Untersuchungen am System Fe2O3—FeCl3—H2O—HCl. VII. Über den Hydrolytischen Abbau des...

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U nt ers u c h u n g e n am S g ste m Fe,O,-FeCI,-H ,O-H C 1. VII l)

Uber den hydrolytlschen Abbau des Elsenoxychlorlds unter der Einwirkung von feuchter Luft

be1 Raumtemperatur

Von HARALD SCEIAFER

(Mit 3 Abbildungen)

Inhaltsubersicht Wirkt feuchte Luft bei Raumtemperatur auf FeOCl ein und iiberschreitet dabei

der Wasserdampfdruck eine gewisse, charakteristische GroBe, so wird FeOCl hydrolytisch abgebaut. Dabei entateht eine neue Phase, die 0,3, g-At CI auf 1 g-At Fe enthalt. Diese Phase ist kristallin, doppelbrechend und besitzt ein eigenes Rontgendiagramm.

Im System Fe20,-Fe0CI-FeC1,H20-HCI bestehen noch Un- klarheiten uber den hydrolytischen Abbau des Eisenoxychlorids unter der Einwirkung von Eisen(II1)-chlorid-Lijsungen oder -Hydratschmelzena). Die Untersucliung der FeOC1-Hydrolyse haben wir von verschiedenen Seiten her in Angriff genommen. Hier sol1 zunachst uber die Einwirkung von feuchter Luft auf Eisenoxychlorid berichtet werden.

GoLDSZTAuB 3, hat im Anschlulj an Beobachtungen \'on ROuss~Au ') mitgeteilt, daB Eisenoxychlorid bei Einwirkung von Wasser in y-FeOOH ubergeht. In dieser Weise verlauft die Reaktion offenbar nur in Gegen- wart von vie1 Wasser. uber die im vorliegenden Zusammenhang be- sonders interessierende Einwirkung k 1 e in e r Wassermengen auf Eisen- oxychlorid findet man bei STIRKEMAKN s, folgcndcs :

, ,Groh , gut getrocknete FeOC1-Kristalle halten sich an der Luft lange Zeit sehr schon. In feuchtem Zustand tritt jedoch schon nach einigen Tagen Hydrolyse ein :

6 FeOCl + 6 H,O = 4 Fe(OH), 1- Fe,Cl,.

1) Mitteilung VI vgl. €1. SCHAFER, Z. anorg. Chem. 261, 142 (1950). *) H. SCHAFER, Z. anorg. Chem. 261, 142 (1950), vgl. Abb. 4, 6. 3) M. S. GOLDSZTAUB, Bull. SOC. franp. MinBral. 58, 6, 23, 57, 58, 75 (1935). 4) G. ROUSSEAIJ, C. R. Acad. Sci. Paris 110, 1032 (1890). 6 ) E. STIRNEMANN, Neues Jb. Mineral., Geol., Palaont. Beil. 52 A, 334, 358 (1925).

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Sehr feines, feuchtes FeOCl ist schon nach einigen Tagen vollstandig limonitisiert". Experimentelle Einzelheiten teilt STIRNEMANN hierzu nicht mit. Es ist zu vermuten, daB er rnit den oben zitierten SBtzen lediglich zum Ausdruck bringen wollte, da13 Eisenoxychlorid unter der Einwirkung von Feuchtigkeit in eine rostfarbige Substanz ubergeht. Hiermit stimmen unsere Beobachtungen durchaus uberein. Eine quan- titative Untersuchung bringen die folgenden Abschnitte.

A. Eisenoxychlorid-Darstellung. Analysenverfahren Das E i s e n o x y c h l o r i d wurde durch Umsetzung von wasser-

freiem Eisenoxyd rnit Tetrachlorkohlenstoff im EinschluBrohr gewonnen'). P r a p a r a t i v e r Ansa tz : 1,6 g Fe,OB, 1,O cms CCI,, 300" C, 72 Std. Das Reaktions-

produkt wurde mit Aceton gewaschen und im Vakuum (-1 mm) bei Raumtemperatur vom anhaftenden Aceton befreit. Das Praparat besteht aus gut ausgebildeten Kristallen. Lm Durchschnitt betragt ihre Linge 25 p und ihre Breite 6 p. Die Zusammensetzung ent- spricht der Formel FeOCI.

Zur Analyse .wurden die eingewogenen Priiparate in verschlossenen Kdbchen in 2 n-Schwefelsaure gelost. Hierzu blieben die Proben bis zur vollstandigen Auflosung auf einer 100" heiBen Aluminiumplatte stehen. Nach dem Auffullen im 50-cm3-MeBkolben wurden Proben entnommen und das Eisen nach Reduktion rnit dem Cadmiumreduktor mit 0,Ol n Cer(1V)-sulfatlosung gegen Ferroin titriert. Die Chlorid-Bestimmung erfolgte potentionietrisch mit 0,Ol n AgNO, (Ag-MeBelektrode, Ag-AgC1-Bezugselektrode). Zur Vermeidung von Storungen durch das dreiwertige Eisen passierte die Losung vor der Chlorid-Titration einen kleinen Cadmiumreduktor.

B. Variation der Fersuchsdsuer hei der Eipwirkung von tenehter Luft aut Eisenoxychlorid

Schuttelt man Eisenoxychlorid bei Raumtemperatur rnit einer groBen Wassermenge, so erfolgt der hydrolytische Abbau nur sehr lang- Sam7). S c h n e l l verlauft die Hydrolyse dagegen, wenn nur wenig Wasser verwendet wird oder bei Einwirkung von feuchter Luft. Hier wird die Reaktion offensichtlich durch die Hydrolysenprodukte autokatalytisch gef order t .

Recht eindrucksvoll war die m i k r o s k o p i s c h e R e o b a c h t u n g d e r FeOCl-Hydrolyse unter der Einwirkung von feuchter Luft: Aus zwei Objekttragern und Knetwachs wurde eine Doppelkammer her- gestellt (Abb. 1).

In der Kammer A befand sich etwas FeOCl. Die Kammer B ent- hielt einen Tropfen gesattigte KC1-Losung (P,,, bei 20" = 15mm).

6, Uber verschiedene andere Wege zur Darstellung von Eisenoxychlorid vgl. bei

7) Hierauf kommen wir in eincr spateren Arbeit noch zuriick. 11. SCHAFER, 2. anorg. Chem. 260, 279 (1949).

H. SCHABER, Hydrolytischer Abbau des Eisenoxychlorids 25 1

__ ~

VersuchsdauerTTagen . . . I 0 1 3 I 7 10 c

g-At. C1 pro Fe im Abbauprodukt 1,00 1 0,43 I 0,36 0.34

Das Gesltmtsystem war durch das Wachs von der aurjeren Luft vollig abgeschlossen. Die mikroskopische Beobachtung erfolgte im durch- fallenden Licht bei 35- und 100-facher VergroBerung. Dabei ergab sich folgendes:

Nach e inem T a g e waren die FeOC1-Kristalle von einer Fliissigkeitszone umgeben. Die rot-durchscheinenden Kristalle selbst waren nicht erkennbar verandert.

Nach 2 T a g e n waren die FeOC1-Kristalle immer noch im wesentlichen unver- andert. Sie waren jedoch von sehr kleinen, blal3gelben Kristallchen umgeben, die wie ein Bart aus den FeOC1-Kristallen herausgewachsen zu sein schienen. Die Fliissigkeitszonen hatten sich vergroBert. Die Tropfchen mehrerer Kristalle hatten sich vereinigt.

Nac h 3 T a g e n waren nur noch wenige (rot-durchscheinende) FeOC1-Kristalle er- kennbar. In den Fliissigkeitatropfen lagen im wesentlichen die sehr kleinen, blaogelben Kristdlchen vor. Sie lagen Tor allern an den friiheren Platzen der FeOCl-Kristalle. Die Randzonen bdoaaod 8

der gelblichen Fliissigkeitstropfen

43

0,32

- - waren nahezu frei von fester Substanz. Wachs

N a c h 4 T a g e n war die Reaktion praktisch beendet. Reste

noch auffindbar. Abb. 1. D o p p e l k a m m e r Nach 100Tagen hatte sich f u r m i k r o s k o p i s c h e B e o b a c h t u n g e n

das Bild nicht mehr wesentlich verindert : Das FeOCl war voilig verschwunden. Sehr kleine, blal3gelbe Kristallchen lagen in gelblichen Fliissigkeitatropfen.

Q u a n t i t a t i v e Ver suche wurden PO durchgefuhrt, da13 flache, offene Wageglaschen mit 300 mg FeOCl verschieden lange Zeiten in einem Exsikkator uber gesattigter Kaliumohloridlosung (+ Bodenkbrper) stehen blieben. Nach beendeter Versuchszeit wurde das Reaktions- produkt mit Aceton gewaschen. Dadurch wurde das entstandene FeCl, entfernt. Anschliehnd wurde das Acetonunlosliche im Vakuum vom anhaftenden Aceton befreit (Gewichtskonstanz bei P - 1 mm) und wie im Abschnitt A beschrieben analysiert. Die so g6nonnenen Ergebnisse bringt die folgende Tabelle.

Man erkcnnt hieraus - und noch deutlicher aus der graphisclicn Darstellung (Abb. 2) -, daB die Hydrolpse schnell einem Eiidzustand

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I I I I

feucht,er Luft mit Was- ser beladenes FeOCI- Praparat war in die- sem feuchten Zustand 5 ,Jahre lang aufbe- wahrt worden. Danach betrug das Atomver- haltnis Fe:ClimAccton-

C. Die Bedeutung des Wasserdampfdrucks fur die Hydrolyse des Eisenoxychlorids

Offene WBgegl&ser mit 300 mg FeOCl blieben 44 Tage Iang hoi Rsumtemperatur in Exsikkatoren bei definiertem Wasserdampfdruck stehen. Die Wasserdanipfdrucke wurden mit Hilfe gesattigter Salz- liisungen (im Gleichgewicht, mit. dem entsprechenden Bodenkorper) oder mit Schwefelsaure-Wasser-Gemischen eingestellt. Die Unter-

Tabelle 2. V a r i a t i o n dcs W a s s e r d a m p f d r u c k e s bei der FeOC1-Hydrolyse

Wasserdampfdruck in mm Hg (bei 2OOC)

g-At. CI/FC im

Ace tonunlBslichen

0,3 0,6 3,2 5,0 6 1 6,5 7 3 9,5

13,2 15,2

0,98 0,97 0,97 0,73 0,34 0,33 0,34 0,31 0,34 0,32

Mikroskopischer Befund

0 = Abbauprodukt -1- = FeOCl

-1- - 1 . :. .!- 4- + 4. +- i++i- -ti00 0000 0000 0000 0000 0000 0000

/ , ,

8) Die Analyse ergibt 50-52q.L Fe iind lO-ll% C1. Genauere Untersuchungen iiber dcn etwas schwankenden Wassergehalt der Priiparate fiind noch im Gange. Bisher war ihr Trocknungszustand noch nicht genau definiert.

H. SCH~FER, Hydrolytischcr Abbau des Eisenoxychlorids 253

suchung des Acetonunloslichen lieferte die in der TabelIe 2 und auf der Abb. 3 wiedergegebene Zusammensetzung.

Hiernach entsteht beim Gbcrschreiten eines bestimmten Wasser- dampfdrucks cine neue Phase, die 0,3 g-At. C1 auf 1 g-At. Fe enthalt. Eine weitere Erhohung des Wasserdampfdruclis andert. die Zusammen- setzung des festen Bodenkorpers nicht.

I m Ace ton los l i chen betrug das Atomverh&ltnis Fe:C1 rund 1:3. Man kann also den Hydrolysenvorgang u-iedergeben durch die Gleichung

4 FeOCl + m H,O = (Fe,O,Cl . n H,O)f,,t + FeCl,,,16,t + (m-n) H,O.

Es l%Bt sich jedoch zur Zeit noch nicht entscheiden, ob die neue Phase uirklich streng stijchiometrisch 1 Atom Chlor auf 3 Atome Eisen ent- hiilt, oder ob sie einen gewissen Homogenitstsbereich besitzt. Hieriiber sollen Versuche zum weiteren hydrolytischen Abbau der Phase ,,Fe,O,Cl - n H,O" noch Klarheit bringen.

Der z e i t l i c h e Verlauf d e r H y d r o l y s e n r e a k t i o n wurde bei den in der Tab. 2 mitgeteilten Versuchen durch Wiigung der Proben verfolgt: Rei groljeren Wasserdampf - drucken ( > 6 mm) nahm da.s Gewicht schnell und bedeutend

10 s -2 2 9 0 Q 9

175 -- s G

0

Abb. 3. F e O C 1 - H y d r o l y s e i n A b - h a n g i g k e i t v o m W a s s e r d a m p f d r u c k

zu. Es wurde bald konstant und zeigte so die Beendung der Reaktion an. Im Reaktionsgefalj befand sich dann neben dem festen Hydro- lysenprodukt eine Eisen(II1)-chlorid-Losung, deren Konzentration dureh den im Exsikkator herrschenden Wasserdampfdruck bestimmt war.

Bei PHI, = 5 mm stieg das Gewicht der Probe auch nach 44 Tagen noch immer an. Die Hydrolyse war noch nicht beendet (vgl. auch Analyse und mikroskopischen Befund).

War der Wasserdampfdruck kleiner als etwa 3,5 mm, so nahm das Eisenoxychlorid nur sehr kleine Wassermengen auf (< 1% vom FcOCI- Gewicht).

Fur das plittzlichc Eintreten der Reaktion beim Uberschreitcn eines Wasserdampf- drucks von etwa 4-5 nim lassen sich verschiedene Deutungcn geben:

Betrachtet man die Reaktionskinetik, so liegt der Gedanke nahe, daB der hydrolytische Abbau nur dann rasch fortschreitet, wenn das dahei entstehende FeCI, unter Aufpahme von Wasserdampf zu eincr LBsung zerflieRt. Bei kleineren Wasser-

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dampfdrucken kdnnte auf den FcOC1-Kristallen die Deckschicht eines festen Eisen(II1)- chlorid-Hydrats entstehen, die ein Fortschreiten der Reaktion hemmt.

Liegen dagegen keine Reaktionshemmungen, sondern echte Gleichgewichte vor, so kann man die Phasenrege l anwenden: Danach hat ein System mit den Phasen FeOCI, F%O,Cl. n H,O, FeCl, . m H,O, H,O 88,, e inen Freiheitsgrad. Dieser iet nach Wahl der Reaktionstemperatur bereits vergeben. Es existiert also nur e in bestimmter Wasser- dampfdruck, bei dem FeOCl und Fe,O,CI n H,O nebeneinander bestandig sind. La8t man gestaffelte Wasserdampfdrucke auf Eisenoxychlorid einwirken. so hat man h i m Uberschreiten eines bestimmten Wasserdampfdrucks einen sprunghaften Abbau des Eisenoxychlorids zu erwarten.

Bemerkenswert - und in uhereinstimmung mit dem Kurvenver- lauf auf Abb. 3 - ist die mikrosliopische Beobachtung, da13 das Eisen- oxychlorid nicht stetig in die neue Phase ubergeht, sondern dalJ dtts FeOCl verschwindet, wiihrend sich gleiclizeitig eine neue Phase aus- sclieidet (vgl. Tab. 2, PH,O = 5 mm; ferner Abschnitt B). Die Ver- hiil tnisse liegen hiek also anders als bei der FeOC1-Hydrolyse dureh vie1 Wasser, bei der nach R o u s s E ~ u 4, sowie nach GOLDSZTAUB~) ein a,llmahlicher Austausch von Cl--Ionen gegen OH--Ionen stattfintlet.

Die Kristallchen der neuen Phase ,,Fe,O,CI * n H,O" sind sehr klein. Bei mikroskopischer Betmchtung findet man bevorzugt lang- liche Formen. Die Kristallchen sind doppelbrechend. Sie liefern ein Rontgendiagramm, das von dem der Verbindungen k-Fe,O,, n-FeOOH, y-FeOOH und FeOCl verschieden ist. Die D E B Y E - S C H E R R E R - A U ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ I zeigen ehenso wie die Analysen und die mikroskopischen Beobachtungen den sprunghaften Abbau des Eisenoxychlorids beim uberschreiten des kritischen Wa,sserdampfdrucltes von -4-5 mm.

Ob ein Zusammenhang der neuen Phase mit der von HILPEHT und SCHACI~T B) diirch Chlorierung von Fe,O, gewonnenen Verbindung Fe,O,Cl besteht, bedarf noch einer besondercn Untersuchung. Weitere Arbeiten uber die Hydrolyse des Eisenoxychlorids unter der Einwirkung von kleinen und groljen Wassermengen, von Eisen(II1)-chloridlosungen und von Eisen(I11)-chlorid-Hydratschmelzen sind zur Zeit jm Gange.

danke ich sehr fur ihre sorgsame und Frl. ELISABETII SCHOBER f leil3ige Mitarbeit.

s, R. S. HILPERT u. R. SCHACHT, Ber..dtsch. chem. Ges. 70, 1437 (1937).

Stuttgart, Institut fur Physikalische Chemie der Metalle am Max- Planck-Institut fur Metallforschung.

(Bei der Redaktion eingegangen am 18. Dezember 1950.)

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