Über Chalkogenolate. 87. Untersuchungen über Wismut(III)-monomethylcarbonate

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Z. anorg. allg. Chem. 447, 131-135 (1978) J. A. Barth, Leipzig

Uber Chalkogenolate. 87 [l]

Untersuchungen ii ber Wismut( I I 1)-monomethylcarbonate

Von G. GATTOW und R. LINGENFELDER

Mainz, Institut fur Anorganische Chemie und Analytische Chemie der Universitit

I n h a l t s u b e r s i c h t . Durch Umsetzung methanolischer Losungen von Li[O,COCH,] mit BiCI, bei -40°C wurde das instabile BiCI[O,COCH,], hergestellt. Die Zersetzung der Verbindung wurde in N2-Atmosphare und an der Luft bei Zimmertemperatur kinetisoh untersucht. In N, zerfiillt festes BiCI[O,COCH,], nach dem Geschwindigkeitsgesetz 1. Ordnung mit einer Halbwertszeit von 53 s bei 18OC.

On Chalcogenolates. 87. Studiej on Monomethyl Carbonates of Bismuth(II1) A b s t r a c t . The reaction of Li[02COCH3] with BiCI, at -40°C in methanolic solution leads to

unstable BiC1[O2COCH,],. The decomposition of this compound has been studied kinetically in nitro- gen and in air a t room temperature. I n N, solid BiCl[O,COCH,], decomposes by a first-order reaction with an half-life of 53 s at 18°C.

Voii den Monoalkylcarbonaten [O,COR]- der Hauptgruppenelemente sind lediglich Verbindungen rnit Wasserstoff [2], Alkalimetallen 1131, Erdalkalimetallen [4] und rnit Thallium [3, 51 ausfiihrlich beschrieben worden. In Weiterfuhrung unserer Untersuchungen [6] haben wir uns mit den Monomethylcarbonaten des Wismuts (111) bef aBt .

Es war zu erwarten, da13 BiC1, mit Alkalimetallmonomethylcarbonaten M[O,COCH,] nach

BiCI, + 3-n M[O,COCH,] + BiCl,[O,COCH,],-, + 3-n MCl

mit n = 0, 1, 2 reagiert. Dabei bieten sich von den Monomethylcarbonaten die Li-Verbindung und Methanol als Losungsmittel an, da sowohl BiC1, und Li- [O,COCH,] als auch LiCl in Methanol loslich sind.

Setzt man methanolische Losungen von Li [O,COCH,] mit BiCl, im Molver- haltnis 1: 1 bis 4: 1 um, dann fallt n u r die Verbindung mit n = 1 als schwerlosli- cher Niederschlag aus. Trotz Variation der Versuchsbedingungen (Temperatur : -78 bis 0°C; Versuchsdauer: 20 min bis 3 d) konnte ke ine Verbindung rnit n + 1 isoliert werden.

I. Darstellung von BiCl[O2COCH3]2 Die Darstellung von Chlorowismut (111)-di(monomethy1carbonat) erfolgte durch

Umsetzung einer methanolischen Losung von Li[O,COCH,] rnit BiC1, bei -- 40°C.

132 G. GATTOW u. R. LINGENSELDER

Arbei t svorschr i f t . Unter Ar-Atmosphare werden 0,5 g Li in 50 ml abs. Methanol gelost. Nach beendeter Umsetzung wird iiber die auf -5°C abgekuhlte Losung 2 h lang getrocknetes CO, geleitet. Nach Abkuhlung auf -40°C wird unter C0,-Atmosphare eine auf -78°C gekiihlte Losung von 6,5 g BiCI, in 80 ml abs. Methanol schnell hinzugefugt, wobei nach etwa 2 min die Auskristallisation des BiCl[O,COCH,], erfolgt. Nach etwa 30 min werden zur Vervollstandigung der -4usfLllung 50 ml abs. DiLthylLther (-78°C) innerhalb von 10 min hinzugetropft. Das Reaktionsprodukt wird unter C0,-AtmosphLre abgesaugt und zweimal mit einem abs. Methanol-Ather-Gemisch (1 : 1) von - 40°C gewaschen. AnschlieBend wird die Substanz kurz im scharfen Ar-Strom getrocknet, wobei wegen der Verdampfungswarme eine Zersetzung (s. weiter unten) weitgehend vermieden wird. 14ufbewahrt wird sie bei -78°C. - Ausbeute: praktisch quantitativ.

Analysen. Die Bestimmung von Bi3+ erfolgte komplexometrisch gegen Xylenolorange als Indikator [7] und die von C1- potentiometrisch in bekannter Weise. Der C0,-Gehalt wurde durch Zersetzung im Ar-Strom und Ermittlung des Gewichtsverlustes auf der Thermowaage einerseits und durch Bestimmung der abgegebenen C0,-Menge (Natronkalk) andererseits ermittelt. Wegen der Instabilitat der Verbindung konnten keine genauen Analysenwerte erstellt werden: Bi : 33,9 (ber. 52,96); C1: 9,3 (8,98); CO,: 20,s (22,30)%.

Das Chlorowismut (111)-di (monomet hylcarbonat ) ist eine f arblose Substanz, die bei -78°C relativ stabil ist. In N,-Atmosphare zersetzt sie sich unter C0,- Ab- gabe und Bildung von BiCl[OCH,], (s. Kap. 11), an der Luft entsteht BiOCl als Endprodukt (s. Kap. 111). Wegen der geringen Stabilitkt konnten keine spektro- skopischen Untersuchungen durchgefuhrt werden.

11. Zersetzung von BiCl[O&OCHs]a unter Stickstoff

methylcarbonat) unter C0,-Abspaltung nach BiCl[O,COCH,], + BiCI[OCH,], + 2 CO,,

I n N,-Atmosphkre erfolgt die Zersetzung von Chlorowismut(II1)-di(mono-

wobei das feste Zersetzungsprodukt mit chemisch-analytischen Methoden und IR-spektroskopisch eindeutig bewiesen werden konnte ; zur Charakterisierung von BiCl[OCH,], vgl. [S].

Die Zersetzung von BiCl[O,COCH,], unter Stickstoff wurde bei 18, 27 und 32°C kinetisch untersucht.

Die Ermittlung der Zeit-Umsatz-Kurven erfolgte durch Bestimmung des Gewichtsverlustes der Substanz in stromender N,-Atmosphare auf einer Thermowaage (Stanton Redcroft TG 760) bei kon- stanter Temperatur. Da eine gewisse Zeit zur Thermostatisierung der Substanz verstreicht, konnte die jeweilige Kurve erst nach 30 s Zerfall bei 18°C bzw. nach 70 s bei 32°C ausgewertet werden. Eine graphische Auswertung der Kurven >160 s war zu ungenau und wurde deshalb bei der Bestimmung der Reaktionsordnung nicht berucksichtigt.

Aus den Zeit-Umsatz-Kurven ergibt sich, daB die Halbwertszeit des Zerfalls konzentrationsunabhkngig und fur jede Temperatur konstant ist ; die Werte sind in Verbindung mit den Qeschwindigkeitskonstanten der Zersetzung der Tab. 1 zu entnehmen. Im Zusammenhang mit der Abb. 1, in der In [CO,] gegen die Zeit auf- getragen istl), folgt, da13 die Zersetzung von BiCl[O,COCH,], in N, nach dem Ge- schwindigkeitsgesetz l. Ordnung erfolgt.

l) Es bedeuten: [CO,] = (yo CO, in der Substanz; t = Zeit in 8.

Wismut(II1)-monomethylcarbonat 133

TabelIe 1 Halbwertszeiten tt12 und Geschwindigkeitskonstsnten k des Zerfalls von BiCI[O,COCH,], in N2-Atmosph&re bei verschiedenen Temperaturen T

T ["CI tll, [SI k [s-l]

18 53 -J= 2 (1,31& 0,05) . lo-, 27 42& 2 (1,65 0,08) * lo-, 32 36& 2 (1,93 0 , l l ) *

2.5

2,3

2.1

1-9

1,7

1,5

1.3

1,1

0,s 0,7

I , , * 1 , , I c

40 60 80 100 120 140 760 t [SI

Abb. 1 Zersetzung von BiCI[O,COCH,], bei verschiedenen Temperaturen in N,-Atmospharel).

Die in Abb. 1 wiedergegebenen Geraden lassen sich durch folgende Gleichungen beschreiben') :

In [CO,] = (1,31& 0,05) . lo-,. t + 3,105 fur 18"C, In [CO,] = (1,65 4 0,08) . t + 3,106 fur 27"C, In [CO,] = (1,93 & 0, l l ) . lo-, * t + 3,105 fur 32°C.

Die Temperaturabhdngigkeit der Geschwindigkeitskonstanten k des Zerfalls (s. Tab. 1) ldBt sich zwischen 18 und 32°C durch die lineare Beziehung (k in s-1;

T in K) In k = 2466,58 * T-l + 4,1067

wiedergeben ; die Aktivierungsenergie der Zersetzung betriigt 4,9 & 1,2 kcal/Mol = 20,5 + 5 kJ,/Mol.

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111. Zersetzung von BiC1[02COCHs]2 an der Luft

Chlorowismut(II1)-di(monomethy1carbonat) zersetzt sich bei Zimmertempe- ratur an der Luft primar unter C0,-Abgabe und Bildung von BiCl[OCH,],, das seinerseits mit der Luftfeuchtigkeit weiterreagiert (vgl. auch [S]) :

G. GATTOW u. R. LTXGENFELDER

Das erste Zerfallsprodukt konnte auf Grund seiner charakteristischen va8 (C0)-Schwingung bei 1008 cm-1 [8] IR-spektroskopisch nachgewiesen werden. AuBerdem tritt eine starke OH-Bande auf, die auf den beginnenden Zerfall von BiCl[OCH,], schlieBen 1iiBt. Fur das Endprodukt BiOCl, das unter diesen Bedingungen rontgenamorph anfallt, konnte nachstehende Zusammensetzung bestimmt wer- den: Bi: 79,8 (ber. 80,25); C1: 13,O (13,61)%; Bi:Cl = 1:0,96. Nach Tempern (etwa 500OC) des Zer- setzungsproduktes beobachtet man das bekannte Rontgeninterferenzmuster von BiOCI.

Der Zerfall von BiCl[OZCOCH,], wurde bei 18°C an der Luft kinetisch unter- sucht.

Die Zeit-Umsatz-Kurve wurde durch Bestimmung der Gewichtsabnahme der Substanz in sta- tioniirer Luft ermittelt. Mit den Messungen wurde etwa 1 rnin nach der Einwaage begonnen und das Gewicht der Probe in Intervallen von 1 min bestimmt. Nach etwa 1.h war bei einer Einwaage von 90 mg keine Gewichtsiinderung mehr feststellbar.

Aus der Zeit-Umsatz-Kurve der Zersetzung von BiCl[O,COCH,], an der Luft folgt, da13 die Halbwertszeit des Zerfalls zeitabhangig ist. Wie der Tab. 2 , in der die Halbwertszeiten als Funktion der Zerfallszeit wiedergegeben sind, zu entneh- men ist, nimmt die Halbwertszeit bis etwa 20 min Zerfallsdauer zu und dann wie- der ab. Kinetische Untersuchungen der Zersetzung von reinem BiCl[OCH,], an der Luft ergaben ebenfalls ein Maximum der Halbwertszeit nach etwa 20 min [S].

Tabelle 2 Zeit t

Halbwertszeiten t1 jz der Zersetzung von BiCI[O,COCH,], an der Luft bei 18°C nach der

t [min] 10 15 20 25 30 35

t,/z tminl 9,55 9,95 10J5 9,75 8,70 7,20

Die Abnahme der Halbwertszeit mit der Zeit kann wie folgt gedeutet werden: Beim Zerfall von BiCI[O,COCH,], findet eine Abspaltung von CO, statt, das als Schutzgaspolster wirkt und die Hy- drolyse des entstandenen BiCI[OCH& durch Luftfeuchtigkeit verlangsamt. In ahnlicher Weise wirkt das bei der Hydrolyse freiwerdende CH,OH.

Aus den Untersuchungen des Zerfalls von BiCl[O,COCH,], an der Luft folgt in Verbindung mit den Messungen in N,-Atmosphare, dal3 der Primarschritt eine Reaktion 1. Ordnung darstellt. Die weitere Zersetzung (Hydrolyse) findet nach einem Geschwindigkeitegesetz hoherer Ordnung statt.

Fur die Unterst,utzung unserer Arbeit danken wir sehr der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Fonds der Chemie.

Wismut( 111) -monomethylcarbonat 135

Literatur [l] 86. Mitteilung: D. HORNER u. G. GATTOW; Z. anorg. allg. Chem. 444, 117 (1978). [ Z ] W. BEHRENDT u. G. GATTOW, Z. anorg. allg. Chem. 398, 198 (1973). [3] W. BEERENDT, G. GATTOW 11. $1. DRAGER, 2. anorg. allg. Cheni. 397, 237 (1973). [4] V. I. K m o v u. T. S. CURKAN, Zh. Obshch. Khim. 37 (99), 1208 (1967). [5] G. GATTOW, 'CV. BERRENDT u. V. WARZELKAN, Naturwissenschaften 5S, 361 (1971). [6] G. G-TTOW u. H. Y~DIRIMYAN, Z. anorg. allg. Chem. 431, 175 (1977). [7] G. GATTOW u. D. SCHOTT, Z. Anal. Chem. 188, 10, 81 (1963). [8] G. GATTOW 11. R. LINGENFELDER, Z. anorg. allg. Chem., im Drnck.

Bei der Redaktion eingegangen am 20. Juni 1978.

Bnschr. d. Verf.: Prof. Dr. G. G-~TTow und cand. nat. R. LINGENFELDER, Inst. f . Anorg. Chemie 11. Andyt. Chemie d. Univ., Johann-Joachim-Becher-Weg 24, D-6500 Mainz

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