Magnesium—Aluminium. Ein Beitrag zur kritischen Beurteilung analytischer Verfahren

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142 F. L. Hahn.

Magnesium-Aluminium. Eln Beitrag zwr kritischen Beurteilung analytischer Verfahren.')

Von FRIEDRICH G. HAHN. Die kiirzlich in einer Arbeit von JANDER, WENDEHORST und

WEBER erarterte Frage, ob sich kleine Mengen von Magnesium neben vie1 Aluminium so bestimlqen lassen, daB man das Aluminium durch Weinsaure in Losung halt und dann das Magnesium als Uagnesiumammonium-phosphat fallt , besitzt iiber das besondere Problem hinaus ein weitgehendes allgemeines Interesse, weil es sich dabei um die in der analytischen Chemie durchaus nicht seltene Erscheinung handelt , daB verschiedene Beobachter von schatzungs- weise gleicher Sorgfalt und Gewandtheit mit dem gleichen Verfahren bei scheinbar vollig gleicher Arbeitsweise vollig verschiedene Ergeb- nisse erzielen.

F u r den hier vorliegenden Fall sei zunachst die von JANDEB gegebene Darstellung der verschiedenen Befunde vervollst'indigt. Das Verfahren ist mehrfach zur Bestimmung des Magnesiums in Aluminiumlegierungen empfohlen worden und hat sich dabei gut bewahrt , bis man es auf Legierungen kleinsten Gehaltes ubertrug. Dabei konnte in einem auf dieses Verfahren seit langem eingestell- ten technischen Laboratorium in einer sicher magnesiumhaltigen Legierung (0,l-0,2 O/J das Nagnesium nicht einmal qualitativ nach- gewiesen werden. Dies veranlaBte mich, das Verfahren mit reinen Liisungen bekannten Qehaltes zu iiberpriifen. Ich erhielt bei kleinen Magnesiummengen vollkommen unbrauchbare Ergebnisse ; gleich- zeitig erhielt JANDER an Legierungen brauchbare. Die folgende Tabelle gibt eine Ubersicht iiber die yon verschiedenen Beobachtern erzielten Ergebnisse.

I) Literatur: a) WILKE-D~RFURT, Wiseensch. Ver6ff. a. d. SIEams-Konzern, I (1922), 84. - b) JANDEB und WENDEHORST, 2. angm. Chenz.36 (1922), 244. - c) HAEN und DORNAUF, 2. angew. Chem. 36 (1922), 299. - d) JANDER und WEBER, 2. umgew. Chem. 36 (1923), 586. - e) HAHN und SCHEIDERER, Ber. 67 (1924), 1854. - f) und g) WILKE-D~RFURT, Wissensoh. Ver5ff. a. d. SIE~ENS-KO~Zern, 111 (1924), 10. - h) JANDER, WENDEHORST und WEBER, 2. aiorg. u. a11g. Chem. 14'2 (1925), 329.

Magnesium-Aluminium. 143

Beobachter gefiillt wurde Gefunden wurde

a) WILKE-DBXFURT wie gewiihnlich Gemisch bei etwas griiSerem Gehalt { genau die angewaudte Menge b) JANDEB . . . bci Siedehitze Legierung der Sollgchalt derLegierungen

gleiche Werte wie nach einer d) JANDEB . . . ,, 7' Legierung( anderen Methode l)

stark wechseld, vorwiegend viel zu niedriga)

,, unbefriedigende Ergebnisse f) W. BILTZ . . . 1 :edingilgen

g) WILKE-D6RFUBT . bei Siedebitze 9 , 1 , in der Rake 1 , zu viel, aber brauchbar*)

h) JANDEB, W.U.W. bei Siedehitze aeuau die angewandte Menge

JANDER bemiingelt nun in seiner letzten Arbeit, daB ich nicht versucht habe, den Grund der von mir beobachteten Schwankungen zu ermitteln, und daB ich, obwohl e r und WILKE-DORFURT brauch- bare Ergebnisse erzielten , das Verfahren nicht als brauchbar an- erkenne. Beides meiner Meinung nach zu unrecht, selbst wenn man davon absehen will, daf3 schon der krasse Widerspruch in den Befunden von WILJCE-DORFURT und JANDEB das Urteil rechtfertigen wiirde. Diese Verschiedenheit in den Auffassungen aber ist der Grund fur die bedauerliche Tatsache, da6 es in keinem Zweige unsrer Wissenschaft soviel unerfreuliche und die Entwicklung der Forschung durchaus nicht fardernde Polemiken gegeben hat, wie in der analytischen Chemie.

Mit einem bestimmten Analysenverfahren erhalten eine Reihe von Forschern konstante und brauchbare, andere nnbrauchbare und stark schwaokende Werte. Als selbstverstandlich sei gleiche Sorg- falt in der Ausfiihrung der Bestimmungen und im Einhalten der vorgeschriebenen Bedingungen vorausgesetzt. Wer ist d a m ver- pflichtet nachzuweisen , wodurch die starken Schwankungen in der

c) HAHN . . . . ,, 7, Gemisch unbrauchbare Ergebnisse

7, viel zu viel

e) HARH . . . . unter versehied.

Der Fall liegt regelmaBig so:

I) die aber, nicht Burn mindesten nach Versuchen von JANDEB selbst, mit schweren Bedenken behaftet ist.

*) Selbstverstiindlich habe ich mich bei diesen Versuchen hinsichtlich des FiiIIungsvolumens, der Wartezeit bis zum Filtrieren usw. an die Be- dingungen gehalten, die WILKE-D~BFURT (a) und JANDER (d) (S. 142) zu richtigen Ergebnissen fuhrten. Das ausdriicklich zu erwkhnen, hielt ich f i r iiberfliissig. Auf die Bemlngelung durch JANDER hole ich die Angabe nach: Wartezeit nicht unter 5 Tagen, meist Itinger , und verbessere die beanstandcte Angabe, daB die Fiillung versagt, in die genauere: sie wird so verztigert, daB sie rnanchmal sogar nach 14 Tageu noch nicht vollstindig ist.

s) Versuche nur bis herab en l0loMg. Auf den Fehler, der bei kleineren Gehalten auftreten konnte, wird extrapoliert.

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einen Reihe von Ergebnissen hervorgerufen werden? Wer das Ver- fahren ablehnt oder wer es empfiehlt? Ferner, sol1 man auf Grund der guten Ergebnisse sagen: das Verfahren ist brauchbar, oder auf Grund der schlechten: es verssgt? In beiden Fragen neigt JANDER der ersten, ich der zweiten Ansicht zu. Zu verlangen, dafi den Grund der Schwankungen die Forscher ermitteln, die sie auffinden, ware nur dann berechtigt, wenn das Auftreten solcher Schwankungen irgendwie unsern theoretischen Anschauungen oder sonstigen Erfah- rungen widersprache. Das ist aber durchaus nicht der Fall. Wir kennen zahlreiche Analysenverfahren , die von bewahrten Forschern empfohlen wurden , weil sie i n ihrer Hand durchaus brauchbare und konstante Ergebnisse lieferten, und die sich doch niemals eiqefiihrt haben, weil diese Ergebnisse nicht uberall und nicht immer wieder erzielt werden konnten. Und solange die Arbeitsbedingungen nicht 60 festgelegt sind, daB j e d e r mit geniigen- der Sachkenutnis und Sorgfalt ausgestattete Beobachter brauchbare Ergebnisse erzielt, kaun man nur sagen : das Verfahren versagt.

Diesmal liegt der Fall besonders klar. An irgendeinen Fehler in der Ausfiihrung meiner Versuche zu glauben, besteht fur mich nicht der geringste Grund. Herr SCHEIDERER, der die Bestimmungen ausfuhrte, wuBte weder, wieviel Magnesium die einzelnen Kdlbchen entbielten, noch, welche einen Zusatz von Aluminium hatten. Aus- nahmslos fand er in den aluminiumfreien Losungen konstante und brauchbare , in den anderen stark schwankende und unbrauchbare Werte. Der Ursache dieser Schwankungen experimentell nachzu- gehen, bestand aber um so weniger ein AnlaS, als, wie jetzt all- gemein anerkannt ist, das Verfahren auf jeden Fall durch einfachere und bessere ersetzt werden kann.1)

') HAHN und SCHEIDERER, Ber. 67 (1924), 1858. Den dort aufgefiihrten Urteilen haben sich inzwischen noch W. BILTZ und JANDEB angeschlossen.

Prankfurt a. M., Chemisches Institut aev Universitat.

Bei der Redaktion eingegangen am 19. Februar 1925.

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