Meine Damen und Herrn, liebe VÖFA-Gemeinde! Der Veranstalter der Österreichischen...

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Meine Damen und Herrn,liebe VÖFA-Gemeinde!

Der Veranstalter der Österreichischen Staatsmeisterschaft der Filmautoren 2009 hat

mich gebeten, aus der Sicht eines STM-Jurors

Resümee zu ziehen.

Sozusagen eine Conclusio zusammenzustellen, die über die

Befindlichkeiten der Jury vor, während und auch nach dieser STM Auskunft gibt.

Aber ich glaube nicht, dass Sie als Autor nach all der eigenen

Gefühlsgeisterbahnfahrt der letzten Tage der Gemütszustand von sieben Jurorinnen und Juroren, einem

Ersatzjuror und einer Jurysekretärin so wirklich und wahrhaftig interessiert.

Daher möchte ich Ihnen hier zum Abschluss meiner Jurytätigkeit bei dieser

STM lieber eine Kleinigkeit mitgeben.

Nicht unbedingt etwas für´s ganze Leben, aber vielleicht etwas für die

nächsten, sagen wir zwei bis zweieinhalb Wettbewerbe.

Dazu erlaube ich mir, den von mir sehr geschätzten Literaturkritiker Marcel

Reich Ranicki zu bemühen, und bitte Sie, werte Anwesende, jede Ähnlichkeit

der auf die Literatur bezogenen Aussprüche in irgendeiner Weise mit der Thematik „FILM“ als wirklich rein zufällig,

aber vielleicht doch beabsichtigt zu verstehen.

Zumindest sind die Ähnlichkeiten sehr frappant.

Verwenden Sie die Inhalte der Ranicki´schen Weisheiten ungeniert für sich

selbst, je nach Gelegenheit und Bedarf.

Oder geben Sie sie einfach weiter.

Oder vergessen Sie sie von mir aus auch gleich wieder.

Lassen wir aber vorher den verehrten Zitatenspender selbst zu Wort kommen,

mit Worten, die man im VÖFA wahrscheinlich NIE hören wird:

(Photo WDR/Sachs)

„Deutscher Fernsehpreis 2008“ 12. 10. 2008

Ton: WDR

Foto: WDR/Sachs

Link zum kompletten Video

Mich interessiert die Literatur, nicht das Buch.

Marcel Reich Ranicki in „Das Literarische Quartett“ , ZDF, zitiert in „Punkt! Das Magazin des Nordbayerischen Kuriers“, 4. Februar 2005

Aufrichtigkeit ist die erste Pflicht des Kritikers.

Marcel Reich Ranicki in „Menschen bei Maischberger“, ARD, 21. September 2004

Lesen ist nicht nur die Erfüllung einer Erwartung, sondern auch Protest.

Marcel Reich Ranicki in „Figaro-Fragebogen“,mdr, 17. Dezember 2004

Schlechte Kritik ist gar nicht so schädlich, wie oft behauptet wird.

Sie ist sogar sehr verkaufsfördernd, wenn ein

anderer Kritiker dagegenhält und damit die sogenannte

Plus-Minus-Spannung entsteht. Marcel Reich Ranicki

Natürlich ist ein Buch Gegenstand der Zuneigung oder Abneigung.

Man verliert, wie auch bei Frauen, oft die Geduld und langweilt sich.

Marcel Reich Ranicki

Ich lache nicht unter meinem Niveau.

Wenn ich lache, bin ich verpflichtet, das Niveau irgendwie

herbeizudiskutieren, um mein Lachen zu rechtfertigen.

Marcel Reich Ranicki

Die meisten Schriftsteller verstehen von der Literatur nicht mehr als die

Vögel von der Ornithologie.

Marcel Reich Ranicki in „Mein Leben", Stuttgart 1999, S. 343

Unverständlichkeit ist noch lange kein Beweis für tiefe Gedanken.

Marcel Reich Ranicki

Kritik soll die Nichtkönner abschrecken, die Mittelmäßigen zu

Bedeutenderem nötigen, die Großen warnen und vor allem:

die Leser bilden.

Marcel Reich Ranicki

Deutsche Schriftsteller verzeihen ihren Kollegen alles, nur nicht den Erfolg.

Marcel Reich Ranicki

Ohne Eitelkeit gibt es kein Schreiben.

Egal, ob Autor oder Kritiker - Eitelkeit muss dabei sein.

Sonst entsteht nichts.

Marcel Reich Ranicki in „Die Weltwoche“ 16/2009, S. 48

Nichts klingt in den Ohren des Autors so schrill wie das Schweigen

der Kritik.

Marcel Reich Ranicki

Kritiker, die nicht gehasst werden, taugen gar nichts!

Marcel Reich Ranicki

Man soll die Kritiker nicht für Mörder halten;

sie stellen nur den Totenschein aus.

Marcel Reich Ranicki

Zum Abschluss noch ein Zitat für alle unter Ihnen, die demnächst eine Karriere als VÖFA-

Juror anstreben:

Wer sich keine Feinde machen will, der soll nicht Kritiker werden,

sondern Buchhalter.

Oder, wenn es eine Frau ist, Hebamme.

Marcel Reich Ranicki

Die Jurierung der STM2009 ist vorbei. Es leben die Juroren der STM 2010.

Autoren und Juroren:auf zu neuen Taten!

Marcel Reich-Ranicki * 02. 06. 1920 - Wlocawek

Publizist und einflussreichster deutschsprachiger Literaturkritiker der Gegenwart.

(AP Foto/Kerstin Joensson)

Peter Gruber * 16. 12. 1951 - Wien

Juror der Österreichischen Staatsmeisterschaft der Filmautoren 2009 in Klagenfurt

(Foto/Peter Gruber)

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