Operative Versorgung von Knochenbrüchen bei Spina bifida · Epidemiologie • Ultraschall im...

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Operative Versorgung von Knochenbrüchen bei Spina bifida

Akbar Leiter

Zentrum für Wirbelsäulenchirurgie Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Paraplegiologie

Universitätsklinikum Heidelberg Direktor: Prof. V. Ewerbeck

•  Definition, Pathologie, Ausprägung •  Epidemiologie •  Klinik und Diagnostik

•  Frakturen

•  Versorgungskonzepte

•  Komplikationen

•  Zusammenfassung

Einführung

•  Neuralrohrfehlbildung

•  Entstehung zwischen 22. und 28. Tag der Emryonalentwicklung •  Ausbildung während der primären Neurulation (Bildung des Neuralrohrs aus der

Neuralplatte)

•  Spina bifida occulta (verborgen, nicht sichtbar) •  Spina bifida aperta (offen, sichtbar)

•  Meningozele •  Meningomyelozele •  Myeloschisis

Definition, Pathologie, Ausprägung

•  In Mitteleuropa: 1:1000 Geburten

•  Mädchen etwas häufiger als Jungen

•  Etwa die Hälfte der in DE pro Jahr auftretenden Fälle könnte verhindert werden

•  Reduktion des Risikos durch Folsäureeinnahme perikonzeptionel

•  Folsäure seit 1994 in DE empfohlen

(1)  Masuhr K. Neurologie, 6. Auflage, thieme Verlag 2007 (2)  Margaret A. Impact of Folic Acid Fortification of the US Food Supply in the Occurrence of Neural Tube Defects

Epidemiologie

•  Ultraschall im Rahmen der Pränataldiagnostik

•  Diagnose bereits vor der Geburt

•  Feinultraschall

•  Tripple-Test

•  Spina bifida occulta – weiterhin oft Zufallsdiagnose

Diagnostik

•  Symptomatik abhängig vom Schweregrad der Fehlbildung

•  Symptomatik abhängig von Höhe der Rückenmarksläsion

•  Dezente Parese bis Plegie

•  Eingeschränkte oder aufgehobene Kontrolle über Darm und Blase

•  Hydrozephalus, Arnold Chiari-Malformation •  Überdurchschnittliche Häufung an Latexallergie

Klinische Symptomatik

Klinische Symptomatik

Fotos entfernt

Fraktur bei Spina bifida

•  Retrospektive Erfassung von 221 Spina bifida Patienten

•  Alter: 2-58 Jahre

•  20% Kinder (Alter 2 – 10)

•  30% Jugendliche (Alter 11 – 18)

•  50% Erwachsene (Alter 19 – 58)

Frakturen bei Spina bifida

•  55% weiblich

•  45% männlich

•  64% der Patienten hatten Shunt bei Hydrocephalus

Frakturen bei Spina bifida

•  Defekthöhe: •  bei 14% thorakal

•  Bei 37% lumbal

•  Bei 35% tieflumbal

•  Bei 14% sakral

Frakturen bei Spina bifida

•  Inzidenz: •  Kinder 23/1000

•  Jugendliche 29/1000

•  Erwachsene 18/1000

•  Prävalenz: •  200/1000

Frakturen bei Spina bifida

•  Diagnose der ersten Fraktur durchschnittlich im Alter von 11 Jahren!!!

•  Die meisten Frakturen: Femur und Tibia

Frakturen bei Spina bifida

•  Frakturen treten auf bevorzugt metaphysär und diaphysär in den paretischen/plegischen unteren Extremitäten

•  Epiphysäre Frakturen sind beschrieben aber selten (<4%)

Frakturen bei Spina bifida

•  Risikofaktoren bei Kindern und jugendlichen:

•  Defekthöhe: thorakal > lumbal > sakral

•  Je ausgeprägter die Störung der Sensibilität

•  Osteopenie

•  Gehunfähigkeit

Frakturen bei Spina bifida

Characteristika in Spina bifida Patienten mit und ohne Fraktur

Frakturen bei Spina bifida

•  Conclusion: „Fractures in persons with spina bifida are most common during early adolescence. Environmental modification may be more effective than pharmacological tratment in reducing the prevalence of fractures in this population.“

Frakturen bei Spina bifida

•  Hauptziel der orthopädischen Behandlung – Prävention und Behandlung der skeletalen Malformationen

•  Hauptziel – Erhalt der Mobilität

•  Problem – erhöhte Inzidenz von Frakturen der paralysierten Extremitäten mit Einschränkung der Mobilität und Unabhängigkeit

•  Knochendichte bei Spina bifida Patienten um 1- bis 2-fach geringer im Vergleich zur Standardabweichung der gesunden Population (3)

•  Die Frakturen werden häufig übersehen !!!

(3) Quan A. Bone mineral density in children with myelomeningocele. Paediatrics 1998

Frakturen bei Spina bifida

•  Bei Fraktur:

•  Schmerzlose Schwellung

•  Hyperthermie

•  Hyperämie

•  Häufig Fieber

•  Häufig Leukozytose

•  Häufig erhöhte Blutsenkung

Frakturen bei Spina bifida

•  Frakturen häufig undisloziert

•  Sekundäre Dislokation im Verlauf – erst dann oft erst Fraktur sichtbar

•  Die Frakturen häufig atypisch im Vergleich zu den Frakturen der gesunden Patienten

•  Sicherung der Diagnose häufig erst nach wiederholtem Röntgen

•  4-9% der Frakturen betreffen Epiphyse und können Wachstum beeinflussen (4,5)

•  Epiphysäre Frakturen häufiger bei gehfähigen MMC Patienten (6, 7) (4) Cuxart A. Physeal injuries in myelomeningocele patients. Paraplegia 1992 (5) Dosa NP. Incidence, prevalence, and characteristics of fractures in children, adolescents, and adults with spina bifida. JSCM 2007 (6) Kumar SJ. Physeal, metaphyseal and diaphyseal injuries of the lower extremities in children with myelomeningocele. JPO 1984 (7) Lock TR. Fractures in patients who have myelomeningocele. J Bone Joint Surg1989

Frakturen bei Spina bifida

•  1988-2005

•  Retrospektive Erfassung der Patientendaten und der Röntgenbilder

•  862 Spina bifida Patienten

Frakturen bei Spina bifida

•  Von 862 MMC Patienten:

•  471 weiblich (54,6%)

•  391 männlich (45,4%)

Frakturen bei Spina bifida

•  Von 862 MMC Patienten:

•  92 Patienten (10,7%) erlitten eine Fraktur:

•  52 Patienten – weiblich (56,5%)

•  40 Patienten – mänlich (43,5%)

Frakturen bei Spina bifida

•  Von 862 MMC Patienten:

•  92 Patienten (10,7%) hatten mindestens eine Fraktur:

•  52 Patienten – weiblich (56,5%) → 99 Frakturen (58,2%)

•  40 Patienten – männlich (43,5%) → 71 Frakturen (41,8%)

Frakturen bei Spina bifida

•  Von 862 MMC Patienten:

•  92 Patienten (10,7%) Frakturen:

•  Durchschnittsalter– bei Fraktur 10,2 J

Frakturen bei Spina bifida

•  92 Patienten – Fraktur •  56 Patienten – 1 Fraktur

•  20 Patienten – 2 Frakturen

•  16 Patienten – 3 oder mehr Frakturen

Frakturen bei Spina bifida

•  Fraktur •  Schwellung (83%)

•  Lokale Hyperthermie (33%)

•  Fieber (17%)

•  Rötung (14%)

Frakturen bei Spina bifida

•  Von 862 MMC Patienten:

•  92 Patienten (10,7%) erlitten eine Fraktur:

•  In 37,9% - Fraktur des Femurschaftes

•  In 34,1% - Kniegelenknahe Frakturen

Frakturen bei Spina bifida

Frakturen bei Spina bifida

Frakturen bei Spina bifida

Frakturen bei Spina bifida

•  Patienten mit thorakalen MMC (59,8%) erlitten doppelt so häufig eine Fraktur als lumbalen oder sakralen MMC (31,3%)

•  MMC Patienten mit thorakalen Lähmungsniveau und Fraktur – 81% Femurfrakturen !

•  MMC Patienten mit lumbalen Paralyse – kniegelenksnahen Frakturen häufiger

Frakturen bei Spina bifida

Frakturen bei Spina bifida

•  9 Patienten erlitten 10 epiphysäre Frakturen:

•  Davon 6 Patienten waren weiblich

•  Durschnittsalter zum Zeitpunkt der epiphysären Fraktur – 8,9 J

•  Die Selbstständigkeit in der Gruppe mit epiphysären Frakturen war signifikant besser im Vergleich zur Selbständigkeit der Gesamtgruppe

Frakturen bei Spina bifida

Frakturen bei Spina bifida

•  Klassifikation im Bezug auf Art der Gehfähigkeit der MMC Patienten

Frakturen bei Spina bifida

Frakturen bei Spina bifida

•  Epiphysäre Frakturen häufiger nach Gipsbehandlung für Dauer > 6 Wochen

Frakturen bei Spina bifida

Frakturen bei Spina bifida

•  74,1% aller Frakturen in Klasse 3 und Klasse 4

•  MMC Patienten Klasse 3 und 4 – meist femorale Frakturen

•  MMC Patienten Klasse 1 und 2 – häufiger kniegelenksnahe u. Tibia - Frakturen

Frakturen bei Spina bifida

•  Frakturbehandlung in der Studienpopulation:

•  45 MMC Patienten mit Fraktur wurden operativ versorgt mit winkelstabilen Plattenosteosynthese

•  Keiner dieser Patienten erlitt eine Refraktur oder multiple Frakturen

Frakturen bei Spina bifida

•  Frakturbehandlung in der Studienpopulation:

•  60 MMC Patienten mit Fraktur wurden konservativ mit Gips behandelt

•  Refrakturrate sehr hoch: 98,3%

•  15 konservativ behandelten Patienten erlitten multiple Frakturen

Frakturen bei Spina bifida

Frakturen bei Spina bifida

•  Frakturrisiko bei Patienten mit thorakalen MMC 6fach höher als bei MMC Patienten mit lumbalen und sacralen Niveau

•  Frakturrisiko von Grad der Gehfähigkeit abhängig

•  Eine der Ursachen für erhöhte Prävalenz an Frakturen in thorakalen MMC – häufiger nicht gehfähig im Vergl. zu lumbalen MMC – häufiger ausgeprägte Osteoporose – häufiger Frakturen

•  Prävention essentiell: Physiotherapie, Vertikalisation, Korrekturosteotomie, kurze Gipsbehandlung mit schnellstmöglicher Belastung, Vit. D und Bisphosphonate

•  Postoperative Immobilisierung muss dringend vermieden oder zumindest auf das notwendigste reduziert werden

Zusammenfassung

•  Frakturrisiko bei MMC Patienten – ca 11%

•  Epiphysäre Frakturen bei MMC Patienten – ca 6%

•  Epiphysäre Frakturen –häufiger bei MMC mit weniger Behinderung

•  Epiphysäre Frakturen – deutlich häufiger während/nach Gips Behandlung (78% aller epiphysären Frakturen bei MMC)

•  Frakturrisiko steigt mit Gipsbehandlungsdauer

•  Operatives Vorgehen soll angestrebt werden

Beispiele: Fall 1

Beispiele: Fall 1

Beispiele: Fall 1

Beispiele: Fall 1

Beispiele: Fall 2

Beispiele: Fall 2

Beispiele: Fall 2

Beispiele: Fall 2

Beispiele: Fall 3

Beispiele: Fall 3

Beispiele: Fall 4

Beispiele: Fall 4

Was haben wir bis jetzt gelernt

•  MMC Patienten mit thorakalen Höhe der Paralyse – höchstes Frakturrisiko

•  Postoperative Nachbehandlung >4 Wochen in Cast/Gips muss dringend vermieden werden (Reduktion der Sekundärfrakturen)

•  Refrakturrisiko /Risiko an weiteren Frakturen – höher bei MMC Patienten mit konservativer Frakturbehandlung

•  Operative Versorgung ist zu favorisieren um eine Castbehandlung zu vermeiden

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