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Bruchlandung in Winningen - Tante Ju schmierte ab
Nur knapp einer Katastrophe entgingen 17 Passagiere und die Crew, als am Freitagnachmittag die legendäre Tante Ju (Junkers J 52) auf dem
Flugplatz von Winningen über der Mosel abschmierte. Die Maschine sackte zunächst in den Turbulenzen stark durch. Da der rechte Motor beim
Durchstarten plötzlich zu wenig Leistung gab, kippte die Maschine ab, streifte der Flügel den Boden. Unserem Fotografen Thomas Frey gelang es,
diesen kritischen Moment im Bild festzuhalten. Die alte Dame, die schon 48 Jahre auf dem Buckel hat, durchbrach einen Zaun und kam auf einem
benachbarten Acker zum Stehen. Alle an Bord blieben unverletzt. Der Luftveteran galt als eines der sichersten Verkehrsflugzeuge der Welt und wird
von einem Schweizer Unternehmen für nostalgische Rundffüge eingesetzt. (Siehe Seite 3) Foto : Frey
Oer Standpunkt
Glasnost
VON HERBERT LEICHER
Das hätte Lenin sich nicht träumen lassen:
Kreist doch eine simple Cessna über seinem
Mausoleum und landet auf dem Roten Platz,
der auf Russisch eigentlich der Schöne heißt.
Niemand wird je erfahren, welcher Schock die
Ehrenwache am Gral der Sowjetmacht heim-
suchte, als abends um halb acht das Maschin-
ellen von der Moskwa her, über die Basilius-Ka-
thedrale und am Hotel Rossija vorbei, zur
Landung ansetzte.
Motive der beiden westdeutschen Luftlander
sind bislang nicht geklärt. Wohl aber die
Antwort, wie gut denn russische Luftüberwa-
chung sei. Präsident Nixon warf einst
Chruschtschow vor, er habe Moskau und
Leningrad so kriegstüchtig zivilgeschützt, daß
der Westen sich ernstlich sorgen müsse.
Bislang scheint sowjetische Luftabwehr indes
immer noch nicht perfekt zu sein, wenngleich
man zugeben muß, daß Moskauer Generale
keinen Feindeinflug aus Richtung Leningrad
zu gewärtigen haben.
Der allgemeine Aberglaube in die Souveräni-
tät der Technik hat einen verdienten und nötigen
Stoß erhalten. Da baut man Cruise missile, die
fast schallschnell bodenfolgend Radar unterflie-
gen sollen und muß erkennen, daß auch diese
Superdinger geortet und abgeschossen werden
können. Modernste Strike-Flugzeuge der NATO
brauchen wahrscheinlich einen vorausfliegen-
den elektronischen Minenräumer, um tief im
Gegnerland Chokepoints zu treffen Im Leitbun-
ker der NATO-Luftwaffe kann man mühelos
Mig's über Leipzig ausmachen und interessante
Daten von ihnen abrufen. Ähnlich sieht es
vermutlich in den sowjetischen, 17 Stock tiefen
atomsicheren Führungsbunkern aus.
Aber was nutzt das alles, wenn das
Unerwartete zu unerwarteter Stunde harmloses,
skurriles Ereignis wird? Eine Entschuldigung hat
indes sowjetische Glasnost, die Durchlässig-
keit für die Cessna: Man feierte in Großrußland
den Jag der Grenztruppen. Ob die an
Wodka-Kater litten, obwohl Gorbatschow den
Genuß des geliebten Wässerchens verboten
hat?
Bleibt zu hoffen, daß die beiden Westdeut-
schen ungeschoren aus dem Abenteuer heim-
kehren. Das KGB braucht kein Radar...
Hilfe im Öl-Golf nötig
Washington drängt Einsatz der Bundeswehr ist ausgeschlossen
WASHINGTON. Die Vereinigten Staaten
werden nach Angaben aus Washington bei
der Außenministerkonferenz des Nordat-
lantikpakts nächsten Monat in Reykjavik
voraussichtlich einen neuen Vorstoß mit
dem Ziel unternehmen, ihre Verbündeten
für eine Beteiligung an den Sicherheitsvor-
kehrungen im Persischen Golf zu gewinnen.
Ein Einsatz der Bundeswehr in dem Kri-
sengebiet ist allerdings ausgeschlossen
worden, wie am Freitag in Bonn verlautete.
Der amerikanische Außenminister Geor-
ge Shultz sagte, die USA hätten nicht die
Absicht, sich in den iranisch-irakischen
Golfkrieg verwickeln zu lassen. Sollten aber
amerikanische Schiffe angegriffen werden,
würden sie sich verteidigen.
Auf der Brüsseler Tagung der NATO-Ver-
teidigungsminister hatte US-Verteidi-
gungsminister Caspar Weinberger kein
Verständnis für sein Anliegen gefunden,
daß die europäischen Verbündeten beim
Schutz von Öltankern helfen sollten.
WIRTSCHAFT 8
HINTERGRUND 7
SPORT 10-11
FERNSEHEN/HÖRFUNK 25-26
KULTUR 27
RZ-MAGAZIN 37-39
RHEINLAND-PFALZ 3-4
HEUTE
LOKALTEIL Seite
Glückauf hieß es
in alter Eisenerz-Grube
ln Herdorf öffnete San Fernando
noch einmal die Tore 13
Reiche Tradition der
Heimat weiter pflegen
Kreisgruppe der Schlesier
trat in Altenkirchen zusammen 14
volksbank Gebhardshain
weiter im Aufwärtstrend
Gutbesuchte Generalversammlung
zoq in Rosenheim Bilanz 15
Kritik an Juristenausbildung
Erster Rat beim Anwalt
soll kostenlos sein
Forderung bei Fach-Tagung - Image auf bessern
HAMBURG. Der erste Rat beim Anwalt
sollte für einen ratsuchenden Bürger ko-
stenlos sein. Diese mehrfach aufgesteilte
Forderung aus Anwaltskreisen hat am Frei-
tag bei der Fortsetzung des 44. Deutschen
Anwaitstages in Hamburg breite Zustim-
mung gefunden.
Diese Regelung könnte nach Meinung
zahlreicher Juristen mit dazu beitragen, den
wissenschaftlich nachgewiesenen schlech-
ten Ruf des Anwaltsstandes in der Öffent-
lichkeit aufzupolieren und das Vertrauen
des Bürgers in die Seriosität des Anwalts-
büro verstärken. Verbesserung des Negativ-
Images - das war ein zentraler Punkt von
zahlreichen Diskussionen, am zweiten Ar-
beitstag des Anwaltstreffens.
Kritisch setzten sich die Anwälte mit der
Ausbildung des eigenen Nachwuchses aus-
einander. Der Hannoveraner Rechtsanwalt
Ulrich Stobbe kritisierte heftig, daß Rechts-
anwälte in der Ausbildung nie lernten, wie
man ein Testament aufsetzt. Erste Ansätze,
bereits beim rechtswissenschaftlichen Stu-
dium auf die Anwaltstätigkeit einzugehen,
gibt es bisher lediglich an den Universitäten
Hamburg und Mainz.
Datenschutz als strukturelle Vorausset-
zung für einen demokratischen Staat" war
ein weiteres wichtiges und kontrovers dis-
kutiertes Thema. Der Schwerpunkt beim
Datenschutz liege nicht auf der unrechtmä-
ßigen Verwendung von Daten, sondern auf
der Sicherung des rechtmäßigen Umgang
mit Informationen, stellte Rechtsanwalt
Krämer fest. Auf heftige Bedenken des
Hamburger FDP-Chefs und Rechtsprofes-
sors Ingo von Münch stieß der Hamburger
Verfassungsschutz-Präsident Christian
Lochte mit der Feststellung, in seiner Be-
hörde seien sowohl Mitglieder links- wie
rechtsradikaler Parteien gespeichert.
Mit Frau und drei Kindern
Vize-Stabschef Kubas
nach Florida geflohen
General sofort unter den Schutz des FBI gestellt
WASHINGTON. Nach offenbar gründli-
cher Vorbereitung floh der stellvertretende
Stabschef der Armee Fidel Castros in die
USA.
Der Sprung von Kuba ins knappe 150 km
entfernte Florida gelang General Rafael del
Pino mit einem kleinen Flugzeug, das auf
der US-Marinebasis Boca Chica landete.
Der General brachte seine Frau, zwei
Söhne (27 und 16 Jahre) und eine Tochter
(zwei Jahre) mit. Unmittelbar nach der An-
kunft erhielt der hohe Offizier von den US-
Einwanderungsbehörden Aufenthaltser-
laubnis. In Washington geht man davon aus,
daß der Kubaner detaillierte Kenntnisse
über die Politik und über die Militärstrate-
gie Kubas in Mittelamerika, aber auch über
alle Einsatzorte kubanischer Söldner hat,
also in Angola, Äthiopien. Über die Motive
der Flucht wurde in Washington nichts mit-
geteilt.
Als sicher gilt, daß General del Pino und
seine Familie sofort unter den Schutz des
FBI gestellt worden sind, um Racheanschlä-
ge infiltrierter kubanischer Agenten, die ge-
wöhnlich unter ihren im Exil in den USA
lebenden Landsleuten untergetaucht sind,
zu verhindern.
Wie unbestätigte amerikanische Informa-
tionen besagen, soll der General der kubani-
schen Luftwaffe angehört haben und seine
militärische Ausbildung in der Sowjetunion
erhalten haben.
Die spektakuläre Aktion von del Pino war
nicht die erste Flucht eines kubanischen Of-
fiziers. 1969 hatte der Luftwaffenleutnant
Eduardo Guerra Jimenez seine MiG 17 nach
Miami geflogen. Zehn Jahre später entführ-
te er eine US-Verkehrsmaschine von New
York nach Havanna. Im Januar 1985 setzte
sich der Armeeoberstleutnant Joaquin
Mourino Perez in Spanien ab.
Weltweite Verblüffung über den 19jährigen Hamburger, der bis auf den Roten Platz flog
Landung bei Lenin
Eine junge Frau an Bord der Sportmaschine?
MOSKAU. Unbemerkt von der sowjeti-
schen Luftsicherung flog ein 19jähriger
Hamburger Pilot von Helsinki nach Mos-
kau. Dort landete er mitten auf dem Roten
Platz in der Nähe des Lenin-Mausoleums.
Das Unternehmen löste weltweite Ver-
blüffung aus. Der Pilot flog eine Sportma-
schine vom Typ Cessna-172. Der junge
Mann soll Umstehenden zunächst Auto-
gramme gegeben haben, ehe die Miliz den
Platz abriegelte und den Piloten abführte.
Angeblich war auch eine junge Frau an
Bord der Maschine. Die Motive für den
Flug sind noch unklar.
Pilot Mathias Rust aus Hamburg war
am 13. Mai zu einem Skandinavien-Flug
aufgebrochen, hatte in Helsinki vollge-
tankt und wurde am Donnerstagnachmit-
tag nach Abreißen des Funkkontaktes als
vermißt gemeldet. Um 19.30 Uhr Ortszeit
landete Rust, der insgesamt nur 40 Flug-
stunden hat, in Moskau.
Die Cessna kreiste dreimal über dem
Roten Platz, dem Amtssitz von Parteichef
Gorbatschow, ehe sie landete. Ein Mos-
kauer Informant berichtete: Im Tiefflug
kam die Maschine an, ratterte über die er-
staunten Touristen hinweg, machte eine
scharfe Rechtsdrehung in Richtung auf
das große Kaufhaus Gom. Dann landete
sie.
Nach Meinung finnischer Fluglotsen
muß Rust über ausgezeichnete Karten-
kenntnisse verfügt haben, um Radarkon-
trollen auszuweichen. Daß der Deutsche
versehentlich nach Moskau geflogen sei,
halten die Finnen für ausgeschlossen.
(Siehe Bericht Seite Panorama)
Mathias Rust mit einer Cessna-172 des Hamburger Aero-Clubs auf dem Flugplatz von Ueter-
sen, von wo aus er seinen Flug begann. Foto Köhler
ISLAND
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