Strahlentherapie der Periarthritis humeroscapularis mit ultraharten Photonen

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C. Zwicker1 · M. Hering2 · J. Brecht3 · M. Bjørnsgård4 · H.-J. Kuhne-Velte4 · A. Kern5

1 CT/MRT Abteilung, Hegau Klinikum Singen (Leiter:Priv.-Doz.Dr.C.Zwicker)2 Röntgenologisches Zentralinstitut, Hegau Klinikum Singen (Leiter:Prof.Dr.U.Goerttler)3 Anästhesiologisches Institut, Hegau Klinikum Singen (Leiter:Prof.Dr.G.Hack)4 Strahlentherapeutische Belegabteilung, Klinikum Konstanz (Leiter:Prof.Dr.H.J.Zwicker)5 Neurologische Praxis Singen (Dr.A.Kern)

Strahlentherapie der Peri-arthritis humeroscapularismit ultraharten PhotonenVergleich mit kernspintomographischenBefunden

gnose des Behandlungserfolges einerStrahlentherapie zulassen.

Material und Methode

Es wurden in diese Studie prospektiv 77Patienten (27 männlich und 50 weib-lich, Durchschnittsalter: 58 ± 10 Jahre)aufgenommen, bei denen im Mittel seit15 Monaten eine schmerzhafte Bewe-gungseinschränkung einer Schulter be-stand und degenerative Veränderungender HWS mit einer CT ausgeschlossenwurden. Die MRT-Untersuchungen undStrahlentherapien erfolgten von Januar1995 bis Januar 1997. Zwischen der MRTund der Radiatio lag ein Zeitintervallvon 3 bis 30 Tagen.

Die MRT-Untersuchungen erfolgtenan einem Magnetom SP 42 (Siemens)und flexiblen Ringspulen (Durchmesser17 cm) mit folgendem standardisiertemUntersuchungsprotokoll:

● anguliert koronare T1w- SE-Sequenz(TR: 660 ms/TE: 15 ms) parallel zurSkapula; 3 mm Schichtdicke, 180 mmFOV, Meßzeit: 5,41 min;

● anguliert koronare T2w- SE-Sequenz(TR: 2000 ms/TE: 70 ms) parallel zur

Die Strahlenbehandlung benigner Er-krankungen weist seit den Hinweisenvon Sokoloff aus dem Jahre 1898 einesehr lange Tradition auf [18]. WeiterePublikationen an größeren Patienten-zahlen erfolgten von Staunig 1925 [19].Von Pannewitz führte 1933 erste experi-mentelle Untersuchungen bei degene-rativen Veränderungen des Skelettesund der periartikulären Weichteiledurch [24, 25]. Die Publikation vonBrown u. Abbatt (1955) wies jedoch eineleicht erhöhte Leukämierate nachStrahlenbehandlungen der Wirbelsäulebei jungen Patienten mit M. Bechterewnach, so daß die Indikationen zur Reiz-bestrahlung in der Folgezeit deutlichzurückhaltender gestellt wurden [1].

Der chronische Schulterschmerz,die Periarthritis humeroscapularis,zeigt sich in einer schmerzhaften Bewe-gungseinschränkung des Schulterge-lenks mit einer Anamnese über Monateoder Jahre. Der Periarthritis hume-roscapularis können unterschiedlicheUrsachen wie eine primäre Omarthose,aber auch Alterationen des Kapsel-bandapparates und insbesondere derSupraspinatussehne zu Grunde liegen.Ziel dieser prospektiven Studie warfestzustellen, welchen therapeutischenNutzen die Strahlenbehandlung bei derPeriarthritis humeroscapularis auf-weist und ob die MRT morphologischeKriterien erfassen kann, die eine Pro-

Freies ThemaRadiologe1998 · 38:774–778 © Springer-Verlag 1998

Zusammenfassung

Fragestellung: Aussagefähigkeit der MRT

vor Strahlentherapie der Periarthritis hume-

roscapularis.

Methodik: 77 Patienten mit Periarthritis hu-

meroscapularis wurden prospektiv vor der

Strahlentherapie mit einem Linearbeschleu-

niger MR-tomographisch untersucht.

Ergebnisse: 6 Monate nach Beendigung der

Radiatio waren 34% der Patienten be-

schwerdefrei. 35% zeigten eine wesentliche

Besserung. 20% waren nur geringfügig ge-

bessert, während bei 12% der Patienten die

Symptomatik unverändert fortbestand. Eine

positive Korrelation der MR-Befunde mit

dem Therapieerfolg bestand bei akuten

Tendinitiden, Usuren sowie kompletten und

inkompletten Rupturen der Supraspinatus-

sehne.

Schlußfolgerungen: Die Strahlentherapie ist

neben operativen Verfahren eine weitere

wertvolle Methode zur Behandlung der Peri-

arthritis humeroscapularis. Die MRT ist zur

Indikationsstellung sinnvoll.

Schlüsselwörter

Strahlentherapie ·

Periarthritis humeroscapularis · MRT

Priv.-Doz. Dr. C. ZwickerCT/MRT Abteilung, Hegau Klinikum Singen,

Virchowstraße 10, D-78221 Singen&/fn-block:&bdy:

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C. Zwicker · M. Hering · J. Brecht

M. Bjørnsgård ·H.-J. Kuhne-Velte · A. Kern

Value of radiotherapy in treatmentof humeroscapular periarthritis.Comparison with MRI findings

Summary

Purpose: Evalution of MRI in radiotherapy of

humeroscapular periarthritis.

Patients and methods: Seventy-seven

patients with humeroscapular periarthritis

prospectively underwent MRI before radio-

therapy.

Results: Six months after radiotherapy, 34%

of the patients had achieved complete pain

relief, 35% major pain relief.Twenty percent

had only slight improvement and 12% no

improvement. Positive correlation of radio-

therapy outcome and MRI findings could be

shown for acute tendinitis, erosions, and

complete and incomplete ruptures of the

supraspinatus tendon.

Conclusions: Radiotherapy is highly effec-

tive in the treatment of humeroscapular

periarthritis.The indication can be improved

using MRI.

Key words

Radiotherapy · Humeroscapular periarthritis ·

MRI

Monat, 3 Monate und 6 Monate nachRadiatio untersucht. Es wurde dabeider Behandlungserfolg durch Prüfungder Ab- und Adduktion sowie Antefle-xion und Dorsalextension in folgendeGruppen aufgeteilt:

● völlige Rückbildung der Bewegungs-beschränkung und Beschwerdefrei-heit = ++;

● wesentliche Besserung (Beschwerde-linderung über 50%) = +;

● geringfügige Besserung (Beschwer-delinderung unter 50%) = (+);

● keine Besserung = −.

Die Ergebnisse wurden statistisch nachdem Fisher’s Exact Test, der keine nor-malverteilten Daten voraussetzt, unterdem Aspekt einer möglichen Korrelati-on des Behandlungsergebnisses mit derDauer der Symptomatik, des Ge-schlechtes und Alters der Patienten so-wie MR-morphologischer Veränderun-gen ausgewertet.

Ergebnisse

Direkt nach Abschluß der Strahlenthe-rapie waren 22% (17 Patienten) komplettbeschwerdefrei, während bei 33% (25Patienten) eine wesentliche Besserungder Symptomatik über 50% auftrat. Bei23% (18 Patienten) war nur eine gering-gradige, unter 50%ige Beschwerdelinde-rung festzustellen, während in 22% (17Patienten) keine Besserung der Sympto-matik festzustellen war (Tabelle 1).

Einen Monat nach Beendigung deRadiatio waren 33% (25 Patienten) be-schwerdefrei, während 35% (27 Patien-ten) eine wesentliche Besserung und21% (16 Patienten) eine geringfügige

Skapula; 3 mm Schichtdicke, 180 mmFOV, Meßzeit: 8,41 min;

● transversale T2* GE-Sequenz (520ms/18 ms/20° Flipwinkel, 250 mmFOV, 5,52 min Meßzeit);

● sagittale T1w SE-Sequenz (TR: 450ms/TE: 15 ms) parallel zum Glenoid,3 mm Schichtdicke, 180 FOV, 3,24 minMeßzeit.

Die Strahlentherapie wurde mit einemLinearbeschleuniger (Mevatron, Fa. Sie-mens) mit 6 MV Photonen nach folgen-dem Protokoll durchgeführt:

● 1 Gy Einzeldosis/einmal pro Wocheüber 6 Wochen (6 Gy Gesamtdosis)

● ventrales Stehfeld, 12 x 12 cm Feld-größe, 3–4 cm Referenztiefe.

Die Auswertung der MRT Untersuchun-gen erfolgte nach folgenden Kriterien:

● Gelenkerguß,● akute Tendinitis mit Ödem der Su-

praspinatussehne (SS-Sehne),● chronische Tendinitis mit Fetteinla-

gerungen der Supraspinatussehne,● Impingement mit Einengung des sub-

akromialen Raumes unter 6 mm,● Hypertrophie des Akromioklaviku-

largelenks,● komplette Ruptur der Supraspinatus-

sehne mit vollständiger Kontinuitäts-unterbrechung,

● inkomplette Ruptur der ventralen Su-praspinatussehne mit unvollständi-ger Kontinuitätsunterbrechung,

● Usur am Tuberkulum maius (Ansatzder Supraspinatussehne).

Alle Patienten wurden unmittelbarnach Abschluß der Bestrahlung, einen

Radiologe1998 · 38:774–778 © Springer-Verlag 1998

Tabelle 1

Klinisches Beschwerdebild nach Radiatio in Prozent (n = 77; ++,völlige Rückbildung der Bewegungsbeschränkung und Beschwerde-freiheit; +, wesentliche Besserung (Beschwerdelinderung über 50%);(+), geringfügige Besserung (Beschwerdelinderung unter 50%);–, keine Besserung

Zeitraum Klinische Beschwerden nach Radiatio

− (+) + ++

Sofort 22 23 33 221 Monat 12 21 35 333 Monate 12 20 35 346 Monate 12 20 35 34

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Besserung aufwiesen. 12% (9 Patienten)zeigten einen Monat nach Abschluß derStrahlentherapie unveränderte Be-schwerden (Tabelle 1).

Die Ergebnisse 3 und 6 Monatenach Beendigung der Radiatio unter-schieden sich nicht. Es waren hier 34%(26 Patienten) vollständig beschwerde-frei, während 35% (27 Patienten) einewesentliche Beschwerdelinderung er-fuhren. 20% (15 Patienten) wiesen nureine geringfügige Besserung ihrer Sym-ptomatik auf, während bei den 12% (9Patienten), die nach einem Monat keineBesserung zeigten, auch nach 3 und 6Monaten keine weiteren Veränderun-gen auftraten (Tabelle 1).

Ein statistischer Zusammenhangzwischen Dauer der Beschwerdesym-ptomatik und Ergebnis der Bestrahlungkonnte nicht belegt werden. Auffallendwar eine positive Korrelation des Be-strahlungserfolges (p ≤ 0,05) mit demAlter der Patienten (Tabelle 2). Weiterepositive, statistisch signifikante Korre-lationen bestanden bei dem Anspre-chen der Strahlentherapie bei Frauen,bei akuten Tendinitiden mit ödematö-sen, im T1-gewichteten Bild signalar-men und T2-gewichtet signalreichenEinlagerungen in der Supraspinatus-sehne (n = 34 Patienten, p ≤ 0,05) (Ta-belle 2, Abb. 1).

Bei der chronischen Tendinitis derSupraspinatussehne (n=32), der Einen-gung des subakromialen Raumes(n=63), einem Erguß (n=43) und einerHypertrophie des Akromioklavikular-gelenks (n=30) bestanden keine positi-

töse Behandlung mit Antiphlogistika,Cortison wie auch krankengymnasti-sche Maßnahmen, welche bei 44 Patien-ten (57%) durchgeführt wurde, wieskeinen statistisch signifikanten Zusam-menhang mit dem Erfolg einer Strah-lentherapie auf (Tabelle 2).

Diskussion

Die Strahlentherapie der Periarthritishumeroscapularis ist eine seit vielenJahren bekannte Methode zur Therapiedegenerativer Gelenkerkrankungen, wo-bei gerade der akut entzündliche bzw.exazerbierte entzündliche Charakterauf eine Reizbestrahlung anzusprechenscheint [3, 4, 6, 11]. Der Mechanismusdieser analgetischen Wirkung ist je-doch nicht geklärt, so daß unterschiedli-che Aspekte diskutiert werden, wie z. B.die Verbesserung der Gewebsperfusion,die Zerstörung von Entzündungszellen,die Beeinflussung des autonomen/vege-tativen Nervensystems, Zusammenhän-ge mit der Zytokinproduktion undniedriger Strahlendosis bzw. der spezi-fischen Wirkung auf bestimmte Lym-phozytenpopulationen und die Um-wandlung einer Gewebsazidose in eineGewebsalkalose [6, 7, 20].

Bei jüngeren Patienten mit Periar-thritis bieten sich primär operative Ver-fahen zur Beseitigung der Ursachen derBeschwerden, wie z. B. die Versorgung ei-ner Rotatorenmanschettenruptur oderdie zunehmend arthroskopisch durchge-führte subakromiale Dekompression an.

Die Besonderheit unseres Patien-tenkollektives mit einem hohen mittle-

ven Korrelationen zum Erfolg der Reiz-bestrahlung (Tabelle 2).

Dagegen konnte bei einer komplet-ten Ruptur der Supraspinatussehne (n =5) ein statistisch signifikanter Zusam-menhang zum Bestrahlungserfolg fest-gestellt werden (Abb. 2). Auch bei einerinkompletten Ruptur der Supraspina-tussehne, welche immer die ventraleSehne betraf (n = 16), konnte ein signi-fikanter Zusammenhang belegt werden(Abb. 3). Eine Usur im Ansatzbereichder Supraspinatussehne am Tubercu-lum majus fand sich bei 30 Patienten(Abb. 1). Auch hier konnte eine statisti-sche Signifikanz zum Ergebnis der Ra-diatio festgestellt werden (Tabelle 2).

Eine konservative Therapie vor derBestrahlung, wie z. B. eine medikamen-

Tabelle 2

Statistische Korrelation einzelner Faktoren mittels Fisher’s Exact Tests zu einempositiven Behandlungsergebnis durch die Radiatio (0, kein signifikanter Zusam-menhang; +, signifikanter Zusammenhang)

Zahl d. Patienten statistische Variable Signifikanz

Vorbehandlung 44 w = 0,880 0Geschlecht w = 50 w = 0,957 + p ≤ 0,05

m = 27Alter 58 ± 10 Jahre w = 0,968 + p ≤ 0,05Beschwerdedauer 15 Monate w = 0,804 0Gelenkerguß 43 w = 0,649 0Akute Tendinitis 34 w = 0,966 + p ≤ 0,05Chron.Tendinitis 32 w = 0,264 0Impingement 63 w = 0,795 0AC-Gelenkhypertroph. 30 w = 0,493 0Usur am Tub. maius 30 w = 0,985 + p ≤ 0,01Inkomplette Ruptur 16 w = 1 + p ≤ 0,001Komplette Ruptur 5 w = 1 + p ≤ 0,001

a b

Abb. 1a, b m 42jährige Patientin mit Periarthritis humeroscapularis rechts seit 6 Monaten. AkuteTendinitis der Supraspinatussehne. Völlige Beschwerdefreiheit nach Bestrahlung. a T1w- SE-Se-quenz, anguliert koronar: signalarme Auftreibung der Supraspinatussehne. Kleine Usur am Tuberku-lum majus (→). b T2w- SE-Sequenz, anguliert koronar: Signalintensitätserhöhung in der Sehne desM. Supraspinatus (→)

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rem Lebensalter von 58 Jahren bestehtdarin, daß sämtliche Bestrahlungen mithochenergetischen Photonen an einemLinearbeschleuniger (6 MV) durchge-führt wurden, die nach den Ergebnis-sen von Gärtner mit Telekobalt bessereErgebnisse als die Orthovolt-Therapieversprechen [3]. Nach unseren Ergeb-nissen zeigten sich jedoch keine Unter-schiede gegenüber den Resultaten vonSchäfer und Hess an Orthovoltgeräten[6, 7, 15]. Schäfer, der nicht zwischenvölliger Beschwerdefreiheit und we-sentlicher Besserung gemäß von Pan-newitz, differenzierte, konnte bei 42 Pa-tienten in 33% eine sofortige Besse-rung, bei 50% nach 2 Monaten einewesentliche Besserung bzw. Beschwer-defreiheit und darüber hinaus nach 5Monaten bei 70% eine Besserung bzw.völlige Beschwerdefreiheit erzielen [15,24, 25]. Die Ergebnisse von Hess anhandvon 124 Patienten mit Periarthritis wie-sen eine sofortige Schmerzlinderungbei 33% und eine absolute Schmerzfrei-heit von 52% auf, während 17% der Fälleresistent waren [6]. Herauszustellen ist,daß Hess trendmäßig, jedoch nicht sta-tistisch signifikant, ein besseres An-sprechen der Patienten in den ersten 6Monaten nach Beschwerdebeginn fest-stellte, während wir bei unseren Patien-ten diesen Zusammenhang nicht bele-gen konnten [6]. In unserem Patienten-kollektiv zeigte sich bereits sofort nachTherapieende bei 55% der Patientendeutlich häufiger als bei Hess mit 33%eine wesentliche Besserung bzw. völlige

lungserfolges mit dem Patientenalter.Vergleichsresultate anderer Arbeits-gruppen unter diesem Aspekt liegennicht vor. Da im Bereich der Schulterre-gion keine kritischen Organe liegen unddie Ovarialdosis weniger als 0,1% unddie der Testes weniger als 0,05% derEinstrahldosis beträgt, wie Hess am Al-derson-Phantom bei Telekobalttherapienachweisen konnte, sind die Beachtungder Strahlenschutzmaßnahmen auchbei ultraharten Röntgenstrahlen keinekurz- oder längerfristigen Schädigun-gen zu erwarten [6, 7, 8, 12].

Dennoch erschien es um im Hin-blick auf die zunehmenden entzündli-chen degenerativen Erkrankungen desSchultergelenkes,gerade bei jungen Pati-enten, sinnvoll festzustellen, ob mittelsder Kernspintomographie relevanteVoraussagen zu dem Ansprechen einerStrahlentherapie bei der Periarthritishumersoscapularis gemacht werdenkönnen. Die Beurteilung ansatznaherVeränderungen der Supraspinatussehneist nach den Ergebnissen von Ericksonund Vahlensieck durch Magic-angle-Ar-tefakte erschwert [2, 21, 22]. Hierbei han-delt es sich um Signalerhöhungen desAnsatzes der Supraspinatussehne be-sonders in T1w- und protonengewichte-ten Sequenzen abhängig von der Aus-richtung der Sehne im Magnetfeld. DieDiagnostik einer Teilruptur der Supra-spinatussehne unterliegt somit kern-spintomographisch methodischenSchwierigkeiten [9, 14, 17]. Nach den Er-gebnissen von Kreitner kann jedoch dieDifferenzierung ausgeprägter Tendiniti-den und partieller Rotatorenmanschet-tenrupturen durch intraartikuläre Gd-DTPA Applikation gegenüber der nati-ven Untersuchung verbessert werden[10]. Wegen der fehlenden Zulassungder intraartikulären Gd-DTPA-Injekti-on wurde unsere Aussage nur auf ein-

Beschwerdefreiheit. Werden jedoch dieLangzeitergebnisse 3–6 Monate bzw.über 6 Monate nach Therapieabschlußverglichen, waren annähernd ähnlicheErgebnisse von unterschiedlichen Ar-beitsgruppen festzustellen. In unseremKollektiv zeigten sich bei insgesamt32% der Fälle entweder keine oder einegeringfügige Besserung, während Hessmit insgesamt 29% eine Therapieresi-stenz in diesem Zeitintervall angab undSchäfer in 30% keine Verbesserungnach Strahlentherapie feststellen konn-te [6, 15]. Die Ergebnisse von Seegen-schmiedt bei der Radiotherapie derEpikondylopathia humeri mit Ortho-volt-Technik zeigten bei insgesamt 74%der Patienten (104 Fälle) ein gutes An-sprechen auf die Strahlentherapie (we-sentliche Besserung bzw. völlige Be-schwerdefreiheit) [16].

Auch wenn die Ergebnisse nicht di-rekt auf die Periarthritis humeroscapu-laris zu übertragen sind, so zeigen siedoch mit unseren Ergebnissen (69%langfristige wesentliche Besserung, bzw.völlige Beschwerdefreiheit) weitgehen-de Übereinstimmung. In Übereinstim-mung mit den Arbeitsgruppen von See-genschmiedt, Schäfer und Hess ist inden ersten Monaten nach Abschluß derRadiatio eine weitere Beschwerdere-gression zu erwarten, so daß eine Min-destnachbeobachtungszeit von 6 Mona-ten zur endgültigen Beurteilung desTherapieerfolges notwendig erscheint[6, 15, 16]. Auffallend war bei uns einestatistische Korrelation des Behand-

2 3a b

Abb. 2 m 53jähriger Patient mit Periarthritis humeroscapularis rechts seit 14 Monaten. WesentlicheBesserung der Symptomatik nach Bestrahlung. T1w- SE-Sequenz, anguliert koronar: komplette Rup-tur der Sehne des M. Supraspinatus mit Hochstand des Humeruskopfes

Abb. 3a, b m 63jährige Patientin mit Periarthritis humeroscapularis links seit 18 Monaten. Wesentli-che Besserung der Symptomatik nach Bestrahlung. a T1w- SE-Sequenz, anguliert koronar: Ausdün-nung der Supraspinatussehne mit partieller Konturunterbrechung (→). b T2w- SE-Sequenz, angu-liert koronar: Auffassung der Supraspinatussehne mit signalreichen und -armen Einschlüssen (→)

deutig reproduzierbare und morpholo-gische Veränderungen, wie chronischdegenerative Tendinitiden mit Fettein-lagerungen und Signalerhöhungen imT1- und T2- gewichteten Bild infra-akromial sowie akute Tendinitiden mitÖdem und Auftreibung bei signalarmenEinlagerungen im T1- und signalreichenEinlagerungen im T2-gewichteten Bildbeschränkt.

Eine positive Korrelation zwischenAnsprechen auf Strahlentherapie undMR-Morphologie konnte bei einer in-kompletten und kompletten Ruptur derSupraspinatussehne sowie bei einerUsur und einer akuten Tendinitis mit ei-nem Ödem beobachtet werden, währendbei chronisch degenerativen fettigenEinlagerungen, Erguß, Hypertrophie desAkromioklavikulargelenkes und Impin-gement kein Zusammenhang nachge-wiesen werden konnte. Damit scheinenakute Supraspinatustendinitiden undkomplette bzw. inkomplette Rupturenund eine Ödematisierung besondersgünstig für das Ansprechen einer Strah-lenbehandlung, während anatomischeVarianten bzw. chronisch degenerativeVeränderungen ein schlechteres Anspre-chen erwarten lassen. Einschränkendsind unsere Ergebnisse trotz der statisti-schen Signifikanz wegen der kleinenStichproben in den Subgruppen nur alsTrendmeldungen zu werten, so daß wei-tere Untersuchungen an größeren Kol-lektiven erfolgen sollten.

Weiterhin zeigten Patientinnen inunserem Kollektiv im Gegensatz zuHeß ein signifikant besseres Anspre-chen, wobei dieses aber mit hoherWahrscheinlichkeit auf das annähernddoppelt so große weibliche Kollektivzurückzuführen ist [6].

Zusammenfassend ist nach unse-ren Ergebnissen festzuhalten, daß dieRöntgenweichteilbestrahlung degene-rativer Veränderungen des Schulterge-lenks im Vergleich zu anderen Thera-piemodalitäten weiterhin indiziert ist,wobei Versagerquoten von 20 bis 30%in Kauf genommen werden müssen.Die MRT ermöglicht in den meistenFällen eine sichere Diagnosestellungund ist vor Strahlentherapie sinnvoll,um anatomische Fehlbildungen, bzw.Varianten wie Einengung des sub-akromialen Raumes und Hypertrophiedes Akromioklavikulargelenks auszu-schließen, welche primär einer operati-ven Versorgung, wie z. B. subakromiale

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Dekompression, zugeführt werden soll-ten. Allerdings sind die Doppelblind-studien von Plenk, Goldie und Valtonenzu bedenken, welche die Wirksamkeitder Bestrahlung einer Scheinbestrah-lung gegenüberstellen [4, 13, 23]. DerenErgebnisse stehen im Widerspruch zuden positiven Berichten der meistenNachbeobachtungsstudien. Nach Plenkist die Periarthritis humeroscapulariseine selbstlimitierende Erkrankung, diein der Regel spontan ausheilt [13]. Somitist letztendlich die Frage zu stellen, obes sich bei der Entzündungsbestrah-lung um einen Plazeboeffekt handeltund Spontanremissionen als Behand-lungserfolg gewertet werden. In weite-ren Studien sollte daher geprüft wer-den, ob eine zusätzliche MRT-Untersu-chung nach Abschluß der Strahlenbe-handlung Veränderungen objektivierenkann, die deren Wirksamkeit unter-mauern können.

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