung in der fruher beschriebenen Weise [l] fuhrt zu den in Tab. 1 zusammengestellten kinetischen Daten.

Tabelle 1 lagerung von cis- bzw. tra~ls-(TDDA)~[OsCl,Br,l in Toluol-Losung oder als Schmelze

Geschwindigkeitskonstanten k , Halbwertszeiten t& und Aktivierungsenergien Ea der intrarnolekularen Urn-

T ["GI k [s-'I t& [hl Ea [kcal . Mol-'1

~~s-(TDDA)~[OSCI,B~,] (Toluol-Losung)

trans-(TDDA),[OsCI~Br,l (Toluol-Losung)

~is-(TDDA)~[0sCl,Br,l (Schmelze)

trans-(TDDA),[OsCI,Br,l (Schmelze)

20 30 40 50

20 30 40 50

60 70 80

60 70 80

6,60.10-7 4,17. 10-6 2,94. 1,12.10-6

7,38. 10-7 5,77.10-6

i,o9 . 10-4

9,oz. 10-5 3,6i '10-4

2,6i . 10-5

1,95 .

2,23.

1,03. lo-& 6,22. lo-'

291,72 32,9 f 1,3 46,15 6,55 1,72

260,77 30,7 5 1,s 33,36 9,82 1,75

8,62 32,7 i- 1,3 2,13 0,63

7,32 37,2 f 3,7 1,87 0,30

3. Ligandenaustauschreaktionen Die gute Loslichkeit der (TDDA)-Komplexsalze in organischen Losungs-

mitteln ermoglicht es, auch Substitutionsreaktionen in unpolaren Medien zu untersuchen.

Ligandenaustausch der Chloro-Bromo-Osmate(1V) 143

(TDD A) 2 [ OsC 1 + HBr bz w . ( T D D A ) B r. (TDDA),[OsCl,] wird bei - 10 "C in trockenem Toluol gelost (5 -10 mg/ml) und mit etwa der gleichen Menge einer HBr-gesattigten Toluollosung (etwa 2 m bei 20 "C) versetzt. I n den verschlossenen auf 40 - 80 "C erwarmten Proben tritt schnell eine Farbvertiefung ein. Nach be- stimmten Reaktionszeiten werden die entstandenen Komplexgemische gemail3 G1. (1) als wasserlosliche Kaliumsalze abgeschieden und ionophoretisch aufge- trennt. Aus der relativen Intensitat der gelben bis braunen Zonen 1ail3t sich der prozentuale Anteil der einzelnen Chloro-Bromo-Komplexe gut abschatzen. I n den mittleren Zonen fur n = 2, 3, 4 wird spektrophometrisch das cisltrans-Verhaltnis bestimmt. Die in Abhangigkeit von den Reaktionspartnern, der Zeit und der Temperatur ermittelte Zusammensetzung der Gemische ist in Tab. 2 zusammen- gestellt. Tabelle 2 Verteilung der [OSC~,,B~,-,]~-, n = 0-6, nach dem Ligandenaustausch von (TDDA)p[OsCI,] mit HBr bzw. (TDDA)Br in Tolnol (geschiitzte Werte in %, fur n = 2 ,3 ,4 trans-Anteil in % in Klammern)

Temp. Zeit n "C 6 5 4 trans 3 trans 2 trans 1 0

(TDDA)p[OsCI,I + HBr 40 40 50 50 60 60 70 70

(TDDA),[OsCl.] + HBr 50 +20 mg (TDDA)Br/ml 50

GO 60 70 70

(TDDA),[OsCI.] 50 +50 mg (TDDA)Br/ml 50

60 60 70 70 80 80

5 Min. 30 Min. 5 Min.

20 Min. 5 Min.

10 Min. 0,5 Min.

2 Min.

30 Min. 120 Min. 30 Min.

120 Min. 15 Min. 30 Min.

50 h 100 h 50 h

100 h 25 h 50 h 5 11

50 h

40 10 10 20 15 15 25 10 10 15 10 10 15 10 10 10 5 15 _ - _ - - - 40 15 15 20 10 15 30 1.3 10 10 5 10 10 5 15

5 5 10

50 20 15 20 20 20 30 10 20 10 20 25 20 15 20 10 10 25 20 10 20

5 10 25

10 (100) 5 10 (100) 10 10 (95) 5 10 (95) 10 10 (90) 10 10 (90) 10 - - - - - - 10 (100) 5 15 (100) 10 10 (100) 10 10 (100) 10 10 (95) 10 15 (95) 10

10 (90) 5 20 (80) 10 20 (80) 20 25 (70) 15 20 (70) 20 25 (70) 20 20 (70) 20 25 (65) 20

5 20 10 20 10 30 15 30 10 35 10 40 5 95 - 100

5 10 10 20 5 20

15 40 5 45

10 45 - - 10 -

5 - 5 -

10 - 10 - 15 -

- -

Wahrend die Umsetzung bei 40 "C stereospezifisch zu den reinen trans-Kom- plexen fuhrt, bilden sich mit steigender Temperatur zunehmend Isomerengemi- sche. Durch Zugabe von (TDDA)Br wird die Reaktion einerseits verlangsamt, andererseits entstehen bis etwa 60 "C stereospezifisch nur die trans-Komplexe. Sehr vie1 langsamer verlaiuft der Ligandenaustausch, wenn nur (TDDA)Br, nicht aber HBr eingesetzt wird. Gleichzeitig nimmt der Anteil der trans-Isomeren ab, Tab. 2.

(TDDA),[OsBr,] + HC1 bzw. (TDDA)Cl. Beim Einleiten von trok- kenem HC1-Gas in eine Losung von (TDDA),[OsBr,] in Toluol bei 50°C tritt inner- halb von zwei Stunden eine Farbaufhellung ein. Bei Verwendung von (TDDA)Cl erreicht man den gleichen Effekt etwa erst nach 50 Stunden. Nach der Aufarbei- tung der Proben entsprechend G1. (1) und ionophoretischer Auftrennung der Komplexgemische findet man im Falle der Verwendung von (TDDA)Cl im wesent-

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lichen nur zwei benachbarte Gemischtligandkomplexe. Das Konzentrationsmaxi- mum verschiebt sich mit zunehmender Reaktionsdauer zu den chlorreicheren Komplexen. Die mittleren Glieder erweisen sich als reine cis-Isomere. Mit HC1- Gas bilden sich Gemische, die bis zu 5 Komponenten enthalten. Die Komplexe mit n = 2, 3, 4 enthalten neben dem cis- in geringen Mengen das trans-Isomere.

(TDDA),[OsF',] + H B r . Bei der Umsetzung von (TDDA),[OsF,] mit in Toluol gelostem trockenem HBr bei 50°C wird die zunachst farblose Komplex- losung dunkelbraun. Nach der Ftlllung gemaB G1. (1) und der ionophoretischen Trennung parallel mit den Referenzionen [0sF,]2- und [OsRr,]2-, findet man zwischen diesen zusatzlichen Zonen, die wie [OSF,]~- erst nach thermischer Zer- setzung der Komplexe bei 110°C auf dem Papierstreifen sichtbar werden. Auf- grund der Ionenbeweglichkeiten mu13 es sich um die bisher nicht bekannten ge- mischten Fluoro-Bromo-Komplexe des Typs [OsF,Br6-,]2- handeln.

3. Diskussion

Langkettige Alkylamine werden seit langerem zur Extraktion einfacher und komplexer Anionen verwendet [5 - 71. Die Struktur und Bindungsverhaltnisse der sich bildenden Ionenpaare wurde nur unter dem Rlickwinkel der Beeinflul3- barkeit der Verteilungskoeffizienten fur quantitative Trennungen diskutiert. Umlagerungen bzw. Austauschreaktionen der Liganden blieben dabei in der Regel unberucksichtigt .

Der Vergleich der vorangehenden experimentellen Ergebnisse mit denen fruherer Untersuchungen in waarigen Systemen [ 8, 91 ergibt, daB der intermole- kulare Ligandenaustausch in schwach- oder unpolaren Losungsmitteln bei glei- cher Temperatur um den Faktor 102 bis lo4 schneller verlauft. Der Grund dafur liegt in der wesentlich geringeren Solvatisierung in solchen Losungsmitteln. In wlf3riger Losung ist die innere durch die Liganden gebildete Koordinationssphare eines Komplexes von mehreren Hydratschichten umgeben, die den Komplex wie ein schutzender Mantel umhiillen und die Annaherung von Austauschpartnern erschweren, zumal letztere, insbesondere wenn es sich um Ionen handelt, ebenfalls hydratisiert sind. Demgegenuber hat man sich die Komplexe in organischen Lo- sungsmitteln weitgehend ,,nackt" vorzustellen, was die erhohte Reaktivit at er- klart .

Unter der Annahme gestreckter Alkylketten besitzen &e in Toluol gelijsten Ionenpaare die in Abb. 2 beispielhaft fur trans(TDDA),[OsC1,Br2] schematisch dar- gestellte Gestalt.

Aus elektrostatischen Grunden werden sich die Alkylammoniumgruppen auf gegenuberliegenden Seiten anordnen. Der partiell positive Waaserstoff steht uber einer Facette des Oktaeders und bildet zu 3 benachbarten Halogenidliganden Wasserstoffbrucken aus. Diese bewirken eine Lockerung der Bindung zum Zen- tralion, was eine Pradissoziation und damit die Twistbewegung um die Pseudo- C,-Achse erleichtert [l, 2, 101. Als Folge davon wird bereits knapp oberhalb von Zimmertemperatur schnelle Isomerisierung beobachtet, Tab. 1.

Ligandenaustausch der Chloro-Bromo-Osmate(1V) 145

Wie Abb. 2 erkennen lafit, bleiben nach der Assoziation von 2 TDDA-Gruppen noch gro13e Bereiche des Komplexes frei, denen sich die kleinen und sehr beweg- lichen Halogenwasserstoffmolekule leicht nahern konnen. Nach ihrer Assoziation auf einer Oktaederflache uber Wasserstoffbriicken tritt dann ein schneller Platz- wechsel mit den Liganden ein. Der Vorgang der Annaherung ist demgegenuber fur Ionenpaare der Halogenidionen mit TDDA+ wesentlich erschwert. Das zeigt sich in der dra.stischen Verringerung der Austauschgeschwindigkeit in Gegenwart von TDDA-Halogeniden, Tab. 2.

7

5a" \ Abb. 2 Struktur von trans-(TDDA),[OsCI,Br,l in Toluol-Losung

Die beschriebenen Ligandenaustauschreaktionen sind von praparativem In- teresse, weil offensichtlich auch der inerte Hexafluorokomplex durch eiii unpolares Losungsmittel sowejt aktiviert werden kann, daB ein Ligandenaustausch gegen andere Halogenide und das Abfangen der bisher nicht bekannten und in wahigen Systemen nicht zuganglichen Fluoro-Bromo-Komplexe moglich ist [ 111.

Intramolekula,re Umlagerungen der Liganden sind friiher auch an festen Chloro-Jodo-Komplexen beobachtet worden. Die Einsatztemperatur fallt von den Cs- (300°C) iiber K- (100°C) zu den TBA-Komplexsalzen (70°C) ab [I, 21. Fur die TDDA-Verbindungen war eine weitere Erniedrigung der Umlagerungs- temperatur erwartet worden. TatsLchlich tritt aber bis zum Schmelzpunkt (55 "C) noch keine Reaktion ein. Pulveraufnahmen an trans-(TDDA),[OsCl,Br,] zeigen, da13 ein Schichtengitter vorliegt mit Schichtabstanden von etwa 26 A. Vermut- lich sind im Festkorper die etwa 15 A langen Alkylketten weitgehend parallel ausgerichtet und zwischen den benachbarten Schichten miteinander verzahnt. Die Struktur ist offenbar so fest, da13 bei niedrigen Temperaturen keine Liganden- bewegung moglich ist. Sie tritt erst in der Schmelze auf, allerdings mit geringerer Geschwindigkeit als in Losungen von gleicher Temperatur.

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Bei der Redaktion eingegangen am 30. September 1976.

Anschr. d. Verf.: Prof. Dr. W. PREETZ u. A. K. SHUXLA, Inst. f. Anorg. Chemie d. Univ., Olshausenstr. 40/60, D-2300 Kiel

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