Strukturalistische Schulen -...

Preview:

Citation preview

Strukturalistische Schulen

Petra M. Vogel

Sprachwissenschaft/Linguistik

19. Jh.: Wie entwickelt sich Sprache? > Historischer Aspekt 20. Jh.: 1. Hälfte: Woraus besteht Sprache? > Strukturalistischer Aspekt

2. Hälfte: Wozu dient Sprache? > Kommunikativer/angewandter Aspekt

Strukturalismus

•  Woraus besteht Sprache? •  Sprache ist eine Menge von Elementen,

die eine bestimmte Struktur bzw. ein bestimmtes System repräsentieren

> Strukturalismus in der Linguistik/ Systemlinguistik

Strukturalismus

•  Begründer Ferdinand de Saussure *1857 in Genf +1913 Vufflens-sur-Morges •  Wichtigstes Werk 1916 Cours de linguistique générale (= Grundfragen der allgemeinen

Sprachwissenschaft 1931)

Strukturalismus

•  Sprachliche Elemente sind Zeichen, d.h. aliquid stat pro aliquod (‚etwas steht für etwas (anderes)‘) (s. Semiotik = Lehre von den Zeichen)

•  Aber: Sprachliche Zeichen sind sog. „Symbole“: Bezeichnetes und Bezeichnendes stehen in keinem ursächlichen Zusammenhang (sog. Arbitrarität)

•  Gegensatz: Ikone

René Magritte (1929): Ceci n´est pas une pipe

Strukturalist. Zeichenmodell F. de Saussure interessiert nur das

Zeichen als solches, nicht die Wirklichkeit und nicht der Zeichenbenutzer

Strukturalistische Konzepte/Dichotomien

•  Langue und Parole „Die Langue bildet ein System von

Zeichen, das losgelöst vom Sprechen untersucht werden kann. Bei der Parole handelt es sich um den Sprachgebrauch jedes Einzelnen. Dieser ist der direkten Beobachtung zugänglich.“ (Dürscheid 2009)

Strukturalistische Konzepte/Dichotomien

•  Syntagma und Paradigma „Syntagma: Lineare Verkettung von

Einzelelementen auf der horizontalen Achse zu einer komplexeren Einheit.“

„Paradigma: Klasse von sprachlichen Zeichen, die gemeinsame Merkmale teilen; Sammlung von auf vertikaler Ebene austauschbaren Elementen.“ (Dürscheid 2009)

Strukturalistische Konzepte/Dichotomien

•  Segmentieren und Klassifizieren „Im Strukturalismus wird das Syntagma

segmentiert, d.h. in einzelne sprachliche Zeichen zerlegt, die wiederum klassifiziert, also bestimmten Paradigmen zugeordnet werden.“ (Dürscheid 2009)

Strukturalistische Schulen

1. Prager Schule (Funktionale Linguistik) 2. Kopenhagener Schule (Glossematik) 3. Amerikanischer Deskriptivismus

1. Prager Schule Funktionale Linguistik

•  1926 Gründung des „Cercle Linguistique de Prague“ durch Vilém Mathesius

•  Mitglieder Mathesius, Havránek, Trnka, Skalička, Trubetzkóy, Jakobson

•  Publikationsorgan „Travaux du Cercle Linguistique de Prague“ (1929-1939), „Travaux linguistiques de Prague“ (1966-)

•  Hereinnahme von außersprachlicher Wirklichkeit und Sprecher, dadurch Anknüpfung an Funktion/Zweck = Kommunikation (vgl. Konzept Auto)

Funktionale Grammatik •  „Ausgangspunkt der Analyse in der Funktionalen

Grammatik ist nicht die Struktur selbst, sondern die Frage, was einen Sprecher dazu veranlasst, sich für die eine oder andere Struktur zu entscheiden.“ (Dürscheid 2009)

•  Funktion von Sätzen ist es, die Information situationsgerecht zu präsentieren

Funktionale Satzperspektive

•  1939 durch Mathesius eingeführt •  Situationsgerechte Informationsgliederung •  „Rhema stellt die neue, nicht bekannte

Information dar, Thema die alte, bereits bekannte Information.“ (Dürscheid 2009)

•  Typisch: Thema vorne (später: Topic), Rhema hinten (später: Comment)

Funktionale Phonetik = Phonologie Phonem = Lautbild, das eine bedeutungsfifferenzierende Funktion hat

= kleinste bedeutungsunterscheidende Einheit

[p]:[b] <Pein>:<Bein> /p/:/b/ [t]:[d] <Teich>:<Deich> /t/:/d/ [l]:[r]+[ʀ]+[ʁ] <lang>:<Rang> /l/:/R/ [k]:[g] <Kästen>:<Gästen> /k/:/g/ [s]:[z] <reißen>:<reisen> /s/:/z/ [m]:[n] <mein>:<nein> /m/:/n/ [n]:[ŋ] <sann>:<sang> /n/:/ŋ/ [z]:[ʃ] <sein>:<Schein> /z/:/ʃ/ [f]:[v]+[ʋ] <fein>:<Wein> /f/:/v/ [h]:[j]+[ʝ] <Hacke>:<Jacke> /h/:/ʝ/ [k]:[x]+[ç]+[χ] <Macken>:<machen> /k/:/ç/ [h]:[ʔ] <Hecht>:<echt> /h/:/ʔ/

Phonologie

Nikoláj S. Trubetzkóy (1890-1938)

Grundzüge der Phonologie.

Prag 1939.

Erstmals vorgestellt 1928

2. Kopenhagener Schule Glossematik

•  1933 Gründung durch Hjelmslev und Brøndal

•  Publikationsorgan „Bulletin du Cercle Linguistique de Copenhague“ (seit 1934-1970), „Travaux du Cercle Linguistique de Copenhague“ (1945-)

•  Vier Strata/Ebenen statt zwei durch Hereinnahme der außersprachlichen Realität

Die vier Strata

Linguistik = Glossematik (gr. glossa ‚Sprache‘) 1943 dän. bzw. engl. 1953 in Hjelmslevs „Prolegomena to a Theory of Language“

Ebene des Ausdrucks Ebene des Inhalts Substanz des Ausdrucks Form des Ausdrucks Form des Inhalts Substanz des Inhalts Phonetik Phonologie Grammatik Semantik Linguistik

Amerikanischer Deskriptivismus

•  Linguistic Circle of New York („Zweigstelle der Prager Schule“, Mitglied z.B. Jakobson)

•  Yale-School: Sapir, Bloomfield (1933 Standardwerk „Language“)

- Publikationsorgan „Language“ (1925-), „Studies in Linguistics“ (1942-)

Amerikanischer Deskriptivismus •  „Der Amerikanische Strukturalismus legt

den Schwerpunkt auf das Segmentieren und Klassifizieren von Sätzen im Rahmen von Konstituentenstrukturanalysen. Die Generative Grammatik baut auf diesen Verfahren auf, hat aber eine andere Zielsetzung: Ihr geht es darum, das Regelwissen zu modellieren, das Sprecher dazu befähigt, korrekte Sätze zu bilden.“ (Dürscheid 2009)

Bloomfields Behaviorismus •  Behaviorismus = psychologischer Ansatz, der

sich auf das Verhalten (behavior), d.h. das rein Erfahrbare/Beobachtbare und deshalb Beschreibbare beschränkt

•  Behavior = durch Reiz/Stimulus (S) ausgelöste Handlung/Reaktion (R): S > R

•  Sprache = besondere Form des menschlichen Verhaltens mit Ersatzstimulus und -reaktion (s/r): S > r ... s > R

•  Konzentration auf s/r = Phonetik („form“) •  Semantik („meaning“) ist wichtig, aber

methodisch nicht fassbar

Harris´ Distributionalismus •  1951 „Methods in Structural Linguistics“ •  Phoneme + Morpheme werden nicht mit Bezug auf

ihre Bedeutung, sondern rein über ihre Distribution (Umgebung) definiert

•  Hauptaufgaben der Linguistik: Segmentierung (auf der Basis von Substitution) + Klassifizierung (auf der Basis von Distribution)

Chomsky´s Generative Grammatik

•  1965 „Aspects of the Theory of Syntax“ •  Nicht die Sprachdaten stehen jetzt im

Vordergrund, sondern die mentalen Regeln, mit Hilfe derer diese Daten generiert werden

•  70er Jahre: Generative Transformationsgrammatik •  80er Jahre: Rektions-Bindungstheorie (GB) •  90er Jahre: Minimalistisches Programm •  21. Jh.: Optimalitätstheorie (OT)

Fazit Prager Schule

Ebene des Ausdrucks Ebene des Inhalts Substanz des Ausdrucks Form des Ausdrucks Form des Inhalts Substanz des Inhalts Phonetik Phonologie Grammatik Semantik Linguistik Kopenhagener Schule

Ebene des Ausdrucks Ebene des Inhalts Substanz des Ausdrucks Form des Ausdrucks Form des Inhalts Substanz des Inhalts Phonetik Phonologie Grammatik Semantik Linguistik Amerikanischer Deskriptivismus

Ebene des Ausdrucks Ebene des Inhalts Substanz des Ausdrucks Form des Ausdrucks Form des Inhalts Substanz des Inhalts Phonetik Phonologie Grammatik Semantik Linguistik

•  Aufgabe Vogel: Geben Sie bis nächste Woche eine Zusammenfassung (ca. 600 Wörter) einer der drei dargestellten Schulen.

•  Als Literaturgrundlage dient der Scan des Kapitels „Die Herausbildung der strukturellen Linguistik“ (aus: Gerhard Helbig (2002): Linguistische Theorien der Moderne. Berlin: 46-92.)

•  Weitere Infos s. LSF. •  Hier aufgeführte Literatur: Dürscheid, Christa (2009):

„Grammatische Theorien“. Sprache-Stimme-Gehör 33: 89-97.

Recommended