VO GEDICHTE 1: Was ist ein Gedicht?

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VO GEDICHTE 1: Was ist ein Gedicht?. Ilse Aichinger (* 1921): Durch und durch (1976/78). Lyrik: literarische Gattung neben Epik und Dramatik; „Gedichte“ Metrik: Lehre von den Versen. Firma Ha ns Ri egel, Bo nn [Akronym]. Haribo a [Paarreim] macht Kinder froh a. - PowerPoint PPT Presentation

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VO GEDICHTE 1:Was ist ein Gedicht?

Ilse Aichinger (* 1921):Durch und durch (1976/78)

Lyrik: literarische Gattung neben Epik und Dramatik; „Gedichte“

Metrik: Lehre von den Versen

Firma Hans Riegel, Bonn [Akronym]

Haribo a [Paarreim] macht Kinder froh a

Haribo a macht Kinder froh a [seit 1935] und Erwachs’ne ebenso a [seit 1962]

Das Reimschema wird durch kleine Buchstaben dargestellt.

Beliebtester Werbespruch Deutschlands; engl.: Kids and grown-ups love it so a [Paarreim]

the happy world of Haribo a frz.: Haribo, c’est beau la vie a

pour les grands et les petits a

Im Falle eines Falles [Paronomasie]klebt UHU wirklich alles [Palindrom]

[seit 1948]

froh/ebenso, vie/petits, Falles/alles, door/more:

Reim = Gleichklang eines betonten Vokals und der ihm folgenden Laute [unabhängig von der Schreibung]

Ich bin so schön, ich bin so doll aIch bin der Anton aus Tirol aMeine gigaschlanken Wadeln bSan der Wahnsinn für die Madeln bMei Figur a Wunder der Natur c Binnenreim

DJ Ötzi,Anton aus Tirol1999

You just slip out the back, JackMake a new plan, StanYou don't need to be coy, RoyJust listen to meHop on the bus, GusYou don't need to discuss muchJust drop off the key, LeeAnd get yourself free Schlagreim

Paul Simon,Fifty Ways to Leave your Lover1975

Reime: mnemotechnische Effekte

War die Tochter brav,bleibt ihr Bauch konkav; (hatte die Tochter Sex,wird ihr Bauch konvex. )

Arthur Schnitzler,Zur Physiologie des Schaffens (1904)

Unter allen Künsten wird die Dichtkunst mit der geringsten Achtung behandelt. […]Daran scheint das Material schuld zu sein, mit dem zu arbeiten sie gezwungen ist.Das Material der Dichtkunst ist ausschließlich Wort – scheinbar dasselbe also, das als Verständigungsmittel jedermann zur Verfügung steht.Aber das Wort innerhalb der Dichtkunst ist nicht mit dem Wort der Verständigung zu vergleichen […]

Arthur Schnitzler,Zur Physiologie des Schaffens (1904)

Unter allen Künsten wird die Dichtkunst mit der geringsten Achtung behandelt. […]Daran scheint das Material schuld zu sein, mit dem zu arbeiten sie gezwungen ist.Das Material der Dichtkunst ist ausschließlich das Wort – scheinbar dasselbe also, das als Verständigungsmittel jedermann zur Verfügung steht.Aber das Wort innerhalb der Dichtkunst ist nicht mit dem Wort der Verständigung zu vergleichen […]

Arthur Schnitzler,Zur Physiologie des Schaffens (1904)

Unter allen Künsten wird die Dichtkunst mit der geringsten Achtung behandelt. […]Daran scheint das Material schuld zu sein, mit dem zu arbeiten sie gezwungen ist.Das Material der Dichtkunst ist ausschließlich das Wort – scheinbar dasselbe also, das als Verständigungsmittel jedermann zur Verfügung steht.Aber das Wort innerhalb der Dichtkunst ist nicht mit dem Wort der Verständigung zu vergleichen […]

Sprache: kommunikative Funktion poetische Funktion

„in ihrer formalen Erscheinung eine besondere Art Information“(Roman Jakobson)

Prosa - Poesie

Arthur Schnitzler,Zur Physiologie des Schaffens (1904)

[…] jedes Wort innerhalb des Dichtwerkes [hat] seinen spezifischen Schwingungswert, je nach der Beziehung, in die es zu den früheren Worten und den früheren Wortbeziehungen des betreffenden Dichtwerks tritt.Gleichklang der Worte, wie sie durch die Armut unserer Ausdrucksmittel und die Notwendigkeit rascher Verständigung bedingt ist, bedeutet nicht Identität. zu vergleichen […]

Ilse Aichinger (* 1921)

Durch und durch

Wir sind allenur für kurz hier eingefädelt,aber das Öhrhält man uns seither fern,uns Kamelen.

[entst.1976, erschienen 1978 im BandVerschenkter Rat]

„Zwillingsformeln“: Mann und Maus, Kind und Kegel, Tag und Nacht, nackt und bloß,…

„durch und durch“:DWB: „durchaus, gänzlich, von anfang bis ende, omnino, per totum“

Verein „Durch!“ (gegr. 1886, Berlin)

„Wenn ein Wort, wie identisch auch immer, in einem Text wiederholt wird, ist es nicht mehr dasselbe Wort.“„Die Wiederholung ist das Urbild des Anfangs von jeder Rede.“

Wolfram Groddeck, Reden über Rhetorik, 1995

| — U — | Kretikus (Pl. Kretizi)

Durch und durch

— = lange / betonte Silbe U = kurze / unbetonte Silbe

|— U | — U |

Wir sind alle

|— U | — U | — U|— U |

nur für kurz hier eingefädelt

| — U | Trochäus (Pl. Trochäen)

Hans Baldung Grien, Die drei Parzen (1513)

Klotho, Lachesis, Atropos

Metonymie

Metapher

Durch und durch

Wir sind allenur für kurz hier eingefädelt,aber das Öhrhält man uns seither fern,uns Kamelen.

[wir sind] alle: „aufgebraucht“, „erschöpft“, „zu Ende“, „durch“

DWB: eine „merkwürdige, dem anschein nach uralte eigenheit unsrer sprache“: Vorstellung der Gänze ist auch mit dem gänzlich Zu-Ende-Gehen assoziiert

|— U U —| Chorjambus

aber das Öhr

| — U U | Daktylus (Pl. Daktylen)

| — U — | Kretikus

hält man uns

| U — — | Bacchius

| — U — | Kretikus

seither fern

| — U — | Durch und durch

Wir sind allenur für kurz hier eingefädelt,aber das Öhr| — U — | — U — | hält man uns seither fern,uns Kamelen.

Durch und durch

Wir sind allenur für kurz hier eingefädelt,aber das Öhrhält man uns seither fern, [Anadiplose]uns Kamelen. [Apposition]

|— U| — U| Trochäen

uns Kamelen.

| — U — | KretikusDurch und durch|— U| — U| 2 TrochäenWir sind alle|— U| — U |— U|— U| 4 Trochäennur für kurz hier eingefädelt,|— U U —| Chorjambusaber das Öhr| — U — | — U — | 2 Kretizihält man uns seither fern,|— U| — U| 2 Trochäenuns Kamelen.

Da sah Jesus seine Jünger an und sagte zu ihnen: Wie schwer ist es für Menschen, die viel besitzen, in das Reich Gottes zu kommen! Die Jünger waren über seine Worte bestürzt. Jesus aber sagte noch einmal zu ihnen: Meine Kinder, wie schwer ist es, in das Reich Gottes zu kommen! Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt. Sie aber erschraken noch mehr und sagten zueinander: Wer kann dann noch gerettet werden?

(Mk 10,25, vgl. Lk 18,25; Mt 19,24)

griech. κάμηλος [kamelos] = Kamelgriech. κάμιλος [kamilos] = Schiffstau

Da sah Jesus seine Jünger an und sagte zu ihnen: Wie schwer ist es für Menschen, die viel besitzen, in das Reich Gottes zu kommen! Die Jünger waren über seine Worte bestürzt. Jesus aber sagte noch einmal zu ihnen: Meine Kinder, wie schwer ist es, in das Reich Gottes zu kommen! Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt. Sie aber erschraken noch mehr und sagten zueinander: Wer kann dann noch gerettet werden?

(Mk 10,23-26)

[Dem Kamel] gegenüber ist ein Ochse ein achtungswerthes Geschöpf, ein Maulthier [...] ein überaus gesittetes, ein Schaf ein sehr kluges ein Esel ein entschieden liebenswürdiges Thier. Dummheit und Bosheit sind gewöhnlich Gemeingut; wenn aber zu ihnen auch noch Feigheit, Störrigkeit, ewig schlechte Laune, Starr- und Murrköpfigkeit, entschiedner Widerwille gegen alles Vernünftige, Gehässigkeit oder Gleichgültigkeit gegen den Pfleger und Wohlthäter und noch hundert andere Untugenden kommen [...]: kann der Mensch, welcher mit solchem Vieh zu thun hat, schließlich rasend werden. [...] Dies begreift man, nachdem man selbst vom Kamel abgeworfen, mit Füßen getreten, gebissen, in der Steppe verlassen und verhöhnt worden ist, nachdem Einen das Tier tage- und wochenlang stündlich mit bewundernswerther Beharrlichkeit und Ausdauer geärgert, nachdem man alle Besserungs- und Zuchtmittel sowie Bekehrungsversuche aller Art vergeblich verbraucht [...] hat.

Alfred Edmund Brehm, Thier-Charaktere (1860)

|— U| — U|

uns Kamelen.