Über Chalkogenolate. 75. Untersuchungen über N-Cyandithiocarbimidsäure 3. Dimethylester und...

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Z. anorg. allg. Chem. 434,115-118 (1977) ~~

J. A. Barth, Leipzig

Uber Chalkogenalate. 75l)

Untersuchungen uber N-Cyandithiocarbimidsaure 3. Dimethylester und Methylestersalze der Slurel)

Von G. GATTOW und K. KLAESER

M a i n z, Institut fur Anorganische Chemie und Analytische Chemie der Universitat

1nhal t s lbers i .ch t . Der Dimethylester (CH,S),C=N-CN und die Monomethylestersalze M[S(CH,S)C=N--CN] mit M.- K, TI wurden hergestellt und mit verschiedenen Methoden charak- terisiert. Die SBure (HS)(CH,S)C=N-CN konnte nicht isoliert werden.

On Chalcogenolates. 76. Studies about N-Cyandithiocarbimic Acid. 3. Dimethyl Ester and Methyl Ester Salts of the Acid

A b s t r a c t . The dimethyl ester (CH,S),C=N-CN and the monomethyl ester salts M[S(CH,S) . C=N-CCP\T] with M = K, TI have been prepared and investigated by different methods. The acid (HS)(CH,S)C=N-CN could not be isolated.

Waihrend der Dimethylester der N-Cyandithiocarbimidsaure bereits seit 1904 bekannt ist [ a ] und haufig Gegenstand von chemischen Untersuchungen warz), wurde das Kaliumsalz des Monomethylesters dieser Saure erst in neuerer Zeit isoliert [5] und praparativ eingesetztz). Im Zusammenhang mit unseren Unter- suchungen uber die freie N-Cyandithiocarbimidsaure [I] muBten wir uns mit diesen Verbindungen erneut befassen, da sie u. W. bis jetzt noch nicht eindeutig charak- terisiert wurden.

I. Dimethylester der N-Cyandithiocarbimidsiure (CH,S),C=N-CN wurde in Anlehnung an die Methode von T ~ O N S und

WITTENBROOK [5] durch Umsetzung von K,[S,C=N-CN], dessen Herstellung fruher mitgeteilt wurde [a, 61, mit Methyljodid dargestellt.

Arbe i t svorschr i f t . Zu einer Losung von 10,6 g K,[S,C=N-CN]. H,O in einem Gemisch bestehend aus 50 ml Wasser und 50 ml Aceton werden bei 0°C unter N2-Atmosphare und Wftigem Ruhren 14,2 g CH,J gelost in 20 ml Aceton langsam hinzugetropft. Nach weiterem Ruhren (4 h) bei Zimmertemperatur wird das Losungsmittelgemisch im Valcuum abdestilliert. Der Ruckstand wird mit Aceton aufgenommen, das ungeloste KJ abfiltriert und der Ester%) durch Zusatz von H,O aus- gefallt; Ausbeute: 60% der Theorie bezogen auf das K-Salz.

1) 74. bzw. 2. Mitteilung: [l]. 2) Vgl. den Ubersichtsartikel[3] sowie die Literatunusammenfassung bei [4]. 3) Auf eine chemische Analyse konnte venichtet werden, da die Zusammensetzung der Substanz

hinreichend gesichert ist2).

116 G. GATTOW u. K. KLAESER

Molekulargewicht: Molekulpeak bei m/e = 146 im Massenspektrum rnit der entsprechenden Iso-

Der Dimethylester der N-Cyandithiocarbimidsiiure ist eine farblose, kristal- line 4) Substanz mit unangenehmem Geruch, die sich in allen gebrauchlichen organischen Losungsmitteln lost; Schmelzpunkt : 52 "C.

Losungen des Esters in Athanol zeigen im sichtbaren und UV-Bereich eine Absorption bei 257 nm (molarer Extinktionskoeffizient E = 13,3 - l o3 1 . Mol-l cm-1) mit einer Schulter bei 265 nm ( E = 11,4 * lo3). - Das IR-Spektrum ist in Tab. 1 wiedergegeben. - Im lH-NMR-Spektrum des in CC1, gelosten Dimethyl- esters w i d ein scharfes Singulett mit einer chemischen Verschiebung von 6= 2,66 ppm gegen TMS beobachtet; von SELTZER [8] wird 6 = 2,68 ppm angegeben.

topenverteilung 32Si34S.

Tabelle 1

(CHaS).C=N--CN X[S(CHsS)C=N-CN] TIIS(CHsS)C=N-CN] Zuordnung

3021 (w) 2941 [w) 2915 (w) 2899 (w) Y (C-H) 2183 (st) 2160 (st) 2160 (st) Y (C=N)

IR-Spektren yon Methylderivaten der N-Cyandithioearbimidskue &)

2137 (st)

1414 (m) 1410 (w) 1410 (at) 1305 (m) 1300 (w) 1297 (m) 6 (C-H) 1040 (st) 1086 (st) 1085 (m) Y (C-N) 1022 (st) 1073 (m) 1055 (m) 1000 (w) 1018 (w) 1032 (w)

1479 (st) 1350 (st) 1351 (st) v (C=N)

962 (w) 959 (m) 945 (st) 945 (st) 967 (st) v (CSa) 717 (w) 691 (w) v (C-S) 567 (w) 589 (w) 585 (w) a1 (C-N=C)

543 (w) 539 (w) 0 (CSa)

Im Massenspektrum (18 "C ; Ionisierungsspannung 1 V) von (CH,S),C=N-CN treten ab m/e > 40 und einer relativen Haufigkeit von >5y0 folgende Frag- mente auf: m/e = 146 (35%; M), 99 (1O0yo; CH,SCNCN), 74 (25%; CH,SNH), 48 (10%; CH,SH), 47 (11%; CH3S), 46 (6%; CH2S) und 45 ( l l y o ; CHS).

11. Monomethylestersalze der N-Cyandithiocarbimidsaure Von den Methylestersalzen M[S(CH,S)C=N-CN] ist lediglich die Synthese

der Verbindung mit M = K mitgeteilt worden [5, 91. Die Darstellung erfolgte in Anlehnung an das von TIMMONS und WITTENBROOK [5] beschriebene Verfahren.

Arbei t svorschr i f t . Eine Losung von 11,2 g CH,J in 30 ml Aceton wird bei 0°C unter N,- Atmosphare und starkem Ruhren zu einer Losung von 21,2 g IC,[S,C=N-CN] . H,O in 1% ml eines Gemisches hestehend aus gleichen Teilen Aceton und Wasser getropft. Nach 4 h Ruhren bri Raum- temperatur wird das Losungsmittelgemisch im Vakuum abgedampft und der Ruckstand in 260 ml Aceton aufgelost. Nach Filtration wird die acetonische Losung erneut einer Vakuumbehandlung unterzogen. Das Rohprodukt wird in 300ml Essigsaureathylester gelost und die reiiie Substanz3) durch Zugabe von 300 ml Petrolather ansgefallt; Ausheute: 35% derTheorie bezogen auf das K-Salz.

4, Die ausgewertete rontgenographische Pulveraufnalime kanri von den Verfassern (G. G.) angefordert werden.

N-Cyandithiocarbimidsaure Ester 117

K[S(CH,S)C=N-CN] stellt eine farblose, in Nadeln kri~tallisierende~) Sub- stanz dar, die bei 212 "C unter Zersetzung schmilzt ; die nach der Schwebemethode bestimmte Dichte betragt di0 = 1,744 g/ml. Die Verbindung lost sich gut in Wasser .

Im sichtbaren und UV-Bereich zeigen waBrige Losungen von K[S(CH,S)C= N-CN] folgende Absorptionen (in Klammern : molarer Extinktionskoeffizient E

in 1 - Mol-l - em-l): 215 nm ( E = 7,O lo3), 269 nm ( E = 13,s * lo3) und 297 nm ( E = 10,s * lo3). - Das zugeordnete IR-Spektrum ist Tab. 1 zu entnehmen. - Das lH-NMR-Spektrum der in Dimethylsulfoxid-d, gelosten Substanz zeigt ein Signal mit einer chemischen Verschiebung von 6 = 2,35 ppm gegen TMS [9].

Tl[S(CH,S)C=N-CN] ffillt aus waBriger Losung beim Zusammengeben von Tl+- und [S(CH,S)C=N-CN]--1onen als gelber, kristalliner4) Niederschlag aus. Die Verbindung, deren IR-Spektrum in Tab. 1 wiedergegeben ist, schmilzt bei 192 "C unter Zersetzung.

Die f r e i e Mono m e t h y 1 -N - c y and i t hio car b i mi d s Bur e sollte nach den gleichen Verfahren darstellbar sein, wie sie bei den Chalkogenokohlensauren be- schrieben wurden [3]. Die Umsetzung von K[S(CH,S)C=N-CN] sowohl in wfiBriger Losung bei 0°C als auch in atherischer Suspension bei -30°C mit HCl fuhrt zu roten, plastisch-oligen Produkten, die sich nicht eindeutig definieren lieBen und sich bis jetzt jeder weiteren Identifizierung entzogen.

V e r s a c h s d u r c h f u h r u n g . Eine Suspension von 5 g K[S(CH,S)C=N-CN] in Diathylather wird bei -30°C unter N,-Atmosphare und kriiftigem Ruhren mit der stochiometrischen Menge einer Losung von HCl(g) in (C2H,),0 zur Reaktion gebracht. Nach etwa 3 h hat sich die anfanglich farblose Suspension in einen gelben, flockigen Niederschlag umgewandelt, der beim Erwarmen auf Zimmer- temp-ratur in eine rote, plastisch-olige Substanz ubergeht.

l m I R - S p e k t r u m der in CCI, gelosten Substanz treten Absorptionsbanden mit Maxima bei folgendrn Wellenzahlenauf5): 2967 (m), 2865 (w), 2193 (w), 1730 (st), 1495 (w), 1370 (m), 1259 (st), 1238 (st). 1096 (st), 1048 (st), 822 (w), 696 (w) cm-l. - Eine Zuordnung der Banden iet mit Aus- nahmc von v (C-H) bei 2967 und 2865 em-l bzw. von 6 (C-H) bei 1370 cm-l sowie von v (C-N) bei 10% cm-l nicht zuverliissig. uberraschend ist das Fehlen der Schwingung v (S-H) sowie even- tuell a w h von v (N-H) und 8 (N-H), wie sie in der N-Cyandithiocarbimidsaure [l] auftreten. Die Bande v ( C r N ) bei 2193 em-l, die erwartungsgemaD stark sein sollte (s. Tab. l), besitzt nur noch schwachu Intensitit.

Im Massenspekt rum der Substanz tritt der bei m/e = 132 zu erwartende Molekulpeak nicht auf. Ab in/e > 50 und einer relativen Haufigkeit von 2 1 2 % werden folgende Fragmentionen beob- achtet: CH,SCSNH, ? (15%), CH,SCNCN (33y0), CH,SSCH, (37%), CH,SCS (loo%), CH,SS (33%), SCS (36y0), CH,SCNH (16%), CH,SCN (13%), S, (as%), SCNH, (27%) und SCNH (24%). - Diese Bruchstticke sowie das Auftreten eines Peaks bei m/e = 146 (9%; (CH,S),CNCN) stehen nicht in Widerspruch zum Fragmentierungs- und Rekombinationsmuster der envarteten Monomethyl-N- cyandithiocarbimidsaure. Schwierigkeiten bereitet jedoch das Auftreten eines Peaks bei m/e = 170 (ll%), der dem Fragmention CH,SCSSSCH, zugeordnet werden konnte. Dieses Bruchbtiick l a D t folgende Deutung zu: Die gewonnene Substanz stellt ein Gemisch dar, sie ist polymer, sie ist teilweise zu [S(CH,S)C=N-CN], oxydiert und/oder es haben groDere Rekombinationen im Massenspektro- meter stattgefunden.

5 , Es bedeuten s t = stark, m = mittel, w = schwach. Aufgenommener Bereich: 4000 bis 525 cm-l. - Die Zuordnung der Absorptionsbanden erfolgte unter ZugrundeJegung der bekannten IR-Daten von [6, 71.

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Diese Untersuchungen geben keine Auskunft, daI3 die dargestellte Substanz die Monomethyl-N-cyandithiocarbimidsaure ist. Mit Sicherheit kann unter den gegebenen experimentellen Bedingungen das Vorliegen in der erwarteten Form (HS) (CH,S)C =N- CN ausgeschlossen werden.

Der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Fonds der Chemie gilt unser Dank ftir die uns zur Verfugung gestellten Hilfsmittel.

Literatur [1] G. GATTOW u. K. KLAESER, Z. anorg. allg. Chem. 434, 110 (1977). [2] A. HANTZSCH u. M. WOLVEXAMP, Liebigs Ann. Chem. 331, 265 (1904). [3] G. GATTOW u. W. BEERENDT in A. SENNING (Herausgeber), Topics in Sulfur Chemistry. Vol. 2,

[4] K. KLIESER, Diplomarbeit, Mainz 1976. [6] R. J. TIMMONS u. L. S. WITTENBROOK, J. Org. Chem. 32, 1566 (1967). [6] G. GATTOW u. K. KLAESER, Z. anorg. allg. Chem. 433, 211 (1977). [7] K. A. JENSEN 11. L. HENRIKSEN, Acta Chem. Scand. 24,3213 (1970). [8] R. SELTZER, J. Org. Chem. 33, 3896 (1968). [9] D. WOBIG, Liebigs Ann. Chem. 764, 125 (1972).

G. Thieme-Verlag, Stuttgart 1977.

Bei der Redaktion eingegangen am 22. November 1976.

Anschr. d. Verf.: Prof. Dr. G. GATTOW und Dip1.-Chem. K. KLAESER, Inst. f. Anorg. Chemie U.

Analyt. Chemie d. Univ., D-6500 Mainz, Johann-Joachim-Becher-Weg 24

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