Goethe - Gedichte

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Abendlied(1780) ber allen Gipfeln Ist Ruh, In allen Wipfeln Sprest du Kaum einen Hauch; Die Vgelein schweigen im Walde. Warte nur, balde Ruhest du auch.

Angedenken.Angedenken an das Gute Hlt uns immer frisch bei Muthe. Angedenken an das Schne Ist das Heil der Erdenshne. Angedenken an das Liebe, Glcklich! wenn's lebendig bliebe. Angedenken an das Eine Bleibt das Beste, was ich meine.

Wr nicht das Auge sonnenhaftWr nicht das Auge sonnenhaft, Die Sonne knnt es nie erblicken; Lg nicht in uns des Gottes eigne Kraft, Wie knnt uns Gttliches entzcken?

BeherzigungAch, was soll der Mensch verlangen? Ist es besser, ruhig bleiben? Klammernd fest sich anzuhangen? Ist es besser, sich zu treiben? Soll er sich ein Huschen bauen?

Soll er unter Zelten leben? Soll er auf die Felsen trauen? Selbst die festen Felsen beben. Eines schickt sich nicht fr alle! Sehe jeder, wie ers treibe, Sehe jeder, wo er bleibe, Und wer steht, da er nicht falle!

Beispiel.Wenn ich 'mal ungeduldig werde, Denk' ich an die Geduld der Erde, Die, wie man sagt, sich tglich dreht Und jhrlich so wie jhrlich geht. Bin ich denn fr was Andres da? Ich folge der lieben Frau Mama.

Bildung.Von wem auf Lebens- und Wissensbahne Wardst du genhrt und befestet? Zu fragen sind wir beauftragt. Ich habe niemals danach gefragt: Von welchen Schnepfen und Fasanen, Capaunen und Welschenhahnen Ich mein Buchelchen gemstet. So bei Pythagoras, bei den Besten, Sa ich unter zufriednen Gsten; Ihr Frohmahl hab' ich unverdrossen Niemals bestohlen, immer genossen.

EigentumIch wei, da mir nichts angehrt Als der Gedanke, der ungestrt Aus meiner Seele will flieen, Und jeder gnstige Augenblick, Den mich ein liebendes Geschick Von Grund aus lt genieen.

Ein AnderesGeh! Gehorche meinen Winken, Nutze dein jungen Tage, Lerne zeitig klger sein: Auf des Glckes groer Wage Steht die Zunge selten ein; Du mut steigen oder sinken, Du mut herrschen und gewinnen, Oder dienen und verlieren, Leiden oder triumphieren, Ambo oder Hammer sein.

ErinnerungWillst du immer weiter schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah, Lerne nur das Glck ergreifen, Denn das Glck ist immer da.

ErlknigWer reitet so spt durch Nacht und Wind? Es ist der Vater mit seinem Kind; Er hat den Knaben wohl in dem Arm, Er fat ihn sicher, er hlt ihn warm. Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht? Siehst Vater, du den Erlknig nicht? Den Erlenknig mit Kron und Schweif? Mein Sohn, es ist ein Nebelstreif. Du liebes Kind, komm, geh mit mir! Gar schne Spiele spiel ich mit dir; Manch bunte Blumen sind an dem Strand, Meine Mutter hat manch glden Gewand. Mein Vater, mein Vater, und hrest du nicht, Was Erlenknig mir leise verspricht? Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Kind; In drren Blttern suselt der Wind. Willst, feiner Knabe, du mit mir gehn? Meine Tchter sollen dich warten schn;

Meine Tchter fhren den nchtlichen Reihn Und wiegen und tanzen und singen dich ein. Mein Vater, mein Vater, und siehst du nicht dort Erlknigs Tchter am dstern Ort? Mein Sohn, mein Sohn, ich seh es genau: Es scheinen die alten Weiden so grau. Ich liebe dich, mich reizt deine schne Gestalt; Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt. Mein Vater, mein Vater, jetzt fat er mich an! Erlknig hat mir ein Leids getan! Dem Vater grauset's, er reitet geschwind, Er hlt in den Armen das chzende Kind, Erreicht den Hof mit Mhe und Not; In seinen Armen das Kind war tot.

Gedichte sind gemalte FensterscheibenGedichte sind gemalte Fensterscheiben! Sieht man vom Markt in die Kirche hinein, da ist alles dunkel und dster; und so sieht's auch der Herr Philister: Der mag denn wohl verdrielich sein und lebenslang verdrielich bleiben. Kommt aber nur einmal herein! Begrt die heilige Kapelle; da ist's auf einmal farbig helle, Geschieht' und Zierat glnzt in Schnelle, bedeutend wirkt ein edler Schein; dies wird euch Kindern Gottes taugen, erbaut euch und ergetzt die Augen!

Die FreudenEs flattert um die Quelle Die wechselnde Libelle, Mich freut sie lange schon; Bald dunkel und bald helle, Wie der Chamleon, Bald rot, bald blau, Bald blau, bald grn; Oh, da ich in der Nhe Doch ihre Farben sehe!

Sie schwirrt und schwebet, rastet nie! Doch still, sie setzt sich an die Weiden. Da hab' ich sie! Da hab' ich sie! Und nun betracht' ich sie gnau Und seh' ein traurig dunkles Blau So geht es dir, Zergliedrer deiner Freuden!

GefundenIch ging im Walde so fr mich hin, und nichts zu suchen, das war mein Sinn. Im Schatten sah ich ein Blmchen stehn, wie Sterne leuchtend, wie uglein schn. Ich wollt es brechen, da sagt' es fein: Soll ich zum Welken Gebrochen sein? Ich grub's mit allen den Wrzlein aus, zum Garten trug ich's am hbschen Haus. Und pflanzt' es wieder am stillen Ort; nun zweigt es immer und blht so fort.

Das GttlicheEdel sei der Mensch, Hilfreich und gut! Denn das allein Unterscheidet ihn Von allen Wesen, Die wir kennen. Heil den unbekannten Hhern Wesen, Die wir ahnen!

Ihnen gleiche der Mensch! Sein Beispiel lehr uns Jene glauben. Denn unfhlend Ist die Natur: Es leuchtet die Sonne ber Bs und Gute, Und dem Verbrecher Glnzen wie dem Besten Der Mond und die Sterne. Wind und Strme, Donner und Hagel Rauschen ihren Weg Und ergreifen Vorber eilend Einen um den andern. Auch so das Glck Tappt unter die Menge, Fat bald des Knaben Lockige Unschuld, Bald auch den kahlen Schuldigen Scheitel. Nach ewigen, ehrnen, Groen Gesetzen Mssen wir alle Unsreres Daseins Kreise vollenden. Nur allein der Mensch Vermag das Unmgliche: Er unterscheidet, Whlet und richtet; Er kann dem Augenblick Dauer verleihen. Er allein darf Den Guten lohnen, Den Bsen strafen, Heilen und retten, Alles Irrende, Schweifende Ntzlich verbinden. Und wir verehren Die Unsterblichen, Als wren sie Menschen, Tten im groen, Was der Beste im kleinen

Tut oder mchte. Der edle Mensch Sei hilfreich und gut! Unermdet schaff er Das Ntzliche, Rechte, Sei uns ein Vorbild Jener geahneten Wesen!

An die GnstigenDichter lieben nicht zu schweigen, Wollen sich der Menge zeigen. Lob und Tadel mu ja sein! Niemand beichtet gern in Prosa; Doch vertraun wir oft sub Rosa In der Musen stillem Hain. Was ich irrte, was ich strebte, Was ich litt und was ich lebte, Sind hier Blumen nur im Strau; Und das Alter wie die Jugend, Und der Fehler wie die Tugend Nimmt sich gut in Liedern aus.

HeidenrsleinSah ein Knab' ein Rslein stehn, Rslein auf der Heiden, war so jung und morgenschn, lief er schnell, es nah zu sehn, sah's mit vielen Freuden. Rslein, Rslein, Rslein rot, Rslein auf der Heiden. Knabe sprach: Ich breche dich, Rslein auf der Heiden! Rslein sprach: Ich steche dich, da du ewig denkst an mich, und ich will's nicht leiden. Rslein, Rslein, Rslein rot, Rslein auf der Heiden. Und der wilde Knabe brach 's Rslein auf der Heiden; Rslein wehrte sich und stach,

half ihm doch kein Weh und Ach, mut' es eben leiden. Rslein, Rslein, Rslein rot, Rslein auf der Heiden.

Mahomets GesangSeht den Felsenquell, Freudehell, Wie ein Sternenblick; ber Wolken Nhrten seine Jugend Gute Geister Zwischen Klippen im Gebsch. Jnglingsfrisch Tanzt er aus der Wolke Auf die Marmorfelsen nieder, Jauchzet wieder Nach dem Himmel. Durch die Gipfelgnge Jagt er bunten Kieseln nach, Und mit frhem Fhrertritt Reit er seine Bruderquellen Mit sich fort. Drunten werden in dem Tal Unter seinem Futritt Blumen, Und die Wiese Lebt von seinem Hauch. Doch ihn hlt kein Schattental, Keine Blumen, Die ihm seine Knie umschlingen, Ihm mit Liebesaugen schmeicheln: Nach der Ebne dringt sein Lauf Schlangenwandelnd. Bche schmiegen Sich gesellig an. Nun tritt er In die Ebne silberprangend, Und die Ebne prangt mit ihm, Und die Flsse von der Ebne Und die Bche von den Bergen Jauchzen ihm und rufen: Bruder! Bruder, nimm die Brder mit, Mit zu deinem alten Vater, Zu dem ewgen Ozean, Der mit ausgespannten Armen

Unser wartet Die sich, ach! vergebens ffnen, Seine Sehnenden zu fassen; Denn uns frit in der Wste Gierger Sand; die Sonne droben Saugt an unserm Blut; ein Hgel Hemmet uns zum Teiche! Bruder, Nimm die Brder von der Ebne, Nimm die Brder von den Bergen Mit, zu deinem Vater mit! Kommt ihr alle! Und nun schwillt er Herrlicher; ein ganz Geschlechte Trgt den Frsten hoch empor! Und im rollenden Triumphe Gibt er Lndern Namen, Stdte Werden unter seinem Fu. Unaufhaltsam rauscht er weiter, Lt der Trme Flammengipfel, Marmorhuser, eine Schpfung Seiner Flle, hinter sich. Zedernhuser trgt der Atlas Auf den Riesenschultern; sausend Wehen ber seinem Haupte Tausend Flaggen durch die Lfte, Zeugen seiner Herrlichkeit. Und so trgt er seine Brder, Seine Schtze, seine Kinder Dem erwartenden Erzeuger Freudebrausend an das Herz.

MailiedWie herrlich leuchtet Mir die Natur! Wie glnzt die Sonne! Wie lacht die Flur! Es dringen Blten Aus jedem Zweig Und tausend Stimmen Aus dem Gestruch, Und Freud und Wonne

Aus jeder Brust. O Erd, o Sonne! O Glck, o Lust! O Lieb, o Liebe, So golden schn, Wie Morgenwolken Auf jenen Hhn! Du segnest herrlich Das frische Feld, Im Bltendampfe Die volle Welt. O Mdchen, Mdchen, Wie lieb ich dich! Wie blickt dein Auge! Wie liebst du mich! So liebt die Lerche Gesang und Luft, Und Morgenblumen Den Himmelsduft. Wie ich dich liebe Mit warmem Blut, Die du mir Jugend Und Freud und Mut Zu neuen Liedern Und Tnzen gibst. Sei ewig glcklich, Wie du mich liebst!

MignonKennst du das Land, wo die Zitronen blhn, Im dunklen Laub die Goldorangen glhn, Ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht, Die Myrte still und hoch der Lorbeer steht? Kennst du es wohl? Dahin, dahin Mcht ich mit dir, o mein Geliebter, ziehn! Kennst du das Haus? Auf Sulen ruht sein Dach. Es glnzt der Saal, es schimmert das Gemach, Und Marmorbilder stehn und sehn mich an: Was hat man dir, du armes Kind, getan?Kennst du es wohl? Dahin, dahin

Mcht ich mit dir, o mein Beschtzer, ziehn! Kennst du den Berg und seinen Wolkensteg? Das Maultier sucht im Nebel seinen Weg. In Hoehlen wohnt der Drachen alte Brut. Es stuerzt der Fels und ber ihn die Flut. Kennst du ihn wohl? Dahin, dahin Geht unser Weg. O Vater, lass uns ziehn!

MignonNur wer die Sehnsucht kennt, Wei, was ich leide! Allein und abgetrennt Von aller Freude, Seh ich ans Firmament Nach jener Seite. Ach, der mich liebt und kennt, Ist in der Weite. Es schwindelt mir, es brennt Mein Eingeweide. Nur wer die Sehnsucht kennt, Wei, was ich leide!

An den MondFllest wieder Busch und Tal Still mit Nebelglanz, Lsest endlich auch einmal Meine Seele ganz; Breitest ber mein Gefild Lindernd deinen Blick, Wie des Freundes Auge mild ber mein Geschick. Jeden Nachklang fhlt mein Herz Froh und trber Zeit Wandle zwischen Freud und Schmerz In der Einsamkeit. Fliee, fliee, lieber Flu! Nimmer werd ich froh, So verrauschte Scherz und Ku,

Und die Treue so. Ich besa es doch einmal, Was so kstlich ist! Da man doch zu seiner Qual Nimmer es vergit! Rausche, Flu, das Tal entlang, Ohne Rast und Ruh, Rausche, flstre meinem Sang Melodien zu. Wenn du in der Winternacht Wtend berschwillst, Oder um die Frhlingspracht Junger Knospen quillst. Selig, wer sich vor der Welt Ohne Ha verschliet, Einen Freund am Busen hlt Und mit dem geniet Was, von Menschen nicht gewut Oder nicht bedacht, Durch das Labyrinth der Brust Wandelt in der Nacht.

Die schne NachtNun verla ich diese Htte, Meiner Liebsten Aufenthalt, Wandle mit verhlltem Schritte Durch den den, finstern Wald. Luna bricht durch Busch und Eichen, Zephir meldet ihren Lauf, Und die Birken streun mit Neigen Ihr den sen Weihrauch auf. Wie ergtz ich mich im Khlen Dieser schnen Sommernacht! O wie still ist hier zu fhlen, Was die Seele glcklich macht! Lt sich kaum die Wonne fassen! Und doch wollt ich, Himmel, dir Tausend solcher Nchte lassen, Gb mein Mdchen Eine mir.

Wandrers NachtliedDer du von dem Himmel bist, Alles Leid und Schmerzen stillest, Den, der doppelt elend ist, Doppelt mit Erquickung fllest, Ach, ich bin des Treibens mde! Was soll all der Schmerz und Lust? Ser Friede, Komm, ach komm in meine Brust!

Natur und Kunst.Natur und Kunst, sie scheinen sich zu fliehen, Und haben sich, eh' man es denkt, gefunden; Der Widerwille ist auch mir verschwunden, Und beide scheinen gleich mich anzuziehen. Es gilt wohl nur ein redliches Bemhen! Und wenn wir erst in abgemenen Stunden Mit Geist und Flei uns an die Kunst gebunden, Mag frei Natur im Herzen wieder glhen. So ist's mit aller Bildung auch beschaffen: Vergebens werden ungebundne Geister Nach der Vollendung reiner Hhe streben. Wer Groes will, mu sich zusammen raffen; In der Beschrnkung zeigt sich erst der Meister, Und das Gesetz nur kann uns Freiheit geben.

PrometheusBedecke deinen Himmel, Zeus, Mit Wolkendunst! Und be, Knaben gleich, Der Disteln kpft, An Eichen dich und Bergeshhn! Mut mir meine Erde Doch lassen stehn, Und meine Htte, Die du nicht gebaut, Und meinen Herd,

Um dessen Glut Du mich beneidest. Ich kenne nichts rmeres Unter der Sonn als euch Gtter. Ihr nhret kmmerlich Von Opfersteuern Und Gebetshauch Eure Majestt Und darbtet, wren Nicht Kinder und Bettler Hoffnungsvolle Toren. Da ich ein Kind war, Nicht wute, wo aus, wo ein, Kehrte mein verirrtes Aug Zur Sonne, als wenn drber wr Ein Ohr zu hren meine Klage, Ein Herz wie meins, Sich des Bedrngten zu erbarmen. Wer half mir wider Der Titanen bermut? Wer rettete vom Tode mich, Von Sklaverei? Hast du's nicht alles selbst vollendet, Heilig glhend Herz? Und glhtest, jung und gut, Betrogen, Rettungsdank Dem Schlafenden dadroben? Ich dich ehren? Wofr? Hast du die Schmerzen gelindert Je des Beladenen? Hast du die Trnen gestillet Je des Gengsteten? Hat nicht mich zum Manne geschmiedet Die allmchtige Zeit Und das ewige Schicksal, Meine Herren und deine? Whntest du etwa, Ich sollte das Leben hassen, In Wsten fliehn, Weil nicht alle KnabenmorgenBltentrume reiften? Hier sitz ich, forme Menschen Nach meinem Bilde, Ein Geschlecht, das mir gleich sei,

Zu leiden, weinen, Genieen und zu freuen sich, Und dein nicht zu achten, Wie ich.

Rastlose LiebeDem Schnee, dem Regen, Dem Wind entgegen, Im Dampf der Klfte, Durch Nebeldfte, Immer zu! Immer zu! Ohne Rast und Ruh! Lieber durch Leiden Mcht ich mich schlagen, Als so viel Freuden Des Lebens ertragen. Alle das Neigen Von Herzen zu Herzen, Ach, wie so eigen Schaffet das Schmerzen! Wie soll ich fliehen? Wlderwrts ziehen? Alles vergebens! Krone des Lebens, Glck ohne Ruh, Liebe, bist du!

RezensentDa hatt ich einen Kerl zu Gast, Der war mir eben nicht zur Last; Ich hatt just mein gewhnlich Essen, Hat sich der Kerl plumpsatt gefressen, Zum Nachttisch, was ich gespeichert hatt. Und kaum ist mir der Kerl so satt, Tut ihn der Teufel zum Nachbar fhren, ber mein Essen zu rsonieren: Die Supp htt knnen gewrzter sein, Der Braten brauner, firner der Wein. Der Tausendsackerment!

Schlagt ihn tot, den Hund! Es ist ein Rezensent.

Der Knig von ThuleEs war einst ein Knig in Thule, Gar treu bis an das Grab, Dem sterbend seine Buhle einen goldnen Becher gab. Es ging ihm nichts darber, Er leert' ihn jeden Schmaus; Die Augen gingen ihm ber, So oft trank er daraus. Und als er kam zu sterben, Zhlt' er seine Stdt' im Reich, Gnnt' alles seinen Erben, Den Becher nicht zugleich. Er sa beim Knigsmahle, Die Ritter um ihn her, Auf hohem Vtersaale Dort auf dem Schlo am Meer. Dort stand der alte Zecher, Trank letzte Lebensglut Und warf den heil'gen Becher Hinunter in die Flut. Er sah ihn strzen, trinken Und sinken tief ins Meer. Die Augen tten ihm sinken, Trank nie einen Tropfen mehr.

Urworte, orphisch

, Dmon Wie an dem Tag, der dich der Welt verliehen, Die Sonne stand zum Grue der Planeten, Bist alsobald und fort und fort gediehen Nach dem Gesetz, wonach du angetreten. So mut du sein, dir kannst du nicht entfliehen, So sagten schon Sibyllen, so Propheten; Und keine Zeit und keine Macht zerstckelt Geprgte Form, die lebend sich entwickelt.

, das Zufllige Die strenge Grenze doch umgeht gefllig Ein Wandelndes, das mit und um uns wandelt; Nicht einsam bleibst du, bildest dich gesellig, Und handelst wohl so, wie ein andrer handelt: Im Leben ists bald hin-, bald widerfllig, Es ist ein Tand und wird so durchgetandelt. Schon hat sich still der Jahre Kreis gerndet, Die Lampe harrt der Flamme, die entzndet.

, Liebe Die bleibt nicht aus! Er strzt vom Himmel nieder, Wohin er sich aus alter de schwang, Er schwebt heran auf luftigem Gefieder Um Stirn und Brust den Frhlingstag entlang, Scheint jetzt zu fliehn, vom Fliehen kehrt er wieder: Da wird ein Wohl im Weh, so s und bang. Gar manches Herz verschwebt im Allgemeinen, Doch widmet sich das edelste dem Einen.

, Ntigung Da ists denn wieder, wie die Sterne wollten: Bedingung und Gesetz; und aller Wille Ist nur ein Wollen, weil wir eben sollten, Und vor dem Willen schweigt die Willkr stille; Das Liebste wird vom Herzen weggescholten, Dem harten Mu bequemt sich Will und Grille. So sind wir scheinfrei denn, nach manchen Jahren Nur enger dran, als wir am Anfang waren.

, Hoffnung

Doch solcher Grenze, solcher ehrnen Mauer Hchst widerwrtge Pforte wird entriegelt, Sie stehe nur mit alter Felsendauer! Ein Wesen regt sich leicht und ungezgelt: Aus Wolkendecke, Nebel, Regenschauer Erhebt sie uns, mit ihr, durch sie beflgelt, Ihr kennt sie wohl, sie schwrmt durch alle Zonen Ein Flgelschlag und hinter uns onen!

Das VeilchenEin Veilchen auf der Wiese stand, Gebckt in sich und unbekannt; Es war ein herzigs Veilchen. Da kam eine junge Schferin Mit leichtem Schritt und munterm Sinn Daher, daher, Die Wiese her, und sang. Ach! denkt das Veilchen, wr' ich nur Die schnste Blume der Natur, Ach, nur ein kleines Weilchen, Bis mich das Liebchen abgepflckt Und an dem Busen matt gedrckt! Ach nur, ach nur Ein Viertelstndchen lang! Ach! aber ach! das Mdchen kam Und nicht in acht das Veilchen nahm; Ertrat das arme Veilchen. Es sank und starb und freut' sich noch: Und sterb' ich denn, so sterb' ich doch Durch sie, durch sie, Zu ihren Fen doch.

Erster VerlustAch, wer bringt die schnen Tage, Jene Tage der ersten Liebe, Ach, wer bringt nur eine Stunde Jener holden Zeit zurck! Einsam nhr ich meine Wunde, Und mit stets erneuter Klage Traur ich ums verlorne Glck. Ach, wer bringt die schnen Tage, Jene holde Zeit zurck!

VermchtnisKein Wesen kann zu nichts zerfallen! Das Ewge regt sich fort in allen, Am Sein erhalte dich beglckt! Das Sein ist ewig: denn Gesetze Bewahren die lebendgen Schtze, Aus welchen sich das All geschmckt. Das Wahre war schon lngst gefunden, Hat edle Geisterschaft verbunden; Das alte Wahre, fa es an! Verdank es, Erdensohn, dem Weisen, Der ihr, die Sonne zu umkreisen, Und dem Geschwister wies die Bahn, Sofort nun wende dich nach innen: Das Zentrum findest du da drinnen, Woran kein Edler zweifeln mag. Wirst keine Regel da vermissen: Denn das selbstndige Gewissen Ist Sonne deinem Sittentag. Den Sinnen hast du dann zu trauen, Kein Falsches lassen sie dich schauen, Wenn dein Verstand dich wach erhlt. Mit frischem Blick bemerke freudig Und wandle sicher wie geschmeidig, Durch Auen reichbegabter Welt. Geniee mig Fll und Segen; Vernunft sei berall zugegen, Wo Leben sich des Lebens freut. Dann ist Vergangenheit bestndig, Das Knftige voraus lebendige

Der Augenblick ist Ewigkeit. Und war es endlich dir gelungen, Und bist du vom Gefhl durchdrungen: Was fruchtbar ist, allein ist wahr Du prfst das allgemeine Walten, Es wird nach seiner Weise schalten, Geselle dich zur kleinsten Schar. Und wie von alters her, im stillen, Ein Liebewerk nach eignem Willen Der Philosoph, der Dichter schuf, So wirst du schnste Gunst erzielen: Denn edlen Seelen vorzufhlen Ist wnschenswertester Beruf.

Willkommen und AbschiedEs schlug mein Herz, geschwind zu Pferde! Es war getan fast eh gedacht. Der Abend wiegte schon die Erde, Und an den Bergen hing die Nacht; Schon stand im Nebelkleid die Eiche, Ein aufgetrmter Riese, da, Wo Finsternis aus dem Gestruche Mit hundert schwarzen Augen sah. Der Mond von einem Wolkenhgel Sah klglich aus dem Duft hervor, Die Winde schwangen leise Flgel, Umsausten schauerlich mein Ohr; Die Nacht schuf tausend Ungeheuer, Doch frisch und frhlich war mein Mut: In meinen Adern welches Feuer! In meinem Herzen welche Glut! Dich sah ich, und die milde Freude Flo von dem sen Blick auf mich; Ganz war mein Herz an deiner Seite Und jeder Atemzug fr dich. Ein rosenfarbnes Frhlingswetter Umgab das liebliche Gesicht, Und Zrtlichkeit fr mich ihr Gtter! Ich hofft es, ich verdient es nicht! Doch ach, schon mit der Morgensonne Verengt der Abschied mir das Herz: In deinen Kssen welche Wonne! In deinem Auge welcher Schmerz!

Ich ging, du standst und sahst zur Erden, Und sahst mir nach mit nassem Blick: Und doch, welch Glck, geliebt zu werden! Und lieben, Gtter, welch ein Glck!

Der ZauberlehrlingHat der alte Hexenmeister Sich doch einmal wegbegeben! Und nun sollen seine Geister Auch nach meinem Willen leben. Seine Wort und Werke Merkt ich und den Brauch, Und mit Geistesstrke Tu ich Wunder auch. Walle! walle Manche Strecke, Da, zum Zwecke, Wasser fliee Und mit reichem, vollem Schwalle Zu dem Bade sich ergiee. Und nun komm, du alter Besen, Nimm die schlechten Lumpenhllen! Bist schon lange Knecht gewesen: Nun erflle meinen Willen! Auf zwei Beinen stehe, = Oben sei ein Kopf, Eile nun und gehe Mit dem Wassertopf! Walle! walle Manche Strecke, Da, zum Zwecke, Wasser fliee Und mit reichem, vollem Schwalle Zu dem Bade sich ergiee. Seht, er luft zum Ufer nieder! Wahrlich! ist schon an dem Flusse, Und mit Blitzesschnelle wieder Ist er hier mit raschem Gusse. Schon zum zweiten Male! Wie das Becken schwillt! Wie sich jede Schale Voll mit Wasser fllt! Stehe! stehe! Denn wir haben Deiner Gaben

Vollgemessen! Ach, ich merk es! Wehe! wehe! Hab ich doch das Wort vergessen! Ach, das Wort, worauf am Ende Er das wird, was er gewesen! Ach, er luft und bringt behende! Wrst du doch der alte Besen! Immer neue Gsse Bringt er schnell herein, Ach, und hundert Flsse Strzen auf mich ein! Nein, nicht lnger Kann ichs lassen: Will ihn fassen! Das ist Tcke! Ach, nun wird mir immer bnger! Welche Miene! welche Blicke! O, du Ausgeburt der Hlle! Soll das ganze Haus ersaufen? Seh ich ber jede Schwelle Doch schon Wasserstrme laufen. Ein verruchter Besen, = Der nicht hren will! Stock, der du gewesen, Steh doch wieder still! Willst am Ende Gar nicht lassen? Will dich fassen, Will dich halten Und das alte Holz behende Mit dem scharfen Beile spalten! Seht, da kommt er schleppend wieder! Wie ich mich nur auf dich werfe, Gleich, o Kobold, liegst du nieder; Krachend trifft die glatte Schrfe. Wahrlich! brav getroffen! = Seht, er ist entzwei! Und nun kann ich hoffen, Und ich atme frei! Wehe! wehe! Beide Teile Stehn in Eile Schon als Knechte Vllig fertig in die Hhe! Helft mir, ach! ihr hohen Mchte! Und sie laufen! Na und nsser Wirds im Saal und auf den Stufen: Welch entsetzliches Gewsser! Herr und Meister, hr mich rufen! Ach, da kommt der Meister! Herr, die Not ist gro!

Die ich rief, die Geister, Werd ich nun nicht los. "In die Ecke, Besen! Besen! Seids gewesen! Denn als Geister Ruft euch nur, zu seinem Zwecke, Erst hervor der alte Meister."

Moganni Nameh: Buch des SngersZwanzig Jahre lie ich gehn Und geno, was mir beschieden; Eine Reihe vllig schn Wie die Zeit der Barmekiden.

HegireNord und West und Sd zersplittern, Throne bersten, Reiche zittern: Flchte du, im reinen Osten Patriarchenluft zu kosten, Unter Lieben, Trinken, Singen Soll dich Chisers Quell verjngen. Dort im Reinen und im Rechten Will ich menschlichen Geschlechten In des Ursprungs Tiefe dringen, Wo sie noch von Gott empfingen Himmelslehr' in Erdesprachen Und sich nicht den Kopf zerbrachen. Wo sie Vter hoch verehrten, Jeden fremden Dienst verwehrten; Will mich freun der Jugendschranke: Glaube weit, eng der Gedanke, Wie das Wort so wichtig dort war, Weil es ein gesprochen Wort war. Will mich unter Hirten mischen, An Oasen mich erfrischen, Wenn mit Karawanen wandle, Shawl, Kaffee und Moschus handle; Jeden Pfad will ich betreten Von der Wste zu den Stdten. Bsen Felsweg auf und nieder Trsten, Hafis, deine Lieder, Wenn der Fhrer mit Entzcken Von des Maultiers hohem Rcken Singt, die Sterne zu erwecken Und die Ruber zu erschrecken. Will in Bdern und in Schenken, Heilger Hafis, dein gedenken, Wenn den Schleier Liebchen lftet, Schttelnd Ambralocken dftet. Ja, des Dichters Liebesflstern

Mache selbst die Huris lstern. Wolltet ihr ihm dies beneiden Oder etwa gar verleiden, Wisset nur, da Dichterworte Um des Paradieses Pforte Immer leise klopfend schweben, Sich erbittend ewges Leben.

SegenspfnderTalisman in Karneol, Glubgen bringt er Glck und Wohl; Steht er gar auf Onyx' Grunde, K ihn, mit geweihtem Munde! Alles bel treibt er fort, Schtzet dich und schtzt den Ort: Wenn das eingegrabne Wort Allahs Namen rein verkndet, Dich zu Lieb und Tat entzndet. Und besonders werden Frauen Sich am Talisman erbauen. Amulette sind dergleichen Auf Papier geschriebne Zeichen; Doch man ist nicht im Gedrnge Wie auf edlen Steines Enge Und vergnnt ist frommen Seelen, Lngre Verse hier zu whlen. Mnner hngen die Papiere Glubig um als Skapuliere. Die Inschrift aber hat nichts hinter sich, Sie ist sie selbst und mu dir alles sagen, Was hintendrein mit redlichem Behagen Du gerne sagst: Ich sag' es! Ich! Doch Abraxas bring ich selten! Hier soll meist das Fratzenhafte, Das ein dstrer Wahnsinn schaffte, Fr das Allerhchste gelten. Sag' ich euch absurde Dinge, Denkt, da ich Abraxas bringe. Ein Siegelring ist schwer zu zeichnen; Den hchsten Sinn im engsten Raum; Doch weit du hier ein Echtes anzueignen, Gegraben steht das Wort, du denkst es kaum.

Freisinn

Lat mich nur auf meinem Sattel gelten! Bleibt in euren Htten, euren Zelten! Und ich reite froh in alle Ferne, ber meiner Mtze nur die Sterne. * Er hat euch die Gestirne gesetzt Als Leiter zu Land und See, Damit ihr euch daran ergetzt, Stets blickend in die Hh'.

TalismaneGottes ist der Orient! Gottes ist der Occident! Nord- und sdliches Gelnde Ruht im Frieden seiner Hnde! * Er, der einzige Gerechte, Will fr jedermann das Rechte. Sei von seinen hundert Namen Dieser hochgelobet! Amen. Mich verwirren will das Irren, Doch du weit mich zu entwirren. Wenn ich handle, wenn ich dichte, Gib du meinem Weg die Richte! Ob ich Ird'sches denk' und sinne, Das gereicht zu hherem Gewinne. Mit dem Staube nicht der Geist zerstoben, Dringet, in sich selbst gedrngt, nach oben. * Im Atemholen sind zweierlei Gnaden: Die Luft einziehn, sich ihrer entladen. Jenes bedrngt, dieses erfrischt; So wunderbar ist das Leben gemischt. Du danke Gott, wenn er dich pret, Und dank ihm, wenn er dich wieder entlt!

Vier GnadenDa Araber an ihrem Teil Die Weite froh durchziehen, Hat Allah zu gemeinem Heil Der Gnaden vier verliehen. Den Turban erst, der besser schmckt Als alle Kaiserkronen; Ein Zelt, da man vom Orte rckt,

Um berall zu wohnen; Ein Schwert, das tchtiger beschtzt Als Fels und hohe Mauern; Ein Liedchen, das gefllt und ntzt, Worauf die Mdchen lauern. Und Blumen sing ich ungestrt Von ihrem Shawl herunter; Sie wei recht wohl, was ihr gehrt, Und bleibt mir hold und munter, Und Blum und Frchte wei ich euch Gar zierlich aufzutischen; Wollt ihr Moralien zugleich, So geb ich von den frischen.

GestndnisWas ist schwer zu verbergen? Das Feuer! Denn bei Tage verrt's der Rauch, Bei Nacht die Flamme, das Ungeheuer. Ferner ist schwer zu verbergen auch Die Liebe: noch so stille gehegt, Sie doch gar leicht aus den Augen schlgt. Am schwersten zu bergen ist ein Gedicht: Man stellt es untern Scheffel nicht. Hat es der Dichter frisch gesungen, So ist er ganz davon durchdrungen; Hat er es zierlich nett geschrieben, Will er, die ganze Welt soll's lieben. Er liest es jedem froh und laut, Ob es uns qult, ob es erbaut.

ElementeAus wie vielen Elementen Soll ein echtes Lied sich nhren, Da es Laien gern empfinden, Meister es mit Freuden hren? Liebe sei vor allen Dingen Unser Thema, wenn wir singen; Kann sie gar das Lied durchdringen, Wird's um desto besser klingen. Dann mu Klang der Glser tnen Und Rubin des Weins erglnzen: Denn fr Liebende, fr Trinker

Winkt man mit den schnsten Krnzen. Waffenklang wird auch gefodert, Da auch die Drommete schmettre; Da, wenn Glck zu Flammen lodert, Sich im Sieg der Held vergttre. Dann zuletzt ist unerllich, Da der Dichter manches hasse; Was unleidlich ist und hlich, Nicht wie Schnes leben lasse. Wei der Snger, dieser Viere Urgewalt'gen Stoff zu mischen, Hafis gleich wird er die Vlker Ewig freuen und erfrischen.

Erschaffen und BelebenHans Adam war ein Erdenklo, Den Gott zum Menschen machte, Doch bracht' er aus der Mutter Scho Noch vieles Ungeschlachte. Die Elohim zur Nas' hinein Den besten Geist ihm bliesen, Nun schien er schon was mehr zu sein Denn er fing an zu niesen. Doch mit Gebein und Glied und Kopf Blieb er ein halber Klumpen, Bis endlich Noah fr den Tropf Das Wahre fand den Humpen. Der Klumpe fhlt sogleich den Schwung, Sobald er sich benetzet, So wie der Teig durch Suerung Sich in Bewegung setzet. So, Hafis, mag dein holder Sang, Dein heiliges Exempel Uns fhren bei der Glser Klang Zu unsres Schpfers Tempel.

PhnomenWenn zu der Regenwand Phbus sich gattet, Gleich steht ein Bogenrand Farbig beschattet.

Im Nebel gleichen Kreis Seh ich gezogen, Zwar ist der Bogen wei, Doch Himmelsbogen. So sollst du, muntrer Greis, Dich nicht betrben: Sind gleich die Haare wei, Doch wirst du lieben.

LieblichesWas doch Buntes dort verbindet Mir den Himmel mit der Hhe? Morgennebelung verblindet Mir des Blickes scharfe Sehe. Sind es Zelte des Wesires, Die er lieben Frauen baute? Sind es Teppiche des Festes, Weil er sich der Liebsten traute? Rot und wei, gemischt, gesprenkelt Wt ich Schnres nicht zu schauen. Doch wie, Hafis, kommt dein Schiras Auf des Nordens trbe Gauen? Ja, es sind die bunten Mohne, Die sich nachbarlich erstrecken Und dem Kriegesgott zu Hohne Felder streifweis freundlich decken. Mge stets so der Gescheute Nutzend Blumenzierde pflegen Und ein Sonnenschein wie heute Klren sie auf meinen Wegen!

ZwiespaltWenn links am Baches Rand Cupido fltet, Im Felde rechter Hand Mavors drommetet, Da wird dorthin das Ohr Lieblich gezogen, Doch um des Liedes Flor Durch Lrm betrogen. Nun fltet's immer voll Im Kriegestunder,

Ich werde rasend, toll Ist das ein Wunder? Fort wchst der Fltenton, Schall der Posaunen, Ich irre, rase schon Ist das zu staunen?

Im Gegenwrtigen VergangnesRos' und Lilie morgentaulich Blht im Garten meiner Nhe; Hintenan, bebuscht und traulich, Steigt der Felsen in die Hhe; Und mit hohem Wald umzogen Und mit Ritterschlo gekrnet, Lenkt sich hin des Gipfels Bogen, Bis er sich dem Tal vershnet. Und da duftet's wie vor Alters, Da wir noch von Liebe litten Und die Saiten meines Psalters Mit dem Morgenstrahl sich stritten; Wo das Jagdlied aus den Bschen Flle runden Tons enthauchte, Anzufeuern, zu erfrischen, Wie's der Busen wollt und brauchte. Nun die Wlder ewig sprossen, So ermutigt euch mit diesen: Was ihr sonst fr euch genossen, Lt in andern sich genieen. Niemand wird uns dann beschreien, Da wir's uns alleine gnnen; Nun in allen Lebensreihen Msset ihr genieen knnen. Und mit diesem Lied und Wendung Sind wir wieder bei Hafisen, Denn es ziemt, des Tags Vollendung Mit Genieern zu genieen.

Lied und GebildeMag der Grieche seinen Ton Zu Gestalten drcken, An der eignen Hnde Sohn Steigern sein Entzcken. Aber uns ist wonnereich, In den Euphrat greifen

Und im flss'gen Element Hin und wieder schweifen. Lscht ich so der Seele Brand, Lied, es wird erschallen: Schpft des Dichters reine Hand, Wasser wird sich ballen.

DreistigkeitWorauf kommt es berall an, Da der Mensch gesundet? Jeder hret gern den Schall an, Der zum Ton sich rundet. Alles weg, was deinen Lauf strt! Nur kein dster Streben! Eh' er singt und eh' er aufhrt, Mu der Dichter leben. Und so mag des Lebens Erzklang Durch die Seele drhnen! Fhlt der Dichter sich das Herz bang, Wird sich selbst vershnen.

Derb und tchtigDichten ist ein bermut, Niemand schelte mich! Habt getrost ein warmes Blut Froh und frei wie ich. Sollte jeder Stunde Pein Bitter schmecken mir, Wrd ich auch bescheiden sein Und noch mehr als ihr. Denn Bescheidenheit ist fein, Wenn das Mdchen blht, Sie will zart geworben sein, Die den Rohen flieht. Auch ist gut Bescheidenheit, Spricht ein weiser Mann, Der von Zeit und Ewigkeit Mich belehren kann. Dichten ist ein bermut! Treib es gern allein. Freund' und Frauen, frisch von Blut,

Kommt nur auch herein! Mnchlein ohne Kapp und Kutt, Schwatz nicht auf mich ein! Zwar du machest mich kaputt, Nicht bescheiden, nein! Deiner Phrasen leeres Was Treibet mich davon, Abgeschliffen hab ich das An den Sohlen schon. Wenn des Dichters Mhle geht, Halte sie nicht ein: Denn wer einmal uns versteht, Wird uns auch verzeihn.

All-LebenStaub ist eins der Elemente, Das du gar geschickt bezwingest, Hafis, wenn zu Liebchens Ehren Du ein zierlich Liedchen singest. Denn der Staub auf ihrer Schwelle Ist dem Teppich vorzuziehen, Dessen goldgewirkte Blumen Mahmuds Gnstlinge beknieen. Treibt der Wind von ihrer Pforte Wolken Staubs behend vorber, Mehr als Moschus sind die Dfte Und als Rosenl dir lieber. Staub, den hab ich lngst entbehret In dem stets umhllten Norden, Aber in dem heien Sden Ist er mir genugsam worden. Doch schon lngst, da liebe Pforten Mir auf ihren Angeln schwiegen! Heile mich, Gewitterregen, La mich, da es grunelt, riechen! Wenn jetzt alle Donner rollen Und der ganze Himmel leuchtet, Wird der wilde Staub des Windes Nach dem Boden hingefeuchtet. Und sogleich entspring ein Leben,

Schwillt ein heilig heimlich Wirken, Und es grunelt und es grnet In den irdischen Bezirken.

Selige SehnsuchtSagt es niemand, nur den Weisen, Weil die Menge gleich verhhnet: Das Lebendige will ich preisen, Das nach Flammentod sich sehnet. In der Liebesnchte Khlung, Die dich zeugte, wo du zeugtest, berfllt dich fremde Fhlung, Wenn die stille Kerze leuchtet. Nicht mehr bleibest du umfangen In der Finsternis Beschattung, Und dich reiet neu Verlangen Auf zu hherer Begattung. Keine Ferne macht dich schwierig, Kommst geflogen und gebannt, Und zuletzt, des Lichts begierig, Bist du Schmetterling verbrannt. Und so lang du das nicht hast, Dieses: Stirb und werde! Bist du nur ein trber Gast Auf der dunklen Erde. * Tut ein Schilf sich doch hervor, Welten zu versen! Mge meinem Schreiberohr Liebliches entflieen!

Hafis Nameh: Buch HafisSei das Wort die Braut genannt, Brutigam der Geist; Diese Hochzeit hat gekannt, Wer Hafisen preist.

BeinameDichter Mohammed Schemseddin, sage, Warum hat dein Volk, das hehre, Hafis dich genannt? Hafis Ich ehre, Ich erwidre deine Frage. Weil in glcklichem Gedchtnis Des Korans geweiht Vermchtnis Unverndert ich verwahre, Und damit so fromm gebare, Des gemeinen Tages Schlechtnis Weder mich noch die berhret, Die Propheten-Wort und Samen Schtzen, wie es sich gebhret Darum gab man mir den Namen. Dichter Hafis, drum, so will mir scheinen, Mcht ich dir nicht gerne weichen: Denn, wenn wir wie andre meinen, Werden wir den andern gleichen. Und so gleich ich dir vollkommen, Der ich unsrer heil'gen Bcher Herrlich Bild an mich genommen, Wie auf jenes Tuch der Tcher Sich des Herren Bildnis drckte, Mich in stiller Brust erquickte Trotz Verneinung, Hindrung, Raubens Mit dem heitern Bild des Glaubens.

AnklageWit ihr denn, auf wen die Teufel lauern In der Wste, zwischen Fels und Mauern? Und wie sie den Augenblick erpassen, Nach der Hlle sie entfhrend fassen? Lgner sind es und der Bsewicht, Der Poete, warum scheut er nicht, Sich mit solchen Leuten einzulassen!

Wei denn der, mit wem er geht und wandelt, Er, der immer nur im Wahnsinn handelt? Grenzenlos, von eigensinnigem Lieben, Wird er in die de fortgetrieben, Seiner Klagen Reim', in Sand geschrieben, Sind vom Winde gleich verjagt; Er versteht nicht, was er sagt, Was er sagt, wird er nicht halten. Doch sein Lied, man lt es immer walten, Da es doch dem Koran widerspricht. Lehret nun, ihr des Gesetzes Kenner, Weisheit-fromme, hochgelahrte Mnner, Treuer Mosleminen feste Pflicht. Hafis insbesondre schaffet rgernisse, Mirza sprengt den Geist ins Ungewisse: Saget, was man tun und lassen msse!

FetwaHafis' Dichterzge, sie bezeichnen Ausgemachte Wahrheit unauslschlich; Aber hie und da auch Kleinigkeiten Auerhalb der Grenze des Gesetzes. Willst du sicher gehn, so mut du wissen Schlangengift und Theriah zu sondern Doch der reinen Wollust edler Handlung Sich mit frohem Mut zu berlassen Und vor solcher, der nur ew'ge Pein folgt, Mit besonnenem Sinn sich zu verwahren, Ist gewi das Beste, um nicht zu fehlen. Dieses schrieb der arme Ebusuud, Gott verzeih' ihm seine Snden alle!

Der Deutsche danktHeilger Ebusuud, hast's getroffen! Solche Heil'ge wnschet sich der Dichter: Denn gerade jene Kleinigkeiten Auerhalb der Grenze des Gesetzes Sind das Erbteil, wo er bermtig, Selbst im Kummer lustig, sich beweget. Schlangengift und Theriak mu Ihm das eine wie das andre scheinen. Tten wird nicht jenes, dies nicht heilen: Denn das wahre Leben ist des Handelns Ewge Unschuld, die sich so erweiset, Da sie niemand schadet als sich selber.

Und so kann der alte Dichter hoffen, Da die Huris ihn im Paradiese Als verklrten Jngling wohl empfangen. Heiliger Ebusuud, hast's getroffen!

FetwaDer Mufti las des Misri Gedichte, Eins nach dem andern, alle zusammen, Und wohlbedchtig warf sie in die Flammen. Das schngeschriebne Buch, es ging zunichte. Verbrannt sei jeder, sprach der hohe Richter, Wer spricht und glaubt wie Misri er allein Sei ausgenommen von des Feuers Pein: Denn Allah gab die Gabe jedem Dichter. Mibraucht er sie im Wandel seiner Snden, So seh er zu, mit Gott sich abzufinden.

UnbegrenztDa du nicht enden kannst, das macht dich gro, Und da du nie beginnst, das ist dein Los. Dein Lied ist drehend wie das Sterngewlbe, Anfang und Ende immerfort dasselbe, Und, was die Mitte bringt, ist offenbar Das, was zu Ende bleibt und Anfangs war. Du bist der Freuden echte Dichterquelle Und ungezhlt entfliet dir Well' auf Welle. Zum Kssen stets bereiter Mund, Ein Brustgesang, der lieblich flieet, Zum Trinken stets gereizter Schlund, Ein gutes Herz, das sich ergieet. Und mag die ganze Welt versinken, Hafis mit dir, mit dir allein Will ich wetteifern! Lust und Pein Sei uns, den Zwillingen, gemein! Wie du zu lieben und zu trinken, Das soll mein Stolz, mein Leben sein. Nun tne Lied mit eignem Feuer! Denn du bist lter, du bist neuer.

NachbildungIn deine Reimart hoff ich mich zu finden, Das Wiederholen soll mir auch gefallen, Erst werd ich Sinn, sodann auch Worte finden; Zum zweitenmal soll mir kein Klang erschallen,

Er mte denn besondern Sinn begrnden, Wie du's vermagst, Begnstigter vor allen! Denn wie ein Funke fhig, zu entznden Die Kaiserstadt, wenn Flammen grimmig wallen, Sich winderzeugend glhn von eignen Winden, Er, schon erloschen, schwand zu Sternenhallen: So schlang's von dir sich fort mit ew'gen Gluten, Ein deutsches Herz von frischem zu ermuten. * Zugemene Rhythmen reizen freilich, Das Talent erfreut sich wohl darin, Doch wie schnelle widern sie abscheulich, Hohle Masken ohne Blut und Sinn. Selbst der Geist erscheint sich nicht erfreulich, Wenn er nicht, auf neue Form bedacht, Jener toten Form ein Ende macht.

Offenbar GeheimnisSie haben dich, heiliger Hafis, Die mystische Zunge genannt Und haben, die Wortgelehrten, Den Wert des Worts nicht erkannt. Mystisch heiest du ihnen, Weil sie Nrrisches bei dir denken Und ihren unlautern Wein In deinem Namen verschenken. Du aber bist mystisch rein, Weil sie dich nicht verstehn, Der du, ohne fromm zu sein, selig bist! Das wollen sie dir nicht zugestehn.

WinkUnd doch haben sie recht, die ich schelte: Denn, da ein Wort nicht einfach gelte, Das mte sich wohl von selbst verstehn. Das Wort ist ein Fcher! Zwischen den Stben Blicken ein paar schne Augen hervor, Der Fcher ist nur ein lieblicher Flor, Er verdeckt mir zwar das Gesicht, Aber das Mdchen verbirgt er nicht, Weil das Schnste, was sie besitzt, Das Auge, mir ins Auge blitzt.

An Hafis

Was alle wollen, weit du schon Und hast es wohl verstanden: Denn Sehnsucht hlt, von Staub zu Thron Uns all in strengen Banden. Es tut so weh, so wohl hernach, Wer strubte sich dagegen? Und wenn den Hals der eine brach, Der andre bleibt verwegen. Verzeihe, Meister, wie du weit, Da ich mich oft vermesse, Wenn sie das Auge nach sich reit, Die wandelnde Cypresse. Wie Wurzelfasern schleicht ihr Fu Und buhlet mit dem Boden, Wie leicht Gewlk verschmilzt ihr Gru, Wie Ost-Gekos' ihr Oden. Das alles drngt uns ahndevoll, Wo Lock an Locke kruselt, In brauner Flle ringelnd schwoll, Sodann im Winde suselt. Nun ffnet sich die Stirne klar, Dein Herz damit zu gltten, Vernimmst ein Lied so froh und wahr, Den Geist darin zu betten. Und wenn die Lippen sich dabei Aufs niedlichste bewegen, Sie machen dich auf einmal frei, In Fesseln dich zu legen. Der Atem will nicht mehr zurck, Die Seel zur Seele fliehend, Gerche winden sich durchs Glck Unsichtbar wolkig ziehend. Doch wenn es allgewaltig brennt, Dann greifst du nach der Schale: Der Schenke luft, der Schenke kmmt Zum erst- und zweiten Male. Sein Auge blitzt, sein Herz erbebt, Er hofft auf deine Lehren, Dich, wenn der Wein den Geist erhebt, Im hchsten Sinn zu hren. Ihm ffnet sich der Welten Raum,

Im Innern Heil und Orden, Es schwillt die Brust, es brunt der Flaum, Er ist ein Jngling worden. Und wenn dir kein Geheimnis blieb, Was Herz und Welt enthalte, Dem Denker winkst du treu und lieb, Da sich der Sinn entfalte. Auch da vom Throne Frstenhort Sich nicht fr uns verliere. Gibst du dem Schah ein gutes Wort Und gibst es dem Wesire. Das alles kennst und singst du heut Und singst es morgen eben: So trgt uns freundlich dein Geleit Durchs rauhe, milde Leben.

Ushk Nameh: Buch der LiebeSage mir, Was mein Herz begehrt? Mein Herz ist bei dir, Halt es wert!

MusterbilderHr und bewahre Sechs Liebespaare! Wortbild entzndet, Liebe schrt zu: Rustan und Rodawu. Unbekannte sind sich nah: Jussuph und Suleika. Liebe, nicht Liebesgewinn: Ferhad und Schirin. Nur fr einander da: Medschnun und Leila. Liebend im Alter sah Dschemil auf Boteinah. Se Liebeslaune: Salomo und die Braune! Hast du sie wohl vermerkt? Bist im Lieben gestrkt.

Noch ein PaarJa, Lieben ist ein gro Verdienst! Wer findet schneren Gewinst? Du wirst nicht mchtig, wirst nicht reich, Jedoch den grten Helden gleich. Man wird so gut wie vom Propheten Von Wamik und von Asra reden. Nicht reden wird man, wird sie nennen: Die Namen mssen alle kennen. Was sie getan, was sie gebt, Das wei kein Mensch! Da sie geliebt, Das wissen wir. Genug gesagt, Wenn man nach Wamik und Asra fragt!

LesebuchWunderlichstes Buch der Bcher Ist das Buch der Liebe. Aufmerksam hab ich's gelesen: Wenig Bltter Freuden, Ganze Hefte Leiden;

Einen Abschnitt macht die Trennung. Wiedersehn! ein klein Kapitel, Fragmentarisch. Bnde Kummers, Mit Erklrungen verlngert, Endlos, ohne Ma. O Nisami! doch am Ende Hast den rechten Weg gefunden: Unauflsliches, wer lst es? Liebende, sich wiederfindend.

Ja, die Augen waren'sJa, die Augen waren's, ja, der Mund, Die mir blickten, die mich kten. Hfte schmal, der Leib so rund, Wie zu Paradieses Lsten! War sie da? Wo ist sie hin? Ja, sie war's, sie hat's gegeben, Hat gegeben sich im Fliehn Und gefesselt all mein Leben.

GewarntAuch in Locken hab ich mich Gar zu gern verfangen. Und so, Hafis, wr's wie dir Deinem Freund ergangen. Aber Zpfe flechten sie, Nun aus langen Haaren; Unterm Helme fechten sie, Wie wir wohl erfahren. Wer sich aber wohl besann, Lt sich so nicht zwingen: Schwere Ketten frchtet man, Rennt in leichte Schlingen.

VersunkenVoll Locken kraus ein Haupt so rund! Und darf ich dann in solchen reichen Haaren Mit vollen Hnden hin und wider fahren, Da fhl ich mich von Herzensgrund gesund. Und k ich Stirne, Bogen, Auge, Mund, Dann bin ich frisch und immer wieder wund. Der fnfgezackte Kamm, wo sollt er stocken? Er kehrt schon wieder zu den Locken. Das Ohr versagt sich nicht dem Spiel,

Hier ist nicht Fleisch, hier ist nicht Haut, So zart zum Scherz, so liebeviel! Doch wie man auf dem Kpfchen kraut, Man wird in solchen reichen Haaren Fr ewig auf und nieder fahren. So hast du, Hafis, auch getan, Wir fangen es von vornen an.

BedenklichSoll ich von Smaragden reden, Die dein Finger niedlich zeigt? Manchmal ist ein Wort von nten, Oft ist's besser, da man schweigt. Also sag ich, da die Farbe Grn und augerquicklich sei! Sage nicht, da Schmerz und Narbe Zu befrchten nah dabei! Immerhin! du magst es lesen! Warum bst du solche Macht! So gefhrlich ist dein Wesen Als erquicklich der Smaragd. Liebchen, ach! im starren Bande Zwngen sich die freien Lieder, Die im reinen Himmelslande Munter flogen hin und wider. Allem ist die Zeit verderblich, Sie erhalten sich allein! Jede Zeile soll unsterblich, Ewig wie die Liebe sein.

Schlechter TrostMitternachts weint und schluchzt ich, Weil ich dein entbehrte. Da kamen Nachtgespenster Und ich schmte mich. Nachtgespenster, sagt ich, Schluchzend und weinend Findet ihr mich, dem ihr sonst Schlafende vorberzogt. Groe Gter vermi ich. Denkt nicht schlimmer von mir, Den ihr sonst weise nanntet, Groes bel betrifft ihn! Und die Nachtgespenster Mit langen Gesichtern

Zogen vorbei, Ob ich weise oder trig, Vllig unbekmmert.

GengsamWie irrig whntest du, Aus Liebe gehre das Mdchen dir zu. Das knnte mich nun garnicht freuen, Sie versteht sich auf Schmeicheleien. Dichter Ich bin zufrieden, da ich's habe! Mir diene zur Entschuldigung: Liebe ist freiwillige Gabe, Schmeichelei Huldigung.

GruO wie selig ward mir! Im Lande wandl ich, Wo Hudhud ber den Weg luft. Des alten Meeres Muscheln Im Stein sucht ich, die versteinten; Hudhud lief einher, Die Krone entfaltend, Stolzierte, neckischer Art, ber das Tote scherzend Der Lebendge. Hudhud, sagt ich, frwahr! Ein schner Vogel bist du. Eile doch, Wiedehopf! Eile, der Geliebten Zu verknden, da ich ihr Ewig angehre. Hast du doch auch Zwischen Salomo Und Sabas Knigin Ehemals den Kuppler gemacht!

ErgebungDu vergehst und bist so freundlich, Verzehrst dich und singst so schn? Dichter Die Liebe behandelt mich feindlich! Da will ich gern gestehn: Ich singe mit schwerem Herzen. Sieh doch einmal die Kerzen! Sie leuchten, indem sie vergehn.

* Eine Stelle sucht der Liebe Schmerz, Wo es recht wst und einsam wre; Da fand er denn mein des Herz Und nistete sich in das leere.

UnvermeidlichWer kann gebieten den Vgeln, Still zu sein auf der Flur? Und wer verbieten zu zappeln Den Schafen unter der Schur? Stell ich mich wohl ungebrdig, Wenn mir die Wolle kraust? Nein! die Ungebrden entzwingt mir Der Scherer, der mich zerzaust. Wer will mir wehren, zu singen Nach Lust zum Himmel hinan, Den Wolken zu vertrauen, Wie lieb sie mir's angetan?

Geheimesber meines Liebchens ugeln Stehn verwundert alle Leute, Ich, der Wissende, dagegen Wei recht gut, was das bedeute. Denn es heit: ich liebe diesen, Und nicht etwa den und jenen, Lasset nur, ihr guten Leute, Euer Wundern, euer Sehnen! Ja, mit ungeheuren Mchten Blicket sie wohl in die Runde, Doch sie sucht nur zu verknden Ihm die nchste se Stunde.

GeheimstesWir sind emsig, nachzuspren, Wir, die Anekdotenjger, Wer dein Liebchen sei und ob du Nicht auch habest viele Schwger. Denn da du verliebt bist, sehn wir, Mgen dir es gerne gnnen;

Doch, da Liebchen so dich liebe, Werden wir nicht glauben knnen. Ungehindert, liebe Herren, Sucht sie auf! Nur hrt das eine: Ihr erschrecket, wenn sie dasteht; Ist sie fort, ihr kos't dem Scheine. Wit ihr, wie Schehb-eddin Sich auf Arafat entmantelt, Niemand haltet ihr fr trig, Der in seinem Sinne handelt. Wenn vor deines Kaisers Throne Oder vor der Vielgeliebten Je dein Name wird gesprochen, Sei es dir zu hchstem Lohne. Darum war's der hchste Jammer, Als einst Medschnun sterbend wollte, Da vor Leila seinen Namen Man forthin nicht nennen sollte.

Tefkir Nameh: Buch der BetrachtungenHre den Rat, den die Leier tnt! Doch er nutzet nur, wenn du fhig bist. Das glcklichste Wort, es wird verhhnt, Wenn der Hrer ein Schiefohr ist. Was tnt denn die Leier? Sie tnet laut: Die schnste, das ist nicht die beste Braut; Doch wenn wir dich unter uns zhlen sollen, So mut du das Schnste, das Beste wollen.

Fnf DingeFnf Dinge bringen fnfe nicht hervor, Du, dieser Lehre ffne du dein Ohr: Der stolzen Brust wird Freundschaft nicht entsprossen; Unhflich sind der Niedrigkeit Genossen; Ein Bsewicht gelangt zu keiner Gre; Der Neidische erbarmt sich nicht der Ble; Der Lgner hofft vergeblich Treu und Glauben Das halte fest und niemand la dir's rauben!

Fnf andereWas verkrzt mir die Zeit? Ttigkeit! Was macht sie unertrglich lang? Miggang! Was bringt in Schulden? Harren und Dulden! Was macht Gewinnen? Nicht lange besinnen! Was bringt zu Ehren? Sich wehren!

Lieblich ist des Mdchens BlickLieblich ist des Mdchens Blick, der winket; Trinkers Blick ist lieblich, eh er trinket, Gru des Herren, der befehlen konnte, Sonnenschein im Herbst, der sich besonnte. Lieblicher als alles dieses habe Stets vor Augen, wie sich kleiner Gabe Drftge Hand so hbsch entgegendrnget, Zierlich dankbar, was du reichst, empfnget. Welch ein Blick! ein Gru! ein sprechend Streben! Schau es recht und du wirst immer geben.

Und was im Pend-Nameh stehtUnd was im Pend-Nameh steht, Ist dir aus der Brust geschrieben: Jeden, dem du selber gibst, Wirst du wie dich selber lieben. Reiche froh den Pfennig hin, Hufe nicht ein Goldvermchtnis, Eile freudig vorzuziehn Gegenwart vor dem Gedchtnis.

Reitest du bei einem Schmied vorbeiReitest du bei einem Schmied vorbei, Weit du nicht, wann er dein Pferd beschlgt; Siehst du eine Htte im Felde frei, Weit nicht, ob sie dir ein Liebchen hegt; Einem Jngling begegnest du, schn und khn, Er berwindet dich knftig oder du ihn. Am sichersten kannst du vom Rebstock sagen, Er werde fr dich was Gutes tragen. So bist du denn der Welt empfohlen, Das brige will ich nicht wiederholen.

Den Gru des Unbekannten ehre ja!Den Gru des Unbekannten ehre ja! Er sei dir wert als alten Freundes Gru. Nach wenig Worten sagt ihr Lebewohl! Zum Osten du, er westwrts, Pfad an Pfad Kreuzt euer Weg nach vielen Jahren drauf Sich unerwartet, ruft ihr freudig aus: Er ist es! ja, da war's! als htte nicht So manche Tagefahrt zu Land und See, So manche Sonnenkehr sich drein gelegt. Nun tauschet War um Ware, teilt Gewinn! Ein alt Vertrauen wirke neuen Bund Der erste Gru ist viele tausend wert, Drum gre freundlich jeden, der begrt!

Haben sie von deinen FehlenHaben sie von deinen Fehlen Immer viel erzhlt Und fr wahr sie zu erzhlen, Vielfach sich geqult. Htten sie von deinem Guten Freundlich dir erzhlt,

Mit verstndig treuen Winken, Wie man Beres whlt: O gewi! das Allerbeste Blieb mir nicht verhehlt, Das frwahr nur wenig Gste In der Klause zhlt. Nun als Schler mich, zu kommen Endlich auserwhlt, Lehret mich der Bue Frommen, Wenn der Mensch gefehlt.

Mrkte reizen dich zum KaufMrkte reizen dich zum Kauf; Doch das Wissen blhet auf. Wer im Stillen um sich schaut, Lernet, wie die Lieb erbaut. Bist du Tag und Nacht beflissen, Viel zu hren, viel zu wissen, Horch an einer andern Tre, Wie zu wissen sich gebhre. Soll das Rechte zu dir ein, Fhl in Gott was Rechts zu sein: Wer von reiner Lieb entbrannt, Wird vom lieben Gott erkannt.

Wie ich so ehrlich warWie ich so ehrlich war, Hab ich gefehlt, Und habe Jahre lang Mich durchgeqult. Ich galt und galt auch nicht. Was sollt es heien? Nun wollt ich Schelm sein, Tt mich befleien; Das wollt mir garnicht ein, Mut mich zerreien. Da dacht ich: Ehrlich sein Ist doch das Beste; War es nur kmmerlich, So steht es feste.

Frage nicht, durch welche PforteFrage nicht, durch welche Pforte Du in Gottes Stadt gekommen, Sondern bleib am stillen Orte, Wo du einmal Platz genommen.

Schaue dann umher nach Weisen Und nach Mchtgen, die befehlen; Jene werden unterweisen, Diese Tat und Krfte sthlen. Wenn du ntzlich und gelassen So dem Staate treu geblieben, Wisse! niemand wird dich hassen, Und dich werden viele lieben. Und der Frst erkennt die Treue, Sie erhlt die Tat lebendig; Dann bewhrt sich auch das Neue Nchst dem Alten erst bestndig.

Woher ich kam?Woher ich kam? Es ist noch eine Frage; Mein Weg hierher, der ist mir kaum bewut, Heut nun und hier am himmelfrohen Tage Begegnen sich, wie Freunde, Schmerz und Lust. O ses Glck, wenn beide sich vereinen! Einsam, wer mchte lachen, mchte weinen?

Es geht eins nach dem andern hinEs geht eins nach dem andern hin, Und auch wohl vor dem andern; Drum lat uns rasch und brav und khn Die Lebenswege wandern. Es hlt dich auf, mit Seitenblick Der Blumen viel zu lesen; Doch hlt nichts grimmiger zurck, Als wenn du falsch gewesen.

Behandelt die Frauen mit NachsichtBehandelt die Frauen mit Nachsicht! Aus krummer Rippe ward sie erschaffen; Gott konnte sie nicht ganz grade machen. Willst du sie biegen, sie bricht; Lt du sie ruhig, sie wird noch krmmer: Du guter Adam, was ist denn schlimmer? Behandelt die Frauen mit Nachsicht: Es ist nicht gut, da euch eine Rippe bricht.

Das Leben ist ein schlechter Spa

Das Leben ist ein schlechter Spa: Dem fehlt's an Dies, dem fehlt's an Das, Der will nicht wenig, der zu viel, Und Kann und Glck kommt auch ins Spiel. Und hat sich's Unglck drein gelegt, Jeder, wie er nicht wollte, trgt. Bis endlich Erben mit Behagen Herrn Kannicht-Willnicht weiter tragen.

Das Leben ist ein GnsespielDas Leben ist ein Gnsespiel: Je mehr man vorwrts gehet, Je frher kommt man an das Ziel, Wo niemand gerne stehet. Man sagt, die Gnse wren dumm, O, glaubt mir nicht den Leuten: Denn eine sieht einmal sich 'rum, Mich rckwrts zu bedeuten. Ganz anders ist's in dieser Welt, Wo alles vorwrts drcket: Wenn einer stolpert oder fllt, Keine Seele rckwrts blicket.

Die Jahre nahmen dirDie Jahre nahmen dir, du sagst, so vieles: Die eigentliche Lust des Sinnespieles; Erinnerung des allerliebsten Tandes Von gestern, weit- und breiten Landes Durchschweifen frommt nicht mehr; selbst nicht von oben Der Ehren anerkannte Zier, das Loben, Erfreulich sonst. Aus eignem Tun Behagen Quillt nicht mehr auf, dir fehlt ein dreistes Wagen! Nun wt ich nicht, was dir Besondres bliebe! Mir bleibt genug! Es bleibt Idee und Liebe!

Vor den Wissenden sich stellenVor den Wissenden sich stellen, Sicher ist's in allen Fllen! Wenn du lange dich gequlet, Wei er gleich, wo dir es fehlet. Auch auf Beifall darfst du hoffen; Denn er wei, wo du's getroffen.

Freigebiger wird betrogen

Freigebiger wird betrogen, Geizhafter ausgesogen Verstndiger irrgeleitet, Vernnftiger leer geweitet, Der Harte wird umgangen, Der Gimpel wird gefangen. Beherrsche diese Lge, Betrogener, betrge!

Wer befehlen kann, wird lobenWer befehlen kann, wird loben, Und er wird auch wieder schelten, Und das mu dir, treuer Diener, Eines wie das andre gelten. Denn er lobt wohl das Geringe, Schilt auch, wo er sollte loben: Aber bleibst du guter Dinge, Wird er dich zuletzt erproben. Und so haltet's auch, ihr Hohen, Gegen Gott wie der Geringe: Tut und leidet, wie sich's findet, Bleibt nur immer guter Dinge!

An Schah Sedschan und seinesgleichenDurch allen Schall und Klang Der Transoxanen Erkhnt sich unser Sang Auf deine Bahnen! Uns ist fr garnichts bang, In dir lebendig, Dein Leben daure lang, Dein Reich bestndig!

Hchste GunstUngezhmt, so wie ich war, Hab ich einen Herrn gefunden Und, gezhmt nach manchem Jahr, Eine Herrin auch gefunden. Da sie Prfung nicht gespart, Haben sie mich treu gefunden Und mit Sorgfalt mich bewahrt Als den Schatz, den sie gefunden. Niemand diente zweien Herrn, Der dabei sein Glck gefunden:

Herr und Herrin sehn es gern, Da sie beide mich gefunden, Und mir leuchtet Glck und Stern, Da ich beide sie gefunden.

Ferdusi sprichtO Welt! wie schamlos und boshaft du bist! Du nhrst und erzieltest und ttest zugleich. Nur wer von Allah begnstigt ist, Der nhrt sich, erzieht sich, lebendig und reich.

Was heit denn Reichtum?Was heit denn Reichtum? Eine wrmende Sonne, Geniet sie der Bettler, wie wir sie genieen! Es mge doch keinen der Reichen verdrieen Des Bettlers im Eigensinn selige Wonne!

Dschelal-eddin Rumi sprichtVerweilst du in der Welt, sie flieht als Traum, Du reisest, ein Geschick bestimmt den Raum; Nicht Hitze, Klte nicht vermagst du festzuhalten, Und was dir blht, sogleich wird es veralten.

Suleika sprichtDer Spiegel sagt mir: ich bin schn Ihr sagt: zu altern, sei auch mein Geschick. Vor Gott mu alles ewig stehn; In mir liebt ihn fr diesen Augenblick!

Rendsch Nameh: Buch des UnmutsWo hast du das genommen?Wo hast du das genommen? Wie konnt es zu dir kommen? Wie aus dem Lebensplunder Erwarbst du diesen Zunder, Der Funken letzte Gluten Von frischem zu ermuten? Euch mg' es nicht bednkeln, Es sei gemeines Fnkeln: Auf ungemener Ferne, Im Ozean der Sterne, Mich hatt ich nicht verloren; Ich war wie neu geboren. Von weier Schafe Wogen Die Hgel berzogen, Umsorgt von ernsten Hirten, Die gern und schmal bewirten, So ruhig-liebe Leute, Da jeder mich erfreute. In schauerlichen Nchten, Bedrohet von Gefechten, Das Sthnen der Kamele Durchdrang das Ohr, die Seele, Und derer, die sie fhren, Einbildung und Stolzieren. Und immer ging es weiter Und immer ward es breiter, Und unser ganzes Ziehen, Es schien ein ewig Fliehen. Blau, hinter Wst und Heere, Der Streif erlogner Meere.

Keinen Reimer wird man findenKeinen Reimer wird man finden, Der sich nicht den besten hielte, Keinen Fiedler, der nicht lieber Eigne Melodien spielte. Und ich konnte sie nicht tadeln; Wenn wir andern Ehre geben, Mssen wir uns selbst entadeln.

Lebt man denn, wenn andre leben? Und so fand ich's denn auch juste In gewissen Antichambern, Wo man nicht zu sondern wute Musedreck von Koriandern. Das Gewesne wollte hassen Solche rstge neue Besen, Diese dann, nicht gelten lassen, Was sonst Besen war gewesen. Und wo sich die Vlker trennen, Gegenseitig im Verachten, Keins von beiden wird bekennen, Da sie nach demselben trachten. Und das grobe Selbstempfinden Haben Leute hart gescholten, Die am wenigsten verwinden, Wenn die andern was gegolten.

Befindet sich einer heiter und gutBefindet sich einer heiter und gut, Gleich will ihn der Nachbar peingen; Solang der Tchtige lebt und tut, Mchten sie ihn gerne steingen. Ist er hinterher aber tot, Gleich sammeln sie groe Spenden, Zu Ehren seiner Lebensnot Ein Denkmal zu vollenden. Doch ihren Vorteil sollte dann Die Menge wohl ermessen: Gescheiter wr's, den guten Mann Auf immerdar vergessen.

bermacht, ihr knnt es sprenbermacht, ihr knnt es spren, Ist nicht aus der Welt zu bannen; Mir gefllt zu konvergieren Mit Gescheiten, mit Tyrannen. Da die dummen Eingeengten Immerfort am strksten pochten, Und die Halben, die Beschrnkten Gar zu gern uns unterjochten, Hab ich mich fr frei erklret

Von den Narren, von den Weisen; Diese bleiben ungestret, Jene mchten sich zerreien; Denken, in Gewalt und Liebe Mten wir zuletzt uns gatten, Machen mir die Sonne trbe Und erhitzen mir den Schatten. Hafis auch und Ulrich Hutten Muten ganz bestimmt sich rsten Gegen braun und blaue Kutten: Meine gehn wie andre Christen. Aber nenn uns doch die Feinde! Niemand soll sie unterscheiden; Denn ich hab in der Gemeinde Schon genug daran zu leiden.

Wenn du auf dem Guten ruhstWenn du auf dem Guten ruhst, Nimmer werd ich's tadeln; Wenn du gar das Gute tust, Sieh, das soll dich adeln! Hast du aber deinen Zaun Um dein Gut gezogen, Leb ich frei und lebe traun Keineswegs betrogen. Denn die Menschen, sie sind gut, Wrden besser bleiben, Sollte nicht, wie's einer tut, Auch der andre treiben. Auf dem Weg, da ist's ein Wort, Niemand wird's verdammen: Wollen wir an einen Ort, Nun wir gehn zusammen! Vieles wird sich da und hie Uns entgegenstellen: In der Liebe mag man nie Helfer und Gesellen; Geld und Ehre htte man Gern allein zur Spende; Und der Wein, der treue Mann, Der entzweit am Ende. Hat doch ber solches Zeug Hafis auch gesprochen,

ber manchen dummen Streich Sich den Kopf zerbrochen; Und ich seh nicht, was es frommt, Aus der Welt zu laufen, Magst du, wenn das Schlimmste kommt, Auch einmal dich raufen!

Als wenn das auf Namen ruhteAls wenn das auf Namen ruhte, Was sich schweigend nur entfaltet! Lieb ich doch das schne Gute, Wie es sich aus Gott gestaltet! Jemand lieb ich, das ist ntig. Niemand ha ich; soll ich hassen, Auch dazu bin ich erbtig, Hasse gleich in ganzen Massen. Willst sie aber nher kennen? Sieh aufs Rechte, sieh aufs Schlechte: Was sie ganz frtrefflich nennen, Ist wahrscheinlich nicht das Rechte. Denn das Rechte zu ergreifen, Mu man aus dem Grunde leben, Und salbadrisch auszuschweifen, Dnket mich ein seicht Bestreben. Wohl, Herr Knitterer, er kann sich Mit Zersplitterer vereinen, Und Verwitterer alsdann sich Allenfalls der Beste scheinen! Da nur immer in Erneuung Jeder tglich Neues hre, Und zugleich auch die Zerstreuung Jeden in sich selbst zerstre! Dies der Landsmann wnscht und liebet Mag er Deutsch, mag Teutsch sich schreiben, Liedchen aber heimlich piepet: Also war es und wird bleiben.

MedschnunMedschnun heit ich will nicht sagen, Da es grad ein Toller heie, Doch ihr mt mich nicht verklagen, Da ich mich als Medschnun preise.

Wenn die Brust, die redlich volle, Sich entladet, euch zu retten, Ruft ihr nicht: Das ist der Tolle! Holet Stricke, schaffet Ketten! Und wenn ihr zuletzt in Fesseln Seht die Klgeren verschmachten, Sengt es euch wie Feuernesseln, Das vergebens zu betrachten. Hab ich euch denn je geraten, Wie ihr Kriege fhren solltet? Schalt ich euch, nach euren Taten, Wenn ihr Friede schlieen wolltet? Und so hab ich auch den Fischer Ruhig sehen Netze werfen, Brauchte dem gewandten Tischer Winkelma nicht einzuschrfen. Aber ihr wollt besser wissen, Was ich wei, der ich bedachte, Was Natur, fr mich beflissen, Schon zu meinem Eigen machte. Fhlt ihr euch dergleichen Strke? Nun, so frdert eure Sachen! Seht ihr aber meine Werke, Lernet erst: so wollt er's machen!

Wanderers Gemtsruhebers Niedertrchtige Niemand sich beklage! Denn es ist das Mchtige, Was man dir auch sage. In dem Schlechten waltet es Sich zu Hochgewinne, Und mit Rechtem schaltet es Ganz nach seinem Sinne. Wandrer! Gegen solche Not Wolltest du dich struben? Wirbelwind und trocknen Kot, La sie drehn und stuben!

Wer wird von der Welt verlangen

Wer wird von der Welt verlangen, Was sie selbst vermit und trumet, Rckwrts oder seitwrts blickend, Stets den Tag des Tags versumt? Ihr Bemhn, ihr guter Wille Hinkt nur nach dem raschen Leben, Und was du vor Jahren brauchtest, Mchte sie dir heute geben.

Sich selbst zu loben, ist ein FehlerSich selbst zu loben, ist ein Fehler, Doch jeder tut's, der etwas Gutes tut; Und ist er dann in Worten kein Verhehler, Das Gute bleibt doch immer gut. Lat doch, ihr Narren, doch die Freude Dem Weisen, der sich weise hlt, Da er, ein Narr wie ihr, vergeude Den abgeschmackten Dank der Welt.

Glaubst du denn: von Mund zu OhrGlaubst du denn: von Mund zu Ohr Sei ein redlicher Gewinnst? berliefrung, o du Tor, Ist auch wohl ein Hirngespinst. Nun geht erst das Urteil an: Dich vermag aus Glaubensketten Der Verstand allein zu retten, Dem du schon Verzicht getan.

Und wer franzet oder britetUnd wer franzet oder britet, Italienert oder teutschet, Einer will nur wie der andre, Was die Eigenliebe heischet. Denn es ist kein Anerkennen, Weder vieler, noch des einen, Wenn es nicht am Tage frdert, Wo man selbst was mchte scheinen. Morgen habe denn das Rechte Seine Freunde wohlgesinnet, Wenn nur heute noch das Schlechte

Vollen Platz und Gunst gewinnet. Wer nicht von dreitausend Jahren Sich wei Rechenschaft zu geben, Bleib im Dunkeln unerfahren, Mag von Tag zu Tage leben.

Sonst, wenn man den heiligen Koran zitierteSonst, wenn man den heiligen Koran zitierte, Nannte man die Sure, den Vers dazu, Und jeder Moslim, wie sich's gebhrte, Fhlte sein Gewissen in Respekt und Ruh. Die neuen Derwische wissen's nicht besser, Sie schwatzen das Alte, das Neue dazu; Die Verwirrung wird tglich grer, O heiliger Koran! O ewige Ruh'!

Der Prophet sprichtrgerts jemand, da es Gott gefallen, Mahomet zu gnnen Schutz und Glck, An den strksten Balken seiner Hallen, Da befestig' er den derben Strick, Knpfe sich daran! Das hlt und trgt. Er wird fhlen, da sein Zorn sich legt.

Timur sprichtWas? Ihr mibilliget den krftgen Sturm Des bermuts, verlogne Pfaffen? Htt Allah mich bestimmt zum Wurm, So htt' er mich als Wurm geschaffen.

Hikmet Nameh: Buch der SprcheTalismane werd ich in dem Buch zerstreuen; Das bewirkt ein Gleichgewicht. Wer mit glubger Nadel sticht, berall soll gutes Wort ihn freuen,. Vom heutgen Tag, von heutger Nacht Verlange nichts, Als was die gestrigen gebracht. Wer geboren in bs'sten Tagen, Dem werden selbst die bsen behagen. Wie etwas sei leicht, Wei, der es erfunden und der es erreicht. Das Meer flutet immer, Das Land behlt es nimmer. Was wird mir jede Stunde so bang? Das Leben ist kurz, der Tag ist lang. Und immer sehnt sich fort das Herz, Ich wei nicht recht, ob himmelwrts; Fort aber will es hin und hin, Und mchte vor sich selber fliehn. Und fliegt es an der Liebsten Brust, Da ruht's im Himmel unbewut. Des Lebens Strudel reit es fort, Und immer hngt's an einem Ort, Was es gewollt, was es verlor, Es bleibt zuletzt sein eigner Tor. Prft das Geschick dich, wei es wohl warum: Es wnschte dich enthaltsam! Folge stumm! Noch ist es Tag; da rhre sich der Mann! Die Nacht tritt ein, wo niemand wirken kann. Was machst du an der Welt? Sie ist schon gemacht. Der Herr der Schpfung hat alles bedacht, Dein Los ist gefallen, verfolge die Weise, Der Weg ist begonnen, vollende die Reise. Denn Sorgen und Kummer verndern es nicht, Sie schleudern dich ewig aus gleichem Gewicht. Wenn der Schwergedrckte klagt, Hilfe, Hoffnung sei versagt, Bleibet heilsam fort und fort Immer noch ein freundlich Wort. Wie ungeschickt habt ihr euch benommen,

Da euch das Glck ins Haus gekommen! Das Mdchen hat's nicht bel genommen Und ist noch ein paarmal wieder gekommen. Mein Erbteil wie herrlich, weit und breit! Die Zeit ist mein Besitz, mein Acker ist die Zeit. Gutes tu rein aus des Guten Liebe! Das berliefre deinem Blut. Und wenn's den Kindern nicht verbliebe, Den Enkeln kommt es doch zu gut. Enweri sagt's, ein Herrlichster der Mnner, Des tiefsten Herzens, hchsten Hauptes Kenner: Dir frommt an jedem Ort, zu jeder Zeit Geradheit, Urteil und Vertrglichkeit. Was klagst du ber Feinde? Sollten solche je werden Freunde, Denen das Wesen, wie du bist, Im stillen ein ewiger Vorwurf ist? Dmmer ist nichts zu ertragen, Als wenn Dumme sagen den Weisen, Da sie sich in groen Tagen Sollten bescheidentlich erweisen. Wenn Gott so schlechter Nachbar wre, Als ich bin und als du bist, Wir htten beide wenig Ehre; Der lt einen jeden, wie er ist. Gestehts! die Dichter des Orients Sind grer als wir des Occidents. Worin wir sie aber vllig erreichen, Das ist im Ha auf unsresgleichen. berall will jeder obenauf sein, Wie's eben in der Welt so geht, Jeder sollte freilich grob sein, Aber nur in dem, was er versteht. Verschon uns, Gott, mit deinem Grimme! Zaunknige gewinnen Stimme. Will der Neid sich doch zerreien, La ihn seinen Hunger speisen. Sich im Respekt zu erhalten, Mu man recht borstig sein. Alles jagt man mit Falken,

Nur nicht das wilde Schwein. Was hilft's dem Pfaffenorden, Der mir den Weg verrannt? Was nicht gerade erfat worden, Wird auch schief nicht erkannt. Einen Helden mit Lust preisen und nennen Wird jeder, der selbst als Khner stritt. Des Menschen Wert kann niemand erkennen, Der nicht selbst Hitze und Klte litt. Gutes tu' rein aus des Guten Liebe! Was du tust, verbleibt dir nicht; Und wenn es auch dir verblieben Bleibt es deinen Kindern nicht. Soll man dich nicht auf's schmhlichste berauben, Verbirg dein Gold, dein Weggehn, deinen Glauben! Wie kommt's, da man an jedem Orte So viel Gutes, so viel Dummes hrt? Die Jngsten wiederholen der ltesten Worte Und glauben, da es ihnen angehrt. La dich nur in keiner Zeit Zum Widerspruch verleiten! Weise fallen in Unwissenheit, Wenn sie mit Unwissenden streiten. Warum ist Wahrheit fern und weit? Birgt sich hinab in tiefste Grnde? Niemand versteht zur rechten Zeit! Wenn man zur rechten Zeit verstnde, So wre Wahrheit nah und breit Und wre lieblich und gelinde. Was willst du untersuchen, Wohin die Milde fliet! Ins Wasser wirf deine Kuchen; Wer wei, wer sie geniet! Als ich einmal eine Spinne erschlagen, Dacht ich, ob ich das wohl gesollt? Hat Gott ihr doch wie mir gewollt Einen Anteil an diesen Tagen! Dunkel ist die Nacht, bei Gott ist Licht. Warum hat er uns nicht auch so zugericht? Welch eine bunte Gemeinde!

An Gottes Tisch sitzen Freund und Feinde. Ihr nennt mich einen kargen Mann; Gebt mir, was ich verprassen kann! Soll ich dir die Gegend zeigen, Mut du erst das Dach besteigen. Wer schweigt, hat wenig zu sorgen; Der Mensch bleibt unter der Zunge verborgen. Ein Herre mit zwei Gesind, Er wird nicht wohl gepflegt. Ein Haus, worin zwei Weiber sind, Es wird nicht rein gefegt. Ihr lieben Leute, bleibt dabei Und sagt nur: Autos epha! Was sagt ihr lange Mann und Weib? Adam, so heit's, und Eva! Wofr ich Allah hchlich danke? Da er Leiden und Wissen getrennt. Verzweifeln mte jeder Kranke, Das bel kennend, wie der Arzt es kennt. Nrrisch, da jeder in seinem Falle Seine besondere Meinung preist! Wenn Islam Gott ergeben heit, In Islam leben und sterben wir alle. Wer auf die Welt kommt, baut ein neues Haus, Er geht und lt es einem zweiten; Der wird sich's anders zubereiten. Und niemand baut es aus. Wer in mein Haus tritt, der kann schelten, Was ich lie viele Jahre gelten; Vor der Tr aber mt er passen, Wenn ich ihn nicht wollte gelten lassen. Herr, la dir gefallen Dieses kleine Haus! Grre kann man bauen, Mehr kommt nicht heraus. Du bist auf immer geborgen, Das nimmt dir niemand wieder: Zwei Freunde ohne Sorgen, Weinbecher, Bchlein Lieder.

Was brachte Lokman nicht hervor, Den man den Garst'gen hie! Die Sigkeit liegt nicht im Rohr, Der Zucker, der ist s. Herrlich ist der Orient bers Mittelmeer gedrungen; Nur wer Hafis liebt und kennt, Wei, was Calderon gesungen. Was schmckst du die eine Hand denn nun Weit mehr als ihr gebhrte? Was sollte denn die Linke tun, Wenn sie die Rechte nicht zierte? Wenn man auch nach Mekka triebe Christus' Esel, wrd' er nicht Dadurch besser abgericht, Sondern stets ein Esel bliebe. Getretner Quark Wird breit, nicht stark. Schlgst du ihn aber mit Gewalt In feste Form, er nimmt Gestalt. Dergleichen Steine wirst du kennen. Europer Pis sie nennen. Betrbt euch nicht, ihr guten Seelen! Denn wer nicht fehlt, wei wohl, wenn andre fehlen; Allein wer fehlt, der ist erst recht daran, Er wei nun deutlich, wie sie wohl getan. Du hast gar vielen nicht gedankt, Die dir so manches Gute gegeben! Darber bin ich nicht erkrankt, Ihre Gaben mir im Herzen leben. Guten Ruf mut du dir machen, Unterscheiden wohl die Sachen; Wer was weiter will, verdirbt. Die Flut der Leidenschaft, sie strmt vergebens Ans unbezwungne feste Land: Sie wirft poetische Perlen an den Strand, Und das ist schon Gewinn des Lebens. Vertrauter Du hast so manche Bitte gewhrt, Und wenn sie dir auch schdlich war; Der gute Mann da hat wenig begehrt, Dabei hat es doch keine Gefahr. Wesir

Der gute Mann hat wenig begehrt, Und htt ich's ihm sogleich gewhrt, Er auf der Stelle verloren war. Schlimm ist es, wie doch wohl geschieht, Wenn Wahrheit sich nach dem Irrtum zieht. Das ist auch manchmal ihr Behagen: Wer wird so schne Frau befragen? Herr Irrtum, wollt er an Wahrheit sich schlieen, Das sollte Frau Wahrheit bald verdrieen. Wisse, da mir sehr mifllt, Wenn so viele singen und reden! Wer treibt die Dichtkunst aus der Welt? Die Poeten!

Timur Nameh: Buch des TimurDer Winter und TimurSo umgab sie nun der Winter Mit gewaltgem Grimme. Streuend Seinen Eishauch zwischen alle, Hetzt' er die verschiednen Winde Widerwrtig auf sie ein. ber sie gab er Gewaltkraft Seinen frostgespitzten Strmen, Stieg in Timurs Rat hernieder, Schrie ihn drohend an und sprach so: Leise, langsam, Unglcksel'ger! Wandle, du Tyrann des Unrechts! Sollen lnger noch die Herzen Sengen, brennen deinen Flammen? Bist du der verdammten Geister Einer: wohl! ich bin der andre. Du bist Greis; ich auch! Erstarren Machen wir so Land als Menschen. Mars, du bist's! Ich bin Saturnus; belttige Gestirne, Im Verein die schrecklichsten. Ttest du die Seele, kltest Du den Luftkreis: meine Lfte Sind noch klter, als du sein kannst. Qulen deine wilden Heere Glubige mit tausend Martern: Wohl! in meinen Tagen soll sich, Geb es Gott! was Schlimmres finden, Und, bei Gott! dir schenk ich nichts. Hr es Gott, was ich dir biete! Ja, bei Gott! von Todesklte Nicht, o Greis, verteidigen soll dich Breite Kohlenglut vom Herde, Keine Flamme des Dezembers!

An SuleikaDir mit Wohlgeruch zu kosen, Deine Freuden zu erhhn, Knospend mssen tausend Rosen Erst in Gluten untergehn. Um ein Flschchen zu besitzen, Das den Ruch auf ewig hlt, Schlank wie deine Fingerspitzen, Da bedarf es einer Welt.

Einer Welt von Lebenstrieben, Die in ihrer Flle Drang Ahneten schon Bulbuls lieben, Seelerregenden Gesang. Sollte jene Qual uns qulen, Da sie unsre Lust vermehrt? Hat nicht Myriaden Seelen Timurs Herrschaft aufgezehrt?

Suleika Nameh: Buch SuleikaIch gedachte in der Nacht, Da ich den Mond she im Schlaf, Als ich aber erwachte, Ging unvermutet die Sonne auf.

EinladungMut nicht vor dem Tage fliehn; Denn der Tag, den du ereilest, Ist nicht besser als der heutge: Aber wenn du froh verweilest, Wo ich mir die Welt beseitge, Um die Welt an mich zu ziehen, Bist du gleich mit mir geborgen: Heut ist heute, morgen morgen. Und, was folgt und was vergangen, Reit nicht hin und bleibt nicht hangen, Bleibe du, mein Allerliebstes, Denn du bringst es und du gibst es. * Da Suleika von Jussuf entzckt war, Ist keine Kunst. Er war jung, Jugend hat Gunst. Er war schn; sie sagen: zum Entzcken, Schn war sie, konnten einander beglcken. Aber da du, die so lange mir erharrt war, Feurige Jugendblicke mir schickst, Jetzt mich liebst, mich spter beglckst, Das sollen meine Lieder preisen, Sollst mir ewig Suleika heien. * Da du nun Suleika heiest,

Sollt ich auch benamset sein. Wenn du deinen Geliebten preisest, Hatem! das soll der Name sein. Nur da man mich daran erkennet, Keine Anmaung soll es sein: Wer sich Sankt Georgenritter nennet, Denkt nicht gleich Sankt Georg zu sein. Nicht Hatem Thai, nicht der alles Gebende, Kann ich in meiner Armut sein; Hatem Zograi nicht, der reichlichst Lebende Von allen Dichtern mcht ich sein: Aber beide doch im Auge zu haben, Es wird nicht ganz verwerflich sein: Zu nehmen, zu geben des Glckes Gaben, Wird immer ein gro Vergngen sein. Sich liebend aneinander zu laben, Wird Paradieses Wonne sein.

HatemNicht Gelegenheit macht Diebe Sie ist selbst der grte Dieb; Denn sie stahl den Rest der Liebe, Die mir noch im Herzen blieb. Dir hat sie ihn bergeben, Meines Lebens Vollgewinn, Da ich nun verarmt, mein Leben Nur von dir gewrtig bin. Doch ich fhle schon Erbarmen Im Karfunkel deines Blicks Und erfreu in deinen Armen Mich erneuerten Geschicks.

SuleikaHochbeglckt in deiner Liebe Schelt ich nicht Gelegenheit, Ward sie auch an dir zum Diebe. Wie mich solch ein Raub erfreut! Und wozu denn auch berauben? Gib dich mir aus freier Wahl, Gar zu gerne mcht ich glauben: Ja, ich bin's, die dich bestahl. Was so willig du gegeben, Bringt dir herrlichen Gewinn; Meine Ruh, mein reiches Leben

Geb ich freudig: nimm es hin! Scherze nicht! Nichts von Verarmen! Macht uns nicht die Liebe reich? Halt ich dich in meinen Armen, Jedem Glck ist meines gleich.

Der Liebende wird nicht irre gehnDer Liebende wird nicht irre gehn, Wr's um ihn her auch noch so trbe. Sollten Leila und Medschnun auferstehn, Von mir erfhren sie den Weg der Liebe.

Ists mglichIsts mglich, da ich, Liebchen, dich kose, Vernehme der gttlichen Stimme Schall! Unmglich scheint immer die Rose, Unbegreiflich die Nachtigall.

SuleikaAls ich auf dem Euphrat schiffte, Streifte sich der goldne Ring Fingerab in Wasserklfte, Den ich jngst von dir empfing. Also trumt ich; Morgenrte Blitzt ins Auge durch den Baum. Sag, Poete, sag, Prophete, Was bedeutet dieser Traum?

HatemDies zu deuten, bin erbtig! Hab ich dir nicht oft erzhlt, Wie der Doge von Venedig Mit dem Meere sich vermhlt? So von deinen Fingergliedern Fiel der Ring dem Euphrat zu. Ach, zu tausend Himmelsliedern Ser Traum, begeisterst du! Mich, der von den Indostanen Streifte bis Damaskus hin, Um mit neuen Karawanen

Bis ans Rote Meer zu ziehn, Mich vermhlst du deinem Flusse, Der Terrasse, diesem Hain, Hier soll bis zum letzten Kusse Dir mein Geist gewidmet sein.

SuleikaKenne wohl der Mnner Blicke, Einer sagt: Ich liebe, leide! Ich begehre, ja verzweifle! Und was sonst ist, kennt ein Mdchen. Alles das kann mir nicht helfen, Alles das kann mich nicht rhren; Aber, Hatem, deine Blicke Geben erst dem Tage Glanz. Denn sie sagen: Die gefllt mir, Wie mir sonst nichts mag gefallen, Seh ich Rosen, seh ich Lilien, Aller Grten Zier und Ehre, So Zypressen, Myrten, Veilchen, Aufgeregt zum Schmuck der Erde, Und geschmckt ist sie ein Wunder, Mit Erstaunen uns umfangend, Uns erquickend, heilend, segnend, Da wir uns gesunder fhlen, Wieder gern erkranken mchten. Da erblicktest du Suleika Und gesundetest erkrankend Und erkranketest gesundend, Lcheltest und sahst herber, Wie du nie der Welt gelchelt. Und Suleika fhlt des Blickes Ewge Rede: Die gefllt mir, Wie mir sonst nichts mag gefallen.

Gingo bilobaDieses Baums Blatt, der von Osten Meinem Garten anvertraut, Gibt geheimen Sinn zu kosten, Wie's den Wissenden erbaut. Ist es ein lebendig Wesen, Das sich in sich selbst getrennt? Sind es zwei, die sich erlesen, Da man sie als eines kennt? Solche Fragen zu erwidern,

Fand ich wohl den rechten Sinn: Fhlst du nicht an meinen Liedern, Da ich eins und doppelt bin?

SuleikaSag, du hast wohl viel gedichtet, Hin und her dein Lied gerichtet, Schne Schrift von deiner Hand, Prachtgebunden, goldgerndet, Bis auf Punkt und Strich vollendet, Zierlich lockend, manchen Band? Stets, wo du sie hingewendet, War's gewi ein Liebespfand?

HatemJa, von mchtig holden Blicken Wie von lchelndem Entzcken Und von Zhnen blendend klar, Wimpernpfeilen, Lockenschlangen, Hals und Busen reizumhangen, Tausendfltige Gefahr! Denke nun, wie von so langem Prophezeit Suleika war.

SuleikaDie Sonne kommt! Ein Prachterscheinen! Der Sichelmond umklammert sie. Wer konnte solch ein Paar vereinen? Dies Rtsel, wie erklrt sich's wie?

HatemDer Sultan konnt es, er vermhlte Das allerhchste Weltenpaar, Um zu bezeichnen Auserwhlte, Die Tapfersten der treuen Schar. Auch sei's ein Bild von unsrer Wonne! Schon seh ich wieder mich und dich, Du nennst mich, Liebchen, deine Sonne; Komm, ser Mond, umklammre mich!

Komm, Liebchen, kommKomm, Liebchen, komm! umwinde mir die Mtze! Aus deiner Hand nur ist der Tulbend schn

Hat Abbas doch auf Irans hchstem Sitze Sein Haupt nicht zierlicher umwinden sehn! Ein Tulbend war das Band, das Alexandern In Schleifen schn vom Haupte fiel Und allen Folgeherrschern, jenen Andern, Als Knigszierde wohlgefiel. Ein Tulbend ist's, der unsern Kaiser schmcket, Sie nennen's Krone. Name geht wohl hin! Juwel und Perle! sei das Aug entzcket! Der schnste Schmuck ist stets der Musselin. Und diesen hier, ganz rein und silberstreifig, Umwinde, Liebchen, um die Stirn umher! Was ist denn Hoheit? Mir ist sie gelufig! Du schaust mich an, ich bin so gro als er.

Nur wenig ists, was ich verlangeNur wenig ists, was ich verlange, Weil eben alles mir gefllt, Und dieses Wenige, wie lange, Gibt mir gefllig schon die Welt! Oft sitz ich heiter in der Schenke Und heiter im beschrnkten Haus; Allein sobald ich dein gedenke, Dehnt sich mein Geist erobernd aus. Dir sollten Timurs Reiche dienen, Gehorchen sein gebietend Heer, Badakschan zollte dir Rubinen, Trkise das Hyrkan'sche Meer. Getrocknet honigse Frchte Von Bokhara, dem Sonnenland, Und tausend liebliche Gedichte Auf Seidenblatt von Samarkand. Da solltest du mit Freude lesen, Was ich von Ormus dir verschrieb Und wie das ganze Handelswesen Sich nur bewegte dir zulieb; Wie in dem Lande der Brahmanen Viel tausend Finger sich bemht, Da alle Pracht der Indostanen Fr dich auf Woll und Seide blht;

Ja, zur Verherrlichung der Lieben, Giebche, Soumelpours durchwhlt, Aus Erde, Grus, Gerill, Geschieben Dir Diamanten ausgesplt; Wie Taucherschar verwegner Mnner Der Perle Schatz dem Golf entri, Darauf ein Divan scharfer Kenner Sie dir zu reihen sich befli. Wenn nun Bassora noch das Letzte, Gewrz und Weihrauch, beigetan, Bringt alles, was die Welt ergetzte, Die Karawane dir heran. Doch alle diese Kaisergter Verwirrten doch zuletzt den Blick; Und wahrhaft liebende Gemter Eins nur im andern fhlt sein Glck.

Htt ich irgend wohl BedenkenHtt ich irgend wohl Bedenken, Balch, Bochara, Samarkand, Ses Liebchen, dir zu schenken, Dieser Stdte Rausch und Tand? Aber frag einmal den Kaiser, Ob er dir die Stdte gibt? Er ist herrlicher und weiser; Doch er wei nicht, wie man liebt. Herrscher, zu dergleichen Gaben Nimmermehr bestimmst du dich! Solch ein Mdchen mu man haben Und ein Bettler sein wie ich.

Die schn geschriebenenDie schn geschriebenen, Herrlich umgldeten Belchelst du, Die anmalichen Bltter, Verziehst mein Prahlen Von deiner Lieb und meinem Durch dich glcklichen Gelingen, Verziehst anmutigem Selbstlob. Selbstlob! Nur dem Neide stinkt's, Wohlgeruch Freunden

Und eignem Schmack! Freude des Daseins ist gro, Grer die Freud am Dasein. Wenn du, Suleika, Mich berschwenglich beglckst, Deine Leidenschaft mir zuwirfst, Als wr's ein Ball, Da ich ihn fange, Dir zurckwerfe Mein gewidmetes Ich: Das ist ein Augenblick! Und dann reit mich von dir Bald der Franke, bald der Armenier. Aber Tage whrt's, Jahre dauert's, da ich neu erschaffe Tausendfltig deiner Verschwendungen Flle, Auftrsle die bunte Schnur meines Glcks, Geklppelt tausendfadig Von dir, o Suleika! Hier nun dagegen Dichtrische Perlen, Die mir deiner Leidenschaft Gewaltige Brandung Warf an des Lebens Verdeten Strand aus, Mit spitzen Fingern Zierlich gelesen, Durchreiht mit juwelenem Goldschmuck. Nimm sie an deinen Hals, An deinem Busen, Die Regentropfen Allahs, Gereift in bescheidener Muschel!

Lieb um Liebe, Stund um StundeLieb um Liebe, Stund um Stunde, Wort um Wort und Blick um Blick, Ku um Ku vom treusten Munde, Hauch um Hauch und Glck um Glck. So am Abend, so am Morgen. Doch du fhlst an meinen Liedern Immer noch geheime Sorgen: Jussufs Reize mcht ich borgen, Deine Schnheit zu erwidern.

Suleika

Volk und Knecht und berwinder, Sie gestehn zu jeder Zeit: Hchstes Glck der Erdenkinder Sei nur die Persnlichkeit. Jedes Leben sei zu fhren, Wenn man sich nicht selbst vermit; Alles knne man verlieren, Wenn man bliebe, was man ist.

HatemKann wohl sein, so wird gemeinet, Doch ich bin auf andrer Spur: Alles Erdenglck vereinet Find ich in Suleika nur. Wie sie sich an mich verschwendet, Bin ich mir ein wertes Ich; Htte sie sich weggewendet, Augenblicks verlr ich mich. Nun mit Hatem wr's zu Ende, Doch schon hab ich umgelost: Ich verkrpre mich behende In den Holden, den sie kost. Wollte, wo nicht gar ein Rabbi, Das will mir so recht nicht ein, Doch Ferdusi, Montanabbi, Allenfalls der Kaiser sein.

HatemWie des Goldschmieds Bazarldchen Vielgefrbt geschliffne Lichter, So umgeben hbsche Mdchen Den beinah ergrauten Dichter.

MdchenSingst du schon Suleika wieder! Diese knnen wir nicht leiden,; Nicht um dich um deine Lieder Wollen, mssen wir sie neiden. Denn wenn sie auch garstig wre, Macht'st du sie zum schnen Wesen, Und so haben wir von Dschemil

Und Boteinah viel gelesen. Aber eben, weil wir hbsch sind, Mchten wir auch gern gemalt sein, Und, wenn du es billig machest, Sollst du auch recht hbsch bezahlt sein.

HatemBrunchen, komm! es wird schon gehen Zpfe, Kmme, gro und kleine, Zieren Kpfchens nette Reine, Wie die Kuppel ziert Moscheen. Du, Blondinchen, bist so zierlich, Aller Weis und Weg so nette; Man gedenkt nicht ungebhrlich Alsogleich der Minarette. Du da hinten hast der Augen Zweierlei, du kannst die beiden Einzeln nach Belieben brauchen. Doch ich sollte dich vermeiden. Leichtgedrckt der Augenlider Eines, die den Stern bewhelmen, Deutet auf den Schelm der Schelmen, Doch das andre schaut so bieder. Dies, wenn jen's verwundend angelt, Heilend, nhrend wird sich's weisen; Niemand kann ich glcklich preisen, Der des Doppelblicks ermangelt. Und so knnt ich alle loben, Und so knnt ich alle lieben: Denn so wie ich euch erhoben, War die Herrin mit beschrieben.

MdchenDichter will so gerne Knecht sein, Weil die Herrschaft draus entspringet; Doch vor allem sollt' ihm recht sein, Wenn das Liebchen selber singet. Ist sie denn des Liedes mchtig, Wie's auf unsern Lippen waltet? Denn es macht sie gar verdchtig, Da sie im Verborgnen schaltet.

HatemNun, wer wei, was sie erfllet! Kennt ihr solcher Tiefe Grund? Selbstgefhltes Lied entquillet, Selbstgedichtetes dem Mund. Von euch Dichterinnen allen Ist ihr eben keine gleich: Denn sie singt mir zu Gefallen, Und ihr singt und liebt nur euch.

MdchenMerke wohl, du hast uns eine Jener Huris vorgeheuchelt! Mag schon sein! wenn es nur keine Sich auf dieser Erde schmeichelt.

HatemLocken, haltet mich gefangen In dem Kreise des Gesichts! Euch, geliebten braunen Schlangen, Zu erwidern hab ich nichts. Nur dies Herz, es ist von Dauer, Schwillt in jugendlichstem Flor; Unter Schnee und Nebelschauer Rast ein tna dir hervor. Du beschmst wie Morgenrte Jener Gipfel ernste Wand Und noch einmal fhlet Hatem Frhlingshauch und Sommerbrand. Schenke her! Noch eine Flasche! Diesen Becher bring ich ihr! Findet sie ein Hufchen Asche, Sagt sie: Der verbrannte mir.

SuleikaNimmer will ich dich verlieren! Liebe gibt der Liebe Kraft. Magst du meine Jugend zieren Mit gewaltger Leidenschaft! Ach! wie schmeichelt's meinem Triebe,

Wenn man meinen Dichter preist! Denn das Leben ist die Liebe Und des Lebens Leben Geist.

La dein sen RubinenmundLa deinen sen Rubinenmund Zudringlichkeiten nicht verfluchen! Was hat Liebesschmerz andern Grund, Als seine Heilung zu suchen?

Bist du von deiner Geliebten getrenntBist du von deiner Geliebten getrennt Wie Orient vom Occident, Das Herz durch alle Wsten rennt; Es gibt sich berall selbst das Geleit, Fr Liebende ist Bagdad nicht weit.

Mag sie sich immer ergnzen,Mag sie sich immer ergnzen, Eure brchige Welt, in sich, Diese klaren Augen, sie glnzen, Dieses Herz, es schlgt fr mich!

O da der Sinnen doch so viele sindO da der Sinnen doch so viele sind! Verwirrung bringen sie ins Glck herein. Wenn ich dich sehe, wnsch ich taub zu sein, Wenn ich dich hre, blind.

Auch in der Ferne dir so nah!Auch in der Ferne dir so nah! Und unerwartet kommt die Qual. Da hr ich wieder dich einmal; Auf einmal bist du wieder da!

Wie sollt ich heiter bleiben

Wie sollt ich heiter bleiben, Entfernt von Tag und Licht? Nun aber will ich schreiben, Und trinken mag ich nicht. Wenn sie mich an sich lockte, War Rede nicht im Brauch, Und wie die Zunge stockte, So stockt die Feder auch. Nur zu! geliebter Schenke, Den Becher flle still! Ich sage nur: Gedenke! Schon wei man, was ich will.

Wenn ich dein gedenkeWenn ich dein gedenke, Fragt mich gleich der Schenke: Herr, warum so still? Da von deinen Lehren Immer weiter hren Saki gerne will. Wenn ich mich vergesse Unter der Zypresse, Hlt er nichts davon; Und im stillen Kreise Bin ich doch so weise, Klug wie Salomon.

Buch SuleikaIch mchte dieses Buch wohl gern zusammenschrzen, Da es den andern wre gleichgeschnrt. Allein, wie willst du Wort und Blatt verkrzen, Wenn Liebeswahnsinn dich ins Weite fhrt?

An vollen BschelzweigenAn vollen Bschelzweigen, Geliebte, sieh nur hin! La dir die Frchte zeigen, Umschalet stachlich grn. Sie hngen lngst geballet, Still, unbekannt mit sich; Ein Ast, der schaukelnd wallet,

Wiegt sie geduldiglich. Doch immer reift von innen Und schwillt der braune Kern; Er mchte Luft gewinnen Und sh die Sonne gern. Die Schale platzt, und nieder Macht er sich freudig los; So fallen meine Lieder Gehuft in deinen Scho.

SuleikaAn des lustgen Brunnens Rand, Der in Wasserfden spielt, Wut ich nicht, was fest mich hielt; Doch da war von deiner Hand Meine Chiffer leis gezogen; Nieder blickt ich, dir gewogen. Hier, am Ende des Kanals Der gereihten Hauptallee, Blick ich wieder in die Hh, Und da seh ich abermals Meine Lettern fein gezogen: Bleibe! bleibe mir gewogen!

HatemMge Wasser, springend, wallend, Die Zypressen dir gestehn: Von Suleika zu Suleika Ist mein Kommen und mein Gehn.

SuleikaKaum da ich dich wieder habe, Dich mit Ku und Liedern labe, Bist du still in dich gekehret; Was beengt und drckt und stret?

HatemAch, Suleika, soll ich's sagen? Statt zu loben, mcht ich klagen! Sangest sonst nur meine Lieder, Immer neu und immer wieder.

Sollte wohl auch diese loben; Doch sie sind nur eingeschoben, Nicht von Hafis, nicht Nisami. Nicht Saadi, nicht von Dschami. Kenn ich doch der Vter Menge, Silb um Silbe, Klang um Klnge, Im Gedchtnis unverloren; Diese da sind neu geboren. Gestern wurden sie gedichtet. Sag, hast du dich neu verpflichtet? Hauchest du so froh verwegen Fremden Atem mir entgegen, Der dich eben so belebet, Eben so in Liebe schwebet, Lockend, ladend zum Vereine So harmonisch als der meine?

SuleikaWar Hatem lange doch entfernt; Das Mdchen hatte was gelernt. Von ihm war sie so schn gelobt; Da hat die Trennung sich erprobt. Wohl, da sie dir nicht fremde scheinen; Sie sind Suleikas, sind die deinen!

Behramgur, sagt manBehramgur, sagt man, hat den Reim erfunden; Er sprach entzckt aus reiner Seele Drang; Dilaram schnell, die Freundin seiner Stunden, Erwiderte mit gleichem Wort und Klang. Und so, Geliebte, warst du mir beschieden, Des Reims zu finden holden Lustgebrauch, D