Über eine neue, polymorphe Form des Mangandioxyds

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Uber eine neue, polymorphe Form des Mangandioxyds')

Von OSKAR GLEMSER und HERBERT MEISIEK

Herrn Professor Dr. A . S imon xum 65. Geburtstaye gewidmet

Inhaltsiibersieht Es werden Darstellung und Eigenschaften von &-MnO,, einer neuen polymorphen

Bei eintagigem Erhitzen auf 425" C geht E-AfnO, in @-MnO, (Pyrolusit) uber; bei

Modifikation des Mangandioxyds, mitgeteilt.

525' C tritt a-MnO, auf.

ISach dem heutigen Stand $er Kenntnisse unterscheidet man 4 verschiedene Modifikationen des MnO, : a-MnO, (Kryptomelan) ,), /3-Mn02 ((Pyrolusit), y-Mn023) und E - M ~ O , ~ ) . Alle Modifikationen sind sowohl synthetisch dargestellt als auch in der Natur aufgefunden worden ; sie spielen als Depolarisatoren in Trockenbatterien eine wichtige Rolle. OKADA, UEI und CHIN^) bezeichnen ein bei KAWAIANAN vor- kommendes Mineral als e-MnO,, das aber BRENET~) als eine Mischung von y-MnO,, Kryptomelan, Ramsdellit und Pyrolusit ansieht. Weiter halten KONDRASCHEW und SASSLAWSKI') ein aus Mangan(I1)-nitrat mit KClO, und 2 n-Salpetersaure entstandenes Produkt fur eine neue Mn0,-Modifikation und nennen sie ebenfalls E-MnO,. Nach den von uns gemachten Erfahrungen durfte es sich in diesem Falle urn ein dem y-XnO, Lhnliches oder gleiches Produkt handeln. Ebenso muB, nach

l ) V. Mitteilung iiber Manganoxyde; IV. Mitt. 0. GLEMSER u. H. MEISIEK, Natur- wiss. 4 4 , 6 1 4 (1957). Vgl. auch 0. GLEMSER u. H. MEISIEK, Angew. Chern. 69, 534 (1957).

?) 1st nur mit Fremdionengehalt, beispielsweise K-Ionen, existent. a-MnO, kann also strenggenommcn nicht als Modifikation des MnO, bezeichnet werden.

&) 0. GLEMSER, Ber. dtsoh. chcm. Ges. 78, 1879 (1939). 4, H. F. MCMURDIE, Trans. Electrochem. SOC. 56, 313 (1944). 5, S. OKADA, I. UEI u. H. CHIN, J. Electrochem. SOC. Japan 15, 79 (1947). $) J. BRENET, Bull. SOC. franp. Mineral. Crystallogr. 77, 797 (1954). i , J. 1'. KONDRASCHEW u. A. SASSLAWSKI, Nachr. Akad. Wiss. USSR, physik.

Seric 15, 179 (1951).

'220 Journal fur pralrtische Chemie. 4. Reihe. Band 5. 3 958

I I

chern. Analyse ~ Elemcnt j x31

den mitgeteilten Rontgeninterferenzen, das neuerdings erwahnte Q-MnO, 8) als y-MnO, betrachtet werden.

In der nachstehenden Arbeit beschreiben wir Darstellung und Eigen- sehaften einer neuen, relativ gut kristallisierten Form des Mangan- dioxyds, fur die wir die Bezeichung &-MnO, vorschlagen.

D a r s t e l l u n g : 20-60 g Mn(NO,), . 4 H,O in 10-30 nil doppelt dest. Wasser. ge- lost (Quarzapparatur), wcrden in eincni abgeschniolzenen Rohr (Fullgrad 40-;O0&) 2 bis 6 Stunden auf 150" C erhitzt. Der pH der Losung betragt etwa 1,5. Nach deiii Ab- ltuhlen hat sich ein grauschwarzcr, fcinteiliger Wiederschlag auf dem Boden des GefafJes abgesetzt; er wird mit Wasser so langc ausgcwaschrn, bis sowohl im Waschwasser als auch im Praparat lreine NO, -1onen mehr naehzuweisen sind. SchliefSlich u-ird uber P205 bei Raumtemperatur getrocknet. Ausbeutc 20-50 mg Substana.

B e m e r k u n g : Beim Entlecren des geoffneten Glasrohres ist darauf zu achten, tlal; heine Stucke von einem Ptwaigen Wandbelag mit abgekratzt werden, der haufig an lo- kalen Verdampfungsstellen obcrhalb drs Flussigkeitsspiegels entsteht, da er em Geinenge

Spektralanalyse 1 Analyse von x 27 1 ~ ln(WO,) , . 4 H,O 1). a.

Tabelle 1 A n a l y s c n w e r t t , I 011 ~ . - 3 l i i O ~

I 031 0,1 I Ye

I I 0,1 % 1 Ca

1 Si I wenig Spuren 1 Al, Cr 1

I 0,Ol 0,01

0,01

- 1 . - _ _ ~ _ _ _ _ _ _ ~ ~ - _ _ ~ _ _

O(, RlnO, aktiv. o 1 Gesanit-&In

0,0003 0,01

-

, ___ I I I

Foriiic.1

aus a-Mn,O, und P-MnO, iat,. Wenn niitn den Ansatz nicht gleicli niit grniigend ITasser verdiinnt, besteht die Gefalir, daR sich hygroskopische Pasteri hilden, die sich d a m schwer nitrat,frci waschen lassen.

An ail y se : Mangaii \vuIdc gravinictrisch als Mn,P,O;. clcr alitive Sauerstoff nach tlvr Oxalatmethode in C0,-At 1110-

sphare bestirnmtg). Zur Er- mittlung des Wassergehalts dcr L'roben wurde iin N,-Strom auf 700" C erhitzt und das ausgeschiedene Wnsser in iiiit MgC10, gefullten 11-Rohrchen aufgefangen. Die %P-

fundenen Werte findet nian in Tab. 1.

Der Wassergehalt ist grring, cr liegt bei 1-24,. I n Tab. 2 findet inan die Spuwn- analyse. Bei der chemischen Aiialysr wurden die angegebenen Bestandtejle au fh r Fe

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~ - __ 3 r . I I ~ 2 i 3 1 4

d (A) 4,49 i 3,89 3,71 1 2,83

d (A) - 3 - .) "6 1 2,12 1 6,05 1,94

Intensitat 6 ' T 1 9 , 5

~~ - -- -- ~~

Sr. 8 9 11 Iiitrnsitat I 1 I 8

halbquantitativ ermittelt. Eisen wurde photonietriscli als Tributylammoniumhexa- rhotlanoferrat(II1) bestimmtlo). Si durfte aus dern Glas des Einschrnelzrohres stammen.

Remerkenswert ist die Anreicherung von Fe in c-MnO,. Im Aus- gangsmaterial Mn(NO,), . 4 H,O sind 0,0003% Fe, in E-MnO, 0,1% vorhanden. Die hier auftauchende Vermutung, Eisen sei fur die Existenz der neuen Modifikation von entscheidender Bedeutung, wird weiter unten widerlegt.

In Tab. 3 sind die d-Werte einer DEBYE-SCHERRER-Aufnahme von E-blnO, nebst den Intensitaten verzeichnet. Wir haben vorlaufig von einer Indizierung abgesehen, da diese weder kubisch, tetragonal noch hexagonal moglich war. Weitere Untersuchungen hieruber sind im Gange.

I

(i 2,69

12 1

1,80

. I

Verhalten beim Erhitzen

Ein Abbau von e-MnO, mit der Thermowaage bestatigte den bereits erwiihnten geringen Wassergehalt. Der gesamte Gewichtsverlust bis 500" C betragt nur 2 %, bei 550 O erfolgt der Ubergang in a-Mn,03, bei 950 die Umwandlung in Mn,O,. Weitere Erhitzungsversuche wurden im Platintiegel durchgefiihrt. Eintagiges Erhitzen auf 425 O gibt Pyro- lusit (P-MnO,), auf 525" ein Gemisch von Pyrolusit und a-Mn,O,. Schon bei 220 O verschwinden einige charakteristische Doppellinien im Ront- gendiagramm der e-MnO, und die ersten Pyrolusitreflexe treten auf.

Bildungsbedingungen fur c-MnO, Nimmt man statt Glas Quarzglas fur das Einschmelzrohr, oder

erhitzt man die lionzentrierte Mangan( 11)-nitratlosung im Platinticgel, der sich im Einschmelzrohr befindet, so liann trotzdem keine Anderung im Reaktionsprodukt festgestellt werden : es entsteht immer s-MnO,.

Eisen. Die betrachtliche Anreicherung von Eisen lie13 darauf schliefien, da13 Eisen die Bildung von c-MnO, beeinflufit. Doch ergab

1") M. ZIEGLER, 0, G L E M ~ E R 11. K. PETRI, Angcw. Chem. 89, 1 7 4 (195;).

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der Zusatz geringer Mengen verschiedener Eisensalze keine Ausbeute- steigerung. Dafur fielen aber eisenhaltige braune Niederschlage beim Erhitzen im Einschmelzrohr aus, die sich schwer filtrieren liel3en. Nach den Rontgenaufnahmen hat sich vermutlich a- + y-FeOOH gebildet. Weitere Versuche in dieser Richtung wurden nicht unternommen.

Um die eventuell vorhandene Mitwirkung von Eisenspuren bei der Bildung des E-MnO, zu verhindern, wurde das Eisen aus dem Mangan- nitrat als Tributylammon-hexarhodanoferrat(II1) extrahiert 10). Da- nach war der Eisengehalt 0,0005% und kleiner. Trotzdem bildete sich E-MnO,. Der Fe-Gehalt kann also fur das Auftreten von e-MnO, nicht verantwortlich gemacht werden.

pH-Wert. Entscheidend fur die Art des entstehenden Nieder- schlags ist der p,-Wert der Mangan( 11)-nitratlosung. Die Ergebnisse einer Reihe von Ansatzen bei 150" C im Einschmelzrohr sind in Tab. 4 zusammengestellt. Die Messung dcr p,-Werte erfolgte mit Lyphan- papier.

Tabelle 4 E i n f l u n des 11,-Werts auf d i e Bildung

Amgangslosung

Mn-nitratlosung p. a. + HNO, + NaOH

Na-azetat

+ HNO, Losung aus Mn(NO,),*H,(

€-MllO,

S-Mn 0,

von &-MnO, ~~

Bemerkunp

keiii Niederschlag Steigerung der Ausbeutr

anf das Doppelte Schon beim Ansatz ent-

entstand Mn(OH),

T e m p e r a t u r u n d Erh i tzungsze i t . Bei den Versuchen bildete sich im Einschmelzrohr ab 130 O ein geringer schwarzer Niederschlag. Die meisten Ansatze wurden auf 150" erhitzt. Im Rontgendiagramm war kaum ein Unterschied zu sehen, ob die Losung eine Stunde oder einen Tag erhitzt worden war. Nach 4-6 Tagen waren die ersten Re- flexe des Pyrolusits zu beobschten, in einigen Fallen manchmal schon nach ltagigem Erhitzen der starke 110-Reflex bei 3,11 A. Eine Probe, die zwei Wochen auf 150" erhitzt worden war, bestand aus fast reinem Pyrolusit. Durch Steigerung der Temperatur auf 190' konnte die Uni- wandlung in Pyrolusit stark beschleunigt werden.

W e i t e r e Versuche. Uber die thermische Zersetzung von Man- gan(I1)-nitrat haben BRENET und BUSQUERE~~) berichtet. Leider er-

11) J. BRENET u. N. BUSQUERE, C . It. Acad. Sci. Paris 230, 1360 (1950).

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lauben die sehr qualitativen Angaben keine eingehenden Vergleiche - es werden keine Analysen oder Rontgendiagramme angegeben, auch wird uber die Art des verwendeten Salzes und die Erhitzungszeit nichts ausgesagt. Die Verfasser vermuten die Entstehung von Pyrolusit und kubischem Mn,O,, letzteres eventuell in zwei verschiedenen Formen. Unsere IJntersuchungen ergaben folgendes :

Beim Erhitzen von konzentrierter Mangan( 11)-nitratlosung an Luft im Platintiegel auf 150" entsteht ein Gemisch von Pyrolusit und oc-Mn,O, (Erhitzungsdauer 0,5 bis 5 Stunden). Mit zunehmender Er- hitzungsdauer verschiebt sich das Verhaltnis zugunsten von Pyrolusit. Schon nach 1 Stunde ergibt die Bestimmung von alitivem Sauerstoff iiber 90% MnO,. Zusatzlich tritt in der Pulveraufnahme eine Linie bei d = 4,50 A auf, die auch die erste Linie bei F-MnO, ist.

Aus festem Mn(NO,), * 4 H,O entsteht bei halbstundigem Erhitzen auf 150" kein oc-Mn,O,. Es sind nur Reflexe von Pyrolusit und 8-MnO, zu sehen. Ein Produkt, das 40 Stunden auf 180" erhitzt worden war, zeigte neben den Pyrolusitreflexen nur die 1. und 3. Linie von c-MnO,.

Beim trocknen Erhitzen von Mn(NO,), - 4 H,O bildet sich ein Produkt, dessen Rontgendiagramm &-MnO, sehr ahnlich ist. An die Stelle einiger Doppellinien, sind breitere Reflexe getreten. Nach 12 Stun- den hat sich vorwiegend Pyrolusit gebildet .

Der Deutschen Forschungsgemeinschaft und den? Fonds der Chemie danken wir fur Unterstiitzung.

Gottingeri, Anorganisch-chemisches Institut der Universitat.

Bei der Redaktion eingegangen am 2 5 . Oktober 1957.

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