View
2
Download
0
Category
Preview:
Citation preview
Diplomarbeit
Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin
und UVA-Licht beim Keratokonus:
Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure
eingereicht von
Roman Kain
Matr.-Nr.: 0310870
zur Erlangung des akademischen Grades
Doktor der gesamten Heilkunde
(Dr. med. univ.)
an der
Medizinischen Universität Graz
ausgeführt an der
Universitäts-Augenklinik
unter der Anleitung von
Univ.-Prof. Mag. Dr. phil. Otto Schmut
Graz, im April 2009
Eidesstattliche Erklärung
Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne
fremde Hilfe verfasst habe, andere als die angegebenen Quellen nicht verwendet
habe und die den benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen
als solche kenntlich gemacht habe.
Graz, im April 2009 Roman Kain
3
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung 6
2 Hornhaut 7
2.1 Lage, Form und Größe 7
2.2 Embryologie, Morphologie, Histologie und Heilungsverhalten 8
2.3 Beschaffenheit und Funktion 11
2.4 Schutz und Innervation 12
2.5 Ernährung 12
3 Hyaluronsäure 13
3.1 Einführung 13
3.2 Struktur 14
3.3 Funktion 15
3.4 Eigenschaften 16
3.5 Vorkommen 21
3.6 Biosynthese 22
3.7 Abbau 23
3.8 Einsatz in der Medizin 24
4
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
4 Riboflavin (Vitamin B2) 26
4.1 Einführung 26
4.2 Vorkommen 26
4.3 Bedarf 27
4.4 Aufnahme 27
4.5 Struktur 28
4.6 Funktion 29
4.7 Eigenschaften 30
4.8 Hypovitaminosen 31
4.9 Hypervitaminosen 31
4.10 Einsatz in der Medizin 32
5 Keratokonus 33
5.1 Definition 33
5.2 Epidemiologie 34
5.3 Ätiologie und Pathogenese 35
5.4 Symptomatik und Klinik 35
5.5 Diagnostik 36
5.6 Therapiemöglichkeiten 40
5.7 Kollagenvernetzung 40
5.8 Ablauf der therapeutischen Hornhautvernetzung 43
5.9 Nebenwirkungen und Komplikationen der therapeutischen Hornhautvernetzung 46
5.10 Indikationen zur therapeutischen Hornhautvernetzung 48
6 Methoden 49
6.1 Einführung 49
6.2 Viskosität 49
6.3 Viskosimeter 50
6.4 Durchführung 52
5
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
7 Ergebnisse 55
8 Diskussion 60
9 Zusammenfassung 61
10 Abstract 62
11 Literaturverzeichnis 63
12 Abbildungsverzeichnis 65
13 Tabellenverzeichnis 67
6
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
1 Einleitung
Der Keratokonus ist eine kegelförmigen Vorwölbung der Hornhaut mit Abnahme
der Hornhautdicke, welcher zu einer Sehverschlechterung und zu Sehstörungen
führt. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Kollagen-Quervernetzung der
Hornhaut, als neues Therapieverfahren des Keratokonus. Im Mittelpunkt stehen
dabei die Auswirkungen dieser Behandlung auf die Hyaluronsäure, als Bestandteil
der Hornhaut sowie der Tränenflüssigkeit. In der Arbeit findet sich auch
ausreichend Information über die Hornhaut, die Hyaluronsäure, das Riboflavin
(Vitamin B2), sowie den Keratokonus.
Bei dieser neuen Therapie wird im Gegensatz zur Hornhauttransplantation nur das
Hornhautepithel entfernt, um dann mittels Riboflavin und UVA-Bestrahlung den
Vernetzungsgrad des Hornhaut-Kollagens zu steigern, der beim Keratokonus
vermindert ist. So kann die mechanische Hornhautstabilität erhöht und damit ein
Fortschreiten der Erkrankung verhindert, sowie eine Visusverbesserung erzielt
werden. Die Folgen der Behandlung auf die Hyaluronsäure werden mittels
viskosimetrischer Messungen ermittelt.
7
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
2 Hornhaut
2.1 Lage, Form und Größe
Die äußere Augenhaut, die auch als Tunica externa bulbi oder Tunica fibrosa bulbi
bezeichnet wird, ist in zwei Abschnitte unterteilt und zwar in die weiße Augenhaut,
die auch Lederhaut oder Sklera genannt wird und in die Hornhaut, die man auch
als Kornea bezeichnet (siehe Abb. 1) [1].
Die Sklera ist der schwächer gekrümmte Anteil und liegt im hinteren
Augapfelbereich. An ihr setzen die äußeren Augenmuskeln an und ermöglichen so
eine Bewegung des Auges in der Augenhöhle [1].
Die Kornea ist der gewölbte, durchsichtige, vordere Teil der äußeren Augenhaut,
die wie ein Uhrglas mit einer seichten Randfurche (Limbus corneae) in die
Lederhaut eingefügt ist. Sie ist das optische Fenster des Auges und ermöglicht
durch ihre Transparenz und gleichmäßige Wölbung nicht nur das scharfe Sehen
bzw. Sehen an sich, sondern auch die Untersuchung bzw. Beurteilung von
Strukturen des Augeninneren durch den Augenarzt [1].
Der durchschnittliche Hornhautdurchmesser des Erwachsenen beträgt ca.
11,5 mm (10-13 mm). So wird ein abnorm kleiner Durchmesser von unter 10 mm
als Mikrokornea und ein abnorm großer Durchmesser von über 13 mm als
Megalokornea bezeichnet [1].
8
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
Abb. 1 Aufbau des Auges
2.2 Embryologie, Morphologie, Histologie und Heilungsverhalten
Die Hornhaut besteht aus insgesamt 5 Schichten (siehe Abb. 2):
der Epithelschicht, der Bowman-Membran, dem Hornhautstroma, der
Descemet-Membran und der Endothelzellschicht. Sie wird zusammen mit der
Lederhaut im 2. Embryonalmonat angelegt, wobei das Epithel vom Ektoderm und
die tiefer liegenden Abschnitte vom Mesenchym abstammen [1].
9
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
Abb. 2 Aufbau der Hornhaut
Die Epithelschicht wird von einem mehrschichtigen, nicht verhornenden
Plattenepithel gebildet, welches eine sehr rasche Regeneration (innerhalb von
Stunden durch Zellverschiebung und Zellteilung) bei Epitheldefekten zeigt. Dies
setzt allerdings funktionstüchtige Limbus-Stammzellen im Limbus corneae voraus,
denn wenn diese beschädigt oder zerstört sind, kann keine reguläre
Hornhautregeneration mehr stattfinden. So bieten Hornhautdefekte für
Außenkeime auch eine erleichterte Möglichkeit einzudringen, deshalb ist ein
intakter Epithelverband zur Keimabwehr erforderlich [1].
10
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
Die Bowman-Lamelle ist durch die Basalmembran fest mit den Basalzellen des
Plattenepithels verankert. Sie ist sehr widerstandsfähig, aber nicht
regenerationsfähig, das heißt eine Verletzung der Bowman-Lamelle heilt
normalerweise mit einer Hornhautnarbe ab [1].
Das Hornhautstroma wird durch Kollagenlamellen gebildet, welche an die
Bowman-Lamelle anschließen. Es ist ein sehr bradytrophes, gefäßfreies Gewebe,
das eine nur sehr langsame Regeneration zeigt. Die Gefäßfreiheit wirkt sich aber
bei der Hornhauttransplantation positiv aus, da Spendergewebe ohne vorherige
Gewebetypisierung verwendet werden kann, außer es ist stark vaskularisiert [1].
Die Descemet-Membran ist eine echte Basalmembran und kann bei Verlust durch
intakte Endothelzellen neu gebildet werden. Sie stellt eine relativ derbe Membran
dar, welche sogar bei völliger Einschmelzung des Hornhautstromas (z. B. bei
Entzündungen) noch die Vorderkammer aufrecht halten kann [1].
Das Hornhautendothel ist für die Transparenz der Hornhaut verantwortlich, wofür
eine hohe Dichte an Endothelzellen erforderlich ist. Es ist nicht regenerationsfähig,
so werden Endotheldefekte durch Zellvergrößerung und Zellmigration gedeckt [1].
11
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
2.3 Beschaffenheit und Funktion
Eine gesunde intakte Hornhautoberfläche ist klar, glatt, glänzend, regelrecht
begrenzt sowie von Tränenflüssigkeit benetzt und schafft so die notwendigen
Voraussetzungen für scharfes Sehen [1].
Die Hornhaut übernimmt mit einer Brechkraft von ca. 43 Dioptrien den Hauptanteil
der Lichtbrechung zur Bildfokussierung des Auges. Der präkorneale Tränenfilm ist
dreischichtig und sichert die glatte Oberfläche der Kornea, denn ohne ihn ist die
Epitheloberfläche rau und würde zu unscharfem Sehen führen. Er trägt auch zur
Ernährung der Hornhaut bei und schützt das Auge durch Lysozym (ein
bakterizides Ferment) und andere Abwehrstoffe vor Infektionen [1].
Die Transparenz der Hornhaut ist durch 2 Faktoren gegeben: einerseits durch die
regelmäßige Anordnung der Kollagenlamellen im Hornhautstroma und der
faltenfreien glatten Endothel- und Epitheloberfläche (durch den Augeninnendruck
hervorgerufen), andererseits durch den konstant gehaltenen Wassergehalt des
Hornhautstromas von 70 %, der durch Abdichtung durch das Epithel (von außen)
und permanentes Herauspumpen von Wasser (aktive Ionenpumpe) durch das
Endothel (von innen) resultiert. Doch dies setzt eine ausreichend hohe
Endothelzelldichte voraus, denn sonst ist der Endothelverband nicht mehr in der
Lage seine Funktion aufrecht zu halten und Hornhautstroma sowie Epithel werden
ödematös. So haben Epithel wie auch Endothel eine Barrierefunktion und
regulieren den Stoffaustausch zwischen Hornhaut, Tränenflüssigkeit und
Kammerwasser durch selektive Diffusion [1].
12
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
2.4 Schutz und Innervation
Die Hornhaut besitzt eine ausgeprägte sensible Innervation aus dem
1. Trigeminusast. Sie ist hochempfindlich, denn schon bei kleinster Berührung wird
der schützende reflektorische Lidschluss aktiviert. So deutet die Trias
krampfartiger Lidschluss (Blepharospasmus), reflektorischer Tränenfluss
(Epiphora) und Schmerzen auf eine Hornhautverletzung (wie z. B. Erosio,
Eindringen eines Fremdkörpers oder Verblitzung) hin, da dies zur Freilegung der
sensiblen Nervenendigungen führt [1].
2.5 Ernährung
Die Hornhaut zählt wie Linse, Glaskörper und Lederhaut zu den bradytrophen
Geweben, hat also einen trägen Stoffwechsel, was auch eine nur langsame
Regeneration bedingt. So ist das fünfschichtige Hornhautgewebe gefäßlos,
zellarm und strukturlos, und die Ernährung erfolgt durch nutritive Metaboliten
(Aminosäuren, Glukose) durch Diffusion aus dem Randschlingennetz und durch
Stoff- und Ionenaustausch aus dem Kammerwasser sowie aus dem Tränenfilm
[1].
13
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
3 Hyaluronsäure
3.1 Einführung
Die Hyaluronsäure gehört zur Gruppe der Glykosaminoglykane (alte Bezeichnung
Mucopolysaccharide), welche neben den Fasern eine der zwei Hauptbestandteile
der extrazellulären Matrix bilden, in der Wachstum, Migration, Differenzierung und
Proliferation der Zellen stattfinden. Sie kommt meist als reines Glykan vor, ist also
nicht an ein Protein gebunden wie alle anderen Glykosaminoglykane, welche man
zusammen mit ihren Proteinen als Proteoglykane bezeichnet. Weiters enthält sie
als einziges Glykosaminoglykan keine Sulfatgruppe [2, 3].
Zu den Glykosaminoglykanen zählen neben der Hyaluronsäure noch
Chondroitin-4- und Chondroitin-6-Sulfat (v. a. in Knochen und Knorpel),
Dermatansulfat (v. a. in der Haut), Heparansulfat (v. a. in der Leber), Keratansulfat
(v. a. in Kornea, aber auch in Knorpel und Knochen) sowie Heparin (v. a. in
Mastzellen und Leber) [2, 3].
14
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
3.2 Struktur
Bei der Hyaluronsäure und ihren Salzen, den Hyaluronaten, handelt es sich um
lineare Polysaccharide, deren Disaccharidwiederholungseinheiten aus
D-Glucuronsäure und N-Acetyl-D-glucosamin aufgebaut sind, welche mit einer
β(1→3)-glykosidischen Bindung miteinander verknüpft sind. Jede
Disaccharideinheit ist mit einer β(1→4)-glykosidischen Bindung mit der nächsten
verknüpft (siehe Abb. 3) [2, 3].
Es können Ketten mit mehr als 10.000 Disaccharideinheiten gebildet werden,
wobei die mittlere Länge einer Disaccharideinheit ca. 1 nm beträgt. So hat das
Hyaluronsäure-Molekül mit 10.000-facher Wiederholung vom Anfang bis zum
Ende der Kette eine Länge von ca. 10 µm [2].
Abb. 3 Grundstruktur der Hyaluronsäure
15
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
3.3 Funktion
Hyaluronsäure ist vor allem als Gelenksschmiere in der Synovialflüssigkeit, im
Glaskörper des Auges und bei der Wundheilung, durch Induzierung von
Heilungsprozessen und Förderung der Angiogenese von Bedeutung [2, 3].
Sie bestimmt die rheologischen Eigenschaften der Synovialflüssigkeit, des
Kammerwassers im Auge und der Lymphflüssigkeit. Weiters ist sie für die
Aufrechterhaltung des Wasserhaushaltes im Körper (Homöostase), im
Bindegewebe für die Gewebespannung (Turgor) und auch für die Organ- und
Körperformgebung von großer Bedeutung [2].
Als Bestandteil der menschlichen Tränenflüssigkeit reduziert die Hyaluronsäure
den Widerstand beim Lidschlag, da sie wegen ihrer viskoelastischen
Eigenschaften leicht verformbar ist [4].
Hyaluronsäure bildet mit Wasser mukoide Lösungen mit pseudoplastischen und
viskoelastischen Eigenschaften, welche als Schock-absorbierende natürliche
Gleitmittel bzw. Lubrificant in den Gelenken wirken [2].
Hyaluronsäure ist auch an den Signalübertragungen, welche die Zellproliferation
und Differenzierung der Zellsysteme steuern, beteiligt. So reguliert sie die
Interaktion zwischen den Zellen und der extrazellulären Matrix sowie zwischen
den Zellen untereinander. Sie ist auch für die Integrität von Gewebeverbänden, die
Migration von Stoffen und die Regulation der Produktion von Matrixkomponenten
verantwortlich [2].
16
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
3.4 Eigenschaften
Das Natriumsalz der Hyaluronsäure ist ein weißes oder schwach gelbliches,
hygroskopisches und geruchloses Pulver (siehe Abb. 4), kann aber auch fasrige
Aggregate bilden. Natriumhyaluronat ist ein hornartiges Material mit großer
mechanischer Stabilität und löst sich nur sehr langsam in Wasser. Die
Aufbewahrung sollte kühl, luftdicht verschlossen und vor Licht geschützt erfolgen.
Es wird aus wässrigen Lösungen durch Gefriertrocknung oder durch
Sprühtrocknung gewonnen. Die Säureform sowie das Natriumsalz sind nur in
Wasser löslich, dagegen ist das Alkylammonium- oder Pyridiniumsalz auch in
einigen polaren aprotischen Lösemitteln (wie z. B. Dimethylformamid oder
Dimethylsulfoxid) löslich. Die Hyaluronsäurefilme, die bei Trocknung der Lösungen
entstehen, sind bei Wasserabwesenheit relativ stabil und elastisch [2].
Abb. 4 Natriumhyaluronat
17
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
Hyaluronsäure ist wegen der hydrophilen Säuregruppen neben den
Hydroxylgruppen in jedem Verhältnis in Wasser homogen mischbar, also
wasserlöslich [2].
Unter physiologischen pH-Bedingungen sind die Carboxylgruppen der
Glucuronylgruppen praktisch vollständig dissoziiert. In wässrigen Lösungen ist
Hyaluronat durch die große Anzahl der negativ geladenen Carboxylgruppen eine
polyanionische Verbindung. Unter physiologischen Bedingungen werden die
negativen Ladungen durch bewegliche Kationen (wie H+, Na+, K+, Ca2+ und Mg2+)
neutralisiert. Die negativen Ladungen bewirken eine Abstoßung der nahe
beieinander liegenden Kettenabschnitte. So haben die Lösungen, unter
Erweiterung des durchschnittlichen Kettenabstandes, die Tendenz immer mehr
Wasser zu binden. In einem verschlossenen Behälter mit einer semipermeablen
Membran nimmt Hyaluronat so lange Wasser auf bis ein entsprechender
Gegendruck erreicht ist. Diese Funktion der semipermeablen Wand übernehmen
im Gewebe die Gewebemembranen, wobei der Gegendruck zu Gewebespannung
bzw. Gewebeturgor führt [2].
Die raumfüllenden Eigenschaften von Hyaluronat und die Fähigkeit, freie Kationen
zu binden, zeigen Merkmale eines gelöst vorliegenden Kationenaustauschers.
Hyaluronsäure bildet aufgrund der negativen Ladungen mit basischen oder positiv
geladenen Polymeren (wie Chitosan, kationischen Tensiden oder basischen
Proteinen wie Albumin, Lysozym und Aprotinin) schwerlösliche
Polyelektrolytkomplexe, welche zur nephelometrischen Bestimmung der
Hyaluronsäure-Konzentrationen, zur Reinigung und zur Herstellung von
pharmazeutischen und kosmetischen Formulierungen und Materialien genutzt
werden [2].
18
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
Unter physiologischen Bedingungen hat die Hyaluronsäure die Fähigkeit, in Bezug
zu ihrer Masse, sehr große Mengen an Wasser über die Carboxylanionen zu
binden. So bindet eine 2%ige Lösung unter physiologischen Bedingungen 98 %
Wasser unter Bildung eines dickflüssigen Gels mit viskoelastischen und
pseudoplastischen Eigenschaften [2].
Die spezifische chemische Struktur der Hyaluronsäure-Polymerkette ist
verantwortlich für ihre rheologischen Eigenschaften. Die starke Streckung des
Polymers ist auf das Vorliegen der ß-glycosidisch verknüpften
Disaccharidgrundeinheiten, die untereinander ebenfalls über ß-glycosidische
Bindungen verknüpft sind, zurückzuführen [2].
Im gelösten Zustand ist Hyaluronsäure ein relativ empfindliches Polymer, so
führen verschiedene Einflussgrößen zur Verringerung der Viskosität oder auch zu
einem nachweisbaren Abbau der Molmasse. Aber aus dem Auftreten eines
Viskositätsabfalls kann nicht zwangsläufig auf eine Molmasseverringerung bzw.
Kettenspaltung geschlossen werden, da die Viskosität nicht nur von der
Kettenlänge, sondern besonders im höheren Konzentrationsbereich von
verschiedenen, teils reversiblen Strukturphänomen (wie z. B. der Knotenbildung)
abhängig ist. So kann ein Abfall der Viskosität bereits bei einfachem Durchfließen
der Kanüle beim Spritzen oder bei technischen Filtrationsprozessen auftreten, also
ist auch bei anderen mechanischen Belastungen (wie z. B. beim Rühren, Pumpen
oder Fördern) ein Einfluss auf die Viskosität und Molmasse nicht auszuschließen
[2].
Auch thermische Belastung führt zu entscheidenden Molmasseverlusten, wie z. B.
das einmalige Autoklavieren von hyaluronsäurehaltiger Injektionsflüssigkeit über
einen Zeitraum von 20 min, wie es häufig für Injektionsmittel im Endbehälter (wie
z. B. Ampulle oder Fertigspritze) durch das Europäische Arzneibuch
vorgeschrieben ist. Dies führt nicht nur zu Viskositätsabnahmen sondern auch zu
einer Verringerung der Molmasse [2].
19
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
Hyaluronsäure-Lösungen reagieren auch auf alkalische pH-Werte empfindlich, so
tritt auch hier neben einer Deacetylierung der acetylierten Aminogruppe ein
Kettenabbau auf. Beim Erwärmen in sauren Lösungen kommt es ebenfalls zu
Viskositätsverlusten, wie auch die Einwirkung von UV-Licht, Gamma-Strahlung
und Ultraschall zu Kettenbrüchen führt [2].
Durch das Einwirken freier Radikale (wie z. B. bei Entzündungsreaktionen oder
photodynamischen Prozessen) wird Hyaluronsäure depolymerisiert. Dies ist leicht
anhand der Viskositätsänderung bzw. Viskositätsabnahme ihrer Lösungen
nachweisbar. So führt der Angriff freier Radikale zum Kettenabbau des
Makromoleküls und zur Verflüssigung der Lösung. Somit kommt der
Hyaluronsäure eine Schutzfunktion als Radikalfänger zu und wirkt so der
schädigenden Wirkung der Sonnenstrahlung entgegen [2].
Durch die radikalprotektiven Eigenschaften der Hyaluronsäure kann man positive
Effekte bei der Wundheilung beobachten [2].
Die menschliche Haut ist fast ständig der Bestrahlung durch Sonnenlicht
ausgesetzt, so kann es auch durch photodynamische Prozesse zur Bildung von
Radikalen und somit zu indirekter Strahlenschädigung kommen. Dies geschieht
durch Absorption von Lichtenergie durch einen Sensibilisator (wie z. B. durch
körpereigene Porphyrine und Flavine, Pflanzeninhaltsstoffe, Bestandteile
verschiedener Arzneimittel oder Kosmetika). So können die angeregten Moleküle
des Sensibilisators ihre Energie an gelösten Sauerstoff übertragen und den
reaktiven Singulett-Sauerstoff produzieren, welcher sehr leicht mit ungesättigten
Molekülen unter Bildung von Hydro- und Endoperoxiden reagiert [2].
20
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
Die Bildung der Reaktiven Oxidierenden Spezies (ROS), also von hochreaktiven
Radikalen wie auch von energiereichen Sauerstoff-Formen, die generell bei
Stoffwechselprozessen entstehen und bei Entzündungsvorgängen von besonders
großer Bedeutung sind, bedingt wahrscheinlich auch den Abbau der
Hyaluronsäure bei Entzündungen. So sind bei der Degradation der
Hyaluronsäure besonders einige Formen des molekularen Sauerstoffs, das
Superoxid-Anion (O2•-), das Wasserstoff-Peroxid (H2O2) und das aus ihm
gebildete Hydroxyl-Radikal (OH•) von physiologischer Bedeutung [2].
21
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
3.5 Vorkommen
Hyaluronsäure kommt beim Menschen fast ubiquitär vor, man findet sie aber
besonders in der Kammerflüssigkeit des Auges, der Synovialflüssigkeit, der
Nabelschnur, im Knorpelgewebe und in der Haut (siehe Tab. 1) [2].
Besonders das embryonale Gewebe ist reich an Hyaluronsäure, so tritt sie
vermehrt im embryonalen Mesenchym auf. Doch nimmt der Anteil der
Hyaluronsäure im Gewebe mit zunehmendem Alter ab [2].
Tab. 1 Vorkommen der Hyaluronsäure
Gewebetyp Konzentration
Kammerflüssigkeit des Auges 0,1-0,4 mg/l
Synovialflüssigkeit 3-4 mg/l
Matrix um Oozyten vor Ovulation 0,5 mg/l
Nabelschnur 3 mg/l
Hyaliner Knorpel 1 mg/g Trockengewicht
Haut 0,5 mg/l
Haut eines Erwachsenen 7-8 g Gesamtmenge, 50 % der Gesamtmenge
Dermis 0,5 mg/l
Epidermis 2-4 mg/l
Matrix von Keratinozyten 4 mg/l
Menschlicher Urin 2 mg/l
22
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
3.6 Biosynthese
Durch das Enzym Hyaluronatsynthase wird das Molekül direkt an der
Plasmamembran von Vertebraten oder Mikroorganismen in die extrazelluläre
Matrix synthetisiert. Somit unterscheidet sich die Biosynthese der Hyaluronsäure
deutlich von der anderer Glykosaminoglykane, da sie keinen Proteinanteil besitzt
[2, 3].
Die Hyaluronsäure wird an der Innenseite der Plasmamembran durch eine
membranständige Hyaluronatsynthase katalysiert, wobei der aktive
Nukleotid-Zucker UDP-Glucuronsäure und UDP-N-Acetylglucosamin mit dem
reduzierten Ende der wachsenden Kette verknüpft wird. Der Glucuronylrest, das
nicht-reduzierende Ende, wird durch die Plasmamembran in das Periplasma bzw.
in den Extrazellularraum ausgeschleust [2].
In den dermalen Fibroblasten und den epidermalen Keratinozyten wird besonders
viel Hyaluronsäure gebildet [2].
23
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
3.7 Abbau
Der Hyaluronsäure-Abbau erfolgt enzymatisch durch Hyaluronsäure-abbauende
Enzyme. Diese zerlegen die langen Kohlenhydratketten in kleinere Fragmente, die
dann weiter zu Monosacchariden abgebaut werden. So erfolgt der Abbau durch
Hyaluronidasen tierischer Herkunft in den Lysosomen nach einem hydrolytischen
Mechanismus und durch mikrobielle Hyaluronatlyasen nach einem
ß-Eliminierungsmechanismus [2].
Hyaluronatlyasen können z. B. von Staphylokokken, Clostridien, Streptokokken,
Streptomyceten, Pneumokokken oder Candida gebildet werden, um ins Gewebe
einzudringen und sich dort auszubreiten [2].
Durch die Hyaluronidase und Hyaluronatlyase wird vorwiegend die
β(1→4)-glykosidische Bindung gespalten, während die Hyaluronidase des
Blutegels nur die β(1→3)-glykosidische Bindung spaltet [2].
Bei Osteoarthritis kommt es zu zunehmendem Abbau der Hyaluronsäure in der
Synovialflüssigkeit und dadurch zu einer reduzierten Schock-Absorbtion bei
Druckbelastungen [2].
24
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
3.8 Einsatz in der Medizin
Auf Grund ihrer viskoelastischen Eigenschaften und ihrer sehr guten
Biokompatibilität werden Hyaluronsäurepräparate als Injektionslösung in einigen
Bereichen der Medizin eingesetzt (siehe Tab. 2), wie z. B. in der Ophthalmologie
als Glaskörperersatz, in der Orthopädie als Gelenksschmiere und Stoßdämpfer
bei arthrosegeschädigten Gelenken und in der kosmetischen Chirurgie zur
Faltenunterspritzung, Lippenmodellierung, Hautauffrischung, Brustvergrößerung
oder zum Aufbau von Gesichtskonturen. Sie dienen auch als turgorerhöhendes
Implantatmaterial, wie bei der Substitution von Kammerwasser sowie bei der
kosmetischen Auffüllung von Gewebedefekten. Weiters finden sie in kosmetischen
Zubereitungen, wie Cremes oder Lotionen, als feuchthaltende Komponenten
Verwendung [2].
Durch die Degradation der Hyaluronsäure bei Entzündungsprozessen in den
Gelenken, wie bei Osteoarthritis und Rheumatoidarthritis durch degenerative
Veränderungen des Knorpels, tritt niedermolekulare Hyaluronsäure in der
Synovialflüssigkeit auf. Deshalb wird Hyaluronsäure zur Behandlung von
Arthrosen und Rheumatoidarthritis intraartikulär in die Gelenkflüssigkeit injiziert,
mit dem Ziel die Lubrification der Gelenke zu erhöhen. Doch leider wird die
injizierte Hyaluronsäure durch die einwirkenden Sauerstoffradikale in den
entzündeten Gelenken wieder schnell abgebaut bzw. fragmentiert [2].
25
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
Tab. 2 Anwendungen von Hyaluronsäure oder Hyaluronsäurederivaten
(ohne Rangfolge)
Dialyselösungen, Infusionslösungen
Injektionspräparate
Gleitmittel, Verdicker, Superadsorber, künstliche Tränen
Aerosole
Topische/epidermale Formulierungen
Wirkstoff und Wirkstoff-Kombinationen, Antiserum-Formulierungen
Targetisierte Wirkstoffe, Drug-Freisetzer, Transportenhancer durch die Haut,
Carrier-Liposomen
Biokompatible oder bioaktive Beschichtungen und Materialien
Implantate, Prothesen, Stents, Brustimplantatfüllungen
Chirurgisches Trennmaterial, Wundabdeckungen
Filme, Gele, Slurries, Schwämme, Membranen, Mikrosphären
Aufwachsmatritzen für Knorpel-, Knochen- und Hautzellen, künstliche Haut,
Guides für gerichtetes Zellwachstum
Nahrungsergänzer
Kosmetika und Hautpflegemittel
26
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
4 Riboflavin (Vitamin B2)
4.1 Einführung
Riboflavin gehört zur Gruppe der wasserlöslichen Vitamine und ist ein Bestandteil
von Enzymen, den so genannten Flavoproteinen, welche eine wichtige Rolle bei
der Übertragung von Wasserstoff und dem Transfer von Elektronen spielen [5].
4.2 Vorkommen
In der Natur ist Riboflavin weit verbreitet und kommt vor allem in Milch, in
Milchprodukten (wie z. B. Käse) und in Innereien (wie z. B. Herz, Nieren und
Leber) vor. Auch Fisch (wie z. B. Aal), Hefe, Weizenkeime, Fleisch (wie z. B.
Hühnerbrust) und Getreideerzeugnisse aus Vollkornmehl (da B-Vitamine
besonders in den Randschichten des Getreidekorns vorkommen) stellen wichtige
Quellen für Vitamin B2 dar [5, 6].
27
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
4.3 Bedarf
Eine regelmäßige Zufuhr von Vitamin B2 ist wichtig, da der Körper es nur begrenzt
speichern kann. Die empfohlene Menge beträgt für einen gesunden Erwachsenen
mit normaler körperlicher Tätigkeit etwa 1,4 mg pro Tag. So führen
Alkoholmissbrauch oder die regelmäßige Einnahme bestimmter Medikamente, wie
z. B. Antidepressiva, zu einer Erhöhung des Bedarfs an Vitamin B2 [5].
4.4 Aufnahme
Riboflavin wird vor allem in Form von Flavoproteinen zugeführt. Da es nur in freier
Form von den Mukosazellen aufgenommen werden kann, wird Riboflavin im Darm
abgespalten. In der Mukosazelle erfolgt die Phosphorylierung und damit die
Aktivierung des Riboflavins zu Riboflavinphosphat (FMN, Flavinmononukleotid),
der aktiven Form. Im Blut wird Riboflavin an Albumin gebunden und transportiert.
Die Speicherung in den Organen erfolgt in gebundener Form, hält aber nur wenige
Wochen an [5, 6].
28
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
4.5 Struktur
Riboflavin besteht aus einem Isoalloxanring, welcher am N10-Atom mit einem
Ribitolrest substituiert ist (siehe Abb. 5). Der Umbau in die aktiven Formen erfolgt
vor allem in der Leber und in der Muskulatur in die wasserstoffübertragenden
Coenzyme Flavinmononukleotid (FMN, Riboflavinmonophosphat) und
Flavinadenindinukleotid (FAD). Somit gilt die Bezeichnung Vitamin B2 für alle
3 Formen des Riboflavins, also Riboflavin, FMN und FAD [6].
Abb. 5 Struktur des Riboflavins
29
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
4.6 Funktion
Riboflavin ist die inaktive Vorstufe der Coenzyme FMN und FAD, welche im
Stoffwechsel eine entscheidende Rolle spielen. So katalysieren Enzyme, die
Flavinnukleotide enthalten (also Flavoproteine), Redoxreaktionen wie oxidative
Desaminierungen wie z. B. von D- und L-Aminosäuren im Peroxisom
(Aminosäureoxidasen), Dehydrierungen von -CH2-CH2-Einfachbindungen zu
-CH=CH-Doppelbindungen (Acyl-CoA-Dehydrogenase, β-Oxidation), Oxidation
von Aldehyden zu Säuren (Xanthin-Oxidase, Purinabbau) sowie
Transhydrogenierungen (Dihydroliponamid-Dehydrogenase der PDH). FMN ist
außerdem Bestandteil des Komplex I der Atmungskette und des
elektronentransferierenden Flavoproteins ETF [6, 7].
30
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
4.7 Eigenschaften
Riboflavin ist ein gelber Feststoff (siehe Abb. 6) und gehört zu den
wasserlöslichen Vitaminen. Es ist sehr hitzeresistent und wird beim Kochen nicht
zerstört, ist aber extrem lichtempfindlich [5, 8].
Abb. 6 Riboflavin
31
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
4.8 Hypovitaminosen
Da ein Mangel an Vitamin B2 oft mit anderen Mangelzuständen (durch
Fehlernährung) einhergeht und Flavoproteine auch in den Stoffwechselwegen von
Niacin, Folsäure und Pyridoxin von Bedeutung sind, tritt er sehr selten isoliert auf
und ist so auch schwer erkennbar, da Riboflavin überall im Stoffwechsel vorkommt
und so die Mangelerscheinungen unspezifisch sind. Wachstumsstörungen,
Gewichtsabnahme und Entzündungen von Haut und Schleimhäuten können
Zeichen eines isolierten Riboflavinmangels sein. So führen z. B. Entzündungen im
Magen-Darm-Trakt zu Durchfällen, Entzündungen an den Mundwinkeln zu Rissen,
Entzündungen der Haut zu Schuppenbildung und Entzündungen der Hornhaut zu
Sehstörungen. Die Fingernägel können glanzlos und brüchig erscheinen und auch
die Nervenfunktion kann beeinträchtigt sein. Jedoch kommen ausgeprägte
Formen mit Hautentzündungen, Abbau von Nervengewebe und Blutarmut bei
ausgewogener Ernährung nur selten vor [6].
4.9 Hypervitaminosen
Auch bei massiver Überdosierung sind bisher keine toxischen Wirkungen bekannt,
was auf die Wasserlöslichkeit des Vitamins zurückzuführen ist [5, 6].
32
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
4.10 Einsatz in der Medizin
Riboflavin verdankt seine Verwendung als Lebensmittelfarbstoff (E101) seiner
gelben Farbe. Da es schon in geringer Konzentration unter UV-Licht leuchtet und
gut sichtbar ist, wird es weiters auch zur Kontrolle von Reinigungsprozessen in der
Pharmaindustrie (z. B. an Flächen oder Händen) eingesetzt. Vitamin B2 ist nicht
toxisch und auch in den Apotheken als Medikament erhältlich [8].
Bei der neuen Therapie des Keratokonus, dem Kollagen-Crosslinking, dient es
beim photochemischen Vernetzungsprozess der Absorption der UV-Strahlung
sowie als Photosensibilisator zur Erzeugung von reaktiven Sauerstoffspezies (wie
z. B. Singulett-Sauerstoff) [8].
33
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
5 Keratokonus
5.1 Definition
Der Keratokonus (auch Hornhautkegel) ist die häufigste Formveränderung der
Hornhaut. Er ist eine meist bilateral auftretende, kegelförmige Veränderung des
Hornhautzentrums mit Trübung des Parenchyms und Hornhautverdünnung [9].
Es handelt sich um eine nicht-entzündliche, irreversible und progredient
verlaufende Hornhautdegeneration, welche mit einer Abnahme der Hornhautdicke
(Verdünnung) einhergeht und damit zu einer zunehmenden, kegelförmigen
Veränderung (Vorwölbung) führt (siehe Abb. 7) [10, 11].
Abb. 7 Kegelförmige Veränderung der Hornhaut
34
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
5.2 Epidemiologie
Der Keratokonus zeigt eine familiäre Häufung. So treten 5 bis 20 % der
Erkrankungen in Familien vermehrt auf [8].
Meist tritt der Keratokonus aber sporadisch und in den meisten Fällen bilateral
(80-85 %) auf. So beginnt er oft einseitig innerhalb des zweiten Lebensjahrzehnts,
also typischerweise in der Pubertät, und entwickelt sich innerhalb von 16 Jahren
auch am Partnerauge [12].
Die Inzidenz wird in der Literatur meist mit 1:2.000 in der Normalbevölkerung
angegeben [11, 12, 13, 14].
Männer und Frauen sind nach neueren Beobachtungen etwa gleich häufig
betroffen [10, 12].
Die Erkrankung kann mit Neurodermitis (atopische Dermatitis), Down-Syndrom
(Trisomie 21), Turner-Syndrom (Monosomie X) sowie mit Kollagenosen wie
Marfan-Syndrom und Ehlers-Danlos-Syndrom assoziiert sein [15].
Es ist auch ein Zusammenhang mit ophthalmologischen Veränderungen wie der
Leberschen kongenitalen Amaurose oder der Retinopathia pigmentosa bekannt.
Weiters tritt ein Keratokonus auch bei Mitralklappenprolaps gehäuft auf [10].
Ebenfalls kann er mit einer Keratitis sowie einer Keratokonjunctivitis vernalis
vergesellschaftet sein [8].
35
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
5.3 Ätiologie und Pathogenese
Die Ursache der Erkrankung ist noch unklar, aber eine genetische Komponente ist
sehr wahrscheinlich. Dabei kann der Erbgang sowohl autosomal-dominant als
auch autosomal-rezessiv sein [8].
Der Keratokonus gehört zur Gruppe der Hornhautdystrophien und führt zu einer
Defektbildung des Hornhaut-Kollagens und so zu einer zentralen
Hornhautverdünnung [15].
5.4 Symptomatik und Klinik
Die Erkrankung verläuft schubweise und führt zu einer fortschreitenden
Vorwölbung der Hornhaut. Dadurch treten Visusminderung und
Refraktionsänderungen mit Ausbildung eines meist beidseitigen, irregulären,
myopen Astigmatismus auf [9].
Bei fortgeschrittenem Verlauf kann es zu Sehstörungen, wie Blendung mit
Lichtscheu, Halos (das Wahrnehmen von Lichtringen um Leuchtquellen),
Kontrastminderung, Diplopie und Polyopie kommen [10, 11].
Erfolgt keine weitere Behandlung kann die permanente Dehnung zum Einreißen
der Descemet-Membran und so zur plötzlichen Hornhautdekompensation mit
Quellung der gesamten Hornhaut in diesem Bereich führen. Man spricht dann von
einem akuten Keratokonus, der sich durch plötzlichen Visusverlust mit starken
Schmerzen, Photophobie und vermehrtem Tränenfluss manifestiert [9].
36
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
5.5 Diagnostik
Typischerweise zeigt sich eine bilaterale, asymmetrisch ausgeprägte,
spitzkegelige Kontur der Hornhautoberfläche (siehe Abb. 8) und vertikale Linien im
Hornhautstroma (so genannte Keratokonuslinien oder Vogt-Linien). Mit der
Spaltlampe kann der Augenarzt bei ausgeprägtem Keratokonus eine Trübung der
Horthautmitte und die typischen Keratokonuslinien erkennen (siehe Abb. 9). Um
die Basis des Keratokonus kann man spaltlampenmikroskopisch einen
Hämosiderinring (einen so genannten Fleischer-Ring) finden (siehe Abb. 10) [15].
Die Diagnosestellung und Verlaufskontrolle des Keratokonus erfolgt
normalerweise durch die Hornhauttopographie, welche besonders bei der
Aufdeckung von Frühformen des Keratokonus eine große Rolle spielt. Dabei
stellen placido-basierte Videokeratoskope die häufigsten, im klinischen Alltag
eingesetzten Systeme dar [10].
Der Keratokonus kann aber auch grob mittels Placidoscheibe (eine runde Scheibe
mit konzentrischen schwarzen und weißen Ringen und einem Loch in der Mitte),
anhand einer Verziehung und Irregularität der Abbildung (siehe Abb. 11) oder
mittels Ophthalmometer, anhand irregulärer Reflexbilder, erkannt werden [9].
Bei der Videokeratoskopie (computergesteuerte Hornhauttopographie) wird die
Hornhautoberfläche, entsprechend dem Prinzip der Placidoscheibe, vermessen,
wobei die Brechungswerte der einzelnen Hornhautareale je nach Dioptrienstärke
in unterschiedlichen Farben dargestellt werden können. So erhält man ein
landkartenähnliches Bild über die Verteilung der Brechungswerte auf der
gesamten Hornhaut (siehe Abb. 12) [1].
37
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
Die Vorwölbung kann aber auch ohne diagnostische Hilfsmittel im Seitblick
erkannt werden oder von oben, indem man sich hinter den sitzenden Patienten
stellt, die Oberlider abzieht und so an einer Verformung der Unterlidkante, einer
V-förmigen Ausbuchtung, die kegelförmige Vorwölbung der Hornhautoberfläche
erkennen kann (siehe Abb. 13) [9].
Abb. 8 Keratokonus
Abb. 9 Stromale Hornhauttrübung und Vogt-Linien
38
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
Abb. 10 Ringförmige Eisenablagerung (Fleischer-Ring)
Abb. 11 Placido-Scheibe
39
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
Abb. 12 Videokeratoskopie
Abb. 13 Linkes Bild: kegelförmige Vorwölbung der Hornhaut im Seitblick;
Rechtes Bild: Munson'sches Zeichen als kegelförmige Ausstülpung
des Unterlides beim Blick nach unten
40
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
5.6 Therapiemöglichkeiten
Als Therapiemöglichkeiten des Keratokonus werden Brillen, rotations- oder
nichtrotationssymmetrische Kontaktlinsen, eine lamelläre oder perforierende
Keratoplastik, intrastromale Kunststoffringsegmente sowie eine
Kollagenvernetzung mit Riboflavin und UVA-Licht eingesetzt [8].
5.7 Kollagenvernetzung
Die Kollagenmolekülstruktur und deren räumliche Anordnung sind primär für die
mechanische Stabilität der Hornhaut verantwortlich. Ein Auseinandergleiten der
langen Kollagenfibrillen wird durch die Quervernetzungen verhindert, die diesen
mechanischen Zustand stabilisieren [16].
Der Grad der Vernetzung muss für die Gewährleistung einer physiologischen
Funktion eng reguliert sein, da durch Erhöhung des Vernetzungsgrades, wie z. B.
bei Diabetes mellitus oder bei Narben, sowie durch Verringerung, wie z. B. beim
Ehlers-Danlos-Syndrom, pathophysiologische Veränderungen der Gewebe
auftreten. So kommt es allein schon mit dem Alter zur Zunahme an Vernetzungen
und somit auch zur Zunahme der Rigidität der kollagenhaltigen Gewebe, wie z. B.
an der Haut, den Gefäßen, den Gelenksknorpeln oder den Linsen [16].
41
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
Unter physiologischen Bedingungen vernetzt das Enzym Lysyloxidase die
Kollagenmoleküle im Extrazellularraum, nachdem diese die Zelle verlassen haben.
So wandelt es im Kollagenmolekül Aminogruppen von bestimmten Aminosäuren in
Aldehydgruppen um, die entweder spontan mit benachbarten Aldehydgruppen in
einer Aldokondensation oder mit Aminogruppen von Aminosäuren unter
Aldiminbildung reagieren und kovalente Vernetzungen bilden. Diese Vernetzung
ist hauptsächlich für die mechanische Stabilität kollagenhaltiger Gewebe
verantwortlich, sowie auch für die Gewährleistung der physiologischen Funktion.
So erhält das Kollagen seine natürliche Festigkeit und Stabilität, welche beim
Keratokonus durch eine verringerte Aktivität dieses Enzyms vermindert ist [8].
Die Vernetzungsbehandlung kann ein Fortschreiten des Keratokonus verhindern.
Sie ist, abgesehen von den Schmerzen der Erosio, relativ harmlos und läuft bei
Einhaltung der theoretischen Parameter komplikationsarm ab. Diese Therapie
befindet sich aber momentan noch in der klinischen Evaluierung [8].
Durch die photooxidative Quervernetzung des Kollagens mit Riboflavin und
UVA-Licht kann die verringerte mechanische Hornhautstabilität beim Keratokonus
behandelt bzw. die Stabilität erhöht werden. Diese Methode wurde gewählt, weil
sie lokal begrenzt wirkt, eine kurze Therapiezeit ausreicht und die Transparenz der
Hornhaut unverändert lässt. Riboflavin dient dabei als Photosensibilisator (zur
Erzeugung von reaktiven Sauerstoff-Spezies) sowie als UV-Absorber (zur
Absorption der UV-Strahlung in der Hornhaut) und hat damit zwei Funktionen beim
Vernetzungsprozess [16].
42
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
Die Sauerstoffradikale werden durch die UV-Strahlung gebildet, wobei Riboflavin
als spezieller Photosensibilisator, nämlich einer der potentesten Erzeuger von
Singulett-Sauerstoff, dient, um die Effektivität dieses Prozesses zu erhöhen. Aber
Strahlung erzeugt nur dort eine Wirkung, wo sie absorbiert wird und damit Energie
an das Gewebe abgibt. So muss der größte Teil des UV-Lichtes auch im Stroma
der Hornhaut absorbiert werden, um den Vernetzungseffekt auf diese zu
begrenzen. Nur wo Riboflavin vom UV-Licht aktiviert wird, entsteht der
photochemische Vernetzungseffekt bzw. kommt es zur Photopolymerisation, da
der dabei entstehende Singulett-Sauerstoff nur eine kurze Lebensdauer von
100 µs hat und somit höchstens eine Strecke von wenigen Mikrometern
diffundieren kann [16].
Auch bei Erhöhung der Riboflavin-Konzentration wird nicht zwangsläufig mehr
Singulett-Sauerstoff gebildet, denn Riboflavin wirkt nicht nur als Erzeuger von
Singulett-Sauerstoff, sondern in hohen Konzentrationen außerdem als
Radikalfänger. So stellt sich bei hohen Konzentrationen ein Gleichgewicht
zwischen Bildung und Vernichtung von Singulett-Sauerstoff ein, es zeigt sich also
ein Sättigungsverhalten [16].
Riboflavin hat zwar zwei UV-Absorptionsmaxima, eines bei einer Wellenlänge von
365 nm und eines bei 430 nm, doch die Bestrahlung erfolgt aufgrund des höheren
Energiegehaltes bei 365 nm, da hier eine größere Vernetzungswirkung erzielt wird
[17].
Bei der Behandlung mit einer Wellenlänge von 365 nm werden so 94 % des
UV-Lichtes in einer 400 µm dicken deepithelisierten Hornhaut absorbiert, ohne die
Linse oder die Netzhaut zu gefährden [16].
43
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
5.8 Ablauf der therapeutischen Hornhautvernetzung
In der Regel wird die Behandlung ambulant unter lokaler Tropfanästhesie
durchgeführt. Damit das Riboflavin ins Hornhautstroma gelangt, muss das
Hornhautepithel vor der Bestrahlung mechanisch entfernt werden, da es eine
Diffusionsbarriere für das Riboflavin darstellt sowie als UV-Schutz dient und den
Großteil der UV-Energie absorbieren würde. So wird in einem Areal mit dem
Durchmesser von 9 mm eine vollständige oder teilweise Abrasio corneae
durchgeführt (siehe Abb. 14). In weiterer Folge wird die Hornhaut vor der
Bestrahlung für 30 min mit Riboflavin aufgesättigt, indem alle 3 min eine 0,1%ige
Riboflavin-Lösung, unter Verwendung eines Lidsperrers, getropft wird
(siehe Abb. 15). Um eine unkontrollierte Quellung zu vermeiden, wurde die
Lösung durch Zumischung von 20 % Dextran isoosmotisch zum kornealen Stroma
gemacht. Wenn das Riboflavin das Stroma durchdrungen hat, wird es an der
Spaltlampe mit Blaulicht in der Vorderkammer sichtbar. Nun muss mittels
Ultraschallpachymetrie eine Mindestschichtdicke von 400 µm gemessen werden,
um Endothelschäden zu vermeiden [18].
Sind alle diese Bedingungen erfüllt, wird mit UVA-Licht bei einer Wellenlänge von
370 nm (entsprechend dem relativen Maximum der Riboflavinabsorption)
mit 3 mW/cm² in 2 cm Entfernung für weitere 30 min bestrahlt
(siehe Abb. 16 und Abb. 17). Während der Bestrahlung werden alle 5 min 2 bis 3
Tropfen der 0,1%igen Riboflavin-Lösung appliziert, um die Absorption in der
Hornhaut aufrecht zu erhalten und ein Austrocknen zu vermeiden [18].
Man versucht so eine möglichst hohe Absorption der Strahlungsenergie in der
Hornhaut zu erreichen. Dann wird die Erosio mit Antibiotikumsalbe und evtl. einer
Verbandslinse bis zum Epithelschluss versorgt. Nach der Epithelheilung kann mit
einem milden Steroid bis zum Abklingen des Reizzustandes nachbehandelt
werden [18].
44
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
Abb. 14 Entfernung des Epithels nach Lokalanästhesie
Abb. 15 Applikation des Photomediators Riboflavin
45
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
Abb. 16 UVA-Bestrahlung
Abb. 17 Fluoreszenzwirkung während der Applikation von Riboflavin unter
Bestrahlung von UVA-Licht
46
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
5.9 Nebenwirkungen und Komplikationen der therapeutischen
Hornhautvernetzung
Bei der therapeutischen Hornhautvernetzung handelt es sich um ein sicheres
Verfahren mit geringen Komplikationsraten. Die Epithelabrasio führt zwar zu
Schmerzen, aber der Oberflächendefekt ist nach etwa 5 Tagen reepithelisiert [8].
Bei der Quervernetzung kann es zu einer Beeinträchtigung der Keratozyten
kommen. So können Keratozyten irreversibel geschädigt werden, wobei der
Zellverlust hauptsächlich auf die erzeugten freien Radikale zurückzuführen ist [18].
Bei einer Bestrahlungsstärke von 3 mW/cm2, wie sie klinisch angewandt wird,
kommt es bis in etwa 300 µm Tiefe zu einer Keratozytenapoptosis [19].
6 Wochen nach der Therapie sind keine Keratozyten im vorderen Hornhautstroma
mehr nachweisbar, aber es wandern im weiteren Verlauf wieder neue Keratozyten
vom Limbus in die Hornhaut ein, wobei dieser Repopulationsmechanismus, der
nach spätestens 4 Monaten abgeschlossen ist, eine Abnahme der
Hornhautkrümmung um etwa 2 bis 3 Dioptrien zu bewirken scheint [8].
47
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
Es kommt aufgrund der Keratozytenapoptose und der Keratozytenrepopulation bei
fast allen vernetzten Patienten in den ersten Wochen zu einer diskreten,
hauchigen Trübung des vorderen Stromas. Deshalb klagen die Patienten in den
ersten Monaten nach der Vernetzung über vermehrte Blendungsempfindlichkeit
und zum Teil auch über deutliche Halos, aber dies verschwindet normalerweise
wieder nach 3 bis 4 Monaten. Vereinzelt weisen Patienten jedoch subepithelial im
vorderen Stroma auch dichte Trübungen im Sinne von Narben auf (in Dortmund
bei zwei von mehr als 250 Patienten), welche unter Steroiden nur langsam
verblassen und noch 2 Jahre nach Vernetzung deutlich sichtbar sind. Dies ist
wahrscheinlich auch der Grund, warum neben den 50 bis 80 % (je nach Studie)
Visusverbesserungen etwa 5 % Visusverschlechterungen um eine Zeile zu
erwarten sind [8].
Ebenfalls kann es zu einer kompletten Hornhautdekompensation mit massiver
Quellung kommen (in Dortmund bei 2 von 64 vernetzten Keratektasie-Augen nach
LASIK), doch ist innerhalb von 4 Monaten eine komplette Remission zu erwarten
[8].
48
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
5.10 Indikationen zur therapeutischen Hornhautvernetzung
Es ist aus klinischer Erfahrung bekannt, dass sich der Keratokonus im jahrelangen
Verlauf verschlechtert. Dies umfasst die nachlassende Hornhautstabilität und
Biomechanik sowie die Reduzierung der Sehschärfe mit deutlicher Einschränkung
der Lebensqualität. So ist bei bekannten Keratokonuspatienten, welche eine
Verschlechterung des Befundes zeigen, wie z. B. eine Progredienz der
Krümmungsverhältnisse oder eine Änderung des sphärischen Äquivalents
verbunden mit Achsendrehungen, auch bei gutem Brillenvisus und guter
Kontaktlinsentoleranz eine Behandlung indiziert. Auch bei Zunahme von Halos
oder Lichtverzerrungen sollte vernetzt werden [8].
Morbus-Down-Patienten mit autoaggressivem Grundverhalten und ängstliche
Patienten, die vor einer tiefen lamellären oder perforierenden Operation
zurückschrecken, würden ebenfalls von dieser neuen Behandlung profitieren [8].
49
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
6 Methoden
6.1 Einführung
Um den Einfluss der Riboflavin-UVA-Licht-Therapie auf die Hyaluronsäure zu
untersuchen, wurden viskosimetrische Messungen durchgeführt. Die strukturellen
Veränderungen der Hyaluronsäure sind so anhand einer Viskositätsabnahme ihrer
Lösungen messbar.
6.2 Viskosität
Die Viskosität ist ein Maß für die Zähigkeit einer Flüssigkeit (Zähflüssigkeit). Je
größer die Viskosität ist, desto weniger fließfähig, also dickflüssiger ist die
Flüssigkeit. So sind Teilchen zäher Flüssigkeiten unbeweglicher, weil sie stärker
aneinander gebunden sind. Diese innere Reibung kommt durch die
Anziehungskräfte zwischen den Teilchen (Kohäsion) zustande. Die Viskosität ist
temperaturabhängig, so nimmt sie bei Temperaturerhöhung von Flüssigkeiten ab
[20].
50
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
6.3 Viskosimeter
Messgeräte zur Bestimmung der Viskosität von Flüssigkeiten nennt man
Viskosimeter, wobei es verschiedene Arten gibt. Kapillarviskosimeter sind z. B.
Ubbelohde-Viskosimeter (siehe Abb. 18), Canon-Fenske-Viskosimeter oder
Ostwald-Viskosimeter. Hier wird der Fluss einer Flüssigkeit durch ein dünnes Rohr
gemessen. So läuft ein festgelegtes Flüssigkeitsvolumen (V) bei gleich
bleibendem Druck (p) durch eine Kapillare mit einer bestimmten Länge (l) und
einem bestimmten Radius (r), dabei wird die dazu benötigte Zeit (t) gemessen
[21].
Die Werte für den Radius der Kapillare (r), die Länge der Kapillare (l), die Höhe
der Flüssigkeitssäule (h) und das Flüssigkeitsvolumen (V), das in der Zeit (t) durch
die Kapillare fließt, sind für ein bestimmtes Viskosimeter konstant und bilden die
so genannte Kapillarkonstante (k). Man multipliziert dann die Zeit (t) in Sekunden
mit der Konstante der Kapillare (k), um die kinematische Viskosität (v) zu ermitteln
[22].
Weiters gibt es noch Rotationsviskosimeter (Messung eines durch die Flüssigkeit
übertragenen Drehmoments), Fallkörperviskosimeter (Messung der Fallzeit einer
Kugel in der Messflüssigkeit), Stabinger Viskosimeter oder Prozessviskosimeter
[21].
51
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
Abb. 18 Ubbelohde-Kapillarviskosimeter
52
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
6.4 Durchführung
Zur Feststellung der Veränderung der Fließeigenschaften von Hyaluronsäure
unter Einwirkung von UVA-Strahlung sowie unter Zusatz von Riboflavin wurde ein
Ubbelohde-Kapillarviskosimeter der Marke Schott vom Typ 50110/I mit einer
Kapillarkonstante (k) von 0,01014 mm2.s-2 verwendet (siehe Abb. 19), eine
Analysenwaage der Marke Sartorius von der Type 2444 (siehe Abb. 20) und eine
UVA-Bestrahlungslampe der Marke Vilber Lourmat vom Typ VL-115L mit
15 W - 365 nm Tube und 30 W Power (siehe Abb. 21).
Es wurde eine 0,15%ige Hyaluronsäure-Lösung hergestellt, also in 1 ml 0,9%iger
NaCl-Lösung 1,5 mg Natriumhyaluronat gelöst, wobei pro Messung 20 ml
Hyaluronsäure-Lösung verwendet wurden.
Zuerst wurde die Viskosität der reinen 0,15%igen Hyaluronsäure-Lösung
gemessen, welche als Ausgangswert für die weiteren Messungen bzw.
Berechnungen diente. Dann erfolgten Messungen der 0,15%igen
Hyaluronsäure-Lösung mit unterschiedlichen UVA-Bestrahlungszeiten (bis
150 min), weiters mit unterschiedlichen Riboflavin-Konzentrationen (bis 20,0 mg
pro 20 ml 0,15%iger Hyaluronsäure-Lösung) und schließlich auch
mit festgelegter Riboflavin-Konzentration und unterschiedlichen
UVA-Bestrahlungszeiten, sowie mit festgelegter UVA-Bestrahlungszeit und
unterschiedlichen Riboflavin-Konzentrationen.
53
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
Abb. 19 Kapillar-Viskosimeter Schott Typ 50110/I (k = 0,01014 mm2.s-2)
54
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
Abb. 20 Analysenwaage Sartorius Type 2444
Abb. 21 UVA-Lampe Vilber Lourmat VL-115L, 15 W - 365 nm Tube,
Power: 30 W
55
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
7 Ergebnisse
Bei Anwendung der therapeutischen Konzentration des Riboflavins, einer
0,1%igen Riboflavin-Lösung, also 20 mg Riboflavin pro 20 ml 0,15%iger
Hyaluronsäure-Lösung, kam es zu einer starken Überdosierung mit
unvollständiger Auflösung des Riboflavins. Dies machte aufgrund einer massiven
Anlagerung des Riboflavins an der Innenwand des Kapillarviskosimeters
Messungen so gut wie unmöglich. So wurden die Konzentrationen für die weitere
Durchführung weit niedriger gewählt.
Die Wiederholung der Viskositätsmessungen gestaltete sich durch die sehr
starken temperaturabhängigen Schwankungen recht schwierig. So sind die
Ergebnisse zwar nicht exakt, aber dienen sehr wohl der groben Orientierung, um
eine Auswertung zu ermöglichen und weitere Schlüsse zu ziehen. Die
Flüssigkeitstemperaturen bei den Messungen lagen, je nach Raumtemperatur,
etwa zwischen 23 °C und 24 °C.
Bei der Viskositätsmessung der 0,15%igen Hyaluronsäure-Lösung mit
unterschiedlichen UVA-Bestrahlungszeiten zeigte sich eine geringe
lineare Abnahme der Viskosität mit ansteigender Bestrahlungszeit
(siehe Tab. 3 und Abb. 22). Dieselbe Messung wurde dann unter Zusatz von
1,2 mg Riboflavin pro 20 ml Hyaluronsäure-Lösung durchgeführt, dadurch kam es
zu einer weitaus stärkeren linearen Abnahme der Viskosität bis zu einer
Bestrahlungszeit von etwa 90 min (siehe Tab. 4 und Abb. 23). Ab einer
Bestrahlungszeit von ca. 90 min verringerte sich die Viskositätsabnahme und die
Werte bildeten grafisch eine leichte Kurve.
56
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
Die Messung der 0,15%igen Hyaluronsäure-Lösung mit unterschiedlichen
Riboflavin-Konzentrationen und einer festgelegten UVA-Bestrahlungszeit von
30 min zeigte, dass schon kleinste Riboflavin-Mengen unter Bestrahlung den
Haupteffekt der Hyaluronsäure-Zerstörung bewirken, also zu einer massiven
Viskositätsabnahme führen, wobei eine Konzentration von über ca. 1,2 mg pro
20 ml Hyaluronsäure-Lösung wieder zu einem Anstieg der Viskosität, aufgrund
der Überdosierung und Zunahme an gelösten Teilchen, führte
(siehe Tab. 5 und Abb. 24). So lag die Konzentration, welche zur maximalen
Viskositätsabnahme unter 30-minütiger Bestrahlung führte, bei etwa 1,2 mg pro
20 ml Hyaluronsäure-Lösung.
Die 30-minütige UVA-Bestrahlung einer 0,15%igen Hyaluronsäure-Lösung führte
zu einer Viskositätsabnahme von etwa 0,6 %. Durch den Zusatz von 1,2 mg
Riboflavin pro 20 ml Hyaluronsäure-Lösung stieg die Viskosität im Schnitt um 1 %
an, nahm aber unter 30-minütiger UVA-Bestrahlung um ca. 14 % vom
Ausgangswert ab. Schon mit einer Riboflavin-Konzentration von 0,3 mg pro 20 ml
Hyaluronsäure-Lösung verminderte sich die Viskosität um etwa 10 %.
Zusammenfassend, als Endergebnis der Messungen, kann man sagen, dass die
reine UVA-Strahlung nur geringfügige Auswirkungen auf die Hyaluronsäure hat,
während durch Zusatz des Photosensibilisators Riboflavin die
Bestrahlungswirkung durch die verstärkte Radikalfreisetzung zunimmt und zu
einer hochgradigen Zerstörung der Hyaluronsäure führt.
57
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
Tab. 3 Viskositätsänderung einer 0,15%igen Hyaluronsäure-Lösung mit
unterschiedlicher UVA-Bestrahlungszeit
UVA-Bestrahlungszeit (t) in min Kinematische Viskosität (v) in mm2/s
0 6,76338
30 6,72282
60 6,68226
90 6,64170
120 6,60114
150 6,56058
Viskositätsänderung einer 0,15%igen Hyaluronsäure-Lösungmit unterschiedlicher UVA-Bestrahlungszeit
6,5
6,6
6,7
6,8
0 30 60 90 120 150
UVA-Bestrahlungszeit (t) in min
Kin
emat
isch
e V
isko
sitä
t (ν
) in
mm
2/s
Abb. 22 Diagramm zu Tabelle 3
58
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
Tab. 4 Viskositätsänderung einer 0,15%igen Hyaluronsäure-Lösung unter
Zusatz von 1,2 mg Riboflavin pro 20 ml Lösung mit unterschiedlicher
UVA-Bestrahlungszeit
UVA-Bestrahlungszeit (t) in min Kinematische Viskosität (v) in mm2/s
0 6,79380
30 5,81022
60 4,81650
90 3,90390
120 3,14340
150 2,64654
Viskositätsänderung einer 0,15%igen Hyaluronsäure-Lösung unter Zusatz von 1,2 mg Riboflavin pro 20 ml Lösung mit
unterschiedlicher UVA-Bestrahlungszeit
2
2,5
3
3,5
4
4,5
5
5,5
6
6,5
7
0 30 60 90 120 150
UVA-Bestrahlungszeit (t) in min
Kin
emat
isch
e V
isko
sitä
t (ν
) in
mm
2/s
Abb. 23 Diagramm zu Tabelle 4
59
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
Tab. 5 Viskositätsänderung einer 0,15%igen Hyaluronsäure-Lösung unter
30-minütiger UVA-Bestrahlung mit unterschiedlicher
Riboflavin-Konzentration
Riboflavin-Konzentration (c) in mg/20ml Kinematische Viskosität (v) in mm2/s
0 6,71268
0,3 6,09414
0,6 5,87106
0,9 5,81022
1,2 5,80008
1,5 5,84064
Viskositätsänderung einer 0,15%igen Hyaluronsäure-Lösung unter 30-minütiger UVA-Bestrahlung mit unterschiedlicher
Riboflavin-Konzentration
5,7
5,8
5,9
6
6,1
6,2
6,3
6,4
6,5
6,6
6,7
6,8
0 0,3 0,6 0,9 1,2 1,5
Riboflavin-Konzentration (c) in mg/20ml
Kin
emat
isch
e V
isko
sitä
t (ν
) in
mm
2/s
Abb. 24 Diagramm zu Tabelle 5
60
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
8 Diskussion
Das Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht stellt eine neue
Möglichkeit und gute Alternative zur Behandlung des Keratokonus bzw. zur
Verhinderung der Progredienz dieser Erkrankung im Gegensatz zur lamellären
oder perforierenden Keratoplastik dar. Obwohl es sich, wie meist beschrieben, um
ein relativ harmloses und mit geringen Nebenwirkungen behaftetes Verfahren
handelt, sind die Langzeitauswirkungen der Therapie noch nicht restlos geklärt. So
führt diese Methode nicht nur zur Quervernetzung des Kollagens als Ziel der
Therapie, sondern auch nachweislich mittels viskosimetrischer Messungen zur
Zerstörung bzw. Depolymerisation von Hyaluronsäure als Bestandteil aggregierter
Proteoglykane der Hornhaut und der Tränenflüssigkeit. Spätkomplikationen an
Hornhaut und Bindehaut sind so nicht auszuschließen, ebenso dass die Therapie
evtl. auch zur Bildung eines trockenen Auges führen kann. Doch sind momentan,
angesichts des Therapieerfolges und da trotz oder auch wegen der
Vernetzungsbehandlung im Verlauf immer noch keratoplastiziert werden kann, die
wenigen Risiken des Verfahrens von nur minderer Bedeutung. Außerdem ist die
Behandlung relativ einfach und verursacht nur geringe Kosten. So könnte in
Zukunft die Zahl der Keratoplastiken deutlich reduziert werden. Dennoch werden
zukünftige prospektive Studien Aufschluss über mögliche Langzeitkomplikationen
der Therapie geben.
61
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
9 Zusammenfassung
Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus:
Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure
Die Kollagen-Quervernetzung durch Auftropfen von Riboflavin-Lösung auf die vom
Epithel befreite Hornhaut unter Bestrahlung von UVA-Licht stellt eine neue
Therapiemöglichkeit des Keratokonus dar. Diese Therapie ist an der
Universitäts-Augenklinik in Dresden entwickelt worden und befindet sich
momentan weltweit in der klinischen Evaluierung. Mit diesem Verfahren kann die
verringerte mechanische Hornhautstabilität beim Keratokonus, welche zu einem
Hervorwölben der Hornhaut und so zu einer Sehverschlechterung sowie zu
Sehstörungen führt, durch eine Steigerung des Vernetzungsgrades des Kollagens
im Hornhautstroma erhöht werden. So kann die Therapie nicht nur das
Fortschreiten des Keratokonus verhindern, sondern auch zu einer Abflachung der
Krümmungsradien und somit zu einer Visusverbesserung führen. Doch hat diese
photochemische Vernetzung auch Auswirkungen auf die Hyaluronsäure, als
Bestandteil aggregierter Proteoglykane der Hornhaut und der Tränenflüssigkeit, da
es durch die UVA-Strahlung und durch die Wirkung des Riboflavins als
Photosensibilisator zur Bildung freier Radikale kommt, welche zu einem Abbau
bzw. einer Depolymerisation der Hyaluronsäure führen. Dies ist anhand einer
Viskositätsänderung bzw. Viskositätsabnahme ihrer Lösungen messbar. So ist die
eintretende Quervernetzung des Kollagens als Ziel dieser Therapie mit einer
gleichzeitigen Zerstörung der Hyaluronsäure verbunden, was eventuell zu
Spätkomplikationen an Hornhaut und Bindehaut, sowie zur Bildung eines
trockenen Auges führen kann.
62
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
10 Abstract
Collagen cross-linking with riboflavin and UVA-light in keratoconus:
Effects of the therapy on hyaluronic acid
The collagen cross-linking of the de-epithelized cornea using riboflavin and
UVA-light is the new option of therapy of the keratoconus. This method has been
developed at the University Eye Clinic at Dresden and is currently undergoing
clinical evaluation worldwide. With this process the reduced mechanic corneal
stability in keratoconus, that leads to a corneal ectasia and as a result to an
impairment of vision as to problems of sight, can be increased by a rise of the
degree of linking of the collagen in corneal stroma. In this way the therapy can
stop impairment of keratoconus as well as it leads to a flattening of curvature and
furthermore to an increase of vision. But this photochemical linking has also
effects on hyaluronic acid, as part of aggregated proteoglycans of the cornea and
liquid of tears, because it leads to the creation of free radicals by UVA-radiation
and the effect of riboflavin as photosensibilisator, which results in a reduction or
rather a depolymerisation of hyaluronic acid. This is measurable by a change of
viscosity or rather a decrease of viscosity of its liquids. In this way the cross-linking
of the collagen as aim of this therapy simultaneously leads to the destruction of
hyaluronic acid, which may cause long-term side effects in cornea and
conjunctiva, as well as dry eyes.
63
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
11 Literaturverzeichnis
1 Lang GK. Augenheilkunde. Stuttgart, New York: Georg Thieme Verlag, 4. Aufl.
2008
2 Wohlrab WA, Neubert RRH, Wohlrab J. Vol. 3: Hyaluronsäure und Haut. In:
Wohlrab J. Trends in Clinical and Experimental Dermatology. Aachen: Shaker
Verlag, 2004
3 Horn F, Moc I, Schneider N, Grillhösl C, Bernhold S, Lindenmeier G. Biochemie
des Menschen. Stuttgart: Georg Thieme Verlag, 2005
4 Frescura M, Berry M, Corfield A, Carrington S, Easty DL. Evidence of hyaluronan
in human tears and secretions of conjunctival cultures. Biochem Soc Trans 1994;
22: 228S
5 Jeker M, Bühr V, Colombani P. Infoblatt 12: Vitamin B2. Swiss Forum for Sport
Nutrition, Februar 2004. URL: http://www.sfsn.ethz.ch/PDF/Infoblatt/
Infoblatt12_VitaminB2.pdf, abgerufen am 11.03.2009
6 Rassow J, Hauser K, Netzker R, Deutzmann R. Duale Reihe: Biochemie. Stuttgart:
Georg Thieme Verlag, 1. Aufl. 2006
7 Löffler G. Basiswissen Biochemie. Berlin, Heidelberg, New York: Springer Verlag,
5. Aufl. 2003
8 Kohlhaas M. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim
Keratokonus. Ophthalmologe 2008; 105: 785-796
9 Lang GK. Augenheilkunde. Stuttgart: Georg Thieme Verlag, 3. Aufl. 2004
10 Grünauer-Kloevekorn C, Duncker GIW. Keratokonus: Epidemiologie,
Risikofaktoren und Diagnostik. Klin Monatsbl Augenheilkunde 2006; 223: 493-502
11 Wahrendorf I. Leben mit Keratokonus. Klin Monatsbl Augenheilkunde 2006; 223:
877-888
64
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
12 Kohlhaas M, Spörl E, Unger G, Speck A, Schilde T. Neue
Behandlungsmöglichkeiten des Keratokonus - Teil 1. Kontaktlinse DOZ 7-2006:
88-91
13 Wollensak G, Spörl E, Seiler T. Behandlung von Keratokonus durch
Kollagenvernetzung. Ophthalmologe 2003; 100: 44-49
14 Stachs O, Bochert A, Gerber T, Koczan D, Thiessen HJ, Guthoff RF.
Ophthalmologe 2004; 101: 384-389
15 Schlote T, Grüb M, Mielke J, Rohrbach M. Taschenatlas Augenheilkunde.
Stuttgart: Georg Thieme Verlag, 1. Aufl. 2004
16 Spörl E, Raiskup-Wolf F, Pillunat LE. Biophysikalische Grundlagen der
Kollagenquervernetzung. Klin Monatsbl Augenheilkunde 2008; 225: 131-137
17 Spoerl E, Huhle M, Seiler T. Induction of cross-links in corneal tissue. Exp Eye Res
1998; 66: 97-103
18 Koller T, Seiler T. Therapeutische Quervernetzung der Hornhaut mittels UVA und
Riboflavin. Klin Monatsbl Augenheilkunde 2007; 224: 700-706
19 Wollensak G, Spoerl E, Wilsch M, Seiler T. Keratocyte apoptosis after corneal
collagen cross-linking using riboflavin/UVA treatment. Cornea 2005; 23: 43-49
20 Viskosität. In: Chemie.DE. URL: http://www.chemie.de/lexikon/d/Viskosität/,
abgerufen am 11.03.2009
21 Viskosimeter. In: Chemie.DE. URL: http://www.chemie.de/lexikon/d/Viskosimeter/,
abgerufen am 11.03.2009
22 Anhang B: Kapillarviskosimetrie. In: Skriptum Praktikum Makromolekulare Chemie
Universität Marburg. URL: http://www.chemie.uni-marburg.de/~akgr/praktikum/files/
viskosimetrie.pdf, abgerufen am 11.03.2009
65
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
12 Abbildungsverzeichnis
Abb. 1 Aufbau des Auges [URL: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/fb/
Auge.png, abgerufen am 11.03.2009] 8
Abb. 2 Aufbau der Hornhaut [URL: http://www.uak.medizin.uni-tuebingen.de/
krankenversorgung/bilder/hh-1.jpg, abgerufen am 11.03.2009] 9
Abb. 3 Grundstruktur der Hyaluronsäure [Wohlrab WA, Neubert RRH, Wohlrab J. Vol. 3:
Hyaluronsäure und Haut. In: Wohlrab J. Trends in Clinical and Experimental
Dermatology. Aachen: Shaker Verlag, 2004] 14
Abb. 4 Natriumhyaluronat 16
Abb. 5 Struktur des Riboflavins [URL: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/
commons/thumb/3/36/Riboflavin.svg/440px-Riboflavin.svg.png, abgerufen am
11.03.2009] 28
Abb. 6 Riboflavin 30
Abb. 7 Kegelförmige Veränderung der Hornhaut [URL: http://www.banucosar.net/
img/modul/lsj3ksuappga5555cyrj5xf0525715.jpg, abgerufen am 11.03.2009] 33
Abb. 8 Keratokonus [URL: http://www.pro-sehen.de/assets/images/keratokonus.jpg,
abgerufen am 11.03.2009] 37
Abb. 9 Stromale Hornhauttrübung und Vogt-Linien [URL: http://augen.uniklinikum-
dresden.de/bilder/keratokonus/abbildung2.jpg, abgerufen am 11.03.2009] 37
Abb. 10 Ringförmige Eisenablagerung (Fleischer-Ring) [URL: http://augen.uniklinikum-
dresden.de/bilder/keratokonus/abbildung3.jpg, abgerufen am 11.03.2009] 38
Abb. 11 Placido-Scheibe [Lang GK. Augenheilkunde. Stuttgart: Georg Thieme Verlag,
3. Aufl. 2004] 38
66
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
Abb. 12 Videokeratoskopie [Lang GK. Augenheilkunde. Stuttgart: Georg Thieme Verlag,
3. Aufl. 2004] 39
Abb. 13 Linkes Bild: kegelförmige Vorwölbung der Hornhaut im Seitblick; Rechtes Bild:
Munson'sches Zeichen als kegelförmige Ausstülpung des Unterlides beim Blick
nach unten [URL: http://augen.uniklinikum-dresden.de/bilder/keratokonus/
abbildung1.jpg, abgerufen am 11.03.2009] 39
Abb. 14 Entfernung des Epithels nach Lokalanästhesie [URL: http://www.kon-online.de/
xml-import/bilder/kl/2008-11/600x/thumb_kl1108_gehm01_tif.jpg, abgerufen am
11.03.2009] 44
Abb. 15 Applikation des Photomediators Riboflavin [URL: http://www.kon-online.de/xml-
import/bilder/kl/2008-11/600x/thumb_kl1108_gehm02_tif.jpg, abgerufen am
11.03.2009] 44
Abb. 16 UVA-Bestrahlung [URL: http://www.emagin.com.au/images/uvx.jpg, abgerufen am
11.03.2009] 45
Abb. 17 Fluoreszenzwirkung während der Applikation von Riboflavin unter Bestrahlung
von UVA-Licht [URL: http://www.kon-online.de/xml-import/bilder/kl/2008-
11/600x/thumb_kl1108_gehm03_tif.jpg, abgerufen am 11.03.2009] 45
Abb. 18 Ubbelohde-Kapillarviskosimeter [URL: http://www.wori.de/assets/images/autogen/
a_Kappilarviskosimeter_Ubbelohde.gif, abgerufen am 11.03.2009] 51
Abb. 19 Kapillar-Viskosimeter Schott Typ 50110/I (k = 0,01014 mm2.s-2) 53
Abb. 20 Analysenwaage Sartorius Type 2444 54
Abb. 21 UVA-Lampe Vilber Lourmat VL-115L, 15 W - 365 nm Tube, Power: 30 W 54
Abb. 22 Diagramm zu Tabelle 3 57
Abb. 23 Diagramm zu Tabelle 4 58
Abb. 24 Diagramm zu Tabelle 5 59
67
Kain R. Kollagen-Crosslinking mit Riboflavin und UVA-Licht beim Keratokonus: Auswirkungen der Therapie auf die Hyaluronsäure. [ Diplomarbeit ] MUG; 2009
13 Tabellenverzeichnis
Tab. 1 Vorkommen der Hyaluronsäure [Wohlrab WA, Neubert RRH, Wohlrab J. Vol. 3:
Hyaluronsäure und Haut. In: Wohlrab J. Trends in Clinical and Experimental
Dermatology. Aachen: Shaker Verlag, 2004] 21
Tab. 2 Anwendungen von Hyaluronsäure oder Hyaluronsäurederivaten [Wohlrab WA,
Neubert RRH, Wohlrab J. Vol. 3: Hyaluronsäure und Haut. In: Wohlrab J. Trends in
Clinical and Experimental Dermatology. Aachen: Shaker Verlag, 2004] 25
Tab. 3 Viskositätsänderung einer 0,15%igen Hyaluronsäure-Lösung mit unterschiedlicher
UVA-Bestrahlungszeit 57
Tab. 4 Viskositätsänderung einer 0,15%igen Hyaluronsäure-Lösung unter Zusatz
von 1,2 mg Riboflavin pro 20 ml Lösung mit unterschiedlicher
UVA-Bestrahlungszeit 58
Tab. 5 Viskositätsänderung einer 0,15%igen Hyaluronsäure-Lösung unter 30-minütiger
UVA-Bestrahlung mit unterschiedlicher Riboflavin-Konzentration 59
Recommended