Supermikroskop ermöglicht Beobachtung der Nervenfunktion

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246 | © 2010 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.chiuz.de Chem. Unserer Zeit, 2010, 44, 242 – 246

Die Arbeitsgruppe von Silvio Rizzoliam Europäischen Neurowissenschaft-lichen Institut (ENI) in Göttingen be-nutzte zu der Beobachtung diesernur etwa 40 Nanometer messendenKügelchen die STED-Mikroskopie(Stimulated Emission Depletion), eineerst seit wenigen Jahren verfügbareAbwandlung der Fluoreszenzmikro-skopie, bei der die Probe nach demRasterverfahren mit einem Laserlicht-punkt abgetastet wird. Beim STED-Verfahren entzieht man mit einemzweiten Laserstrahl einem Teil der an-geregten Moleküle die Anregungs-energie und verkleinert damit denBereich, in dem ein Fluoreszenzsignalentstehen kann (siehe ChiuZ 2008,42, 306). Mit diesem Trick kann mandie im 19. Jahrhundert von ErnstAbbe postulierte Grenze der Licht-mikroskopie, dass nämlich die Auflö-sung nicht kleiner werden kann alsdie halbe Wellenlänge des verwende-ten Lichts, überwinden und Auflösun-gen bis zu 25 Nanometern erreichen.Die Beobachtung der synaptischenVesikel einer Nervenzelle war mitkonventionellen Abbildungsverfah-ren, deren Auflösung nach Abbebestenfalls rund 200 nm erreichenkann, nur eingeschränkt möglich. Dadiese Vesikel im Ruhezustand dichtgepackt in der Zelle vorliegen, konn-te man allenfalls einzelne Exemplaremit Fluoreszenzmarkern versehenund deren Bewegung nur grob ver-folgen.

Im Jahr 2008 zeigte Silvio Rizzoliin Zusammenarbeit mit der Gruppe

von STED-Erfinder Stefan Hell vomGöttinger Max-Planck-Institut, dassman mit dieser Technik die Bewe-gung von synaptischen Vesikeln inVideo-Qualität verfolgen kann, miteiner Auflösung von 62 Nanometernund mit 28 Bildern pro Sekunde(zwar muss jedes Bild Punkt fürPunkt gescannt werden, doch da dieLänge der verwendeten Laser-Pulsein der Größenordnung von Femtose-kunden (10–15s) liegt, geht die Bil-derzeugung erstaunlich schnell).

Nach dieser Machbarkeitsstudielegten dieselben Forscher nun einedetailliertere Analyse des „Lebens-laufs“ von synaptischen Vesikeln vor.Da traditionelle Methoden nur dieBewegung einzelner (womöglichnicht typischer) Kügelchen oder ei-nen einzelnen Schnappschuss allerVesikel liefern konnten, gab es kon-troverse Hypothesen darüber, wiesich deren Beweglichkeit im Laufeihres Funktionszyklus ändert.

Rizzoli und Mitarbeiter zeigennun, dass die frisch aus der Membranentstandenen (oder wieder auferstan-denen) Lipidvesikel hochgradig be-weglich (also nicht mit anderen quer-vernetzt) sind. Erst im Laufe eineslangsamen Reifungsprozesses werdensie unbeweglich und verklumpensich mit anderen Vesikeln zu einemReservoir, aus dem sie dann bei Be-darf wieder abgerufen werden [3].

Die Forscher folgern, dass die vor-her beobachteten beweglichen undunbeweglichen Zustände beide zumnormalen Lebenszyklus einer synapti-

schen Vesikel gehört. Elektrische undchemische Signale beeinflussen de-ren Beweglichkeit nicht direkt, son-dern wirken nur über die Fähigkeitder Vesikel, mit Membranen zu ver-schmelzen.

Das Gesamtmodell ist nun deut-lich komplizierter als man vorher an-nahm, doch es kann auch die schein-bar widersprüchlichen Beobachtun-gen anderer Methoden miteinanderin Einklang bringen.

[1] S. tom Dieck, E. J. Gundelfinger, Chem.unserer Zeit 2000, 34, 140–148.

[2] V.Westphal et al., Science 2008, 320, 246.[3] D. Kamin et al., Biophys. J. 2010, im Druck

Michael Großwww.michaelgross.co.uk

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M E T H O D E N

Supermikroskop ermöglichtBeobachtung der Nervenfunktion

Die Weitergabe von Informationen von einer Nervenzelle an die nächstehängt von einem chemischen Kommunikationsschritt ab, nämlich derAusschüttung eines Neurotransmitters aus der Endung (Synapse) derSender-Zelle, welcher dann durch den Zwischenraum hindurchdiffun-diert und an einem Rezeptor der Empfängerzelle andockt [1]. Die Aus-schüttung des Transmitters erfolgt aus kleinen Membrankügelchen(Vesikeln), die mit der Zellmembran verschmelzen. Forscher in Göttin-gen haben nun erstmals den Lebenszyklus dieser Vesikeln in lebendenZellen vollständig beobachten können.

T V-T I PP S |Leder Taschen, Schuhe, So-fas – der Ledermarktboomt. Im Laufe der Zeitwurden immer speziellere chemische Ver-fahren entwickelt, um die Tierhäute halt-barer und widerstandsfähiger zu machen.24.08. WDR, 7.20 UhrAuch um 12.30 Uhr (Bayerisches Fern-sehen)Ein Aufsatz zum Thema „Chemikalien fürdie Lederherstellung“ findet sich in ChiuZHeft 1/2009, S. 28–36.

Die Kartoffelrevolution Heute werden weltweit fast doppelt soviele Kartoffeln geerntet wie vor 20 Jah-ren. Sie ist ein Überlebenskünstler, wächstin Grönland wie in Indien, pflegeleichter,vitamin- und nährstoffreicher als Getrei-de, Reis oder Mais. Doch es ist nicht un-gefährlich, wenn die ganze Welt auf dieKnolle setzt. In der Mitte des 19. Jahrhun-derts verursachte die Kartoffelfäule inIrland Millionen von Todesopfern. Ein glo-baler Ernteausfall wäre auch heute eineKatastrophe. Wissenschaftler arbeiten da-her unter anderem an einer Kreuzung dermodernen, aber anfälligen Hochleistungs-sorten mit pilzresistenten aber ertrags-armen „Wildtypen“. Die Kartoffel istjedoch nicht nur ein Nahrungsmittel. Jede dritte Knolle dient als Rohstoff fürchemische Produkte. 25.08., ZDF, 22.15 Uhr

Kurzfristige Programmänderungen derSender sind möglich.

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