Potentiometrische Mikrotitrationen

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146 Frledrich L. Hahn:

Potent iometr ische Mikrotitrationen. Von

Friedr ich L. Hahn. [Eingegangen am 13. September 1928.]

Die in der gleichnamigen Arbeit yon E. Z i n t 1 und K. B e t z 1) wiedergegebenen Uberlegungen bedilrfen in mehrfacher ttinsicht einer Erganzung.

1. Qualitativ : Dass die wi~hrend der Titration eintretende Volumen- vergrSsserung den Wendepunkt der Volumen-Potential-Kurve vor dem ~quivalenzpunkt auftreten li~sst, geht schon aus den yon M. F r o m m e r und mir gegebenen Ableitungen hervor~).

2. Quantitativ: Irgendwie merkliche Titrierfehler werden hierdurcl~ praktisch nie verursacht werden, wenn man nicht Versuchsbedingungen wahlt, die schon aus ganz a~deren Griinden als unzweckmi~ig anzu- Sprechen sind.

3. Seibst da, w o e s auf grSsste Genauigkeit ankommt, lhsst sich der geringe ~Verdtinnungsfehler~ auf einfachste Weise ausgleichen.

Zu 1. Aus den yon F r o m m e r und mir gegebenen Ableitungea A~

geht hervor, dass der HSchstwert des Differenzenquotienten ~ nur dann

mit dem Aquivalenzpunkt zusammenfi~llt, wenn die einzelnen Reagens- zus~tze cgleich gross~)~ d. h. gleich wirksam sind. Es ist dabei mehr- fach and nachdrticklich betont worden, dass die Reagenszusi~tze nicht als 1~I e n g e n zu ~verten sind, sondern die Dimension einer K o n z e n t r a t i o n haben : Mill imol]ccm titrierter L6sung. Bei stets gleichen M e n g e n is t also infolge der ¥olumenzunahme jeder folgende Reagenszusatz (~kleiner~)~ d. h. weniger wirksam als der vorhergegangene, also auch jeder folgende Potentialschritt, am vorhergegangenen gemessen, kleiner, als er es bei konstantem Volumen sein wQrde. D. h., der Wendepunkt, der ja dem grSssten Potentialanstieg zugeordnet wird, erscheint zu frtih.

Zu 2. Z i n t l und B e t z errechnen far eine Titration ~on Chlorid mit 0,0001 n-Silberl~sung bei einem Endvolumen yon 10 ccm einen Verdiiunungsfehler yon 0,8 ccm. Das ist rechnerisch durchaus richtig, nur wird bei einiger Uberlegung niemand Chlorid mit einer so ver- dtinnten SilberlSsung titrieren wollen, and einen gi~nzlich Unerfahrenen

1) Diese Ztschrft. 74, 330 (1928). 3) I. Ztschrft. f. physil~. Chem. 127, 1 (1927); IL F r. L. H a h n, M. F r o m m e r

und R u d o l f S c h u l z e , ebenda 183, 390 (1928).

Potentiometrische Mikrotitrationen. 147

wird der Ausfall der ersten Messung auf das Unzweckmftfiige dieses Beginnens aufmerksam machen. Der einzelne Reagenszusatz mtisste

nf~mlich unter diesen Bedingungen 1 bis 2 c c m betragen (je nach der Mess- genauigkeit der Kompensations-Apparatur 1), damit man iiberhaupt noch den tIschstwert der Potentialschritte erkennen kann. Die Annahme einer Chlorid-Titration mit 10 -a n-Silberliisung enthitlt also einen Widerspruch in sich selbst: es geht fast das ganze angenommene Endvolumen schon in den Reagenszusi~tzen auf und es bleibt kein Raum mehr fiir die zu titrierende Substanz iibrig.

Zweckmitt~ig titriert man kleinste Mengen Chlorid mit einer 0,002 n-SilberlSsung and Reagensznsittzen yon je 0,1 c c m auf j e 10 c c m Gesamt- volumen; das sind Reagenszustttze giinstigster Griisse ~), die bei einiger- matien empfindlicher Messanordnung einen sehr deutlichen HSchstwert der Potentialschritte erkennen lassen, wie die Reihen unter 3. zeigen. Der Verdiinnungsfehler (0,002 c c m nach Z i n t 1 and B e t z) ist dabei vSllig bedeutungslos.

Zu 3. Damit der Verditnnungsfehler iiberhaupt hervortrete, sei angenommen, dass eine 0,002 n-L0sung gerade nicht zur Verfiigung stehe, sondern eine gut eingestellte 0,001 n-LSsung, so dass die Titration mit dieser durchgeftthrt werden solle. Nach dem unter 1. Gesagten besteht ein theoretisch einwandfreier Weg zur Vermeidang des Ver- dtinnungsfehlers darin, dass man die einzelnen Reagenszusittze in ihrer

e n g e proportional dem wachsenden Gesamtvolumen vergrSssert~ so dass sie in ihrer W i r k s a m k e i t stets gleich gross sind. Natitrlich ist dieser Weg praktisch ungangbar, well es nicht mSglich ist, zu 10 c c m

LSsung erst 0,2ccm, dann O , 2 0 4 c c m i dann 0 , 2 0 8 0 8 c c m usw. zuzu- setzen. Es genagt aber, stets gleiche Mengen zuzugeben und daftir die gemessenen Potentialitnderungen durch Multiplikation mit den zugehSrigen Volumenwerten auf die Schritte umzurechnen, die bei gleich wirksamen Reagenszusi~tzen erhalten worden wttren. Ein Beispiel zeigt diese ein- fache Korrektionsrechnung.

B e r e c h n e t e P o t e n t i a l s c h r i t t e f a r e i n e T i t r a t i o n yon C h l o r i d m i t 0 , 0 0 1 n - S i l b e r l S s u n g . D e r ~ q u i v a l e n z p u n k t l i e g t b e i m G e s a m t v o l u m e n V = 1 0 , 0 0 ccm.

~) Bei Zus~tzen yon 0,5 ccm miisste die einzelne Potentialmessung auf weniger als 0,1 Mi]livolt sicher sein, bei 1 ccm auf etwa 0,5 Millivolt. Z i n t l and B etz verwenden Reagenszusi~tze von 0,3 ccm 0,001 n-LSsung, das waren 3 ccm 10-4 n-LSsung!

~) Vergl, Hahn und Frommer II, S. 395, 10"

148 Friedrieh L. Hahn: Potentiometrische Mikrotitrationen.

A. J~quivalenzpunkt am Ende eines Mafiteiles.

V ~--- 9,4 9,6 9,8 10,0 10,2 10~4 10,6 ccm /~ 9,3 12,8 17,3 16,7 11,7 8,3 Millivolt A~ korr. 8,7 12,3 1 7 , 0 1 7 ~ 0 12,2 8,8 ,,

B. Jkquivalenzpunkt in der Mitte eines 5{ahteiles.

V ~ 9,5 9,7 9,9 10,1 10,3 10,5 ccm A~ 10,9 14,9 17,3 14,0 9,8 Millivolt A~ korr. 10,3 14,3 17,0 14,3 10,2 ,

Aus den unkorrigierten Potentialschritten ergibt sich darch Inter- polation der Endpunkt far A bei 9,98, far B bei 9,97 ccm, also ein Fehler, der bei genauesten Bestimmungen immerhin merklich ist 1); die korrigierten Potentialschritte sind symmetrisch zu 10,00ccm. Die Kor- rektion wurde wie folgt vorgenommen: Von dem Matipunkt, der dem grSssten Potentialschritt folgt~ ist anzunehmen, dass er dem Aquivalenz- punkt sehr nahe liegt; sein Yolumen gelte daher als ,Mittelvolumen~ der Titration. Um die wi~hrend der Messung stattfindende Volumen- anderung auszugleichen, werden die einzelnen Potentialschritte mit dem Quotienten aus ihren (,Grenzvolumen~ und dem Mittelvolumen multipliziert ~, also far A

9,4 1 2 , 8 ~ 17,3 9,8 10,2 10,4 10~6 9 ' 1--~03 .v.vl0, 1 0 , 0 1 6 ' 7 - ~ , 0 1 1 , 7 ~ 8,310------ ~

and fiir B

10 9.5 1 4 , 9 ~ 17 9,9 14010 ,3 9,8 10,5 '91- ,1 lO, '3T0 ,1 ' lO,1 lO,--1

Ein anderes, nicht immer, aber hi~ufig anwendbares Verfahren die Wendepunktsverschiebung abzugleichen, besteht darin, dass man sowohl die zu messende L0sung (Stoff) als auch das Reagens in eine Btirette

1) Der Fehler, 0,02--0,03 ccm ist grSsser als der yon Z in t l und Betz errechnete yon 0,008 c c m ; Grund : die Rechnung yon Zin t 1 und B e t z bezieht sich auf den Differentialquotienten und gilt daher nur fiir iiusserst kleine Reagenszusi~tze, nicht fiir solche yon praktisch anwendbarer GrSsse. Die von diesen hervorgerufenen PotentialschrRte und der bei einer wirklichen Messung eintretende Verdtinnungsfehler kSnnen wie folg~ berechnet werden. 0,1 ccm vor ~quivalenz fehlen 10 -4 Millimol auf 9,9 ccm, also 1,01.10-5 Millimol. cm 8 ; 0,3 cm

vor ~quivalenz fehlen 3.10 -4 MiUimol auf 9,7 ccm, also 3,09.10-~ Millimol. cm-a usw. 0,1 ccm nach ~quivalenz sind I0-¢ Mfllimol auf 10,1 ccm tiberschtlssig, also 0,99.10-s Millimol. c m - 8 usw. Danach lassen sich in bekannter Weise die zugehSrigen Potentiale berechnen.

H. Brintzinger: Die Reduktionsperlenprobe usw. 149

fallt und nun zuniiehst den Stoff mit dem Reagens bis eben fiber den Um-

schlag titriert und dann die LSsung noch einmal mit dem Stoff zuriick- titriert. ~an erhiilt so 2 Yerhi~ltniszahlen far die Konzentration Stoff:

Reagens, deren ~iittel yon der Endpunktsverschiebung frei ist. Auch andere Fehler, die einer <,einsinnigem> Titration anhaften kSnnen, lassen sich vielfach so ausschalten.

F r a n k f u r t a. M., Chemisches institut der Universiti~t.

Die Reduktionsperlenprobe, eine sichere und einfach durchftihrbare

Vorprobe. Von

H. Brintzinger. [Eingegangen 28. September 1928.]

Ira analytischen Unterrichtslaboratorium babe ich hhufig beobachten kSnneu~ und zahlreiche Fachgenossen bestt~tigten mir diese Beobachtung, dass gegen die Kohlensodasti~bchenprobe, welche wertvolle Hinweise auf alas Vorhandensein verschiedener Metalle zu geben vermag, eine gewisse Abneigung Unter den Studierenden besteht, woftir der Grund wohl in der etwas umsti~ndlichen Herstellungsweise der Kohlensodasti~bchen zu suchen sein dtirfte.

Ich babe deshalb versucht, die Kohlensodasti~bchenprobe durch eine bequem ausftihrbare ¥or-, bezw. Identiti~tsprobe zu ersetzen, und fund, dass es leicht gelingt, reduzierbare ~etallverbindungen his zum

~Ietall zu reduzieren, wenn man die Mischung der zu untersuchenden Substanz mit einem Schmelz- und Reduktionsmittel am Magnesiastiibchen im heissen Reduktionsraum der Gasflamme erhitzt und so eine ,,Re- duktionsperle" erzeugt, in deren Spitze infolge des Unterschieds des spezifischen Gewichts yon Metall und Schmelze das Metallkorn hi~ngt.

Die Probe wird am besten folgenderma•en ausgefiihrt: Die zu antersuchende Substanz verreibt man in einem Porzellantiegel mit der zwei- his dreifachen Menge der Mischung eines Schmelz-und eines Reduktionsmittels 1) and bringt das Gemenge mit Hilfe eines erhitzten

I) Als beste Reduktionsperlenmischung erwies sich folgende: 2 Gewichts- teile Natriumoxalat, 2 Gewiehtsteile Kaliumoxalat und 1 bis 1112 Gewichts- teile Borax.

Natiirlieh gibt es noch eine Reihe anderer Zusammenstellungen, wie z. B. Borax mit Kaliumeyanid oder Weinstein, die bei geeigneten Miscbungs- verhtiltnissen sich ebenfa]ls recht gut bew~ihren.

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