Über die Fluorierung von Borstickstoff

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Uber die Fluorierung von Borstickstoff

Von OSKAR GLEMSER und HARKE HAESELER~)

Inhaltsubersieht Bei der Einwirkung von Fluorwasserstoff auf Borstickstoff entsteht quantitativ

NH4[BF,]. Elementares Fluor reagiert rnit Borstickstoff quantitativ nach

2 BN + 3 F, -+ 2 BF, + N,.

Versuche zur Fluorierung von Borstickstoff sind bis jetzt noch nicht bekannt geworden, obwohl COATES, HARRIS und SUTCLIFFE~) auf eine diesbezugliche Veroffentlichung von MOISSAN und LEBEAU~) hinweisen. Die Autoren beschaftigen sich aber in dieser Arbeit mit Thionylfluorid und nicht rnit Borstickstoff.

Wir haben fur unsere Untersuchungen folgende Wege eingeschlagen : a) Einwirkung von Fluorwasserstoff auf Borstickstoff, b) Einwirkung von elementarem Fluor auf Borstickstoff.

a) Reaktion mit Fluorwasserstoff Bei der Einwirkung von flussigem, etwas wasserhaltigern Fluor-

wasserstoff bildet sich in glatter Reaktion naeh BN + 4 HF --f NH,[BF,]

Ammoniumborfluorid, das durch Analyse und Rontgenaufnahme identi- fiziert wurde. Diese Reaktion ermoglicht somit eine einfache Methode zum AufschlulS und zur Analyse von Borstickstoff.

b) Reaktion rnit elementarem Fluor Borstickstoff reagiert mit trocknem, HF-freiem Fluor bei Raum-

temperatur und hoherer Temperatur nach 2 BN + 3F,+ 2BF, + N,

un ter Warmeen twicklung und blauer Chemolumineszenz.

l ) H. HAESELER, Teil der Diplomarbeit Gottingen 1954. ') G. E. COATES, J. HARRIS U. T. SUTCLIFFE, J. chem. SOC. [London] 1951, 2762.

H. MOISSAN u. P. LEBEAU, C. R. hebd. SBances Acad. Sci. 130, 1436 (1900).

142 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 279. 1955

Die bei der Reaktion entstandenen Produkte wtirden rnit verdunnter Natronlauge hydrolysiert und anschliel3end die f luchtigen Hydrolpse- produkte in einer Hochvakuumapparatur fraktioniert. Dabei wurden folgende Gase festgestellt :

N,: aus 2 B N + 3 F , + 2 B F 3 + N , ,

0,: aus 2 F, + 2 H,O + 0, + 4 HF,

OF,: aus 2 F, + 2 NaOH --f OF, + 2 NaP + H,O.

OF, wurde durch Molekulargewichts- und Siedepunktsbestimmung iden tifizier t.

Die in der Natronlauge gelosten Hydrolyseprodukte BF; und F- wurden nach Einengen der Losung qualitativ nachgewiesen. Den init konz. Schwefelsaure und Methylalkohol gebildeten Borsauremethylester lie13 man sodann abdestillieren. Nach der Hydrolyse konnte Borsaure in der ublichen Weise mit 0,1 n Natronlauge und Mannit titriert werden.

Bei der Reaktion des Borstickstoffs rnit Fluor rechneten wir aurh mit dem Auftreten von NF,. Trotz sorgfaltiger Aufarbeitung der Reak- tionsprodukte fanden wir niemals diese Verbindung. Auch bei der spektroskopischen Untersuchung der bei der Fluorierung auftretenden Chemolumineszenz waren nur schwach die Banden von BF, festzustellen. obwohl unter diesen Bedingungen auch die von NF, hatten erscheinrn mussen.

Mischt man Borstickstoff AgF, zu, so ist die Reaktion bei geringeni Zusatz (10%) unvollstandig, ergibt aber wieder BF, und N, und kein NF,. Mit vie1 AgF, bleibt die Reaktion aus, auch beim Erhitzen der Mischung auf 400-500".

Beschreibung der Versuche D a r s t e l l u n g v o n Bors t icks tof f : BN wurde aus BBr, und NH, hergestellt4).

Die Ausbeute betrug 71% der theoretisch aus BBr, zu erwartenden Menge. Der weiter unten beschriebene Umsatz von BN mit H F zu NHJBF,] bildet ein Kriterium fur die Reinheit des BN.

Dars te l lung v o n t r o c k n e m , HF- f re iem Fluor : Fluor wurde elektrolytisch aus geschmolzenem K F . 3 H F an einem Nickelstab als Anode entwickelt; als Kathode diente ein abgeschlossener Topf aus Kupfer5). Zur Reinigung wurde das Gas durch zwei Fallen aus Kupfer geleitet, die auf etwa -80" gehalten wurderk. Hinter den Fallen kam ein kupfernes Absorptionsrohr mit trocknem, gekorntem NaF, um Fluor von H F zu befreien. Von diesem Absorptionsrohr fuhrte ein flexibles Kupferrohr mit angeloteteni Normalkernschliff aus Kupfer zu einer Quarzente, in der die Reaktion mit BN durchge- f uhrt wurde .

4, Handb. d. prap. Chemie, herausgeb. v. G . BRAUER, S. 592, Stuttgart 1954. 5) Handb. d. prap. Chemie, herausgeb. v. G. BRAUER, S. 118, Stuttgart 1954.

0. GLEMSER u. H. HAESELER, Uber die Fluorierung von Borstickstoff 143

Die Verbindungen zwischen den KupfergefaIjen wurden nicht durch Schraubver- schlusse, sondern durch kupferne Schliffe bewerkstelligt, die mit etwas Graphit geschmiert und die durch Stahlfedern zusammengehalten wurden. Nach erfolgter Reaktion sind solche Schliffe vie1 leichter zu offnen als Schraubverschliisse.

E lek t ro lysebedingungen: Fiillung der Zelle mit 6 kg KHF,, das zuvor 3 Tage lang bei 130' in einer Kupferwanne unter standigem Umwalzen getrocknet wird. An- schlieflend Eindestillieren von wasserfreiem HF in die Zelle, bis das Molverhaltnis KHF,-HF = 1:2 ist. Bei 15 Volt und 6 Amp. stellt sich nach anfanglichem Aufheizen eine Temperatur von 75-80' wahrend der Elektrolyse ein.

D a r s t e l l u n g von Si lberd i f luor id : AgF, wurde aus AgCl und trocknem, HF- freiem Fluor gewonnen6). Man bewahrt es unter LuftabschluS im Dunkeln in Poly- athylenflaschen auf und verwendet es am besten alsbald nach der Herstellung.

Reaktion V O I ~ Borstickstoff rnit Fluorwasserstoff In einer geraiimigen Platinschale kondensiert man 94proz. Fluor-

wasserstoff auf eingewogenen Borstickstoff, der mit etwas Wasser an- gefeuchtet ist. Man lafit an der Luft stehen, bis, zuletzt unter schwacher Erwarmung, alles verdampft ist, und wiederholt die Operation so lange ( 3 bis 4mal), bis die feste Substanz sich ganz in Fluorwasserstoff lost. Der von Fluorwasserstoff befreite, feste Ruckstand lost sich in Wasser glatt auf ; beim Eindampfen der wail3rigen Losung scheiden sich farblose Nadeln ab.

Einwaage BN: 0,1160 g ; 6,0610 g, Ausbeute Reaktionsprodukt: 0,7400 g ; 25,2010 g, Verhaltnis BN:HF = 1:3,98; 1:3,92.

Analyse des R e a k t i o n s p r o d u k t s

a) Stickstoffbestimmung nach KJELDAHL Einwaage: 0,2020 g ; 0,5244 g; 0,3000 g ; Verbrauch an 0,l n HCl: 19,35; 49,2; 28,6 ml; N-Gehalt: 13,4; 13,15; 13,34% Mittelwert: 13,304; theoretisch 13,3% fur NHJBF,].

b) Zur Fluor- und Borbestimmung wird mit Na,O, aufgeschlossen; das gebildete Fluorid als PbClF gefallt und das darin enthaltene Chlorid rnit 0,l n AgN0,-Losung titriert. Im eiugeengten Filtrat wird der Borgehalt ermittelt.

F l u o r b e s t i m m u n g : Einwaage: 0.1104; 0,3020; 0,2824 g ; Verbrauch am 0,l n AgNO,: 42,5; 115.5; 107,8 ml; F-Gehalt: 73,l; 72,7; 72,5%; Mittelwert: 72,77%; theoretisch 72,4 fur NH,[BF,].

Borbes t immuug: Bor wird mit konz. Schwefelsaure und Methylalkohol als B(OCH,), abdestilliert und nach der Verseifung die gebildete Borsaure rnit 0,l n Natron- lauge und Mannit titriert.

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") Handb. d. p a p . Chemie, herausgeb. v. G . BRAUER, S. 119, Stuttgart 1954.

144 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 279. 1955

Einwaage: 0,1104; 0,3020; 0,2824 g; Verbrauch an 0,l n NaOH: 10,6; 29,2; 27,O ml; B-Gehalt: 10,4; 10,6; 10,34%. Mittelwert: 10,46%; theoretisch 10,3% fur NH4[BF4].

Eine Rontgenaufnahme von KBF, war praktisch identisch mit dem Reaktionsprodukt. Es liegt demnach NH,[BF,] vor.

Reaktion yon Borstickstoff rnit elementarem Fluor

Die Apparatur besteht aus einer Quarzente rnit eingewogenem Borstickstoff und anschlieoend 5 Quarzfallen, deren Schliffe mit wenig Silikonfett und Banderzugen vollig dicht ineinander gepreljt werden. Die Fallen werden nacheinander auf -SO", rnit flussigem Sauerstoff, mit flussiger Luft und flussigem Stickstoff gekuhlt; die letzte Falle dient zum Schutz gegen das Eindringen von Luft in die Apparatur. Man laljt dann aus der Zelle das Fluor in die Ente ein, wobei unter Erwarmen und blauer Chemolumineszenz die Realition in Gang kommt. Ab und zu wird die Ente rnit einem Wasserbad gekuhlt. Das Ende der Reaktion ist durch das restlose Verschwinden des Borstickstoffs er- kennbar. Kuhlt man von vornherein stark, oder verdunnt man Fluor mit Stickstoff, dann bleibt die Reaktion Bus.

In Kuhlfalle 1 hatte sich bei allen Versuchen nichts kondensiert; das Fluor war also frei von HF. Der Inhalt der Kuhlfallen 2, 3 (zusammen) und 4 wird in je einen Gasometer (umgekehrter Rundkolben) mit 2n- Natronlauge abdestilliert, wobei Hydrolyse unter starker Erwarmung und Nebelbildung einsetzt. Nach der Hydrolyse verbleibt in beiden Gasometern ein Restgas. Nach einigen Tagen werden diese Restgase wieder langsam in hintereinandergeschaltete Fallen gedruckt, wovon Falle 1 und 2 zur Kondensation von Feuchtigkeit auf -SO", Falle 3 mit flussigem Sauerstoff und Falle 4 und 5 mit flussigem Stickstoff gekuhlt wird. Nach der Kondensation befindet sich in Falle 3 wenig einer leicht gelb gefarbten Flussiglreit, in Falle 4 vie1 von einer farblosen Flussigkeit. Diese Substanzen werden getrennt in eine Hochvakuum- apparatur destilliert und dort fraktioniert. Der Inhalt von Falle 4 besteht aus N, und 0,, ersteres aus der Reaktion des Fluors mit BN stammend, letzteres von der Sekundarreaktion des Fluors mit der wal3ri- gen Natronlauge nach

2 F, + 2 H,O + 4 HF + 0, herruhrend. Der Hauptbestandteil der Falle 3 ist eine zwischen -144 und -150" siedende Flussigkeit, der Rest besteht aus Stickstoff und Sauers to ff.

0. GLEMSER u. H. HBESELER, Uber die Fluorierung von Borstickstoff 145

Das Molekulargewicht der Fliissigkeit wird in einem Kolben mit bekanntem Volumen bestimmt.

g * R - T 0 3720 .62366 293,2 = 53,5. MG = = L- P ' V 264,3 * 481,3

Bei der Flussigkeit handelt es sich also um OF,, da dessen Molekular- gewicht 54 betragt und der Siedepunkt bei -145" liegt. OF, ist hei der Hydrolyse des Fluors im Gasometer entstanden nacb

2 F, -t 2 NaOH -+ OF, + 2 NaF + H,O.

Das natronalkalische Sperrwasser wird jetzt stark eingeengt, rnit konz. Schwefelsaure und Methylalkohol Bors8,uremethylester herge- stellt, abdestilliert, verseift und die gebildete Borstiure mit 0, l n Natron- lauge und Mannit titriert.

Einwaage: 0,1000; 0,200 g ; Verbrauch an 0,l n NaOH: .39,5; 78,5 ml; B-Gehalt: 0,0427; 0,0848; Mittelwert bezogen auf 0,1000 g Einwaage: 0,0426 g: 0,1000 g BN enthalten theoretisch: 0,0437 g.

Der Fehbr von etwa 2% ist sicherlich durch die apparative Methodik bedingt. Um auch den bei der Fluorierung des BN freiwerdenden Stickstoff zu erfassen, wird

folgendermaBen vorgegangen: Der in die Quarzente eingewogene Borstickstoff wird fluoriert und die Reaktionsgase

quantitativ in einem Gasometer iiber Wasser aufgefangen. Nach Ekendigung der Reaktion werden die hydrolytisch entstandenen Gase in Absorptionspipetten gedriickt. Sauer- stoff wird mit alkalischer Pyrogallollosuug absorbiert; das Restvolumen, aus Stickstoff bestehend, wird bestimmt.

Einwaage: 0,1000; 0,2000 g BN; Restgasvolumen: 45,l; 93,O cm3; N-Gehalt: 0,0571 ; 0,1176 g; Mittelwert bezogen auf 0,1000 g BN: 0,0580 g: 0,1000 g BN enthalten theoretisch: 0,0564 g. Auch der hier auftretende Fehler von etwa 3% ist auf die gleichen Ursachen zuriick-

aufuhren wie der Fehler bei der Borbestimmung.

Bei der Fluorierung von Borstickstoff findet man das Bor quantitativ als BF,, wahrend Stickstoff in elementarer Form erscheint. Die Reaktion geht also quantitativ nach

2 BN + 3 F, + 2 BF, + N,.

Da die weitereii, in der Einleitung beschriebenen , Versuche kein anderes Ergebnis brachten, sei auf die Beschreibung hier verzichtet.

Der Deutschen Forschungsgerneinschaft, dem Fonds der Chemie und den Farbwerken Hoechst AG. danken wir fur apparative Unterstiitzung.

Giittingen, Anorganisch-chemisches Institut der Universitat.

Bei der Redaktion eingegangen am 13. Oktober 1954.

Z . anorg. allg. Chemie. Bd. 279. 10

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