Ueber die Form, in welcher der absorbirte Sauerstoff in dem Blute enthalten ist

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112 L i e b i g , fiber die Form, in welcher der absorbirte

Das Kali spaltct das Urcthylan in Holzpeist , Ammoniab und Kohlensaure, die mil dem Kali verbunden bleibt.

Es is1 leicht, uber die Bildung des Urelhylans bei der Ein- wirkung des Chlorcyans auf Holzgeist Rechenschafi zu geben. Die folgcnde Gleichuag erklirt diese Bildung in genugender Weise :

C, N CI + C, H 4 0, + Ha 0, = C4 H, NO, + H CI -- - Chlorcyan Holzgdst Urethylan. Was das zugleich gebildele Ammoniak betrim, so riihrl es

offenbar von einer vollslandigen Zerselzung des Chlorcyans durch das im Holzgeist C, H, 0, HO enlhallene Wasser, oder durch das zur Erleichterung der Einwirkung zugesetzle Wasser her. lch muL hinzufugen , d r t es niir unmuglich war, die Entwick- lung von Chlormethyl nachzuweisen. Es schien mir wahrschein- lich, d a t unter den Nebeiiproducten dieser Einwirkung sich auch eine kleine Menge Mellrylkohlensaurealher finden kiinne , aber dieser Aether, falls er gebildet wird, findel sicli zusammen mit einer solchen Menge fluchliger Flussigkeit, die zwischcn 40 und 2000 iibergelit, da t es niir bis jetzl unmoglich war, ihn zu isoliren.

Ueber die Form, in welcher der absorbirte Sauer- stoff in dem Blute enthalten ist;

yon J. Liebig *).

Ueber die Form, in welcher der absorbirte Sauerstoff in dem Blute enthalten ist, slehen sich zwei Ansichlen entgegen; die eirie Ansicht betrachlet die Abscheidbarkeit des Sauersto5-

*) Aus der dritten Auflage der chemisclien Briefe, S. 41%

Suuersiof in den3 Bhite enthalten ist. i 13

gases, durch iiberschiissiges kohlensaures Gas, als einen sclrla- genden Bcweis, dds diescr Sauerstoff nicht chemisch mit dem Blute vcrbundcn , sondern nur absorbirl in ifim enlhallcn sey, aber diescr Ausdruck fur diese Erscheinung ist entschieden un- richtig. Wihrend riiimlich iO00 Volum Wasser mil LuR ge- schiillclt und voltstandig dainit gesiiltigt nur 9: Volum Sauerstoff uiid is; Volum Stickgas (Gay-Lussac) absorbiren, nelimen iO00 Volum Blut nwh den vortremichen Versuchen von M agn us 100 bis i30 Volum Sauerstoff und 17 bis 33 Volum Slickgas auf. Es ist hiernach einleuclitend, dafs das von dem Blule ab- sorbirte Saucrstoffgas nur zu cinem Thcile in der Fliissigkrit absorbirt enthallen seyn kann, denn die Fliissigkeit im Blule ist Wasser, von dem wir wissen, dafs es in gleichen Verhalt- nissen 11 bis 14inal weniger Sauerstoffgas absorbirl; wir miissen im Gegenlheil annehmen , dafs die grobere Absorptionsfiihigkeit dcs Blules bedinpt ist durch gewisse Bestandlheile dessclben, wclche zu dem Sauerstoff mehr Verwandlschah wie das Wasscr bcsitzen. Der Grad der Anzieliung , niit welcher der SauerslolT in der Verbindung, die es im Blule eingeht, zuruckgehallcn wird, ist sehr gering, aber diefs ist kein Grund zu glauben, derselbe scy nicht chcmisch damit verbunden. Wir kiinncn dic Absorplionsfiihigkeit des Wassers fur viele Gase erhdhen, wenn wir demselben Malerien zuselzen , welche zu dern Gas eine, wenn auch noch so schwache chcinische Verwandtschafl besitzen ; wenn wir dein Wasser z. B. phosphorsaures Nalron zusetzen, so nimmt desscn Absorplionsvermbgen fur kohlensaures Gas zu; bei einem Gehalle von i Procent von diesern Salze ninimt diese Fliissigkeit jelzt doppelt soviel kohlensaures Gas auf , als das reine Wasser fur sich unter gcwiihnlichem Luftdruck aufgenom- inen haben wurde. Eine Losung von Eisenvitriol im Wasser niinmt bis vierzigmal mehr Stickoxydgas auf als reines Wasser. Aus beiden Flussigkciten enlweichen die aufgenommenen Gase im luftlceren R a m , ja sic lassen sich daraus wiedcr auslreiben,

Annal. (1. Cliemlo 11. Plrnrm. L X S I S . 13d. 1. Heft. 8

f i 4 L i e b i g , uber die Form, ita zoelcher det' absorbirte

aus der erslern durcli blobes Schullela wit Lun, aup der andern beim Schiitleln rnit kolilensaurem Gas. Niemand denkt daran, diescs Verlialtcn, wclches dem dcs Blutes SQ iihnlich ist, als cinen Beweis anzusehen, dafs die Kohlcnsaure in der Liisung des phosphorsauren Nalrons , oder das Slickoxydgas in der Lii- sung des Eisenvilriols nur absorbirt und nicht in einer chcmi- schen Verbindung enthallen sey, weil man weirs, dafs das Auf- liisungsvermogen des Wassers in diesen Fiillon abhangig ist von der Menge der aufgelosten Salze. Wenn aber die Menge des absorbirten Gases in einem beslimmlen Verhallnisse zunimmt mil dem Salzgebalt der Losung, so ist es vollkommen gewirs, dars tlessen Absorplion abhiingig ist von dem Salz und nicht von dein Wasser.

Es giebt zwei Ursachen , von welchen die Absorplion eincs G;iscs oiler das Absorplionsvermiigen einer Flussiglceit ahhiingig isl; die einc derselben ist ein Druck auf das Gas, welches sich in Beruhrung mit einer Fliissigkeil bcfindet, diefs ist cine iiiifsere Ursache; die andere ist eine clieniische Aiiziehung, welclie von den Tlicilen oder Beslandlhcilen einer Flussigkeit aus wirkt.

In allen den Fiillen, in welclien ein Gas in einer Flussigkeit nicht in einer chymischen Verbindung, sondern nur absorbirt enlhalten ist, ist dio Mengc des absorbirlen Gases lediglich ab- hiingig von dcm lufseren Druck, sie nimmt ab und z u , wie clieser Druck stcigt oder abnimrnt. Wenn in den erwahplen Fjillen die Liisung des phosphorsaurcn Natrons bei gewiihniichqJn 1,uhdruck durcli Schiilleln mit Kohlensaure mit dicsem Gas ge- siilligt worden ist (und doppelt sovicl Kohlenslure aufgenommen h a t , wie Wasser bei gewohnlichctn Lufldruck aufnimmt) , so niirimt , wenn der Druck verdoppelt wird , das Absorplionsver- miigen der Liisung nicht in gleichcm Verhillnifs, soqdern in einem weit kleineren Verhlllnirs zu; die gcsiilligle Losung dcs phosphorsairrcn Natrons verhiilt sich jetzt gcgen kohlensaures Giis unler doppelleei Druck wie M'iisser , welchcs bei einfaclieni

Snzierstnff pin Clem Blirtc mthaNen id. 415

mit Kohlenslure gcsiittigt wortlcn ist , die Zunahmc der Kohlcn- siiureabsorplion ist fiir sie niclit sliirkcr wie fur reincs Wassrr, wcil dic cliemisclic Aiizichung , welclie ini Anfang tlus Ab- sorptionsvcriiiiigcn dcs Wasscrs crliijlile, niclit fortwirkt, sontlern mii t ilircr Wirkung (tlcr Hcrvorhringung eincr clieniischcn Vcr- bindung) sufliiirt cinc zweitc Wirkung hervorzubringen. la gleiclier Weisc vcrhllt sich die mit Stickoxydgas gcsiitligle Auf- liisung dcs Eisenvilriols gegen diescs Gas bei hiilicrcrn Druck. Wciin 100 Volum cincr solclicn Aufliisung bei einfaclicni Druck init 100 Volum Stickoxytlgas gesltligt sind, so absorbirt dicsclbe Fliissigkcit bci zwcifachcm Druck nicht Ibo Voluni mchr von tlicscm Gas, sondcrn nur 10 Volum, nicht mehr wie rcines Wasscr unter densclben Uinstandcn aufnimmt.

Mit dicsen Fliissigkcitcn in vollkommenster Ucbcreinstim- mung vcrhiill sich dils Blut. Wiire dcr Sauersloff im Blutc nur absorbirl zugegen, so miifstc das Blut, wcnn cs aus Luft, wclche nur t Snuerstoff entltiilt, 12 pC. Sauerslolr nufnimmt, utiler flop- pcllem Druck die doppclte, untcr drcifi1clhc1li Druck die drr:i- fiichc Menge und mit reincm Saucrsloffgas gcscliiitlelt nalie dic funffache aufnehmeii.

So langc der Bcwcis niclit gefulirt ist, dafs das Aufliisungs- vcrniiigcn tles Blutes fur den Sauerstoff in dieser Weise mil dcm Druckc wechselt, m u t angenomtnen werden, dafs die Ursaclie tler Absorption desselben vom Blulc hedingt is1 durcli eine chc- niisclie Anzieliung, durch dercn Wirkung einc cliemisclic Vcr- bindung im Blut gcbildet w i d . Die Vcrsuchc von Regnaul t und Rcis e t, in wclclien Thicre in wcit sauerstolfrcicherer Luft alliriicten, so wic clcr Umstand, dafs in grofsen Hiilien, wclche, wic die llocliebenen Centralamerika’s , bewohnt sind, der Ath- mungsprocch in derselben Wcisc vor sich gelit wic am Ufer des hlccres, bewciscn, dafs die von dem Blutc aufnchmbare Sauerstolfincnge eine constante Griilse und bis zu einer gewissen Grcnzc unabhfingig von tlcni iiufsern Drucke ist. In dc?r Um-

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1 i6 L i e b i g , Ober den Ebttliify der Chemie

gebung dcs Piticaco-Sees wohnen in der Sladt Puno in einer Hohe von 12000 Furs iiber dem Meere 15000Menschen. Die Stndt Folosi in Bolivia in einer Hohe von 42600 Furs hat 3oooO Bewohner; in diesen Gegenden allrmen dic Menschen kauin mehr als der absolulen Mcnge Sauersloff ein, welche mit jedcm Atlremzuge an dem Ufer dcs Meeres in die Lunge Iretcn, und cs ist von sclbst klar', dab, wire die Menge des absorbirterr Sauerstoffgases in gleichcm Verhiillnifs verschiedcn , so wurde eine solche Aenderung einen wesenlliclrcn Einflub auf die Le- bcnsfunclionen iiubern , welchcr niclrt unbemrrkt hiille bleiben konnen.

Ueber den Einflul's der Chemie auf die Land- wirlhschaft ;

von J. Lielig *) -

In dem Journal of the Royal Agricultural Sociely of Eng- land T. XI, Par1 I1 is1 im vorigcn Jahr ein Aufsalz von Hcrrn P h. P usey iiber dic Forlschrille dcr landwirlhschahlichen Kennt- nisse wahrend der letzlen 8 Jirhren erschienen , in welchem er in seiner Betrachluntf des Einflusses der Chcmie auf die Land- wirlkschaft folgendermat'sen schliefst : ,,Die von Lie b ig uber- eill angenommene Mincrallheorie, dafs die Ernlen steigen und fallen in gradem Verhallnifs mit dem Gchalt des Feldes oder der Zufuhr oder Abnrhnie von den Mineralsubstanzen , wclche in dem Dunger zugefuhrt werden, hat den Todesstofs durch Herrn La w e s Versuche erhallen." ,Herr L a w e s , unsere besle Auloritit", sagt Herr P., ,hat geoifsfich soviel dargelhan,

*) Aus der dritten Auflage der cheuiischen Briefe, S. 641.

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