Über Schlagwetteranzeige

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DIE NATURWISSENSCHAFTEN 1. Jahrgang. 31. Oktober 1913. Heft 44.

~ b e r Sch lagwet t eranze ige . Vo~ (deh. Regierungsrat Prof. Dr. F. Ha ber,

Berli~-Dahlem. Seiner MajestKt dem Kaiser am 28. Oktober 1913 im

Kaiser-~ilhelm-Institut f/ir physikalische Chemie und Elektrochemie mit begleitenden ¥ersuchen vorgetragea.

Die sehlagenden Wetter sind der Alb, der auf dem Steinkohlenbergbau lastet. Das ~[ethan, dessert Hervorquel]en aus der KoMe wir weder beseitigen noeh beherrschen k5nnen, ist harmlos, solange sein Gehalt in der Gruben]uft klein bleibt. Steigt der Ge- halt in der Grubenatmosph:ire aber fiber die Explo- sionsgrenze yon 5~ %, so h~ngt das Leben des Berg- manns -davon ab, da$ die exptosible Misehung nir- gends Gelegenheit finder, sieh zu entzfinden. ~[an mul~ deshalb den Bergmann in schlagwetterfflhren- den Gruben mit einem tIilfsmittel ausrtisten, das ihm das Anwachsen des )[ethangehaites in der Glubenluft rechtzeitig verr~it, und man mull jedes Zimdmittel ~fir Sehlagwetter yon seiner Arbeits- statue fernhalten.

Das ist bisher nur unvollkommen mSglieh. Denn der einzige brauchbare Schlagwetteranzeiger ist vorl~iufig die :Flamme der Grubenlampe. Sie zeigt bei niedrig gesehraubtem Doeht eine Liehtaureole, die bei mehr als 1% ~¢[ethan fi~r das gesehulte Auge erkennbar wird und mit Ann~herung an die Explo- sionsgrenze an GrS~e und Deutlichkeit stark wgchst. Die FIamme ist aber ein sehr gefghrliches Ziind- mittel ffir schlagende Wetter.

In fr[~herer Zeit konnte dieser grundsgtzliche ~angel nieht behoben werden, denn man brauehte die Lampe als transportable Lichtquelle. Der Staat konnte im Bewu~tsein seiner Verantwortung ftir die Gef~hrdung der Arbeiter in gewerblichen Betrieben nichts tun, als das offene Geleuchte verbieten und die Einffihrung der Sicherheitslampe erzwingen, bei weleher die Flamme dureh einen - - am besten doppel- ten - - iibergestiilpten Drahtkorb yon der ~iu~eren Atmosphgre getrennt ist. Die Einfi~hrung des Draht- korbes durch den Chemiker Davy ist einer der ge- nialsten und segensreiehsten Gedanken der ange- wandten Wissenschaft gewesen. Sie maeht die Lampe theoretisch vollkommen wettersicher. Die durch die ~¢[aschen des Drahtkorbes eintretenden Wettergase verbrennen im Innern desKorbes, aber die :Flamme schlggt nicht in die umgebende Atmosphere hinaus. Die Einffihrung der Sicherheitslampe in den Grubenbetrieb hat gewiB unz~hlige U nglfieke verhfitet. Praktisch ist die erreichte Schlat:wetter- sieherheit aber keine unbedingte. Denn e~heb]ieh mehr als die H~ilfte aller Grubenexplosionen, die noch vorkommen, werden yon der preul~ischen Statlstik in neuerer Zeit auf Sicherheitslampen zurfick- gefiihrt. Deswegen ist die Gesetzgebung neuer- dings weiter gegangen, hat in besonders schlag- wettergef~ihrdeten Gruben tragbare elektrische Lain- pen vorgesehrieben und die Sicherheitslampe nur noch als Schlagwetteranzeiger erlaubt. ]Me Ver- treter des Bergfachs neigen zu der Hoffnung, dal]

sich die Lampe, wenn sie nur noeh zur Anzeige des Methans und nieht mehr zur Beleuchtung dient, 1)raktiseh vollkommen sieher wird ausgestalte n las- sen. Aber auf die L~nge wird sich die Flamme, die for die Beleuehtung entbehrlieh geworden ist, in sehlagwettergef~hrdeten Gruben nieht halten, son- dern Methanattzeigern Platz inaehen mi~ssen, deren Wirkungsweise jede ]~{Sgliehkeit einer zuf~lligen Ziindung ausscMiet~t.

Die Aufgabe, einen neuen SeMagwetteranzeiger zu schaffen, hat seit vielen Jahren einen erstaun- lichen Relehtum von Vorsehl~tgen gezeitigt. Abet der Bergbau hat keinen derselben in dauernde prak- tisehe Verwendung genommen. Bald liel~ die Wirk- samkeit, bald die praktisehe Brauehbarkeit zu wim- sehen fibrig. Die Grube stellt eigentiimliehe Forde- rungen. In der schwachen Helligkeit sind viele Ge- sichtswahrnehmnngen erschwert, und fftr die Hand des Bergmanns taugell nur die einfachsten Ger~tte. Ortsfeste Apparate dienen dem angestrebten Zweek nach iibereinstimmender Auffassung der Sachver- stiindigen nieht, nnd IVfet~werkzeuge eignen sieh nieht fiir den Bergmann.

Grundsatzlieh betrachtet, mul3 man den Anzeiger entweder auf ehemisehe Veriinderungen des Me- thans oder auf physikalisehe Eigensehaften der At- mosphSre griinden, die ~[ethan enth/ilt.

Sehen wir die Aufgabe yon der ehemischen Seite an, so stSrt uns, dal~ das Methan erst bei Rotglut ]eieht reagiert. Die hohe Temperatur mul~ abet grundsgtzlieh vermieden werden, wenn jede zuf~il- lige Ztindung der ScMagwetter vSllig ausgeschlossen sein soll. Bei niedriger Temperatur ist das Methan aul~erordentlieh reaktionstr~ge, und seine ehemische Vergnderung liefert, wenn sie erzwungen wlrd, keine Erseheinungen, die fiir einen grubenm~i~igen Naeh- weis brauehbar sin& Besondere Sehwierigkeit be- reitet einem chemisehen Anzeiger die Forderung, sine Sehgtzung des Methangehaltes in dem wieh- tigen Gebiet zwisehen 1 % und 5 % ohne messende Hilfsmittel und Operationen zu gewinnen.

Der Abteilungsleiter im Kaiser-Wilhelm-Institut ffir physikalisehe Chemie und Elektroehemie, Herr Dr. Lefser, und ich haben allerhand Versuche ehe- mischer Natur gemacht, aber wir haben diese Sehwierigkeiten nicht iiberwinden kSnnen.

So haben wit uns zuden ttilfsmittetn der physi- kallsehen Chemie gewendet, mit deren Anwendung auf die Grnbengase ieh von frfiherher einige Yer- trautheit besaB. Denn ich habe die Firma Carl ZeiB in ;lena friiher veranlaSt, das Rayleighsehe Inter- ferometer zu einem ~/[eBapparat ffir Grubengase um- znbanen. Es hat als station~res Instrument im Ver- suehsstreekenbetriebe dank dem saehverstindigen Interesse des Leiters der westf~ilisehen Versuchs- streeke in Derne, des Bergassessors Beyling, einen st~indigen Platz gefunden, und eine neu konstru- ierte tragbare :Form, welche die Gestalt eines flaehen Brustschitdes besitzt (Demonstration), scheint ge- eignet, unter der Erde, in der Hand des Bergwerks-

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direktors oder seiner Oberbeamten gute Dienste zu ]eisten, well man damit den Methangehalt von Punkt zu Punkt auf Zehntelprozente genau durch b]ol3es Hineinsehen verfolgen und die Bewetterung der Grube an der Hand dieser Angaben tiberwaehen nnd regeln kann. Aber ein Schlagwetteranzelger, den der Bergmann var Ort benutzt, ist das nicht.

Das Interferometer beruht darauf, da$ die op- tische Dichte der Atmosphhre sieh iindert, wenn sich Grubengas der Luft beimengt. )£an kann an- dere Varriehtungen bauen, dutch die man die gleichzeitig eintretende Xnderung anderer physika- lischer Konstanten der Atmosphere ermittelt. Aber das Resultat f~i]]t im allgemeinen in dieselbe Kate- gorie. Es kammt ein )/[ef~werkzeug heraus und kein Anzeiger, wenigstens solange man sich an das Auge als Wahrnehmungsorgan wendet. Es ]iegt das daran, daf~ wir ohne Funken, Flammen und G lfihdrhhte keine Erscheinungen hervorrufen kbn- nen, die dem Auge in unmittelbar sinnf~i]liger Weise die Gegenwart gewisser Methangehalte offenbaren. Eine salche Ersehelnung brauehen wit abet ffir den Wetteranzeiger. Sie soil im Ge- dhchtnisse haften und ohne den Krfickstock einer Skalenab]esung oder eines anderen MeBhilfsmlttels den Bergmann in dem wiehtigen Intervall yon 1 bis 5 % zu einer ungef~ihren Schhtznng des Methan- gehaltes fiihren.

Diese l?berlegung hat Herrn l~rivatdozenten Dr. Leiser und mich veranlal]t, nach einem Sch]ag- wetteranzeiger zn suchen, der sich nicht an das Auge, sondern an das Ohr wendet, das dutch die Sti]]e der Grube zur Empfind]ichkeit erzogen wlrd. Die Gewohnheit des Bergmanns, dutch Klopftbne mit entfernten Arbeitsgenossen zu sprechen, bildet einen Hinweis auf die Gangbarkeit dieses Weges.

Der Gedanke, Versehiedenheiten der chemischen Besehaffenheit bei Gasen mit dem Ohre zu erken- nen, ist alt. Im Kotleg fiber Physik ffihrt man dem Studenten die Verschiedenheit des Tons vor, die beim Anblasen derse]ben Pfei~e mit Luft und mit Leuchtgas auftr i t t . Die Erscheinung wird na- mentlieh dann sinnf~llig, wenn man gleiehzeitig zwei gleichgestimmte B]asinstrumente benutzt, nnd das eine mit Luft, das andere mit einem ~remden Gas anbl~st. Gleieh den anderen physikalisch- ehemischen Methoden ist die Benutzung dieser Er- seheinung fiir den ]3ergbau in ~lterer Zeit (Forbes 1880, Hardy 1893) empfohlen warden. ) ' i ir die Bedeutung, die der Bergbau diesen Vorschlagen beigemessen hat. wird die Kri t ik kennzeichnend sein, die sich in einer zusammen- fassenden Betraqhtung ,,fiber die verschiedene Ban- art yon Wetteranzeigern" im laufenden Jahrgang der Zeitschrift ,,Gliickauf" finder, f o r t wlrd yon den bisher bekannten akustischen Yorrichtungen gesagt, dab sie ffir die Praxis vollst~indig ungeeig- net sind und dal3 man sie slch in der Hand eines gewbhnlichen Bergmanns iiberhaupt nicht vor- stel]en kann. Wir haben daraus geschlossen, dal;1 das richtige Prinzip eine unrichtige Ausgestaltung erfahren hat, und versucht, ibm eine lebensf~ihige Farm zu geben. Solange man zum Anblasen der Vergleichspfeife einen groSen Vorrat reiner Luft mltftihren mul~te, war das nicht gut mgglich. Als

ttaber : Uber Schlagwetteranzeige. [ Die Natur- [wissenschaften

beste Beseitigung dieses Hindernisses land sich schlielJlich eine neue FfeifenkonstrHktion. ~Iit ihrer II iKe lieB sieh ein akustischer Anzeiger yon handlicher Form und einfacher Bedienung schaf- fen, der als Resultat unserer Arbeit in Gestalt dieser ,Sehlagwetterpfeife" vorliegt (s. Fig. 1).

Die ,,Schlagwetterpfeife" stellt, ~iul3erlich he- tra chtet, einen glatten gesehlossenen Metallzylin- der yon 25 cm Lgnge und 6 em Durchmesser d~r.

SaugventiI Druckventil

Zum Pum- penraum

]~ingang d. Gaspfeife

Schalloch der Gas- pfeife

Verbindung d.gedackten Endes der Gaspfeife mit dem Saugventil Glimmer-

membran der Gas- ~ofeife.

Staubfilter Vakuum

~atrom kalk

Zum Druck- regler

Pnml)on- raum

Druck- regler

l~Iembran des Druckreglers Anblase-

l ekung Ausgang d~r

Luftpfeife Eingang der

Luftpfeife Sohalloch der

Luftpfeife

Maul der Luftpfeife

Lippe der Luftpfeife

Glimmer- membran der Luft- pfelye

Expansions- spirale (ver- bindet das ~edackte

nde der Luftpfeife mit ihrem Au~gang)

Dichtung zwischen

- Pumpen- mantel uml Pfeifen- gohliuse

Fig. 1. Schematische Darstelhmg der Schlagwetterpfeife. Der Deutliehkeit wegen sind foIgende Teile weggelassen: a) Verbindung der Rohrenden .zum Pumpenraum ~ und ,zum

DruokregleF, b) Stimmvorriehtungen an den Sehall~ohern, c) UmsehaltbareVerbinduug, welche erlaubt, die zumAnblasen

tier Pfeifen erforderliehe Luft start dureh die Gaspfeife un- mittelbar aus der Atmosphere in die Pumpe einzusaugen.

Eine schematische Darstellung erl~utert die Ein- richtung des Apparats. Er enth~It als Haupt- bestanc.teiI zwei gedaekte Lippenpfeifen, wetche auf denselban Ton (bei g]eicher Gasfiillung) ge- stimmt sind und durch ein und denselben Gasstr¢ m angeblasen werden. Die Eigentiim- lichkeit der Pfeife besteht darin, da~ das Gas im PfeJfenrohr, dessen Beschaffenheit die Ton- hbhe de1 Pfeife bestimmt, dureh eine sehr diinne Glimmerscheibe dicht gegen das anb]asende Gas abgeschlossen ist und s%h darum unver~indert in der Pfeife h~ilt, wenn wir nicht besondere Zu- und Abftihrungen betatigen. Wir ffil]en die eine Pfeife iiber Tage mit reiner Luft, die sich mit der Grubenhf t nicht vermischen kann, weil sie mit ihr

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nur durch eine enge und sehr tange RShre (Expan- sionsspirale) in Verbindung steht. Das Rohr der anderen Pfeife ffitlen wir unter Tage mit Grnbenluft, die auf dem Znfiihrungswege dureh ein ]eieht auswechselbares eingebautes Reinigungsrohr yon Staub, Feuchtigkeit und Kohlens~ure befreit wird. Die Handhabung des Apparates besteht darin, dal~ der als Pumpe ausgebildete Mantel nach unten gezogen wird. Dabei wird die Grubenluft dutch den Reiniger und die Gaspfeife in den Pumpenraum gesaugt. Ein Vakuumstempel in der Mitte des Apparates zieht den Pumpenkolben beim Los]assen zuriick, und treibt das angesaugte Gas (lurch den Druckregler zu dell Mundstiicken der Pfeifen.

Enth~lt die Gaspfeife 1% l~[ethan, so hSrt man fund zwei Schwebungen in der Sekunde. Mit stei- gendem Methangehalt nimmt die Schwebungszahl rasch zu, und in der lgiihe der Explosionsgrenze verwandelt sich die Erscheinung in ein eharakteri- st~sehes Trillern. Das Ohr faint die Unterschiede auBerordentlieh leieht auL Sie sind in der Grube auf gerader Strecke noeh in mehr als hundert Meter Entfernung vSllig deutlich.

Vorteile und Naehteile der Pfeife und der Lampe ffir die Wetter~nzeige sind nicht gsnz ein- faeh gegeneinander abzuw~gen. Die Lampe hat vor der Pfeife voraus, dal~ sle beim Auftreten grol~er Mengen unatembarer Gase in der Luft durch ihr Erl5sehen ein ganz automatisehes Signal gibt, ehe Erstickungsgefahr elntritt. Zugunsten der Pfeife ist die unbed]ngte Sch]sgwettersicherheit und die Aufdringliehkeit ihrer Signale arch in grSl~erer Ent- fernung in erster Linie geltend zu machen. Ob die Robustheit dem Bergbaubetriebe auf die Dauer geniigt, mul~ eine liingere Priffungszeit ]ehreu. Siehertich wird sich manehes vervo]lkommnen lassen. Liegen doch hier die ersten se]bstgefertigten Stiicke vor, wiihrend an der Entwicklung der Lampe Generationen gearbeitet haben.

Die Schlagwetterpfeife ist hier im Kaiser-Wil- helm-Institut fiir physikalisehe Chemie und Elek- trochemie, ferner auf der Versuehsstreeke in Derne und au{ der Zeche ,,Gneisenau" bei Dort- mund Sachverstiindigen des Bergfachs vorgefiihrt worden. Sie haben iibereinstimmend yon der Wirk- samkelt und praktisehen Brauchbarkeit des Instru- mentes einen giinstigen Eindruck gewonnen und ausgesprochen. Infolgedessen wagen wit, dem hohen Protektor des Instituts, dessen im Vorjahre bei der feierlichen Einweihung ergangene Auffor- derung zur Bearbeitung der Schlagwetteranzeige unsere T~tigkeit ausgelSst hat, das Instrument hier im Yerg]eich mlt der Grubenlampe vorzufiihren (Demonstration).

Die Cutireaktion bei Syphil isG Von Prof. Dr. Carl B ruclc. Breslau.

Als ich im Jahre 1908 die Ehre hatte, auf dem X. Dermato]ogenkongref~ zum ersten Male im Zu- sammenhang iiber die von Wassermann, Neisser und mir entdeekte Syphilisreaktion zu berichten,

~) Vortrag auf der 85. Versammlung Deutscher Na- turforscher und Arzte in Wien, September 19t3.

Bruck: Die Cutireaktion bei Syphilis. 105!

da war es woM sehon klar, dab diese Entdeckung einen grol~en Fortsehrltt bedeutet; wir ahnten da- reals abet noeh nicht, welche gewaltigen Umw~l- zungen in der Erkenntnis der Syphilis, ihrer Be- handlung, ja auch ihrer Bek~mpfung als Votks- seuehe gemacht werden wfirden. Sie haben soeben aus dem Munde zweier verdienstvoller Forscher auf diesem Gebiete den jetzigen Stand der Frage vernommen, und ieh sehe zu meiner Befriedigung, daL~ die Reaktion die Hof~nungen und Wfinsehe, die ich damals im Verein mit meinen Lehrern Wassermann und Neisser ausgesprochen habe, zum gr51~ten Teil in Er~fillung gegangen sin& Denn, dal] auch die lange Zeit diskutierte Frage naeh dem Wert der tleaktion fiir die Therapie heute in dem Sinne gel5st ist, dalt dieser Weft unverkennbar ist, scheint mir sicher zu sein. Gerade die Salvar- san~ra hat diese Frage schneller einer LSsung niiher gebracht, als zu erwarten war, und unwill- kfirlich hat die Ausarbeitung der Salvarsantherapie auch diejenigen yon dem hohen Wert der Reaktion fiir die Beur te ihng der Wirksamkeit unserer Therapie zu iiberzeugen vermocht, die bisher nur die diagnostische Bedeutung der Reaktion sner- kannten. Keiner derjenigen, die sich um die Aus- gestaltung der modernen Luestherapie verdient ge- machV haben, wird ]eugnen, wie wertvolle Dienste ihm die Serumreaktion hierbei geleistet hat, und so diirfte das erreicht sein, was Neisser, Citron und ich sehon seit ]angem betont haben, dal~ die WR. nicht nur ein ~ul~erst wiehtiges diagnostisches Moment darstellt, sondern gerade auch in den Latenzzeiten der Krankheit, wo uns andere I-Iil~s- mittel nicht zur Verfiigung stehen, als ein wert- roller MaBstab der Therapie in Betracht kommt.

Freilieh unfehlbar ist dieses Hilfsmittel nieht. denn die Reaktion ist eben kein ehemisehes, son- dern ein biologisehes und daher gewissen Sehwan- kungen und Fehterquellen' ausgesetztes Ph~nomen, trod so miissen wir es mit Freude begrfiBen, wenn wir auBer der WR. noeh andere Faktoren kennen ]ernen, die uns die h~iufigen Schwierigkeiten in diagnostischen und therapeutisehen Fragen, soweit sie die Lnes betreffen, fiberwinden helfen. Und ein derartiges Unterstiitzungsmittel fiir nnsere bis- herige k]inische und serologische Diagnose der Syphilis scheint ein weiteres biologisches Ph~no- men zu werden, fiber das ich Ihnen in Kiirze be- richten mBehte, die Cutirealction.

Unter einer Cutireaktion im klinisehen Sinne verstehen wir die Eigenschaft der Hant eines an einer Infektionskrankheit ]eidenden Menschen, auf Einimpfung des die Krankheit erzeugenden Er- regers bzw. seiner Stoffe mit einer ]oka]en Ent- ziindung zu antworten. So entsteht z. B. bei Impfung elnes TuberkulSsen mit Tuberku]in eine Impfpapel, die bekannte Pirquetreaktion.

Im al]gemeinen diirfte dieses Hautphiinomen in engstem Zusammenhang mit einer spezifischen UberempIiudlichkeit stehen, die der ganze Organis- m u s i m Laufe der Infektion gegeniiber dem art- fremden Antigen der Erreger erwerben kann, ein ¥organg, auf den ich hier nicht n~her eingehen kann. - - Nun erscheint es auf den ersten B]ick paradox, gerade bei der Lues nach Uberempfind-

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