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    Rechtschreibleistungen erfassen (= 61–63_OS) und Texte lernförderlich korrigieren

    AfraSturm

    DieseMusteraufgabeführtaus,wiebeiSuSinKlasse7und8Rechtschreibfähigkeitenerfasstundeingeschätztwerdenkönnen.GleichzeitigwirdanhandvondreiFallbeispielenausgeführt,welcheFolgerungenmitBlickaufFördermass-nahmenzuziehensind.

    DieseMusteraufgabeistwiefolgtaufgebaut:

    A InTeilAwerdenverschiedeneVerfahrenzurErfassungvonRechtschreibleistungendarge-stelltundauchkritischbeleuchtet.EshandeltsichdabeimehrheitlichumVerfahren,diedieRechtschreibleistung«isoliert»,d.h.nichtimRahmeneinerkomplexerenTextproduktionerfassen.

    IndiesemAbschnittwirdauchkurzderBezugzumLehrplan21hergestellt.

    B InTeilBwirderläutert,wieeinelernförder-licheKorrekturvonTexten,dieimRahmeneinerSchreiblernaufgabeentstandensind,bezogenaufRechtschreibungdurchgeführtwerdenkann.

    C InTeilAwirdanhandvondreiFallbeispielengenauergezeigt,wieRechtschreibleistungenvonSuSkonkreteingeschätztundwelcheFördermassnahmenaufdieserGrundlageabgeleitetwerdenkönnen.

    DieTexte,diezurIllustrationderlernförderlichenKorrekturherangezogenwerden,entstandenimRahmenderLernstandserfassungzuSchreibenalssozialerPraxis.DieseTextewerdenhiernurunterformalenGesichtspunktenbetrachtet:WiedieTextqualitätdieserBriefeinsgesamteinge-schätztwerdenkann,wirdimDokumentzurLernstandserfassunggenauerausgeführt(vgl.67_OS_Sozial_Lernstandserfassung_Brief).

    A Rechtschreibleistungen erfassen WirddieRechtschreibleistungüberprüft,bietetderLehrplaneineOrientierung:ZunächstwerdendierelevantenOrientierungspunkteausdemLehrplan21kurzerläutert,bevordieverfügbarenVerfahreninAbschnitt2und3erläutertwerden.KapitelAschliesstmiteinemFazit.

    1 Bezug zum Lehrplan 21 ImAbschnittD.4hältderLehrplan21(EDK,2014)unterGrundfertigkeitenfest,dassSuSeineaus-reichendeSchreibflüssigkeitentwickelnsowieflüssigformulierenundschreibenkönnen.DiesesZielwirdexplizitauchfürdieKlassen7–9formu-liert,allerdingsohneBezugzurRechtschreibung.

    HinsichtlichdesRechtschreibstoffsgibtAbschnittD5Auskunft:EskannzuBeginnvonKlasse7da-vonausgegangenwerden,dassdieSuSdieRecht-schreibregelnbezogenaufWortschreibung–soetwadieie-oderdieDoppelkonsonanten-Regel–weitgehendbeherrschen,inprototypischenFäl-lenauchdieNomen-Grossschreibung(nochohneNominalisierungen)sowiedieKommaset-zungzwischenleichterkennbarenVerbgruppen.AllerdingshältderLehrplan21explizitfest,dassdies«indafürkonstruiertenÜbungen»(EDK,2014,S.27)zuerwartenist:Damitkannnichtdavonausgegangenwerden,dassdieSuSihreTextebereitsautomatisiertkorrektverschriften.

    ImVerlaufderSekundarstufeIbauendieSuSihreRechtschreibungaus,soetwainBezugaufnomi-nalisierteVerbenoderbezogenaufKommaset-zung.DennochkönnenauchEnde9.KlassebeimSchreibennochFehlerauftreten,v.a.inBezugaufNomen-GrossschreibungundKommasetzung.

    AlsweiterenBereichhältderLehrplan21inAb-schnittD4fest,dassSuSihreTexteinBezugaufRechtschreibung(undGrammatik)überarbeitenkönnen,undzwarmitBlickaufWortstamm-und

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    Doppelkonsonantenregel,GrossschreibungvonkonkretenundabstraktenNomensowieabgelei-tetenNomenmitNachmorphemensowieKom-mazwischenleichterkennbarenVerbgruppen.

    2 Normierte Rechtschreibtests VerfügbarenormierteRechtschreibtestspräsen-tierendenSuSgezieltausgewähltesWortmate-rial,oftmalsindemeinSatzvorgelesen,einWortwiederholtwirdunddieSuSdanndiesesWortaufschreibensollen(vgl.Bsp.1unten).DenKon-textbenötigendieSuS,umdieBedeutungdesWortesbessererschliessenzukönnen.

    1) SietrainierenjedenTagFussball.–Fussball

    SolcheRechtschreibtestswerdenalsnicht-integ-rierteVerfahrenbezeichnet.

    InnormiertenRechtschreibtestswerdenkeineganzenTextediktiert:ZwarwirddurchauseinganzerTextverwendet–soetwaimWRT4+für4./5.Klassen(Birkel,2007)–,eswerdenaberauchdannnureinzelneAusdrückediktiert(ana-logzuBeispiel1oben).

    DieverfügbarennormiertenRechtschreibtestsstellenkeinefürdieSchweizgültigenKennwertebereit(dasgiltauchfürdieHamburgerSchreib-probe,HSP1–10,May,2012)undgehenoftmalsvonanderenNormenaus(u.a.dieSchreibungvon«ss»statt«ß»).ZudemsinddieBildungsstan-dardsindenjeweiligenLändernDeutschland,SchweizundÖsterreichfürdieverschiedenenBildungsetappenunterschiedlichangesetzt.AusdiesenGründenkönnendieverfügbarenstandar-disiertenRechtschreibtestsfürdenEinsatzinSchweizerSchulennichtempfohlenwerden.

    EineAusnahmestelltderRechtschreibtestR-FitvonSchneider,Martinez-Mendéz&Hasselhorn(2014)dar.BeidiesemVerfahrenwerdennichtproduktive,sondernrezeptiveRechtschreibfä-higkeitengetestet,indemdieSuSineinemklei-nenText30Fehlerauffindensollen.Dadieß-SchreibungzurFehlererkennungnichtrelevantist,verbleibtnureinnichteinschlägigesFehler-wort(«Zeuknisse»),dasfürSchweizerSuSkeineRechtschreibschwierigkeitdarstellt.DerTestistzudemsehrökonomischdurchführbar(diereineTestzeitist3Min.).Angemerktseijedoch,dassR-FitnurnormierteKennwertebisMitteKlasse7bereitstellt.FürdieKlassen7–9wäregrundsätz-

    licheinTextmitkomplexerenFehlerbereichengeeigneter.ZudemistdieVerwendungdiesesTestsmitrelativhohenKostenverbunden.

    IntegrierteVerfahrenerfassendieRechtschreib-leistunginfreienTexten:DieformaleAuswer-tungderTexteerfolgtnacheinemstandardisier-tenVerfahren.EmpirischgeprüfteVerfahrendieserArtsinddieOldenburgerFehleranalyse(=OLFA)oderdieAachenerFörderdiagnostischeRechtschreibfehler-Analyse(=AFRA).BeidesindjedochaufwendigundstellenfürdieSchweizebenfallskeineKennwertezurVerfügung.

    2 Schreibflüssigkeit erfassen Vorgeschlagenwirdhiereinvereinfachtesinteg-riertesVerfahren,dasempirischnichtnormiert,sondernmitneunKlassenundinsgesamt153SuSerprobtwurde(3xKlasse7,4xKlasse8und2xKlasse9):1WenneswissenschaftlichbasierendwieinSturm(2014)ausgewertetwird,lassensichjedochmittlereZusammenhängezumnormier-tenRechtschreibtestR-Fitnachweisen(Sturm,Lindauer&Sommer,i.Vorb.).

    a) Durchführung

    DieSuSschreibenwährendeinerkurzenZeit–empfohlenwirdeineSchreibzeitvon3Minuten–möglichstviel,aberdochso,dassder«Text»ver-ständlichist(vgl.denAuftragimAnhang).Wich-tigist,dasseinThemaoderAuftraggewähltwird,beidemdieSuSleichtaufbekannteInhaltezu-rückgreifenkönnen.ZudemsollendieSuSgenaueineMinutelangüberlegen,bevorsiezuschrei-benbeginnen:AufdieseWeisewirdgewährleis-tet,dasssienichtnochbeimSchreibenzustarkInhaltegenerierenmüssen,sonderndasssiedieInhaltevergleichsweisedirektundmöglichstflüs-sigausformulierenundaufschreibenkönnen.

    Dasheisst:EinsolchesVerfahrenerlaubtRück-schlüssedarauf,inwiefernSuSinderTextpro-duktionautomatisierteRechtschreibfähigkeitenzeigen.EserlaubtjedochkeineRückschlüsseda-rauf,inwiefernSuSauchinderLagesind,eineneigenenoderfremdenTextorthografischbereini-genzukönnen.

    1 EineNormierungsollteaneinerrepräsentativen

    Stichprobeerfolgen.

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    b) Zielgruppen

    EingesetztwirddiesesVerfahreninersterLiniebeiSchreibnovizenund-novizinnensowiebeiSuSmitehergeringenSchreibfähigkeitenodermitSchreibschwierigkeiten.Zudemkannesinsbeson-derebeiderzweitenZielgruppeöfterseingesetztwerden,umzuprüfen,obdieFördermassnah-meneineWirkungzeigen.

    c) Schreibflüssigkeitauswerten

    ErfasstwirdaufdieseWeisediesogenannteSchreibflüssigkeit,verstandenalsdieTextmenge,dieinnerhalbeinerbestimmtenZeitorthogra-fischundgrammatischkorrektsowieleserlichverfasstwird(Sturm,Nänny&Wyss,i.Dr.).

    AusgewertetwerdendieSuS-ProdukteimHin-blickaufzweiWerte(Sturm,2014):

    1) Wortschreibung(imWesentlichen:f-/v-Schreibung,ie-Regel,Doppelkonsonanten-Regel,Wortstamm-Regel)

    EineErprobungmitrund150SuSderSekun-darstufeIzeigt,dassihreSchreibflüssigkeits-texteimSchnittzurund98%einekorrekteWortschreibungaufweisen.

    2) GesamteKorrektheit,d.h.allesprachforma-lenAspekte(zusätzlichzurWortschreibung:Gross-undKleinschreibung,Getrennt-undZusammenschreibung,Kommasetzung,gram-matischeAspekte)

    DieSuSausderErprobungerreicheninBezugaufallesprachformalenAspekteeinendurch-schnittlichenWertvon68%(BerufsschülerIn-nenerreichenhiereinenWertvon77%).

    DaeineAuswertungimschulischenKontextnichtallzuaufwendigseinsollte,wirdhiereinVerfah-renvorgeschlagen,dasalslernerorientierteoderauchlernförderlicheKorrekturbezeichnetundi.d.R.beiTexteneingesetztwird,dieimRahmeneinerSchreiblernaufgabeverfasstwurden(vgl.(Lindauer,Schmellentin&Sturm,2008).

    ImAnhangdiesesDokumentssinddiegenauenHinweisezurDurchführungderSchreibflüssig-keitsaufgabeenthalten.

    4 Fazit Rechtschreibleistungenkönnensehrunterschied-licherfasstwerden(vgl.Abbildung1).WiediebisherigeDiskussionzeigte,werdensieinerster

    LinieisolierterfasstundnurselteninBezugauf(flüssiges)Verschriften.

    Abbildung1:verschiedeneErfassungsmöglichkeiten

    EbensosindVerfahren,diedierezeptiveFähig-keitenerfassen,nochdieAusnahme.DerinAb-schnitt2erwähnteRechtschreibtestR-Fitüber-prüftinersterLinie,inwieferndieSuSFehlerinderWortschreibungerkennen:Damiteignetersichv.a.fürdieKlassen5und6sowiefürAnfang7.Klasse.FürdieKlassen7–9wäreeinFehlertexterforderlich,derauchNomen-GrossschreibungundKommasetzungumfasst.NormierteVerfah-renzurErfassungdesRechtschreibwissensfehlengänzlich.

    DakeinnormierterRechtschreibtestmitKenn-wertenfürdieDeutschschweizvorliegt,wirdhierdieSchreibflüssigkeitsaufgabemiteinerverein-fachtenAuswertungvorgeschlagen,allenfallsinKombinationmiteinerlernförderlichenKorrekturvonTexten.

    B Texte lernförderlich korrigieren EinelernerorientierteKorrekturerfolgtmitBlickaufdieFrage,auswelchenFehlerndieSuSzumaktuellenZeitpunktwaslernenkönnen(Lindaueretal.,2008,S.81).EinLernenausFehlernwirdunterstützt,indemeineAuswahlgetroffenwird:AufdieseWeisewirdÜbersichtlichkeitgeschaf-fenunddieAufmerksamkeitderSuSaufdasWe-sentlichegelenkt.ZuberücksichtigensindbeiderAuswahlimmerauchdieRechtschreibentwick-lung,dasaktuelleLernzielsowiedieindividuellenSchwierigkeitenderSuS.

    DasVorgehenbeieinerlernförderlichenKorrek-turlässtsichindreiTeilschrittegliedern:1) TextüberfliegenundÜberblicküberdieFeh-

    lertypengewinnen2) FehlergewichtenundAuswahltreffen3) Fördermassnahmenfestlegen

    Angemerktsei,dassSuSbeiderSchreibflüssig-keitsaufgabeleichtandereSchwierigkeitenzei-genkönnenalsetwaimRahmeneiner‹gewöhn-

    Rechtschreibleistungen erfassen

    produktive Fähigkeiten rezeptive Fähigkeiten

    beim Verschriften(Schreibflüssigkeit)

    isoliert(nicht-integriert)

    Fehler erkennen

    Rechtschreib-wissen

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    lichen›Textproduktion.WährenddieSuSbeiderSchreibflüssigkeitsaufgabeunterZeitdruckschrei-ben–diesistgewollt–,könnensieimRahmenderTextproduktionihreTexteorthografischauchüberarbeiten.

    WieeinelernförderlicheRechtschreibkorrekturdurchgeführtwerdenkann,wirdanhandderfol-gendenFallbeispielevorgeführt.

    C Fallbeispiele ImFolgendenwerdendreiFallbeispielehinsicht-lichihrerRechtschreibleistunganalysiertundda-raufaufbauendFördermassnahmenabgeleitet(dieverwendetenSuS-NamensindPseudonyme):Siestehenexemplarischfürunterschiedliche«Profile».DieherangezogenenTextesindmitkurzenBeschreibungenzurRechtschreibleistungimAnhangabS.7abgebildet.

    Fallbeispiel 1: Adrian* Adrianistein7.-KlässlerundsprichtDeutschalsErstsprache.EinedetaillierteAuswertungderSchreibflüssigkeitsaufgabezeigtfolgendesBild:

    Erschreibtin3Minuten96Silben,davonsindrund82%inBezugaufWortschreibungkorrekt.InBezugaufallesprachformalenAspektesindca.27%korrektverfasst.BeideWertesindausge-sprochentief.EinegenauereAnalysezeigt,dassAdrianinmehrerenRegelbereichenSchwierig-keitenzeigt(vgl.S.7).

    ImnormiertenRechtschreibtestR-FiterkenntAdriannur4von30Fehlernundmarkiertdar-überhinauszweikorrekteWörteralsfalsch.Da-

    miterzieltereinErgebnisweitunterdemWert,denein7.-Klässlererreichensollte.

    VerfasstAdrianbspw.einenBrief–vgl.S.9–,ändertsichdasBildnurgeringfügig:MitAusnah-mederSatzanfangsgrossschreibungundderSatzschlusszeichenergibteineRechtschreibana-lysedenselbenBefundwiebeiSchreibflüssig-keitsaufgabe.MitBlickaufFördermassnahmenkanndarausgefolgertwerden,dassletztererBe-reichnichtimZentrumstehensollte.

    DaFehlerinderWortschreibungbesondersauf-fälligsind,lohntessichindiesemFall,dieDop-pelkonsonanten-Regel(= DK-Regel)zufokussie-ren,daAdriandieseRegelmitwenigenAusnah-mennochgarnichterworbenhat.GeradefürAdrian,dergrössereRechtschreibschwierigkeitenzeigt,istdieKonzentrationaufeinenRegelbe-reichunabdingbar.DamitAdriandieDK-Regelerwerbenkann,brauchternichtnurÜbungsma-terial,sonderninersterLinieProbenbzw.«Hand-lungsanweisungen»,idealerweiseinFormeinesEntscheidungsbaums.GeradeLetztereshatsichbeiSuSmitRechtschreibschwierigkeiten(Klasse5/6)alswirksamerwiesen(Ise&Schulte-Körne,2010).DaAdriandieDK-Regelnochweitgehendnichterworbenhat,empfiehltessichbeiihm,dieDK-RegelgestuftnachTeilbereichenzuvermit-teln,analogzumsystematischenAufbauüberdieKlassen4–7hinweg(vgl.Abbildung2untenso-wieLindauer&Schmellentin,i.Dr.).

    AuffälligistdesWeiteren,dassAdriansBriefauchgrammatischeUnsicherheitenzeigt:FürSuSmitSchreibschwierigkeitenistdiesjedochdurchaushäufigerzubeobachten,auchwenndieSchulspracheihreErstspracheist.SoistdasVerfassen

    Abbildung2:SystematischerAufbauderDoppelkonsonanten-Regel

    erster Zugang über ck-/tz-Regel (4. Klasse)

    Grundregel (ohne Wort-

    stamm) (5. Klasse)

    Grundregel (mit Wort-stamm)

    (6. Klasse)

    DK-Regel + schwierige

    Fälle(7. Klasse …)

    2)Rechtschreibkompetenzen

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    einesTextesanspruchsvolleralsdasSchreibenimRahmenderSchreibflüssigkeitsaufgabe:InBezugaufdenBriefmussmansichbspw.genauerüber-legen,wiemandenGegenstandbeschreibenmuss,damiterfürdieLesendenidentifizierbarist.DaAdriandieRechtschreibfähigkeitennochnichtausreichenderworbenhat,bindetdiesbeiihmauchmehrkognitiveRessourcen,sodasserfürandereBereichederTextproduktionwenigerzurVerfügunghat,soauchfürdasFormulieren.

    ImFallevonAdrianwärezuprüfen,oberauchLeseschwierigkeitenzeigt:Esistnichtauszu-schliessen,dassbeiAdrianeineDyslexie–oftauchalsLegastheniebezeichnet–vorliegt,allen-fallsauchnurbezogenaufRechtschreibung:SuSmitDyslexiezeigeninsbesondereaufderWort-ebeneeingeschränkteFähigkeiten,undzwarvoralleminBezugaufLese-undSchreibflüssigkeitwieauchKorrektheit(Berninger&Wolf,2009).

    Fallbeispiel 2: Bibek* Bibekistein7.-KlässlerundsprichtDeutschalsZweitsprache.EinedetaillierteAuswertungderSchreibflüssigkeitsaufgabezeigtfolgendesBild:

    Erschreibtin3Minuten94Silben,davonsindrund96%inBezugaufWortschreibungkorrekt.InBezugaufallesprachformalenAspektesindca.32%korrektverfasst.DerersteWertliegtleichtunterdemDurchschnittswertderStichprobe,währendderzweiteWertdeutlichtieferist.

    ImnormiertenRechtschreibtestR-FitschneidetBibekgutab:Erfindet25von30FehlernunderreichtdamitdenProzentrang76(d.h.nur24%von7.-KlässlerInnenwürdeneinebessereLeis-tungerzielen).AllerdingsfokussiertR-Fitvoral-lemdieWortschreibungundwenigerdieNomen-Grossschreibung.

    VerfasstBibekeinenBrief–vgl.S.11–,ändertsichbeiihmdasBildnicht:DerBereichNomen-Grossschreibungistauchhieramauffälligsten.

    DaBibekeinengutenWertbeiderFehlererken-nungimRahmendesR-Fiterzielte,istzuprüfen,obBibekdieNomen-GrossschreibungauchimRahmenvonisoliertenÜbungennichtbeherrschtoderoberseinRegelwissennurbeidersprach-formalenKorrekturnichtzunutzenweiss.ZeigtBibekbeiisoliertenÜbungenzurNomen-Gross-schreibungguteErgebnisse,wärederSchwer-

    punktbeidenFördermassnahmenineinemwei-terenSchrittaufdassprachformaleÜberarbeitenzulegen.

    DielernerorientierteKorrektur,wiesieS.10vor-geschlagenwird,fokussiertdieProbemitSignal-wörternfürdieNomen-Grossschreibung.DaBibekDeutschalsZweitsprachespricht,kanndieserBereichbeiihmauchmitgrammatischenHinweisenverknüpftwerden,zumaldiehiervor-geschlagenenHinweisemitderNomen-Gross-schreibungzusammenhängen.

    Angemerktsei,dasszusätzlichzumausgewähltenFehlerbereichaucheinzelneMerk-oderLernwör-ternotiertwerdenkönnen.ImFallevonBibeklohntessich,Merkwörterauszuwählen,dieden-selbenBereichbetreffen.GrundsätzlichistbeiMerkwörterndaraufzuachten,dassnichtzuvie-leausgewähltwerdenunddassdiekorrekteSchreibungauchangegebenwird(Lindaueretal.,2008).

    Fallbeispiel 3: David* Davidistein8.-KlässlerundsprichtDeutschalsErstsprache.EinedetaillierteAuswertungderSchreibflüssigkeitsaufgabezeigtfolgendesBild:

    Erschreibtin3Minuten84Silben,davonsind98%inBezugaufWortschreibungkorrekt.InBezugaufallesprachformalenAspektesindca.61%korrektverfasst.DamitzeigtDavidlediglichinBezugaufletzterenWerteineleichtunter-durchschnittlicheLeistung.

    ImnormiertenRechtschreibtestR-FiterkenntDavid16von30Fehlernundmarkierteinkorrek-tesWortalsfalsch.DaviderreichtdamitbezogenaufKlasse7denProzentrang31(d.h.69%von7.-KlässlerInnenwürdeneinenbesserenWerterzie-len).

    VergleichtmandieSchreibflüssigkeitsaufgabemitdemBrief,zeigtsichbeiDavideinrechtun-terschiedlichesBild:WährenddieGrossschrei-bungderNomenimersten‹Text›mehrheitlichkorrektist,trifftdiesaufdenBriefnichtzu.Zu-demtretenauchinderWortschreibungvermehrtFehlerauf.

    VermutlichistDavidbeimVerfassendesBriefesstarkaufinhaltlicheundvielleichtauchsprach-licheAspektekonzentriert,sodasserwenigeraufdieRechtschreibungachtenkann.Dafürspricht

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    u.a.,dassDavidAusdrückeverwendet,diefach-sprachlichenCharakterhabenundihmnichtsogeläufigseindürften.

    DaDavidinderWortschreibungansonstenrechtsicherist,eraberinderFehlererkennungnichtgutabschneidetundvorallemimBriefvermehrtRechtschreib-Schwierigkeitenzeigt,istinseinemFallderFörderschwerpunkteheraufdasKorrigie-renvonTextenzulegen.Dabeigenügtesnicht,ihnaufzufordern,seineTexteorthografischzukorrigieren:Wichtigist,dassereingestuftesodermehrschrittigesVerfahrenlernt,daauchbeimselbstständigenKorrigierengilt,dassmansichnichtgleichzeitigaufalleBereichekonzentrierenkann.2

    FallsDavidaberbeimAnwendenderProbezurNomen-Grossschreibungnochnichtsicherist,könnendazuzunächstauchisolierteÜbungeneingesetztwerden,bevorerlernt,Texteortho-grafischzukorrigieren.

    Literatur Berninger,V.W.&Wolf,B.J.(2009).Teachingstudents

    withdyslexiaanddysgraphia:lessonsfromteach-ingandscience.Baltimore,MD:PaulH.BrookesPub.Co.

    Birkel,P.(2007).WeingartenerGrundwortschatzRechtschreib-Testfür4.und5.Klassen(WRT4+).Göttingen:Hogrefe.

    EDK(Hrsg.).(2014).Lehrplan21–Deutsch.VonderD-EDKPlenarversammlungam31.10.2014freige-gebeneVorlage.Luzern:D-EDK.Verfügbarunter:www.lehrplan.ch.

    2 EingestuftesVerfahrenistUPSausdenSprachstar-

    ken,Bd.7(U=Unterstreichen,P=Probeeinesausge-wähltenRegelbereichsanwenden,S=Scheinwerfereinschalten[bezogenaufZweifelsfälle,dienichtmiteinerRegelzulösensind]).

    Ise,E.&Schulte-Körne,G.(2010).Spellingdeficitsindyslexia:evaluationofanorthographicspellingtraining.AnnalsofDyslexia,60(1),18–39.

    Lindauer,T.,Schmellentin,C.&Sturm,A.(2008).Rechtschreibfehlergewichten–differenzierendkorrigieren.ide,3,78–84.

    Lindauer,T.&Schmellentin,C.(i.Dr.):Rechtschrei-bung:System,KompetenzenundErwerb.In:M.Philipp(Hrsg.),HandbuchSchriftspracherwerbundweiterführendesLesenundSchreiben.Weinheim:BeltzJuventa.

    May,P.(2012).HamburgerSchreib-Probe1–10(HSP1–10)(6.Auflage).Dortmund:vpm.

    Schneider,M.,Martinez-Mendéz,R.&Hasselhorn,M.(2014).R-FIT5–6+.Fehleridentifikationstest–Rechtschreibungfür5.und6.Klassen.Göttingen:Hogrefe.

    SchweizerSchülerduden.(2013).Rechtschreiben.BearbeitetvonAfraSturm(6.,überarbeiteteunderweiterte.).Mannheim,Leipzig,Wien,Zürich:Dudenverlag+ilz.

    Sturm,A.(2014).BasaleLese-undSchreibfertigkeitenbeiBerufsschülerInnenunddieNotwendigkeitkompensatorischerFördermassnahmen.Lesefo-rum,(1),1–19.[www.leseforum.ch]

    Sturm,A.,Nänny,R.&Wyss,S.(i.Dr.).EntwicklungvonhierarchieniedrigenSchreibprozessen.InM.Phi-lipp(Hrsg.),HandbuchSchriftspracherwerbundweiterführendesLesenundSchreiben(S.84–104).Weinheim:BeltzJuventa.

    Sturm,A.,Lindauer,N.&Sommer,T.(i.Vorb.):Schreib-leistungeninKlasse7–9erfassen.

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    F1 Adrian*, 7. Klasse, Deutsch als Erstsprache

    F1.1 Schreibflüssigkeit – lernerorientierte Korrektur

    GrobeAnalyse:– InsgesamtmehrereauffälligeBereiche– Doppelkonsonanten-Regel:grundsätzlicheSchwierigkeiten,nurvereinzeltkorrekteSchreibungen

    («rolle»,«alles»)– ie-Regelkorrekt,einzelneAusnahmenteilweisenichtkorrekt(«wier»)– GrossschreibungderNomen:grundsätzlicheSchwierigkeiten,konsequenteKleinschreibungderNomen,

    auchderprototypischenNomen(«zimer»,«rauch»etc.)– GrossschreibungSatzanfangundSatzschlusszeichen:mitAusnahmedeserstenSatzesnichtvorhanden– Kommasetzung:nichtvorhanden– Weiteres:«feuerwen»,«geschmincht»,«felezung»(Phonem-Graphem-Beziehungansonstenkorrekt)

  • 61–63_OS_basal 8

    FokusaufDoppelkonsonanten-Regel:

    DK =Doppelkonsonanten-RegelDK1 =Grundregel®nacheinemkurzen(betonten)VokalwirdeineinzelnerKonsonantverdoppeltDK2 =erweiterteRegel®nacheinemkurzen(betonten)VokalwirdineinemWortstammeineinzelner

    Konsonantverdoppelt(DK1) =unklar,obVerstossgegendieDoppelkonsonanten-Regel(«geschminckt»)oderobSchwierigkeit

    beiderPhonem-Graphem-Beziehung

  • 61–63_OS_basal 9

    F1.2 Brief

    DieTextqualitätwurdeaufBasisderAnkertexte,wiesieimRahmenderLernstandserfassungfestgelegtwurden,miteinemCeingeschätzt.Dasheisst,derTextliegtdamitca.eineStandardabweichunguntereinemdurchschnittlichenTextinKlasse7(vgl.dieMusteraufgabe67_Sozial_Lernstandserfassung_Brief).

    InBezugaufKorrektheitkanngegenüberderSchreibflüssigkeitsaufgabefestgehaltenwerden,dassderBriefmitAusnahmederSatzanfangsgrossschreibungundderSatzschlusszeichendieselbenorthografischenSchwierigkeitenaufzeigt.

    EinelernerorientierteKorrekturwieinBezugaufdieSchreibflüssigkeitsaufgabeistausreichend,umdenFörderschwerpunktinderRechtschreibungfestzulegen.SollderBriefinhaltlichüberarbeitetwerden,isteinesprachformaleKorrekturebenfallsnichtnotwendig.SolleinedefinitiveFassungdesBriefeserarbeitetwerden,kannAdrianbeidersprachformalenKorrekturdesBriefesunterstütztwerden.

  • 61–63_OS_basal 10

    F2 Bibek*, 7. Klasse, Deutsch als Zweitsprache

    F2.1 Schreibflüssigkeit – lernerorientierte Korrektur

    GrobeAnalyse:– MehrheitlichkorrekteWortschreibung(Ausnahmen:«icetee»,«gin»sowievereinzeltenichteindeutig

    lesbareStellen)– SatzanfangsgrossschreibungundSatzschlusszeichenmehrheitlichkorrekt– SchwierigkeitenbeiderNomen-Grossschreibung– Kommasetzungnichtvorhanden

    FokusaufGrossschreibungderNomen

  • 61–63_OS_basal 11

    F2.2 Brief

    DieTextqualitätwurdeaufBasisderAnkertexte,wiesieimRahmenderLernstandserfassungfestgelegtwurden,miteinemEeingeschätzt.Dasheisst,derTextliegtdamitca.eineStandardabweichungübereinemdurchschnittlichenTextinKlasse7(vgl.dieMusteraufgabe67_Sozial_Lernstandserfassung_Brief).

    EinelernerorientierteKorrekturwieinBezugaufdieSchreibflüssigkeitsaufgabeistausreichend,umdenFörderschwerpunktinderRechtschreibungfestzulegen.SollderBriefinhaltlichüberarbeitetwerden,isteinesprachformaleKorrekturebenfallsnichtnotwendig.SolleinedefinitiveFassungdesBriefeserarbeitetwerden,kannBibekeinspeziellesAugenmerkaufdieNomen-GrossschreibunglegenunddabeivorallemdieProbemitdenSignalwörternnutzen.

    DaauchbeieinerinhaltlichenÜberarbeitungFormulierungeneineRollespielen,könnenausgewähltesprachlicheAuffälligkeitenmarkiertwerden.Angemerktsei,dassbei«wegen»auchderDativzuakzepti-erenist(vgl.etwaSchweizerSchülerduden):IndiesemSinneist«wegen+Dativ»geradefürSuSmitDaZeinfacherzumemorieren.

    NAME

  • 61–63_OS_basal 12

    F3 David*, 8. Klasse, Deutsch als Erstsprache

    F3.1 Schreibflüssigkeit – lernerorientierte Korrektur

    GrobeAnalyse:– MehrheitlichkorrekteWortschreibung(Ausnahmen:«mus»,«ausert»)– SatzanfangsgrossschreibungundSatzschlusszeichenmehrheitlichkorrekt– GrossschreibungderNomenmehrheitlichkorrekt(Ausnahme:«Arbeitet»)– Kommasetzungnichtvorhanden

    F3.2 Brief

    GrobeAnalyse:– SchwierigkeiteninderWortschreibung(Bsp.:«AluSchassi»,«Zivernblatt»,«dafon»,«schiken»)– SatzanfangsgrossschreibungundSatzschlusszeichenmehrheitlichkorrekt– GrossschreibungderNomenteilweisekorrekt– ZusammengesetzteNomenteilweisegetrenntgeschrieben– Kommasetzungnichtvorhanden

    Name

  • 61–63_OS_basal 13

    DadasKorrigierenvonTextenbeiDavidalsFörderschwerpunktimBereichRechtschreibungfestgelegtwer-denkann(vgl.dazudieAusführungeninAbschnittC),kannderBriefebenfallslernerorientiertkorrigiertwerden(idealerweiseabererstnachderinhaltlichenÜberarbeitung).DabeiwirdhierdieNomen-Gross-schreibungfokussiert,beidenausgewähltenMerkwörternabervorallemdieWortschreibung.

    Hinweise:– «AluSchassi»wirdhiernichtalsMerkwortausgewählt,dabeieinerinhaltlichenÜberarbeitungdieser

    AusdruckdurcheinenpassenderenAusdruckzuersetzenwäre.– «Ziffernblatt»wirdalsMerkwortausgewählt,obwohlessichumeinRegelworthandelt.WirdderFokus

    inderlernerorientiertenKorrekturaufeinenanderenRechtschreibbereichgelegt,könnenauchRegel-wörteralsMerkwortausgewähltwerden,dieausinhaltlicherPerspektivewichtigfürdenTextsind.

    DieTextqualitätwurdeaufBasisderAnkertexte,wiesieimRahmenderLernstandserfassungfestgelegtwurden,miteinemEeingeschätzt.Dasheisst,derTextliegtdamitca.eineStandardabweichungübereinemdurchschnittlichenTextinKlasse7(vgl.dieMusteraufgabe67_Sozial_Lernstandserfassung_Brief).

  • 61–63_OS_basal 14

    Anhang

    Schreibflüssigkeitsaufgabe durchführen – Manual

    FürdieseAufgabehabtihrwenigZeit,nämlich5Minuten[alternativ:3Minuten].IhrkönntalsokeinenlangenTextschreibenundihrwerdetwahrscheinlichauchnichtfertig.Dasmachtnichts.Schauteinfach,dassihrindiesen3MinutendieganzeZeitschreibtunddassihrmöglichstweitkommt.Wichtig:Schreibtdennochso,dasseseinmöglichstgutverständlicherTextwird.

    Fangtnochnichtanzuschreiben.IchsageeuchjetztdieAufgabeunddannhabtihrzuerstgenau1MinuteZeit,euchzuüberlegen,wasihrschreibenmöchtet.Erstwennich«Los»rufe,könntihranfangenzuschrei-ben.IstderAuftragsoklar?

    Gut.DieAufgabeistfolgende:

    DenktaneinenTaginderSchule,derfüreucheinguterodereinschlechterTagwar.Daskannetwassein,wasihrselbsterlebthabt.Ihrkönnteeuchaberauchetwasausdenken.

    Nochnichtschreiben!Überlegteuchjetzt,wasihrschreibenmöchtet.

    ® Genau1Minuteabwarten,dann«Los»sagen.

    ® Nachgenau3Minuten:Stopp!BitteStiftsofortweglegen,nichtweiterschreiben!

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