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Münchner Merkur Nr. 82, Wochenende, 6./7. April 2019

J 5JournalLEBEN

TIPPS>> Link: www.heidiprem.de>> Buchtipp: Elephants ofthe Caprivi, Theo Feneberg-Verlag, 168 Seiten, 32 Euro.

VON CHRISTINEWALDHAUSER KÜNLEN

Trifft sich Heidi Prem mit ih-ren ehemaligen Klassenkame-radinnen vom Münchner Lui-sengymnasium zum Stamm-tisch, kommen diese aus demStaunen oft nicht mehr he-raus: Da erzählt die fast80-Jährige von ihren Abenteu-ern, die sie in aller Welt erlebt.„Mei, dass du dich das allestraust“, rufen die Damen er-staunt. Keine Frage: Tagelangim Geländewagen quer durchAfrika rumpeln, wo man für100 Kilometer auf buckligenPisten schon mal fünf bis sie-ben Stunden braucht? In derWildnis unterm Sternenzeltim Schlafsack übernachten,nicht ohne ihn vorher aufSchlangen oder anderes Ge-tier untersucht zu haben? Kat-zenwäsche hinterm Buschmachen und überm Lagerfeu-er ein karges Abendessen ko-chen? „Das ist kein luxuriöserErholungsurlaub“, schmun-zelt sie. Aber Abenteuer genaunach Heidi Prems Ge-schmack!Doch außer Erlebnissen infreier Natur bringt die Münch-nerin noch etwas mit:Atem(be)raubende Fotos! AnOstern fliegt die einst selbst-ständige Immobilienmaklerindas 16. Mal nach Namibia. Mitan Bord ist ihre gut 20 Kiloschwere Kameraausrüstung,die deutlich mehr wiegt als ihrKoffer mit Kleidung. Am Flug-hafen in Windhoek wird sieihr Reisegefährte mit seinemLandrover abholen. Sie hatteKeith Rooken-Smith überFreunde in Windhoek ken-nengelernt, die mit ihr auf ei-nem Eisbrecher in der Antark-tis waren. Der 65-Jährige, einenglischstämmiger Namibier,und sie, die Oberbayerin, aberbeide mit dem gleichen Sinnfür Abenteuer, „cruisen“ seitacht Jahren gemeinsam durchAfrika. Nicht ohne für zwei,drei Monate Konserven ge-bunkert, Ersatzreifen geladenund zusätzliche Kanister mitDiesel gefüllt zu haben. Solange werden sie auch heuerwieder abseits der Touristen-ströme in größtmöglicher Ein-samkeit unterwegs sein. Im-mer griffbereit die Profi-Ka-mera samt zahlreicher Linsen– vom Weitwinkel- bis zum Te-le-Objektiv.Heidi Prems Lieblingsmoti-ve? Neben Insekten und Vö-geln – Elefanten. Mit ihrer Hil-fe entstand ein prächtiger,zweisprachiger Bildband überdie grauen Giganten, für densie den Text aus dem Engli-schen ins Deutsche übersetzthat. „Ich liebe die Tiere seitKindheitstagen“, erzählt siebei einer Tasse Tee. Und dasssie sich akribisch auf jedenTrip vorbereite und Fachlite-ratur über die dort lebendeFauna lese. „Die Erfahrungzeigt mir, wie sich das Tier, dasich gern ablichten möchte, in

Gänsehaut-Moment in Nami-

bia: Eine Leitkuh nähert sich

dem Jeep mit der Fotografin

Heidi Prem. RUDIE DE KLERK

Schönheit im Makro-Bereich: Detailaufnahme einer Tulpenblüte.

„Lost place“: Die Maxhütte bei Nürnberg wird seit Jahren dem Verfall überlassen. Mit Sonder-

erlaubnis konnte Heidi Prem auch 2018 noch einmal durch die Ruinen streifen.

Erstaunt schaut der Flusspferdbulle zur Kamera von Heidi Prem im Caprivizipfel im Norden Namibias. Seltener Schnappschuss: Ein Schlangenhalsvogel – ein Ver-

wandter des Kormoran – hat unter Wasser einen Fisch gefangen, schleudert ihn in die Höhe, damit er ihn mit dem Kopf voraus schlucken kann. ALLE FOTOS: HEIDI PREM

Fuß aus Eis: Spritzwasser formte die Skulptur an einem Bachlauf in der Schweiz.

den nächsten Augenblickenverhalten wird“.Aber es brauche auch Glück.Das hatte sie, als im Chobe Ri-ver, er verläuft im nördlichenBotswana, ein vermeintlicher„Stock“ aus dem Wasser auf-tauchte und wieder ver-schwand. In diesem Momentgelang es ihr, einen dort selte-nen Schlangenhalsvogel beider Nahrungssuche mit derKamera „einzufangen“.Wobei Heidi Prem zwischenknipsen und fotografieren un-terscheidet. Fürs perfekte Fo-

nert sie sich an ein Erlebnis inder Antarktis. Der Profi konn-te gar nicht glauben, dass sienur zum Spaß fotografiert.Mit dem Reisevirus hat sie sichübrigens bereits als 12-Jährigewährend Urlauben mit ihrenEltern infiziert. Als junge Frauverknüpfte sie ihre Sehnsuchtnach fernen Ländern mit ihrerLiebe zur Fotografie. Um bes-ser zu werden, besuchte sieFachseminare und Kurse undließ sich von Berufsfotografeneinweihen. Trotzdem: Esbraucht schon das Gespür, im

to wartet sie schon mal eineStunde, bis die Wolke weiter-gezogen ist und eine Zebra-herde ins rechte Licht setzt.Oder wie sie eine Schlange be-obachtete, die ein Chamäleongetötet und vor ihren Augenverspeist hat. „Das sind dannFotos und keine Schnapp-schüsse“, meint sie.Manche Bilder begeisternauch weltbekannte Tierfoto-grafen. So wie die Aufnahmenvon Kaiserpinguinen. „Dazulegte ich mich bäuchlings aufsEis, um sie abzulichten“, erin-

richtigen Moment auf denAuslöser zu drücken! Nie imLeben dächte sie daran, ihreBilder zu verkaufen. „Ich ver-schenke sie oft“, lächelt sie. Inder Schublade oder auf derFestplatte verschwinden sieaber nicht. Immer wieder wirdHeidi Prem eingeladen, um imMuseum Mensch und Natur,vor Mitgliedern der Zoologi-schen Staatssammlung Mün-chen oder Schülern ihres Gym-nasiums einen Vortrag zu hal-ten. Und ihre Fotos zu zeigen.Afrika und seine Wüsten – dort

lebt Heidi Prem auf! 18 Länderdes Schwarzen Kontinents hatsie in den letzten gut 50 Jahrebereist. Passiert ist ihr bis langnichts. Dass immer mal wiedernach einem Bad in einem Flussein paar Blutegel auf ihrem Rü-cken hängen bleiben, lässt dieGroßmutter eines Enkels„cool“. Nie vergessen wird sieeine Expedition von Kamerunüber Zentralafrika, Niger undden Tschad in den frühen1970er-Jahren. „Damals habeich allerdings noch geknipst“,lacht sie. Vor 25 Jahren war sie

Mit 80 Jahren um die WeltAuf ihren Reisen wurde die Münchnerin Heidi Prem zur engagierten Fotografin

im Sudan und zwar als eine derersten Weißen nach den Besu-chen Leni Riefenstahls. EineWoche lang lebte sie beimStamm der Nuba, braute zu-sammen mit den Frauen Hirse-bier und arbeitete mit ihnen aufdem Feld. Vor jedem Trip lern-te Heidi Prem 100 bis 150 Wör-ter der jeweiligen Landesspra-che wie Farsi, das sie für denIran brauchte, Arabisch undauch Suaheli. „Das reicht aus,um mich ein bisserl mit denLeuten zu unterhalten.“Langweilig wird es ihr auch da-hoam nicht: Sie bearbeitet ihreFotos, kümmert sich um ihreFacebook-Seite, pflegt Kon-takte in alle Welt oder aktuali-siert ihre Homepage. ModerneTechnik sei kein Problem, „icharbeite mich da schon ein“,meint sie spitzbübisch. Gernspaziert sie mit den Augen ei-ner Touristin durch München,lichtet Sehenswürdigkeiten aboder flaniert durch den Botani-schen Garten. Immer auf derSuche nach dem besten Stand-ort und Licht!Seit 2000 fotografiert sie digi-tal. Sie genieße das einerseits,schon mal einige hundert Fo-tos in ein paar Safaritagen zumachen, andererseits werdeman noch kritischer, findet sie.Damit es ihr nicht langweiligwird, nimmt sie sich oft ein spe-zielles Thema vor. Das kannschon mal „lost places“ lauten,wo sie sich in der aufgelasse-nen Maxhütte Spinnwebenoder alte Werkzeuge vornahm,unter dem Stichwort „Holz-wurm“ in einem Sägewerk inder Jachenau holzverarbeiten-de Maschinen oder wie vergan-genen Winter Eiszapfen in derPartnachklamm ablichtete.Sie hat zwar schon Teilnehmerauf dem Christopher StreetDay abgelichtet, „aber eigent-lich habe ich Hemmungen,Leute zu fotografieren“, ge-steht sie. Bekommt Heidi Premaußerhalb ihrer Reisen Sehn-sucht nach ihren geliebten Tie-ren, packt sie ihre Ausrüstungin ein Rollwagerl und schiebtes durch den Tierpark Hella-brunn. Wann immer sie einMotiv anfliegt, wird Halt ge-macht und auf die Lauer gelegt.Mal schauen, welche Abenteu-er die nächsten drei Monateauf sie warten – ihre Schul-Freundinnen sind mit Sicher-heit ebenso gespannt wie dieFacebook-Freunde. Dennauch im Seniorenalter sieht siedie Welt lieber durch die Linseals vom Sofa aus. Letzteresbraucht sie nur, um neue Rei-sepläne zu schmieden…

Heidi Prem (re.) im Gespräch mit

Christine Waldhauser-Künlen.

Weltenbummlerin undProfifotografin in einerPerson: Heidi Prem fliegtbald einmal mehr fürdrei Monate nach Afrika– mit fast 80 Jahren.

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