Von der subjektiven Erfahrung aus der Praxis zum objektiven Wissen:Anforderungen, Stolpersteine und...

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Von der subjektiven Erfahrung aus der Praxis zum objektiven

Wissen:Anforderungen, Stolpersteine und Ergebnisse

Ir. Philippe De Leener (Ph.D)Université de Louvain (Belgien)

Team Enda Graf Sahel Dakar (Senegal) Freiburg 28/01/05

Aufbau des Referates1. Kurze Einführung ins Konzept

2. Worum es geht

3. Einige konkrete Vorgehens-Beispiele

4. Die Schwierigkeiten

5. Resultate in der Form von Lektionen

1.Kurze Einführung

Einige Erklärungen zum Konzept

Verständnis der Begriffe:Einige einfache Definitionen

1. Eine Erfahrung ist eine erlebte Situation, die bei jemandem eine Spur hinterlässt, speziell in seinem Gedächtnis

2. Drei Bedingungen, die bewirken, das aus Kenntnissen erarbeitetes Wissen wird:1. Ich weiss, dass ich weiss (Bewusstwerden)

2. Ich weiss, was ich weiss (Absichtlichkeit)

3. Ich weiss, wie ich es weiss (Rückbesinnung)

Verständigung über die der Begriffe:Einige einfache Definitionen

3. Die Erarbeitung seines Wissens bedingt einen vorsätzlichen Vorgang, ein Konstrukt, von sich aus und für sich. Und deshalb einen spezifischen Aufwand für (I) die Formulierung (inWort oder Schrift), (II) die Objektivierung (Analyse) und (III) die Einleitung eines Prozesses (in « Bewegung » setzen)

2.Worum es geht

Warum ist die Umwandlung von Erfahrung in Wissen von

Interesse?

Drei Einsatzgebiete

• Institutionell: Mobilisierung der Fachleute, Lancierung oder Unterstützung einer abgestimmten Aktion zur Veränderung

• Professionell: Anpassung der Aufgaben, speziell der Verfahren und des Arbeitsrahmens

• Persönlich: Kompetenz-Bilanz

Andere ‘gute’ Gründe für die Umwandlung von Erfahrung in erarbeitetes Wissen

1. Weil die Arbeitskräfte vielfach nicht erkennen, was sie wissen und dass sie soviele Dinge wissen: Sein Wissen entdecken heisst, an sich wachsen,

2. Weil man, um zu lernen, erkennen muss, was man bereits weiss, denn Lernen bedeutet vor allem Umlernen,

3. Weil man häufig die treffendsten Antworten nicht in den Büchern findet, sondern in der konkreten Praxis.

Weitere ‘gute Gründe’ für die Umwandlung von Erfahrung in erarbeitetes Wissen

4. Weil die Ausbildung auf der Basis von durchlebten Erfahrungen einmal effizienter (man appliziert besser, was man von seinen Arbeitskollegen gelernt hat) und auch vollständiger sind (sie integrieren die Komplexität der rellen beruflichen Tätigkeit)

5. Weil es diese Art von Ausbildung erlaubt, politische, organisatorische zusammen mit technischen Fragen zu bearbeiten.

Weitere ‘gute Gründe’ für die Umwandlung von Erfahrung in erarbeitetes Wissen

6. Weil man sich von selbst erlebten Situationen löst und, von hier an auf direktere Weise den realen Problemen der Handelnden begegnet (bottom-up).

7.

8.

3. Einige grundlegende Ansätze als Referenz

Von der Erfahrung zum Wissen: Die Praxis von Enda GRAF in Europa, in Asien und in Afrika

Wie geht man in der Praxis vor?

Vier angewandte Ansatzmethoden in Afrika, Asien und in Europa, sowohl mit Leuten aus dem Volk wie auch mit Fachleuten, mit dem gleichen Ziel, Wissen, das in den täglichen Aktivitäten eingebettet ist, zu formulierenzu formulieren und in Beziehung zu bringen und es im Dienste der Veränderung einzusetzen:

- 1. Workshops zum Wissensaustausch

- 2. Workshops für Forschung und Aktion

- 3. Erzählerische Darlegung

- 4. Gedankliche Verarbeitung der Tätigkeit

Austausch über eine Tätigkeit oder eine etablierte Praxis

« Bei uns macht man das so, man begegnet diesen Problemen und man hat diesen Ausweg versucht. Und bei

Euch? »

Gemeinsames Problem

Jeder bringt seine Antwort ein, und man diskutiert

Setting : Ein Workshop, bei dem während eines oder zwei Tagen Fachleute aus verschiedenen Organisationen arbeitenVorteile : Einfachheit, Wechselbeziehung, problemlose Einbindung der AkteureGrenzen : Konzentration auf die Probleme, Unsicherheit für die Zeit nach dem Workshop: Was macht man mit dem ausgetauschten Wissen?

Workshop zur Einleitung eines Prozesses (Aktionsforschung)

Gemeinsame Frage, geteilte Hypothesen

Experimenteller Prozess

Setting : Mehrere Werkstätten vereinigen Fachleute aus verschiedenen Organisationen für ein oder zwei TageVorteile: Erhöhtes Potenzial für Veränderungen auf persönlicher, professioneller und organisatorischer EbeneGrenzen : Dauer (Weiterführung des Prozesses), ohne ausdrückliche Unterstützung durch das Management unmöglich

Die Erzählerische Darlegung seines Wissens

Persönliche oder gemeinsame Abfassung eines Textes

Text

Die Niederschrift hilft, sich und seinem Arbeitsumfeld gegenüber Distanz zu gewinnen. Der Text kann danach in einem ad-hoc-Format

zirkuliert werden.

Setting : Einige Sitzungen (auch möglich als Workshop zur gemeinsamen Berichtabfassung)Vorteile : Einfachheit, nach innen gerichtet, Aufwertung der Akteure, Verbreitung der Erfahrungen mittels Dokumenten in einem ad-hoc-Format.Grenzen : Unsichere Auswirkung bezüglich der organisatorischen Veränderungen

Analyse der TätigkeitÜbergangs-Betrachtungen

1. Videoaufnahme der professionellen Arbeit in realem Arbeitsumfeld2. Der Mitarbeiter betrachtet seine Tätigkeit, indem er sich selbst an der Arbeit sieht (einfache Autokonfrontation)3. Ein weiterer Mitarbeiter wird gefilmt, worauf der erste die Arbeit des zweiten kommentiert, und umgekehrt. (gekreuzte Autokonfrontation)4. Alles wird gefilmt, und anschliessend wird zusammen- geschnitten, und der redigierte Film dient der Ankurbelung von Diskussionen mit der Gesamtheit der Mitarbeiter und der Organisation(en)

Mitarbeiter unter realen

Bedingungen

Mitarbeiter mit seiner Arbeit

konfrontiert, im Dialog mit sich

selbst

1

2

GekreuzteAutokonfrontation

Einfache Autokonfrontation

3

Reales Arbeitsumfeld

Mitarbeiter A kommentiert Arbeit von B

Mitarbeiter Bkommentiert Arbeit von A

AB

A

A

Streitgespräch

Setting : Kombination der Tätigkeiten unter realen Bedingungen, Arbeit in kleinem Rahmen und im Work ShopVorteile : Verstärktes kollektives Engagement, Tiefgang/verfeinerte Analysen, erhöhtes Veränderungspotenzial, auf allen Ebenen, professionell, organisatorisch und persönlichGrenzen: Dauer des Prozesses, Notwendigkeit der Mitwirkung externer Fachleute von wirklich hohem Format, Kosten

4. Die Schwierigkeiten

Von Erfahrungen zum Wissensstand und vom Wissensstand zur

gewünschten Veränderung … der Weg ist kein direkter!

Institutionelle Schwierigkeiten

• Notwendigkeit der Unterstützung, wenn nicht sogar der aktiven Mitwirkung des Managements.

• Relative Ungewissheit betreffend des Endresultats : man weiss von wo man startet, aber nicht klar, wo man landet (offener Prozess)

• Die Kosten bewegen sich auf der Höhe der erhofften Auswirkungen

Technische Schwierigkeiten

• Qualität und Reichweite der Anstrengungen, ungeachtet der Vorgehensweise, hängen von der Tiefe der Betrachtungen ab (wie können sich die Worte auf mich und meine Verhaltensweise auswirken?)

• Qualität und Reichweite der Anstrengungen hängen ebenfalls von der Qualität der Streitgespräche (Debatten) ab, die sich im Umfeld der Organisation und unter den Fachleuten herausbilden (wie kann man die Streitgespräche kreativ anregen?).

• Die Sozialisation der ’Entdeckungen’: Wie kann mein Wissen zu unserem Wissen werden?

5. Die Ergebnisse

Von Erfahrungen zum Wissen: Versuch einer Bilanzierung in

der Form einiger Haupt- Lektionen

Erste Hauptlektion

Einbringen der Bewertung des Praktiker-Wissens in einen Vorgang der geplanten Veränderung aus der immer die Schlüsselfrage auftaucht: Wie kann die Aufgabe der Erarbeitung des Wissens in den ‘Stoffwechsel’ der Organisation eingepflanzt werden?

Ein Prozess der Erarbeitung des Wissens ohne einen ‘hauseigenen veränderungsorientierten Aktionsplan’ führt nirgendwo hin.

Zweite Hauptlektion

Einbringen der Bewertung des Praktikerwissens

In den Zeitablauf, aus welcher sich die zweite Schlüsselfrage ergibt: Wie kann man die Erarbeitung des Wissens in den Alltag einpflanzen ohne die Arbeitsbelastung zu erhöhen oder die lernende Organisation in eine Akademie zu verwandeln?

Dritte Hauptlektion

Die Erarbeitung des Wissens dient nicht der Abfassung neuer Antworten, sondern der Herausbildung neuer Fragen als Nährboden für Anregungen und kreative Unsicherheit.

Wissen ist nur dann konstruktiv, wenn es neue offene Fragen generiert.

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