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8/19/2019 Müller-Doohm «Denken Im Niemandland. Adornos Bürgerliche Antibürgerlichkeit» en Leviathan, Núm 3, 1997, Pp. …
1/15
Stefan Muller D
oohm
Denken
im
Niem
.
andsland:
Theodor W. Adornos biirgerliche Antibiirgerlichkeit•
I.
,,Das Menschlichegerade
(isl)
das
Verscltledene"
Adorno Minima MoraliJJ
Das Stilmittel der Paradoxie n der Titelformulierung ist mehr als modisches
Mitmachen, weil
die
Person,
um
die
es
im folgenden geht, selbst ein Meister
paradoxer Konstruktionen war. Ihm hatte
es
groBes Vergniigen bereitet,
das en-
ken nParadoxien gegen sei.ne postmodemen Liebhaber von heute zu verteidigen.
Die Welt der Doxa durch das Eindringen in ihren meist doppelt geschiitzten
Festungsbau vo.n innen
her
aufzusprengen,
um die
,,inwendige Textur
der
Sache"
zu erschlieBen, war geradezu das methodologische Programm von
Adomos
Phi
losophie, das
er
auch fur seinen Modus der Gesellschaftsanalyse geltend gemacht
hat.
Er
hat
dieses Programm einer imrnanenten Kritik an kaum einem anderen
Gegenstand so iiberzeugend verwirklicht, wie an
dem
sozialen Phanomenbereich
der biirgerlichen
Kultur.
Da8 mit dem ,,
Triump
h der Kultur ( ..) deren Milllingen"
(Adorno
1970, S. 359)
einhergeht, dail sie als biirgerlich-emanzipative Errungen
schaft
m
Fortgang der biirgerlichen.Geschichte ausgespielt hat und nur noch
a.ls
leere Fassade fortbesteht,
das hat
er
an
unziiltligen Beispielen insbesondere
der
Musik und der Literatur, auch an der Bildung und der Sprache deutlich gemacht.
Aber
hat er das
nicht, so ist zu fragen, in
dem
Bewu8tsein getan,
da
die dee
einer biirgerlichen Kultur
durch
Kritik ihres Scheitems hindurch zu retten
sei?
Gerettet werden
mu
, weil
er davon
iiberzeugt war,
da der Zustand
des vollen
deten Kulturzerfalls
der
Zustand dervollendeten Barbarei ist? ,,Heute droht falsche
Abschaffung der Kultur, ein
Veh
ikel der Barbarei", schreibt
er n
der l.sthetischen
Theorie (1972, S. 474). Folglich sind Gedichte auch nach Auschwitz geboten, die
auf ihre Weise ,,den gJ SChichtlichen Stundenschlag" festhalten, und zugleich isl
mehr als
nur
Lyrik notwendig.
Solange
die
Subjekte
n in r zur
systemischen Objektivitat erstarrten Gesell
schaft
zum
falschen Leben verurteilt sind,
mu
die Negativitat des Geschichts-
• Dieser Essay ist Teil ~ines Forschungsprojekts iiber die Alctualitat TheodorW. Ador
os
gefordert
v
on der
DFC.
kh
danke
den
Mitarbeitem
der
Forschungsgruppe
fiir
wertvolle Ratschllige.
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382 Stefan Miiller Doohm
verlaufs
mit der
Deutlichkeit extrem iibersteigender Darstellungsmittel vor Augen
gefii.hrt werden, sowohl in der Philosophie und Gesellschaftstheorie mit den Mil·
teln
des
Begriffs
und
der diskursiven Erkenntnis, als auch
in der
Kunst mit
den
Mitteln
der
asthetischen Verarbeitung. Denn das in
der
Geschichte ,,perennierende
Leiden
,
so heiGt es in der NegatiVl n Dialek.tik, ,,hat in Recht zum Ausdruck
(1970,
S.
355). Die
Sphire
fiir dieses Recht
zum Ausdruck ist die der
Kultur, in
deren
Zentrum
die
Kunst steht. Hier muG jede Moglichkeit ergriffen werden, die auch
noch in der ,,zivilisierten Barbarei besteht, die Katastrophe eines Scheiterns der
Kultur im ProzeG der Entfaltung ihrer eigenen Widerspriichlichkeit zu bekunden,
so
wie das aus Adomos Sicht
am
konsequentesten Samuel Beckett
im
Bereich
seiner Oramatik
und
Prosa getan hat (vgl. Tiedemann 1992; Adorno u.a. 1992).
Adorno selbst hat dazu das Mittel der Kritik als bestimmter Negation ent-
wickelt. Negation entspricht seinem Konzept
von
Dialektik. Diese Dialektik hat
ihm
zufolge ,,ihren Schauplatz in
der
Spannungzwischen
der
Einsicht in die ganz
unmogliche Darstellung eines richtigen Lebens und zugleich des BewuGtseins
davon, wie es sein konnte (Adorno 1973, S. 133 ; vgl. Ritsert 1997, S. 147
ff.).
Wie
in
Adomos
Werk diese Spannung ausgetragen wird: Die Antin.omie, die zwischen
der
These
der
NichtdarsteUbarkeit
der
vemunftigen Einrichtun.g
der
Gesamtge
sellschaft und dem Postulat eines Festhaltens an den Moglichkeitshorizonten der
Modeme
besteht, diese Antinomie soil in holz.schnittartiger Manier an einem
zentralen Kritikbeispiel diskutiert werden: seiner Kritik
an der
Kultur,
die er
komplementar entfaltet
hat zu
r Kritik
an der
Vemunft,
der
Sprache
und
des
Subjekts - alles selbst wieder konstitutive Momente biirgerlicher Kul
tu r
.
Vor dieser Auseinandersetzung rnit Adornos grundsatz.licher Kritik
an der
Kategorie der biirgerlichen Kultur - ein Projekt, das sich von dem der Kulturkritik
a la Spengler und Ortega y Gasset grundsatzlich unterscheidet - sollen einige
Schlaglichter
auf
d ie Herkunft des Frankfurter
Ge
lehrten geworfen werden,
1
der
zweifellos zu den bedeutendsten Gestalten des 20 . Jahrhunderts gehort. Seine
friihe Sozialisation hat ihn,
so
meine These,
zum
natiirlichen Verbundeten
der
Kultur des fortschrittlich-liberalen Biirgertums gemacht. Folglich stellt s i
ch
d ie
Frage, wie
wurde
er zu ihrem geschworenen Feind? Und wie hat sich diese
Feindschaft in seinen theoretischen Reflexionen manifestiert?
1 Weil mein kurzer Riickblick aufAdomos lebensgeschichtliche Erfahrungen im biirger
lichen Eltemhaus
u
MiBverstlndnis nahelegen konnte, hier solle eine kausale Bezie
hung zwischen Person und Werk konstruiert werden, sei folgendes klargestellt: s
kann keinesfallsdarum gehen, aus sei es biographischen, s~ es historischen Oaten d ie
Kritik Adomos llJ I der Gesa.mtheit der burgerlichen Welt herzuleiten. In einer im
Adomo--Archiv vorliegenden unveroffentlichten Notiz (1S
52027
heiBt es: ,,Texte
erschlieSen
nach S..che und Wah rheitsgehalt sich in
der
Zeit unabhiingig vom Willen
derer, die sie verfaBten, und es vermllgen dabei Momente aus ihnen hervortreten, die
nur
hochst vermittelt
zu
dem urspri.lnglich Gedachten stehen ( ..) . Skepsis mu8
folglich jener Biographik gelten, die au.s dem Leben des Gelehrten die lnluilte seines
Werks zu deuten versucht.
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dornos biirgerliche nlibiirgerlichkeit 383
II
dorno wiichst
im
Jahrzehnt nach der Jahrhundertwende im groBstiidtischen
Kulturraum
der
prosperierenden Metropole
am
Main
auf
- innerhalb einer ganz
und gar intakten Familie, die in geradezu idealtypischerweise die biirgerlichen
Merkmale von Wirtschaft
und
Geist miteinander vereint. Sein Yater repriisentiert
den
fiir die Kaufmanns-
und
Handelsstadt charakteristischen Besitzindividua1~
mus
. Das daraus resultierende okonomisch fundierte SelbstbewuBtsein, gepaart
mil Weltlaufigkeit und britisch inspirierter Toleranz, scheint sich dem Sohn a1s
eine selbstverstiindliche Ha
ltung
vermittelt zu haben.
Die aufffillige Begabung des privilegiert aufwachsenden Einzelkindes diirfte
in erster
Linie
auf den
kunstlerischen
EinfluB
seiner ,,beiden Mutter'' zuriickgehen.
ls
ehemalige Sangerin die eine, die leibliche Mutter,
al
s Konzertpianistin die
andere, die Schwester
der
Mutter, machen sie
den
Heranwachsenden mit
der
Sphare
der Mus
ik vertraut
und
schaffen
fiir
ihn eine Atmosphiire
der
vollstiindigen
Geborgenheil Im Rii.ckblick erinnert sich der DreiBigjahrige, daB zu Hause ,,wenig
aus der sinfonischen und kammermusikalischen Literatur (war), was nicht ins
hausliche Leben einbezogen ware (1982, S. 303). Dieser friihen Liebe
zur
Musik
des Biirgertums korrespondiert eine
enge
Affinitat
zum
biirgerlichen Geist des
18
. Jahrhunderts. Adorno war davon iiberzeugt, dais dieser Geist in Beethovens
musikalischem Werk zu einem seiner
Hohepunk
te kommt, weil es seinem Wesen
nach
,,Statthalter
des
Gesamtsubjekts
sein
will
und
sich doch zugleich thematisch
der gesellschaftlichen Spannungen und Gegensiitze bewuBt zu werden vers11cht.
Gerade das Medium der Musik ist
domos
spaten soziologischen Analysen
zu·
folge Trager ei
ner
paradoxen Gleichzeitigkeit von
Bii
.rgerlichkeit
und
Antibiirger
lichkeit (1973a, S. 240 ff. 411 ff . .
Mit
dem
Nimbus
des
Kiinstlertums, insbesondere
der
musikalischen Szene,
kommt Adorno in friihen Lebensjahren nicht zuletzt
durch
die Aufenthalte in
dem
kleinen Stadtchen Amorbach
im
Odenwald in Beriihrung,
wo die
Familie
haufig
die
Ferien verbringt. Oberhaupt pflegt die Familie des angesehenen Frank
furter Weinhandlers Wiesengrund einen regen Kontakt
mit
Musikem, Malern,
Literaten,
was dazu
beitragt, daB Elemente des Lebensstils
der
Boh~me ein Ge
gengewicht gegen
die
Formen der Bi.irgerlichkeit bilden.
domos
intensiver Kind
heitswunsch, Kunstler
zu
werden, mag
du
.rch diese Erfahrungen mitbedingt sein,
aus
der
sich clie spatere Anziehungskraft des jungen Musikkritikers
zur
Berliner
und
Wiener Boh~me erkliirt.
2
Von
jener personlichen Bekanntschaft mit Kiinstlem
und
Musi
kem
,
die
der junge Wiesengrund in
der
siiddeutschen Kleinstadt Amor·
bach macht, ist er fasziniert, eine Faszination, die sich noch den spateren Erinne
rungenmitteilt: ,,Tatsacl\lich kamich mit derSphiire Richard Wagners in Amorbach
2 Das hat Adorno nicht davon abgehalten, sich spater aullerordentlich kritisch
mit
derartigen Strllmungen, insbesondere
der
Oekadenz, auseinanderzusetzen (vg
l. 19n
s. 354 ff., 465 ff.; 1977, s. 499
ff.
.
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384
Stefan Miiller Dooltm
in Beruhrung. Dort hatte - in einem Anbau an den Konvent - der Malet Max
Rossmann sein Ateliei-; oft
waren
w
ir auf der
Terrasse nachmittags bei
ihm zum
Kaffee. Rossmann hatte Dekorationen fur Bayreuth geiertigt. Der eigentliche Wie
derentdecker von Amorbach, brachte er Sanger des Festspielensembles dorthin.
Etwas von dem iippigen Lebensstil mit Kavia r und Champagner teilte sich der
Post mit, deren Kiiche
und
Keller iibertrafen, was man von e
inem
landlich
en
Gasthof hatte e.rwarten diirfen" (1977,
S.
303 f. .
Vor dem
Hintergrund einer kul
turellen Mischform van faszinierend-boh~mienhaften, exklusiv-aristokratischen,
souveran-biirgerlichen und traditionalistisch-bauerlichen Lebensweisen konkre
tisiert sich fur Adorno die Erfahrung
der
unaustauschbaren Bestimmtheit
und
Einzigartigkeit des Ortes als ein Ort innerer Vielfalt, ja der Uneindeutigkeit: der
Streifen Niemandsland, das zwischen der bayerischen und der badischen Grenze
damals
in
der
Umgebung Amorbachs verlief, vermittelt
dem
Heranwachsenden
einen konkreten EindJ"uck von der Existenz im Dazwischen.
3
Dieses Leben in und milder Differenz, diese Anerkennung des jeweils Anderen
in seiner Unverwechselbarkeit ist die friih sich aufdrangende Grundidee, die
er
iir eine richtige Gesellschaft geltend macht: ohne Angst verschieden sein zu
konnen (1980,
S. 114
). Diese Maxime bedingt den Widerstand gegen jenen Kon
formismus, den das zur Herrschaft gelangte Biirgertum zur allgemeinen Tugend
erklart. Mit
der
Einsicht,
da
eine
mit
Angst verschwisterte lndifferenz
zur
Fried
hofsruhe burger ichen Pietismus fiihrt, trennen sichdie Wegezwischen Biirgerkind
und intellektuellen Leidenschaften. Adorno nimmt slch denn
in
enenJugendjahren
die
Wildsau aus
dem
Gehege im
Odenwald
zum
Leitbild,
di
e ihrer Zahmheit
iiberdriissig wird und im rasenden Angriff davontragt, was
ihr
mi8fallt.
Diese familiale Konstellation eines wirtschafts-
und
biJdungsbiirgerlichen Le-
benszusammenhangs, die fiir
Adomos
intellektuelle Biographie die Bedeutung
eines mikrokulturellen Weichenstellers hatte, ist
das
Spiegelbild jener burgerlichen
Kleinfamilie, der Max Horkheimer in seiner Schrift ,,Autoritat
und
Familie" eine
gewisse Resistenzkraft gegeniiber
der
Unmittelbarkeit gesellschaftlicher Zwange
zuerkannt hat (Horkheimer 1968, S. 345
ff. .
Er konstatiert,
da
dieser
von
,,mut-
tedicherSorgen gepragte Familientypus trotz aller Abhangigkeitsverhaltnisse und
autoritarer Strukturen ein Ort war, ,,wo sich Leid frei ausgesprochen
und
das
verletzte Interesse der Individuen ein Hort des Widerstandes gefunden
hat
( ..).
Die Entfaltung und das Gluck des anderen wird in dieser Einheit gewollt. Dadurch
entsteht
der
Gegensatz zwischen
ihr und der
feindlichen Wirklichkeit
und die
Familie fiihrt insofern ( ..)
zur
Ahnung eines besseren menschlichen Zustandes"
(ebd.).
Eine solche Ahnung
hat
sich Adorno
durch
die kulturell vielgestaltige Lebens
praxis seines Elternhauses vermittelt. Denn er hat die Kindheit
in der
biirgerlichen
Familie als Zeit
des
vollstandigen Gliicks
in
Erinnerung. Spat
er
spricht er
von
3
Dall
d ese Denkfigur-des Niemands.landes
fu
r Adorno zentral ist,wird dadurch belegt,
daB er die authentische Kunst an diesem Ort ansiedelt;
er
steht
steHvertTetend
.,fur d
ie
bewohnbare Erde~
1972, S. 67).
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dornos il
r
ger
li h~ nti il rgerli hl til 385
dem
Gefuhl, da.G das, ,.was man im Leben realisiert, wenig anderes ist, als
der
Versuch, die Kindheit verwandelnd eiru.uholen (1986,
S.
395) . Dieser fur Adorno
ungewohnlich positive Riickbezug auf
den
biirgerlich·liberalen Erfahrungszusam·
menhang
der
eigenen Familie
und
die
,,Erinnerungsspuren
der
Kindheit,
die
schei
nen, als ob allein um ihretwillen zu leben sich lohnte 1986,
S.
287), dieser
Riickbezug kann als Hinweis verstanden werden, daB diese begliickende Erfah
rung eine Quelle fiir seine ldentifikation mit den groGen musikalischen Werken
des friihen und spatm Biirgertums sowie mit
den
humanistisc
hen
Ideen eines
aufgeklarten Mensche:ngeschlechts, eines vemiinftigen Gesamtsubjekts ist. Dieser
Riickbezug ist aber auch
der
Grund fiir die Verinnerlichung jener hergebrachten
Formen biirgerlicher Lebensweise, in
die
er, wie er selbst sagt, mil einer gewissen
Fiigsamkeit hineinwuchs, getragen
von den
Anregungen jenes auGergewohnlich
kunstsinnigen
und
kulturell aufgeschlossenen Eltemhauses. Die Verinnerlichung
der
asthetischen Ernmgenschaften der biirgerlichen Epoche und ihres ,,Glikkver·
spreche.ns isl Adomos eigener Aussage zufolge die notwendige Bedingungdafur,
aus der lmmanenz heraus -
es
gibt fiir ihn keinen anderen
Weg
- eine kritische
Distanz zu den Manifestationen des biirgerlic
hen
Geistes zu entwickeln.
Hingegen bleibt d ie biirgerliche Lebenspraxis eine Konstante in Adomos wech·
selvoller Biographie, die zeitgeschichtlich verschiedene Epochenbriiche umfaBt
hat wie
den
Zerfall dee Wilhelminischen Ara mit
dem
Ende des ersten Weltkrieges,
die
Zwanziger Jahre der Weimarer Republik,
den
Paschismus, die Emigration, die
Restauration
der
Nachkriegsjahre sowie die Reformphase
der
Bundesrepublik.
ln
eindringlicher
We
ise wird dieser beha.rrlich beibehaltene Lebensstil solider Biir
gerlichkeit
von
einer imponierend breiten Brief-Korrespondenz bezeugt, die er
ein Leben lan.g a.ls jenes biirgerliche Medium des intensi
ven
Gedankenaustauschs
in eindrucksvoUer
We
ise leben
dig
gehalten
hat
, wie
es
im 18. Jahrhundert von
Reprasentanten gebildet
er
Schichten praktiziert wurde, wie beispielsweise von
Lessing, Wieland, Goethe und Schiller (vgl. Nickisch 1991; Benjamin 1967) . Nicht
zuletzt hinsichtlich ihrer formal-stilistischen Sprachmittel z.B . hinsichtli.ch
der
Hoflichkeitsfl
os
keln, d iplomatischen Wendungen) sind
die
umfangreichen Brief·
wechsel Adomos etwa mit Max Horkheimer und Walter Benjamin, mil Alfred
Sohn·Rethel
und ms·t
Krenek aufschluBreiche Belege
ur
den bildungsbiirgerli
chen Habitus,
den
er
auch wahrend
der
komplizierten, teilweise existentiell
druck.enden Emigrationsjahre in England und in
den
USA aufrechterhielt, nicht
zu.letzt als bewuBte SeJbstvergewisserung der eigenen kulturellen ldentitiit des
Entwurzelten. ,,Wer keine Heimat mehr hat, dem wird wohl
gar das
Schreiben
zum W
ohnen
,
so
heHlt
es
in
der
in
i
m
ora
l
ia
(1980, S.
196).
DaB
Adorno sich nach einigem Zo
gem und
vollzogener EheschlieBung 1938
zum
Ex.ii
in
die USA
entschlieGt, nachdem
ihm
Horkheimer brieflich zusichert,
es
gabe in Amerika ,,Mogiichkeiten, daB Sie und Gretel wirklich groBbiirgerlich leben
konnen (Horkheimer 1995, S. 342), bezeugt unter einem andecen, heute vielleicht
anekdotisch erscheinenden Aspekt eine Attitude, die einer arrivierten Lebensweise
entspringt. Sie
war
- freilich frei von Arroganz und elitarem Gestus - fiir Hork·
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386
St
efan
Miiller-Doohm
heimer nicht weniger als i ir Adorno selbstverstandlich, ihnen in Fleisch und Blut
iibcrgegangen. Weil sie sich aber als
lnt
ellektuelle vom Scheitel bis zur Sohle
Rechenschaft iiber diese bi.irgerliche Existenzweise geben
und
Adorno beispiels
weise iiber ,,das delikate Gleichgewicht von Korrektheit und Unabhangigkeit
(1980, S. 213) reflektiert, hat die eher intro- als extrovertierte Erscheinungsweise
des Bi.irgerlichen keineswegs den Anstrich des Dekadenten
ode
r gar der blinden
Anpassung an
den
Comment, von demonstrativer Wohlanstandigkeit
und
eilfer
tigem Benimm. Man macht
es
sich eben
nicht
,,schwer, der zu sein, der man ist
(ebd.). Vielmehr erklart sich aus dieser Souveranitiit der Ruf des jungen Adorno,
er sei
in
seinem Auftreten in Frankfurt und Wien der 20er ahre snobistisch ge
wesen. Aber, so bekennt er
in
den
inimal oralia
,,daS das sich selbst veran
staltende Leben nicht Mehr als Leben sei, kommt zutage an
der
Langeweile
der
Cocktail Parties (
.
. (ebd.).
Adomos
Affinitat
zur
aristokratischen Lebensform,
von der
geme
mit Hiime berichtet wird, ist nicht nur gesuchte Nahe zur adligen
Herkunft
der
Mutter, einer della Piana, sondern Ausdruck seiner Aversi
on
gegen
jenen biirgerlichen Kleingeist, von dem
er
dachte, er stiinde im Gegensatz zur
Gelassenheit und GroBzugigkeit einer Aristokratie, trotz -
oder
wegen - ihrer
sozialen Position als
minorita.rer Schicht. ,,
Was zu den
Aristo
kra
ten zieht
und
manche von ihnen zu den lntellektuellen, ist fast tautologisch einfach: da8 sie
keine Burger
sind
(1977, S. 429).
Diese Aversion
gegen den biirgerlichen Kleingeist
4
isl ein Hinweis darauf, da8
die
Selbstverstandlichkeit einer biirgerlichen ldentitiit
im
auBeren Auftreten
mit
einer
anderen
Selbstve.rstandlichkeit kontrastiert:
der
Radikalitat
der
Kritik sowohl
an dem biirgerlichen Prinzip der Konkurrenz, der Okonomie de r kapilalistischen
Warenproduktion, in der ,,alles nur fiir anderes ist, als auch an seiner Kritik der
biirgerlichen Moral
und
ihren asketischen Tugendlehren .Was Horkheimer
in
dem
fur diesen thematischen Zusammenhang wegweisend
en
Aufsatz mit dem Titel
.,Egoismus und Freiheitsbewegung von 1936 auf philosophisch-theoretischer Ebe
ne an beillend-scharfsinniger Kritik an der Verponung von personlichem Genu8
und individuellem Gluck geleistet hat (Horkheimer 1968, S. 1
ff.),
setzt Adorno
auf seine Weise in den drei Teilen der inima oralia fort:
,,
Was immer am
Biirgerlichen einmal gut und anstandig war, Unabhangigkeit, Beharrlichkeit, Vor-
ausdenken, Umsicht, istverdorbenbis ins lnnerste.Denn wahrend diebiirgerlichen
Existenzformenverbissen konserviert werden,
ist
ihreokonomische Voraussetzung
entfallen. Das Private ist heute vollends ins Privative iibergegangen, das
es ins·
geheim von je war, und ins sture Festhalten am je eigenen lnteresse hat sich die
Wut eingemischt, daB man
es
eigentlich ja doch nicht mehr wahrzunehmen ver
mag, daB es
anders
und besser moglich ware. Die Burger haben ihre Naivetat
verloren und sind da riiber ganz verstockt und bose geworden (1980, S. 37).
4
Kl
einburger sind Adorno zufolge Personen, die stur auf der Partikularitat iluer lnter
essen bestehen, denen der Blick fur das Ganze in seiner Geschichtlichkeit ebenso
abgeht wie lronie.
m
Biedermeier hat diese Disposition von Gemiitlichkeit und
e-
haglichkeit, von Sentimentalitat und Enge, hat das ..Glu
ck
im
Winkel
in besonders
deutlicher Form Gestalt angenommen.
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Adornos burgerliche
n
iburger ichkeit
387
Dennoch gibt es keinen Zweifel: Adorno
war
seinem Naturell und seiner
Erscheinung nach, ohne
den
Schutz einer
Ma
ske
zu
suchen, ein Reprasentant
der
von ihm ruckhaltlos kritisierten biirgerlic
hen
Kultur, von
der er
sich
im
klaren
war,
da8
sie,
wie
gro8e Musik, iiberhaupt nur in einer ,,beschrankten Periode der
Menschheit moglich
war
197
2,
S. 13).
Weil er
um die HinfaUigkeit
der
Tradition
wuBte, weil ,,die Male der ZerTuttung (
..
) das Echtheitssiegel
von
Moderne (ebd.,
S. 41) sind, gilt sein lnteresse jenen biirgerlichen Intellelctuellen, die
den
Zerfall
und
die
widerspriichliche Verfassung
des
Burgertums innervieren. Gestalten wie
bei
sp ielsweise
Maup
assant, Edgar Allen Poe, August Strindberg, Grenzgangern
der Moderne wie Charles Baudelaire, Marcel Proust, Paul Valery, Franz Kafka und
natiirlich
den
musikalischen Erneuem Anton
von
Webern, Arnold Schonberg
und
Alban Berg. Diese asthetische
Or
ientierung Adornos an
den
dissonanten und
asozialen Moment
en
burgerlicher Kultur
und
Asthetik befordert eine ganz eigen-
standige soziale Pos itionierung, die
von der
Einsicht getragen ist, ,,da.a die Rang-
ordnung des Geistes, falls so etwas exi.stiert, unvereinbar ist mit
der
des auBeren
Lebens (1974, S. 338). Die unburgerlichen Dispositionen, d ie Adorno in seinern
Portrait des
von ihrn bewund.erten Bildungsburger Thomas Mann zu entdeclcen
glaubt, diese unburgerlichen Merkrnale sind nichts anderes als versteclcte Selbst-
zuschreibungen: die Antinomi.e zwischen Burgerexistenz und Kunstlertum,
der
Selbstschutz durch den Wechsel von Sachlichkeit des Ausdrucks
und
lronie, die
Diskontinuitat
der
bildungsburgerlichen Lebensfiihrung, die mit Eigensinn ge-
paarte Bereitschaft zur Einsarnkeit,
der
Widerwille gegen Konformisrnus. Auch
,,die Sehnsucht nach Applaus gilt fur Adorno selbst,
der
auch uber sich hatte
sagen konnen: .,Dem Affekt der Freude und des Schmerzes
war er
fast schutzlos
ausgeliefert, ungepanzert 1974, S. 342).
Adorno ist weit davon en.tfernt, fur seine Lebenspraxis die burgerlichen Tu·
genden strikter Selbstdisziplin, buchhalterischer Rechenhaftigkelt
und
des kon-
servativen Bewahrens geltend zu rnachen. Im Gegenteil: n
die
Stelle des ge-
schichtlich uberholten Gegensatzes zwischen Wirtschaftsburgertum
und
Bildungs-
burgertum (vgl. Bollenbeck 1994, S. 193
ff.
tritt bei ihm als dritte Kategorie
die
Einsamlceit des lntell~tuellen,
der
freilich ,,die Schwerkraft des Burgerlichen in
ihrn
selber lceineswegs leugnet (1980, S. 27), aber gerade deshalb sich den Herr-
schaftsanspriichen der Bourgeoisie e enso
en
tzieht wie er Distanz wahrt zur Vor·
machtsowohl kleinbiirgerlicher als auch proletarischer Massenbewegungen.Ador-
no
spricht in diesem Zusammenhang von
de
r Kalte des Intellektuellen, die von
der
biirgerlichen Kalte nicht
zu
unterscheiden ist. Sicherlich
mit
Ruckbezug auf
die eigene Person bezeichneter die Intellelctuellen als die letzten Burger, die doch
zugleich ihre Feinde sind. Der Distanziertheit und Isolation des lntellektuellen
korrespondiert
die
soziale Marginalitat seines Tuns. Hierfur hat er bekanntlich
schon
zu
Beginn der 40er Jahre die Metapher der Flaschenpost gepragt.
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388 Stefan Muller oohm
III
Weil Adorno
der
biirgerlichen Kultur
der
Modeme verhaftel war, weil er
aus
der
Emphase ihres Selbstverstandnisses heraus als Philosoph gedacht hat, konnle er
sich gleichsam selbst mit seinem drastischen Postulat provozieren, ,,nach
Auschwitz ein Gedichl zu schreiben, isl barbarisch (1977, S. 30). Aber diese
in
der
Tat uniiberbietbare Skepsis im Hinblick
auf
biirgerliche Kullur (Seel 1985) isl
weil
entfemt
von
dem
Nihilismus
der
Tabula rasa, eines Nihilismus,
der die
Ausdrucksgestalten der biirgerlichen Epoche leichten Herzens auf den freilich
zum
Himmel wachsenden Triimmerhaufen
der
Kalastrophengeschichtewirft. Wie
Walter Benjamins geschichtliches Eingedenken
das von
der Fortschrittsdynamik
,,Zerschlagene zusammenfiigen will (Benjamin 1980, S. 697), so legt Adornos
Kritik an
der
Kultur dieser Gesellschaft den Finger
auf
die durch eindringliches
Hinsehen wahrgenommene Wunde, um durch Schmerzerfahrung iiberdeutlich
spur· und sichtbar zu machen, welche Anspriiche historisch gescheitert sind. ,,Da8
die
Kultur bis heute mi8lang, isl keine Rechtfertigung dafi.ir,
i r
Mi8lingen zu
befordern, indem man wie Katherlieschen noch
den
Vorral an schonem Weizen
mehl iiber
das
ausgelaufene Bier slreut (1980, S. 49) .
5
Es isl fraglich, ob man
in
diesem Zusammenhang vom rettenden oder erlosendem lmpuls seines radikalen
Negativismus sprechen kann (Wellmer 1985; Brunkhorst 1990). Vielmehr isl am
Gegenstand dieses Mod-us
von
Kritik an
der
Widerspriichlichkeit biirgerlicher
Kultur Adomos philosophisches thema probandum
z-ur
Diskussion
zu
stellen,
datl sich ,,die Gewall bestimmter Negation als die einzig erlauble Chiffre des
Anderen (1972,
S.
341) erweist.
Welchen Stellenwert hat die Kultur in
der
Modeme? Die Beantwortung dieser
Frage setzt Einblick in ihre Beschaffenheit voraus. Die fortgeschrittene biirgerliche
Gesellschaft isl in ihrer okonomischen Grundstruktur eine kapitalistische Gesell
sch
aft - dies ist
der
Ausgangspunkl
von
Adornos GeseUschaftsanalyse.
ln
dieser
Gesellschaft isl alles und jedes Ware, alles und jedes
zum
Tausch bestimmt. Das
gilt fur das lndividuum,
das
sich als Personlichkeit vermarkten mu8, und ,,
wer
noch we
il ,
was
ein
Gedicht ist, wird schwerlich eine
gut
bezahlte Stellung als
Texter finden (1972a,
S.
101
f. .
Das gilt
fur e
Sprache, die als kommunikalives
Mittel zur ,,Anprei
sung des
Gedankens geworden isl,
der
sich in
der
Konkurrenz
des
Kommunikationsmarktes durchsetzen
mu
(Horkheimer Adorno
1947,
S. 5).
Das gilt fiir Bildung und Kunst,
die
zu integralenBestandteilender Kulturinduslrie
geworden sind: Afs Halbbildung und Kunstgewerbe laufen sie
auf
Regression
hinaus .,Kulrurindustrie ist zugeschnitten
auf
die mimetische Regression, aufs
Manipulieren der verdrangten Nachahmungsimpulse
(1980,
S. 226 £.).
S Analoges liiilt sich fiir die Vemunftkritilc sagen, die
keineswegs,
wie immer wieder
behauptet wlrd, auJ eine definitive Preisgabe von
Vernunft
und Aufillrung hinaus
laufl
Die Vernunft
krankt nicht, wie Adorno
imme
r wieder betont,
an
einem Zuviel,
sondem an einem Zuwenlg der Vemunft (vgl. 1974, S. 121).
8/19/2019 Müller-Doohm «Denken Im Niemandland. Adornos Bürgerliche Antibürgerlichkeit» en Leviathan, Núm 3, 1997, Pp. …
9/15
Adornos iirgerliche
nt
ibiirgerlic 1ktil
389
Dabei verfolgt si.e die Strategie, die Akzept
anz des
lmmergleichen
der
Inhalte
und Formen durch den Rezipienten vorwegzunehmen. Die industrielle Massen-
produktion von Ku
ltur
nivelliert pseudodemokratisch den Unterschied zwischen
Ernstem und Leichtem, zwischen hohen und niederen Kunstgattungen. Schon
wenige Zeit nach Mozarts Z mbtrflote zerfiel tendenziell die
Ei
nheit
von emster
un
d leichter Musik,
und
mit
dem
Burgfrieden zwischen E
und
U
haben
beide
Spharen ihren Eigensinn eingebiiBt (vgl. 1973a, S. 17). Die schnittmusterartig
schematisierten Produkte des sei
es
unterhaltenden,
se
i es erhebenden Genres
der
Programmmedien liefern fiir jeden das, was er will: nach
dem
Mechanismus
von
Angebot
und
Nachfrage. Diese ,,Flut praziser Information
und
gestriegelten
Amu-
sements witzigt und verdummt die Menschen zugleich (Horkheimer Adorno
1947, S. 9). Deshalb schneiden die kulturindustriellen Produkte beispielsweise des
Rundfunks
oder
des
Fernsehers die Erfahrung mit den geistigen Gehalten von
Musik und Literatur ab. Sic fiihren zur Fesselung der ilsthetischen Phan tasie. Die
Kulturindustrie ,,plant das Gliicksbediirfnis eln und exploitiert es . Sie geniigt
einem aus der ,,gesellschaftlich fortschreitenden Versagung hervorgehenden e-
diirfnis und wird ,,durch ihre Art Gewilhrung ( .. )
zum
absolu t Unwahren (1972,
s 461).
Das geht auf Kostendes Wahrheitsmoments von Kultur iiberhaupt, das Adorno
als biirgerliches Erbe zum Bezugspunkt seiner Kritik macht. Dieses Wahrheitsmo-
ment ist das ,,Moment des
An
sich , die
dem
herrschenden Bewu.Btsein suspekte
,,Funktionslosigkeit (ebd., S. 465, 475 bzw. das, was ilber das System der Selbst-
erhaltung
der
Gattung
hinausweist. Den
an
sich konstitutiven Zusammenhang
von Funktionslosigkeit und Kultur ersetzt die Kulturindustrie dadurch, da ihre
Produkte funktional a
uf
nichts anderes als Wirk
ung
kalkuliert sind. lhre Effekte
erreichen sie durch strikte Orientierung an den Bediirfnisdispositionen. Diese
haben aber insofem fiktiven Charakter, als sie ihrerseitsTei I des kulturindustriellen
lnszenierungsprozesses sind. ,,Kulturindustrie ist willentliche Integration ihrer
Abnehmer
von
oben (ebd.,
S.
335). Diese Einschatzung
hat
ihre fast schon klas-
sische Formulierung n
de
r
Dialektik
dtr
Aujkliirung
gefunden: ,,In der Tat ist es
der
Zirkel von Manipulation
und
riickwirkendem Bediirfnis, in
dem die
Einheit
des Systems immer dichterzusammenschieBt (Horkheimer Adorno 1947, S.145).
Diese kleine Skizze einiger Grundeinsichten von Adornos Kulturindustrie-
analyse kann an diese1' Stelle abgebrochen werden,
we
il dieser kursorische Riick-
blick deutlich genug gemacht hat, daB seiner Einschiltzung zufolge in der vollen-
de
t
en
Moderne
die
8/19/2019 Müller-Doohm «Denken Im Niemandland. Adornos Bürgerliche Antibürgerlichkeit» en Leviathan, Núm 3, 1997, Pp. …
10/15
390
Stefan Mtiller Doohm
das
Licht
der
Welt erblickt,
die aber
ihrerseits bi.irgerlichen Ursprungs, Resultat
des
burgerlichen Emanzipationsprozesses ist (Luhmann 1996). Albrecht Wellmer
konstatiert hier
ein
,,traditionalistisches Vorurteil''
des
konsequenten Avantgardi-
sten
Adorno
(Wellrne£ 1985, S. 41),
Christoph
Menke spricht vom puristischen
Begriff asthetischer Negativitat,
vom
,,asthetizistischen Erbe (Menke 1991,
S.
20 f.,
28 ff. .
6
Zumindest
drangt sich
prima
vista
der
Verdacht aui,
da8
Adomos anti-
burgerlich radikalisierte Kritik
durch
einen normativen Rilckbezug begrilndet ist.
Hat
er seine
Quelle
im
Kreis
jener
geschichtlich revolutioniiren ldeen,
die
t
ragende
Saulen
der
bilrgerlichen Kultur
des
Abendlandes sind?
Obe.r die Imrnanenz
der
Kritik,
die
an
der
Kultur in dieser Gesellschaft geiibt
wird, ilber
das
Gebundensein
an
ihren Gegenstand hat sich
Adorno
nicht die
geringsten Illusionen gemacht. Vielmehr
hat er
versucht,
die
.se
lmmanenz
mil den
Mitteln
der
Dialektik aufzubrechen.
So
wird de
.r
die
Kulturindustrieanalyse lei-
tende
Gegenbegriff
des autonomen
Werkcharakte.rs von Kunst nicht schlicht als
gilltige Kategorie einem geistigen Traditi
onszusammenhang
entnomrnen.
lm
Ge-
genteil:
Adorno
gibt si
ch wie
kein
anderer
Rechenschaft ilber
die
Antinomien der
Prinzipien der
autonomen
Gestalt
des
Asthetischen (Eichel 1993,
S.
225
ff. .
Seine
Asthetische heorie kann als
das
Werk gelten,
das
versucht,
die
Verwobenheit
von
Recht
und
Unrecht, Wahrheit
und
Unwahrheit
des
Autonomieanspruchs
der
Kunst
reflexiv
zu
entwirren. Er will iiber
das
notwendig Antibilrgerliche
der erst in der
bilrgerlichen Gesellschaft autonom
gewordenen
Kunst hinausgehen, indern die
Abhangigkeit
des
Antithetischen
von
seinem Objekt gedanklich durchdrungen
wird.
Die Kunst
vermag
sich als das,
was
sie
historisch
wa
r, selbst aub:uheben,
indem
sie ihren eigenen Formgesetzen
der
asthetischen Stimrnigkeit folgend zum
reinen Ausdruck wird. Damit
wird die
Kunst
zur
Verk
orperung
des Nichtidenti-
schen. ,,Indem sie aufgreift,
was
die gesamte Tradition
hindurch
als ihre
Gru
.
nd-
schicht garantiert diinkte, verandert sie s.ich qualitativ,
wird
ihrerseits zu einem
Anderen. Sie vermag es, weil
sie
die Zeiten
hindurch
vermoge ihrer Form ( .. )
gegen das blo8 Daseiende ( ..) sich wendet ( ..
)
(1972,
S.
10 f. .
Obwohl
die Kunstwerke ihre
Authentizitat mit der Oberwindung des
Hier
und Jetzt
durch
asthetische Formprinzipien
und
Ausdrucksrnittel gewinnen,
sch
w
ebe
n sie keineswegs transzendent iiber
der emp
irischen
WelL
Vielmehr voll-
zieht sich
die
Kunst im Rahmen u.nd zugleich
gegen den
Rahrnen von Geschichte
und
Gesellschaft. Aus diesem Grund istes Adorno zufolge verfehlt, ihre Autonomie
als eine absolute zu hypostasieren:Sofern Dichten, Komponieren, Malen etc. sozial
bedingt
sind,
verdankt
sich die Freiheit
des
Kilnstlers einem Herrschaftsprivileg,
das von der uralten
Schuld
der
Trennung zwischen korperlicher und geistiger
Arbeit gezeichnet isl.
Aus
dieser Einscha
tzun
g folgert Adorno: ,,Unmoglich,
im
6 Oemgegeniiber fiihrt Christine Ekhel in iiberzeugender Weise den Nachweis, daB
Adomos Asthetik sich durchaus of
fen
gehalten hat fiir den
ProzeB
.,der
permanente_n
Selbstllberschreitung der Kiinste (Eichel
1993,
S.
295
.
Das
komme insbesondere
in
seiner Theorie einer fortschreitenden
,,
Verfransung der Kiinste zum Ausdruck (ebd.,
s.19 ff. .
8/19/2019 Müller-Doohm «Denken Im Niemandland. Adornos Bürgerliche Antibürgerlichkeit» en Leviathan, Núm 3, 1997, Pp. …
11/15
Adornos biirgerliche A tibiirgerlichkeit 391
BewuRtsein dieses Zusammenhangs, Kritik an der Kulturindustrie
zu
iiben, die
vor der Kunst verstummte (1972, S. 34). Dieses Zitat ist deutlicher Beleg dafiir,
da8 Adorno
sein vemichtendes Urteil iiber das Schicksal der popular gewordenen
Kultur in der kapitalistischen Tauschgesellschaft nicht aus
einer
abstrakten Kon
trastierung von Sein
und
Sollen ableitet, indem er Genesis
und
Gel tung der a-
tegorie des autonomen Kunstwerks als asthetische
Norm
idealistisch voraussetzt,
also im Kontext bii
rg
erlichen Denkens bleibt. Er wagt vielmehr den Drahtseilakt
einer
zweifachen Kritik: Zurn einen die Kritik an der Dichotomie von Asthetik
und Praxis, von Kunst und Leben, zum anderen die Kritik an den auf Effekte
berechneten Trugbildem der Kulturindustrie.
Wenn die ldee einer Wechselwirkung von Autonomie und Kunst, die das
Biirgertum in
der
Phase seiner Emanzipation hervorgebracht hat, in
der
Modeme
Giiltigkeit behalten soll,
daM
bedarf
es ei
ner
Transformati
on des
Gegensatzes
von Kultur und GeseUschaft
in
zweifacher Richtung: Einmal in Richtung einer
Offnung de.r Kunstwerke zur Erfahrung des Neuen bis zur Selbstpreisgabe ihrer
asthetischen Dauer, ihres Ewigkeitswertes, ihrer Aura, denn ,,die Schicht des Un
verauBerlichen,
die
sie (Kunstwerke, d.V.) iiberzieht, ist zugleich
die
welche sie
erstickt' ' (1972, S. 49 . Zurn anderen isl eine Transformation der gesellschaftlichen
Funktion von Popularkultur notwendig, damit eine andere Grenzziehung zwi
·
schen Kulturproduktion
und
Kulturrezeption ermoglicht wird, deM ,,Kunst achtet
die Massen, indem sie ihnen gegeniibertritt als dem,
was
sie sein konnten, anstatt
ihnen ( ..) sich anzupassen (ebd., S. 356).
Die Veranderung des Verhaltnisses
von
Kunst
und
GeseUschaft
in
seinen ge
schichtlich gewordenen Formen, das akzentuiert
Adorno
auf den letzten Zeilen
der asthetischen Th~rie, isl alles andere als ein voluntaristischer
Akt
in der
symbolischen Sphare von Kultur und Kunst, sondem setzt eine andere Einrichtung
der Welt voraus, ein Ziel, das
Adorno
- hier optimistisch genug - als historisch
gegebene Chance begreift. Wlrd sie ergriffen,
dann
verliert das
humane
Verspre
chen
der
avanciertesten Ausdrucksgestalten biirgerlic
her
Kultur
die
Dignitat
einer
unerreichbaren Gro8e am entfemten
Himme
l unendlicher ldeen: ,,Moglich, daR
einer befriedeten Gesellschaft die vergangene Kunst wieder zufallt, die heute zum
ideologischen Komplement der unbefrledeten geworden ist; ( ..) (ebd.,
S.
386).
Die zitierte Passage am Ende der Aslhetischen Theorie fahrt mit der Uberlegung
fort, ob in der befriedeten Gesellschaft
die
Kunst ihre Negativitat, ihre Widerstiinde
aufgeben und zur Harmonie zuriickkehren konne. Adorno schreibt, dies kiiMe
das Opferder Freiheitvon Kunst sein. Aberrichtig verstandlichwird diese A ussage
erst,
wenn
man sich mit
Adorno
iiber zwei Dinge
im
klaren isl: Erstens, daR Opfer
nur m
Zusta
nd der
Unfreiheiterbracht werden.Zweitens is t Freiheitkein Zustand,
der
in einem utopischen Irgendwann ein fur allemal vorhanden ist, sondem sie
mu
.8 wie der Fortschrilt
der
Menschheit als ProzeR historisch ausgestaltet werden,
um
sodann
das
jeweils Ausgestaltete nach Ma8gabe geschichtlicher Erfahrungen
neuerlich
zu
gestalten.
Aus
diesem
Grund
i
st
die Erwartung unberechtigt,
,,
da8
eines besseren Tages Kunst iiberhaupt verschwande . Kunst als Geschichtsschrei-
8/19/2019 Müller-Doohm «Denken Im Niemandland. Adornos Bürgerliche Antibürgerlichkeit» en Leviathan, Núm 3, 1997, Pp. …
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392
Stefan Miiller Doohm
bung,
wie
Adorno sie versteht, ist geschichtlich unaufhebbar, weil sie
das
Medium
ist, in
dem
sich die erdriickende Macht vergangenen Leids und die niemals aus·
schlieBbare Moglichkeit zukiinftigen Unrechts
zum
Ausdruck bringt: als Disso
nanz. Als ,,Signum aller Modeme" sagt diese Dissonanz, daB es ke
ine
Versohnung
gibt, weil die Emanzipation mit Naturbeherrschung verbunden ist - und verbun·
den
bleibt.
7
Kunst isl konstruktive Verarbeitung dieser Antinomie. Durch diese standhal·
tende Verarbeitung, die
das
gelungene Kunstwerk demonstriert, erfahren die Sub
jekte ihre Fahlgkeit, in
der
Spannung
der
Widerspriiche zu Jeben. Deshalb
kann
,
wie Adorno sagt,
die
Erfahrung
der
Negativitat in asthetische Lust sich verwan·
deln, d ie mit Erkenntnis einhergeht 1972, S. 67). In
der Tat:
,,Die dee der Ver·
sohnung flillt
aus
dieser Gleichung heraus" (Wellmer 1993, S. 195).
8
Genau dies
ist
der
tiefere Sinn des Satzes vom Eingedenken
der
Natur
im
Subjekt. Er bedeutet
BewuBtwerden des Andersseins (Ritsert 1996, S. 43), des Andersseins nicht nur
der
Subjekte untereinander, sondem Heterogenitat innerhalb der Pe.rson.
9
Es gilt,
die Jndividuen trotz des sozialen Gebots der ldentltatsbildung als in sich wider·
spriichliche Wesen zu begreifen. lhrVermogen
zur
Uneinheitlichkeit ist ein Zeichen
ih.rer Freiheit.
Sie
manifestiert sich in
der
Autonomie gegen
die
ei~ene Identitiit
als einern durchaus hiiStorisch kontingenten kulturellen Konstrukt.
0
Die bestirnmte Negation ist
das
Kraftz.entrum fiir Adornos antibiirgerliche
Kritik an dee Entwicldungsgeschichte der biirgerlichen Gesellschaft. ln seinen
Begriindungen fiir dieses Erkenntnisprinzip wird wiederholt ein Topos
zur
Gel
tung gebracht:
der des
Scheitems und MiBlingens. Diese Diagnose besagt, daB
etwas Richtiges ein Moment des Falschen beinhaltet. Adorno kann
nun
am Begriff
des
auton
omen Kunstwerks
den
Nachweis fiihren, daB das, was
das
Potential
7 n dem Essay ilber den
Fo
rlschr
l l
verwendet Adorno fiir d i n dialektischen Zusam·
menhang von Emanzipation
und
Unterdrilckung ein eindringtiches Bild: ,,Mahnt
das
Bild
der
fortschreitenden Menschheit an einen Riesen,
der
nach unvordenklichem
Schlaf langsam sich in Bewegung setzt, dann lossturmt
und
aIles niedertrampelt, was
ihm in den Weg kommt,so ist doch sein ungeschlachtes Erwachen
das
einzige Potential
von Milndigkeit" (1977, S. 625)
8 Dennoch
geht
Weltmer davon aus, da8 Adorno letztlich ein Konzept der ,.toialen
Versohnung" vertrete. Es sei die Kehrseite
des
Zustandes ,,vollendeter NegativitatM,
die
daraus resultiert,
da
B ,,Adorno den Zustand
der
modernen Welt v
om
Grenzfall
Auschwitz her ..) konstruierte" (Wellmer 1993, S. 201). Dagegen laJlt sich einwenden,
daB
fur
Adorno die Logik' des Faschismus
und
in dessen KonsequenzAuschwitzdazu
gefilhrt hat, daB
die
Differenz
im
Zwangskollektiv gewaltsam eleminiert wurde. Der
Totalitarismus gilt
ihm
als Endpunkt einer integralen Gesellschaft. Versohnung und
Harmonie stehen bei Adorno im Gegensatz. Dem entspricht es,
daB er
nach dem Sturz
der
Metaphysik alle Hoffnung als illusionar einschatzt, for die Gesellschafl einen
umfassenden Sinnzusammenhang geltend zu machen.
9 Schon in der Dw leklik er Aufkliirung heiJlt es, da8 die Einheit d.er Personlichkeit zum
Schein geworden sei. den man seit Shakespears Hamlet durchschaut habe (Horkhei·
mer/
Adorno 1947, S. 185).
10 Vgl. Benhabib (1992,
S.
129
ff. ,
die
das ,,Paradox
der
Autonomie" des Subjekts i.n
der
Subjeklkritik Adornos herausgearbeHet
und
den normativen Bezugspunkt dieser Kri·
tik verdeutlicht haL
8/19/2019 Müller-Doohm «Denken Im Niemandland. Adornos Bürgerliche Antibürgerlichkeit» en Leviathan, Núm 3, 1997, Pp. …
13/15
dornos biirgerliclre
A11/
ibiirgerlic/1keil
393
eines besseren Zustandes verkorperte, schon von seinem
Ursprungherein
Moment
der Unwahrheil enthielt. st diese fundamentale Antinomie eines zugleich wahren
und falschen Entwurfs nu Gestaltung der Welt uberhaupt auflosbar?
Hier
wi
rd die zukiinftig priiziser zu bestimmende These vertreten:
Adomos
Konzept lebt von der andauemden Spannung der Gegensatze;
deren
Beseitigung
kann keineswegs Ziel und Ergebnis einer zukiinftigen Gesellschaft sein. Denn die
von ihm durchaus angestrebte Versohnung der Differenz m Allgemeinen
11
ist
nicht gleichbedeutend mil ihrer definitiven Auflosung.
Es
soil stat dessen
im
Geschichtsproze8 gelingen, aus der dee der Verschiedenheit heraus die Einheit
des Zusammenlebens n Freiheit
zu
gestaJten. Das ist der AussagegehaJt des Satzes,
der bessere Zustand sei einer,
n
dem man
ohne
Angst verschieden sein kann.
Das Differente ist freilich nicht als das Gute an sich dingfest zu machen. Denn:
,,Gut
ist das sich Entringende. ( ) Als sich Entringendes ist
es
verflochten
in
die
Geschichte, die,
olme daft sie
uf
Versiihnimg hi e
i11de11tig
siclr or
d11ele im Fortgang
ihrer Bewegung deren Moglichkeit aufblitzen la8tu (1972, S 622, Hervorh. des
Verf.). Folglich darf das Differente keineswegs als ontologische Kategorie mitver
standen werden. Wie die Utopie so ist das Differente unbestim.mt, es ist in diesem
Sinne anti-essentialistisch.
Oas trifft auch fur den Wahrheitsgehalt der Kunst zu. Zur universalen Wahrheit
der Kunst gehoren ihre inneren Brechungen: Wie
auch
anders,
denn
ihre Auto
nomie verdankt sich elnem Unrecht, das aber die Voraussetzung dafiir ist, da8
die Gegenentwiirfe des Kunstwerks als Statthalter des Miiglichen gegen das Wirk
liche material
zus
ta
nde
kommen. Die Autonomie
der Kunst
isl nicht
nu
r
no
tge
drungen ungerecht, sondem zugleich auch partiell. Denn jener
Gegenentwurf
des
Moglichen speist sich gleichsam aus dem historisch gegebenen Wirklichen, das
Kunst doch unversohnlich negiert. Entsprechend hei8t
es
an zentraler Stelle in
der
Negativen D
iale
ktik:
.,Der versohnte Zustand annektierte nicht ( ..) das Fremde,
sondem hatte sein Gluck
daran,
da8
in
der gewahrten Nahe das Ferne und Ver
schiede.ne bleibt ( ..
)
(1970, S 92). Diese Geltung des Inkommensurablen
setzt
sich in dem utopischen Erkenntnisprinzip
fort,
das Begriffslose rnit Begriffen
aufzutun,
oh
ne es ihnen gleichzumachen (ebd.,
S 21).
11
Das Konzept der Versohnung einer Differenz
m
Allgemeinen darf keinesfalls milder
Position eines moralischen Ind viduallsmus verwechselt werden. die mit Anerken
nung den Ausgleich von lnteressen Einzelner oder von Gruppen durch einen Schutz
von
MinderheJten m Auge hat - nach dem derzeit populiiren Muster .,everybody is
different". Dieser Begriff der Differenz wird weiterhin miBbraucht im Rahmen des
sogenaMten 'different:ialistischen Rassismus': ,,Eines Rassismus, dessen vorherr
schendes Thema nichl mehr die biologische Vererbung, sondem d ie Unaufhebbarkeit
der kulturellen Differenzen isl; eines Rassismus, der - jedenfa
lls
au/ den ersten Blick
nicht mehr die Oberlegenheit bestimmter Gruppen oder Volker iiber and ere postulierl,
sondem sich darauf
'beschri nkl', die Schadlichkeit jeder Grenzverwischung und die
Unvereinbarkeil der Lebensweisen und Traditionen zu behaupten" {Balibar
1990,
S.
28).
Der
Beg riff
der Differenz dienl hier als Trennungsbegriff- zur Erschliellung des
Eigenen, die milder AusschlieBungdes Fremden einhergeht.
Vgl
zum Problembereich
des Differenzbegri ffs und der Anerkennungstheorie neue.rdings Garcia Dilltmann
(1997).
8/19/2019 Müller-Doohm «Denken Im Niemandland. Adornos Bürgerliche Antibürgerlichkeit» en Leviathan, Núm 3, 1997, Pp. …
14/15
394
Stefan Miiller Doo
hm
Es ergibt sich
die
SchluBfol.ge
rung:
Adornos
biog
raphisch gelebte
und
thema
tisch explizierte biirgerliche Antibiirgerlichkeit ist
ein
Pladoyer fur das Niemands
land, d .h . dafiir, daB das Ganze vielleicht dann beanspruchen kann, das Wahre
- als ProzeJ3
der
Wahrheitssuche
ohne
definitives
Ende
-
zu
sein, wenn
es
sich
als Einheit
zugunsten
d
er
Anerkennung v
on Verschiedenheit
aufgibt. Die Ex
is tenz
im
Niemandsland
is t das Ve
rmo
gen, iiber d ie eigene Ortsgebundenheit hinaus
zugehen,
also
jene Offenheit fiir
die
unreglementierte Er
fahrung bi
s
zur
Grenze
der Selbstpreisgabe. Mit
anderen
Worten, die 1946
im Rahmen
einer
Diskussion
mil Max Horkheimer iiber d ie Re
t
tung de
r
A11flcliirung gefaUen sind
und
wegen
ihrer
apodiktischen Form sicher Seltenheitswert haben: .,Das Positive ist d ie Er-
fahrung
der Differenz (Adorno, in : Horkheimer
1985, S. 597).
Literatur
Adorno, Theodor W.,
1970:
Negative Dialektik, Gesammelte Schriften, Bd. 5, Frank
furt a.M.
Adorno, Theodor W., 1971: Musikalische Monographien, Gesammelte Schriften, Bd . 13,
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Adorno, Theodor W., 1 172: Asthetische Theorie, Gesammelte Schriften, Bd. 7 Frank
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Adorno, Theodor W., 19i'2a; Soziologische Schriften I, Cesammelte Schriften, Bd . 8, Frank
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Adorno, Theodor W., 1
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Philosophische Termlnologie, Bd . l , Frankfurt a.M.
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Adorno, Theodor
W
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1974:
Noten
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Llteratur, Gesammelte Schriften, Bd .
11,
F,·ank
furt a.M.
Adorno, Theodor W., 19n: Kulturkritik und Gesellschaft, 2 Bde., Gesammelte Schriften,
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Adorno, Theodor
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1980: Minima Moralia, Gesammelte Schriften, Bd.
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Frankfurt a.
M.
Adorno, Theodor W., 1966: Vermischte Schriften I, Gesammelte Schriften ...
Bd
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