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Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für ökonomische Bildung 2011
Dr. Mark Euler:
„Born or made entrepreneurs“ - Kann Entrepreneurship gelehrt werden?
03.03.2011
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Entrepreneurship und Entrepreneur: Begriff und Geschichte
• Ethymologisch von „entreprendre“ (frz.) – unternehmen/ in Angriff nehmen
• Im Mittelalter: Leiter militärischer Expeditionen
• Im 16. Jh.: Kontraktor des Königs und der Kirche für die Errichtung großer Bauwerke
• 1755 erste wirtschaftswissenschaftliche Erwähnung bei Cantillon als eine Art Händler
Rollen von Entrepreneuren in der Geschichte der ökonomischen Theorie gemäß Hebert/ Link (1988, 152)
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01. The entrepreneur is the person who assumes the risk associated with uncertainty (e.g., Cantillon, Thünen, Mill, Hawley, Knight, Mises, Cole, Shakle).
07. The entrepreneur is an organizer and coordinator of economic ressources (e.g., Say, Walras, Wieser, Schmoller, Sombart, Weber, Clark, Davenport, Schumpeter, Coase).
02. The entrepreneur is the person who supplies financial capital (e.g., Smith, Turgot, Böhm-Bawerk, Pigou, Mises).
08. The entrepreneur is the owner of an enterprise (e.g., Quesnay, Wieser, Pigou, Hawley).
03. The entrepreneur is an innovator (e.g., Baudeau, Bentham, Thünen, Schmoller, Sombart, Weber, Schumpeter).
09. The entrepreneur is an employer of factors of production (e.g., Amasa Walker, Francis Walker, Wieser, Keynes).
04. The entrepreneur is a decision maker (e.g., Cantillon, Menger, Marschall, Wieser, Amasa Walker, Francis Walker, Keynes, Mises, Shakle, Cole, Schultz).
10. The entrepreneur is a contractor (e.g., Bentham).
05. The entrepreneur is an industrial leader (e.g., Say, Sain-Simon, Amasa Walker, Francis Walker, Marshall, Wieser, Sombart, Weber, Schumpeter).
11. The entrepreneur is an arbitrageur (e.g., Cantillon, Walras, Kirzner).
06. The entrepreneur is a manager or super-intendent (e.g., Say, Mill, Marshall, Menger).
12. The entrepreneur is an allocator of ressources among alternative uses (e.g., Cantillon, Kirzner, Schultz)
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Man kann daher sagen:
•Entrepreneurship ist ein „multifaceted phenomenon“ (Low/ McMillan 1988, 149) bzw. „an ill-defined, multidimensional, concept” (Caree/ Thurik 2005, 440), Und für den Entrepreneur: „the literature appears to support the argument that there is no generic definition of the entrepreneur” (Brockhaus/ Horwitz 1986, 42)
•Aber dennoch besteht Einigkeit über die Bedeutung des Entrepreneurs als Idealbild des ökonomischen Individuums für die Ökonomik und ganz praktisch auch für eine Volkswirtschaft.
Daher: •was können Staat und Gesellschaft machen, um mehr (erfolgreiche) Entrepreneure zu erhalten?
Wie ist/ wird man ein erfolgreicher Entrepreneur?
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Ehssan Dariani
Wie ist/ wird man ein erfolgreicher Entrepreneur?
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Bettina Fabich
Wie ist/ wird man ein erfolgreicher Entrepreneur?
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Joachim Gaues
Wie ist/ wird man ein erfolgreicher Entrepreneur?
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Klaus Tschira, Hasso Plattner, Dietmar Hopp, Hans-Werner Hector
Traits Approach
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Annahme, dass Persönlichkeitseigenschaften darüber entscheiden, ob und mit welchem Erfolg man Gründer wird.
Kemter u.a. 1999 Fallgatter (2002) Hornaday/ Aboud (1971)
Zielstrebigkeit Moderate Risikoneigung Need achievement
Durchsetzungsvermögen Hohe Ambiguitätstoleranz Take Initiative
Ausdauer Interne Kontrollüberzeugung Competitivness
Belastungsfähigkeit Streben nach Autonomie Confidence
Arbeitsorientierung Dominanz Taking initiative
Kommunikationsfähigkeit Unabhängigkeit Self-reliant
Motivation Selbstachtung Resilience
Risikobereitschaft Geringes Bedürfnis nach
Konformität und Unterstützung
Perseverance
Seelische Gesundheit Energy Level
Begeisterungsfähigkeit Physical health
Flexibilität Willing to take risks
Get along with employees
Independence
Need for achievement
Effectiveness of leadership
No need for support
Mögliche Kategorien, um die Vielzahl der Eigenschaften zu systematisieren:
„Begabungen bzw. Fähigkeiten“: wird zumeist mit Intelligenztests gemessen
„Temperament“: bezieht sich auf Merkmale, die in Tempo, Beharrlichkeit oder Form des jeweiligen Verhaltens zum Ausdruck kommen. Messung mittels 187 Items des
16 Persönlichkeitsfaktorentest
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Kontaktinteresse Begeisterungsfähigkei
t
Skeptizismus Aufgeschlossenheit
Theoretische
Intelligenz
Gewissenhaftigkeit Individualismus Eigenständigkeit
Belastbarkeit Soziale Initiative Cleverness Diszipliniertheit
Dominanzstreben Feinfühligkeit Selbstvertrauen Innere Spannung
Diese wiederum können zum Big Five Modell der Sekundärfaktoren zusammen gefasst werden:
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Extraversion Geselligkeit, Aktivität, Tatendrang,
Durchsetzungsfähigkeit,
Begeisterungsfähigkeit
Verträglichkeit Nachgiebigkeit, Freimütigkeit,
Bescheidenheit,
Kooperationsbereitschaft, Vertrauen
Altruismus
Neurotizismus/ emotionale Labilität Ängstlichkeit, Traurigkeit, Unsicherheit,
Irritierbarkeit, Impulsivität, Vulnerabilität
Gewissenhaftigkeit Streben nach Leistung, Besonnenheit,
Kompetenz, Ordnungsliebe,
Pflichtbewusstsein, Selbstdisziplin
Offenheit für Erfahrungen Bereitschaft bzw. Wertschätzung von
Fantasie, neuen Ideen, Abwechslung,
Ästhetik, Gefühlen, Flexibilität im
Normen- und Wertesystem,
„Motive und Einstellungen“: Mit der Wahrscheinlichkeit zu gründen sind positiv korreliert:
Leistungsmotivation (need for achievement): Streben nach schwierigen, aber erreichbaren Zielen und nach persönlicher Leistung, Wunsch nach direkter Rückmeldung über erreichte Leistungen, der Drang die eigene Leistung ständig zu verbessern, die Wahl von Arbeitspartnern nach deren Qualifikation- und nicht nach Sympathiekriterien und die Bemessung eigener Leistung vor allem durch einen monetären Maßstab (vgl. Seitz/ Tegtmeier 2007, 47).
Risikoeinstellung (risk taking propensity): Bereitschaft höhere aber überschaubare Risiken einzugehen verstanden (vgl. McClelland 1961, 211).
Internale Kontrollüberzeugung (internal locus of control): Überzeugung selbst für die Ergebnisse des eigenen Handelns verantwortlich zu sein und persönliche Kontrolle über sein Leben zu haben (vgl. Rotter 1966).
Unabhängigkeitsstreben und Durchsetzungsverhalten: Wunsch nach Autarkie, Eigenständigkeit und Selbstbestimmung bzw. Selbstverwirklichung sowie Misstrauen gegenüber Vorgesetzten bzw. der Einordnung in vorgegebene Strukturen.
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Demographic Approach
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• Nimmt die diametral entgegen gesetzte Sicht zum Traits Approach ein.
• Individuen mit ähnlichen demographischen Merkmalen (Geschlecht, Alter, Religionszugehörigkeit und soziale Einflüsse wie Erziehung, Sozialisation, das kulturelle Umfeld etc.) haben auch ähnliche Entwicklungsmuster.
• Aus der Ermittlung dieser Merkmale kann daher auf bestimmte spätere Entwicklungen des Individuums – z.B. eine Karriere als Entrepreneur – geschlossen werden.
Einige Ergebnisse der Studien auf Grundlage des Demographic Approach:
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• Entrepreneure stammen zumeist aus sozial und/ oder emotional schwierigen Verhältnissen (vgl. Kets de Vries 1996).
• Entrepreneure gehen eher aus sozialen Randgruppen bzw. Minderheiten hervor (vgl. Hirschmeyer 1964).
• Ein bereits als Unternehmer tätiger Vater, eine sehr kontrollierende Mutter oder auch frühe Extremerfahrungen wie Krankheit oder Tod in der Familie beeinflussen die spätere Entwicklung zum Entrepreneur positiv (vgl. Roberts 1991, Blair 1997).
• Von Bedeutung für die spätere Entscheidung Entrepreneur zu werden ist ein unterstützender, anspornender Erziehungsstil (vgl. McClelland 1965)
• ebenso wie die frühe Verantwortungsübernahme in der Familie (vgl. Dalton/ Holdaway 1989).
• Als Erstgeborener von mehreren Geschwistern wird man mit größerer Wahrscheinlichkeit Entrepreneur (vgl. Hisrich/ O’Cinneide 1985).
• Außerdem werden eher Männer als Frauen Entrepreneur (vgl. u.a. Klandt 1984, Kamp u.a. 1978, Schwarz/ Grieshuber 2003).
Kritische Diskussion der beiden Ansätze
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Traits Approach:
•Die verwendeten Messinstrumente wurden ursprünglich für andere Zusammenhänge bzw. mit anderen theoretischen Hintergründen entwickelt (vgl. Seitz/ Tegtmeier 2007, 74).
•Es werden eine Vielzahl unterschiedlichster Messinstrumente zur Messung eines Konstrukts wie z.B. der Leistungsmotivation eingesetzt, was inkonsistente Operationalisierungen und Messungen zur Folge hat (vgl. Fineman 1977, Johnson 1990)
•Es werden bei der Ermittlung von Stichproben unterschiedliche Definitionen und Operationalisierungen des Begriffs Entrepreneur zugrunde gelegt.
•Die Stichproben sind oftmals sehr klein und daher in ihrer Repräsentativität fragliche
•Die Vergleichsgruppen (Manager, allgemeine Bevölkerung, besondere Gruppe von Gründern etc.) variieren sehr stark.
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• Die unterschiedlichen Rahmenbedingungen, die verschiedene Märkte beeinflussen, Branchenspezifika, regionale und kulturelle Besonderheiten, die jeweils unterschiedliche Anforderungen an Unternehmen und somit auch an deren Gründer stellen werden ebenso wenig berücksichtigt, wie die mögliche Kompensation bzw. Überlagerung einzelner Eigenschaften eines Gründers (vgl. Fallgatter 2005, Aldrich/ Martinez 2001)
• Die Eigenschaften sollen stabil und unveränderlich sein, daher wurden alle Studien zum Teil viele Jahre nach erfolgter Gründung durchgeführt und rückwirkend geschlossen, dass die Eigenschaften auch vorher existierten.
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Demographic Approach
Neben den auch hier möglichen Einwänden gegen das jeweilige Untersuchungsdesign bzw. die Durchführung der empirischen Erhebung ist vor allem interessant, dass
•„some researchers seem to use demographic characteristics as surrogates for personality characteristics“ (Robinson u.a. 1991, .16)
•Beide Ansätze verbindet, dass das Individuum, der Entrepreneur, nicht selbständig und selbstbestimmt entscheidet, sondern fremdbestimmt wird, entweder durch seine Gene oder durch seine soziale Einbettung.
•Eine mögliche Kombination beider Ansätze ändert nichts an diesem grundsätzlichen Problem. Außerdem besteht die Gefahr eines „anything goes“
Neuere Entwicklungen
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• Begriff Entrepreneurship und Entrepreneur breiter fassen.
• Schlüsselbegriff der Moderne, da ein „entrepreneurial spirit“ von grundsätzlicher Relevanz ist, um selbständig und eigenverantwortlich die eigenen Lebenschancen zu gestalten (vgl. Schlüsselkompetenzdefinition der EU).
• „In so doing, it will be necessary to release the paradigm from its present narrow focus upon new venture creation and business and to do this by placing it centrally within the debate on globalization and competitiveness….It will be argued that, in order to place entrepreneurship in a much wider context than that of business, it is necessary to focus upon the nature of ‘enterprise’ in individuals and upon the ways that effective enterprising behaviour can be encouraged in all kinds of organizational, social and economic circumstances“ (Gibb 2002, 243).
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• Das selbständige, selbstverantwortliche Individuum entscheidet, ob es im Rahmen seiner selbstbestimmten Lebensplanung auch Gründer eines Unternehmens sein möchte.
• Seine körperlichen Voraussetzungen und die über Interaktionen mit seiner Umwelt oder besser, seinem sozialen Kapital, erworbenen Eigenschaften (vgl. Euler 2010) stellen zum Zeitpunkt dieser Entscheidung lediglich die dann aktuellen Ausgangsbedingungen dar, mit denen es umgehen muss, um sein Unternehmen zu gründen.
• Unter die deskriptive Kategorie „Gründer“ fällt es tatsächlich erst dann, wenn es eben gründet.
• Behavioral Approach nach Gartner „‘Who is an Entrepreneur?‘ Is the wrong question“ (1988) – „ Gute Baseball Spieler erkennt man auch nur dann, wenn sie eben gut Baseball spielen“.
Implikationen für die Entrepreneurship Education
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• Weder durch Gentechnik, noch durch die optimale Gestaltung aller sozialen Einflussfaktoren können Gründer geplant „produziert“ werden.
• Es wäre auch widersinnig, da man ja selbständige, selbstbestimmte und selbstverantworliche Individuen möchte.„SEI SPONTAN“! Paradoxie
Daher:
• Entrepreneurship Education als Angebot eines Lehr/ Lernarrangement, das es ermöglicht zu erfahren, was es bedeutet unternehmerisch zu handeln, seine Interaktionen bzw. sein soziales Kapital demgemäß zu gestalten und entsprechende Wissensbestände aufzubauen, das aber die selbständige Entscheidung ermöglicht, ob diese Handlungs- und Karriereoption angenommen wird oder nicht. (Orientierungsangebote)
• Dies bedeutet u.a. konstruktivistische Didaktik Konzepte und handlungsorientierte Methoden wie Fallstudien, Videovorführungen, Gastvorträge, Exkursionen, Hospitationen, Projektarbeit, Rollenspiele, Simulationen, Planspiele sowie die Gründung von Übungsfirmen
Vielen Dank!
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Beispiel: Leuphana Enterprise Akademie:
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