Über die Gelbfärbung der selenhaltigen Salzsäure

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H. Ditz u. F. Ullrich. GelbfSirbung der selenhaltigen SalzsSiure 33

Uber die Gelbfarbung der selenhaltigen Salzsaure Von HUGO DITZ und FRIEDRICH ULLRICH

Mit einer Figur im Text

Die durch den Sulfat-SalzsaureprozeB erzeugte technische (rohe) Salesaure war bis vor verhaltnismiiBig kurzer Zeit meist stark ver- unreinigtl) und mehr oder weniger gelb gefarbt. Die Gelbfarbung der Salzsaure ist auf die Gegenwart von organischen Substanzen, auf einen Gehalt an Eisen oder auf einen Selengehalt xuruckgefuhrt worden2). Auf die Gelbfkbung der Salzsaure durch Selen ist zuerst von W. B. H ~ R T ~ ) hingewiesen und auf Verwendung von selen- haltigem Pyrit zur Herstellung der Schwefelsaure zuruckgefuhrt worden. Wie er angibt, kann das im Pfannongas immer in geringen Mengen vorhandene SO, die selenige Saure xu Selen reduzieren und dieses in der Salzsaure als roter Niederschlag zur Abscheidung kommen. Nach einer Angabe von G. LUNQE~) finden sich rotbraune AbsSitze von zuweilen sehr reinem Selen aus der Ofensaure, jedooh nie aus der Pfannensaure und besonders in den Verbindungsrohren der Tourils, aber auch auf dem Boden der Saureballons. Nach THEODOR MEYER~) enthalt die Pfannensaure weniger Selen a h die MuffelsBure6). ,,Dieses pflegt sich beirn Stehen zum Teil als rotes Sediment auszuscheiden."

1) Infolge der weitgehenden Reinigung der Rostgase mittels des COTRELL- Verfahrens (besonders fur die Kontaktverfahren) ist die daraus erzeugte Schwefel- skure heute von so hohem Reinheitsgrad, da13 auch die nach dem Sulfat-SalzsLure- verfahren hergestellte Salzsibure meist nur wenig verunreinigt ist.

2) Vgl. die Lltere Literatur iiber die Ursachen der Gelbfiirbung der Salz- siiure in GIELIN-FRIEDHEIM, Handbuch der anorganisohen Chemie, 7. Aufl., Bd. I/2 (Die Halogene, bearbeitet von H. DITZ), S. 82.

s, W. B. HART, Cheni. News. 48 (1883), 193. 4) G. LnaaE, Handbuch der Sodaindustrie, 3. Aufl., 2 (1909), 85 u. 846

(nach einer brieflichen Mitteilung von REIDEMEISTER). 6, THEODOR MEPER, Die Febrikation von Sulfat und SalzsSiure, 1907, S. 76. 6, In 0. DAMMER, Technologie der Neuzeit 3 (1927), 265 (Artikel iiber Sulfat-

Salzsiiure von TH. GEUTHER) ist angegeben: ,,Fast immer enthiilt HCl Selen, das sich besonders beim Verrnischen von Ofen- und Schalensiiure aders t fein verteilt ausscheidet und die Skure rot fibrbt".

Z. nnorg. u. allg. Cliem. Bd. 221. 3

34 Zeitschrift fiir anorganische und allgemeine Chemie. Band 221. 1934

In einer vor wenigen Jahren in dieser Zeitschrift veroffent- lichten Arbeit von K. ZWICKNAGEL~) beschreibt dieser ,,&Is Beispiel fur die leichte Reduzierbarkeit der selenigen Saure" den von ihm beobachteten Fall, daB sich eine Anzahl von Ballons Salzsaure an einern kalten Wintertag bei - 190 C blutrot farbten. Die IJnter- suchung ergab, daB die Farbung von sehr fein verteiltem Selen her- ruhrte. ,,Nun zeigte sich die Merkwiirdigkeit, daB die Saure, sobald sie in einen wsrmen Raum gebracht worden war, ihre gelbe Farbe wieder zuruckgewann. Es lag auf der Hand, da13 die abnormal tiefe Temperatur schuld an der Ausscheidung des Se war, denn die rote Parbung trat wieder auf, tvenn die Saureproben wieder der Tempe- ratur von - 190 C ausgesetzt wurden. Wurde die durch Warm- stellen entfiirbte Saure aufgekocht oder nur mit Wasser verdunnt, so fie1 Se flockig aus und loste sich nicht wieder. Die einfachste Er- kliirung fur die Verfarhung der Saure durfte die sein, daf3 Selen in so kleinen Mengen (0,001-0,0020/0) in HCI Ioslich ist und bei der Temperaturerniedrigung eben ausfallt. Nach den Lehrbuchern ist Se in HCl allerdings unloslich. Beirn Aufkochen und Verdunnen mag wohl der Staub der Luft witwirken."

Die Angaben in den Lehr- und Handbiichern iiber das Vorkommen von Selen und seine Verbindungsform in technischer Salzsaure sind durchaus nicht iibereinstimmend. So ist z. B. in dem Lehrbuch der anorganischen Chemie von K. H. HOFMAXN~) angegeben: ,,Die technische rohe Salzsiiure ist meist durch Eisenchlorid gelb gefiirbt und enthalt zudem aus der rohen Schwefelsaure stammendes Arscn als Arsentrichlorid, sowie iifters aueh sclenige Saure." ABEQG'S Handbuch der anorganischen Chemie3) enthalt die Bemerkung : ,,Von Salzsaure wird Selen nicht angegriffen." Kach GMELIN'S Handbuch der an- organischen Chemie4) ist gasformiges Selen an sich farblos, ,,fiirbt aber eine konzentricrte Losung von Salzsaure gelb und scheidet beim Einleiten in Wasser cbenso wie die konzentrierte, gelb gefarbte,' waBrige Salzsiiure beim Verdiinnen mit Wasser rotes Se ab."

Diese nicht ganz ubereinstimmcnden Angaben der Lehr- und Handbucher gestat'ten zunachst keine sichere Beurteilung der von ZWICKNAGEL fur seine Beobachtungen gagebenen Erklarung und ebenso nicht fur die hierfur grundlegende Frage, welche Verbindungs-

l) K. ZWICKNAGEL, Beitrage zur Kenntnis der BETTENDORF'schen Reaktion, Z. anorg. u. allg. Chem. 151 (1926), 49, FuBnote 2.

2, K. A. HOFYANN, Lehrbuch der anorganischen Chemie, 5. Aufl. 1924, S. 197.

3, ABEGG'S Handbuch der anorganischen Chemie, 4. Bd., 1. Abt., 1. Hlilfte (1927) (Selen, bearbeitet von JULIUS MEYER), S. 693.

4, GMELIN'S Handbuch der anorganischen Chemie, 8. Aufl., Syst. -Nr. 6 (Chlor) (1927), S. 106.

H. Ditz u. F. Ullrieh. GelbfiZrbung der selenhaltigen Salzsiiure 35

form des Selens die Gelbfarbung der Salzsaure bedingt. Anhalts- punkte fur die Beantwortung dieser Frage geben aber einige in den letzten Jahren veroffentlichte Arbeiten. DaB rotes amorphes Selen in reiner konzentrierter Salzsaure (bei dreitagiger Einwirkung bei 20° C) nicht gelost wird, aber bei Gegenwart von SeO, darin unter Bildung einer goldgelben (bernsteinfarbigen) Fliissigkeit loslich ist, haben SYDNEY BAYMOND CARTER, JOHN A. V. BUTLER und FRANK JAMES in einer Arbeit iiber das Oxydationspotential des Systems SeO,-Se angegebenl). Die Loslichkeit des Selens in 0,l &f-SeO, und 11,6 N-HC1 wurde zu 1,35 g/Liter ermittelt. Bei abnehmender Salz- saurekonzentration erfolgt eine rasche Abnahme der Loslichkeit des Se, so daB beim Verdunnen der gesattigten Losung mit Wasser rotes, amorphes Se ausfallt. Uber die naheliegende Fragu, ob bei der Auflosung des Se in der Se0,-haltigen koneentrierten Salzsaure eine Reaktion unter Bildung einer anderen, in konzentrierter Salz- siiure loslichen Selenverbindung erfolgt, wird nur gesagt, daB die Loslichkeit von Selen in stark sauren, Se0,-enthaltenden Losungen auf die Existenz von Verbindungen des zweiwertigen Selens (SeO,+Se = 2 SeO) hinweist. Naheren AufschluB daruber geben Arbeiten iiber die Bildung und Eigenschaften von Se,CI, (Selenchloriir, Diselen- dichlorid). So wurde von VIKTOR LENHER und C. H. K A O ~ ) fest- gestellt, daB bei der Behandlung von SeO, in konzentrierter Salz- saure mit SO, die Losung gelb wird, wenn nur wenig SeO, vor- handen ist, wahrend bei hoher Se0,-Konzentration sich rotes, 6liges Se,CI, abscheidet. Andererseits hat schon BERXELIVS~) beobachtet, daB die Verbindung Se,CI, sich mit Wasser in HCI, SeO, und Se eersetzt. Aus diesen Angaben iiber die Bildung von Se,Cl, aus SeO, und Se in Gegenwart von konzentrierter Salzsaure und die Zer- setzung der Verbindung unter dem EinfluB von Wasser 1aBt sich schlieBen, daB in der selenhaltigen, gelbgefhbten, konzcntrierten Salzsaure ein Gleichgewicht :

2 Se,Cl, + 2H,O SeO, + 3 Se f 4HC1

vorliegen konnte, das bei entsprechend hoher HC1-Konzentration stark nach links verschoben ist, wahrend bei fallender HCI-Kon- zentration das Se,C1, unter dem EinfluB des Wassers unter Bildung

1) S. R. CARTER, J. A. V. BUTLER u. F. JAMES, Journ. chem. SOC. London 1926, 930.

2) VIKTOR LEXHER u. C. H. KAO, Journ. Am. chem. SOC. 47 (1925), 772. 3) Vgl. GMELIN -FRIEDHEIM, Handbuch der anorganischen Chemie, 7. Aufl.

(1909), Die Halogene, S. 210. 3*

36 Zeitschrift f i i r anorganische und allgemeine Chemie. Band 221. 1934

von Se und SeO, zerfallt. Darnach ware zunachst anzunehmen, daB die Gelbfarbung der selenhaltigen Salzsaure hauptsachlich durch darin gelostes Se,C1, bedingt ist, wobei nicht ausgeschlossen ist, daB auch die Hydrolysenprodukte, soweit sie in der Flussigkeit gelost enthalten sind, an der Farbung, wenn auch in weit geringerem Grade, beteiligt sein konnten. So ist z. B. bekannt und darauf haben neuerdings JULIUS MEYER und MARGOT LANGNHR~) hin- gewiesen, daB sich SeO, in konzentrierter Salzsaure mit gelblicher Farbe lost.

Die von uns durchgefiihrten Untersuchungen bezweckten, die aus den vorstehenden Literaturangaben sich ergebenden Folgerungen hinsichtlich der zwischen SeO, und Se in Gegenwart von konzen- trierter Salzsaure stattfindenden Reaktion auch in quantitativer Richt'ung zu st'udierenz), um nach moglichster Klarlegung dieser Ver- haltnisse die von ZWICKNAGEL (1. c.) fiir seine Beobachtungen ge- gebene Erklarung an Hand eigener einschlagiger Versuche zu uber- priif en.

Durch qualitative Versuche stellten wir zunachst fest, daB kon- zentrierte Salzsiiure auch bei langerer Einwirkung auf rotes Selen ungefarbt bleibt und in der vom Selen abgetrennten Salzsaure sich kein Selen nachweisen la&. Andererseits uberzeugten wir uns, da13 die Losungen von SeO, in konzentrierter Salzsaure gelblich gefarbt sind, die Fiirbung aber auch bei relativ groBen hlengen gelost'en SeO, nur auBerst schwach gelblich ist und sich nicht merklich bei der Abkuhlung oder beim Erhitzen verandert,, auch nicht dabei und ebenso nicht beim Verdunnen mit, Wassor eine Botfarbung zu beob- achten ist. Daraus ware zunachst zu schlieBen, daB weder gelostes SeO, allein noch das in reiner konzent'rierter Salzsaure unlosliche Selen die verhaltnismaI3ig intensive Gelbfarbung der selenhaltigen Salzsaure bedingen kann. Wird aber auf die schwach gelbliche Losung von SeO, in konzentrierter Salzsaure uberschiissiges rotes Selen eur Einwirkung gebracht, so erhalt man intensiv gelb gefarbte Losungen, die bei vorsiclitigern Verdunnen mit VC'asser rote Far- bungen oder Trubungen ergeben.

I) JULIUS MEYER u. MARGOT LANGNIER, Ber. GO (1927), 285. 2, Bei unseren Untersuchungen wird von den sonstigen in teehnischer

Salzsaure vorhandenen Verunreinigungen, welche die Verbindungsform des Selens und die unter verschiedcnen Verhiiltnissen stattfindenden Reaktionen beein- flussen kannten, abgesehen. Wir betraohten also nur den Fall der gelb gefarbten, selenhaltigen Salzslure in Abwesenheit sonstiger Verunreinigungen.

H. Ditz u. F. Ullrich. Gelbfilrbung der selenhaltigen Salzaiiurc 37

Setzt man einer schwach gelblich gefarbten Losung von SeO, in konzentrierter Salzsaure ein kraftiges Reduktionsmittel, das bei gewohnlicher Temperatur eine Reduktion von SeO, zu Se bewirkt, ohne dabei die Konzentration der Salzsaure zu verringern, also z. B. eine Losung von Stannochlorid in konzentrierter Salzsaure tropfenweise zu, so entsteht an der Eintropfstelle eine Ausscheidung von Selen von orangeroter Farbe, die sich jedoch beim Umschutteln der Fliissigkeit wieder auflost, wobei die Gelbfarbung der Losung immer intensiver wird, bis nach einem bestimmten Zusatz des Reduktionsmittels durch einen weiteren Tropfen der salzsauren Stannochloridlosung eine bleibunde Ausscheidung von Selen auftritt. Durch Vorversuche konnte festgestellt werden, da13 die Menge des zugesetxten Reduktionsmittels (SnC1,) bis zum Eintritt dieser bleiben- den Ausscheidung von der Konzentration der Salzsaure, sowie von dem Se0,-Gehalt der Salzsaure abhangig ist.

Um diese Reaktionsverhaltnisse quantitativ zu verfolgen, wurden Losungen von SeO, in Salzsiiure verschiedener Konzentration mit einer Losung von SnC1, in konzentrierter Salzsaure titriert, bis eine auch nach dem UmschutteIn bestehen bleibende, schwache Trubung der Fliissigkeit zu beobachten war1).

Fiir die nachstehende Versuchsrcihe I wurde eine 0,07517 n-Losung von SnC1, in konzentrierter Salzsiiure (1,19) bzw. fur die Versuchc 1 und 8 eine 0,06067n-Losung von SnCl,Z), ferner jc 5cm3 einer Losung von ScO, in kon- zentrierter Salzsiiurc, enthaltend 66,85 mg SeO,, und (ausgenommen Versuch 1) cine chemisch reine Salzstiure (spez. Gewicht 1,19) verwendet3). Fur Versuch 1 wurde eine durch Einleiten von trockenem HC1 in eisgekuhlte konzcntrierte Salz- siiure hergestellte, iiberkonzcntrierte Salzsaure mit 41,6O/, HCl angewendet4). Fur die Losung von SnC1, bzw. SeO, in Salzstiure wurde auch hier die Salzsiiure (1,19) mit 37,23O/,, HCl benutzt. 50cma Losung, bestehend &us 5 cm3 Se0,-Losung + x cm3 konz. (bzw. iiberkonzentrierte) Salzsiiure + y cm3 Wasscr, wurdcn mit der SnC1,-Losung (in Salzsiiure 1,19) bis zur beginnenden, bleibenden Triibung titriert.

1) Rei einiger Ubung ist dieser Endpunkt bei der Titration gut feststellbar, schiirfer bei der Beobachtung im durchfallendcn Licht (mittels einer Mikroskopier- lampe wurde ein scharfer Lichtstrahl durch die Fliissigkeit geschickt) an dem dabei auftrctcnden Tyndalleffekt.

2) Die SnC1,-Losung in der Biirette und VorratsfIasche stand unter einer C0,-Atmosphiire; der Wirkung5wer.t dcr SnCI,-Losung, die auf eine Jodlosung gestellt wurdc, blieb wiihrend der Durchfiihrung einer Versuchsreihe unveriindert.

3) Die Bcstimmung dca SeO, erfolgte jodometrisch nach R. BERQ und M. TEITELBAUM, Chem.-Ztg. 52 (1928), 142.

4) Vgl. R. WILLSTATTER u. L. ZECEXEISTER, Ber. 46 (1913), 2405.

38 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 221. 1934

~

em3 = cm3 SnC1,- 0 , l n- SnC1,-

Losung Losung __

16,75 16,09

20,o 15,03 13,38 :i:; 1 9,85

5,9 4,43

0,03 0,02

~ ~~ -~~

Berechnete Endkonzentration (% HCI) nach der

Titrationl)

39,s 37,2 34,6 33,l 31,3 28,9 26,4 24,2 22,3

___________ ~ _ _ _ _ _ _ _ I _

Unter der

3 4 5

SnC1, gemaI3:

5 5 5

Versuchsreihe I

~ ~ _ _ _ _ _ __-_____-

45 40 5

35 10 32,5 I 1 2 5

37,5 j 7,5

30 15 27,5 1 17,5 26 20

Annahme, daB das durch Redulrtion des SeO, durch SeO, + 2 SnC1, + 4HC1 = Se + 2 SnC1, + 2H,O ge-

bildete-Se mit dem aus SeO, und HCI (gemaB: SeO, + 4HC1 t- SeC1, + 2H,O) als Zwischenprodukt entstehenden SeC1, unter Bildung von Se,CI, reagiert gemaB : SeCI, + 3 Se = 2 Se,CI,, konnte der Gesamtvorgang durch die Bruttogleichung wiedergegeben v-crden:

2 SeO, + 3 SnCl, + 8HC1 = Se,CI, + 3 SnCI, + 4H,O . Bei vollstandigem Ablauf dieser Reaktion sollte der Endpunkt

der Titration (Beginn dar blcibenden Fallung von Se) rechnungs- maBig bei einem Verbranch von 18,04 cm3 0,l n-SnC1,-Losung er- folgen gegenuber dem erzielten Hochstwert von 16,li5 em3 (bei Verwendung der uberkonzentrierton Salzsiiure mit 41 ,SO/,-, HCI, Ver- such I. 1) bei der Endkonzentration von 39,80/, HC1. Der Ver- brauch an SnC1,-Losung nimmt mit fallender HC1-Konzentration rasch ab und bei einer Endkonzentration von rund 220/, HC1 betriigt der Verbrauch an SnCI, kaum 0,10/, der theoretischen Menge.

Um den etwaigen EinfluR einer hoheren Se0,-Konzentration zu priifen, wurde bei den nachstehenden Versuchen steigende Mengen (5, 10, 20 und 30 om3) einer Losung von ScO, in Salzsiiure (1,19), die in 5 om3 49,67 mg SeO, enthielt, wieder bei verschiedenen Salzsaurekonzentrationen verwendet. Die hier be- nutzte Losung von SnCI, in SalzsLure (1,19) war 0,13867 n.

l) Diese Endkonzentrationen wurden aus den verwendeten Kubikzentimctern SalzsLiurc, der Losungen von SeO, und SnC1, und dem Wasserzusatz duroh Mischungsrechnung ohne Berucksichtigung der bei den folgenden Versuchen schlieDlich durchgefiihrten Korrektur berechnet.

K. Ditz u. F. Ullrich. Gelbfiirbung der selenhaltigen SalzsLure 39

cm3 Wasser

Versuch 1 1 Nr. Losung

= em3 Berechnete End- 0,l n- konzentration SnC1,- (% HCI) nach Losung der Titration ~-

1

3 2 ! i l 8,6 7,s 4,6 6,38 0.72 ~ 1,OO 0,02 0,02

4 5 ! : I

37,2 34,O 30,4 26,2 22,3

t ~ ;: 3 10 4 10 5 I 10

-

10 15 20

5 1 30 ' 2 1 30 3 4 5 1 30

49,6 68,78 37,2

213 1 2;::; ~ 32,O 1,6O 26,4

42.2 I 58,52 i 35,2

0,03 ~ 0,03 2 2 3

cm3 Salz- saure

~~~ ~-

45 40 35 30 25

40 35 30 25 20

30 25 20 15 10

20 15 10 5

Bei vollstandigem Verlauf der Reaktion wiirde rechnungsmaDig der Ver- brauch an 0,l n-SnCI,-Losung gegeniiber den erzielten Hochstwerten betragen:

Bci Versuch 11.1 111. 1 IV. 1 V. 1

a) cm3 0,l n-SnCl,-Losung theoret.

b) om3 0,l n-SnC1,-Losung tatsiich- Verbrauch, . . . . . . . . . . 13,40 2680 53,60 80,40

licher Verbrauch . . . . . . . . 11,92 23,90 46,88 68,78

c) Unterschied zwischen a) und b) in

d) Unterschied zwischen a) und b) in

e ) Unterschied zwischcn a) und b) in

cm3 0,l n-SnCI,-Losung . . . . . 1,48 2,90 6,72 11,62

n/n des theoretischen Wertes . . 11,04 10,82 12,54 14,45

o/o des theoretischen Wertes, korri- giert (vgl. unten) . . . . . . . 10,8 10,2 10,4 10,5

I n dem nachstehenden Diagramm geben die aus den Titrationswerten (cm3 0,l n-SnCI,-Losung) bei den berechneten Endkonzentrationen an TIC1 sich crgebenden Kurvcn den Reaktionsverlauf wieder, wobei auch die Unterschiede der Hochstwerte gegeniiber den eingezeichneten theoretischen Werten ersichtlich sind. An sich konnten diese Unterschiede auf den aueh bei der hiichstkonzen- tricrten Salzsiure (Endkonzentration) durch den EinfluB des vorhandenen Wassers anscheinend unvollstkndigen Verlauf der Reaktion euriickzufiihren sein. Die

40 Zeitschrift fiir anorganische und allgemeine Chemie. Band 221. 1934

Reaktion verliiuft um so vollstiindiger, je gr05cr die HC1-Konzentration ist, so daB bei Versuch I. 1 (Verwendung der iiberkonzentrierten Salzsaure) der Ver- brauch an SnC1,-Losung dem theoretischen Wert am niichsten kommt. Nicht erkliirlich war zuniichst, daB die prozentischen Unterschiede der Hochstwerte gegeniiber dem theoretischen Verbrauch an SnCl,-Losung [vgl. die Zahlen in der Reihe d) obiiger Tabelle] bei den Versuchsreihen TV und V wosentlich groljer als

bei I1 und I11 sein sollen, demnach bei hoherer Se0,- C m ' a r n

Anfangskonzentrationunter sonst gleichcn Verhiiltnissen die Reaktion unvollstiin. diger verlaufen sollte. Tat- stichlich ist dies aber nicht der Fall, wenn bei der Be- rechnung der Endkonzen- tration an HCl auch dcr Verbrauch an HCl und die Bildung von H,O bei den stattfindenden Reaktionen beriicksichtigt werden.

Wenn demgemiil3 die durch Mischungsrechnung erhal- tenen Zahlen korrigiert werden, so ergeben sich bei den Versuchen 1 der Ver- suchsreihen I1 bis V die

HC1-Endkonzentrationm zu: 37,14%, 37,07%, 36,91%, 36,75n/0 HCI. Die tat- stichlichen Endkonzentrationen sind daher bei den Versuchen IV. 1 und V. 1 schon merklich niedriger als bei 11.1 und 111. 1. Extrapoliert man die Punkte der Kurven fur die gleiche Hochstkonzentration der Salzsiiure von 37,23% HCI, so ergeben sich im Verbrauch von 0,l n-SnCl,-Lbsung die prozentischen Untor- schiede gegeniiber dem theoretischen Wert gemaB der Reihe e ) der obigen Tabellel). Die so korrigierten Werte sind demnach praktisch gleich grol3.

Bei einer Salzsaurekonzentration (Endkonzentration) von 37,20/, HCl verlauft dernnach die Realition unter dcn gcgebenen Verhalt- nissen zu fast goo/,, d. h. etwa lo*/,, des ursprunglich vorhandeneri SeO, sind beim Endpiinkt der Titration noch unreduziert als SeO, (bzw. SeC1,) vorhanden, goo/, in Form von gebildetem Se2C12 (bzw. zum Teil auch als gelost'es Se). Bei fallender HCI-Konzentration nimmt der prozentische Anteil an Se,CI, immer niehr ab, so daB schliel3lich bei einer Endkonzentration von etwa 22% HCI praktisch kein Se,Cl, mehr gebildet wird.

Fig. 1

I) Die vorgenommenen Korrektiiren fiir die Endkonzentrationen beruck- sichtigen nicht die Anderung des spczifischen Gewichtes der Salzsaure durch die gelosten Sn- und Se-Verbindungen und sind daher nur Niiherungswerte.

H. Ditz u. F. Ullrich. Gelbfarbung der selenhaltigen Salzsaure 41

Bei den durchgefuhrten Titrationsversuchen mit der Losung von SnC1, in konzentrierter Salzsaure bis zum Auftreten der bleiben- den Trubung I) reagiert das durch die Reduktionswirkung zunschst gebildete Se mit dem gelosten SeO, (bzw. SeCI,) unter Bildung von Se,C1, und es besteht die Moglichlreit, daB das Se im Status nascendi eine groRere Ileaktionsfahigkeit als das gewohnliehe elementare Selen aufweist. Die folgenden Versuchsreihen bezweckten daher (mit Aus- schaltung des SnCI,), elernentares Selen unmittelbar auf Losungen von SeO, in konzentrierter Salzsaure mit versehiedenem Se0,-Gehalt zur Einwiykung zu bringen, urn festzustellen, welche Selenmengen in Losung gebracht werden konnen.

50 cm3 der Se0,-haltigen Salzsiiure, aus a cma einer Se0,-Losung in Salz- siiure (1,19) + b cm3 Salzslure (1,19) hergcstcllt, wurden in mit paraffinierten Korkstopfen verschlossenen Erlenmeyerkolben mit gewogenen Mengen Selen tiiglich einige Male geschiittelt, nach bestimmten Zeiten durch Porzellanfilter- tiegel filtriert, der Riickstand dreimal mit Salzsiiure (1,19), funfmal mit Wasser, hierauf dreimal rnit 9Bo/,igem Alkohol gewaschen, bci 1000 vorgctrocknet, bei 120° fertiggetrocknet und schlieRlich gewogen. Der Unterschied der Einwaage und Auswaage an Se wiirde die Menge an gelostem Selen goben2). Das ,,gefiillte Selen" wurde aus einer schwach angesiiuerten waidrigen Se0,-Losung durch Reduktion mit Hydrazinchlorid bei Zimmertemperatur hergestellt , durch ein Membranfilter filtriert und iiber konzentrierter Schwefelsiiure his zur Gewichts- konstanz getrocknet. AIs ,,Stangcnselen" wurde ein Kahlbaumpraparat in ge- pulvertem Zustand verwendet. Die Versuche wurden bei Zimmertemperatur (etwa 18-!20° C) durohgefiihrt.

l) Wird die SnCI,-Losung iiber diesen gewahltcn Endpunkt zugesetzt, so erfolgt weitere Reduktion unter Ausscheidung von Se. Da wir hier die gelb ge- farhte selenbsltige Salzsgure, also die vollstandige Losung des Se hetraohten, wird von der Besprechung der iiber diesen Endpunk& der Titration unter Aus- scheidung von Se stattfindenden Vorgiinge, die auch qualitativ und quantitativ untersucht werden sollen, zuniichst abgesehen.

a ) Diese indirekte Art der Bestimmung des in Losung gebrachten Se wurde gegeniiber der direkten Bestimmung als einfacher und rascher durchfiihrbar ge- wkhlt. Die erhaltenen Zahlen konnen, da eine vollstiindige Temperaturkonstanz nicht angestrebt war, die Fliissigkeit auch nicht dauernd in gleicher Weise ge- schiittelt wurdc, auch geringe Verlustc en HCl und Se bei der Versuchsanordnung nicht auszuschlieRen sind, keinen Anspruch auf absolute Gcnauigkeit machen. Deshalb ist auoh die hderung der Salzsaurekonzentration durch die Bildung von Wasser und den Verbrauch an HCl bei den stattfindenden Reaktionen nicht be- riickeichtigt. Fur den beabsichtigten Zweck, die Reaktionsfiihigkeit des elemen- taren Selens mit dem bei den SnC4-Titrationen reagierenden Se im Status nascendi zu vergleichen, ist bei den festgestellten Unterschieden die Genauigkeit ausreichend.

42 Zeitechrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 221. 1934

1 2 3 4 5 6

Versuchsre ihe VI Einwirkung von Stangenselen auf Losungen von SeO, in konz. Salzsaure

106 100 90

150 150 150 150

cm3 cm3 Vers.- Nr .

~- -

24,5 40,3 72 4 1 3

5 45 574,5 37,5 5 45 40 43,7

, 5

10 11 12 13 14

~

15

40,5

300 300 600 600

150 (in Mi- schung mit

Quarzsand gemahlen) 150 (unter Zusatz von l c m 3 SnCI, wasserfrei)

--

43,l

49,67 I 5 49,67 5 49,437 1 5

49,67 5 49,437 5 49837 5

496,7 50 496.7 50

49,437 1 5

in etwe 11 Tagen vollstandig gelost

: : I

141,5

142,75 45,4 24 38.8

574 4332 24 1 106,s

in etwa 3 Tamn vollstii 24

360,5 24

360,5 ~ 24--

24

dig gzost 147,O 172,l 167,3 169,2 41,7

-_____

3 6 3

V e r s u c h sr e i he VII Einwirkung von gefalltem Selen auf Losungen von SeO, in konz. Salzsaurc

Vers.- Nr.

1 2 3 4 5 6 7

8 9

~

mg Se

150 150 150 150 200 500 30

200 200

-- - ~~

49,67 49,67 49,67 49,67 49,67 49,67 49,67

-

Beim Vergleich der Versuchsreihen VI und VII bei gleichem Se0,- Gehalt (rund 50 mg/50 cm3) der SalesBure und gleicher Ein- wirkungsdauer ergibt sich, da13 die Menge des in Losung gehenden elementaren Selens wesentlich die gleiche ist fur Stangenselen und f iir durch Hgdmzinchlorid gefalltes Selen, jedenfalls dieses lreine grol3ere Loslichkeit bzw. Rsaktionsfahigkeit aufweist. duch die Ver-

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liingerung der Einwirkungsdauer (iiber 24 Stunden hinaus) oder die Erhohung der Menge des elementaren Selens (insofern dieses uber- schussig verwendet wird) hat bei gleichen Se0,-Mengen bei Stangen- selen und bei gefiilltem Selen bloB einen unwcsentlichen EinfluB auf die Menge des gelosten Selens. Bei hoherem Se0,-Gehalt (rund 500 mg/50 cm3) nimmt die Menge des gelosten Selens (bei anwendung von 150 bzw. 300 mg) mit der Einwirkungsdauer zu. Bei sehr grol3en Mengen Selen (600 mg/50 em3), so daB dieses gegenuber der gelosten Menge in mehrfachem UberschuB vorhanden ist, wird die Menge des schlieBlich gelosten Selens (Versuche VI. 12 und IS) von der Ein- wirkungsdauer nur unwesentlich beeinflufit.

Eine weitergehende mechanische Verteilung des Selens durch Vermischen und Mahlen mit Quarzsand hatte keinen EinfluB auf die Menge des gclosten Selens (vgl. die Versuche VI. 14 und 4). Dcr Versuch VI. 15 sollte einen etwajgen EinfluB des bei dcn Titrationsversuchen mit SnCI, gebildeten SnCl, auf die Menge des gclosten bzw. in Reaktion tretenden Selens erweisen, doch war ein solcherEinflul3 nicht feststellbar (vgl. dieversuche VI. 15 rnit 4). DieVersuche VII. 8 und 9 wurden sowohl zur uberprufung der Loslichkeit von Selen in konzen- trierter Salzsiiure bei Abwesenheit von SeO, als auch zur Kontrolle der an- gewandten Bestimmungsmethode durchgefiihrt. Die geringen Mengen von 0,6 bzw. 0,l mg Se/50 em3 (bei Verwendung von 200 mg Se) diirften innerhalb der Fehlergrenze liegen, so da13 ubereinstimmend mit den angefdhrten Literatur- angaben elementares Selen (in Abwesenheit von SeO,) in konzentrierter Salz- saure als praktisch unloslieh anzunehmen ist.

Aus den Versuchen VI. 11, 12 und 13 wurde sich fur die etwa 370/,ige Salzsaure mit rund 0,990/o SeO, als Mittelwert fur die Los- lichkeit 3,39 g Se/Liter ergeben. Fur eine gleich konzentrierte Salz- saure mit 0,099°/o SeO, (Rlittel aus den Versuchen VI. 1, 2 und 3) wiirde sich die Loslichkeit xu 0,92 g Se/Liter ergeben. Da bei voll- standigem Verlauf der Reaktion SeC1, + 3 Se --f 2 Se,Cl, durch 1 SeO, 3Se in Losung gebracht werden wurden, so waren bei den vorstehenden Versuchen 16,0°/, bzw. 43,35% der bei vollstiindigem Verlauf in Reaktion tretenden Menge gelost worden. Demgegenuber sind bei den Titrationsversuchen mit SnC12-Losung als Hochstwerte (Versuchc I. 2 bzw. 11.1, 111.1, IV. 1 und V. 1) rund 90% der theo- retischen Menge in Reaktion getreten bzw. in Losung gegangen (bei der uberkonzentrierten Salzsaure gemal3 Versuch I. 1 fast 93O/,). Da das entstehende SnC1, (gemaki Versuch VI. 15) anscheinend ohne EinfluR ist, so konnte die bei den SnC1,-Titrationen beobachtete groBere Reaktionsfahigkeit auf das primar sich ausscheidende Selen im Status nascendi zuruckgefuhrt werden, das heiBt also, daB bei xunehmender Alterung das Selen an Reaktionsfahigkeit einbuaen

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wurde. Fur diese Auffassung wurde dor nachstehende Vorsuch sprechen.

Setzt man der Losung von SeO, in konzentrierter Salzsaure die Losung von SnCI, in konzentrierter Salzsiiure nicht tropfenweise, sondern auf einmal in groBerer Menge, z. B. die Halfte oder mehr der bis zur bleibenden Triibung er- forderlichen Menge zu, so wird der sich zuniichst ausscheidende hellrote Nieder- schlag beim darauffolgenden Umschiitteln restlos gelost. Lii8t man jedoch den sich absetzenden Niederschlag ohne umzuschiitteln einige Zeit, z. B. 12 Stunden, stehen und schiittelt jetzt erst um, so bleibt ein erheblicher Teil des Selens auch nach liingerer Zeit ungelost. Dieser ungeloste Anteil von dunkelrot gefiirbten Selen wird bei weiterem Stehenlassen dunkelgrau.

Dieser zunachst nur qualit'ativ durchgefuhrte Versuch spricht demnach fiir die geaufierte Ansicht, dal3 die durch Alterung geanderte Reaktionsfahigkeit bzw. Zustandsform des Selens bei dem unter- schiedlichen Verhalten des unmittelbar zur Einwirkung kommenden elementaren Selens gegeniiber dem durch Reduktion mittels SnCl, zunachst gebildetem Selen im Status nascendi eine Rolle spielt. Fur diese Auffassung sprechen 8uc.h unsere Untersuchungen uber das Ver- halten von Losungen von Se in Se0,-haltiger Salzsaure bei entsprechen- der Abkuhlung und beim Verdunnen mit Wasser. Ober die Ergebnisse dieser Versuche sol1 gesondert berichtet werden. Ob neben dieser durch die Alterung des Selens bedingten geanderten Reaktions- fghigkeit fur die bei den Versuchen mit elementarem Selen beob- achtet,en Ergebnisse (Versuchsreihen VI und VII) auch noch andere fur dicse Alterung maBgebende Umstande von EinfIuB sind, kann erst nach Erganzung dieser Untersuchungen erortert werdenl).

Zusammenfassung

Elementares Selen ist in reiner konzentriorter Salzsaure prak- tisch unloslich, lost sich aber in Se0,-haltiger Salzsaure unter in- tensiv gelber Farbung der Flussigkeit, wobei unter Zwischenbildung von SeC1, (gemaB: SeO, + 4HC1 fr SeCl, + 2H,O) das Se mit dem SeC1, gemaf3: SeC1, + Se I_ 2 Se,C1, reagiert. Fur die Untersuchung

1) Z. B. ist der EinfluB der Menge des elementaren Selens auf die Loslich- keit bei gleicher Reaktionsdauer bei Se0,-reicheren Losungen (Versuche VI. 8, 10, 12) bemerkenswert, ferner das Ergebnis (bei den Versuchen VI. 12 und 13), da8 die Verlangerung der Reaktionsdauer yon 24 auf 360 Stunden keine merk- liche Erhohung der Loslichkeit bedingt, wiihrend relativ geringere Selenmengen (Versuch VI. 9 bzw. VII. 7) sich bei entsprechender Verlhgerung der Reaktions- daucr vollstiindig auflosen. Ob und inwieweit Umwandlungen der Selenformen in Gegenwart des Losungsmittels (vgl. ABEGC'S Handbuch der anorganischen Chemie, 1. G . , S . 709) auch hier von EinfluB sind und fur die Erklsrung obiger Ergebnisse ausreichen, IaiDt sich vorliiufig nicht sagen.

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des quantitativen Verlaufes der Reaktion wurden Losungen von SeO, in Salzsaure verschiedener Konzentration mit einer Losung von Stannochlorid in konzentrierter Salzsaure titriert, wobei die zu- nachst eintretende orangerot gefarbte Ausscheidung von Se beim Umschiitteln der Fliissigkeit sich wieder auflost, bis schlieIjlich eine bleibende Triibung zu beobachten ist. Der Verbrauch an SnC1,- Losung bis zu diesem Endpunkt gibt ein MaB fiir die unter den ge- wahlten Urnstginden maximalen Mengen des in Losung gebrachten Selens, die bei gleichbleibendem Se0,-Gehalt mit steigender Salz- saurekonzentration zunehmen. Das durch die Reduktionswirkung des SnC1, gebildete Se (im Status nascendi) reagiert mit dem SeO, bzw. SeCI, (vgl. oben), so dalj sich der Gesamtvorgang durch die Bruttogleichung: 2 SeO, + 3 SnC1, + 8HC1= Se,C1, + 3 SnC1, +4H,O wiedergeben lakit. Gegeniiber dem bei vollstandigern Ablauf der Reaktion sich ergebenden theoretischen Wert verlauft bei der Titra- tion bis zur bleibenden Triibung, also insolange das entstehende Selen (unter Bildung von Se,C12) in Liisung verbleibt, die Reaktion unvollstandig, z. B. bei verschiedenem Se0,-Gehalt und einer HC1- Konzentration von rund 37% bis zu etwa goo/, des theoretisohen Wertes. Bei fallender HCI-Konzentration ist dieser Umsetzungsgrad geringer und bei einer Endkonzentration von etwa 22O/, HCl wird pralrtisch kein So rnehr unter Bildung von Se,Cl, gelost.

In der gelb gefarbten, selenhaltigen konzentrierten Salzsaure ist das Selen hauptsachlich als Se,Cl, vorhanden, daneben aber, und zwar mit fallender HC1-Konzentration ansteigend, entsprechende Anteile von nicht reduziertem SeO, (bzw. SeCl,). Die Farbung wird, da die Losung von 8e0, in konzentrierter Salzsaure nur schwach gelblioh ist, hauptsach- lich durch das in der Salzsaure geloste Se,Cl,, moglicherweise, woriiber weitere Untersuchungen AufschluB geben sollen, zum Teil auch durch in der selzsauren Losung von Se,Cl, gelostes Selen hervorgsrufen.

Wird Se0,-haltige Salzsaure unmittelbar mit elementarem Selen (in Form von gepulvertem Stangenselen oder gefalltem Selen) in Reaktion gebracht, so werden weit geringere Mengen Selen als bei den Titrationsversuchen mit SnC1, in Losung gebracht, was zunachst auf die groIjere Reaktionsfahigkeit des Selens im Status nascendi zuriickgefiihrt wird, so daki demnach die dlterungsstufe bzw. Zu- standsform des Selens hierbei von EinfluB ist.

Pr*ag, Deutsche Technische Hochschule, Laboratoriunt f i ir che- mische Technologic anoryaniseher Stoffe.

Bei der Rcdaktion eingegangen am 21. Oktober 1934.

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