Protolysegleichgewichte zwischen Aquo- und Hydroxohalogenokomplexen von Osmium(lV)

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Z. anorg. allg. Chem. 423, 117-124 (1976) J. A. Barth, Leipzig

Protolysegleichgewichte zwischen Aquo- und Hydroxo- halogenokomplexen von Osmium(lV)

Von W. PREETZ und G. SCHATZEL

K i e 1, Institut fur Anorganische Chemie der Christian-Albrechts-UniversitPt

Inha l t s i ibers ich t . Die Protolysegleichgemichte zwischen den durch Hydrolyse dargestellten Monaquokomplexen [OsCl,(H,O)]-, [OsBr,(H,O)]-, trans-[OsCl,J(H,O)]-, cis-[OsCl3J,(H2O)]- und den entsprechenden Monhydroxokomplexen werden durch Messung der Absorptionsspektren in Ab- hangigkeit vom pH-Wert untersucht. Die Protolysekonstanten sind um so kleiner, je groBer der trans-Effekt Xes der Aquogruppe gegenuberstehenden Liganden ist. Die Eigenschaften der Aquo- und Hydroxokomplexe wercien beschrieben.

Equilibrium of Protolysis between Aquo- and Hydroxo -Halogeno Complexes of Osmium (IV)

Abst rac t . The equilibrium of protolysis between the monaquo complexes [OsCl,(H,O)]-, [OsBr,(H,O)]-, trans-[OsC1,1(H20)]-, cis-[0sC1,I2(H,O)]-, prepared by hydrolysis, and the corre- sponding monhydroxo complexes is studied by measurement of the absorption spectra as function of pH. The protolysis constants decrease as the trans-effect of the ligand opposite to the aquo group increases. The properties of the aquo and hydroxo complexes are described.

1. Einleitung Wahrend in der Literatur uber die Hydrolyse reiner Hexahalogenokomplexe

der Platinmetalle mehrfach berichtet wurde [ 1 - 41, fehlen bisher entsprechende Arbeiten an Komplexen des Typs [MXnYs-n]'-; M = Os, Ir, Pt; X + Y = C1, Br, J ; n = 1-5, da diese erst in den letzten Jahren in praparativen Mengen zu- giinglich wurden [5 - 71. Derartige Gemischtligandkomplexe bieten aber die Moglichkeit, den spezifischen Einflulj verschiedener Liganden auf die Hydrolyse- bestandigkeit festzustellen und mit dem trans-Effekt in Verbindung zu bringen.

An dem System

[0sC1,J2- + H,O + [OsCI,(H,O)]- + C1- (1) gelang es MIANO und G A R N S ~ [3], durch genaue kinetische Untersuchung der Aquotisierung (Hin- Reaktion, Hydrolyse) in HNO,-saurer Losung und der Wassereliminierung (Ruckreaktion, Anation) in HCI die Eigenschaften des Monaquokomplexes niiher zu beschreiben. Der Versuch, durch Protolyse in weniger saurem Medium die Hydroxoverbindung [OsC1,( OH)]'- zu erhalten, schlug fehl. Die Exi- stenz dieses Komplexes ist unistritten, denn bei Befolgung der von KRAUSS und WILKEN [8] bzw. DWYER und HOGARTH [9] gegebenen Arbeitsvorschriften sol1 sich nach neueren Untersuchungen [lo] der sauerstoffverbriickte, zwei kernige Komplex [OS,OCI,,,]~- bilden.

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Im folgenden werden durch spektrophotometrische Untersuchungen der pH- Abhangigkeit der Protolysegleichgewichte verschiedene monomere Pentahalo- geno-Hydroxo-Komplexe in Losung nachgewiesen und durch die Absorptions- spektren und das ionophoretische Verhalten charakterisiert. Die Bestimmung der Protolysekonstanten zeigt, daIj diese von dem zur Aquogruppe trans-standigen Liganden abhangt.

2. Grundlagen

durch das folgende Gleichgewicht beschrieben : Die Protolyse eines gemischten Halogeno-monaquo-Komplexes wird allgemein

(2)

Die Abhangigkeit vom pH-Wert ergibt sich durch Anwendung des Massenwir- kungsgesetzes zu :

[OsXnY5..n(H20)]- + H,O F+ [OsXnYS-n(OH)]'- + H,O+.

pK =: -log K, K = Protolysekonstante X = Molenbruch der basischen Form (Hydroxokomplex) 1-X = Molenbruch der sauren Form (Aquokomplex).

Besitzen die beiden sich ineinander umwandelnden Komponenten verschiedeno Absorptionsspektren, so 1aBt sich ihr Verhaltnis im Gleichgewicht spektrophoto- metrisch ermitteln.

Die Extinktion E eines Gemisches bestimmter Konzentration ergibt sich additiv aus den Beitragen der beiden Formen zu:

(4)

Dabei ist El die Extinktion der Losung, wenn der Komplex ausschliel3lich in der Aquo-, E, diejenige, wenn er ausschlieBlich in der Hydroxoform vorliegt. Mit, Hilfe des Lambert-Beerschen-Gesetzes lassen sich aus El und E, die substanz- spezifischen, molaren Extinktionskoeffizienten berechnen.

E = (1 - X) .El + X.E2.

Bus GI. (4) ergibt sich fiir das Verhaltnis der beiden Formen:

X E - El -_- 1 - X E , - - E '

und mit Gl. (3) folgt:

El - E E - E,

Bei der Auftragung von log ~ gegeri deli pH-Wert erhlilt man eine Gerade, die bci Vorliegeii

der beiden Gleichgewichtspartner in aquimolekularen Mengen die Abszisse schneidet. Daraus lal3t sich die Protolysekonstante K berechnen, denn an dieser Stzlle gilt pH = pK. I n Losungen, direii pH-Wert um 2Einheiten kleiner bzw. groI3er als der pK-Wert ist, liegt zu 9976 die saure bzw. basische Form vor, so daI3 sich an solchen Systemen die Werto fiir E, und E2 ermitteln lassen.

Aquo- und Hydroxohalogenokomplexe von Osmium(1V) 119

3. Hydrolyse und Protolysegleichgewichte H y d r o 1 y s e d e r H e x a h a 1 o g e n o k o m p le x e. Die vollstandige Hydrolyse

der Hexahalogenokomplexe fuhrt zur Abscheidung des schwarzen OsO, - aq. Die Reaktionsgeschwindigkeit ist um so groaer, je hoher die Temperatur und der pH-Wert der Losung sind. Zwischenprodukte lassen sich nur in schwach saurem oder neutralem Milieu abfangen. Da die Halogenliganden in schneller Folge nach- einander abgespalten werden und die primar entstehenden Aquokomplexe ver- mutlich durch Kondensation eine Fulle unterschiedlich aggregierter Verbindungen bilden, lafit sich die Hydrolyse nicht auf die Bildung einer speziellen Komplexart einstellen. Stets fallen Gemische an, deren komplizierte Zusammensetzung nach der ionophoretischen Auftrennung erkennbar ist. Wahrend man in teilweise hy- drolysierten Losungen gewohnlich nur zwei anionische Komplexe, namlich unver- Bndertes [0sX6l2- und den halb so schnell wandernden Monaquokomplex [ OsX,(H,O)]- nachweisen kann, beobachtet man zur Kathode hin, beginnend an der Startlinie, eine dichte Folge unterschiedlich gefarbter Zonen. Einige davon sind starker ausgepragt und durften nach Farbe und Wanderungsstrecke von [OsX,(H,O),], [OsX,(H,O),]+ und [OSX,(H,O),]~+ herriihren. Bei den dazwischen- liegenden Zonen handelt es sich vermutlich um sauerstoffverbriickte Mehrkern- komplexe unterschiedlichen Hydrolysegrades mit verschieden grofier positiver Ionenladung.

Die Hydrolysebestandigkeit der Hexahalogenokomplexe nimmt von [OSCI,]~- iiber [OsBr,12- zum [OsJ6]2- hin sehr stark ab. In gemischten Hexahalogeno- komplexen werden besonders leicht durch trans-Effekt gelockerte Liganden gegen Wasser ausgetauscht. Dadurch ist es moglich, die Hydrolyse stereospezifisch er- folgen zu lassen.

I s o 1 i e r u n g d e r P e n t a halogen o - m o n a qu o - Ko m p 1 ex e. Die Monaquo- komplexe sind das erste Zwischenprodukt bei der Hydrolyse der Hexahalogeno- komplexe. [OsCl,(H,O)]- und [OsBr,(H,O)]- bilden sich in 20 bis 30xiger Aus- beute, wenn etwa 100 mg der Hexahalogenokomplexe gelost in einigen ml dest. Wasser fur einige Minuten in ein siedendes Wasserbad gebracht werden.

Dabei fallt nur wenig OsO, . aq aus, das abzentrifugiert wird. Die verbleibende Losung wird direkt der Ioiiophorese unterworfen. Fur die saubere Abtrennung der Monaquokomplexe von den etma noch in gleicher Menge vorhandenen Hexahalogenokomplexionen und den kathodischen Hydrolyse- produbten geniigen 10 bis 15 Minuten. Die Zone mit dem Monaquokomplex wird ausgeschnitten und mit kaltem Wasser eluiert. Beim Iiingeren Erhitzen der Ausgangslosung nimmt die Anzahl urid Inten- sitat der kathodischen Banden auf Kosten des interessierc-nden Monaq tiokomplexcs zu.

Die gemischten Chloro-Jodo-Komplexe hydrolysieren bereits bei Zimmer- temperatur ausreichend schnell.

Ida13t man etwa 50 nig K,[OsCI,J] bzw. cis-K,[OsCI,J,] gelost in 2 nil dest. Rasser 7 bzw. 5 Stun- den bei Ziwmertmiperatur stehen, so bilden sich hauptsiichlich trans-~OsCI,J(H,O)]- und cis- [OsCI,J,(H,O)]-. Wegen des stark bevorzugten Angriffs in trans-Position zu dcn J-Ligandon asrden Folgeprodukte nur in geringcr Nenge beobachtet.

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Die wail3rigen Losungen aller in reiner Form isolierten Monaquokomplexe sind bei 0°C lange Zcit, im eingefrorenen Zustand vollig stabil. Es gelingt nicht, auch nicht mit groBen Kationen wie Cs+- oder Tetrabutylammoniumionen, die Komplexe auszufallen. Sie lassen sich auch durcli Gefriertrocknung nicht in fester Form gewinneii, sondern hydrolysieren unter diesen Bedingungen zum groBten Teil weiter.

S p e k t r o p h o t ome t ris che Un t e r s u c h u n g en. Die durch Elution der Phero- gramme erhaltenen Losungen eignen sich fur spektrophotometrische Messungen. Um weitere Hydrolvse und Ligandenaustauschreaktionen auszuschlieBen, wird die Kiivette auf + 5 "C thermostatisiert. Die angesauerten Losungen ergeben die Absorptionsspektren der reinen Peiitahalogenomonaquo-Komplexe. Durch Um- setzung bestimmter Losungsmengen mit HC1 bzw. HBr zu den Hexahalogeno- liomplexen, deren Absorptionsspektren bekannt sind, konnen die molaren Ex- tinktionskoeffizienten erniittelt werden. Sie sind im Durchschnitt fur [OsCl, (H,O)]- und[0sI3r5(H,O)]-um 10 - 20% niedriger, fur trans-[OsCl,J(H,O)]- und cis-[OsCI,J,(H,O)]- etwas hoher als bei den entsprechenden Ausgangsverbin- clungen.

Nach G1. (2) wandeln sich die Aquokomplexe mit sinkender H+-Ionenkonzen- tration in die Hydroxokomplexe urn. Dieser Vorgang ist, wie von Saure-Base- Indikatoren her bekannt, mit deutlich erkennbaren Farbanderungen verbunden. Zur quttntitativen Messung der pH-Abhangigkeit werden jeweils gleiche Mengen der eluierten Losungen zu verschiedenen Citratpuffern gegeben und auf eine konstante Gesamtkonzentration eingestellt. Abb. 1 bis 4 zeigen die bei den ange-

t E

I ),430nrn I

Abb.1 Abb.2

Abb. 1 [OsCI,(H,O)]- + [OsCI,(OH)12- + Hf Abb. 2 [OsBr,(H,O)]- + [OsBr,(OH)]2- + H+

Absorptionsspektrcn fur das Protolysegleichgewicht

Shsorptionsspektren fur das Protolysegleichgewicht

Aquo- und Hydroxolialogenokornplexe von Osmim(1V) 121

gebenen pH-Werten registrierten Absorptionsspektren der Gleichgewichts- mischungen. Durch eine weitere Erniedrigung bzw. Erhohung des pH-Wertes der Pufferlosung werden die Hullkurven praktisch nicht mehr verandert, d. h. dies sind die Absorptionsspektren des reinen Aquo- (kleinster pH-Wert) bzw. des reinen Hydroxokomplexes (hochster pH-Wert ). Allerdings sind Messungen ober-

A B 640/;m

E

9 4

9 2

400 3-00 600 700 ,?(nm/ -

Absorpt,ionsspektrer1 fur das Protolysegleichgewicht Abb. 3 trans-[OsCI,J(H,O)]- + trans-[0sCl4J(OH)1?- + H+

I 10

400 500 - 600 700 800 goo Jlnrn] -

Abb. 4 Absorptionsspektren fur das Protolysegleichgewicht cis-[OsCI,J,(H,O)]- F' ci~-[OsC1,J,(0H)]~- + H+

halb von pH = 6 kaum noch moglich, weil schnelle Folgerealrtionen storen. Die Fabanderungen erfolgen bei Anderung des pH-Wertes momentan und sind im System trans-[OsCl$(H,O)]- + tran~-[OsCl,J(OH)]~- + H+ visuell am besten zu erkennen. Die Losung erscheint bei pH = 1,5 kornblumenblau und schlagt iiber blaugriine Tone nach rein violett bei pH = 5,5 urn.

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Pro to lysekons tan ten Zur Rerechnung der Protolysekonstanten werden die pH-abhlngigen Extinktionswerte derjeni-

gen Wellenlangen der Absorptionsspektren herangezogen, fur die sich die saure und basische Form a m starkst)en unterscheiden. Sie sind fur die vier untersuchten Systeme in Abb. 1-4 angegeben.

El - E E - E,

Bei der Auftragung von log- gegen die pH-Werte erhalt man gemal3 GI. (6) Geraden,

Abb. 5, aus deren Schnittpunkt mit der Abszisse sich direkt der pK-Wert der Protolysegleichgewichte ergibt. Diese und die zugehorigen Protolysekonstanten K sind fur die vier untersnchten Aquokom- plexe in Tab. 1 zusammengestellt.

Abb. 5 b) [OsBr,(H,O)]-, c) cis-[OsCI,J,(H,O)]-, d) trans-[OsC14J(H,0)]-

Tabelle 1 Protolysekonstanten der Aquokomplexe

Diagramm zur Bestimmung der Protolysekonstanten. a) [OsCI,(H,O)]-,

Komplexion pK-Wert K,

[OsCI,(H,O)I- 2,30 5,o. 10-3

trans-[OsCl,J(H,O)]- 3,6@ 2,5.10-4

[OsBr,(H,O)I- 2,81 1,6. cis-[OsCl,J,(H,O)]- 2,41 4,O. l@-'

4. Diskussion Zur Exis tenz monomerer Hydrolysekomplexe. Wahrend Hydrolyse-

vorgange im sauren Milieu wie alle Ligandenaustauschreaktionen bei kinetisch inerten Komplexen, zumindest bei tiefen Temperaturen, sehr langsam ablaufen, stellen sich Protolysegleichgewichte generell aul3erordentlich schnell ein. Sie sind unter entsprechenden VorsichtsmaBnahmen, d. h. bei Vermeidung von Folge- reaktionen streng reversibel.

Die an den untersuchten Systemen bei pH-hderungen momentan und beliebig oft umkehrbar zu beobachtenden Farbanderungen lassen sich demnach nur als Protolysevorgange verstehen. Die Kondensation von zwei monomeren Aquo- bzw. Hydroxoionen zu einem zweikernigen Komplex des Typs [X,Os - 0 - OsX,]4- durfte dagegen langsam verlaufen. Die Sauerstoffbrucke sol1 aullerordentlich stabil sein, so dalJ sie selbst beim Kochen mit konz. HC1 nicht mehr aufzubrechen ist [9]. Im Gegensatz dam erfolgt die Wasserel iminierung aus dein Monaquo- komplex etwa mit der zehnfachen Geschwindigkeit wie die Hydrolyse, d. h. selbst in verdiinnter HC1 bildet sich relativ schnell und quantitativ der Hexachloro-

Aquo- und Hydroxohalogenokomplexe von Osmium(1V) 123

komplex. Wahrend das Absorptionsspektrum des sauerstoffverbruckten Zweikern- komplexes eine intensive Bande bei 397 nm aufweisen sol1 [3], liegt diese im Fall des Monaquo-Komplexes bei 340 nm.

Auf Grund von magnetischen Messungen sollen in festen Salzen die dimere Form, dagegen in Losuiigen iiberwiegend die monomeren Komplexe vorliegen [ll, 121. Es sei jedoch angemerkt, daB es bei den hier beschriebenen Versuchen in keinem Fall gelnngen ist, aus den reinen Aquokomplex- losungen Verbindungen mit den Eigenvchaften zu erhalten, wie sie fur sauerstoffverbriickte Kom- plexe in der Literatur zu finden sind. Bei Kristallisationsversuchen ails konz. Losungen oder beim Eindampfen wurde stets ein Fortschreiten der Hydrolyse festgestellt. Die fur die lineare Os-0-0s- Briicke bei etwa 850 cm-l im IR-Spektrum zu erwartende charakteristische intensive Schwingung [lo, 131 war in keinem Falle zu beobachten.

Fur das Vorliegen monomerer Komplexionen spricht auch das Verhalten bei der Ionophorese. Der in einem Trichloressigsaurepuffer vom pH-Wert 1,5 vor- liegende einfach negativ geladene Aquokomplex [OsCl,(H,O)] - wandert er- wartungsgemao etwa halb so schnell wie das zweifach negative [OsC1,]2-. Verwendet man dagegen einen Acetatpuffer vom pH-Wert 4,5, so bildet sich der gleichfalls zweifach negativ geladene Hydroxokomplex [ OsCl,( OH)],-, der annahernd die gleiche Ionenbeweglichkeit wie der Hexachlorokomplex besitzt und sich dahcr erst nach sehr langer Trennstrecke von diesem abtrennen 1aSt. Auch die ubrigen Hydrolysekomplexe zeigen diese Abhangigkeit der Ionenbeweglichkeit vom pH- Wert. Wegen der schnellen Gleichgewichtseinstellung und der Reversibilitat zwischen Aquo- und Hydroxoform lassen sich diese ionophoretisch nicht vonein- ander trennen. Vielmehr wandern sie als einheitliche Zone, und zwar unterschied- lich schnell, je nachdem, in welchem Verhaltnis sie vorliegen, d. h. es resultiert eine pH-abhangige charakteristische Bruttobeweglichkeit. Im Falle von trans- [OsCl,J(H,O)]- beobachtet man bei steigendem pH-Wert nicht nur eine Zu- nahme der Wanderungsgeschwindigkeit , sondern gleichzeitig auch eine Farbande- rung infolge des groSer werdenden Anteils an der Hydroxoform.

Aus den drei verschiedenen Gemischtligandkomplexen [OSC~,J]~-, trans- [OSC~,B~J]~- und tran~-[OsCl,J,]~- entsteht das gleiche primare Hydrolysepro- dukt trans-[OsCl,J(H,O)]-. Das beweist, daB der hydrolytische Angriff stereo- spezifisch an der durch den trans-Effekt am starksten gelockerten Bindung er- folgt. Im Falle des tran~-[OsCl,J,]~- handelt es sich um Eigenlockerung an der J -0s-J-Achse, die auch in anderen Fallen beobachtet wurde [14, 151.

Saures ta rke u n d t rans-Effek t . In den naher untersuchten Hydrolyse- komplexen stehen dem Sauerstoff die Liganden C1, Br und J gegeniiber, deren trans-Effekt in dieser Reihenfolge ansteigt und daher eine zunehmende Lockerung der Bindung an das Zentralion bewirkt. In dem MaSe wie die 0s -0-Bindung geschwacht wird, nimmt die Festjgkeit der 0 -H-Bindungen zu. Durch eine stark trans-aktive Gruppe sollte also die Neigung zur Sliuredissoziation verringert werden, d. h. die Protolysekonstante abnehmen [ 161. Diese Vorstellung wird durch die experimentell ermittelten Daten bestatigt, Tab. 1. Aus den Protolysekon- stanten 1aSt sich demnach der trans-Effekt des der Aquogruppe gegenuber- stehenden Liganden abschatzen.

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Bei der Redaktion eingegangen am 9. Juli 1975.

Anschr. d. Verf.: Prof. Dr. W. PREETZ nnd Dr. G. SCHATZEL, Inst. f. Anorg. Chemie d. Univ. Kiel, RRD-23 Kiel, Olshausenstr. 40-60

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