Über Silicium und seine Stellung in der thermoelektrischen Spannungsreihe

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56 E”. fischer zcnd E. Baerwind.

Uber Silicium und seine Stellung in der thermoelektrischen Spannungsreihe.

11. Mitteilung.

Von FRANZ FISCHER und ERNST BAERWIND.

Im Band 81, S. 243 ff. (1913) dieser Zeitschrift berichteten wir und RICHARD LEPSIUS iiber den charakteristischen Unterschied ver- schiedener technisch hochstprozentiger Siliciumsorten in ihrem thermoelektrischen Verhalten. Wir hatten durch Schmelzversuche wahrscheinlich gemacht, da6 das thermoelektrisch negative Silicium sich yon dem thermoelektrisch positiven durch einen Mehrgehalt an Sauerstoff unterscheidet. Weitere Schmelzversuche im offenen Licht- bogen zwischen Siliciumelektroden und andern im Kathodenstrahl- ofen von Dr. TIEDE, die hier nicht naher dargelegt werden sollen,l besfirkten uns in dieser Ansicht. Wir versuchten also nunmehr, auf analytischem Wege, einen Mehrgehalt der negativen Sorten an Sauerstoff nachzuweisen.

1. Analgtisches.

Urn im Silicium das als SiO, gebundene Silicium nebeo dem freien Silicium zu beetimmen, sind zwei Wege angegeben‘ worden. Nach dem ersten verfliichtigt man das freie Silicium im Chlorstrom als Sic&, wobei das an Sauerstoff gebundene Silicium als SiO, zuruckbleibt und gewogen wird.2 Na.ch dem zweiten Weg lost man die Siliciumprobe in wasseriger Alkalilauge und fangt den dabei entwickelten Wasserstoff auf, der der Menge des vorhanden ge- wesenen freien Siliciums ent~pricht .~ In einer anderen Probe be- stimmt man dann den Gesamtsiliciumgehalt durch Aufachlu6 mit

Vgl. BAERWIND, Diss. Technische Studien, Heft 9. Verlag von Gerhard Stalling, Berlin-Oldenburg 1914.

’ LIIYER, Chern.-Ztg. 42 (1906), 91. WEISSEN, Chem.-Ztg. dz (1908), 91. PHILIPS, Ztschr. f i ungew. Chem. 18 (1905), 1669.

Silicium in der thernzoelektrischen Spannungsreihe. 57

Natriumkaliumkarbonat im Platintiegel oder mit Atzkali im Silber- tiegel; die Differenz zwischen Gesamtsiliciumgehalt und Gehalt an freiem Silicium gibt dann die Menge des als SiO, vorhandenen Siliciums an. Allerdings ist dabei der Fehler nicht berucksichtigt, der durch die Verbindungen des Siliciums mit den verunreinigenden Bestandteilen - also in erster Linie durch Eisensilicide - entsteht, welche bei dem AufschluB mit wasseriger Kalilauge nicht angegriffen werden sollen,l beim AufschluB mit Soda oder Atzalkali aber zer- setzt werden.

Um nun bei der Bestimmung des Verhaltnisses von freiem Silicium zu an Sauerstoff gebundenem Silicium in positiven und negathen Sorten den durch Eisensilicide und ahnliche Verbindungen verursachten Fehler moglichst auszuschalten, schlugen wir folgenden Weg ein. Zunachst sollte in einer positiven Sorte - gewahlt wurde die von 9eut.sch-Matrei als besonders homogen - das Ge- samtsilicium, das freie Silicium und das an SO, gebundene Silicium bestimmt werden. Dann sollte diese Sorte durch Schmelzen im elektrischen Lichtbogen zwischen Siliciumelektroden im Quarzbett in eine negative ubergefuhrt und das umgewandelte Produkt ana- lysiert werden.

Der Gesamtsiliciumgehalt wurde durch AufschlieBen einer Probe von 0,25-0,5 g mit der 10-fachen Menge Natriumkaliumkarbonat im Platintiegel unter Zusatz einer geringen Xenge Salpeter bestimmt. Beim AufschlieBen mit Atzkali kam es leicht zu kleinen Verpulfungen. bei denen ein starker weiBer Rauch, ofienbar Kieselsaure, entwich. Der SodaaufschluB wurde in heiBem Wasser gelost, rnit Salzsaure zersetzt und der Si0,-Gehalt in der bei Silikataufschlussen iiblichen Weise bestimmt.

Der Gehalt an freiem Silicium wurde durch Messen des ent- wickelten Wasserstoffs bestimmt. Hierzu diente der von PHILLPS a beschriebene Apparat , der nur eine geringe Abanderung erfuhr. Austatt das Zersetzuugskolbchen direkt an die Gasbiirette anzu- schlieBen, wurde ein kleiner RuckfluBkuhler dazwischengeschaltet, wodurch das Uberdestillieren von Wasser in die Gasburette ver- mieden wurde. Zum Zersetzen des Siliciums diente 30 prozentige Kalilauge. Doch fanden wir die Angabe von PHILIPS, daB 30-

1 W. PICK und W. CONRAD, Die Herstellung von hochprozentigen Ferro- silicium im elektrischen Ofen.

PHILIPS, a. a. 0. Halle 1909.

55 F. Fischer und E. Baerwind.

prozentige Kalilauge fein gepulvertes Silicium in der Kalte erst nach viertelsthdigem Stehen angreift, nicht bestiitigt. Nach viertel- stiindigem Stehen in der Kalte waren oft schon mehrere Kubik- zentimeter Wasserstoff entwickelt, urn so mehr naturlich, je feiner das Silicium gepulvert worden war. Doch ist es auch gar nicht notig, eine Viertelstunde zum Temperaturausgleich stehen zu lassen, wenn man nur dafur sorgt, daB Wasserbad und ZersetzungsgefaB von Anfang an miiglichst nahe die Temperatur des Arbeitsraumes haben.

Eine au6erst feine Zerkleinerung des Siliciums ist Vorbedingung fur die Ausfuhrbarkeit der gasvolumetrischen Bestimmung durch AufschluB mit 30 prozentiger Kalilauge. Etwas grogere Partikelchen werden von der Lauge nur ganz langsam angegriffen und entwickeln dann noch lange Zeit Wasserstoff, nachdem die Hauptgasentwicklung schon Ian@ zu Ende ist. Das Silicium wurde zunachst durch Zer- schlagen der groben StUcke im Diamantmdrser zerkleinert ; das hier- bei erhaltene grobe Pulver wurde in einer mechanisch bewegten Achatreibschale mehrere Stunden gemahlen, bis gar keine glanzenden Partikelchen mehr vorhanden waren, sondern ein au6erst feines braunschwarzes Pulver vorlag.

Die Achatreibschale nun zeigte sich nach langerem Reiben merklich angegriffen. Silicium selbst hat zwar eine etwas geringere Harte als Achat, doch die in Silicium wohl stets als Verunreinigunng enthaltene Siliciumkohlenstoffverbindung, das Carborundum, ist mit seiher Harte 9,5 der des Achats (7) weit uberlegen und durfte hauptsachlich die Korrosion der Achatschale verursachen. Wird aber die Achatschale merklich angegriffen, so mu6 sich auch der abge- riebene Achatstaub dem Siliciumpulver beimischen, und dies ist hier gerade besonders etorend, da wir j a die Differenz zwischen Gesamt- silicium und freiem Silicium bestimmen wollen. Nun war die Korrosion der Achatschale, dem Aussehen nach zu urteilen, j a im Verhalinis zu der Menge des zerkleinerten Siliciums nur minimal. Es muBte aber trotzdem zunachst untersucht werden, ob langeres Reiben in der Achatschale den Gehalt der Siliciumprobe an freiem Silicium nicht in so betrachtlicher Weise herabsetzt, daB die Zuverlassigkeit der Bestimmung des Gehalts an freiem Silicium verloren geht. Dies ist nun aber in der Tat der Fall, wie folgende Analysen be- weisen:

0,5018 g Substanz ergaben beim SodaaufschluS 1,0161 g SiO, = 95,03O/, Gesamtailicium.

Silicium von Deutsch-Matrei.

Siliciun in der Ihermoelektrischen Spannungsreihe. 59

Nach 5stiindigem Reiben in der Achatschale ergab die Be- stimmung des freien Siliciums :

a) 0,1153 g gaben 184,5ccm H. bei 17,8O u. 763 mm

= 93,06O/, freies Si.

b) 0,1095 g gaben 179,4ccmH. bei 19,8Ou. 759 mm

= 93,73O/, freies Si. Dieselbe Probe von 5 Stunden lang geriebenem Silicium wurde

in der Achatschale weitere zwei Stunden gerieben. Hiernach ergab die Bestimmnng des freien Siliciums folgende Werte:

a) 0,1160 g gaben 175,4 ccm H. bei 17,4O u. 765 mm

= 89,17O/, freies Si.

b) 0,1158 g gaben 175,6ccm H. bei 16,7O u. 763 mm

E 88,62O/, freies Si. Nach nochmaligem dreistiindigem Reiben war der Gehalt an

freiem Silici'um noch weiter heruntergegangen:

a) 0,1088 g gaben 165,8 ccm H. bei 23,2Ou. 762 mm

= 86,07O/, freies Si.

b) 0,1226 g gaben 185,7 ccm H. bei 21,4Ou. 763mm

= 86,42O/, freies Si. Diese Analysen zeigen also, da6 der Gehalt an freiem Silicium

um so mehr abnimmt, je langer man die Probe reibt, und zwar ist der EinfluB der Dauer und damit auch der Intonsitat des Reibens so gro6, da6 man unmoglich die bei verschiedenen Silicium- sorten erhaltenen Werte far freies Silicium miteinander verglei- chen kann.

Falls die Abnahme des freien Siliciums te i fortgesetztem Reiben durch Vermengen mit dem abgeriebenen Achatstaub verursacht war, so mu6te die Abnahme ausbleiben, wenn man das Silicium- pulver nicht in einer Achatreibschale pulverte, sondern bei der Zer- kleinerung nur mit Silicium derselben Zusammensetzung zusammen- brachte, Man mu6te das Pulver also in einem Siliciummorser mit einem Pistill aus Silicium zerkleinern. Obwohl das sprode Silicium jeder Bearbeitung gro6e Schwierigkeit bereitet, gelang es schlie6lich doch, einen Miirser und ein Pistill aus Silicium durch Bearbeiten mit Carborundumstaben herzustellen, in dem 1 'la-2 g Siliciumpulver zugleich gerieben werden konnten.

Die analgtische Untersuchung der im Siliciummorser zerklei- nerten Siliciumproben ergab nun aber nicht die erwartete Unab- hangjgkeit des Gehalts an freiem Silicium von der Dauer des Reibens. Auch hier zeigten die langer geriebenen Proben eine Abnahme des Gehalts an freiem Silicium. Wir kamen nun zu der

60 K Fischer und E. Baerm'nd.

Ansicht, da6 diese Abnahme des Gehalts an freiem Silicium nur durch Oxydation des Siliciums durch den Luftssuerstoff wlhrend des Reibens verursacht sein konnte. Die Richtigkeit dieser An- nahme geht aus folgenden Analysen hervor, die an zwei Proben (I und 11) den Gesamtsiliciumgehalt und den Gehalt an freiem Silicium (1 .) nach kurzem Reiben und (2.) nach bedeutend langerem Reiben zeigen.

I. 1. 0,4723 g Substanz gaben 0,9579 g SiO, = 95,29O/, Gesamt-

silicium.

a) 0,1055 g gaben 170,8 ccm H. bei 21,4O u. 761 mm

= 92,12O/, freies Si.

b) 0,1056 g gaben 169,l ccm H. bei 1 9,l0 u. 76 1 mm

=z 92,21°/, freies Si. Mittel = 92,16O/, freies Si.

2. 0,3619 g Substanz gaben 0,6512 g SiO, = 84,45°/0 Gesamt- silicium.

a) 0,1265 g gaben 163,8 ccm H. bei 20° u. 763 mm

= 74,42O/, freies Si.

b) 0,1256 g gaben 161,7ccmH.bei 19,5Ou. 762mm

=- 74,13°/0 freies Si. Mittel = 74,28°/0 freies Si.

11. 1. 0,2776 g Substanz gaben 0,5248 g SiO, = 88,72O/, Gesanit-

silicium.

a) 0,1116 g gaben 163,l ccm H. bei 20,1° u. 758 mm

= 83,53O/, freies Si.

b) 0,1116 g gaben 161,8ccmH.bei19,4°u.760mm

=; 53,45°/o freies Si. Mittel = 83,49O/, freies Si.

2. 0,2731 g Substanz gaben 0,4418 g SiO, = 75,92O/, Gesamt- silicium.

a) 0,1399 g gaben 151,4 ccrn H. bei 18,3O u. 759 mm

= 62,49O/, freies Si.

b) 0,1505 g gaben 159,8 ccm H. bei 17,9O u. 760 mm

= 61,39O/, freies Si. c) 0,1509 g gaben

161,O ccm H. bei 18,6O u. 761 mm = 61,63O/, freies Si. Mittel = 61,84O/, freies Si.

Salicium in der thermoelektrischn Spannungsreih. 61

Schon der schatzungsweise Vergleich der angefuhrten Analysen zeigt, da6 von der kurz geriebenen zur lange geriebenen Probe der Gesamtsiliciumgehalt zum Gehalt an freiem . Silicium etwa im Ver-

hdtnis 1 : 2, also ungefahr im Verhaltnis .- = 28 : 60, abgenommen

hat. Berechnet man unter der Annahme, da6 die Veranderung beim Reiben nur in einer Oxydation von freiem Silicium durch den Luftsauerstoff zu Siliciumoxyd bestande, aus dem Qesamtsilicium der kurz geriebenes Proben und den Bestimmungen des Gehalts an freiem Silicium, den Gesamtgehalt an Silicium, den die lange geriebene Probe theoretisch haben muBte, so ergibt sich im F'rtlle I 85,89°/0, im Falle I1 77,55°/0. Die gravimetrisch erhaltenen Re- sultate sind 84,55O/, und 75,92O/,. Wir haben also bei I eine Differenz von 1,44O/,, bei I1 eine solche von 1,63O/, gegeniiber der Theorie. Trotz dieser Differenz aber, die z. B. dadurch hervor- gerufen sein konnte, da6 au6er freiem Silicium auch Verbindungen des Silicinms mit Verunreinigungen , . besonders also Eisensilicide mitoxydiert werden, zeigen die Zahlen deutlich, da6 die Veranderung der Hauptsache nach auf einer Oxydation des freien Siliciums beim Reiben beruht.

Diese Untersuchung lii6t es nun als sicher erscheinen, da6 die Abnahme des Gehalts an freiem Silicium beim Reiben in Achat- schalen, die weiter oben durch Analysen belegt wurde, in erster Linie auch auf der Oxydation des Siliciums beim Reiben beruhte. In geringem Ma6e kann j a die mechanische Zerstorung der Achat- schale auch noch mitgewirkt haben. DsS die Oxydationswirkung ubrigens beim Reiben in der Achatschale soviel geringer war als beim Reiben in der Siliciumechde, liegt an der Intensitiit des Reibens, denn im ersteren Falle benutzten wir eine Achatreib- schale , in der das mechanisch bewegte Pistil1 ganz langsame Bewegungen ausfiihrte, wahrend die von uns selbst konstruierte Siliciumreibschale eine bedeutend intensivere Reibwirkung ausiibte.

Die hier beobachtete Tatsache selbst aber diirfte interessieren ale Reitrag zur Kenntnis der Oxydationsfahigkeit des kristallisierten Siliciums, uber die in der Literatur recht widersprechende Angaben existieren. So enthalt GMELIN-KRAET (111, 1, 115. 1912) folgende Angabe nach DEVILLE und WOHLER: ,,Silicium wird durch WeiB- gllihen i u Sauerstoff nicht verandert." Dicht daneben findet sich als Zitat aus den Arbeiten von VIGOCROUX: ,,Silicium entziindet sich, wenn schnell erhitzt, in Sauerstoff bei 400O und verbrennt unter

Si SIO,

62 F. Fischer und E. Baertuind.

Feuererscheinung." Selbst in der neuesten Ausgabe von HOLLENAN steht noch: ,,Silicium verbrennt, an der Luft erhitzt, nur bei sehr hoher Temperatur zu SiO,." Und TREADWELL schreibt: ,,Das kri- stallinische Siliciuni aber bleibt beim Gliihen an reiner Luft oder auch in Sauerstoff unverlndert."

Die Widerspriiche zwischen diesen und ahnlichen Angaben sind, wie uns scheint, in erster Linie darauf zuriickzufiihren, daB sich nirgends Angaben uber die Art der Verteilung des Siliciums dabei finden. Diese aber ist von ausschlaggebender Bedeutung. Einige Beobachtungen, die wir hieriiber gemacht haben, mogen hier angefuhrt sein.

LaBt man den elektrischen Iichtbogen zwischen zwei Silicium- stucken iiberspringen, so bedecken sie sich an den getroffenen Stellen mit einer diinnen, blendend wei6en Schicht von SiO,; die darunter liegenden Stellen sind durch die oberflachliche Oxydschicht vor weiterer Oxydation geschutzt.

Erhitzt man ein kompaktes Stuck Silicium einige Zeit mit dem Geblase auf Gelbglut - also etwa l l O O o - so beobachtet man nach dem Erkalten, da6 die Oberflache nun in schonen An- lauffarben schillert; eine direkte Oxydschicht ist aber nicht zu er- kennen. Ein Stuck, das 10 Stunden lang mit dem Geblase gegluht wurde, hatte nach dieser Zeit keine waghare Gewichtsvormehrung erlitten.

Dagegen nimmt feingepulvertes Silicium bei dieser Temperatur schon groBe Mengen Sauerstoff auf: 0,4005 g feingepulvertes Silicium wurden im elektrischen Widerstandsofen 5l/, Stunden auf etwa 1000° erhitzt. Die Probe wog darauf nach dem Erkalten 0,4388 g; die Gewichtszunahme betrug also 0,0383 g, d. h. 7,63O/, des Siliciums hatten sich oxydiert.

Aber schon bei vie1 tieferer Temperatur ist die Oxydation des feingepulverten Siliciums an der Luft merklich. 1,5O 13 g fein- gepulvertes, getrocknetes Silicium wurden 7 Stunden im Trocken- schrank bei 210-220O gehalten. Nach dieser Zeit wog die Probe 1,5054 g. Die Gewichtszunahme betrug also 0,0041 g = 0,27O/, des Siliciums.

Beim Zerreiben tritt j a auch immer eine gewisse Temperatur- erhohung ein; besonders aber wird hierbei der Umstand die starke

HOLLEYAN, Lehrbuch der anorganischen Chemie. (10. Aufl.), S. 238 (1912). TREADWELL, Lehrbuch der antllytischen Chemie 11. (5. Autl.), S. 352

(19 13).

Silicizim in der therrnoelektrischen S’annungweihe 63

Oxydation bedingen, da0 die Oxydschicht immer wieder abgeschabt und dadurch neue Siliciumoberflache freigelegt wird. Man sieht also, daO die Oxydationsfahigkeit des Siliciums von der dargebotenen Ober- flache mindestens ebenso abhangig ist wie von der herrschenden Temperatur.

Fur die Moglichkeit einer genauen Bestimmung von SiO, neben Silicium aber ergibt sich folgendes: Es ist nic’ht moglich, richtige Werte fur das Verhaltnis von Siliciumdioxyd zu Silicium zu erhalten, wenn die analytische Methode eine au0erst feine Zerkleinerung der Siliciumprobe verlangt. Dies ist bei der Bestimmung nach PEILIPS der Fail. Bei dieser Methode wird also die Analyse mehr SiO, an- geben, aIs den wirklichen Verhaltnissen entspricht, da beim Reiben immer ein gewisser Teil des freien Siliciums in Siliciumdioxyd uber- gefuhrt worden sein wird.

Man konnte nun die Bestimmung des Gehalts an freiem Silicium statt durch Auflosen in wasserigem Alkali durch Auflosen in ge- schmolzenem Alkali und Meseen des entwickelten Wasserstoffs vor- nehmen. Vorversuche im Silbertigel zeigten, daB Siliciumstucke bis zu doppelter StecknadelkopfgroBe in geschmolzenem Alkali in wenigen Minuten vollkommen in LSsung gehen. Die Auf16sung wurde nun in einer silbernen Kugel mit aufgeschweiStem langen silbernen Hals - zur Anbringung einer Wasserkuhlung - vorgenommen. Das entwickelte Wasserstoffgas war immer frei van SiH, oder ent- hielt nur ganz geringe Mengen davon, was an der ganz unbedeutenden Schwarzung von Silbernitratlosung (BUCHNER, Chem.-Ztg. 9, 484) beobachtet wurde. Durch die als Silicide vorhandenen Verun- reinigungen entsteht aber auch hier wieder eine Fehlerquelle, da die in sehr feiner Verteilung aus den Siliciden abgeschiedenen Metalle mit geschmolsenem Atzkali auch Wasserstoff entwickeln. Diese Methode konnte also nur klare Resultate geben, falls der Unterschied im Sauerstoffgehalt der beiden Siliciumsorten nicht allzu klein ware, also vielleicht wenigstens 2--3O/, betriige. Da0 wiq nun diese Methode zur Bestimmung der Differeriz zwischen Gesamtsilicium und freiem Silicium doch nicht anwandten, hatte seinen Qrund eben darin, daS die synthetischen Versuche zur Darstellung moglichst reiner Siliciumsorten uns inzwischen ge- zeigt hatten, da6 die Unterschiede der beiden thermoelektrisch ver- schiedenen Siliciumsorten in ihrem Sauerstoffgehalt ziemlich klein sein mubten.

Es lag anfangs nahe, die Gegensatzlichkeit des Vorzeichens

64 l% Fischer und E. Baerwind.

der Thermokraft verschiedener Siliciumsorten gegen Kupfer mit dem Gehalt an Eisen, der Hauptverunreinigung des technischen, hochprozentigen Siliciums, in Verbindung zu bringen. Bald aber zeigte sich, da5 der Eisengehalt auf die Verschiedenheit des Vor- zeichens keinen EinfluB ausiibt. Der Eisengehalt wirkt vielmehr so, da5 mit seinem Steigen die thermoelektrische Kraft des Siliciums gegeniiber Kupfer fallt, sowohl bei positiven wie bei negativen Siliciumsorten. Gleichzeitig steigt das elektrische LeitvermSgen; das Naterial nahert sich dem Verhalten der typischen Metalle. Dagegen finden sich bei dem verschiedensten Eisengehalt positive wie negative Sorten. Eine Ubersicht ,iiber diese Verhaltnisse gibt Tabelle 1.

Ferrosiliciumsorten unter 50°/, Silicium haben nur ganz geringe thermoelektrische Krafte gegeniiber Kupfer.

T a b e l I e 1. =3

Xr.

- - 1. 2. 3. 4. 5. 6. '1. 9.

9. 10. 11. 12. 13.

Siliciumsorte

_ _ _ ~ ~ - _ _ ~ Ferrosilicium (xiagara) . . . . . . . ' 1 4 7 5 Ferrosilicium (DE HAEN) . . . . . . . 1 1 4,66 Ferrosilicium (Konsortium) . . . . . . 1 1 4,44 Ferrosilicium . . . . . . . . . . 1 1 - Ferrosilicium (RIEBIANN) . . . . . . 1 1 2,62 Ferrosilicium . . . . . . . . . . 1 1 - Pihiurn 90n/,ig. . . . . . . . . . II - Silicium (von KONIWBERGER untersucht) . 1 1 -

Silicium aus A1 kristallisiert (nach WOHLER) 11 2,33 Silicium aus A1 kristallisiert (nach K ~ ~ H N E ) Silicium (KAHLBAUM) aus Zn kristallisiert l1 1

. . . . . . . Silicium 93-95OInig . 1 1 2,36

Silicium (JAKE) * / I - . . . . . . . . .

I1

,-Gehalt in Eisen

~.

twa 50 (1 50

50 , 50 ,> 25 , t 20 9 , 8 ' 7 4

5,2 1,36

0,46 0,26 0,34

rherrnokraft gegen Cn

in Millivolt bei 83On

Temperatur- differ enz

+ 2 f 1 + 1,6 - 1,2 - 45 - 60 + 68 - 59

etwa + 140 - 140

+ 130 +120 - 60

_____

2. Darstellung moglichst reiner Silicinmsorten.

Thermoelektrisch negatives Silicium batten wir bis jetzt nur unter den techdischen, hochstprozentigen Siliciumsorten, die im elek- trischen Ofen aus Sand und Kohle dargestellt werden, aufgefunden. Da5 dieses technisch hochstprozentige Silicium nur etwa 95O/, Si neben mannigfachen Verunreinigungen enthalt, wurde schon erwahnt. Dagegen hatten wir schon verschiedene in guten Kristallen ausge- bildete Siliciumproben untersucht, die sich alle als positiv erwiesen

Silicium in der therwi oelektrischen Spannungsreihe, 65

hatten. VerhaltnismaBig spat nun kamen wir in Besitz einer schon kristallisierten Sorte, die negative Werte zeigte ; sie war auch wirklich reiner als alle technischen Sorten:

0,3879 g Substanz gaben 0,8063 g SiO, = 97,61°/, Si

Ihre thermoelektrische Kraft war - 60 Nillivolt bei 230° Teniperatur- differenz.

Da wir nun also die thermoelektrischen Gegensatze auch bei sehr viel reineren Siliciumsorten als den technischen noch vorhanden sahen, galt es jetzt, auf synthetischem Wege moglichst reine Silicium- sorten, die den typischen thermoelektrischen Unterschied noch zeigten, zu gewinnen. Die Analyse solcher reinster Sorten konnte dann viel- leicht Ergebnisse bringen, die sich mit den bei den Schmelzversuchen gewonnenen Erfahrungen vereinigen lietlen.

a) S i l i c i um n a c h WOHLER-VIGOUROFX.

Zuniichst untersuchten wir das thermoelektrische Perhalten von aus Aluminium auskristallisiertem Silicium. Die Darstellung kristallisierten Siliciums durch Auskristallisieren aus geschmolzenem Aluminium ist am bekanntesten und am leichtesten auszafiihren. Wir wandten das von WOHLER beschriebene und von VIGOUROUX~ etwas abgeanderte Verfahren an. Der durch Zusammenschmelzen von Kieselfluorkaliurn und Aluminium (teils als Gries, teils a19 Granalien) in einem Hessischen Tiegel erhaltene Aluminiumregulus wurde mechanisch yon Schlacke befreit und in Salzsaure aufgelost. Die zuruckbleibenden Kristalle wurden durch je zweimaliges Kochen mit verdiinnter Salzsaure, konzentrierter Schwefelsaure und konzen- trierter FluBsaure gereinigt und mit hei6em Wasser ausgewaschen. Die graphitahnlichen Kristalle, die so bei mehrfachem Schmelzen ge- wonnen wurden, waren jedesmal thermoelektrisch positiv. Auch waren sie so homogen wie keine der technisch hochstprozentigen Silicium- sorten. Denn sehr selten nur wich die Thermokraft einer Stelle von dem Durchschnittewert der iibrigen etwas starker ab. An den gro6ten Kristallen lie6 sich die Messung der Thermokraft mit der beschrie- benen Appsratur sehr gut vornehmen. Der Mittelwert aus 10 Messungen betrug bei 230° Temperaturdifferenz + 117 Millivolt = + 509 Mikro- volt pro Grad.

Pogg. Ann. 97 (l856), 484. Ann. chim. phys. Sir. 7 (1897), t. 12, 5 ff.

Z. anorg. u. allg. Chem. Bd. 9 i . 5

66 E! Fischer und E. Baerwind.

Einige Gramm der Kristalle wurden im Vakuunikathodenstrahl- ofen zusammengeschmolzen ; das erhaltene Stuck zeigte eine durch - schnittliche Thermokraft von + 132 Millivolt bei 230° Temperatur- differenz = +574 Mikrovolt pro Grad.

Sber nicht nur die Darstellung nach dem Verfithren von W~IKLER- VICKJUROUX liefert ein thermoelektrisch positives Silicium. Es gilt ganz allgemein, daf3 jedes aus geschmolzenem Aluminium kristallisierte Silicium positiv ist. So wurde negatives Silicium in geschmolzenes Aluminium eingetragen und die Schmelze langere Zeit auf etwa 900° erhitzt; der erstarrte, auBerlich gereinigte Regulus hinterlief3 beim Auflosen positive Siliciurnkristalle.

Auch die Darstellung von kristallisiertem Silicium nach KUHNE~

wurde ausgefuhrt. 100 g Aluminiumpulver, 125 g Schwefel und 90 g reiner Seesand wurden gemischt, in einen Tiegel gefiillt und vermittels einer Ziindkirsche die Reaktion eingeleitet. Nach dem Erkalten fand sich ini Boden des Tiegels ein Aluminiumregulus, der nach der iiblichen Behandlung positives Silicium lieferte. Wir erhielten ubrigens eine doppelt so gute Ausbeute an Silicium wie KIESER~, der auch nach K ~ H N E S Angabe arbeitete und uber die ge- ringe Ausbeute klagt (8 g Si aus 90 g Sand gegeniiber KIESERS 5 g Si aus 120 g Sand). Es wurden nun auch Proben von amorphem und von negativem Silicium mit Aluminiumpulver und Schwefel ge- mischt und die Reaktion eingeleitet. Hierbei muBte das Aluminium das Silicium nicht erst aus dem Sande reduzieren, sondern es konnte das elementare Silicium sogleich losen. Alle 80 erhaltenen Reguli ergaben positives Silicium.

SchlieBlich wurden noch aus eiuem im elektrischen Ofen durch Zusammenschmelzen von Sand und Aluminium gewonnenen technischen ~4luminiumsilicium durch Behandeln mit Salzsaure Siliciumkristalle von positiver Thermokraft gewonnen.

Bei raschem Abkuhlen der Metallreguli besteht das Silicium aus sehr kleinen Kristailchen. Uber die thermoelektrische Unter- suchung solcher feinkristalliner Siliciumsorten sei daher hier noch folgendes gesagt. Sind die Kristalle so klein, daf3 man nicht mehr einen einzelnen Kristall zwischen die Kupferbarren klemmen kann, so bringt man ein kleines Haufchen des Kristallpulvers zwischen die Barren. J e kleinkristalliner nun das Silicium ist, das zwischen den

D. R. 1'. 147871. KIESER, Beitrtige zur Kenntnis des Siliciums. Dise. Wiirzbiirg 1905.

Siliciunt in der themoelektrischen Spannunpreihe. 67

beiden Kupferblocken liegt, urn ao starker wird der WiirmefluB durch die Kristalle hindurch und umso groEer wird die Differenz zwischen den Temperaturen, die die Thermometer anzeigen und denen, die die Beruhrungsstellen wirklich haben. Die gemessenen Werte der Thermokraft werden also immer kleiner sein als die wahren Werte. Wenn also den bei Kristallpulvern gemessenen Werten auch durch- aua keine quantitative Genauigkeit mehr zukommt, ao gibt doch zunachst schon die Richtung des Ausschlags rein qualitativ das Er- gebnis, ob e8 sich um eine positive oder eine negative Sorte handelt. Aber auch eine ungefahre Bestimmung der GroEenordnung ist in der Regel noch gut moglich. 1st doch der Fehler in der Bestimmung der Thermokraft nicht regellos, sondern er nimmt mit dem Kleiner- werden der Kristalle atetig zu. Ja, es zeigt sich, da6 die Werte bei gleicher Kristrtllgro6e ganz gut vergleichbar sind. So gaben z. B. die nach dem EOHmschen Verfahren aua amorphem Silicium, aus negativem Silicium und aus Sand dargestellten Kristalle, die j a alle etwa gleiche Kristalliaationsbedingungen gehabt hatten, folgende MeBreihen bei 230° Temperaturdifferenz zwischen den Thermo- metern : 1. Si aus amorphem Si: Einzelmessungen: 47, 80, 49, 51, 64, 49,

3. Si aus negativem Si: Einzelmessungen: 58, 58, 53, 56, 53, 53,

3. Si aua SiO,: Einzelmessungen: 58, 58, 55, 52, 54, 54; Mittel + 56

Der wahre Wert mu6 nach dem Gesagten betrachtlich hoher liegen. So kann man also, unter Beriicksichtigung des Feinheitsgrades

des Kristallpulvers, doch mit der angewandten Apparatur noch die thermoelektrischen Eigenschaften von Substanzen annahernd kennen lernen, die nach den anderen bisher bekannten Methoden gar nicht mehr untersucht werden konnen.

48, 45; Mittel + 54 Millivolt.

49, 50; Mittel + 54 Millivolt.

Millivolt.

b) S i l ic ium n a c h MOISSAN-SIEMENS. Da6 das aua Aluminium auskristallisierte Silicium positiv ist,

atimmt mit der aua den Schmelzverauchen gewonnenen Anschauung vollkommen iiberein. Denn dieses Silicium wird gar keinen Sauer- stoff enthalten konnen, da das Aluminium eine noch bedeutend groEere Verwandtschaft zum Sauerstoff hat als das Silicium. Das Aluminium nimnit also dem in ihm gelosten Silicium jede Spur von Sauerstoff weg.

5*

68 l? Fischer zind E. Baerwi7id.

R e n n man nun aber das Silicium aus einem Metal1 umkristal- lisieren lieBe, dessen Verwandtschaft zum Sauerstoff kleiner ist als die des Siliciums, so ware es wohl moglich, ein Silicium zu er- halten, das Sauerstoff gelost enthielte und deshalb thermoelektrisch negativ ware.

Wir walilten zunachst Silber als Losungsmittel fur das Silicium ; Silber lost j a nach der Arbeit von MOISSA~- und SIEMESS~ Silicium leicht auf und gibt es beini Erstarren wieder vollkommen ab. Wir schmolzen also 50 g chelnisch reinen Silbers in einem kleinen Tiegel ein, der in einem HmLmschen Platinwiderstandsofen bis 1050° er- hitzt werden konnte. Es ist lange nicht so leicht, Silicium in Silber oder einem anderen Schwermetall zu losen wie in Aluminium. Alu- minium lost es sehr rasch, da es die dem Silicium anhnftende Oxydschicht leicht reduziert; dagegen vermag das Schwermetall nicht das SiO, zu zersetzen und daher wird das Silicium uur gelost, wenn es oberflachlich vollkommen von Sauerstoff befreit ist. Dies wurde nach der Angabe von MOISSAX und SIEMENS dadurch erreicht, daB wir n i t dern zu losenden, thermoelektrisch positiven Silicium ein kleines Stuck Xatrium auf das geschmolzene Silber brachten. Das Natrium nimxnt dann beim Verdampfen allen Sauerstoff der Umgebung weg. Der erstarrte Silberregulus wurde in verdunnter Salpetersaure gelost, wobei das Silicium als feines Kristallpulver zuriickblieb. Das so gewonnene Silicium erwies sich nun wirklich als vollkommen negativ und zwar zeigte das Pulver bei 230° Temperaturdifferenz die Thermokraft - 87 Millivolt = - 378 Mikro- volt pro Grad. Diese Angabe gilt nach den oben dargelegten Be- trachtungen nur als unterer Grenzwert der Thermokraft; die wahre Thermokraft wird nicht unwesentlich hoher sein. Die Analyse des gut gereinigten Siliciums ergab 97,16O/, Si-Gehalt.

c) S i l i c ium n a c h DEVILLE u n d CARON. Auch in geschmolzenem Zink ist Silicium loslich, wenn auch

in sehr vie1 geringerer2 Menge als in Silber und Aluminium. Zu- niichst schmolzen wir in einem im ROESSLER-Ofen auf 900° erhitzteu Tiegel 10 g fein verteiltes, positives Silicium mit 200 g Zink zu- sammen. Der erstarrte, 5uBerlich sorgfaltig gereinigte und dann in Salzsaure aufgeloste Regulus hinterlieB das Silicium als feine nadel-

1 MOISSON und SIEMENS, Ber. 37 (1904), 2540. ' MOXESAN und SIEbfENS, 1. C.

SilicizinL in der thermoelektrischen Spannungsreilae. 69

formige Kristalle. Es wurde dann auch Silicium nach den Angaben Ton DEVIL= und CARON durch Reduktion von Kieselfluorkalium mit Xatrium in Gegenwart Ton Zink dargestellt. Das nach den von DEVILLE angegebenen Yengenverhiiltnissen zusammengesetzte Qe- misch wurde im Geblaseofen bis zum beginnenenden Verdampfen des Zinks erhitzt. Bus den1 gewonnenen Regulus wurden die Siliciumkristalle in gewohnter W eise isoliert. Die Siliciumkristalle waren nun in beiden Fallen thermoelektrisch hegativ, wie erwartet war. Die beiden Proben gaben folgende MeBreihen bei 230° Tempe- raturdifferenz :

1. Posit. Si aus Zn umkrist.: Einzelmessungen: 75, 70, 70, 67; Mittel: - 7 1 Mdilliv.

2. Si durch Reduktion von K,SiF, und Kristallisation aus Zn: Einzelmessungen: 54, 75, 64, 84, 76, 75, 72; Mittel: -71 Milliv.

Auch hier zeigt sich, wie bei den aus Aluminium kristallisierten Siliciumsorten, da6 die an den Kristallpulvern gemessenen Werte wohl miteinander vergleichbar sind, wenn auch hier wieder die wahren Werte betrachtlich hoher liegen werden.

3. Vergleich der beiden thermoelektrisch entgegengeeetzten Siliciumsorten.

Zum analytischen Vergleich der beiden thermoelektrisch ent- gegengesetzten Siliciumsorten wurden die angewendeten Proben nochmalv sorgfaltig gereinigt und besonders auch mit FluBsaure behandelt, urn au6erlich anhaftendes SiO, zu entfernen. Zur Analyse wurden 0,3-0,4 g Si, mit etwa 10 g Natriumkaliumkarbonat ge- inischt, unter Beobachtung der Ton LIMMER angegebenen Vorsichts- maflregeln im Platintiegel aufgeschlossen. Die Abscheidung der Kieselsaure erfolgte nach dem bei Silikatanalysen iiblichen Ver- fahren. Die beiden reinsten Sorten, die wir durch Auskristalli- sieren aus Aluminium gewonnen hatten, gaben folgende analytische Werte:

I I1 0,4385 g Substanz 0,4267 g Substanz

0,9256 g SiO, = 99,07O/, Si 0,9019 g Sio, = 99,18O/, Si

0,0029 gFe,O, = 0,46°/, Fe 0,0017 g Fe,Os = 0,28°/, F e 0,0058 g A J 0 3 = 0,70°/, A1 0,0022 g A1,Os = 0,26°/0 A1

100,23 99,72

DEVILLE und CARON, Ann. chim. phys. 67, 435.

70 F. Rscher und E. Baerwind.

Die reinste aus Zink kristallisierte, nach den Angaben von DEVILLE und CABON gewonnene Siliciumsorte ergab :

1. 0,3349 g Substauz 0,7105 SiO, = 99,5'i0/, Si 0,0027 Fe,O, = 0,56O/, F e

Spur ZnS =

100,13

2. 0,3816 g Substanz 0,6071 g SiO, == 90,26O/, Si 0,0024 g Fe,O, = 0,44O/, F e

Spur ZnS =

99,io

Die Analysen ergeben also, daB die negative, aus Zink kristal- lisierte Sorte, keinen gewichtsanalytisch bestimmbaren hoheren Ge- halt a n Sauerstoff haben kann als die positive.

Es wurde ferner noch das spezifische Gewicht der beiden Silicium- sort en miteinander verglichen. Die Bestimmungen vermittels des Pyknometers ergaben fur das positive Silicium 11:

1. 2,3290 2. 2,3300

Mittel 2,3295

fur das negative Silicium: 1. 2,3297 2. 1,3311

Mittel 2,3304

Die beiden Sorten stinmen also im spezifischen Gewicht roll- kominen iiberein; der Wert 2,33 ist betrachtlich niedriger als der von WOHLER gefundene Wert 2,49. Dieser hohere Wert W ~ ~ H L E H S erklart sich jedenfalls aus einem hoheren Eisengehalt seines Produkts, der bei dern gro6en EberschuS von Kieselfluorkalium iiber Aluminium, den W ~ H L E R anwandte, durch starkeren chemischen Angriff des Tiegelmaterials verursacht wurde. Durch Kochen mit Sauren l&Bt sich das als Eisensilicid gebundene Eisen dann nicht niehr aus detn Silicium entfernen.

Silicium in &r thermoelektrischen Spannungsreihe. 71

4. Die Gleichrichterwirkang der beiden entgegengeeetzten Silicinmaorten.

Bei der Untersuchung der beiden thermoelektrisch entgegen- gesetzten Siliciumsorten auf Unterschiede in ihren anderen physi- kalischen Eigenschaften wurde auch ihre Wirkung als Gleichrichter betrachtet Es zeigte sich hierbei, daR der thermoelektrischen Gegensatzlichkeit der Siliciumsorten auch ein prinzipieller Gegensatz in der Qleichrichterwirkung entspricht. Doch sol1 hier dieser rein physikalische Gegenstand nicht naher behandelt werden ; wir be- richten hieruber in der Physikalischen Zeitschrift.

5. SchlnU.

Bei dem geringen Unterschied in der cheniischen Zusammen- setzung der beiden thermoelektrisch entgegengesetzten Siliciumsorten, die j a beide uber 99O/, Si enthalten, liegt es wohl nahe, zu glauben, daB es sich um zwei verschiedene Siliciummodifika tionen handelt, von denen eine ihren Platz ganz oben in der thermoelektrischen Spannungsreihe, die andere ganz unten einnahme. Als vollkommen ausgeschlossen mochten wir diese Losung auch nicht bezeichnen. Doch spricht gegen sie folgendes: Zunachst ware es ein merk- wiirdiger Zufall, wenn zwei verschiedenen Modifikationen genau das gleiche spezifische Gewicht zukame, wie es hier der Fall ist. Dann aber war beim Xrhitzen der entgegengesetzten Siliciumsorten auf 1200O gar keine Veranderung der thermoelektrischen Eigenschaften wahrzunehmen, worauf wir scbon bei Beschreibung der Schnielz- versuche in der ersten Mitteilung hinwiesen. Eine solche Veranderung aber ware sehr wahrscheinlich, wenn es sich um zwei Modifikationeri handelte, von denen eine bei niederer, die andere bei hiiherer Tem- peratur stabil ware. Auch konnte nie ein EinfluB der Abkuhlungs- geschwindigkeit des geschmolzenen Siliciums auf seine Thermokraft bemerkt. werden.

DaB der geringe Aluminiumgehalt, den die positive Sorte im {Jnterschied zu der negativen zeigt, mit der thermoelektriechen Verschiedenheit gar nichts zu tun hat: beweisen die Schmelzversuche im Vakuumkathodenstrahlofen, in denen negatives Silicium positiv wurde unter Bedingungen, bei denen eine Aluminiumaufnahme ganz ausgeschlossen ist. Nach allen Versuchen scheint der Unterschied nur an einem Gehalt des negativen Siliciums an Sanerstoff liegen zu kbnnen. Die Mengen, die den thermoelektrischen Unterschied

72 F. E’ischer u. E. Baerwind. Siliciutn in der tlierrnoelektr. Spaiinungsreihs.

bewirken, mussen aber sehr geringe sein, was die Analysen be- weisen. \Fir miissen uns vorstellen, daB Silicium, das ganz frei von Sauerstoff ist, den thermoelektrisch hohen positiven Wert zeigt. S c h ~ n ganz geringe Mengen Sauerstoff bewirken den Umschwuug in der Thermokraft des Siliciums. Dabei kann inan annehinen, da6 man es mit einer festen Lijsung von Siliciumdioxyd in Silicium zu tun hat.

DaB die physikalischen Eigenschaften der Stoffe durch sehr geringe chemische Veranderungen oft ganz enorm geaidert werden, ist ja allgemein bekannt. Es sei nur an die Herabsetzung der Leitfahigkeit des Kupfers durch geringe Mengen Arsen usw. und an die Veranderung der mechanischen Eigenschaften der Metalle durch geringe Mengen gelosten Sauerstoffs gedacht. DaB relativ kleine Mengen von Zusiitzen auch die Thermokraft von Stoffen stark beeinflussen, ist gleichfitlls bekannt. So bewirken 3O/, Zinn, dem reinen Wismut zugeuetzt, daB dessen Thermokraft von -41 Mikro- volt pro Grad gegen Blei in eine solche von $40 Mikrovolt iiber- geht. Bei den Halbmetallen mit ihren an sich vie1 gr66eren Thermo- kraften diirften auch die Einfliisse geringer fnderungen in der cheniischen Zusammensetzung auf die Thermokraft sich besonders stark bemerkbar machen, uad hierfur liefert wohl das Silicium ein besonders aufftilliges Beispiel.

Charlottenhurg, Elektrochem. Imtitut der Techn. Hochschule, Ft%kjahr 191.3.

Bei der Reclaktion eingegangen am 8. Juli 1916.

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